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BAYERISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN P H IL O S O P H IS C H -H IS T O R IS C H E K L A S S E
A B H A N D L U N G E N • N E U E F O L G E , H E F T 46
W E R N E R H A BICH T
Die Gebärde in englischen Dichtungen des Mittelalters
V o r g e le g t von H e rrn L ev in L . S c h ü c k in g am 4. Ju li 1958
M Ü N C H E N 1959 V E R L A G D E R B A Y E R IS C H E N A K A D E M IE D E R W IS S E N S C H A F T E N I N K O M M I S S I O N B E I D E R C. H. B E C K ’ S C H E N V E R L A G S B U C H H A N D L U N G M Ü N C H E N
D ru ck der C. H. B eck’schen Buchdruckerei N ördlingen Printed in Germany
IN H A L T
E in le it u n g
ER STER DIE
G EB ÄR D E
IN
DER
TEIL
A LT E N G L ISC H E N
D ICH TU N G
1 . G e m ü t s b e w e g u n g e n u n d G e b ä r d e n ...................................................................................................................... G efü h lsg eb ä rd e n , S eh w e ise u nd D a rsteliu n g sstil im B e o w u lf (13) - E rsa tz d er G efu h lsg eb ard e d u rch das B ild (14) - d u rch die. L ito tes (15) - durch S itu a tio n sb e w e g u n g (16) - d u rch R e d e und R ed ep o situ r (17) - d u rch sy n ta k tisch e M itte l (18) - D ie E n tk ö rp e rlic h u n g des G efu h lsa u sd ru ck s u n d ihre U rsach e n (19) 2. D a s L e b e n s g e f ü h l u n d s e in e M a n i f e s t a t i o n ....................................................................................................... A ffe k t und E th o s (20) - H eld isch e K a m p fe s g e b ä rd e n (21) -
G e la g e ju b e l und B eh errsch u n g im
R a u s ch (22) - B eh errsch te T r a u e r (23) 3. G e b ä r d e n a ls z e r e m o n ie lle F o r m ...................................................................................................................... R e p rä se n ta tio n des H elden (24) - S y m b o lg e b ä rd e n der G em ein sch a ftso rd n u n g (25) - R eligio se G e b ä rd en (26) - D ie „ H ie r a rc h ie “ d er G eb ä rd e n und ihre F u n k tio n (26) 4 . D ie e p is c h e P o t e n z d e r G e b ä r d e ........................................................................................................................... G e b ä rd e u n d H a n d lu n g (27) - M eh rs ch ich tig k e it der G e b ä rd e n a u s sa g e : B eo w u lfs K a m p fesg e b a rd e n (27) - K o m p o sito risch e K r a ft der G eb ärd en : E m p fa n g ssch ild e ru n g e n im B e o w o lf (31)
ZWEITER TEIL D I E W E R T B E R E I C H E D E R G E B Ä R D E N IN D E R M I T T E L ENGLISCHEN DICHTUNG E r s t e r W e r t b e r e i c h : Di e G e b ä r d e als m o r a l i s c h e s Ü b e l 1. T e u f e l , U n h o ld e u n d W i l d e ............................................................................................................................................^
Ansätze zur Kennzeichnung der Bösen durch Affektgebärden in « . Dichtungen (35) - binnen fällige Affektgebärden im Me. als Attribute der Teufel (39) - der Wilden Manner (4 ) wesen und Tiere (4 .)-W eitere Entwicklungen: „edle“ Wilde und Tiere (42) - humoristische W ir kungen (43) 2. D i e K i r c h e u n d d ie S ü n d e r
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4-5
Gebärden als Symptome der Sünde im Ae. (43) - Einfluß kirchlicher Lehren (44) - dir Niederschlag auf das me. geistliche Schrifttum (45) - Ruhige Körperhaltung als Tugendausweis (46) 3 . Z o r n .................................................................................................................
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Zornesgebärden im Lichte kirchlicher Lehre (47) - Moralische Wertung der Zornesgebärden bei Lajamon (47) - Zornesausbrüche wider die Tugendrcichen (48)
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I n h a lt
4. S c h m a c h
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A ffe k tg e b ä rd e n als S ym p to m e des U n h c ro isehen im A e . (49) - bei L a ja m o n (51) Ü b e rste ig e rte S c h m a c h g e b ä rd e n in den R o m an zen (51) - K o m isch e u nd m oralische T en d e n ze n (51) 5. E r o t i k : D ie G e b ä r d e u n d d a s G e g e n ü b e r
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T ie b cs g e b ä rd e n als A u s d r u c k sü n d ig e r E r o tik : ae. und k irch lich e E in flü sse (53) L a ja m o n s m o ralisch e V erurteilung- ric-r L ie b e s g c b ä r d e n : M e ld u n g erotisch er Z u sa m m e n h ä n g e (54) - V e r k n ü p fu n g v o n E ro tik und U n h eil (56) Ü b e rla g e ru n g e n von E ro tik u n d Zorn (57) 6. D a s G a s t m a h l: A f f e k t g e b ä r d e n u n d G e m e in s c h a f t s o r d n u n g
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D ie l ..flag(.-situation als B eisp iel fü r zerem o n ielle G em ein sch a ftso rd n u tig (58) A ffe k tg e b ä rd e n beim G e la g e als K a ta stro p h e n trä g e r bei E ^ a m o n (59) - T isc h zu ch tw id rig e s V erh alten als m oralisch er M ak e l (60) - Z erb rech en des G cla g e zere in o n ie lls durch fein dliche H era u sfo rd erer (61) - U m w er tu n g e n in der S p ielm an n strad itio n (62) 7. H e u c h le r : D ie G e b ä r d e a ls S c h e in
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0,
P ejorative S ch e in g e b ä rd e n (63) - D ie S ch e in g e b ä rd c als D a r ste llu n g sm itte lb e i L a y a m o n : die V o rtigern ep iso d e 5^3 ff. “ N e w æ s þ æ t eöe sið, / þ æ t se m æ ra m a g a E c g ö e o w e s / gru n d w o n g þo n e o fg y fa n w olde {Beow . 2586 ff.). 10 P M L A L I I (1937), 926. 11 N o his lifg e d a l / sarlic þ u h te s e c g a æ n e g u m (B eo w . 841 f.).
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Die G ebärde in der altcnglischen D ic h tu n g
geb aren , o b gleich das ,,G lü ck sg e fü h l über den E r fo lg “ sich erlich die B rust der H eld en der an gelsäch sisch en D ic h tu n g zu schw ellen p fleg te .1 D ie G eb ärd en au sb rü ch e stellt die h el dische E p ik n ich t dar. F reilich ju b ilieren die D ich ter, sobald sie von d er N ie d e rla g e der G e g n e r berich ten, oft a u sd rü ck lich über das Feh len der F reu d eexp lo sio n en und des S ie g e s ju b els bei den G esch lagen en . D ie besiegte G ren d elm u tter „ d a r f sich n ich t rü h m en “ 12 und die g efallen en E n g el in d er ae. Genesis „k o n n te n n ich t lau t la c h e n “ .3 D iese n egierten A u s d rü ck e d er F re u d eä u ß eru n g sind w ied eru m nich ts anderes als em p h atisch e L itotes, als eine bildh afte V e r h ü llu n g der tatsäch lich en A u sd ru c k sg e b ä rd e n . M an h at d a r a u f hingew iesen, d aß m an sich in solchen F ä llen eigen tlich ein H eu len vorzustellen h a t,4 also ein G eb aren d er S ch m a ch , wie es im sp äteren M ittelalter oft g em alt w ird. A b e r dessen d irekte D a r stellu n g eben m eidet die a ltcn glisch e H eld en d ich tu n g , ebenso w ie sie es m eidet, in der g ege n teilig en S itu ation d ie F reu d eg eb ä rd en der H eld en tatsä ch lich zu sch ild ern , deren F eh len bei den G esch lag en en sie betont. So bezeich net auch den H ö h ep u n k t von W ig la fs G efü h lsreg u n g en im A n g e sich te des vom D ra ch en bed rän gten B e o w u lf der vern einte A u sd r u c k : „ D a konn te er sich n ich t zu rü c k h a lte n “ .5 W en n W ig la f d a r a u f die W affe p a ck t, so ist dies nich t A u sd ru ck sg eb ä rd e, w ie P irk h o fer es d a rste llt;6 vielm eh r sch ließt m it der L ito tes die D a rstellu n g der E n tw ic k lu n g seiner inneren Im pulse ab, die ihn, W ig la f, zum H an d eln treiben. D a s W affen ergreifen ist schon Z w e ck h a n d lu n g ; es ist d ie F o lg e d er inneren, em otionalen E n tw ic k lu n g , nicht ih r A u sd ru c k . E s vera n sch a u lich t n ich t die vorh er analysierten G efü h le, sondern W ig la fs K a m p fg e ist. D a ra n ze ig t sich noch ein w eiteres M ittel der alten glisch en D a rstellu n gsw eisc, die G e fü h lsg eb ä rd en zu verh ü llen : n äm lich die Ü b e rd e c k u n g der G efü h lsreg u n g d urch w i l l k ü r l i c h e S i t u a t i o n s b e w e g u n g , die an sich von A ffe k tg e h a lt frei ist. W en n es nach dem D ra c h e n k a m p f von W ig la f im S ch m erze heißt, d aß er „erm ü d et saß, der F u ß k ä m p fer, seinem H errn den S ch u ltern n a h ; m it W a sser ihn zu w ecken ve rsu ch t’ er, d och es g e la n g ihm durch au s n ich t“ ,7 so scheint seine H a ltu n g vor dem sterben den B e o w u lf (frean eaxlu m neah) trotz des u nsch arfen A u sd ru ck s, der sic andeutet, das der Sitte g em äß e B etrag en zu sein ,8 w ährend sein B em ü h en, den Sterben den m it W asser zu kühlen, d och eine Z w e c k h a n d lu n g ist, die zu vor Schon a n sch au lich g em ach t w urde (2722 f.), und kein em otionelles G ebaren . H ält m an d ag eg en die A u ffü h r u n g von an tiken H eld en im A n g e sich te toter S ch la ch tgen o sse n ,9 oder auch entsprechende S ch ild eru n gen im altfran zösisch en und m ittel hochdeutschen H elden epos, w o sich der S ch m erz in T rän en ergü ssen , H än d erin gen , U m arm en und A b k ü sse n des L eich n a m s au sd rü ckt, so w ird die V e r d e c k u n g des A ffek tau sd tu ck s in jen em V erh a lten W ig la fs, aus dem nur-em otionale A u sd ru c k sb e w e g u n g fern geh alten ist, n och offensichtlicher. W ie konsequ ent diese Schilclerun gsw eise ist, zeigt sich, wenn der B ote im B erich t das V erh a lten W ig la fs in der B em erk u n g zu sam m en faß t, d aß 1 V g l. S c h ü c k in g , H eld en stolz, S. 9. 2 b e g y lp a n ne þ e a r f G ren d eles m a g a (B eow . 2006 ); v g l. auch B eo w . 2363. 3 ne þo rfton h lude hlihhan (Gen. 72 f .) ; v g l. a u ch W a h rig , 284. 4 V g l. W a h rig , ebd. 5 ne m ihte þ a fo rh ab b a n , hond rond g e te n g , / g e o lw e lin de, go m el sw yrd g e te a h (B eow . 2609 f.). 6 V g l. P irk h o fe r, S. 57; zu m fo lgen d en je d o ch P irk h o fers an son sten w ertvo lle A n a ly s e dieser Stelle. 7 H e g e w e rg a d sæ t, / fe þ e c e m p a fre an e a x lu m neah, / w eh te liyn e w æ tre ; him w ih t ne speow (Beow . 2852 ff.). 8 W ie es von H ro th g a rs M arsch a ll, d er in ge b ü h rlich e r H a ltu n g v o r sein en K ö n ig tritt, m it ä h n lich er W en d u n g heißt, d a ß er diesem " fo r e a x lu m gesto d "’ (Beow . 35®)- H ild eb u rh in der F in n sb u rg e p iso d e trau ert eam e on e a x le (Beow . 1117}; v ielle ich t ist auch dam it d ie g e b ü h rlich e T ra u e rh a ltu n g a n g e d cu te t (sofern H o lth au sen s K o n je k tu r u nd die von S ch ü c k in g , M alo n e u. a. vertre te n e In terp u n k tio n stim m en) 8 V g l. G raje w , S. 14; S ittl, S. 65 f.
G em ütsbew egungen und G ebärden
“ W ig la f siteð/ofer B io w u lfe, byre W ihstan es, / eorl ofer oörum . .
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(B eo w . 2906 ff.), w om it
er eigen tlich dessen V e rrich tu n g der T o ten w a ch e m eint. D en n S itu atio n sb ew eg u n g , zerem onielle F orm , ebenso w ie h eldenh afte K ra ftg eb ä rd en - all das liegt a u ß erh a lb der Zone des G efü h lsau sd ru cks. W en n H y g e la c in seiner Freude über die N a ch rich t vo n B eow u lfs R ü ck k e h r so gleich ehrenden P la tz in der H alle schafft {Beow . 1975), so vo llzieh t er eine zerem onielle H a n d lu n g . Ihre E rw ä h n u n g ersetzt die S ch ild e ru n g spontaner G efü hlsgeb ärd en des freu d ig erregten H y g e la c. U n d w enn H ro th g a r bei der V era b sc h ie d u n g B eow u lfs diesen k ü ß t und u m halst {Beow. 1870 f.), so ist auch d ie ses K ü ssen eine konvention elle G ru ß ge b ä rd e, w elch e die Situ ation h ier fo rd cit und kein esfalls eine steigernd e Ä u ß e r u n g der A b sch ied ssch m erzgefü h le, w ie m an angenom m en h a t.1'12 Solche F orm en und H altu n ge n treten auch an die Stelle d er fehlenden R ed egestik. D ie d i r e k t e R e d e selbst ist d azu da, G em ü tsb ew egu n gen und L eid en sch aften zu erklären .34 E in er V e ra n sch a u lich u n g affektischer R ed egeb ärd en scheint es g a r n ich t zu bed ü rfen; m an ch m al w erden sie auch m it einer L ito tes zu g ed eckt. D en n w enn die V o rw ü rfe, die W ig la f an die verzag ten G efäh rten richtet, ein gefü h rt sind m it: „ d a w ard seitens des ju n gen M an n es g rim m ig e A n red e g ar leicht zu bekom m en von denen, die vorh er dei M u t verließ , so ist die H e ftig k e it nur zu ahnen, m it der er die G esellen a n h errsch t; und w enn der Bote anhebt, vo n B eo w u lfs T o d zu berichten, indem er „ w e n ig sch w ieg von den N e u ig k e ite n “ ,5 so m öchte m an darin verborgen e em phatisch e G eb ärd en verm uten. D ie dürren R ed e a n k ü n d ig u n g en (“ B e o w u lf m aþ elo d e” ) nehm en den R ed en vollends den G eb ärd en au s dru ck, w ährend viele R ed en der E d dalieder, w eil sie ohne jeglich e A n s a g e h ervorbrechen, die G em ü tsb ew eg u n gen viel u nm ittelbarer ausstoßen und dahei d ia m atisch er, bühnen.h after, g leich sam selbst wie gro ße G ebärden w irken. W o aber in alten glisch er D ich tu n g die R ed eh altu n g en der S precher an gem erkt w erden, da sind es w ied eru m w illkü rlich e P ositu ren oder zerem onielle V erh alten sw eisen , die zum in den W orten selbst beschlossenen G e fü h lsg eh alt nichts N eues m ehr h in zufügen , sondern ihn allen falls sin nbildlich unter streichen. Z u seiner letzten A bschiedsrede, die von schm erzlich-stolzen G efü hlen getragen ist, setzt sich B e o w u lf a u f einen Stein {Beow. 2417), w as in der gan zen m ittelalterlichen K u n s t u n d D ich tu n g eine konvention elle G eb ärd e b etrü bter S tim m u n g ist. H ro th g a r stellt sich, um m it freu d egesch w ellter B ru st angesich ts der a u f den D a ch g ieb el aufgesetzten G ren d eltatze B eo w u lfs S ie g über das U n g e tü m zu preisen, a u f ein P odest (stod on stapole; Beow . 926) ;6 und auch wo anläßlich anderer T riu m p h red en die Sprechenden die S ieg es trophäen betrachten, w ird m an sich gro ße G eb ärd en vorstellen m üssen.7 Besonders deut lich d oku m en tiert ähnliches auch das J u d ith -F ra g m en t, wenn dort die H eld in w ährend ihres G eb ctsm on ologs, in dem sich die Jam m ervolle in den E n tsch lu ß hineinsteigert, dem Plolofernes den K o p f abzu sch lagen , ostentativ das S ch w ert in die H an d nim m t (genam öa w u n d en lo cc / scyppendes m æ gð scearpne m ece, / scurum heardne, and o f sceaðe abræ d / sw iðran folm e; J u d ith 77 ff.). D ie biblische Q uelle erw äh nt hier ausd rü cklich , d a ß Judith
1 V g l. S tro cb e, S . 9. 2 Ü b e r H ro th g a rs d abei vergossen e T rä n e n v g l. u. S. 95 f. 3 E s g in g e ü ber den R a h m en dieser U n te rsu ch u n g hinaus, zu v erfo lg e n , w ie die R eden , w elch e etw a 4 3 % des B eo w u lfep os a u sm ach en , o ft subtilste Z ü g e u n d R e g u n g e n d er S prech en den verm itteln . V g l. dazu K la eb e r, B e o w u lf, S. L V ; S ch ü c k in g , H eld en stolz, S. 30 f f ; P irkh o fer, p assim . 4 þ a w a s æ t öam g e o n g a n g rim a n d sw aru / e ð b e g e te þ a m ð e æ r his eine forleas {Beow. 2860 f.). 5 L y t sw ig o d e / n iw ra spclla {Beow . 2897 f.). 6 V g l. A . E . D u B o is und D . A . G riffith , M L Q X V I (1955), 291 f f 5 V g l. B eow . 1687; 2793. M ünchen A k . A bh. phil.-hist. 1959 (H abicht)
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Die G ebärde in der altenglischcn D ichtung
ihr G eh et stum m verrich tet, und beo bach tet dabei ihre G eb ärd en - die B u ß g e ste (Bestreuen des H au p tes init A sch e), den T rä n e n e rg u ß , das stum m e Z u cken ihrer L ip p e n ; all dies läßt d er alten glisch e D ich ter fort - Judith redet bei ihm la u t und ihre G efü h le erk lärt sic in der R ede. E r veran sch au lich t d a g e g e n ihre heroische H a ltu n g mit g ezü ck tem Sch w ert. So spricht wohl auch B e o w u lf seine P rah lw o rte vor dem G re n d e lk a m p f in einer sein H eld en tum bekun den den P o situ r - „b e v o r er ins B ett ste ig t“ 1 w o zu er zu n ächst dem onstrativ die R ü stu n g a b g e le g t h a t; denn w affenlos, so e rk lärt er, w ill er G ren del erw arten . In d er P ose soll der in der H alle R ed en de gesehen w erd en - und zw ar n ich t n u r von dem anw esen den L eib k n ech t, d am it dieser, w ie ein K a m m erd ien er einer klassizistischen T ra g ö d ie , in seine S tim m u n g ein gew eih t w erd e, sondern von seiner M an n en sch ar, auch w enn deren A n w esen h eit nicht verd eu tlich t ist. U n d so soll der H örer ih n sich sin n en fä llig vorstellen. A u c h die knap p eren E in sch ü b e in m an ch e der R e d ea n k ü n d ig u n g e n scheinen solche H a ltu n g e n andeuten zu w ollen. D e r S tran d w äch ter h ebt zu r R ed e an, „ d a er zu Rosse s a ß “ ;12 und : „ B e o w u lf sp rach - an ihm glitzerte die B rü n n e . . .“ .3 O d er es w ird an zere m onielles V erh a lten und d am it an die R a n g w ü rd e des Sp rechen d en und an d ie R e p rä sentation erin n ert: „W e a lh th e o w sp rach, sie redete vor der M än n ersch ar . . - es fo lg t die öffentliche B elo b igu n g sred e d er K ö n ig in an B e o w u lf;4 vo r der R ed e U n ferth s h eißt es, daß dieser dem „ H e r r n der S c y ld in g e zu F ü ß en s a ß “ ,5 w as wohl seine S te llu n g als pyle ken n zeichnet. S e lb st in d en R ed eein fü h ru n gsfo rm eln vo m T y p “ H ro ð g a r m aöelode, heim S c y ld in g a “ , deren zw eite H ä lfte den persönlichen R a n g des Sp rechen d en unterstreicht, könnte m an n och den R est eines H in w eises a u f die entsprechende w ü rd ig e H a ltu n g ver m uten . I n solchen rep räsen tativen , heroischen oder zerem oniellen H a ltu n g e n fühlen die H eld en , aber diese H a ltu n g e n sind nicht R efle xe ihrer G efü h le; ih re V era n sch a u lich u n g rü ck t die E rregten - doch n ich t ih re E rre g u n g - ins B lick feld . G leich ze itig aber w ird der D ich ter n ich t m ü de, die G efü h le selbst in ab strak ter D a rstellu n g zu verfolgen oder sie in den R ed en erklären zu lassen. A u c h in gew issen E rsch ein u n gen der S y n t a x d a r f m an w oh l einen en tkörperlichenden E rsa tz der A ffe k tg e b ä rd e n sehen. G ew iß hieße es zu w eit gehen, die asyndetische S a tzfo lg e von vorneherein als G efü h lsau sd ru ck deuten zu w ollen .6 E s ist indes sicher kein Z u fa ll, w enn gerad e in den em otionalen R eden u n d in den sch ein b ar so dürren R ed ea n k ü n d ig u n gen — also dort, w o m an G eb ärd en erw arten m öch te — o ft eine P aren these ru c k a r tig den S a tzflu ß d u rch b rich t; auch die eben erw ähnten A n d eu tu n g en von R ed eh altu n g en haben ja zum eist diese syn taktisch e F orm . W eitau s die M eh rza h l der 41 F ä lle dieser em p h atisch en P arenthesen, die K r a p p im B e o iv u lf zä h lt,7 kom m en an solchen Stellen vo r - die ü brigen vo rw iegen d in S ch ild eru n gen des K a m p fes und der T ra u e r! In abrupter, parenth etisch er S y n ta x schildern die E d d alied er - und sp äter wird es auch L a ja m on tun - die G eb ärd en und dyn am isieren so deren W irk u n g ; auch der B eo w u lfd ich ter ken n t dieses Stilm ittel, fü llt es aber m it ab straktem In h alt, m it innerer E m otio n oder m it affektfreier R ep räsen tation und m ach t es d am it zum G eb ärd en ersatz. M an w ird auch d arin ein A n zeich en seiner T en d en z erblicken dürfen, den G efü h lsau sd ru ck in die G ren zen des Seelischen zu verw eisen. 1 Gesprær. p a se go d a g y lp w o rd a sum , / B e o w u lf G ea ta , æ r he on bed stig e {Beow . 675 f.). 3 ðaer on w ie g e sæt (Beow . 286). 3 B e o w u lf m aöelode - on him byrn e scan (B eo w . 405). 4 W ealh ö eo m aöelode, heo fore þ æ m w erede spræc {Beow. 1215). 6 p e aet fo tu m sæ t frean S c y ld in g a {Beow . 500). * V g l. S ch iick in g , B e o w u lfs R ü ckkeh r, S . 1. 7 V g l. K ra p p , A 'IL N X X (1905), 33 ff.; d a zu : S ch iic k in g , Sa tzv erkn ü p fu n g , S. 135 f.
G em ütsbew egungen u n d G ebärden
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D a s b estän d ige W irken u n d Z u sam m en w irken jener stilistischen und darstellerischen M ittel verw isch t auch den E in d ru c k der g an z w en igen im nichtsinnlichen Z u sam m en h an g d irek t bezeichneten G eb ärd en . Z w a r ist es eine G efü h lsgeb ärd e, w enn d er S ch atzb ew ach er b ekü m m ert u m h e rirrt: Swa g'iomormod gioböo mænde an æfter ealhim, unbliöc hwearf dæges ond nihtes . . . IBeow. 2267 if.). D o ch ihre N e n n u n g ist n u r V a ria tio n zu der des reinen G efü h ls; und auch dann noch liegt der S ch w erp u n k t a u f dem qu alifizieren den L ito te s-A d v erb (un-froh), das in P arallele steht zu vo rau sgeh en d em “ gio m o rm o d ” , also den G efü h lsw ert vertieft, und das überdies den H au p tto n trä g t - n ich t h in g eg en a u f dem B ew egu n gsverb , dessen kon kreten W ert die V era llgem ein eru n g („b ei T a g u n d bei N a c h t“ ) schon w ied er versch w im m en läß t. N ich t anders ist es w enn es von den G au ten, die trauernd zum sterbenden B e o w u lf und zum ersch lagen en D ra ch en ziehen, h eißt: „ S ie zogen u n froh zu m A d le rk a p , tränenw allend . . (eodon unbliöe under E arn an æ s, / w ollen teare w u n d u r scea w ian ; Beow . 3031 f.). Ihre K la g e s tim m u n g ist im stabenden „u n fro h “ besch lossen ; das p arallele A d v e r b „trä n en w a llen d “ , das die V a ria tio n an h än gt, deutet die physische Ä u ß e ru n g nur an. M it allen jenen für ihren D a rstellu n g sstil ch arakteristisch en T en d en zen bew irkt die a lt en glische D ic h tu n g offenbar eine bew u ßte A u ssch a ltu n g der spontanen G efu h lsgeb ard en aus dem B ereich des A n sch au lich en . D a s b ed eu tetn u n fre ilic h n ic h t.d a ß cs d e r alten glisch en D ich tu n g und ihrem P u b lik u m an einer V o rste llu n g fü r reale körp erlich e G cfu h lsgestik ü berh au p t gebräch e - eine solche ist vielm eh r die V o ra u ssetzu n g , ohne die die 1 endenz zu r E n tk ö rp erlich u n g des G efü hlsau sd ru cks u nverstän dlich w äre. D e r B ild w erd u n g der G e bärde m uß das G ebärd eerlebnis vo rau sgeh en ; wo die N egatio n z. B . des L ach en s als entsinnlichende L ito tes fü r den A u sd ru c k gegen teilig er G efü h le fu n giert, m u ß cs em e rea e V o rstellu n g dieses L ach e n s geben ; w o sich der syn taktisch e F lu ß bei der W ied e rg a b e von E m otionen em phatisch staut, m uß ein U rd ra n g zur G eb ärd e d azu den A n sto ß geben. U n d w enn die H eld en in öffentlicher, th eatralisch er Pose fü h len und über ihre G efü hle reden, so w eist d och diese T h ea tra lik , m it der die F üh len den vo rgestellt w erden, a u f eine u r sp rü n glich ere T h e a tra lik des F ühlen s, also a u f G eb ärd en, zu rü ck. . Jene u rsp rü n glich e G efü h lsgestik dürfte auch im B ew ußtsein des angelsächsischen P u b lik u m s g eleb t haben. Sie m a g auch bei den H örern des B eo w u lfep o s assoziativ nutg ed a ch t w orden sein. D a s erzählkün stlerisch e V erfah ren d er „R eflex ch a ra k teristik z. B. m öchte dies verm uten lassen; w enn der dänische Stran d w äch ter von dem unbekannten A n k ö m m lin g beein d ru ckt ist, so d esw egen, w eil (wie w ir d an n aus seiner R ed e erfah ren , vg l. Beow . 250 f.) das A u ssehen (ansyn) und das A n tlitz (wlite) des erhabenen K äm p en , also seine H a ltu n g und M im ik, a u f ihn g ew irk t h aben. D ie V o rstellu n g der ausdrucksvollen G eb ärd e w ird d a als verm ittelndes B in d eg lied gefordert. M an könnte d aru m von einer potentiellen G estik im B e o iv u lf sprechen. A lle rd in g s ist d abei die V o rstellu n g der G efü h lsgeb ärd e überaus v a g e. Ihre m an geln de S ch ärfe, die sich auch im Sp ra ch lich -B eg rifflich en erweist, rüh rt indes daher, d aß es eine typisierte G efü hlsgeb ärd en sp rach e, w ie sie dann das französisch e H eldenepos und die m ittelen glisch en D ich tu n g en kennen, kau m gib t. A u c h m der E d d a und m ehr noch im keltischen B ereich sind die G efü hlsgeb ärd en elem entare [A usbruche, keine T o p o i. E i äußerst grelles und doch unpräzisiertes G ebärd enspiel zeigen auch die angelsächsischen
V g l . S ch ü c k in g , H eld en stolz, S . 30.
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W e G ebärde in d er altenglischen D trliiu ii”
B u chm alereien . W o rrin g er m ach t d afü r zw ar orien talischen E influ ß gelten d, weist aber g le ich ze itig d arau f hm , d aß dieser E in flu ß einer „n a tü rlich en E x a lta tio n des A u sd ru c k s b ed ü rfn isses“ nur en tg eg en k o m m e .1 U m so erstaun licher m u ß die kü n stlerisch e K o n seq u en z anm uten, m it d er d er B eo w u lfd ich ter die G eb ärd en im P oten tiellen sch w eben läß t und den G efü h lsau sd ru ck en tkö rp erlich t und zäh m t. In dieser K u n stle istu n g ist w ohl die W eitere n tw ick lu n g und V e ra rb e itu n g einer die spontanen A u sd ru c k sg eb ä rd en p lastisch sch au en den L ie d erd ich tu n g zu sehen. Diese, mit ihrem sin nen fälligen Stil, erh ält sich in den E d d a lied ern fo rt und ken n zeich n et hinsichtlich dci G eb ärd e auch noch die a u f an gelsäch sisch em B oden entstandenen sp äten E reign is lieder. D ie Ü b erm u tsg eb ä rd e des ju n g e n R itters am A n fa n g des B yrh tn oth -F ragm en tes, der v o r der S c h la ch t einen F a lk en fliegen läßt, als ob er bloß a u f die Ja gd gehen w olle, ist s p o n ta n ; das L a c h e n im A n g e s ic h t des T o d e s 123 *ist ein u n m ittelb arer A u sb ru ch , der an W ir k u n g dem berühm ten T o d eslach en H ögn is kau m nach steh t, und selbst die K a m p fe s g eb ärd en w ie das S ch ild h eb en und -schw enken und das W affen rasseln 8 sind h ä u fig er und expressiver. D ie die G efü h le in den G ren zen des seelischen B ereich s aufsp ü rend e D a r stellun gsw eise der alten glisch en E p ik erschein t d em geg en ü b er als eine ab klären d e V e r a rb eitu n g des urtüm lich en M aterials, als W erk einer schon h och en tw ickelten K u n st, die heute als over-elaborate, on its w a y to d eca d en ce” 1 erscheinen m ag. D ie U rsach en fu r diese E n tk ö rp erlich u n g des G efü h lsau sd ru cks sind n a ch dem G esagten kau m in der sch w ach en m im ischen V e r a n la g u n g zu sehen, die H eu sler den G erm an en in ihrer G esam th eit n a ch sag t. M an h a t die alten glisch e D a rstellu n gsw eise der G efü h le als das E rgeb n is einer „gew issen E rw e ich u n g des G em ü ts“ u nter dem E in flu ß der C h ristian isie ru n g a u fg e fa ß t5* und - vo n anderer Seite - ergän zen d d azu erklärt, die en glisch en H eld en besäßen „n ich ts von d er urgesun den, ü berqu ellen den lebenslust und leb en skraft des eddischen re ck en “ .8 D erlei U rteile b erü ck sich tig en ein seitig die N e ig u n g zur tiefsch ü r fen den, inneren G efü h lssch ild eru n g, nich t aber auch den bew u ßten kü nstlerisch en Form wiflen, der den G efü h lsau sd ru ck en tkörp erlich t. D e r geh altlich e Sin n dieser E n tk ö rp er lich u n g ist es näm lich nich t, „ e rw e ich te “ H eld en darzustellen, sondern im G egen teil das H eld en tu m ethisch zu erhöhen. D a v o n soll im folgen den A b sch n itt die R ed e sein.
2. D A S L E B E N S G E F Ü H L
UND SEINE
M ANIFESTATION
D ie allgem ein e L eb en sstim m u n g, das L eb en sg efü h l, m an ifestiert die alten glisch e D ic h tu n g nicht m eh r in der kö rp erlich en Ä u ß e r u n g zu fä llig er A ffe k te . W oh l aber verm ittelt sie dieses L eb en sg efü h l in einer oft sta rk a u f die Sin ne w irkend en W eise durch gro ß e th eatrali sche H altu n gen und G eb ärd en . Ein ju g en d lich er G eist,7 der nach A u sd ru c k d rä n g t, w ohnt auch den angelsäch sisch en H eld en inne und m an ifestiert sich öffentlich im G eb aren der K ä m p fe r oder d er M an n sch aft 1 V g l. W o rrin g er, S . i i. 3 V g l. M a ld o n 147. 3 V g l. 1 V g l5 V g l. * V g l.
M a ld o n 43; 130; 230; 255 ; 309. L a w ren ce, S. 4. H ein zei, S. 32 ft". H offm an n , S. 178.
7 V g l. S ch tickin g, D ie englische L itera tu r im M ittela lter, S. 4.
D as Lebensgefühl und seine M anifestation
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in der M eth alle, im “ d rea m ” , dem schallenden M an n en ju b el.1 M a n sch ätzt diesen Ü b er sch w a n g als etw as w ah rlich M an n h a ftes; und selbst die religiöse D ich tu n g , die im Sinne k irch lich er L eh re das w eise S ich m ä ß ig e n des A lte rs höher stellt und den “ d rea m ” p ejorativ w ertet, en tsch u ld igt ihn dennoch fü r die Ju n gm an n en , w ie w enn der D ich ter des G u t Mac aus d rü ck lich einräum t, d aß ja G o tt auch die Ju gen d und den M an n en ju bel gesch affen h a b e: God scop geoguðe ond gumena dream; ne magun Jia æfteryld in þam ærestan blæde geberan, ac hy blíssiað worulde wynnum . . . (G u th l . 495 ff.). Ist nun in dem G eg en sa tz zw ischen der körperlosen D a rstellu n g der G efü h le einerseits und der sin nen haften der M an ifestatio n des h eldischen Ü b ersch w a n g s andererseits eine In kon seq uenz, ein M a n g e l an künstlerisch er E in h eit zu sehen ?12 W ir m öchten es nicht g la u b en ; denn gerad e die theatralische, dem onstrative H eld en geb ärd e h a t ja, w ie oben g e zeigt, o ft die F u n ktion , die A ffe k tg e b ä rd e zu ersetzen. D em en tsp richt eine innere W ech sel w irk u n g zw ischen H eld en geb ärd e und A ffek t. In d er H eld en geb ärd e w ird die Z ü g e llo sig keit der A ffe k te ü berw unden. D e r Ü b erw in d u n g m uß als w irksam e K r a ft ein E thos der W ü rd e und des M aß es zu gru n d e liegen. M it der veredelnden höfischen mäze, die fü r die m ittelhochd eu tsche D ich tu n g von so g ru n d legen d er B ed eu tu n g ist, h at das freilich noch w en ig zu tun. M eh r als bei der maze ist heroische W illen sk raft der zün den de F u n ke. D ieses E thos en tsprin gt altgerm anisch em Geiste, w iew ohl es sicher m itg e p rä g t ist von dem P rin zip der christlichen tem perantia, das die L ehren der K irch en v ä ter d u rch zie h t und auch sp äter in der populären geistlichen L itera tu r eine w ich tige R o lle sp ielt.3 In dem sich dieses W illen sethos von W ü rd e und M a ß g egen die A u fw a llu n g des G em ütes stem m t, die n ach A u sd ru c k d rä n g t, entsteht eine Z w eip oligkeit, ein K o n flik t. M an hat die N a tu r dieses K o n flik ts in den anderen altgerm an isch en B ereich en offenbar nich t im m er voll g ew ü rd igt. L essin g sah einen Z u g „a lten nordischen H eld en m u tes“ im U n terd rü ck en der A ffe k t gebärd en ;4 H eu sler vertrat die en tgegen gesetzte A u ffa ssu n g , d aß „an geb o ren es P h leg m a und S c h w e rb lü tig k e it“ einen M a n g el an m im ischer B e g a b u n g vo n N a tu r aus b ed in g en .5D ie S p a n n u n g zw ischen Ü b e rsch w a n g und E th os w o h n t jed o ch , wie N eckel ric h tig betont, zu tiefst der germ anischen E rlebn isw elt inn e.6 B eim H eld en treibt diese S p a n n u n g die große, affektü berw in den de G eb ärd e aus sich hervor. D a s h at d er B eo w u lfd ich ter m it k ü n st lerischer M eistersch aft gestaltet. D e r H eld en ü b ersch w a n g m an ifestiert sich n am entlich im K a m p f e ; und der B eo w u lf d ich ter läß t g a r w ohl die K ö rp erb ew eg u n g en im. N a h k a m p f, das W affenrasseln und S ch w ertsch w in gen und D rein sch lag en aufleuchten . W irklich e G ebärden aber, d. h. zw eckfreie B ew egu n gen , schildert er da, w o es auch ethischer K rä fte bedarf, wo dem h eldi schen W ollen in kritischer Situ ation G efü h lsü b erw in d u n g und E n tsch lossen h eit a b ver la n g t w ird. W ie B eo w u lf, der vor dem D ra ch en k a m p f das noch verborgen e M onstrum er w artet, schon den Schild schw enkt, das S ch w ert zü ck t und sich zu r K am p fesp ositu i a u f reckt (B eo w . 2559 ff.) und d am it sein S ch reck g efü h l m eistert (denn „ e s ward jedem der 1 V g l. v. L in d h eim , R E S X X V (1949), S. 199. " F ü r diese A u ff. v g l. H . S ch n eider, S. 33. 3 V g l. S ch ü c k in g , E n g l. L it ., S. 6. 4 V g l. L e ssin g, Laokoon, K a p . I. 5 V g l. H eu sler, G erm anentum , S. 31. 6 V g l. N e ck el, Germ anen u n d K elten , S. 90.
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Die G ebärde in d er altenglischen D ichtung
G eg n er, d er F ein d lichgeson n en en , S ch reck vor dem and eren“ 1} ; oder w ie er a u f dem G ru n d e des Sees, als er G ren dels M u tter g ew a h r w ird, „d e m K a m p fsc h w e rt einen m äch tig en S c h w u n g g a b , . . . d a ß ih r das E isen a u f dem K o p f d rö h n te“ 12 (ob gleich das P u b lik u m g e ah n t h aben m a g , d aß er d am it g egen die U n h o ld in g a r nichts ausrich ten konn te, w eil nach dem V o lk sg la u b e n T ro llen ihres S c h la g s w id er frem de W affen g efeit w aren) ;u n d w ie er die nutzlose W a ffe d an n zu B oden schleudert, n u n seiner persönlich en S tä rk e zu vertrau en d erart g e w a ltig e s G eb aren geh t ü ber die zw e ck m ä ß ig e n K a m p fesb ew eg u n g en hinaus. S o l ches preist im letztgen an n ten F a ll der D ich ter als Z eich en ech ter M a n n h a ftig k e it: „ S o soll ein Field es m achen, w enn er im K a m p fe lan gew äh ren d en R u h m zu erlan gen g e d e n k t.“ 3 S e lb st das H eld en tu m der Ju d ith w ird in dem alten glisch en F ra g m e n t verd eu tlich en d her vo rgek eh rt, w enn es heißt, d aß diese, im h eiligen E n tsch lu ß zu r T a t, den sch lafen den H olofern es an den H aa ren zu rech tzieh t, m it dem S ch w ert zu sch lä g t, ih m aber n u r den H als sp altet und dann noch einm al a u f ihn einhaut, d aß der K o p f zu B oden rollt {J u d ith 98 ff.); die Q uelle sa g t n u r: „ S ie sc h lu g ih m zw eim al ins G e n ic k .“ 4 T r ä g t n ich t dieses G e baren, w ie auch die schon erw ähnte vo rau sgeh en d e R ed eh a ltu n g , dazu bei, die Ju dith zum germ anisch en H eld en w eib zu stem peln ? A u c h E lene und Ju liana tra g en B rü n h ild en zü ge ,5 die sich bei der letzteren z. B . in der kraftvollen D roh pose m an ifestieren .6 D e r Z w eck der H cld en g eb ärd cn ist w ed er eine V era n sch a u lich u n g des A ffe k ts noch auch die Z u rsch a u stellu n g bloß er p h ysisch er K r a ft. V ie lm e h r sind sie Zeichen ethisch fu n dierten M an nen tum s. G leich sam um den sym bolh aften W ert, der ihnen d am it anh aftet, zu erhärten, nehm en solche G eb ärd en auch die F orm n ah ezu stilisierter Posen an. In seinem R ü ck k e h rb e rich t über den K a m p f m it d er G rcn d elm u tter erzäh lt B eo w u lf, d aß es ih m d a durch g elu n gen sei, der U n h o ld in W iderstan d zu leisten, d aß er „ in g rim m ig au frech t d a sta n d “ ,7 und m itten im G re n d e lk a m p f läß t die d irekte S c h ild eru n g den B e o w u lf in dem A u g e n b lic k sich zu äh n lich er P ose aufrecken , als ih m die in seiner „ A b e n d r e d e “ d o k u m entierte H eld en gcsin n u n g w ied er ins B ew uß tsein tritt.8 D ie käm p ferisch en Z w e ck b ew egu n gen erscheinen d em geg en ü b er von u n tergeordn eter B ed eu tu n g. L etzteres g ilt wohl auch für die altnordische L ied erd ich tu n g . N ecke! w eist in b ezu g a u f þrym skviða a u f die „N e b e n sä ch lich k e it des D rcin sch la g en s“ hin, das erst „ a m E n d e “ stattfin det, „d a , wo die H a n d lu n g a u s k lin g t“ . K r a ft und B eh en d ig k eit der M u skeln , so fäh rt er fort, sei fü r die stabreim en d e G ötter- und H e ld en d ich tu n g k ein G eg en stan d der K u n s t.9 E s ist bezeichnend, d aß auch in den S ch ild eru n gen vom G e l a g e j u b e l in d er H alle der anderen typ isch en Situ ation , in d er das rau sch h aft gesteigerte L eb en sg efü h l ü berqu illt d ie a n gelsäch sisch en H elden ih re G efü h le n ich t „g eh e n lassen “ . Z w a r m u ß m an sich den H alle n ju b el recht tu rb u len t und jed en falls lärm reich vorstellen (öaer w es hæ leða hleahtor, h lyn sw y n so d e ; Beow . 6 11). D e r dream, d ic M an ifestatio n des vom M e t entfesselten L eb en sg efü h ls, geh ört zum heldischen D a se in ; die K e n n in g setzt ihn dem L eb en sch lech t hin g le ic h .10U n d das G egen teil davon, d ie V e r ö d u n g der H alle, ist ein typ isch es M o tiv von K la g e g e sä n g e n .
1 æ g h w æ ð ru m w æ s / b e a lo h y e g e n d ra b r o g a fram oðru m {B eow . 2564 f.). 2 M æ g e n ræ s fo rg e a i / h ild eb ille . . . / Jiæt hire on h a fela n hrin gm æ l ago l {Beow . 1 Í19 fl".). 3 S w a sceal m an don, / þ o n n e he æ t g u ð e g e g a n þ en ceð / lo n g su m n e lo f {Beow . 1 534 ft'.). 1 percu ssit bis in c erv ic em eius et a b sc id it cap u t eius (13, 9). 6 V g l. S ch iick in g , E n g lisc h e L itera tu r, S . 19. 6 S ieh e u nten S. 68. 7 syððan ic on yrre u p p rih t astod {Beow . 2092). 8 V g l. B eow . 758 f. 9 V g l. N eckei, A ltn o r d isc h e L itera tu r, S. 70.
10 V g l. B eow . 2469: g u m d re a m o f g e a f = ,er sta r b “.
D as Lebensgefühl u n d seine M anifestation
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S o lch er R a u sch ist kein h altloser E x ze ß . D ie H eld en jub eln und jau ch zen , aber sie g e bärden sich nicht w ie T ru n k en b o ld e. D e r betru nken e H olofernes in der (vom alten glischen D ich ter selb stän d ig geschaffenen) G elageszen e in J u d ith allerdin gs „ la c h t und b rü llt und stü rm t und g e llt“ , d aß w eithin alles dröhnt. T ro tzd em aber scheint selbst das R a u sch g eb a ren dieses biblischen B ösew ichtes n och etw as T riu m p h a les an sich zu haben, w eil es im G eg en sa tz steht zu dem seiner L eu te, die er unter den T isc h getru n ken h at und die nun o h n m äch tig besoffen d a lieg e n .1 K raftd em on stratio n en im R a u sch m üssen als heroisch em p fu n d en w orden s e in ; und so b ed a rf denn des H olofernes W ein g en u ß beim altenglischen D ich ter keiner w eiteren M o tivieru n g , w ährend in der Q uelle das V o rg e fü h l der erw arteten L ie b esn a ch t d azu den A n re iz g egeb en hat. D u rch A lk o h o le in w irk u n g die G ew alt über die G lied er zu verlieren, w äre in der T a t eine sch m äh lich e N ied erla g e, deren sich der M ann zu erw ehren h at. Im 27. R ä tse l bezeichnet sich d er M et als einen „ B in d e r und W erfer, der m an ches M a l den M an n zu B o d en streck t“ ,12 und ein K ä m p fe n ist die R ea k tio n des H elden, der g eg e n das S ch w ä ch ege b aren , das er, der M et, auslösen m öchte, sich w ehrt (se þe m ec fehö ongean , / ond w ið m æ gen þ isan m inre genæ steð; 9 f.). A u c h in der isländischen D ich tu n g ist das G ela g e A n la ß zu heldischer M an ifestatio n , z. B . im S ich -M essen der H eld en im W o rtg e fech t.3 W ä h ren d aber die islän dische S a g a d ich tu n g die physischen A u sw irk u n g en des A lk o h o lgen u sses auszu m alen sich n ich t scheut - bei G elagefeiern in der E g ils a g a z. B . erbleich t m an , verd reh t die A u g e n , sp u ck t in den S a a l4 - , scheinen sie aus der alten glisch en E p ik verd am m t zu sein. D er E in flu ß d er K irc h e m a g hier m itspielen; T h eo d oru s m alt seiner G em einde zur W a rn u n g an den ins F eg feu er V erd am m ten die physischen Sym p tom e der B etru n ken h eit au s.5 A b e r m an m ä ß ig t sich ja nicht im T rü n k e, der das heroische Ü b erm u tsg efü h l aufreizt, sondern eben diesem R a u sch g efü h l setzt m an das E th os der körp erlich en B eh errsch u n g en tgegen und m ach t so den R a u sch zu einer heldischen B ew äh ru n gsp ro b e. Ä h n lich es w irk t bei der M an ifestatio n von T r a u e r s t i m m u n g e n , von denen die alt en glisch e D ich tu n g vo ll ist. D a ß der H eld den h eftigen und lan gew äh ren d en K u m m er, des sen er fä h ig ist, n ich t in T rän en ergü ssen von sich gib t, hat schon T a citu s den G erm anen n a ch g erü h m t.6 G erade der W iderstreit zw ischen T ra u erstim m u n g und Selbstbeh errsch u n g erhöht das E legisch e im A lten g lisch en , w ie w enn im W anderer das trau rig e G em ü t m it der edlen H eld en sitte, d aß m an „ fe s t binde seinen G em ü tsversch lu ß “ 7, rin gt. D a s gleich e geh t in H ro th g a r vor, als er n ach dem W ü ten G rendels in der D än en h alle, u m geben von jam m er vo llem V o lk e , inn erlich g eq u ält - aber beherrscht - d asitzt („e r d uldete k ra ftv o ll“ !8). U n d auch im T ra u m g e sich t vo m H eilig en K re u z erzäh lt das personifizierte K reu z, w ie es nicht zu zittern n o ch zu bersten w a g te bei der K re u zig u n g des H eiland s, obgleich es ih m g a r seür d an ach zum ute war, und so a u f der schw anken den E rd e einen beherrschten E in d ru ck m a c h te ;9 erst als es C hristus u m faß t, der eben ein noch stärkerer H eld ist (strän g ond s tiþ m o d ; 40), kan n es sich des E rbeben s nicht m ehr erw ehren (42). B ezeich nend fü r solche innere T ra u e rh a ltu n g ist au ch das räu m lich e Sich abson dern , der B ettg a n g . D e r alte M an n,
1 V g l .J u d it h 23 ff. 2 N u ic com b in d e r e / on d sw in g ere, sona w e o rp e / esrte to eorþan, h w ilum ealdne ceorl . . . (27. R ä tse l, 6tf.). 3 V g l. M ey er, S. 53. 4 V g l. T h u le, B d . 3, z. B . S . 115. 5 V g l. B u d d e, S . 58. 6 L a m e n ta a c lacrim as cito, dolorem et tristitiam ta rd e pon u nt (G erm ania, K a p . X X V I I ) . 7 þ æ t he his ferðlo ca n f e s t e b in d e {IVa. 13). 8 u n b líð e sæt, / þo lod e ðryðsw yð þ e g n so rg e dreah (B eow . 130 f.). 9 V g l. D rea m o f th e R o o d 35 ff.
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D ie G ebärde in d er altenglischen D ichtung
dessen I rau er m it der H reth els verglich en wird, b eg ib t sich im K u m m e r zur R u h estätte (on sealm an ; Beam . 2460), w eil ihm d rau ßen - in den F lu ren w ie in d er H alle - alles zu w e iträu m ig dün kt. A b e r nicht das A b geso n d ertsein , sondern das M om en t des S ich ubsonderns ist k o n k ret vo rgestellt - das M om en t also, in dem sich der innere K a m p f zw ischen G efü h l und Selbstbeh errsch u n gseth o s abspielt. D a ru m ist die G eb ärd e des B e tt g a n g s , die auch in der S a g a g e lä u fig ist,1 w eit g e w ich tig e r als eine A ffe k tg e b ä r d e ; sie ist die O ffe n b a ru n g des H ö h ep u n k ts eines K o n flik ts, einer inn erseelischen T r a g ik . A li diese d en A ffe k ta u sd ru c k ü berdecken d en W illen sg eb ä rd en veran sch au lich en also im K ö rp e rlich en eine H eld en gesin n u n g, deren K r ä fte aus der S p a n n u n g zw isch en dem d u rch au s vo rh an d en en leb h aften D r a n g zu r offenen G e fü h lsä u ß e ru n g einerseits und dem E th os des M aß es und der Ü b erw in d u n g andererseits geboren w erden. A ls sinnliche M a n i festation einer L e b e n sh a ltu n g w irk en sie sich, w ie wir n och sehen w erden, in d er epischen G e s ta ltu n g der B eo w u lfd ich tu n g aus.
3. G E B Ä R D E N
ALS
ZE R E M O N IE L L E
FORM
Im G eg en sa tz zu den A ffe k tg e b ä rd e n , deren reale D a rste llu n g das alten glisch e E p os u n terdrü ckt, treten die w illk ü rlich en G esten, die F orm en des Zerm on iells oder der R e p rä sentation, o ft d u rch au s p lastisch g esch a u t in E rsch ein u n g. W ir kön n en heute d ie ku ltisch e und m a g isch e B ed eu tu n g nur n och ahnen, die diese zerem oniellen F orm en fü r die G erm an en h atten ; sie konnten binden und lösen, G lü c k bringen oder hem m end a u f das H eil einw irk e n .12 In ih nen findet das L eb en sg efü h l ein n och objektiveres G e fä ß als es die m a n i festierenden H eld en g eb ä rd e n schon sind. Die B eo w u lfd ic h tu n g erw äh n t nun zw ar erstaun lich e E in zelh eiten dieser zerem oniellen G e stik ; zu einer vö lligen E rsch lie ß u n g der E rsch ein u n gsfo rm en des Zerem oniells reichen ihre S ch ild eru n gen aber ebensow enig aus w ie das, w as uns die isländ isch en Q uellen sa g e n ,3 eben w eil sie dem B ew u ß tsein so selbstverständ lich zu geh ören . D ie d ich terisch e W irk u n g geht indes w e n ig e r von ihrer A n sch a u lich k e it aus als von der T a tsa ch e, d a ß sie in bestim m ten S itu ation en in E rsch ein u n g treten. B ezeich n en d sind die L eb en slag en und T h em en kreise, m it denen sie v e rk n ü p ft sind: H eld en tu m und H eld en ü b ersch w an g , dann g e fo lg sch a ftlich e und sip p en h a fte B in d u n g, und en dlich die K la g e . D a zu kom m t von außen her der K reis des R eligiö s-K u ltisch en . D ie B ew äh ru n g ssitu a tio n fü r das H e l d e n t u m ist das G eg en ü b er m it dem F ein d e; es kom m t zu r E in leitu n g der fein dlich en B e g e g n u n g in der herau sford ernd en B e g rü ß u n g des G egn ers, dem “ g y lp “ , und im A n fe u e m der G enossen an den T a g . B eid es b egleiten das S ch ü tteln des Speers, das H och h eb en der W a ffen .4 A u c h d er d än isch e Stran d w äch ter betont zu n ächst m it dieser G eb ärd e den ih m noch frem den G au ten g ege n ü b er sein H eld en tu m .56Im K a m p fe w ollen d erartige G eb ärd en ebenso w ie auch das E m p o rreißen der F ahn en a u f d ie G egn er einsch ü ch tern d und a u f die G enossen aufm u n tern d w irk en . O d er sie feiern den erru n gen en Sieg.« W en n T a citu s berichtet, d aß die S ch la ch tlied er anstim m enden 1 V g l. G ra f, S. 19. 2 V g l. G rön b ech , II, S . 74. 3 E b d ., S . 82. 4 V g l. W aldere I I , 12; E x o d . 252; M a ld o n 42. 5 V g l. B eow . 235 f. 6 V g l. E x o d . 301; 3 19 ff.; E/ene 123 f.
G ebärden als zerem onielle Form
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G erm anen die S ch ild e an den M u n d zu halten pflegten , u m ihre Stim m e durch den W id er h all vo ller und d u m p fer erschallen zu lassen ,1 so sieht er den G ru n d des E rheben s der Sch ild e in eben dem B ed ü rfn is der K rie g e r, w irk u n g sv o ll und m it fu rch tbarem A u sseh en a u f zutreten, für das er noch and ersartige B eispiele k en n t.12 F reilich sieht er d abei m ehr die sekun d äre Z w e ck b e w e g u n g (B en u tzu n g der S ch ild e als Sch allverstärker) denn d ie rep rä sentative G eb ärd e, als w elche das Sch ild h eben in der D ich tu n g sich erlich aufzufassen ist. B estim m t ist der S ch w ertta u sch zw ischen B e o w u lf und U n ferth eine solche, und auch der w ird im B ew u ß tsein des dräuenden K a m p fes vo llzo g en .34 * 5 A u c h zu r heldischen G em ein sch aft in der G ela g e h a llc m it ihrem lauten Ü b ersch w an g g eh ört d ie feste zerem onielle F orm . M an m u ß der Sitte (du gu ðe þeaw ) k u n d ig sein; die F orm m uß erfü llt w erden. D a s K red en zen des S ch en ks ist ein „W a lte n des A m te s “ ;1 und w enn beim H e o ro tg ela g e die W ealh th eo w - “ cynn a g e m y n d ig “ - den M an n en den B echer d arreich t (B eo w . 620 ff.), so ist diese zerem onielle F orm der bed eu tun gsvolle K e rn der G ela gesitu a tio n ; von ih r berichtet später B e o w u lf in seinem R ü ck k e h rb e rich t, n ich t aber vom lauten Jubel (vgl. 2020 ff.). D a m it sind w ir schon im anderen L eben skreis, den zerem onielle G eb ärd en sym bolisch fo rm en : bei der G e m e i n s c h a f t s o r d n u n g . D ie gcstisch en F orm en beim E m p fa n g und b eim G astm ah l (G ru ß und G ru ß h a ltu n g , P latzan w eisen , K red en zen usw .) sind, w ie w ir n och sehen w erden, im B eow u llepos vo n tragen d er W irk u n g . G eio lgsch attlich ei Sitte gehören G eb ärd en zu w ie die T ro p h äen ü b erreich u n g an den G efolgsh errn und die Besch en k u n g d urch diesen. W ie B e o w u lf nach seinen S ieg en über die I i ollen voi FIrothgar, dessen G e fo lg sch a ft er sich unterstellt hatte, den G ren d elk o p f a u f den F lö z der H alle legt und ihm den erbeuteten S c h w ertk n a u f ü berreicht, geh t in betontem , sin n en fällig, vorgestelltem Z erem oniell vor sich (1668 ff.) und ist außerdem d urch die V o rb ereitu n g (das A b s ch la g e n des G ren delhauptes, das triu m p h ale H eran trag en der T rop h äen ) in bed eu t sam es L ic h t gerü ckt. W ie B eo w u lf die m itgebrach ten S ch ätze K ö n ig H y g e la c ü b ergib t (2144 ff.), tritt nicht m inder plastisch in E rsch ein u n g ,8 und k o n k ret sind u m gekeh rt auch die Szenen der B esch en k u n g B co w u lfs durch FIrothgar (1020 f f .; 1866 f.). G leich w oh l h aben die G eb ärd en etw as Stilisiertes; diejenige, m it der B e o w u lf dem H y g e la c eine B rü nne aushäncligt, steht stellvertretend fü r die bloß an gedeutete Ü b erreich u n g vieler G aben . D enn a u f den sym bolischen W ert kom m t es offenbar an. D ie G eb ärd en des .1 1 ibu tem p fan gens und des B eschen kens versinnbild lichen die sittliche H öh e des Füh rertum s. E s bedeutet die Flöhe vo n S c y ld Scefin gs gu tem K ö n igtu m , d aß m an ih m von w eith er T rib u t en tb ietet.8 A n d ererseits ist der G efo lg sh err der B a u gen sp en d er; das G eben ist A k z id e n z des K ö n ig tu m s.7 A u c h der K u ß ist Zeichen des G efolgsch aftsverhältn isses (vgl. W anderer 42). Im n ord germ anischen B ereich besiegelt er nach späteren Q uellen den A u fn ah m eritu s des neuen
1 A ffe cta tu r p raecip u e asp eritas soni et fractu m m u rm ur, o b i e c t i s a d o s s c u t i s , qu o plenior et grav io r v o x rep ercussu in tu m escat {Germ ania, K a p . 1 II). 2 D ie H a rie r {Germ ania, K a p . X L I I I ) u n terstreich en ih re W ild h eit und T r o tz ig k c it durch S ch w arzfa rb en der S ch ild e u n d L eiber. 3 V g l. B eow . 1488—91. 4 þ e g n n ytte beh eo ld {Beow . 494). 5 D ie G eb ärd e n v o rste llu n g w ird hier n am en tlich durch die stark deiktisch e F orm der d abei gesproch en en R e d e n erzeu g t. 0 V g l . B eow . 8 - 1 1 . 1 E s ist nich t so seh r A u s d ru c k m aterieller A b h ä n g ig k e it d er G efo lg sc h a ft vom K ö n ig , w ie J. M ü ller es a u ffa ß te (D a s K u ltu r b ild im B e o w u lf epos, H alle 1910, S . 10). V g l. dazu Leisi, A n g lia L X X 1 (1952). 259 ff. M ünchen Ak.. A b h . ph il.-h ist. 1959 (H ab ich t)
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D ic G ebärde in d e r alt englischen D ichtung
G efo lg sm an n e s.1 Ä h n lich en Sin n d ürfte es h aben, w enn H ro th g a r den B eo w u lf beim ehrenden A b sch ied k ü ß t und u m h a lst.2 A ls Zerem oniell ist der K u ß sym b o lh aft, keinesw egs A ffe k ta u sd ru c k - m a g auch vielleich t der M ä n n erk u ß in frü h erer Z eit die b lu tm ä ß ige und em otion alere B in d u n g im S ip p en verb a n d d oku m en tiert h a b en ; d aß H ro th g a r dem B e o w u lf vo rh er Soh nesrech te angeboren h at, könn te d aran erinnern. S p ä ter legt noch L a ja m o n W ert d ara u f, d aß sich nur V erw a n d te, und auch da nur solche gleich en G e schlechts, zu r B e g r ü ß u n g küssend in die A rm e fa lle n .3 M öglich erw eise hat an gleich es der D ich ter des alten glisch en A n d rea s ged ach t, w enn er, als d er T itelh e ld den M atth äu s tm K e r k e r vorfindet, die beiden A p o stel sich küssen lä ß t und dieser G eb ärd e den H in w eis vo rau ssch ickt, d a ß “ syb wæs gem æ ne / bam þ am g eb ro ð ru m ” (.A n d r . 1013 f.). O b freilich in dem W o rt syb der - wenn au ch ins R eligiö se ü b ertragen e - S ip p e n g ed a n k e noch v o r h egt, w ie G rein annim m t, lä ß t sich sch w er sa g en ; im m erhin d ü rfte der A p o ste lk u ß eine tiefere B in d u n g bezeu gen als die n u r dem a u g en b lick lich en G efü h l en tsprun gene. A n a lo g e s ließe sich von den G eb ärd en d er K l a g e sa g e n .4 B eow u lfs T o d und B esta ttu n g losen keine S ch ild eru n gen von Jam m ergeb ärd en aus. A b e r W ig la f verrich tet das A m t der T o te n w a ch e, und zw ö lf E d elin g e um reiten den Sch eiterh au fen (.Beow . 3169 ff.). A u c h w enn die letztere G este eine literarische R em in iszen z und nich t ein zu r Z eit des B e o w u lf dichters leb en d ig er B rau ch gew esen ist,5 so entspricht doch ihre F u n k tio n der des ü brigen Zerem oniells im B e o w u lf; sie bindet den S ch m erz in ku ltisch e F o rm fü r die H eld en trau er und den H eld en p reis - "sw a hit g ed efe b iö ” . Im K i eis des R e l i g i ö s e n e r fa h r e n - w ie w o h l zö gern d - zu w eilen selbst die den biblischen Q uellen entstam m enden G eb ärd en eine S in n g e b u n g in äh n lich er R ich tu n g . F reilich geht der religiösen alten glisch en D ich tu n g der R eich tu m alttestam entlich er G estik 8w eitgeh end ab, und die ü bernom m enen ku ltisch en G eb ärd en - d ie des G ebets,'M as H au p tverh ü llen , das N ied erfallen vor G o tt8- s i n d o ft rein stofflich b ed in g t und auch schon in stereotype sp rach lich e W en d u n gen g efa ß t. D en n o ch ist das Sym bo lw erd en der G eb ärd e auch hier sp ürbar. D e r F u ß fa ll L ots vor den E n geln (Genesis 2441) gesch ieh t erst d an n, als diese L o ts G a st freu n d sch aft ablehnen w ollen, w o d ie G eb ärd e also das Erflehen des H eils bed eu tet - und nicht, wie in der V u lg a ta , schon am A n fa n g als G ru ß ge b ä rd e. R ü c k t d a n ich t auch die ü bernom m ene G eb ärd e ins sin ntragend e Zen tru m ? H eld en tu m und G em ein sch aft und K la g e aber sind die In h alte, die die G eb ärd en eines heim ischen Zerem oniells repräsentieren. E s sind dies g en a u die L eb en sb ezirke, in denen das em p o rd rän gen d e G efü h l m it dem E thos des M aß es in den heroischen K o n flik t gerät und in denen che a u f diesen K o n flik t w eisenden H eld en geb ärd en sich tb ar w erden, von welchen oben d ie R ed e w ar. D ie kultisch-zerem oniellen G eb ärd en w erden d am it in noch reinerer W eise sym bolisch fü r die L eb en sh a ltu n g der alten glisch en Helden.® V o n der H ierarch ie der G eb ärd en (affcktisch e G efü h lsgeb ärd e - m an ifestieren de H eld en g eb a rd e - zerem onielle G eb ärd e) vera n sch a u lich t der B eo w u lfd ich ter n u r die beiden höhelen F orm en - eben die, in denen die G efü h le überw unden w erd en ; und w iederum die von V g f H . N a u m an n , G erm anisches G efolgschoftsivesen (L e ip z ig 1930) S 22 2 V g l. B eow . 1870. 3 S ieh e unten S . 54 t. V g l. auch S tro eh e, S. 40. 4 V g l. dazu L eich er, S. 23. 6 V g l. H e u s le r, A ltg erm a n isc h e D ich tu n g , S . 54. 8 V g l. V o rw a h l, Gebärdensprache, im A lt e n T estam en t (D iss. B erlin. 1932). 7 V g l. G enesis 2338; E le n e 1099; 1 * 35 8 V g l. A n d r e a s 918. 8 V g l. au ch H . G . W rig h t, R E S , N. S. V I I I (1957), 1 f f . ; bes. 7.
Die epische Potenz der G ebärde
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A ffek ten reinen zerem oniellen F orm en m it größerer D eu tlich keit als die H eld en geb ärden , bei denen n o ch die Ü b erw in d u n g sa n stren gu n g sp ü rb ar ist. D a m it sch afft er die G e g e n g ew ich te zur bestän d ig in n erlich-ab strakt analysierten G efü h lsw elt.1 H ier ergän zen sich die an sch au u n gslo se D arstellu n gsw eise der G efü h le und die sin n en fällige der R ep räsen tation, a u f deren N eben ein an d er im B e o w u lf ein g a n g s hingew iesen w urde, zur kü n stleri schen E inheit. D o ch a u ch die „h ö h e re n “ G ebärdeform en schildert der B eo w u lfd ich ter sp arsam und ohne ph o to graph isch e E x a k th eit. Es g eh t nich t daru m , B ild er zu m alen von den th eatra lischen H altu n ge n der K ä m p fer oder vom vorbild lich en Zerem oniell, w ie dies z. B . oft in den R om an en Chretiens der F a ll ist. A b e r cs ze ig t sich, daß trotz, ja gerad e w egen ihrer relativen Seltenheit, die ihrer sym bolischen W ü rd e nur N a ch d ru ck verleiht, die G ebärd e im B e o w u lf eine S tra h lk ra ft hat, w elche sic zum M ittel epischer G esta ltu n g und d am it letztlich zum E xp o n en ten poetischen L eb en s w erden läßt.
4. D I E
EPISCHE
POTENZ
DER
G EB ÄR D E
D ie veran sch aulich ten G eb ärd en d er „h ö h e re n “ O rd n u n gen prägen das besondere H an d lu n g sstad iu m . E in an d er an alo ge Situation en w erden so differenziert und aus der T y p e n h a ftig k e it in die E in m a lig k eit des H ier und N u n g eh o b en 123und erhalten d am it ihren P la tz im inneren L eb en sg efü g e der D ich tu n g . D ie h ierbei en tw ickelte w eit ausgreifende und m eh rsch ich tig w irken d e G estaltu n gsk raft der G eb ärd e soll an zw ei B eispielen gezeig t w erd en : an den heroisch-dem onstrativen G eb ärd en in den K a m p fessch ild eru n g en und an den zerem oniellen F orm en in den E m p fan gssch ild eru n gen . Im ersten der drei K ä m p f e B eow u lfs in der H au p th an d lu n g , dem. G ren d elkam p f, sehen und hören w ir - im Z u sam m en h an g m it B eo w u lfs stolzer K a m p fe s h a ltu n g - d a s K rach e n der F in g e r (760); denn es ist ein R in g k a m p f. Im zw eiten K a m p f, dem g egen G rendels M u tter, sind - u n a b h ä n g ig von den zw eckh aften K a m p fesb ew eg u n g en - drei H eld en gebärd en g esch ild ert: B e o w u lf läß t m it m äch tig em S ch w u n g die W affe sausen (15 19 f.), deren U n zu lä n g lich k e it klar sein m uß. D asselbe u n ta u g lich e E isen schleudert er dann g e w a ltig zu B o d en (1531 f.). S ch ließlich vollendet B e o w u lf sein U n tern eh m en m it der R a ch eg eb ä rd e, indem er, als die U n h o ld in ersch lagen ist, dem on strativ m it erhobener W affe um sich b lick t (1572) und dann a u f den L e ich n a m G rendels so h eftig einhaut, daß dieser w eit davon fliegt (1588 ff.). - D e r dritte K a m p f - der g eg e n den D rach en - beginnt und endet m it den stärksten H eld en geb ärd en B eow u lfs. A m A n fa n g steht der H eld sch ild schw en kend, schw ertzü cken d, d an n in kam p fentsch lossen er P ositu r vor der H öhle. In dieser P laltu n g, die auch durch vorau sgeh en d e H eld en geb ärden vorbereitet und verstärkt
1 Zu te ilw eise äh n lich en E rg e b n isse n kom m t G rajew in seiner U n te rsu ch u n g ü ber die F u n k tio n der G e b ärd e in der hom erisch en E p ik ; er stellt fest, „ d a ß d ie G eb ä rd e n zu m ü b erw ie ge n d e n T e il k e i n e n A f f e k t i n h a l t h a b e n . . ., sondern im G ege n te il g e w ic h tig e H a n d lu n g e n von viel w e ittra g en d erer B ed eu tu n g (sind) als blo ß e W orte. S ie sind n ich t besonders n u an cierter A u s d r u c k einer In n erlich k eit, sondern v ielm eh i g e g e n ü b e r einer n u an cierten In n erlich keit . . . starre A u sd rü c k e eines bis zum ty p isch en E n tsch lu ß g e dieh en en W ollen s . . v g l. G rajew , S. 25 (m eine S p erru n g). 3 Ä h n lic h e s b e w irk en die höfischen G eb ärd en irn N ib e lu n g e n lie d ; v g l. B aa rtsch /D e B oor, D a s N ib elun gen lied , 13. A u ll. (W iesb ad en , 1956), S. X X X I V .
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Die G ebärde in der altenglischen D ichtung
erscheint - in K a m p fesa b sich t „erh o b er sich m it dem S c h ild e “ ;1 er stieß einen K a m p fru f aus (2550 ff.} - m dieser H a ltu n g erw artet er seinen G egn er. In der E n d p h a se ist B eow u lfs letzter S c h w e rtsch la g zu r kraftd em on strieren d en G eb ärd e v e rstä rk t; er „ s c h lu g m it g e w a ltig e r K r a ft das K a m p fsch w ert, d aß es in den K o p f (des D rach en s) von der M ach t bezw u n gen d ra n g : es zerbarst der N ä g e lin g , das Streiten verw eh rte B eo w u lfs S c h w e rt“ .12 D a ß das S ch w ert unter der G ew a lt des S c h la g e s bricht, dem on striert auch sonst in der a ltgei m anischen S a g e die S tä rk e des H eld en .34H ie r im B e o w u lf aber ist diese A u sw irk u n g des D rein sch lag en s als tra g isch e Ironie b ed eu tsa m : der schw ertlose H eld ist nun dem töd lichen G iftb iß des D rach en s ausgeliefert. A n all diese K a m p fg e b ä rd e n , die sich von den übrigen situ ation sb edin gten B ew egu n gen abheben , k n ü p ft d er D ich ter - und d am it unterstreich t er gleich sam , d aß er G eb ärd en m eint R eflexionen über ihre B ed eu tu n g fü r das klier und N u n des G esch eh en s; so ko m m en tiert c.i z. B. den letzten F a ll m it der ironischen L ito te s : „ Z u stark w a r die H an d . . ., es w a r ihm d arum n ich t besser ,l d. h. solches G eb aren gereich te ih m zum V erd erb en . D ie W irk u n g dieser G eb ärd en ist m eh rsch ich tig. Z u n ä ch st heben sie die ä u ß e r e S itu atio n sein m aligk eit h ervo r; aber nicht d ad u rch, d aß sie (wie es in den m ittelenglisch en D ich tu n g en der F a ll sein w ird) ein szenisches Bild der S itu atio n m alen, sondern indem gerad e die fü r die betreffende E in zelsitu atio n ch arakteristisch e G eb ärd e au fleu ch tet. D e r G r e n d e lk a m p fis t unbew affn etes R in g en : d aru m das F in g erk ra ch en . D e r G ren d elm u tter k a m p f ist ein K a m p f von W affen und K ö rp e rk ra ft u nter u n gleich en B e d in g u n g e n ; beide S ch w erter w erden von B e o w u lf m it ein d ru cksvoller G eb ärd e g esch w u n g en : das m it geb rach te, w id er die T ro lle n k ra ft u n ta u g lich e, am u n gew issen A n fa n g ; das w irksam e G ig an ten sch w ert, das zu führen cs des H eld en ein zig a rtig e r K r a ft b e d a rf (vgl. 1560 f.), am siegreich en E n de. D e r D ra c h e n k a m p f ist K a m p f g eg e n die m yth ische Ü b erm a ch t und B co w u lfs T o d e s k a m p f - g eken n zeich n et d urch die stärk ste der A n g stü b e rw in d u n g s g eb ärd en und die T r a g ik der nutzlosen K ra ftg e b ä rd e . D es w eiteren erhellen diese G eb ärd en die i n n e r e S itu ation sein m aligkeit, die unter liegen den M o tive und sym bolisieren die G ru n d h altu n ge n des heldischen L eben s. D ie G e b ä id e des un bew affn eten R in gen s im G re n d e lk a m p f läß t B eo w u lfs käm p ferisch e E h ren h a ftig k e it sinnlich spüren, aus der heraus er d a r a u f ve rzich te t hatte, den U n h o ld anders als in dessen eigen er K a m p fcsw cisc an zu geh en , und von der er vorher in der E rzä h lu n g vom S ch w im m w ettstreit ein B eispiel g a b . D ie G eb ärd e beleu ch tet darum die heldische W ü rd e B co w u lfs als K ä m p fer. - A u s dem G ren d elm u tterk am p f r a g t die G eb ärd e der R ach ev o llc n d u n g : B e o w u lf sch lä g t a u f den toten G ren del ein. E s ist ein R a c h e k a m p f um die von den T ro llen getöteten M an n en —um B eow u lfs eigenen G enossen und um Æ sch ere aus der G efo lg sch a ft H rothgars, der sich au ch B e o w u lf unterstellt hat. D ie G eb ärd e w ird zum Sin n bild dci G efolgsch aftstreu e, aus der h eraus die R a ch ev erp flich tu n g erw ä ch st; m ach t doch die R a ch e B eow u lfs um der G efo lg sch a ft w illen die R a ch ea b sich t der G ren delm utter um der verw orfen en S ip p e w illen zu n ich te. — B co w u lfs G eb ärd en im D ra ch e n k a m p f aber m an ifestieren höchste A n s tre n g u n g im K a m p f g eg e n die w esensfrem de, staatsvem ich tcn d c 1 A ra s ða bi ronde (2538); so je d e n fa lls - als V o rb e re itu n g zu r H e ld e n g e b ä rd e - dürften d iese W o rte zu v er stehen se in ; sie b ed eu ten ka u m ,er richtete sich am S ch ild e a u f' (S c h ü ck in g ), w as w e n ig k ra ftv o ll w äre. “ B i ro n d e” ist ab er w ohl au ch n ich t leere epische P h ra se (H oops), son dern w eist eben a u f das E in n eh m en der K ä m p fe rh a ltu n g hin. m æ g e n s tie n g o sloh / h ildebille, past h yt on heafo lan stod / niþe g e n y d e d : N aegelin g forbserst, / g e s w a c ist sæ cce sw eort B iow u lfes (2678 ff.). 3 V g l. H oops, K om m en ta r, S . 282. 4 wæs sio hond to stro n g . . . næ s h im w ih te ðe sei (2684 ff.).
Dic epische Potenz der G ebärde
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M ach t (denn das W ü ten des D rachen s bedrohte die E xisten z des Staates). D am it sym bo li sieren sie B eo w u lfs K ö n ig sw ü rd e - freilich ein h erbstlich schillerndes K ö n igtu m im sin ken den R e ic h .1 M ö g lich , d aß d arü ber hinaus der B eo w u lfd ich ter in diese S in n g eb u n g auch christliches G ed a n k en g u t h in ein getragen hat. M an h at d a ra u fh in g e w ie se n , d aß die K ä m p fe B eow u lfs um so erfo lgloser werden, je u n en tbehrlich er die W affen d arin — und dam it nam entlich fü r die K ä m p ferg eb ä rd en - sind, und je w e n ige r der H eld seiner K r a ft u n d seinem Gotte vertrau t. L etzteres tut er im G re n d e lk a m p f durch au s ; die w affenlose G ebärd e dokum entiert es. D a s S ch w in gen Ilru n tin g s im G ren d elm u tterk am p f ist nu tzlos; B eo w u lf m u ß diese W affe g e w a ltig zu B oden schleudern - solches ist a u ch sp äter o ft G eb ärd e der christlichen R eu e12 - und sich a u f seine K r a ft verlassen und d arauf, d a ß ihm G o tt H ilfe g ew äh re (1 5 52 ff.) ; die w ird ihm zuteil, als er sogleich das R iesen sch w ert erb lickt, das er dank seiner K ö rp e r k ra ft zu fü hren und zu r R ach eg eb ä rd e zu sch w in gen im stande ist. F ü r die D ra ch en k a m p f gebärd en ist die W affen repräsentation von vornh erein unen tbeh rlich , w ie sich B e o w u lf selber eingestehen m u ß (2518 ft'.), und bei der stärksten W a ffen geb ärd e zerbirst das S c h w e rt.3 L etzten E n des bauen diese G eb ärd en am G esam to rgan ism u s des E pos. Sie schaffen eine S teig eru n g von K a m p f zu K a m p f. In B eow u lfs G ebärd en im G ren d elm u tterk am p f k o m m t die heldische K ra fta n stren g u n g in viel stärkerem M aß e zum A u sd ru c k als beim R in gen m it G ren d el; denn nicht n u r ist die A u fg a b e eine g rö ß ere; auch die D ra m a tik ist hier stär ker zu gesp itzt, die zur g efo lgsch aftlich en R ach e über die T rollen sip p e (und in B e o w u lf selbst zum S ie g von K r a ft und G ottvertrauen über den Ü b erm u t des W affen sch w in gen s) führt. D er G ren d elm u tterk am p f m a g wohl als zw eiter H ö h ep u n k t eine d ram atisch e S tei g e ru n g über den ersten K a m p f hinaus bed eu ten.4 D ie G eb ärd en im D ra ch e n k a m p f stellen dann gew isserm aßen eine weitere S teig eru n g dar. B eow u lfs G eb ärd e am A n fa n g ist A u s d ru ck allerhöchster A u fb ie tu n g heroischer und ethischer K rä fte seines K ö n igtu m s. U n d gerad e der allerstärkste K ra fta u fw a n d wird zum tragischen E reign is (Schw ertzerbrechen). D er D ra c h e n k a m p f g leich t der K a ta stro p h e des D ram as. M an könn te hinter dieser m ehrsch ich tig steigernd en F u n ktion der K a m p fesg eb ä rd en d er H a u p th a n d lu n g eine einheitliche tragisch e K o n zep tio n verm uten und dam it ein bisher offen bar n ich t gew ü rd ig tes A rg u m e n t fü r die in jü n g e rer Zeit oft diskutierte A u ffa s su n g Vorbringen, d aß d er B eo w u lfd ich tu n g ein d reistufiger B au und dam it eine „o rg a n isch e “ K om p ositionsid ee zu gru n d e liegt, die auch über den äußeren B ru ch zw ischen dem dänischen und dem D ra ch en k a m p fteil h in w egg riffe.5 E n tsch eidend bleibt d a fü r noch die F ra g e, ob sie in ä h n lich er W eise auch in den Episoden spürbar ist. N u n fällt an den K ä m p fen der Episoden auf, d aß G eb ärd en in unserem Sinne überhaupt nicht in E rsch ein u n g treten. D a s en tspricht dem D arstellu n gsstil der E pisoden, der, wie M alo n e an der F in n sbu rgep isod e beo bach tete,6 noch ra d ik a ler im A n sch au u n gslo sen ver harrt als der d irekter D arstellu n g. T rotzd em ist a u ffä llig , d aß die E pisoden offenbar gerad e in solchen M om enten G ebärden zu verhüllen h aben, w o anscheinend innere B eziehun gen zu an alo gen M om en ten der H au p th an d lu n g au fblitzen , die ihrerseits m it H elden gebärden h ervorgehoben sind. E ine A n a lo g ie zu B eow u lfs D ra ch en k a m p f d a r f m an in der S igm un d1 V g l. A . E . D u B o is : “ T h e U n ity o f B e o w u lf.“ P M L A X L I X (1934), 3 7 4 ff. 2 S ieh e unten S . 113; S. 128. 3 Zu vorsteh en d em v g l. H . L . R o g e rs, R E S , N . S . V I (1955), 339 ß. 1 V g l. S ch ü c k in g , B e o w u lfs R ü ckkeh r, S. 9 if. 5 D ie P o lem ik ü ber diese F r a g e ist größ ten teils zu sa m m e n g e fa ß t bei G . S an ders, S. 1-24. 6 V g l. K e m p M alon e, f £ G R X X V (1926), 171 f.
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D ie G ebärde in der altenglisrhen D ichtung
episode seh en .1 S ig m u n d d u rch h au t den D rach en , d aß das S ch w ert „in d er W an d stecken blieb, das fu rch tb are E ise n “ ;12 schon hier hätte m an die G eb ärd e des g ew a ltige n H iebs, wie Sie sp äter in B eo w u lfs D ra c h e n k a m p f vera n sch a u lich t ist, erw arten kö n n en ; erw äh nt ist indes nich ts als das Sch w ert, das seine A u fg a b e erfüllt h at. Zu sam m en fassen d h eißt cs w eiter: “ H æ fd e a glæ ca eine gego n g en , / þæt he beahhordes bru can m oste” (893 f.). In diesem v ö llig an sch au u n gslosen S a tz deutet n u r das W ort eine versteckt a u f die heldische K raftd em o n stratio n , wie sie die H a u p th a n d lu n g in der G eb ärd e zu veran sch au lich en strebt. G en ü gte es, dem S ä n g e r solche A n d eu tu n g en in den M u n d zu legen, um die H eld en g eb ä r den S ig m u n d s in der V o rste llu n g h erau fzu besch w ören ? S ie w ü rden B eo w u lfs p lastisch g e sch ild e tten G eb ärd en in dessen D ra ch e n k a m p f entsprechen und zu g le ich hin sich tlich ih rer A u s w ir k u n g zu diesen in einem K o n tra st stehen, d er ihre T r a g ik unterstreicht. D enn in d er H eld en h altu n g, die S ig m u n d s Ü b erleg en h eit beku n det, sieht m an d an n B eo w u lf schon am u ngew issen A n fa n g ; der g ew a ltig e S c h la g , der S ig m u n d zu m S iege gereicht, w ild B e o w u lf zum V erh än gn is. O b es sich da um eine b eab sich tigte K o n tra stieru n g der beiden D ra ch en k ä m p fe handelt, läß t sich freilich kau m bew eisen. E tw a s ein d eu tig er jed o ch scheinen die D in g e im F alle der F rieslan dep isode (2354 fr.) zu liegen. D ie H eld en taten B eow ulfs, die d arin - u n m ittelbar vor der S c h ild eru n g des D ra ch en k a m p fes - an klin gen , stellen doch ein n a ch träg lich es Z w isch en glied zw isch en den beiden stä rk er auseinand er klaffen den Teilen des E pos - D ä n e n z u g und D ra ch e n k a m p f - dar. D as G eb ärd en m o tiv scheint die verkn ü p fen d e F u n k tio n zu stützen. B e o w u lf sch w im m t “ sylfes cræ fte” allein übers M eer, wobei er d reiß ig Brünnen trä g t. D am it ist eine K ra ftg e b ä rd e zw ar w ied eru m n icht beschrieben (weil in H a n d lu n g aufgelöst), w ohl aber a n ged eu tet; solch beisp ielh afte S ch w im m ku n st w urde als D em onstration des M an nestum s a u fg e fa ß t.3 E s ist bezeichnend, d aß der D ich ter auf diese A n d e u tu n g einer ü berlegen en K ra ftg e b ä rd e w eit m ehr G ew ich t legt als a u f das von B e o w u lf unter den F eind en a n gerich tete G em etzel, das sin n gem äß vorau sgeh t, dessen E rw ä h n u n g aber nur flü ch tig — in der L ito tes verb o rgen — a n g e h ä n g t w ird. N u n aber d oku m entiert B co w u lfs im p lizierte K ra ftg e b ä rd e seine fü r H y g e la cs T o d , und das heißt um der gefo lg sch aftlich en V e rp flich tu n g w illen, vollendete R ach e. In der H a u p th a n d lu n g h atte das gleich e P rin zip die höchst sin n en fällig gesch ild erte D rein sch lag eg eb ä rd e n a ch dem S ie g ü ber die Grendel m utter vera n la ß t. E rinnert d a n ich t d ie E pisode an B cow u lfs frü h er bew iesene T reu e zum G efo lg sch a ftsg esetz ebensow ohl w ie an seine H eld en k ra ft — und zw ar gerad e im Z u sam m en h an g m it H y g e la cs T o d , d essentw egen die K ö n ig s w ü rde B e o w u lf angeboten w urde, w elche er dan n im D ra ch en k a m p fteil tatsäch lich in n eh at und auch m it seinen G eb ärd en d o k u m en tiert? D a ß gerad e das w affen ü bcrlad en e Sch w im m en in der E pisod e die H eld en m an ifestation andeutet, m a g überdies a u f die k o n kreten W a ffen geb ärd en in seinem letzten K a m p f vorausdeuten, dessen E rzä h lu n g die H a u p th a n d lu n g dann g leich aufnim m t. D iese A n d eu tu n g en m üssen gen ü gen , um d er V e rm u tu n g N a ch d ru ck zu verleihen, d aß die K a m p fg e b ä id e n im B e o w u lf a u f einen einheitlichen K o m p ositio n sg ed an ken weisen, d er dem E pos zu g ru n d elieg t. E in d en kb arer E in w an d freilich w äre, d aß ja doch wohl der B eo w u lfd ich ter kau m die G eb ärd cn vorstellu n gen m it so kü nstlerisch er R affinesse a u f die einzelnen K am p fessch ild eru n g en verteilt habe, w ie es nach unserer D arstellu n g scheinen w ill. D a r a u f läß t sich erw idern, d aß die G eb ärd en im B e o w u lf ja d u rch au s kein e „ K u n s t m ittel“ p e r s e sind, w ie das in m oderneren D ich tu n g en der F all sein m ag , sondern sich not1 V g l. B onjour, T h e D ig ressio n s, S. 47. a þ æ t hit on w ealle æ tstod, / d ryh tlic iren (Beow . 891 f.). 3 V g l. dazu P a n zer, S . 270 f.
Dio epische Potenz der G ebärde
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w en d ig, vielleich t so g ar dem D ich ter u n b ew u ßt, aus der A u ffa s s u n g von L eb en sh a ltu n g und H eld en tu m , aus Sehw eise und D a rstellu n g sstil ergeben. G era d e deshalb können sie für seine K u n sta b sich t sym p tom atisch sein. A n den zerem oniellen G ebärd en ist die innere K o m p o sitio n sk ra ft noch offensichtlicher. W ir w ählen als B eispiel die G ebärd e in den E m p f a n g s s z e n e n . D ie erste derselben der E m p fa n g der G au ten am D än en h o fe - nim m t breiten R a u m ein; die zerem oniellen Stufen w erden in epischer Breite d urchlaufen - von der B e g rü ß u n g durch den S tran d w art über den Z u g zur H alle, über die B e g rü ß u n g durch den H au sh o fm eister W u lfg a r, die A n m eld u n g beim D ä n en k ö n ig , das H in sch reiten zum k ö n ig lich en H och sitz, G ru ßred e und A n tw o rt bis zu r A u ffo rd e ru n g zum N ied ersetzen in d er H alle und zu m K red en zen des W illkom m en strun kes. E s hat nicht an dem. V ersu ch gefeh lt, aus dieser S ch ild eru n g die germ an isch en E m p fan gssitten ablesen zu w o llen .1 A ls k u ltu rgesch ich tlich es D o ku m en t ist eine solche S ch ild eru n g jedoch höchst fra g w ü rd ig . E s la g dem D ich ter g ew iß n ich t daran, das Zerem oniell um seiner selbst w illen zu beschreiben. K e in W u n d er daher, wenn m an che seiner w ich tigsten B estan dteile v a g e b leib en ; so ist B eo w u lfs H a ltu n g n ich t ersichtlich, als er von W u lfg a r angeredet w ird (331; sitzt oder steht er ? V o rh er hieß es, die G a u ten sch ar setzte sich m it R ü stu n g sg ek lirr a u f die B a n k ; 327); ebenso v a g e bleibt die F orm , in der W u lfg a r bei der A n m e ld u n g der G äste vor seinen H errsch er h intritt, so d a ß er ihm "fo r e a xiu m g esto d ” (3 58)12, oder wie er den B eo w u lf und die Seinen von der H allen tü r zu H rothgars H och sitz geleitet (es heißt nu r: “ seeg w isod e” ; 402; n im m t er ihn bei d er H an d , wie dies n a ch späteren Zeu gnissen der F all zu sein p fle g t? In w elch er P erso n en gru p p ieru n g folgen ihm die G ä ste? ). A m sp rachlichen A u sd ru c k zu deuteln h a t keinen Z w e c k : e x a k te B esch reib u n g ist nicht b eabsich tigt. Ü b erd ies m uß fra g lich bleiben, ob die g a n ze E m p fa n g s zerem onie n ich t bloß literarisches S ch em a ist; für das letztere scheint zu sp rechen, d aß sie einem E m p fa n g des Ä n e a s bei V e rg il gleich a u fg e b a u t ist.3 G ew iß ist dieses S ch em a, auch w enn es sich um einen T o p o s handelt, als m it den besonderen F orm en des eben fü r das an gelsäch sisch e L eben gü ltig en Zerem oniells erfü llt gedach t. A b e r gerad e w o w ir uns nach diesen besonderen Form en um sehen, tap p en w ir ins D u n kel. Es h eißt dann eben nur: W u lfg a r w ar „ d e r Sitte k u n d ig “ (cuþe he d u g u öe þ eaw ; 359). U nd d a ra u f kom m t es dem B eo w u lfd ich ter zu n ächst an : d a ß der E m p fa n g der Sitte g em äß , d. h. in vo rb ild lich er F orm geschieht, ist ih m w ich tig. D ie V o rb ild lic h k e it weitet einerseits den A u g e n b lic k in den geistigen R a u m ; andererseits aber strahlt sie a u f w eitere S trecken des epischen G eschehens und L eb en s aus. Sie u m g ib t H ro th g a r m it kö n iglich er W ürde. S ie verd eu tlich t den von A n b eg in n an bew u ßten K o n tra st zu m W ü ten G rendels, das nachts in der gleichen H alle stattzufinden pflegt. Sie ist das eth isch G ute, das ü ber das G rendel verkörperte Böse obsiegen w ird. Sie setzt den V erg le ich sm a ß sta b zu späteren E m p fan g ssitu atio n en m it ihrem m odifizierten oder anders beleuchteten Zerem oniell. Sie ist V e rh e iß u n g , so w ie dann die M od ifizieru n g eben dieser V o rb ild lich k eit bei B eow ulfs R ü ck k e h re m p fa n g E rfü llu n g ist. In m ittelenglisch en D ich tu n g en finden w ir annähernd V erg le ich b a res fü r diese A u sstra h lu n g sk ra ft der G eb ärd en der E inzelsituation erst wieder im alliterierenden M orte A r th u r e , w o in der einleitenden B o ten em p fan gsszen c A rth u rs heroische Pose an gesich ts der H erau sford eru n g in einer G estik veransch aulich t ist, die das g an ze W erk h in d u rch nach h ält, oder in G aw ain a n d the Green K n ig h t, wo die Schii-
1 V g l. Stroeb c, S. 5 ff. 2 D e r A u s d r u c k ist w ohl als b lo ß e U m sch re ib u n g fü r die ein fach e Präposition fo r ( e ) a u fzu fa s se n ; v g l. dazu H o op s, K om m en ta r, S. 60. 3 V g l. H a b er, S . t 2 i ff.
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Die G ebärde in der alt englischen D ichtung
d eru n g der höfischen L eben sfo rm en der einleitenden G elageszen e den G ru n d to n der D ic h tu n g an sch lä g t. D ie einzelnen G eb ärd en dieses E m p fan g szerem on iells aber, d ie d er B eo w u lfd ich ter veran sch au lich t, bestim m en w ied eru m die ein m alige B ed eu tsam k eit dieser und n u r dieser Szene. W ir sehen die G eb ärd e des S tra n d w ä ch ters: er b eg n ü g t sich nich t m it dem S p e er schütteln, das den F rem d lin gen g ege n ü b er am P la tze ist, sondern er ist n e u g ierig , “ hine fy rw y t brsec” (232), und er eilt ihnen en tgegen , eine eigen tlich nur F reun d en gebü h rend e F orm . E h rt das n ich t B eow u lf, dessen „e in z ig a rtig e s A u ss e h e n “ (251) eine die S ch ran ken der K o n v en tio n übersch reitende B ew u n d eru n g und H o ffn u n g a u f E rre ttu n g aus d er N ot e rw eck t ? - B lendendes L ic h t sin n en h after E in d rü ck e vom rep räsen tativen G eb aren um strahlt dann die näch ste S tu fe des E m p fa n g s: die A n n ä h e ru n g der G au ten an die H alle (320 ff.); es reicht das bis ins B ild, m it dem der W ä ch te r die G au ten au ffo rd ert, zu r H alle zu schreiten ( „ tr a g t hin W affen und R ü s tu n g “ ). - Sodan n die G este des W affen zu sam m en stcllens, des Sich n iedersetzen s (325 ff.): die B ek u n d u n g der fried lich en A b sich t, die A n erken n u n g von H ro th g a rs H oheit, w o ra u f au ch das fo rm gerech te H in sch reiten zum H o ch sitz w eist. N ach V o llen d u n g der B eg rü ß u n gsred en fo lg t das P la tzm a ch en fü r die G auten, das K red en zen des T ru n k s : d ie A u fn a h m e in den S ch ick sa lsk reis um die H eoro th alle und in die heroische G em ein sch aft, die sich dann im G ela g e m anifestiert. D e r E m p fa n g B eo w u lfs d u rch H y g e la c bei der R ü ck k e h r geht w oh l n a ch dem gleichen G ru n d sch em a vo r sich w ie d e r eben behandelte. A b e r die G eb ärd en setzen - dem H a n d lu n g s stadium en tsprechend - andere A k z e n te . D e r d ortige H afen w a rt, d er dem S tran d w art en tspricht, eilt sp ontan zum M eer; vorher h atte er lan ge Z eit n a ch dem aus der Ferne kom m enden S c h iff a u sgesp äh t (19 14 ff.). D as sp on tane E n tg eg en g eh en bedeutet dam it E rlö su n g von der U n g ew iß h eit, reflektiert B eo w u lfs ruhm reiche B ee n d u n g der g efa h rvo llen U n tern eh m u n g . D iese G eb ärd e, w ie die ü b rigen dieses E m p fa n g es, strah lt zu rü ck a u f das G escheh en e — so w ie die des E m p fa n g s bei H ro th g a r in die Z u k u n ft wiesen. D a ru m w erden nun das H eranschreiten zur H alle, die A n m e ld u n g , das E intreten, also die zerem oniellen Stu fen , in denen die zu k u n ftg erich tete E rw a rtu n g liegt, in raschester G ed rän gth eit bloß an ged eu tet. D ie M od ifikatio n des Zerem oniells besteht in der V o rv e rle g u n g d erjen igen S tu ten, in denen d er W ied e rk e h rg ed a n k c lie g t: g leich bei der A n m eld u n g und nich t erst n ach den B eg rü ß u n gsred en w ird eilends P la tz fü r die H elden gesch affen - der E h ren p latz (hraðe w æ s gerym ed , swa se rica b e h e a d ,/feö cgcstu m flet innanw eard ; 1 975 f.), und auch noch vor den R ed en wird der B ech er kred en zt. A lle s gesch ieh t in h u rtig e r E ile (das W o rt hrade w ied erh olt sich): also freu d iges N ich terw arten kön n en , E rlö su n g von dem L aste n der U n g ew iß h eit, die H y g e la c erfüllte (1992); B egierd e, den B erich t ü ber die vollbrach ten T a ten zu hören. D ie Ü b erreich u n g der von B e o w u lf m itg eb ra ch ten S ch ä tze an den L e h n s herrn (2149), m it w elch er üblichen G efo lg sch a ftsg este B e o w u lf seinen B erich t besch ließt diese G eb ärd e ist der A b sch lu ß , die an alles V o rh e rg e g a n g e n e n och einm al erinnert. D ie G eb ärd e d er Ü b erreich u n g aber zeichnete sich zu vor noch stärker ab beim E m p fa n g B eo w u lfs durch H ro th g a r nach seinem S ie g über die G ren delm utter. D ie Stu fen des E m p fan gszerem on iells ü b erge h t dort die W e n d u n g : „d a tra t herein . . . der tatkü h n e M an n . . . H ro th g a r zu g rü ß e n “ .1 Ins B lick feld rü ckt die Ü b erreich u n g der T ro p h ä en : der T rollenkopi w ird an den H aaren a u f den F lö z gezerrt, dem H ro th g a r der erbeutete S c h w e rtk n a u f d argeboten (1647 ff.). D iese sym bolisch en G eb ärd en u nterstreichen h ier S ieg und T riu m p h ,
1 D a com in g a n cald or ð egn a , / dæ dcen e m on . . . H ro ilg a r gretan (1644 f f.) ; dieselbe W e n d u n g v erd ich tet das au sfü h rlich ge sch ild e rte E m p fa n g sze rem o n iell der ersten S zen e in B eo w u lfs B erich t d a rü b e r: Ic fiasr furöum cworn / to Öam h rin gse le H ro ö g a r g retan {Beau*. 2009 f.).
Die epische Potenz der G ebärde
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w as dann auch H ro th g a rs schon erw äh nte R ed ep o situ r vera n sch a u lich t: d ieser “ stod on sta p o le” , als er die S iegesred e hält. D e r ein m alige S tim m u n gs- und B ed eu tu n gsgeh alt, den die G eb ärd en m itteilen, ist zw ar sch on w eitgeh en d verd eu tlich t in den reflektierenden B etrach tu n g en und abstrakten Sch ild eru n gen , w orin die G ebärden zum eist stilistisch ein gebettet sind. D a ß aber d er B eo w u lfd ich ter jenen G eh a lt am K ö rp erlich en sch au b a r m ach t, bew irkt ein spürbares Strahlen über das reale G eschehen hinaus, und zw ar in d op p elter H in sich t. Z u m einen hilft die G e bärde k ra ft ihrer m eh rsch ich tigen W irk u n g vom gegen stän d lich en G eschehen aus in eine w eiträu m igere g eistige B ed eu tu n g zu leuchten. D a s ist eine echt epische F u n k tio n .1 Zum anderen h a t die G eb ärd e im B e o w u lf kom p ositorisch e K r a ft im O rgan ism u s der D ich tu n g . D am it w eist sie w ohl einen W illen zum organischen A u fb a u aus, den die sp ätere m ittel alterliche E p ik selten beanspruchen kann - w ohl aber die hom erische. N ich t d ag eg en dient die G eb ärd e - und dam it streift sie das U n ep isch e ab - der S itu a tionsm alerei, der Z u stand sschild eru ng. V o n letzterem gerad e w ird die g an z andere F u n k tion der G eb ärd e in den m ittelenglischen erzählenden D ich tu n g en ausgehen. 1 V g l. H . M aiw o rm in Stam m ler, D eu tsch e P h ilo lo g ie im A u f r i ß II (1954), S p. 716 ft.
ZWEITER TEIL
D IE
W ERTBEREICH E
DER
GEBÄRDEN
M IT T E L E N G L IS C H EN
IX
DER
DICHTUNG
A ls cs n a ch d er norm an nischen E ro b eru n g w ieder eine en glisch e D ic h tu n g zu geben b eg in n t, spielt in ihr das K ö rp e rlich e eine grö ßere R o lle als im alten glisch en E p o s; das k o m p lex e innere L eb en d a g e g e n w ird a u f ein fach e F orm eln reduziert. So tritt denn auch die G eb ärd e stärk er ins B lick feld der D ich ter. N o ch n ich t freilich als etw as realistisch G eschautes - denn G eb ärd en sind nun w eitgeh en d typ isch e V o rstellu n g en , m eist dieselben w ie auch in der französisch en D ich tu n g . U n d zu n ächst au ch n ich t u n ein gesch rän k t - denn noch hat die G eb ärd e „S elte n h e itsw e rt“ , noch sch eint m an hinter jed er G eb ärd e eine b e sondere g eistige A u s s a g e zu spüren. Schon L a ja m o n le g t in seinem frü h m ittel en glisch en B r u t m an ch m al ein Interesse an konkreten G efü h lsgeb ärd en an den T a g , das in nichts an die alten glisch e D arstellu n gsw eise der G em ü tsb ew eg u n gen erinnert und das stellenw eise so g a r g rö ß er ist als bei M eister W ace, seinem rom anisch en V o r g ä n g e r in der B e a rb eitu n g des B r u t- S to ffes.1 D a s m u ß um so m erk w ü rd ig e r anm uten, als L a jarnon ansonsten m it g a r m an ch en R em iniszen zen an die alten glisch e T ra d itio n erfü llt zu sein sch ein t.123D o ch kom m en gerad e jen e S tilm ittel, m it denen die alten glisch e D ich tu n g eine V e rh ü llu n g des realen A u sd ru ck sg eb a re n s bew irkte L ito tes, V a ria tio n , Paren these - bei L a ja m o n in der T a t n u r noch selten v o r,8 w esh alb der S til von vo rneh erein einer G eb ärd en d arstellu n g zu träg lich e r erscheint. D o ch ü b er deren innere T rie b k rä fte ist d am it n och nich ts g esa gt. D e s R ätsels L ö su n g scheint uns d arin zu liegen , d aß L a ja m o rt m it den G ebärden nicht etw a o b jek tiv die G efü h le verm itteln w ill, sondern sie d esh alb vo rfü h rt, d am it er m it einem rügen den m oralisch en Z eig efin g er a u f sie deuten kan n . M it anderen W o rten : die G eb ärd e ist ihm äußeres K en n zeich en des B ösen, des S ch lechten , des U n h eroisch en . F ü r diese E in stellu n g g ib t es nun, wie w ir g leich sehen w erden, schon in der alten glisch en religiösen D ich tu n g deu tlich e A n sä tze. U n d sie w ird au ch fürderhin in die m ittelenglisch en D ich tu n gen hinein w irken, trotz eines allm äh lich en Ü b erh an d n eh m en s einer vielfältigeren , d ifferen zierteren G eb ärd en freu d igk eit. M oralisch e Ä c h tu n g ist, so g la u b en w ir zeigen zu können, das erste H au p tan liegen bei der m ittelen glisch en G eb ärd en d arstellu n g . U n d das zw eite ist
1 W en n in diesen U n te rsu c h u n g e n W aces B r u t zum V e rg le ic h m it L a ja m o n s W erk heran g'ezo gcn wird, so b leib t dam it die Q u e lle n fr a g e unb erüh rt. Z w a r h aben die F o rsch u n g en Im elm an n s eine d irek te A b h ä n g ig keit L a ja m o n s von der uns beka n n ten , in zw isch en in d er kritisch en A u s g a b e von A rn o ld ( S A T B ) z u g ä n g lichen B r u t- V e rsion W aces in Z w eifel gestellt. Im elm an n s T h ese jed och , daß se lb stä n d ig e Z u ta ten L a ja m o n n icht zu zu tra u en seien, dü rfte sich als u n h altb a r erw iesen h a b en . S ch on F . L. G illesp ys V e rg le ic h von L a ja m o n s und W aces E rzä h lk u n st hat die E ig e n s tä n d ig k e it des E n g lä n d e rs g e g e n ü b e r dem F ran zosen a u f gew ie se n , die je tz t die U n te rsu c h u n g en v o n J. S. P. T a tlo c k (.Legendary H istory o f B r ita in [1950 ]; v g l. S. 477) und n eu e rd in gs W . F. S ch irm er (D ie fr ü h e n D a rstellu n g en des A r th u rsto ffes [1958]) e rh ärtet haben . Im fo lge n d e n hoffen w ir, m it unseren H in w eisen a u f L a ja m o n s von W a c e s P ra x is u n tersch iedlich e A u f fa ssu n g und B e h a n d lu n g der G eb ärd e die bisherigen R esu lta te an e in ig en S tellen w eiterfü h ren zu kön n en. 2 V g l, H . C . W y ld , R E S V I (1930), S. t ff. 3 V g l. T a tlo c k , " L a j a m o n ’s Poetic S ty le “ , M an ly A n n iversa ry S tu d ies (C h ica g o , 1923), S. 3 ff.
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Teufel, U nholde und W ilde
der Preis der T u g e n d und des H elden tum s, w ie w ir d an ach sehen w erden. So m it erg ib t sich eine P o la ritä t d er G eb ärd en a u ffa ssu n g , die sich - zeitbedin gten W a n d lu n gen im G esch m ack an der G eb ärd e zu m T ro tz - durch die m ittelen glisch e D ich tu n g zieht. D ie beiden W ert bereiche heben sich deu tlich g en u g von ein an d er ab, so d aß w ir es w agen können, sie getren n t clarzustcilen. G ew iß sind L a ja m o n s B v u t und die m eisten det iR.oma.nzen, die wir d azu zu n ächst heran ziehen , keine erstran gigen K u n stw e rk e ; aber gerad e d esh alb können in ihnen die G ru nd tend enzen am ehesten unverm isch t sich tb ar g em ach t werden.
E R S T E R
W E R T B E R E IC H .
DIE
G E B Ä R D E
1.T E U F E L , U N H O L D E
A L S
UND
M O R A L IS C H E S
Ü B E L
W ILDE
W enn sich, wie oben au sgefü h rt, in der alten glisch en D ich tu n g dem D ra n g zur A u s d ru ck sb ew e g u n g ein E thos der M ä ß ig u n g en tgegenstem m t, so m ü ßte konsequenterw eise ein tatsäch lich es A ffek tg eb a ren als entw ertend em pfun den w erden. In der T a t kennzeichnen in den religiösen alten glischen D ich tu n g en g elegen tlich k ra ß hervorbrech end e G cb äid en das Böse, das T e u flisc h e . F ü r die S ch ild eru n g m ancher der bösen W id ersach er trifft dies freilich nicht zu. A ls im D a n ie l der alttestam en tliche B ösew icht N e b u k a d n e za r die om inöse S c h rift an der W and erb lickt, sa g t der D ich ter von i hmi ,,D a w ard des V o lk es F ü h ie i fu rch tsam im G em üt, g e ä n g s tig t vo r dem A n g s tg r a u s “ ;1 die G eb ärd e, die die Q u elle schildert ( „ D a en tfärbte sich der K ö n ig , und seine G ed an ken ersch reckten ihn, d aß ih m die L end en schlitterten und die B eine zitterten “ ; D an . 5, 6 [Luther]), läß t er fort. U n d H olofern es’ gleich w oh l tru n kene A u ffü h r u n g a n läß lich des G elages in J u d ith hat noch einen R est des T rium ph alen (s. o. S. 23). Indem S ch w äch egeb ärd en aus ihren A u ftritte n fem g eh a lten sind, erscheinen die biblischen B ösew ich ter als heroische G estalten. A u c h im B e o w u lf ist der A u ftritt G ren dels, w elcher b ek a n n tlich dem G esch lech t der V erw o rfen en zu gew iesen ist, ohne sin n en fällige A ffe k tg e b ä rd e n geschildert. W enn freilich dem T ro ll, als er in die H alle stürm t, die A u g e n sch recklich fu n keln , so scheint darin schon etw as von einer M im ik des Bösen zum V o rsch ein zu kom m en (es ist bezeichnenderw eise die ein zige A n sp ielu n g a u f G rendels Ä u ß e re s12), d och ist sie ins B ild h a fte a b g e d rä n g t.3 D ie T en d en z selbst der relig iö sen D ich tu n g zur H ero isieru n g auch teuflisch er G egen sp ieler ist in der heldischen L eb en s und K a m p fa u ffa ssu n g vera n k ert.4 D er H eld b e d a rf des eben bü rtigen G egners. Indes g ib t es in den religiösen D ich tu n g en auch W id ersach e r nich t von H elden, sondern • des G u ten und des H eilig en schlechthin. In deren h em m ungslosen A ffek tg eb ä rd e n kom m t ihr böses Sein an den T a g ; und es ko n trastiert m it dem guten Sein der F rom m en, bei denen A ffe k tg e b ä rd e n u n erw äh n t bleiben. In d er ae. Genesis lach t H am , N o ah s böser Sohn, auf, als er seinen betrunkenen V a te r un sch icklich en tb lößt sch lafen sieht und davon seinen B rü d ern berich tet; die letzteren aber nahen sogleich m it verhülltem H au p te rückw ärts 1 D a w earð fo lc to g a forh t on m ode, / acu l fo r þ a m e g e sa n 2 V g l. M öser, S. 17. 3 S ieh e oben S. 15. 4 V g l. R . E . W o o lf, R E S , N . S . I V (1953), 4 ff-
{Van. 724 f.).
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Dic G ebärde als moralisches Übel
geh en d ihrem V ater, um ihm die S ch a m zu verd ecken {Gen. 1582 ff.). D er von der Q uelle u n a b h ä n g ig e A ffe k ta u sd ru c k H arns w ird m it d er sch ick lich en G eb ärd e, die aus der B ibel übernom m en ist ( l . M ose 9, 23), erw id ert und d am it das B öse m it dem G u ten k o n fro n tiert.1 U n d wenn im altsäch sisch en T e il d er Genesis S a tan n a ch erfo lg reich er V e rfü h ru n g E vas “ bloh and p le g o d e ” (724), so ist dieses von d er G eb ärd e (H än d eklatsch en ) begleitete A u f lachen g leich falls S ym p to m des B ö sen .2 D ie diesen V o r fa ll illu strieren d e Z eich n u n g der Ju n iu s-H an d sch rift3 ze ig t den T eu fe l deu tlich in der A ffe k tg e b ä rd e : er lach t (was durch drei aus dem offenen M u n d e führende Strich e a n g ed eu tet ist), h at die A rm e n ach außen gesch leu d ert und die K n ie ein g ek n ick t. E s ist dies die g leich e H a ltu n g , in der au ch der eben erw äh n te H a m bei seinem A u fla c h e n gezeich n et ist - im G eg en sa tz zu seinen tu g e n d haften B rü dern , die ihn in aufrechter, g era d er H a ltu n g an h ö ren .4 V e rfo lg e n w ir diese T en d en z, das A ffe k tg e b a re n d er B ösew ich te u n d P la g egeiste r sm n en falh g w irken zu lassen - eine T en d e n z, w ie sie der D a rstellu n g sw eise im B e o w u lf o ffen sich tlich zu w id erlä u ft - zu n ächst an der typ isch en S itu atio n d er V e rs u c h u n g oder P ein igu n g des H eiligen . D eu tlich e A n sä tz e h at das ae. G u th la c-G edicht. D ie a u f den H e ili gen einsturm enden P la g egeiste r erheben dort ein G eschrei, dessen Q u a litä t von der des in d er H eld en d ich tu n g erw ähnten Ju belgetöses der K rie g e r, das auch der G u th lacd ich ter den Ju n gm an n en nicht v e ra rg t,5 a u sd rü ck lich u ntersch ied en ist: die T eu fe l sind des Jubels bar (dream um b id rorcn e; G u t h l. 901). S ic verh alten sich „w ü te n d und tobend als w ilde T ie r e “ und w echseln d abei ihre kö rp erlich e G estalt, indem sie sich bald m it m enschlichen Z ü g en , bald als geifern d e D ra ch en g eb en :
N æ s sen stund latu earm ra gæ sta , ne þ æ t on b id lo n g, þ æ t þ a w roh tsm iðas w op a h o fu n , h reopun hreðlease, h leoþru m b ru g d o n . H w ilu m w eden de sw a w ild e rieor cirm d on on coríire, h w ilum cyrd o n eft m inne m an sceaþan on m ennisc hiw b reah tm a m æ ste, hw ilu m b ru g d o n eft a w y rg d e w æ rlo g an on w y rm es bleo, earm e adlom an attre spiw odon. (G u tk l. 903 ff.)
(N ich t dauerte das Z ö g e rn der w e h g e p la g te n G eister noch das W a rten la n g e, d a ß die U n h eilsch m ied e A u g s tg e s c h re i erhüben, schrien rühm los, ihre S tim m en w e ch seln d . B ald w ü tend und to ben d als w ild e T ie re lärm ten sie in S ch a ren ; bald m it dem lautesten G etöse n ah m en die m ach tlosen G eiste r m en sch lich e G estalt an, die F revelsch äd iger, d ie verflu ch ten T re u e b rech e r; bald w an d elten sich in eines W u rm es A usseh en die E len d e n , vom B ra n d geläh m t, E ite r g ift speiend. - nach G rein).
' A u c h der C ursor M u n d i des 14. Jah rh . lä ß t H a m bei d ieser G e le g e n h e it a u fla c h e n : “ bis fad er he ti h e th m g lo g h (2028), w obei die S ü n d h a ftig k e it dieses L a ch e n s (“ lie th in g ” ) e ig e n s betont ist S c h u c k in g {H eld enstolz, S. 10) w e ist d a ra u f hin, daß die ae. D ich tu n g ein A u fja u c h ze n n ach dem E rfo lt n iem als so stark w ie d e rg ib t w ie an d ieser Stelle. 3 J u n iu s M S ., F acsim ilc-E d . b y S ir I. G olla n cz (O x fo rd 1 E b d . S . 78. 5 S ieh e oben S. 21.
io->7) S r i u J '
Teufel, U nholde und W ilde
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D ic B ed eu tu n g, die das Sin n en fä llige des Schreien s und des G ebaren s hat, ist schon aus der W o rtw a h l dieser Stelle ersichtlich. Es sind die S u b stan tiva au fein an d ergetü rm t, die a u f das körperlich -m im isch e V erh a lten der T eu fe l deuten, und zw ar offenbar zum im m er K o n kreteren fortführen d (hiw - bleo - bleoþor) ; das im B e o w u lf im Z u sam m en h a n g m it G efü h len b ed eu tu n gssch w ach e B ew eg u n g sverb verstä rk t h ier der T ierverg leich (w edende sw a w ild e deor). D a s „A n stim m en des G ra u g esch reies“ (wop ahufun) ist h ier nich t m etaphorisch w ie im B eozvulf, w o d ergleichen A u sd rü c k e d urch a b strak te V aria tio n en nach dem Inner lichen hin verw iesen w erden, sondern steigert sich im G egen teil in der sich anschließenden K ette der V aria tio n en im m er stärk er in den sin n en fälligen A u sd ru c k hinein, bis dieser in der häßlichen G eb ärd e ein H öch stm aß an A n sch a u lich k e it erreicht (attre spiw odon). A u ch d aß d abei a u f die M asse d er w ütenden T eu fe l h ingew iesen w ird (cirm don on corðre1), b au sch t die S in n en fä lligk e it des B ösen auf. D en K o n tra st d azu bilden die in äth erisch er K ö rp e rlo sig k e it beschriebenen R eg u n g en des H eiligen , der w iederholten P ein igu n gen dieser entfesselten P la g eg eiste r ausgesetzt is t.G u th la c achtet der Schm erzen nicht (þa sar fo rseah ; 541), sein L e ib reag iert nicht a u f sie. N u r w as in der Seele vo rgeh t w ird besch rieben; es kü m m ert die Seele nicht, w enn der L eib leidet und zerfällt (vgl. 550 f . ; 942 ff.; 954 f.). W äh ren d das T o b en der T eu fe l in einem Stil und m it einem V o k a b u la r b erich tet ist, die a u f das K o n k ret-K ö rp erlich e weisen, sind die S ch ild eru n gen der S eelen regu n gen G u th la cs im K o n tra st d azu m it a u f die In n erlich keit w eisenden W örtern d urch w irkt. G u tb ia c vertrau t a u f G ott, þ e þæ t m o d g e h cold, þæ t him ne g e tw e o d e treow in b r e o s t u m , ne him g n o m u n g a g æ s t e scodun, ac se hearda h y g e h a lig w im ade, oþ þæ t he þ a b y sg u oferbiden hæ fde. (G u th l. 542 ff.) (. . . der in S ch u tz nah m das G em üt, daß ihm die h e ilig e T re u e n ich t im H erzen sch w an kte u nd daß die k u m m ervollen S o rg e n seinem G eist nich t sch adeten , son dern das H erz h ielt h e ilig aus, das h eld en m ü tige, bis daß er die stre n ge M ü h sal ü berstan den hätte. - n. Greift).
U n d w ährend die V a ria tio n den „G r a u s g e s a n g “ der T e u fe l ins K o n k rete aufschw ellen lä ß t,12 sp iritualisiert sie den „ L o b g e s a n g “ des H eiligen , der von sich sa g t: “ ond ic b le ts ig e b lið e m ode lifts leoh tfru m an , ond him l o f s i n g e þ u rh g e d e fn e dom d æ ge s on d nilites, h e r g e i n h e o r t a n heofonrices w e a rd .” {G uthl. 608 ff.) („u n d preisen w ill ich brustfroh en G em ü ts den L ich tfü rste n des L eb en s u nd L o b ihm sin gen m it g e ziem en d em P r e is b ei T a g und N ach t, verh errlich en im H erzen des H im m elreich es W a r t.“ - n. G rein).
1 M it ähn lich em A u sd ru c k ist in V ainglory ( A S P R B d. I l l , S . 147 ff.) d ie V erd am m n is d er sü n d igen P ra h le r g e k e n n ze ic h n e t: B rcah tem stigeö, / cinn. on corþ re, ew ide scrallctaþ / m issen lice (19 if.). 2 V g l. n och G u th l. 614 ff. (G . ruft den T e u fe ln z u : ) “ a c g e d eaöe sc eo lo n /w ea llen d n e wean w o p c b e s i n g a n , / h e a f in helle . . . h a b b a n !” .
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Du; G ebärde ais m oralisches Ü bel
Die U n erm ü d lich k eit, m it der d er D ich le r hier w ie d as gan ze G ed ich t h indurch m it einer h ü lle von S yn o n ym a den seelischen O rt der G em ü tsv o rg ä n g e des H eiligen beschw ört (mod, breost, heort, g a st, hyge ),1 en tspricht zw ar dem Stil aller alten glisch en D ich tu n g, h eb t indes hier den G ottesstreiter als den G u ten von seinen h öllisch en W id ersach ern ab, an denen der p h ysisch e A u sd ru c k a u fg e z cig t w ird. A u c h im ae. A n d rea s steht in der S ch ild eru n g des K a m p fes zw ischen dem standfesten H eilig en und seinen P ein igern (den heidnischen M crrnedonen) dem verinn erlich ten L eiden des A n d rea s ein m ehr körperliches W ü ten seiner W id ersach er gegen ü b er. D ie M erm edonen kom m en „ in u n k lein er S c h a r leich en g ierig g elau fen m it der L eu te T o b e n “ , 12 sie „stü rzten heran m it g ierig en G riffen “ .3 A ls sie selber in B ed rän gn is geraten, erheben sie n ich t nur die (b ild h a ft gem ein ten) K la g elied e r, die au ch der B e o w u lf ken n t (g e o m o rg id d ; A n d rea s USd8); auch ihr lautes H eu len und ihr elendes G eschrei w erden n a ch d rü ck lich e rw ä h n t.4* N u r ein A n h ä n g se l an die S ch ild eru n g d er L a u tg e stik ist d abei die a u sgefü h rte Jam m er rede eines Sp rechers der M en g e, eine R ede, w ie sie fü r die H eld en d ich tu n g alleiniges V eh ik el der G efü h lsm itteilu n g w ar. N och h eftiger u n d k o n kreter ist das W u tgeb aren des Folterm eisters in der alten gl. J u lia n a . N ach d em n äm lich dieser m it seinen M artereicn an d er H e ilig e n keinen E rfo lg hat, zerreißt er das G ew an d , fletscht die Z ä h n e und sch m ä h t seine G ö tter: þ a sc dem a w earö hrcoh ond h y g e g rim , o n go n his hræ g] ten ui, sw ylce he g ren n a d c ond gristb itad e, w e d d e on g e w itte sw a w ild e deor, gry m e ta d e g e a lg m o d on d his go d u Uelde, þæ s J»e Hy n e in eah tu n m asgne w iþ sto n dan w ifcs w illan . { J u l. 594 fr.) ( D a w a rd der H eid en rich ter vo ll W u t u n d In g rim m , b e g a n n sein G ew a n d zu zerreißen u nd zo rn sch n au b en d m it den Z ä h n en zu k n irsch en , w ü tete im G eiste w ie ein w ildes T ier; d e r G rau sa m g esin n t« brüllte sein e G ötter lästernd, d a ß sie nich t v erm öch ten m it M a c h t zu w iderstehen dem W illen eines W eib es. - n. G rein).
D ei D ich ter findet zw ar die trad itionelle G eb ärd e des K leid erzerreißen s in seiner Q u elle vor. In des g re ift er die G estik der Q uellenstelle nicht nur b eg ierig auf, sondern er v e r stä rk t sie noch durch die H in zu fü g u n g des Zähneflctschens und des T ierverg leich s. B e zeich n en der aber ist das F orm ale der W ied erg a b e der G efü h lsreg u n g dieses B ösen (m an pflegt d ergleich en F olterer m it dem T eu fe l selbst zu identifizieren): die innere R e g u n g ist in der F otm el gen an n t (w earð hreoh ond h y geg rim ), w elch e im B e o w u lf eher k ä m p feri schen In grim m b ezeich n et.8 H ier jedoch m eint sie zornigen A ffe k t - oder vielm ehr, sie deutet diesen A ffe k t nur an ; denn die sogleich fo lgen den G eb ärd en sind es, die die S tä rk e d er G em ü tsb e w eg u n g verm itteln. A u c h die n o ch m a lig e N e n n u n g der G em ü tsb ew eg u n g im 1 V g l. G u t k l. 643, 654, 722, 938, 954, 962 fl', u. ö. * D a com • ■ • d u g u ö unlytel, / w ad an w æ lg ifre w eorod es b reh tm e (A n d r . 1269 ff.). 3 ræ sdon on so n a / gifru m g ra p u in {A n d r . 1334 f.). 4 V g l. A n d r . 1536; 1549 f, s A c t a S . J u lia n a e (ed. B o lla n d ), cap u t I I I : . . . iratu s scid it vestim en ta su a et cu m g e m itu v itu p era vit deos, q u ia non potueru n t illam laed ere. 9 V g l. B eow . 1564.
Teufe!, U nholde und W ilde
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alten glischen Stil (wedele on gew itte) g e la n g t durch den T ierverg leich in den B ereich des S in n en fälligen . D er as .H e lia n d verfäh rt stilistisch an alo g, wenn er des P ilatus berühm te Z o rn esreg u n g zu n ächst in der P aren these ab strakt andeutet, um sie dann in der V a ria tio n als G eb ärd e zu ta g e treten zu lassen .1 D ie E rk lä ru n g fü r solche D arstellu n gsw eise ist w ohl darin zu sehen: W ähren d die alt en glische D ich tu n g die G em ü tsb ew eg u n gen ihrer H elden von innen her erfa ß t und sic so zusagen irn seelischen Bereich a b fä n g t, neigt sic bei den religiösen Stoffen dazu, die T eu fe l und die Bösen aus der P erspektive des G u ten zu sehen. S ie fü h lt sich nicht in deren R e g u n gen hinein; sic beobachtet die Bösen von au ß en her, erblickt also an ihnen eher die p h ysi schen S ym p to m e der G em ü tsb ew egu n gen als diese seihst. D ieses V erfa h ren w irkt w ie etw as Frem des a u f das h erköm m liche alten glisch e P rin zip der u n körperlichen D arstellu n gsw eise ein, rüttelt an ihm und scheint es gelegen tlich zu spren gen. D a ru m m üssen jene A ffck tgeb ärd e n d arstcllu n ge n — so sp ärlich sic sind — als äußerst w irk u n g sv o lle stilistische D isharm on ien em pfun den worden sein. D a ß dennoch eigen tliche S tilb rü ch e selten sind, hat wohl m ehrere G ründe. Z u m einen d ü rfte eine A rt S tilzw a n g m itspielen. D ie un körperlich e D arstellu n gsw eise der G efü h le scheint der ae. stabreim enden B u ch d ich tu n g w esen sgem äß zu sein. Im B e o w u lf ist sie konsequent d u rch g efü h rt; in den religiösen D ich tu n gen erlegt sic auch der G estik der Bösen äußerste B e sch rä n k u n g auf. D es weiteren w irk t auch die heroische L eb en sa u ffa ssu n g in die religiöse D ich tu n g hinein. B iblische G estalten treten in heroischem G ew an d aut; und die bösen M crm edonen im A n d rea s erscheinen in den an die Ileld etid ich tu n g gem ah n en d en typischen Situ ation en des K rie g s ra ts12 oder des A n setzen s zur S ch la ch t3 als germ anisch e K rieger mit deren typischen Ileld en g eb ä rd en . A u ch die Bösen sind also noch heroischen \ o istollü n gen U nterworten, die einem A ffe k tg e b a re n entgegenstch en. S ch ließ lich aber steht dei a lte n g lischen D ich tu n g w eder eine en tw ickelte B eo b a ch tu n g sg a b e fü r die A ffe k tg e b ä rd e zur V e rfü g u n g , noch ein griffbereiter V o rra t an typischen G eb ärd en, dessen sich eine spätere Z eit bedient. A u sd ru ck sg eb a re n ist irn A ltcn g lisch cn h aup tsächlich etw as A k u stisc h e s, m it L ärm en und L ach en stellt m an sich ja auch die H elden vor. In den religiösen S ch ild etu n gen der T eu flisch en verstärkt m an nun, w ie im G u th la c, vor allem dieses B ekan n te, dieses Schreien und L ach e n , in die sin n cn fä llige K o n k reth eit hinein. H inzu kom m en g ele g en t lich, w ie in Juliarm., aus den Q uellen und aus der alt testam entlichcn T rad itio n übernom m ene G ebärden. In m ittelen glisch cn religiösen D ich tu n gen jedoch wird die G estik der T eu flisch en un m ittelbarer, an schau licher und krasser. P ein iger gebärd en sich dort angesich ts der S ta n d h a ftig k e it der H eiligen bald „w ie ein W ild er M a n n “ ,4 bald äußern sie ihren M iß m u t durch sch recklich e B lick e und Zähnefletschen .5* M ittelen glisch c F a ssu n gen der J u lia n a -L egen d e verm ehren die H inw eise a u f die W u tg eb ä rd en des F olterm eisters, in der frühen I iosaJ u lien e schon schw illt die B esch reib u n g seines A u sb ru ch s zu arabesken G eb ärd en h ä u fu n gen a n .8 A u c h das Schreien und G eb aren des T eu fels selbst, der die h eilige Ju lian a ver-
1 T h o b a lg in a th e biscop, habd e bittren h u g i, (u u ré ð id a u uiö them u u uorde endi is giu u ä d t siet, f b rak for is breostum (H e lia n d 5098 ff.). 2 V g l. A n d r . 1094 ff. 3 V g l. A n d r . 1201 ff. 4 L y k e a vvode m an th an he ferde {D orothe; H o rstm an n , S . 19t ff., 81). 5 V g l. M erg rete (H orstm an n , N . F ., S . 225 ff.), 173; 285. 6 V g l . þ e H f l ade ant te. p a ssiu n o f S e i nie Ju liette, cd. S. T . R. O . d ’A rd en n e (L ie g e , *936), M s. Bodl. 34, 668: þ e reue . . . b ig o n to ew akien , se g rü n d lich e him g ro m ed e, ant. set te b a le fu le beast, as e au cr ei iburst bar þ et grü n d e his tu skes, ant fe n g on to feam in ant grist heatien griso lich e up o pis m ro k e m aiden . . . (für lat. “ frem ebat co n tra ip sam ” ); v g l. ebd. 6391".: 6 8 3 ff.
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Die G ebärde als moralisches Übel
g cb lich zu übertölpeln sieb bem ü h t, ist nun im m er w ied er höchst k o n k ret gesch ild ert.1 D er S ch m erz und das L eid en der Ileilig e n g e sta lte n scheint d ag eg en zu m L e ib e g a r keine B e zieh u n g zu h aben. D e r K ö rp e r der alten glisch en Ju liana m och te zerstü ckelt w erden, blu t überström t und g a r sch w a rz sein - von ihrem E m pfinden w a r er losgelöst. D iese Bezieh u n g slo sigk e it m an ifestiert sich nun auch in der beherrschten H a ltu n g der H eilig en , unter deren E in flu ß sich in der D o ro th ea -L eg en d e m an ch er Z u sch au er a u f der Stelle b ek e h rt.12 V e rg le ic h t m an etw a m it der eben an g ezo g en en , verh ä ltn ism äß ig frü h en alliterierenden M a rg a re ta -L e g e n d e (etw a 1310) L y d g a te s B e a rb eitu n g des gleich en S to ffes,3 so w ird m an erkenn en , d aß in d er letzteren die F u n ktion d er G eb ärd e, das B öse vom G uten abzu h eben, zu gu n sten einer situ ation sgebu n den en G estik zu rü ck tritt; fü r diese E n tw ic k lu n g ist nicht zu letzt C h a u cer rich tu n gw eisen d . ^ Tn d er alten glisch en w ie in der frü h eren m ittelenglisch en D ic h tu n g jed o ch sind d ie p h y sisch gesehenen A ffe k tg e b ä rd e n g era d ezu A ttrib u te des T eu fels und der T eu flisch e n . In H a n d ly n g Synne auftreten de T e u fe l „ b lic k te n übel und hoben übles G eb aren a n “ 4 oder stürm ten m it “ loþ ely b rou s“ h eran .0 D ie T eu felsbesessen beit des A ria n ers in d er A m b rosiu sL ege n d e dem onstriert sein Zähnefletschen und B e b e n .6 G en au so w ie d urch d era rtig e W u tg eb ä rd en (B rüllen , Zäh nefletsch en , G eifern , h ä ßlich es B licken , W ech sel der K ö rp e r gestalt, K leiderzerreißen ) w eisen sich die T e u fe l auch durch ih re J u b elgeb ärd en aus (über m äß iges L ach en , G rinsen, H än d eklatsch en , H ü p fen ), m it w elch letzteren S a tan , ebenso wie in der altsäch sisch en Genesis, bei R o b ert von G lo u cester und andersw o au ftritt: V o r þe deu el com b ifore him and Iioppede a n d Iou a n d saylede a n d p le y d e and m ade ioye in ou .7
Ä h n lich stellt ja auch dic bilden de K u n st die T eu fe l bis in die R en aissan ce hinein d a r; m an sehe, w ie z. B. in der Z e ich n u n g eines K ö ln er M eisters (um 1420),8 a u f der eine H eiligen g ru p p e in gem essener H a ltu n g dasteht, u nter der E rd e das T eu felch en m it w eitgeöffnetem , grin sen dem M au l zap p elt. Solche G eb ärd en brauch en, w ie m an sieht, n ich t R eaktion a u f etw as zu sein ; sie sind oft von der H a n d lu n g g a r n ich t m otiviert, sondern eben nur äußeres K en n zeich en d er T eu fel. R ü ck b lick e n d könn te m an vielleich t schon in der um strittenen alten glisch en K en n in g „H ö lle n h in k e r“ (h ellch in ca ; A n d r . 1 1 7 1 ) fü r den T e u fe l9 einen N ied ersch la g jener Sehweise verm uten, die den T eu fel von seinem A ttrib u t der gestischen B e w e g u n g her erfaßt. D iese V o rstellu n g vom T eu fe l als dem sinnlos G estikulierenden fand w ohl auch N a h ru n g in der das g an ze M ittelalter h indurch n ach zuw eisen d en G ep flo gen h eit, als S y m b o lfig u r des S a tan s den A ffe n zu setzen .10D enn die G ebärd en- und M ien en ak ro b a tik m u ßte an diesem m enschen äh n lich en 1 ier g a n z besonders in die A u g e n fallen und m ach t tatsäch lich , w o der A ffe als fig u ra d ia boli iko n o grap h isch erscheint, stets seine ein p rägsam e W irk u n g aus. 1 V g l .J u h a n a (R o y a l A X X V I I ) , E E T S 51, S. 50; S. 52 (ant iberde as ful w ih t, þ a t te r fluhen m onie). 3 V g l. D oroth e 94 ff. 3 H o rstm an n , N . F ., S . 446 ff. 4 þ a t fou le lo k ed and fou le g a n bere (H and l. Synne 7758); im fr z .T e x t findet sich d a fü r k eine E n tsp rech u n g . 3 V g l. H a n d l. S y n n e 8061; im frz. T e x t findet sich d a fü r keine E n tsp re ch u n g . * V S ]' S ‘ A m b ro siu s (H orstm an n , S. 8 ff.), 287; in der lat. L e g e n d e findet sich d a fü r k eine E n tsp re ch u n g . 7 E b en so die T e u fe l in H a li M e id e n k a d , 23.235: A n d te deoueles hoppen and k en ch in d c beaten hondes to ged eres. V g l. W a h rig , 294. 8 „ D ie hl. J u n g fra u zw isch en dem hl. S ervatiu s und d er hl. M a r g a re ta “ , U n ive rsitä tsb ib lio th ek E rlan ge n N r. 27. 9 V g l. M arq u ard t, S. 300 t'. 10 V g l. Janson, S. 13 ff.
Teufel, U nholde und W ilde
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A u c h die W ild en M än n er, deren W esen und F u n k tio n sich in den A u ffa s su n g e n des M ittelalters m it denen der A ffe n in m an ch erlei H in sich t berühren, und die der V o lk sg la u b e den S a tyrn und letztlich auch dem T eu fe l selber g le ich se tzt,1 treten in den m ittelenglischen D ich tu n g en m it krassen G eb ärd en auf, die im V e re in m it ihrem h äßlich en A u sseh en und ihren u n g esch lach ten K ö rp e rb e w eg u n g en besch rieben sind. F aules Sich -auf-d er-E rd eW ä lzen und geile. B lick e b eo b ach tet L agam o n am R iesen von M on t S a in t-M ich el;* im allit. M orte A r th u r e stellt sich d er gleich e U n h o ld vo r A r th u r hin, indem er „u n sch ön u m h erstarrte; er fletschte w ie ein H u n d die greu slich en Zähne, er p lärrte, er stöhnte g e w a ltig m it knu rren d en L a u te n “ .12 3 W äh ren d hier - w ie im A lte n g lisch en - das G eb aren vo r allem aku stisch ist, kom m en anderenorts in den R o m an zen die sichtbaren G eb ärd en noch m ehr zum V o rsch ein . In P u r ity heißt es vo n den bösen Riesen, sie seien w egen ihres häßlich en G ehabes b e rü c h tig t;4 der W ild e M an n in Ipom edon erbebt vor d em Z w e ik a m p f aus W u t56 - den R ittern p flegt solches n ich t zu w id erfah ren . D ie ind isch en Riesen in Wars o f A lex a n d er g affen den K ö n ig und seine L eu te m it aufgesp errten M äu lern a n .8 In d er R eim rom an ze K y n g A lisa u n d e r ist es die E ig e n a rt der wilden A n g e h ö rig e n eines d er seltsam en V ö lk e r in Indien, d aß sie, w eil sie keine Z u n g en h aben, sich n u r d urch G eb ärd en ve rstä n d igen .7 P h an tastisch sind in den R o m an zen die Sch ild eru n gen des G eb aren s der F abelw esen und T iere. A u c h das w ird w ohl oft als A u sd ru c k d äm on en h aften W esens em p fu n d en ; gebärd en sich d och selbst bei D a n te am allerstärksten die U n g eh eu er der H ölle - der Z erb eru s,8 die F u rien ,9 G ey ro n 101etw a, und natü rlich die gehörnten T e u fe l selbst.11 A u c h schon in K ö n ig A lfre d s B o eth iu s w edelt der H öllen h u n d Z erberus, g eb an n t von des O rp h eu s H arfen m u sik , m it dem S c h w a n z.12 V o m W ü ten , F euerspeien , Z u n g en b leck cn und h äßlich en G eb aren der D rach en erzählen denn au ch L a g a m o n und die R o m an zen d ich ter.13 In B eves ofH am tou n hören w ir ferner, w ie der fu rch tb are E ber, als der H eld a u f ihn losgeht, die B orsten hebt, den B eves aus den A u ge n h ö h len anstarrt und w ie ihm dann der S c h a u m aus dem M u n d e k o m m t.14 D a s G eb aren des K en tau rs in der Gest H y sto n a le ist m it dem eines W ilden M a n nes v e rg lich e n ; seine A u g e n fu n keln feu erglü h en d, er starrt seine G eg en ü b er übel an und bläht w iehernd die N ü stern .15 In derlei S ch ild eru n gen fo lgen die m ittelenglisch en D ich ter zw ar gew ö h n lich ihren Q uellen ; aber die stilistische O rig in alität, m it der sie gerad e die A u s d ru ck sge stik der unheim lichen F abelw esen und T iere w ied ergeben , läß t d och erkennen, w ie a u sge p rä g t ihr B lick fü r das konkrete G ebaren gerad e dort ist, w o es nich t - w ie bei 1 V g l. B ern h eim er, S. 97 f. 2 Vg l . L a s . 25991 ff. 3 T h a n g lo p n ed c þe glo to n a n d g lo re d e vn faire, H e gren n ed e a s a grew h o u n d c w ith g ry sly tu skes; H e ga p e d e , he gron ed faste, w ith g ru cch a n d e la te z. ( M A . 1074 ff.) 4 V g l. 5 V g i. 6 V g l. 7 V g l. 8 V g l.
P u r ity 273 f. Iþ o m . 7976. W .A le x . 4728. K . A l i s . 6426 ft'. In fern o V I , 22 ff.
8 V g h ebd . I X , 49 f. 10 V g l. ebd. X V I , 136; X V I I , 25 f. 11 V g l. ebd. X V I I I , 34 ff. 12 V g l. K in g A lf r e d 's O ld E n g lis h Version o f B o eth iu s, ed . S ed ge fie ld (1899), 102.15. 13 V g l. L a j . 15967 ff. ; G H D T 9 1 4 ft u V g l. B e v . H a m t. 784 ff. I 810. M ünchen A k . A b h . phil-hist. 1959 (H ab ich t)
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15 V g l. G H D T 7723 ff.
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Die G ebärde ais m oralisches Übel
m enschlichen F ig u ren - W ü rd ep rin zip ien zu b erü cksich tigen gilt und w o keine typisierten A u sd ru ck sfo rm e n zur V e r fü g u n g stehen. N u n bleibt allerdin gs den W ilden und den T ieren das A ttrib u t der G eb ärd e auch , w o es nicht m ehr aussch ließlich K en n zeich en des bösen Seins ist. H ier geh t die E n tw ic k lu n g n ach zw ei R ich tu n g en . D ie eine v e rlä u ft zu r A u ffa s s u n g vom „e d le n W ild e n “ . A u c h w o die W il den nich t als A u sb ü n d e des Bosen, sondern als R ep räsen tan ten einer natu rh aften T u gen d k o n zip iert sind, sind noch die G eb ärd en ihr C h a ra k teristik u m . So ist noch d er W ild e M an n bei Spenser stum m und m ach t sich “ b y signes, b y lokes and all his other g e sts“ verstän d lic h .1 D o ch die Id ee vom „ed len W ild e n “ ko m m t erst u nter h um an istischen Einflüssen eigen tlich zur E n tfa ltu n g .12 W o in der m ittelalterlich en L ite ra tu r A n sä tze dazu auftauch en (etwa in der D in d im u s-E p iso d e in den B earb eitu n gen des A lexan d ersto ffes), sind kein e G e bärden gesch ildert. - A n d e rs freilich ist cs bei den Sch ild eru n gen „ e d le r “ T ie re und F a b e l w esen, deren es in den R o m an zen viele g ib t; sie sind oft m it m enschlichen G efü h len ausg estattet. A u c h für sie ist der G eb ärd en a u sd ru ck ch arakteristisch . In W illia m o f P alern e (W . P .) starrt der w ackere W e rw o lf (ein verzau b erter F ü rst!) seine böse S tiefm u tter im Z orne an, hebt die B orsten und brü llt g a r sch reck lich .3 Ä h n lich k ra ß sind seine J am m er g eb ä rd en .4 E s heißt auch a u sd rü ck lich ,d a ß er sich “ bi certeyn sig n es” verstän d lich m a c h t.56 D a s letztere erfah ren w ir nich t etw a n u r deshalb, w eil das T ie r eben n ich t sprechen kann, sondern weil die G eb ärd e A ttrib u t der W ild en und T ie re - auch der „ e d le n ” - ist. D enn auch am H eld en W ilh elm selbst und seiner G eliebten , die sich als H irsch und H irsch ku h verkleid et h aben und in ihrer L eben sw eise sozusagen zu „ed len W ild e n “ gew o rd en sind, w ird ihre V e rstä n d ig u n g d u rch “ þe selcouþ sig n es” « beobachtet, o b g leich sie trotz ihrer E in k le id u n g g a r w ohl au ch m itein an der zu reden pflegen. „E d e ld e n k e n d c ” T iere selbst stehen hoch im K u rs, aber auch bei ihnen gehören G eb ärd en zu ihrem W esen. H ä u fig ist geschildert, w ie treu h erzige P ferd e F reud en - u n d E n tsetzen sgebärd en vo llfü h ren ,7 oder w ie die rennenden J a gd h u n d e b eu teg ierig das M a u l a u fsp erren .8 D e r d an k b a re L ö w e in G uy o f W arw ick m ach t F reu d en sp rü n ge, leckt dem H eld en vo r R ü h ru n g die F ü ß e 9 und wedel t in der B ed rän gn is den S c h w a n z.101D erg leich en T iergeb ärd en sch ild eru n g en haben die m ittelenglisch en R o m an zen sch reib er freilich auch in ihren französischen V o rla g e n g e funden. In der altfran zösisch cn D ich tu n g sind die G ebärd en „ e d le r “ T iere allerdin gs oft n och fa rb ig er, entsprechen indes m eist einer konventionellen m enschlichen G e s tik ;11 daß etw a im la i der M arie de F ra n ce das P ferd des L a n v a l G e fa h r ahnend h eftig zittert,12 oder d aß ‘Y vain s L ö w e bei C h retien sich vor K u m m er zerzau st und zerkratzt, b rü llt und A n s ta l ten m acht, sich u m zu b rin g e n 13 - das sind G eb ärd en, w ie sie an Personen au ch zu sehen sind.
1 F a ery Queene V I , I V , 11, 14; v g l. B ernh eím er, S . 11. 2 V g l. B ernh eim er, S. 1 12 fi'. 3 V g l. IV. P . 433g ff. 4 V g l. W. P . 86 ff. 0 V g l. IV. P . 2740. 6 V g l- w . P . 2992. 7 V g l. B ev . Harnt. 2 15 9 ft'.; E g e r a n d G rim e (F ren ch /H ale, S. 669ft'.) 1 1 1 ff. u. ö. 8 V g l. Ipom . 624 f. 9 V g l. G. W w. 4144 ff. 10 V g l. G. W w. (C a iu s M s.) 4122. 11 G leich es g ilt auch fü r die m ittelhoch deutsche höfische D ich tu n g u nd die g le ic h z e itig e B ild k u n st. V g l. D e llin g , S. 120. 12 V g l. M a rie de F ran ce, L a rw a l 46. 13 V g l. Y v a in 3508 ff.; 3394 ff.
Die K irche und die S ünder
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D ie andere und w esentlichere T en d en z ve rlä u ft zu n i K o m isch en hin. M it dei D aiS tel lu n g der w ilden G eb ärd en , ebenso wie m it derjen igen d er äußeren H ä ß lich k eit der U n h o ld e, w erden hu m oristische W irk u n gen erzielt.1 M an spottet d arü b er und lach t — aber nun nicht m it einem „b ö se n “ , sondern m it einem belu stigten L ach e n . In der R om an ze von R ich ard L ö w en h erz z. B . w ird dem K ö n ig der K o p f eines gesch lach teten S arazenen präsentiert. A n diesem H eid en k o p f sieht m an nun das ph ysisch veran sch au lich te L ach en , das A ttiib u t des B ösen ist (. . . hys lyp p ys gren nyd w yd e; 3213); des K ö n ig s d arob ausbrechende H eitel keit ist d ag eg en ein zw ar starkes, aber nicht ein m im isch verd eu tlich tes L ach en (er lacht, „a ls w a r er to ll“ ). A u s A n sta n d m ä ß ig t m an so g ar solches R e a k tio n sla ch e n ; als R ich ards L eu te ihren K ö n ig ein gebraten es S a razen en h a u p t verspeisen sehen, lachen sie nich t etw a g e radeheraus, sondern „d reh ten sich um und la ch ten “ .12 - D ie G eb ärd en der U n h o ld e losen erst die b elu stigte R ea k tio n der B esch au er aus. D a s zeigt aber doch, w ie effektvoll die „ b ö s e n “ G eb ärd en gew esen sein m üssen. D as L ach e n und die G eb ärd en der U n h o ld e d a g eg e n sind n ich t R eaktion a u f etwas, sondern sü n dige A n zeich en des bösen Seins. D er S a ra z e n e n k o p f grin st nur, weil er heid nisch ist.3 A u c h die hum oristische W irk u n g der G ebärd en der T e u fe l und H eiden , der W ild en und U n g e tü m e ist schon in den altfranzösischen V o rla g e n der R o m an zen vo rgezeich n et; das K o m isch -G ro tesk e der G eb ärd en kom m t dort oft noch viel stärk er zum V o rsch ein als in den m ittelen glisch en F assu n gen - in einer W eise, die es fr a g lic h erscheinen läß t, ob dort die G e bärden der U n h o ld e ü berh au p t als A ttrib u te bösen Seins a u fg efa ß t w urden und nicht viel m ehr als bloßer L ach reiz. In E n glan d scheint die m oralisch e B eu rteilu n g dieser G estik ein bew u ßterer und w irksam erer F a k to r zu sein. A u c h n och L a n g la n d ben utzt seine ü b eia u s realistisch-grotesken G eb ärd en sch ild erun gen nur zu r D arstellu n g der personifizierten T o d sünden. U n d a u f dem T h ea ter w ird aus der T eu fe lsg esta lt der religiösen D ram en , dem V ice, d er g estiku lieren d e C low n.
2. D I E
KIRCH E
UND
DIE
SÜN D ER
D ie unbeherrschten G eb ärd en sind nun keinesw egs bloß A ttrib u te der T e u fe l und d er U n h o ld e. D ie A u sd ru ck sg eb ä rd e b irgt die V o rstellu n g des S ü n d ig en ; ihre V e ra n sch a u lich u n g ist ein m oralisches U rteil über den M enschen, der sie vo llfüh rt. A u c h fü r diese W ertu n g des körperlichen A u sd ru c k s zeichnen sich die A n sä tz e in den alten glisch en lelig iö sen D ich tu n g en ab. S c h ü ck in g hat d a ra u f aufm erksam gem ach t, d aß die W örter, w elch e die typischen M an ifestation en des angelsächsischen H eldentum s bezeichnen, in der religiösen D ich tu n g d er A n g elsa ch sen - im G eg en sa tz zur w eltlich en - oft in pejorativer B ed eu tu n g g e b ra u ch t w erd en ,4 d aß sich also eine U m w ertu n g der H eld en au ffassu n g im kirchlichen Sin ne vollzieht. D ie G eb ärd en a u ffa ssu n g könnte diesen T a tb esta n d verdeutlichen . In der w eltlichen D ich tu n g ist der M ensch in der Situation des P rahlens, des K am p fesrau sch es, des Jubels nicht von den A u sd ru ck sb ew eg u n ge n her gesehen, w eil seinen hervorquellendcn S tim m u n gen dieser A r t ein E thos der V erh a lten h eit en tg eg en w irkt, so d aß diese S tim m u n gen also nicht zu A ffek tg eb ärd e n w erden. W en n die geistlich e D ich tu n g aber solche Stirn1 V g l. R ein h o ld , S. 104 ft. 2 hem to u rn y d a w a y and l o w j (Rieh . T ö w . 3114)_ , 3 L e d ig lic h als A u s d r u c k des B ösen m otiviert ist au ch das L a c h e n des S ara zen en m B ev. H a m t. 599 V g l. a u ch S ir O tu e ll ( B E T S , E . S . 35 )» 2 59 4 V g l. S ch ü c k in g , H eld en sto lz, S. 24.
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m u ngen an den Bosen besch reibt, so hat sie ihren von keinem E thos geh em m ten E x ze ß im A u g e ; d abei w erden sie eben zu A ffek tau sb rü ch en , die sich p h ysisch äußern und an d ie ser ih rer Ä u ß e r u n g erk en n b a r sind. Solch es ist eine Ü b ertretu n g der F o rd eru n g n a ch V e r h alten h eit und w ird als sü n d h aft geb ran d m a rk f, und zw ar indem a u f die physischen Ä u ß e run gen als a u f die Sym p tom e d er S ü n d e hingew iesen w ird. W enn in dem ae. G ed ich t V ainglory es von den Zech ern heißt, u nter ihnen „e rh e b t sich T o b en und G esch rei in der S ch a r, sic lassen schrille Stim m en m an cherlei ertön en “ ,1 so gelten d ie d erm aßen sin n fä llig beschi iebenen L a u tg eb a rd cn als verw erflich . Jem and, der sich so ben äh m e, fä h rt d er D ich ter fort, „sch reit u n d lärm t und p rah lt bei w eitem m eh r als d er g u te M a n n “ .2 D ie C h a ra k teristik der S u n d er d u rch die leiblichen A u sd ru ck ssym p to m e - hier w ied eru m vo r allem durch die aku stisch en - g ip felt dan n in dem A u s r u f: „ D e n n w isse nach dieser kurzen .,c ii c eru ng, d aß das ein K in d des T eu fe ls ist im F leisch e b efan gen !“ 3 N u r beim S ü n d er ist der L e ib den A ffek ten ausgeliefert. D ie Seele sch ilt den L e ib im S treitg esp rä ch der E xeteri i s . , d aß dieser zu L eb zeiten „ a n Speisen lüstern sich w eidend (wlonc) und des W eines voll g e w a ll.g to b te “ er sei „v o n Fleisch und F revellüstcn m ä c h tig t b e w e g t “ g ew esen ,d u rch sie, die Seele, aber stand fest g em a ch t w o rd en .5 D ie A ffek tg eb ärd e n , deren V o rste llu n g sich m it dem alten glisch en poetischen H eld en , lld n ich t vertrag t, gelten som it von relig iö ser W a rte als S ym p to m des S ü n d ig en . Diese A u ffa s s u n g w eist nun g a n z offensichtlich a u f den E in flu ß d er K irch e. D ie L eh re von der M ä ß ig u n g ist schon in der P atristik von d u rch g eh en d er B edeutun g;« sic ve rla n g t zw ar in der P ra x is zu vord erst B esch rän k u n g in Sp eise und T ra n k , sch ärft aber auch eine Z ü g e lu n g ce s A ffek ta u sd ru ck s ein. In d er in a ltcn glisch er Z eit weit verbreiteten F o r m u la vitae hodes sp anischen B isch ofs M artin von B ra g a ( f S8o) z. B. w ird die D o k trin des M aß es (des M ittelm aßes im Sin ne d er aristotelischen E th ik ) zu r d id aktisch en A n w e isu n g fü r die rechte L eb en sfü h ru n g . D e r A ffe k ta u sd ru c k soll g ezü g elt, die K ö rp e rb e w eg u n g en sollen ein g esch rä n k t w erd en .7 N o ch deu tlich er erk lärt d er A n g elsa ch se A lcu in ( f 804) seinem . chuler, d aß es necessarie observan du m est, ut recta sit facies, ne labra d etorqu ean tur ne im m odicus hiatus d istend at rictum , ne supinus vultus, ne d electi in terram oculi, ne m ch n ata cervix neque elata aut depressa su p e rcilia ’ ’ .* E s ist sch w ierig zu bestim m en, w ie w eit derlei detaillierte A n w eisu n gen den C h a ra k te r religiöser M o ra l h aben und w iew eit 4K n ,f gCV° ! T h riften Sind- S ich e r sind sic beides. S ich er ist auch, d aß m aßlose A ffck t ge harden kirchli einerseits im m er w ied er m oralisch verd am m t w erden. So besonders das zü gellose L a ch e n ; w iew ohl dem M ittelalter die .F ä h ig k e it zum L ach en als das gilt was den M enschen vom T ie r unterscheidet,® so ist doch das überlaute, das m aßlose, das
7 Ci™ 011 COrÞre’ CWidC scralIetaÞ / m issen lice; Vain glory ( A S P R , vol. I l l , S. ,4 7 ff.), 3 breodað he on d kæ lceð, boö his sylfes / sw iþ o r m icle p on n e se sella m on (ebd , g f \ . tWw
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Þ ‘ SSUm / fea w u m fo rð sPelIum Þæ t í>æ t biÞ feo n d es b e a m / ífe s c e b ifo n g e n (ebd. 46 f f )
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" Í T ^ Uf Þ % WISt,e Wl0nC ? Ud WmCS Sæd’ 7 Þn rm fiil þ u n ed est’ ’ ; 5 .« / an d B o d y I I ( A S P R , vol. I l l , \ l 4 , ’ 36 f ' /U r h ‘ er ^ e^ ebenerl B ed eu tu n g v o n w lonc v g l. v. L in d h eim , A n g lia 70 (1951) 46 41 ÞU WærC Þurh flæSC ° nd Þ urh firenlu stas / stro n g e g e sty re d on d g e sta þ e la d Þ urh m ec ( S o u l a n d B o d y , 6 V g l. H erm an ns, p assim . 7 M a r tin i E þ is c o þ i B ra ca rien sis O þera O m n ia, ed id it C . W . B arlo w (N e w H a ven , 1950); S 24s- S i co n tin en s es, et anim i tui et corporis m otus observa, ne in deco ri sint. " Z itiert Iiach H erm an ns, S. 31, A n m . 9: v g l. dort a u ch S. 32, A n m . 1. 25“ N o tk e r; H o tn o e st an im al ratio n ale, m ortale, risus c a p a x . - V g l. hierzu H . A d o lf, S þ ecu lu m X X I I (1947),
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von u n sch icklichen G eb ärd en begleitete L ach en v e rp ö n t;1 nach d er B en ed iktinerregel geht der W e g zur T u g e n d über das M eiden des L a ch e n s.*2 A u c h gegen ein Ü b erm a ß der Ja m m erg eb ä rd en nehm en die V ä te r des öfteren m oralisieren d Stellu n g, indem sie deren za h lreich e als w arn en de B eispiele a u fzä h le n .3 E s ist hier n ich t der O rt, die geistlichen Q uellen dieser A n sch a u u n g e n zu untersuchen - aus der B ib el d irek t stam m en sie k a u m ; vielm eh r sind, w ie W a h rig fü r das L ach e n g e ze ig t h at, stoische und asketische Einflüsse m a ß g e b e n d .4 Ih r N ied ersch la g a u f das en glische S ch rifttu m , der uns h ier interessiert, erscheint gan z besonders n a ch h a ltig . D eu tlich tritt in der m ittclen glisch en P rosa die T en d en z hervor, clie S ü n d e d urch ihre kö rp erlich en Ä u ß e ru n g e n zu k en n zeich n en .5 W o E rb au u n gssch riften und P oen iten tiale a u f die äußeren Sym p tom e d er Sün de zu sprechen kom m en, verzeichnen sie höchst a n sch au lich e G eb ärd en . M an bedient sich dabei im m er w ieder des V erg le ich s m it den M im en und Possenreißern. D a s gau k eln d e und effekth asch end e G eb aren dieser fa h renden H istrionen m uß der K irch e besonders an stö ßig erschienen sein. T h o m a s von A q u in hält nur etw as von denjenigen M im en , die H eilig en leg en d en vo rtragen , veru rteilt aber solche, die sich d urch indezentes T a n zen und G estiku lieren h ervo rtu n .6 D a s T h o m a s von C a b h a m zu gesch rieben e P oen iten tial7 erklärt jene M im en , die “ quidam transform ant et tra n sfig u ra n t corpora sua per turpes g estu s” und die allerlei obszönes G eb aren vollfüh ren , für die übelsten ihrer Z u n ft. Im B ook o f Vices a n d V irtues (ca. 1375) nun, einer der beiden w eitverbreiteten m c. B ea rb eitu n gen der Som m e l i R o i, w ird das zü gellose G ebaren (d o yn gc w iþ here bodies) derer, die es an d er T u g en d der M ä ß ig u n g fehlen lassen, m it der E rk lä ru n g a n g ep ran gert, solche L eu te m ü ßten fü r “ h a lfyn g fo o lcs” geh alten w e rd en ;8 vielleich t k lin g t d arin ein H inw eis a u f das närrische G eb aren d er M im en an, d er dein m o ralischen V erd am m u n g su rteil der G eb ärd en größten N a ch d ru ck verliehe. A u sd rü c k lich m it dem G eb aren der M im en verglich en w ird in A n cren e R iw le z. B . das V e rh a lte n der N eidischen, die schiefe B lick e haben, die A u g e n rollen und die O hren h än gen lassen und, sobald sic G utes hören, den M u n d verzerren .9 In ähnlich körp erlich er W eise w erden auch die S ym p tom e der anderen T o d sü n d en dargestellt. D a v o n ist selbst die T rä g h e it nich t aus genom m en ; d er ih r V e rfa lle n e p flegt - nach Ifa n d ly n g Sy nne - sch w eißtriefend im B ett zu lie g e n ;10I12 a u f gu te E rm a h n u n gen hin räkelt er sich und k ra tz t.11 A n der m oralisch abschrekkenden A b s ic h t solcher D a rstellu n g en in den E rb au u n gssch riften w ie auch in den relig iö sen D ich tu n g en ist nicht zu zw eifeln. A u c h an den V erd am m ten in der H ölle sch ild ert m an ja den körperlichen A u sd ru ck , w ie etw a das H eulen und Z äh n ek lap p ern in A genbite o f In w itvi oder das rastlose U m h erirren im P oem a M ora le1* - eine P ra x is, deren m an allent-
. 1 M artin B r.: N a m repreh en sibilis risus est, si im m od icu s. - B asiliu s fordert, d a ß m a n d a s L a ch e n n ich t m it grin sen d en L ip p e n V orb rin gen so lle; v g l. W a h rig , S. 292. 2 D i e ags. Prosabearb. d. B en ed ik tin erreg el, h rsg g . v. A . S ch röer, B ibi. d. ags. P ro sa (K a sse l, 1885), >8-7 f. (D e r M ön ch soll) ne . . . fela sprecan, ne idele w ord ne le a h to rb e re ; ne h leah ter ne sceal he lu fia n ; v g l. bes. ebd. S. 22. 6 f. 3 V g l. Z-a.ppe.xt, fa s s itn . I V g l. W a h rig , S. 296 ff. 5 V g l. dazu A . J. D o y le , in: T he A g e o f C kaucer (P e n g u in , 1954), S . 7 4 ff. 6 V g l. E . K . C h am b ers, M ed ia ev a l Stage I, S. 58. 7 M itg e te ilt bei E . K . C ham b ers, ebd., A p p e n d ix G. 8 B o o k o f Vices a n d Virtues, E l i 7 '.S' 217 (1942), S. 287. 8 ff. * A n cren e Rivule (M s. N ero A X I V ) , E E T S 225 (1952), S . 94. 9. 10 V g l. H a n d l. Synn e 4258; im fran zö sisch en T e x t findet sich keine E n tsp rech u n g . II V g l. ebd. 4279; im fran zö sisch en T e x t find et sich keine E n tsp rech u n g . 12 V g l. E E T S 23, 265.5.
13 V g l. Poema, M orale 239.
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D ie G ebärde als m oralisches Ü bel
halben in m ittelalterlich er D ich tu n g und B ild ku n st nicht m ü de w ird. Es g en ü g e, beispiels halber d aran zu erinnern, d aß ottonische M in iatu ren vom Jü n gsten G erich t w ie die im P eriko p en b u ch e H ein rich s II. die T o te n m it lebh aftesten G eb ärd en m alen und ihnen die w ü rd ig posaunenden E n g e l en tgegen stellen ,1 oder d aß selbst D an te, der d ie G efü h ls g eb ä rd en d a rstellu n g zu einer unerh ört nuancierten K u n st en tw ickelt hat, die zw eifellos stärksten K ö rp e reffek te den Sün dern im Inferno vorbeh ält. D ie positive F ord eru n g, die d em gegen ü b er erhoben wird, lautet, d er M an n - besonders der im fü rstlichen S ta n d - solle die F orm en w ah ren, g e m ä ß ig t im G eb aren sein und vor aller W e lt eine w ü rd ig e H a ltu n g einn eh m en.i*34 5D ie ruh ige K ö rp e rh a ltu n g ist das G ute, w ie die affektisch e K ö rp e rb e w e g u n g Sym p tom des Bösen ist. B ek a n n t ist R ich a rd R olles Preis d er ru h ig en H a ltu n g : diejenigen sind G o tt w o h lgefällig , „ d ie still an einem O rt verw eilen und nich t um herrennen, sondern in der süßen L ie b e C h risti sicher steh en “ .3 W er G o tt liebt, soll stets in “ m aste rest o f body and saw !e” sein .1 F ü r diese G leich setzu n g von ru h iger K ö rp e rh a ltu n g und F rö m m ig k eit ist zw ar das m ystisch e G ed a n k en g u t m a ß g eb en d ; tro tz dem b leib t die n ach d rü ck lich e A u sfü h rlic h k e it, m it d er R ich a rd R o lle im m er w ieder a u f die körperlich e Seite eingeht, fü r den E n g lä n d e r höchst bezeich nend . So erläutert er la n g und breit, w arum er in sitzen d er H a ltu n g jen e fro m m e K ö rp e rru h e am besten findet, und g ib t sich selbst den B ein am en „ d e r S itzen d e“ .8 In L a ja m o n s B ru td ich tu n g ist denn gerad e die ru h ig e K ö rp e rh a ltu n g , das Stillsitzen oder das Stillstehen, die häufigste „ G e b ä r d e “ der von A ffek ten erregten H eld en . D a s S till halten b ezeu gt gleich sam die T u g e n d des A ffek tversch w eigen s. C ord oille, die K ö n ig L eir ihre w ahre L ie b e m ittcilt, sitzt n ach ihrer R e d e „ g a n z still.“ 6E b en so b ezeu gt sie ihre tu g en d hafte V a terlieb e, als sie m it F reud en von der A n k u n ft des von ihren Sch w estern verstoßenen L eir h ö rt: „ D ie K ö n ig in C o rd o ille saß lan ge Z e it g a n z still.“ 7 U n d als A r th u r vom T o d e U thers hört, bricht er n ich t gleich in T o te n k la g en aus, son dern “ sæ t fu l stille” .8 E s h and elt sich d abei freilich um einen über die g a n ze m ittelen glisch e D ich tu n g hin verbreiteten form elh aften A u sd r u c k ; aber sein In h alt - die tu g en d h a fte K ö rp erru h e - h a t bei L a ja m o n G ew ich t; erst in den R om an zen w ird dieser m oralisch e Sinn h ä u fig n ich t m ehr verstanden. In L a ja m o n s D ich tu n g ist es a u f d er anderen Seite auch, wo die an sch au lich gesch ild er ten A ffe k tg e b ä rd e n am ein d eu tigsten das böse Sein a u sw eisen ; in dieser B ed eu tu n g ist die G eb ärd e bei L a ja m o n ein P h än om en erzäh lerisch er G estaltu n g. D ie folgen den A b sch n itte sollen im R ah m en von fü r die erzäh len d e D ich tu n g typ isch en Situ ation en und L eb en slag en zeigen , w ie dies bei drei n atu rgegeb en en G ru nd form en gestisch er A ffe k tä u ß e ru n g der Fall ist: beim ich bezogen en A ffe k t (Zorn), beim a u f das G egen ü b er gerich teten A ffe k t (E rotik) und beim A ffek t, der die K on ven tion en des G em ein schaftslebens (G astm ah l) zerbricht. i V g l. H . Jan tzen , Ottonische K u n s t , S. 89. - V g l. B ook o f Vices a n d Virtues 287. 12 ff. 3 þ a i e r G oddes trone, Jiat d w elles still in a stcde, a n d er n o gh t ab ow te ren nan d, b o t in sw etnes o f C ristes lufe er stab yld . ( F o rm o f L iv in g X , 248; in : T h e E n g lis h W ritin g s o f R ic h a r d R o lle , ed. H . E . A lle n [O x ford, 193 ij). 4 V g l. ebd. X , 258t. 5 V g l. H . E. A lie n s E in le itu n g , S. X V I I . 6 and seoöðen set sw þ e stille (L a .j. 3060); bei W ace ist dieses S tillsitzen offen b a r n ich t als k ö rp erlich e G e b ärd e a u fzu fa s se n ; v g l. B r u t 1743: A ta u t se tout, n e v o lt plus dire. þe qu ene C ord o ille seæt lo n g e sw|'ie stille (L a3 . 3526); bei W a c e find et sich hier n ich ts E n tsp re ch e n d e s; v g l. B r u t 1987. 8 V g l. L a j . 19887. B ei W a c e findet sich h ier n ich ts E n tsprechend es.
„ N ie m a ls “ , lehrt schon in den ae. Precepts d er V a te r den Soh n, „ la ß den Zorn dich ü b erw ältig en , im H erzen sich au fbäum en d, noch den A b g ru n d h eftige r W orte dich m it seinen W ogen schän den; m an k ä m p ft d a g eg en an in d er m u tig en S e ele .“ 1 V o m Zorne ü b erw ä ltig t aber sind in den religiösen D ich tu n g en der A n g elsa ch sen die T eu fe l und die F olterer. Im 14. Jh. läß t L a n g la n d die personifizierte T o d sü n d e des Zorns durch die G ebärden w ir k e n ; d er Z o rn tritt lau t lachend auf, m it w eißen A u g e n , sch n aub en d er N ase, sich a u f die L ip p en b eiß e n d .12 D er Zorn lacht nicht nur, w eil L a n g la n d ihn kom isch m eint, sondern w eil er S ü n d e ist. A n cren e R iw le betont die körperlich en S ym p to m e des Zorns und sagt, dieser sei ein böser Z au berer, der das Ä u ß e re des M en sch en g a n z und g a r verw an d elt und ihn zu m w ilden T ie r m acht. D er Z o rn ige sei ein W ah n sin n iger, in seinem Innern ebenso w ohl w ie in der A r t seines D reinschauens, seines R edens und G eb aren s.3 D ie Stoa m a g diese A r t und W eise, den Zorn am S ym p tom der G eb ärd e zu verurteilen, beein flu ßt haben. S eneca beschreibt in seinem T r a k ta t ü ber den Zorn g an z k o n kret die kö rp erlich en Ä u ß e r u n g e n .4 Indes scheiden die kirchlichen L eh ren vom sün digen Zorn den guten, h eiligen Z o rn .5* G u t und tu g en d h a ft ist der Zorn, der R eaktion a u f die S ü n d e ist. So lch er Z o rn ist in der D ich tu n g heroisch, und seine M an ifestation ist repräsentativ. Böse und sü n d ig h in gegen ist der Zorn, w o er jäh er A ffe k t ist und w o sein körp erlich er A u sd ru c k spontane, unbeh errsch te G eb ärd en sind, wo er — w ie es bei T h o m as heißt - das M a ß der V ern u n ft nich t b each tet.8 D a G eb ärd en und A u sd ru ck sfo rm en des Zorns in m ittelen glisch er Z eit stereotype V o r stellun gen und fo rm elh aft gew orden sind, w endet sie die D ich tu n g a u f die beiden A rten des Z ornes an. W ild es B licken , so gar Zähnefletschen können also ebenso das Böse, das U n heroische bloßstellen w ie auch der V era n sch a u lich u n g des H elden dienen. A lle in clie D a rstellu n gsw eise läß t uns n ich t im Zw eifel darüber, w elcher A r t von Zorn eine G eb ärd e zu geh ö rt - zum einen d eshalb, w eil die den G eb ärd en unterliegen den G efü hle verd eu t lichend gen an n t zu w erden pflegen, und zum andern, nam en tlich bei L ay a m o n , weil „ b ö s e “ Z o rn esgeb ärd en als unbeherrschte A ffek tau sb rü ch c K o n fliktstoffe in die H an d lu n g hinein tragen , w ährend die „ g u te n “ Z ornesgeb ärd en m eh r d ekorativ-rep räsen tativen C h a rak ter haben. N u r die Z orn esgeb ärd e als S ym p tom des Bösen ist bei L a y a m o n fü r die E n tw ic k lu n g der H a n d lu n g w irksam . Sie kom m t auch häu figer vor. D a rin zeig t sich eben die T r a g k r a ft der A u ffa s su n g , die d as A ffe k tg e b a re n m it dem B ösen zu sam m en b rin gt. So ve rm a g sie zur W ertu n g der P ersö n lich keit b eizutragen . D em ansonsten trefflich en M orp idu s w ird seine körperliche U n b eh errsch th eit im Zorn a u sd rü cklich als C h a ra k terfeh ler an g ekreid et.7 U nd
1 Y r r e nc læ t þe æ fre je w ea ld a n , / heah in hreþre, lieorow o rda gru n d / w ylm e bism itan, a c him w arnaft þæt on geh eo rtu m h y g e . {Precepts; A S P R III, S. 140 ff., 83 ff.). 2 P ie r s P lo w m a n C, V I I , 103 f.
3 V g l. A n cr en e R iw le 52. 34 ff4 V g l. D e ira I, 1 und I I , 35. 5 V g l . z. B . Bk. ofVic. a n d Virt. 25. 11: B ut vn d ersto n de w el þ a t þ e r is an ire þat go o d e holy men han a je n s cu clc, |>at is v ertu e to destroie w iþ y u clc, and þ e r is a-n oþ er þat is synne w el gret. - A n a lo g H a n d l. Synne 3767 u. ö. 8 V g l. S u m m a T heol. 1 . 11, Q u. 46, 4. 1 V g l. L a3. 6369 ff. im Z u sa m m e n h a n g m it 6377 ff.
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Die G ebärde als m oralisches Ü bel
wenn K ö n ig L eir, als er bei der B e fra g u n g seiner T ö ch ter d ie arglose A n tw o rt Cordoilles vern im m t, vo r Z orn ü ber und ü ber sch w arz w ird, in O h n m ach t fällt, sich n a ch einer W eile w ieder a u frafft, um Cord oille, der d arob a n g st und b a n g e w ird, w ü tend zu verflu ch en ,1 so w ird diese R ea k tio n L eirs „ b ö s e “ g en a n n t (vu el; L a j . 3078; bei W a ce kein e E n t sp rechun g). L e ir ist ja , als er die T ö ch te rb e fra g u n g veran staltet, ein G reis; und A lte r ist hier o ffen sich tlich n ich t m eh r - wie im B e o w u lf - m it W eish eit identisch, sondern m it u n heroischer S ch w ä ch e, was d er D ich ter zu B eg in n der E p isod e auch a u sd rü ck lich v e rm erk t.12 3 Im fo lgen d en m u ß L e ir in der T a t fü r seine V erh alten sw eise gleich einem reu igen S ü n der A b b itte tun. A u c h d aß L e ir sch w arz w ird ,3 d ürfte die m oralisch e V e ru rte ilu n g u nter streichen. D a s Sch w arzw erd en im Zorn ist zw ar auch in fran zösisch en D ich tu n g en eine d u rch au s g ä n g ig e V o r ste llu n g ;4 indes w ird es auch da (nach Sch röder) vo rzu gsw eise dann erw äh n t, w enn es sich um „etw a s U n a n g en eh m es u n d B ö ses“ h a n d elt.5 Ä h n lich es kom m t im O rien t vo r; und auch im K o ra n w ird ein B ö sew ich t vo r Zorn sc h w a rz.6 M ö g lich , d aß L a ja m o n m it diesem „ s c h w a r z “ g a r kein e echte F a rb v o rstellu n g verb in d et (sein V e r gleich „sch w a rz w ie ein T u c h “ ist v a g e ); w esen tlich er erscheint das m oralisch e U rteil, das darin liegt. Schon in d er alten glisch en religiösen D ich tu n g ist sch w arz die F a rb e des B ösen7 und dabei m eh r sym bolisch g eb ra u ch t als real; die evozierte F a rb v o rstellu n g ist fa cetten reich und d ah er u n b estim m t.8 So ist w ohl auch das S ch w a rzw erd en L eirs zu vörd erst als S ym p tom d er V e rw e rflich k e it seines H an d eln s au fzu fassen und nicht, w ie m an verm utet hat, als „ex p ressio n istisch e“ Ü b ersteig eru n g einer o b jektiven G efü h lssch ild eru n g. M it besonderer V o rlieb e schildern die D ich ter, w ie böse G estalten jä h zo rn ig e A ffe k te an ihrem tu gen d reich en G eg en ü b er auslassen. K ö n ig L eir verstö ßt die beste seiner T ö ch ter im Zorn. In den R o m an zen w erden dabei g rö b lich e R asereien vo rgefü h rt. D e r böse G od rich in H avelok z. B., der den als K ü ch en ju n g en b esch äftig ten H elden zw in gen will, seine ihm unliebsam e P flegeto ch ter G o ld b u rg zu heiraten, ü b e rlä ß t sich bei dessen g leich w o h l sa ch lich b egrün deter W e ig e ru n g seiner Z o rn esreg u n g , in d em er a u fb rau st und ihm derbe 1
þ e king- L e ir iw eröe sw a blae sw lch hit a blae cloð w eoren iw æ rð his h u de a n d ids heow e for he w as su þe ihæ rm ed m id þ æ re wrœ ððe he w es isw eued þ a t he feol isw ow en la te þ eo he up fusde þ a t m æ iden w es afeared . . . ( L a g . 3069 ff.).
B ei W a c e (v g l. B r u t 1744 f.) tritt d as P h ysisch e d er R e a k tio n L eirs n ich t in d iesem M a ß e in E rsch ein u n g. 2 þ a æ ld ed e þe k in g j and w a k ed e an a ðelan (M s. Cotton O tk o : a n d faile d e his m ihte) ( L a j . 2937 f.). - A ls A lle g o r ie g e h ö rt das A lte r im R o sen rom an zu den L astern . V g l. L ew is, S. 102. 3 D as W o rt blae in L a ja m o n s T e x t kön n te a llerd in gs a u ch ,b le ic h “ h eiß en ; es besteh t jed o ch keine V e r a n la ssu n g zu r A n n a h m e, d a ß La;;. h ier von W a c e a bw eich t, der L eir p e r s w erden lä ß t ( B r u t 1793), w o m it ein „s ch w ä rzlic h e s B la u “ g e m e in t ist (v g l. H .-E . K eller, É tu d e descriptive su r le vocabulaire de Ware (B erlin ,
' 953) ■ 4 V g l. L ou b ier, S . 123 f . ; N eu b ert, S. 662. 6 V g l. S ch röd er, S . 66, A m n . 1. F ü r B eispiele aus den me. R o m an zen v g l. G eissler, S . 56. “ V g l. V o rw a h l, S. 18. 7 V g l. W . E. M ea d , “ C o lo u r in O ld E n g lish P o e try ” , P M L A X I V (1899), 181; J. E . W illm s, Farbbezcichnungen in der P o esie A lte n g la n d s (D lss. M ü n ster, 1902), S . 6 f f . ; E . S ch w entner, A ltg erm a n isck e F arbbezeichnungen (D iss. G ö ttin g en , 1905), S. 16. V g l. L e rn e t, C o lo u r W o rd s in A n g lo S a x o n ” , M L R X L V I (195t), 264 ff. — A u c h im F ran zösisch en erschein t das „ b ö s e “ S ch w arz ( n eir) syn o n ym m it ,b la u ‘ u nd ,b ra u n “ o d er m it dem n eu tralen descolore (vgl. þ e D esp u tiso u n . . ., E r la n g e r B e iträ g e , I, A n h . 1, T e x t P , V e rs 1066; zu descolore s. auch W . T . E iw e rt, „ Z u r ■ Synonyrnendoppclung als In terp reta tio n sh ilfe“ , A S J V S , 195 [1958], 24).
Schm ach
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S c h lä g e versetzt.1 In B ev. Iia m t. zieht die ehebrecherische M u tter den ju n g e n H eld en im Z orn über dessen b erech tigte m oralische V o rh a ltu n g e n am O hr" oder versetzt ih m bei ähn lich er G eleg en h e it eine so g ew a ltig e O h rfeig e, d aß er zu B oden fällt.1*3 D a ß solches nich t nur hum oristisch, sondern m oralisch gem ein t ist, zeig t sich darin, d aß eben die besagte O h rfe ig e den gu ten S a b er bestim m t, sich von der R asenden - seiner H errin - in diesem A u g e n b lic k inn erlich loszu sagen und sich m itleidsvoll a u f die Seite des B eves zu sch lagen. In der a 1lit. R o m an ze Chevalere A ssig n s ist es eine böse H ex e, die vom R itte r zum Schw an ih rer M issetaten b esch u ld igt w ird ; sie w ird d arob so zornig, d aß sie a u f diesen losstü rzt und ihm ein B ü sch el H aa re ausreißt.45 7Selbst der trefflich e A th elsto n gerät, als er dem V e i ratet 6 G la u b en schenkt und d am it zu m A g e n s des Bösen w ird, in eine solche W u t, d aß er seiner fü r die G erech tig k eit einstehenden G em ah lin m it einem F u ß tritt das K in d im L eib e tötet. E inen u nbeherrschten K in n h a k e n erhält der H l. B ern h ard in der ih m gew id m eten m ittelen glisch en L e g e n d e ,8 und zw ar von einem C anonicu s R eg u la ris, als er diesen w egen der V e rk e n n u n g seiner A m tsp flich ten rü g t: þc chanoun w as jo n g and hot of blöd, A n d , a s a m on p a t w a xe n w eore w od, I le sm ot seint B ern a rd v n d u r p e chek . . . (493 ff.).
D er m ittelen glische D ich ter fü h rt dabei - abw eich end von seiner Q uelle (L eg . A u rea ) - als m ildernden U m sta n d die Ju gen d und die H eiß b lü tig k e it des C anonicu s an. A u c h in a lt en glisch er Z eit verzieh m an ja kirchlich erseits der Ju gen d das U n g estü m . D a ß aber der sonst so bieder seiner lateinischen Q uelle folgen de D ich ter eine d erartige E n tsch u ld ig u n g fü r n ö tig hält, könn te d och die V e rm u tu n g n ah clegen , d aß er d am it der als böse em p fu n d e nen Z orn esgeb ärd e eine S ch ärfe nehm en w ill, die, da der sie V o llfü h ren d e im m erhin ein G eistlich er ist, entstellend w äre und auch g a r nich t im Sinn der lateinischen L ege n d e ist. In den altfran zösisch en D ich tu n g en beein träch tigen d em geg en ü b er oft auch die stärk sten Z o rn esgeb ärd en die m oralische T refflich k eit nicht im g erin gste n ; im G egen teil, auch bei den Z o rnesau sbrü chen der H eld en sind dort überaus h eftige A ffe k tg e b ä id e n g esch il d ert; sic knirschen m it den Zähnen , rollen und schließen die A u g e n , ziehen die B ia u e n hoch, schäum en, raufen H aa r und B art, zittern, w erden rot, grün und schw arz.
4. S C H M A C H
In den K am p fessch ild eru n g en stellen die Z o rn esgeb ärd en die S ch m a ch der bed rän gten und gesch lagen en F einde zu r Sch au . D o ch d arü b er hinaus w erden A u sd ru ck sb ew eg u n ge n des Entsetzen s, der A n g s t, der F eig h e it in die Sch ild eru n gen der Sch m ach einbezogen, w elche auch in den altfranzösischen E pen h äu fig sind. D as m it V o rlieb e d argestellte
1
G od rich stirt up and on him don g
With dintes swipe hard and strong (.H av. 1147 b)- V g l. B ev . H a m t. 492 f. 3 V g l. B e v . H am t. 32off. 4 A n d þen n e she lepte to hym a n d k a w jte h ym b y p e lo kke T h a t p er leued in here honde heres an h o n dredd e. (C h ev. A ss ., Fren ch /H ale, S. 857fr., 254 f.). 5 V g l. A th e lsto n 282. 6 H orstm ann , S. 41 ff. 7 V g l. N eu b ert, S . 662; B raed er, S . 25. M ünchen A k . A b b . phil.-hist. 1959 (H abicht)
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So
Dir- G ebärde als m oralisches Übel
.c h m a c h g c b a r e n der G e g n e r könn te insofern von dem „ b ö s e n “ G eb aren a b g e leitet sein als ja w o ra u f m an des öfteren hingew iesen h at, die K ä m p fe der christlichen H elden als arnpfe g eg e n den U n g la u b e n und g eg e n das Böse g erech tfertig t w erd en und die G egn er H eid en u n d S a razen en oder diesen gleich g esetzte F ein d e sin d .1 D o ch dies e rk lärt den T a t bestand n ich t ersch öp fen d . D ie alten glisch e D ich tu n g sch ild ert selbst an den höllischen F ein d en heroisches V erh a lten . A u c h bei L a ja m o n tritt z. B . der fein dlich e C a esa r m it den K a m p fesg eb a rd e n eines edlen H eld en auf, w äh ren d g era d e die gesch la gen en B riten «ich sch m ach voll benehm en. A lle rd in g s w ird an den vom christlichen S ta n d p u n k t verw orfen en F eind en ein S ch m a ch geb aren am ehesten v o rgefü h rt. D a rü b er hinaus aber h aben die S ch m a ch g eb ä rd en eine vo n der en geren m oralisch en B ed eu tu n g sich lösende, eigen rech tlich e F u n k tio n - sie stellen den G esch lagen en , ja den U nh eroisch en sch lech th in bloß, und sie u nterstreichen den T riu m p h des Siegers, der oft gerad e aus ihrem. A n la ß und a u f sie B e z u g nehm end H ohnreden a n stim m t.123 In D eu tsch lan d lä ß t freilich E k k e h a rd im heldischen E p o s schon S ch m a ch g eb a re n a u f oc ist origin elle W eise w irken - so, w enn dem G ü n th er in dem M om en t, als er von W alth er im K a m p f bei einer H in terlist ertap p t und d arob a n gcsch rien w ird, vo r E n tsetzen die K n ie w anken. .Bei den A n g elsa ch sen h at m an n ach an n äh ern d V erg le ic h b a rem w ied eru m zunachst m der religiösen D ic h tu n g zu suchen, wo in d er T a t das Ju d ith frag m en t ein a u g e n fä llig es B eispiel liefert. D e r assyrischen O ffiziere b em ä ch tig t sich dort ob der S ch lap p e, die ihnen die in der S c h la ch t erfolgreich en Juden z u g e fü g t h aben, ein G efühl d er E n t m u tig u n g (236 ff.; 267 ff.). D esw eg en erheben sie vor H o lo fern es’ Z elt L ä rm und Z äh n e knirschen, w o m it sie zu n äch st ihren verm eintlich liebestrunken sch lafen den H eerfü h rer a u fw cck cn w ollen. Ih re G eb ärd en sind aber zu g le ich zorn iger A u sd ru c k . A ls d an n aber einer der O ffiziere sich ins H errsch erzelt w a g t und den K a d a v e r des H olofernes erblickt, da sc h la g t d er Z orn m E n tsetzen m it v ö llig zw eckfreien A ffe k tg e b ä rd e n um, die d er en glisch e D ich ter seiner Q uelle g eg e n ü b er beträch tlich ve rstä rk t: d er F ü rw itzig e fä llt vor E n tsetzen zu B oden, zerrt sich an den H aaren , zerreißt das G e w a n d .4*A u c h seine - von der O uelle u n a b h ä n g ig e - R ed e tut den G enossen höchstes E ntsetzen ku n d , w orau fh in diese ihrerseits die M affen von sich w erfen und R eiß au s nehm en {J u d ith 291).» Den E in d ru ck d esS ch m ach vollen beförd ert n ich t zu letzt das w iederholte W ech seln der G efü hle und der d azu geh ö rig en physisch en Ä u ß e ru n g e n w ie auch der B ereich e, denen die einzelnen G eb ärd en entstam m en (b ib lisch er T ra d itio n sind das K leid erzerreißen und das Zu -B od en -F allen ,« dem k rieg eri schen B ereich d as W a ffen w egw erfen und das A n setzen zu r F lu ch t entnom m en). D as R e iß ausnehm en stellt die alten glisch e D ic h tu n g aber auch sonst vor, nam entlich w enn P la g e geister dam it ihre sch m ach volle O h n m ach t g ege n ü b er den standhaften H eiligen ausw eisen.7
1 V g l. G ist, S . 121 . 2 V g l. R ein h o ld , S. 3 1 . 3 V g l. W alth ariu s 1326. H c þ a lu n g re g e fe o il freorig- to iold an , o n g a n his fe a x te ra n , hreoh on m ode, ond his hræg.1 sam od ( Jud. 280 ft.). • D ie V u lg a ta erw äh n t in beu len F ällen nur dm G eb ä rd e des K le id erzerreiß en s, d ie ihrerseits in der a e D ic h tu n g das eure M al fo n g e la s se n , das an d ere M al (281) b eilä u fig-zu sätzlich zu den anderen h in z u g e fü g t i s t w i lleich t, weil sie für das ge rm an isch e P u b liku m nicht g e n ü g e n d A ffe k tg e h a lt hat W ie d er en tsetzte F ü r w itz ig e fallen au ch Jesu H ä sch er hin, als sich der H e ilan d a u f dem Ö lb e rg ih n en zu erken n en g ib t (Job. 18, 6), w elche G e b ä rd e im as. H e lia n d als S ch m a c h g e b ä rd e a u fg e g riffe n ist. ' V g l- J u lta n a 630; A n d r e a s 1340, i3 8 6 f. u. ö.
Schmach
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In L a gam ons S ch ild eru n gen schm ählich G eschlagenerfänden w ir erstaun liche A n sä tz e zu n a ch g erad e realistischen E inzelheiten , w ie w enn der besiegte B riten k ö n ig C arrie sich a u f allen V ieren von seinem H eere d avon stieh lt,xoder wenn an anderer Stelle die gesch lagen en Soldaten O ctas a u f den nackten K n ien in den W a ld kriech en .I2 D a s U n h eroisch e scheint auch hier noch m it dem S ü n d ig -V e rw o rfen en en g beisam m en zu liegen. In kriechenden und jäm m erlich ged u ckten H altu n ge n stellte die B ild ku n st däm onische F igu ren und per sonifizierte L aster oft v o r,3 und äh n lich e S ch m a ch g estik kennen auch spätere R om an zen - etw a S i r D egrevan t, w o ü berlebend e F einde sich unter B äu m en und im G ebüsch d u c k e n .4 D ie fran zö sisch en Epen freilich liefern den en glisch en R om an zen dich tern noch eine w e it größere F ü lle von S ch m a ch g eb ä rd en . So das A n g stzittern der G eg n e r: der schuld b ew u ß te B rad em o n d in B ev . Harnt, zittert schon, als er den H eld en n u r sie h t;5 in R ich a rd L öw enherz zittert das g a n ze H eer der S arazenen beim bloßen A n b lic k der englischen S treitm a ch t.6 O der G eb ärd en des feigen E n tsetzen s,7 w obei bedrohte G e g n e r sch recklich stöhnen ,8 in O hn m ach t fa lle n 9 oder sich, w ie ein fein d lich er H e rz o g in W. P vor ihren eigen en R ittern ,,g a r jäm m erlich a u ffü h re n “ .10IE in K ö n ig in äh nlich er Situ ation fä llt d ar nieder und „zerreiß t alles, w as an seiner R ü stu n g zerreißbar is t“ .11 S o schild ert m an auch die o h n m äch tigen Zap p eleien der schon V ern ich teten , die in R ic h a r d L öw enh erz das ironische B ild andeutet: „ D a konn te m an die H eiden m än n er im S u m p fe liegen und sich baden sehen; und w er em porkam , der tra n k aus K ö n ig R ich ards B echer “ (d. h. dem w u rde der G arau s g e m a ch t);12* im allit. M orte A r th u r e zap p elt (sproulez) ein schon zu T o d e getroffen er G eg n er A rth u rs noch bevor ei stirb t.1 E ine ty p i sche Z o rn esgeb ärd e der schm achvoll G esch lagen en ist es auch , daß sic ih re W u t an den H eid en gö ttern und deren Statuen auslassen und diese auspeitschen, zertrüm m ern und m it F ü ß e n tre te n ;14 die S arazenen im altfranzösischen R olan dslied verh alten sich ebenso.15 N ich t zu letzt w erden auch S ch m a ch -K la g e n au sgem alt, w ie w enn etw a in Ferum bras der E m ir, als er von der N ied erlage hört, in O h n m ach t fällt, dann la u t sch reit und die H än d e r in g t.16 M an ka n n in derlei D a rstellu n gen des S ch m a ch g eb a ren s in den R om an zen eine hum oristische A b s ic h t oft n ich t verken n en ,17 w ie sie vo r allem auch die spätere altfranzösi-
I V g l. L a 3. 293 13 f f .; bei W a c e findet sich n ich ts E n tsp re c h e n d e s; v g l. B r u t 13611 f. 3 V g l. L a ä . 18472 f . ; bei W a c e find et sich n ich ts E n tsp rech en d es; v g l. B r u t 8530. 3 V g l. Janson, S. 46. 4 V g l. D egrevan t 1671 f. 5 V g l. B ev. H a m t. 1389. 6 V g l. R ieh . L ö w . 3989. 7 V g l. L ib . D esc. 1621. 8 V g l. D egrevan t 1263 f. 9 V g l. Joseph o f A r im a tk ie 582 f . 10 desp itu sly p e d u k drayed him þ a n n e (W . P . 1210). II al to -tare his a-tir p a t he to-tere mijst (IV. P . 3884). la poo m y3te m en se p e hepene men L y g g e n a n d b a p e n hem in p e fen ; A n d poo p a t w olden haue com e v p p e , p ey d ran k o ff K y n g R ich ard is cu p p e. (R ich- L ö w . 7021 ff.). 43 V g l. M A . 2063 14 V g l. G. W w. 3707 ff.; P u r ity 13 4 7 Í.; K i n g 15 V g l. R o la n d slied , 2695 ff. 18 V g l. F erum bras 1134 ff. 17 V g l. R ein h o ld , S . 99.
of T ars 646 ff.
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Die G ebärde als moralisches Übel
sehe D ic h tu n g an entsprechenden Stellen g a n z deutlich aufw eist. V o llen d s zu r S itu atio n s k o m ik w ird das S ch m a ch g eb a re n dort, w o es au ß erh a lb kriegerisch er S itu ation en vo r kom m t. D o ch auch u nter d er hum oristischen O b erfläch e sch im m ert m an ch m al jene eth i sche W e rtu n g durch, die im h em m ungslosen G eb aren das K en n zeich en n ich t nu r der U n helden, sondern auch der V erw o rfen en sieht. D a fü r ist in B ev. Harnt, die m erk w ü rd ige A u ffo rd e ru n g des B cv es bezeichnend, der seinem sch w ergetroffen en und sich w inselnd g e bärdend zum M ah o m et jam m ern d en bösen G eg n e r Iv o r allen E rnstes rät, er solle d och lieber G o tt u n d M a ria anrufen und sich so gleich tau fen lassen .2 A u c h im M o tiv der Selbsterken n tn is des E rle d ig ten in der S c h m a ch k la g e k o m m t diese ethische W ertu n g zum V orsch ein . D e r gesch la gen e D a riu s in W. A le x ., der sich u nter H eu len und Stö h n en m it dem G esich t zu B oden w irft, als er seine N ied erla g e b eklagt, deutet selbst seine A u ffü h r u n g im Sin ne m ittelalterlich er T r a g ik : „ I c h , der ich nach den Sternen griff, bin nun zu B o d en g e stre ck t“ .3 In der m ittelh ochd eu tsch en D ich tu n g kom m t dieses M o tiv der k lag en d en Selbsterken n tn is des V ern ich teten z. B. in b ezu g a u f E tzel in D i u K la g e vo r; aber dort feh lt g era d e diese m oralisch e A u sd e u tu n g d er S c h m a ch gebärde.4 D o ch ist, w ie gesa gt, bei L a y a m o n die eth isch -m oralisch e W ertu n g des unheroischen G ebaren s noch am ein d rin glich sten . S ie zeig t sich auch darin, d aß S ch m a ch g eb ä rd en in k rasser Ü b e rste ig e ru n g n u r an F rau en gesch ild ert w erden. D a ß F ra u en sich besonders h e ftig gebärd en , w eiß auch die altnordisch e D ic h tu n g .5 Bei L a ja m o n aber scheinen F rau en in kriegerisch en Situ ation en von N a tu r aus haltlos und d am it g ru n d sätzlich unheroisch zu sein - anders als bei den G erm an en , w o es eine B rü n h ild e g a b ; jed en falls sch ild ert er sie im R ach ew ü ten g leich rasenden H y ä n e n .6 V o n den zah lreichen U n terw erfu n gen untei A rth u r ist d iejen ige die totalste, w o die W eib er der v ö llig aufgerieben en Scoten die S ch m a ch der N ied erla g e m it ihren G eb ärd en vo r A r th u r bezeu gen. Sie weisen heulend ih re K in d e r vor, schneiden sich die H aa re ab, w erfen sich in den S ta u b , kratzen sich blu tig, reißen sich die K le id e r vom L eib e und flehen um G n ad e.7 D ieses G ebaren , von dem zw ar auch die Q uellen berichten, ist b e iL a ja m o n u n g ew ö h n lich leb h a ft und, w ie es scheint, m it einem stärkeren Sin n fü r das G estisch e gesch ild ert als bei W ace, w ovon n ich t zuletzt der origin elle Stil und die S y n ta x d er W ied e rg a b e ze u g en .8 — In anderen U n terw erfu n g s szenen L ay a m o n s d ag eg en , in denen M än n er (und k ü n ftig e B u nd esgen ossen A rth u rs) d ie S ich -U n terw erfen d cn sind, treten A ffek tg eb ä rd e n hinter dem Z erem oniell v ö llig zurück. A u c h spátei noch kom m t gerad e in h eftigen S ch m a ch g eb ä rd en von F rau en deren V erw o rfen heit an den T a g — sei es, d aß das sch u ld ige W eib A m ilo u n s blau und b laß wird, als ih r G atte, an dem sie sich versü n d ig t hatte, g la n zvo ll h eim k o m m t;9 oder sei es, d aß im allit. M orte A r th u r e die ehebrecherische G u inevere a u f die N a ch rich t von A rth u rs k rie g e rischer R ü c k k e h r hin p riva t w ie öffentlich w ütet, schreit, stöhnt und im B eg riffe ist, H an d
E tw a in W. P ., als eine M a g d (!) b eim A n b lic k d er als T ie r e v erk leid eten L ieb en d en R e iß a u s n im m t; v g l. 3178 f . ; ferner 1772 ff. a V g l. B ev . H am t. 4225 ff. a V g l. IV. A le x . 3074 ff. 4 V g l. hierzu F ren zen , S. 57. 5 V g l. W ill, S. 32 ff. , ' V g l. L a s . 12864 ff.; zu La.3a.m0ns W ertsch ä tzu n g der F ra u v g l. a u ch S. 103; T a tlo c k , Legendary H isto ry , S. 523. 7 V g l. L a3 . 21867 ff. 8 S ieh e u nten S . 126 f . “ V g l. A . A . 2458.
G illesp y,
S .4 0 2 ;
Lipp m an n ,
E ro tik : Die G ebärde und das G egenüber
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an sich zu le g e n 1 - ein G eb aren , das hier eben die gescheiterte V erräterin , die Böse an p ran g e r t ; m it ihrer gebrochenen L iebesleid cn sch aft, die im analogen V o r g a n g der g leich nam igen strophischen R o m an ze an ld in gt, ist es n ich t verkn ü p ft. D en K o n tra st, in dem in solchen F ä llen das w eib lich e S ch m ach g eb aren zum repräsen tativen A u ftritt der H eld en steht, arb eitet schon L a ja m o n offenbar g a n z bew u ßt heraus, w o fü r seine erzähltechnische B e h a n d lu n g der Szen e zw ischen der klagen den A m m e und B ed u cr a u f M o n t S a in t-M ich el aufsch lu ßreich ist. D ie A m m e der vom Riesen gem ordeten H elena, die deren G ra b anstarrt, K la g e g e sc h re i von sich g ib t, den K o p f schüttelt, die H aare ra u ft und g e ä n g stig t um sich sc h a u t,12 vo llfü h rt n ich t nur die G estik des K la g ew e ib es; denn sie jam m ert ja zu g leich über ihre eigene ih r vom U n h o ld an getan e Sch an de. D e r Reckt. B ed u er aber, der zu n ächst aus seinem V e rste c k ihr G esch rei hört, m eint, es stam m e vom U n h o ld selbst, w irft sich sofort, S ch ild und Speer p acken d, in P ositu r und tritt tap fer h ervo r3 - w o rau fh in er von der S ch m ach vo llen g e fra g t w ird, ob er „ e in E n gel oder ein R itte r“ sei.45D o rt die sch m ach voll K la g e n d e - hier der en gelgleich e R itte r in P ositu r: an diesen m oralisch vertieften K o n tra st scheint W ace in seiner S ch ild eru n g d u rch au s nicht zu denken, in w elcher auch die E in h eit der P ersp ektive fehlt, die L a sa m o n dadurch erreicht, d aß er das G a n ze durch die A u g e n des kleiden erleben läßt. D ieser fu n d am en tale K o n trast, der allen th alben die S ch m a ch g eb ä rd en und che Zornes gebärd en zu m G eg en p o l des H eroischen, des T u g en d h a fte n , des G uten m ach t, und den L a ja m o n s D a rstellu n g in seine elem entarste F orm rü ck t, - dieser K o n tra st erh ärtet m it N a ch d ru ck die ethische W ertu n g der G ebärd en.
5. E R O T I K :
DIE
G EBÄRD E
U N D DAS
G E G E N Ü BE R
W ähren d die in den vorigen A b sch n itte n betrachteten „b ö se n “ G eb ärd en A u sd ru c k ichbezogen er A ffek te sind, wenden sich die G ebärden des erotischen G efü hls a u f ein G eg en über. E s ist schon a u ffä llig , d aß es bei L a ja m o n g a r keine anderen L ie b csg eb ä rd cn g ib t als eben die d ugerich teten , haltlosen der E rotik — nicht etw a auch G eb ärd en dei L iebesk la g c, und auch nicht konventionelle, gesellsch aftssan ktion ierte U m g a n g sfo rm e n , als w elche die U iebesgebärden des höfischen L eben s und der höfischen D ich tu n g zu gelten haben. A ls erotischer G efü h lsau sd ru ck sind sie fü r L a ja m o n böse und sch äd igen , w ie im folgen den zu zeigen ist, die B ezieh u n g von M en sch zu M ensch . H in ter dieser m oralischen W ertu n g stehen w ied eru m angelsächsisch e Tradition u n d die H ehre der K irch e. W a ru m sind denn in der alten glisch en D ich tu n g die L ie b e und die L ie b csg eb ä rd cn w eitgeh en d tab u ? D a ß es den G erm an en an erotischer V ita litä t m an gelt, w ie H eusler feststellt,6 ist d afü r keine ausreichende E rk lä ru n g . D u rch a u s d arstellu n gsw ü rd ig sind ja in der altnordischen D ich tu n g die erotischen G eb ärd en, in die sich die H elden zuw eilen ergehen (denn im poten t waren die G erm anen nun auch w ied er n ich t) - und zw ar ohne daß
1 V g l. M A . 391 1 ff2 V g l. Laä- 25825 ft'.; 25844 ff. 3 V g l. L a 5. 25835; b e i W ace erzittert er d a g e g e n zu erst vor E n tse tze n ! V g l. B r u t 113594 “ w h æ t æ rt þ u f e r e w ih t / eæ rt þu a n g e l eæ rt cn ih t” ( L a j . 25869 f.). B ei W ace fin d et sich nichts E n t sp rech en d es; v g l. B r u t 11 382. - Sieh e au ch K ic k . IJrw. 6951. 5 V g l. H eusler, G erm anentum , S . 48.
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D ie G e b ä rd e als moralisches Ü b e l
mit ihrer W ied e rg a b e ein m oralisieren der B eig esch m a ck verbun den w ü rd e .1 W o jedoch die a lten glisch e D ich tu n g einm al a u f sie anspielt, da ist es im Z u sa m m en h a n g m it V erd erb en und T o d ; in der ae. Genesis ist die (von der Q uelle u n a b h ä n g ig e) erotische G eb ärd e Sym bol der k riegerisch en V e rn ic h tu n g von Sod om und G o m o rrh a .12 O d er aber sie w ä h lt d afü r g e le g en tlich die verh ü llen d e F orm des R ä tsels.3 Sch on die alten glisch e D ich tu n g scheint also d ie offene D a rstellu n g d er E rotik aus einer keu sch en M o ra litä t h eraus zu m eiden. B etonen d och au ch die ae. L eh ren des V a ters an seinen Sohn m it einem g a n z besonderen N a ch d ru ck den F lu ch , d er a u f d er L ie b e „ z u r F ra u , zu r frem den M a g d “ lie g t.4 S ch on d ort m ach t sich w o h l d er kirch lich e E influ ß gelten d, w elch er erotische G ebärden als S u n d e b ran d m arkt. D ie G en esiskom m en tatoren sehen g ele gen tlich im Sich öffn en der A u g e n E va s das E rw a ch en sü n d h after G esch lech tlich k e it.5* U n d wenn O rd en sregeln voi d er E rotik w arnen, so erw ähnen auch sie sinnliche B lick e als sü n d ige K ennzeichen.« D ie an P apst G reg o r sich ansch ließende E in te ilu n g d er fleischlichen V e rs u c h u n g der Som m e li Rot in sü n d ige B lick e, sü n d ig e W orte, sü n dige B erü h ru n g, sü n d ig e K ü sse und sü n d ige T a t aber ist ein S ch em a, w elches m it konkreten E inzelheiten auszu fü llen den m ittelenglisch cn M o ra ltrak ta ten g an z besonders am H erzen zu liegen scheint. M an findet z. B . in A ncrene R iw le die G eb ärd en -S ym p to m e d er T o d sü n d e der W o llu st - vom sinnlichen B lick , vom fliiten den L a ch e n und Z u p fen und G esch en kem ach en über den K u ß bis zu r u n zü ch tigen B erü h ru n g - m it einem V o k a b u la r d argestellt, das an T reffsich erh eit kaum etw as zu w ü n schen ü b rig lä ß t.7 U n d g a r der from m e V erfa sser des späteren C ursor M u n d i, d er zü ch tig ei klärt, n iem and könne all die g a rstig e n S ym p tom e der lechery nennen, ohne sich schon d ad u rch zu versün d igen , geh t dessen u n g ea ch tet in eine stattlich e F ü lle n a ch g erad e porn o gra p h isch er D e ta ils.8 A b e r auch schon das R ezitieren von L ieb esg ed ich ten geh ört zu den sü n dhaften Sym p tom en der W ollu st. E s scheint, als ob a u f alle Ä u ß e ru n g e n der L ieb e ein F lu ch fällt. E ben dies ist nun au ch bei L a ja m o n der F a ll. D as tut sich zu n ächst darin ku n d , d aß w ie im A lte n g lisc h e n das T h em a L ie b e w eitgeh en d u n terd rü ck t w ird. V on A rth u rs L ie b e zu G u inevere berichtet er w ie G eoffrey n u r am R a n d e und ohne seine etw a an kriegerisch en Sujets dem onstrierte F reu d e an sin n en h after A u sw e itu n g .9 K ü sse h ält L a y a m o n von erotischen Z u sam m en h än gen frei. K u ß und U m a rm u n g kom m en bei ihm fa st n u r als zerem onielle G eb ärd en vor - als B eg rü ß u n g sfo rm im Sip p en verb an d (1380; 3631), als S ym b o l des V ersö h n u n g sa k tes (6648; 11668). W en n d ag eg en , als das H eer A rth u rs von seinen k riegerisch en E xp ed itio n en in F ran kreich nach der H eim a t zu rü ck k eh rt, der freu d ige W illk o m m en sem p fan g am britischen G estad e sich unter allgem ein em K ü ssen und U m arm en abspiclt, so trä g t L a ja m o n d afü r S o rge, d aß d erartige Z ä rtlich k eiten nur zw isch en g le ich geschlech tlich en V erw a n d ten a u sgetau sch t w erden: 1 V g l. W ill, S . 25 ff. - „ E s sollte fu rch tsam m an ch es bleich w a n g ig e W eib b eben d g e h e n in die U m a rm u n g eines F re m d e n “ (SceoJde forh t m o m g / b la ch le o r ides b ifien d e g a n / on frem des fceöm; G enesis 1969fr.): d. h die K r ie g e r die B esch ü tzer der F rauen , w a ren vern ich tet. S ’ 3 V g l. v. L in d h eim , A n g lia 70 (1951), 34 f. 4 V g l. Precepts ( A S P R , völ. I l l , S. 140 ff.) 36 ff. 5 V g l. B ed a. G en esiskom m en tar (op. ed, G iles) 7.8 ff.; H ra b a n u s (M ig n e , P a ir . L a t ., B d. 107) Sp . 430. 0 V g l. A u g u stzn erreg el V I , 3. 7 V Q . A n cren e R n c le , 9 1 . 1 1 : . . . bunten, ö e r efter, m id w o u h in g e m id to g g in g e oþ er mid eni to llim g e ; im g ig g e leihtre, m id h ö r eien, m id eni lih te lætes, m id je o u e , m id to llin d e worries, oðer m id liuie spcche. cos u n k en d e g ro p u n g e s : ðet bcoO h eau ed su n n e n .- S i e h e a u ch die ä u ß erst fa rb ig e n d ie sb e zü g lich en G ebärd enk a ta 'o g e in R ic h a rd L a v y n h a m s L i t i l Tretys, ed. J. P. W . M . v a n Z u tp h cn (R om , 1956), 23 25 ff 34 ff 8 V g l. C ursor M u n d i 27930 ff.; 27992 ff. » V g l. L a 3. 22225-22244.
E ro tik : D ie G ebärde und das G egenüber
Ü5
p er custe u ad e r þ en e sune and Beide to him w elcu m e dohter p a m oder broð er pene ober snster custe suster þ a softere heom w es an h eo rten (L a g . 24215 ff.).
L a g a m o n unterscheidet sich hier von W ace, d er in d er entsprechenden Szene nicht nur V erw a n d te beiderlei G eschlechts, sondern auch die N ach b arin n en ihre N ach b arn und die M äd ch en ihre F reun d e küssen lä ß t1 und d am it überdies ein dieser Situ ation gem äßeres B ild m alt; ist es d och w ahrschein licher, d aß die K riegsm a n n en von den zu rü ckgebliebenen F ra u en b ew illko m m n et werden. L ag a m o n scheint die W a h rsch ein lich keit des V o rga n g s der E h rb a rk e it der G eb ärd en aufzu op fern. D a s E rgeb n is steht im E in k la n g m it seinen son stigen darstellerischen G ew oh n h eiten : die G eb ärd en sind n ich t h an d lu n gsgeb un den , sondern sind d ekorative A u sstattu n gselem en te der E inzelszene, die sich eigen rech tlich aus dem A b la u f d er H a n d lu n g h erau sh eb t.12 W o andererseits L ag a m o n am ourös-erotische G eb ärd en tatsäch lich vo rfü h rt, sind es jene G ebärd en, die in den M o ra ltrak ta ten als Sym p tom e sü n diger F leisch eslu st g egeiß elt w erden und den gleichen pejorativen Sin n w ie dort haben. A ls U th e r P en d ragon sich bei einem G a stm ah l in seines U n tertan en G o rlo is’ W eib verliebt, sendet er ihr B lick e und G e schenke zu, la ch t sie an und „ m a c h t ihr G eb ärd en “ .3 D e r D ich ter tad elt dies ausd rü cklich , indem er anm erkt, cs sei g a r w en ig weise von U th er, d aß er sein Inneres n ich t verbergen könne: Næ s p c k i n g noht sw a wris ne sw a gærc w itele þ a t irnong bis d u ge p e his þ o h t cuöe d em en . (L a g . 18546 f f ) .
Bei W a ce hat diese m oralische A n m e rk u n g (w o ra u f m an h äu fig g e n u g au fm erksam g e m acht hat) nicht die S p u r einer E n tsp re ch u n g ;4 U th er gebärd et sich dort als höfischer L ie b h a b er tad elsfrei noch w eit feu riger. A u ch sonst trä g t W accs B ru td ich tu n g deutliche Z ü g e der beginnenden höfischen L ie b esa u ffa ssu n g ,5 fü r die L a g a m o n keinerlei V erstän d n is 1 V g l. W a c e, B ru t. 10177 ff.: B a is cn t les dam es lu r m ariz E les m eres baisen t lu r fiz; F ilz c filJes b aiscn t lu r p eres -E de jo ie p lu ren t les m ercs; C ustn es baisen t lu r cusins E les veisines lur veisins. L es am ies lu r am is baisen t, E , q u an t leus est, de plus s ’a aisen t; L es antes baisen t lur n evuz; M u lt aveit g ran t jo ie entre tu z. 2 Sieh e unten D ritte r T eil. 3 O fte he hire lo ked e on a n d leited e m id egene ofte he his birles sende fern to hire borde ofte he hire loh to and m a k ed e hire letes (L a g . 18538 ff.) 1 V g l. W ace, B r u t 8583 ff. 5 V g l. H ofer, C hretien de Troyes, S. 4.
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Die G ebärde als moralisches Übel
a u fb r in g t;1 bei ihm sind die L ieb esg eb ä rd en eben sin nlich -erotisch er N a tu r, n ich t höfischgesellsch aftlich er. A ls erotische G eb ärd en ab er sind sie S y m p to m e d er Sü n d e, w o ra u f der A u to r auch ausd rü cklich hinw eist; so sch ild ert er einm al, w ie K ö n ig V o rtig e rn fü r H en gists T o ch te r entflam m t, die J u n g fer b egeh rlich a n b lickt, sie k ü ß t und u m arm t. „ D e r T e u fe l“ , m erkt L a y a m o n so gleich d azu an , „ w a r da g a r n a h e “ .12 D o ch kehren w ir zu U th er zu rü ck. L a y a m o n s B eh a n d lu n g von dessen L ieb esg eb ä rd en u n tersch eid et sich näm lich n och in einer w eiteren - und bisher offenbar w en iger beachteten H in sich t von der W aces. Bei L ay a m o n lösen sie das fo lgen d e G esch eh en aus, das sich gegen U th er selbst richtet. W eil G orlois die L ieb esg eb ä rd en sieht, die U th e r an seine, G o rlo is’ G attin richtet, reag iert er, w iew oh l inn erlich m it E ifersu ch t, so doch äußerlich m it heroi schem V erh a lten . D a m it steh t w ied eru m dem verw erflich sich G eb ärd en d en d er H eld in der stark en Pose kontrastisch g egen ü b er. E s geh t noch w eiter: der K o n tra st w ird zur d ra m a ti schen H a n d lu n g ; G orlois u m g ib t sich m it einer S treitm ach t, k ü n d ig t U th e r den G eh orsam und fü g t ihm eine sch m äh lich e N ied erla g e zu. A ll dieses G esch eh en g eh t von den L ie b e s g eb ä rd en aus; U thers N ied erla g e erscheint gerad ezu als eine A r t m oralisch e S tra fe fü r seine u nbeh errsch te E ro tik . V o n einer solchen ursäch lich en V e r k n ü p fu n g kann bei W a ce nicht die R ede sein ; sie liegt in der N a tu r von L ay a m o n s eigen tü m lich er L ieb esa u ffa ssu n g . D en n w o L ieb esg eb ärd en a u f das D u g erich tet und zu gleich als sü n dh afte E ro tik verdam m ensw ert sind, treiben sic einen K o n flik t in die B ezieh u n g vom Ich zu m D u . A u c h dem R o b ert o f B ru n n e g ilt ja die W ollu st eben d esw egen als das am w eitesten vom H im m el entfernte L aster, weil sie das V erh ä ltn is von M en sch zu M en sch ve rsü n d ig t.3 D a ß L aya m o n diesen K o n flik t in d ram atisch e H a n d lu n g um zusetzen g en eig t ist, zeigt d och aufs a ller d eu tlich ste die N a ch h a ltig k e it seiner m oralischen E in stellu n g zur G ebärd e. U th ers sü n diges L ieb essp iel m it seinen A u sw irk u n g en ist d afü r d u rch au s kein verein zeltes Beispiel. A ls fo lgen sch w erer erotischer F eh ltritt sind auch L ocrin s L ieb esg eb ä rd en a u fg e fa ß t, der die schön e A estrild , kau m d aß er sie a u f einem B eu tesch iff en td eckt hat, sogleich begeh rt, sinnlich a n b lick t und in die A rm e p reß t.4 D enn m it diesen G ebärden bricht L o crin die Treue zu seiner V erlob ten , w as ihm noch einen d ram atisch en A u ftritt m it deren ehrbarem V a te r einbrin gen w ird, bei dem ihn dieser um s H a a r ersch lägt. L ocrins G eb ärd en scheinen nur d arg estellt zu sein, d am it sein sch än dlich es B egin n en o ffen ku n d ig w eid e. A u c h tau ch t A estrild erst als O b je k t seiner E ro tik in der E rzä h lu n g au f; bei W ace d a g e g e n w ird sie schon vorh er gen an n t und beschrieben, w as dort eine E p isod e höfischen Sich- V erlieben s vorbereitet. A m d eutlichsten aber k n ü p ft sich an V o rtim ers L ie b esg eb a ren das V erh ä n g n is. A n statt den bei einem G ela ge von R o w cn n a kredenzten B echer der Sitte g em äß en tgegenzun eh m en, hebt er m it der J u n g fer zu sch äkern an und lach t (14980^). E ben dieses flirtende L ach e n , zu dem die B elu stig u n g über die frem de S p ra ch e doch w ohl nur der V o rw a n d ist, w ird ihm zum V e rh ä n g n is; denn R o w cn n a nutzt es für ih re M o rd ab sich t aus, ind em sie eine G ift phiole aus dem Busen h ervorzieht und sie dem U n b ed a ch ten in den W ein g ie ß t: „D ie w e il d er K ö n ig lachte, zo g die P hiole sie h ervo r“ .5 1 V g l. S ch ü c k in g , E n g l. L it ., S. 6 1 ; G illesp y, S. 481 ; S. 439; L ip p m an n , S. 57 ff.; S ch irm er, S. 60. 2 p c w u rsc wes þ e r fnl tie j (L a y . 14365 f . ) . 3 V g l. IJan dl. S y n n e 7343 f . 4
and he heo leoflich e b i-h e o ld and lie heo m id arm en inom eð him w es on heorten (L a y . 2232 ff.).
5 þ a whi l e þe þ a k in g loh / |ia a m p u lle heo ut droh (L a y . 14992 f.). W aces B r u t, in dem der g a n zen S zen e n u r ein v ie r z e ilig e r B erich t en tsp rich t (7157 ff.), w eicht liie r ab, in dem dort K ow enn a den V o rtim er v e rg ifte n
E ro tik : Die G ebärde und das G egenüber
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G eleg en tlich verstärkt die m ittelen glisch e D ic h tu n g die böse N a tu r des erotischen G eb aren s d ad u rch, d aß sie ihm auch Z o rn esaffekte u n terlegt. Um. die N ä h e von Zorn und E ro tik w eiß auch die altnordische D ich tu n g . In V'olundarkviða ist die N o tzu ch t ein A k t zo rn iger R a c h e ;1 auch in der ae. Genesis ist .sie ja Sin nbild fü r das W ü ten der siegreichen K r ie g e r .2 D a s verliebte G ebaren F reyrs in S k ir n is m d P w ird von dessen E ltern als V e r zehrtsein vom Z orne au sgelegt. Im M ittel en glisch en , w o L iebes- w ie Z orn esgeb ärd en S ym p tom e der S ü n d e sind, m üssen die G eb ärd en d op p elt ve rw erflich erscheinen, die eine Ü b e rla g e ru n g von Z o rn u n d E ro tik h ervo rb rin gt. T a tsä ch lich verstärkt der V erfa sser von H a li M e id e n h a d das S ch recken sbild , das er zum B eh u fe der E rm a h n u n g zur J u n g fräu lich k eit von den sün digen E ro tik geb ä rd en des M an n es m alt, indem er diese verm ittels m eta p h o risch verw endeter Z orn esgeb ärd en von der oben gesch ilderten A r t (W utauslassen am tu g en d reich en G egen üb er) ausdeutet. K o m m t es zum K u ß , dan n „ sp e it die lech en e der Ju n g frä u lich k eit ins G esich t“ ;4 m it der u n zü ch tigen B erü h ru n g „ sc h lä g t die U n keu sch h eit d ie T u g e n d der J u n g frä u lich k eit und verw un det sie a r g “ .5 E in episches Beispiel d afür finden w ir in L a ja m o n s vielgerü h m ter U rsulaep isod e. A ls dort die F reib eu ter M elg a und W an is a u f den von ihnen gekap erten Sch iffen nicht, w ie sie gehofft, die reichen S ch ätze eines K ö n ig s vorfinden, sondern U rsu la und die britisch en J u n g frau en , gehen sie in sch än d lich ster W eise a u f diese los.6 M elg a ve rg e w a ltig t U rsu la und reich t sie seinen lüsternen U n tergeb e n en w eiter; den ü brigen M ä g d e n w id erfäh rt ein ähnliches S ch ick sa l, w o rau fh in sie a b gesch la ch tet und ins W asser gew orfen w erden. D as k ra ß berichtete erotische V e r h alten k en n zeich n et an sich schon die sad istisch en B ö sew ich te r; sie lassen d arin zu d em ihre W u t über die enttäuschte B eu teh o ffn u n g aus. A u c h als Z o rn esäu ß eru n g ist cs S ym p tom des B ö sen . W o aber die erotischen G eb ärd en Z o rn esgeb ärd en sind, richten sie sich - w ie alle A u s d ru ck sb ew e g u n g en des Zornes, der W u t - zerstörerisch nach a u ß en ,7 im V erein m it der E ro tik also a u f das G eg en ü b er; dabei m üssen sie zu r G esch lech tlich keit, zu m O bszönen fü hren. In der m ittelenglischen D ich tu n g ko m m t zo rn ige E ro tik freilich n u r noch sp ora disch vor, und zw ar eben bei den bösen G estalten und auch bei den W ild en M än nern. V o m R iesen von S a in t-M ich el berichtet L a ja m o n nebst den W u tg eb ärd en , d aß er die A m m e geil a n lach t und sic sogleich m iß b rau ch t.8 D ie R o lle des W ilden M an nes als G e g e n pol des tu g en d h aften R itters ist in m ittelalterlich en A n sch a u u n g e n d urch au s gelä u fig .9 E inem W ild en g leich t auch der G r a f M iles in B ev. H am t., der a u f Josian, die G eliebte des B evcs, versessen ist; a u f den W iderstand der D a m e g egen seine W erb u n g hin w ird er
l ä ß t . D ies g e h t a u f G eo ffrey zu rü ck . M ad d en m ein te, {Layam on, vol. I l l , S. 356), L a ja m o n m üsse seine an d ere D a rstellu n g einer “ p opu lar tra d itio n ” entnom m en h aben . Im elxnann (S. 96 f.) sch reibt sie indessen d er u n m ittelb aren Q u e lle L a y am o n s zu, u n ter V erw eis a u f die entsprechen de S te lle im lateinisch en B r u tu s abbreviatus. D o ch au ch darin findet sich k ein erlei A n d e u tu n g fü r die u rsächliche V e rk n ü p fu n g v o n erotischer G eb ä rd e u nd T o d V o rtim ers. D ie se d ü rfte se h r w o h l L a ja m o n s e ig e n e K o n zep tion sein. 1 V g l. VQ lundarkviöa 28. 2 Sich e oben S. 54. 3 V g l. S k ir n ism ä l 1 . 4 fo r sone se cos cum eð forð . . . þen n e spit lo cch crie . . . m eid en h ad o þ e nebbe (H a li M eidenhad, T itu s M s., 227 f.). 6 for j i f j e J e n n e hondien ow in ani stun de untoh eliche, þen n e sm it lecch erie o þ e m ih te o f m eiðhad, ant w u n d eð h ire sare (ebd. , 230 f.). 6 V g l. L a j . 12091 ff. 7 V g l. K la g e s , S . 164 ff. 8 V g l. L a j. 25980 fr. S ieh e au ch L ib . D esc. 577. 9 V g l. B ernh eim er, S. 1 1 ; S. I 2t f . M ünchen A k. A bh. phil.-hist. »959 (H abicht)
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Dic G eb ärd e als m oralisches Ü bel
,, zo rn ig im B e tra g e n “ .1 B eim en tju n g fern .12
zweiten A n n ä h eru n g sv ersu ch w ill er sic sch nu rstracks
M it höfischem L ieb esverh alten v e rträ g t sich die Z o rn esgestik nich t. D ie höfischen L iebesszen en fordern (w o ra u f sp äter ein zu geh en sein w ird) die B ea ch tu n g fester U m g a n g s ton nen . D e r eben erw äh nte M iles w ird von d er I )am e erst ru h ig angeh ört, als er sich beträgt „ w ie es recht ist“ .3
6. D A S ( ' . A S T M A H L : A F F K K T G E H Ä k D E N U N D O E M Kl \ SCI I A LJ'SO iíD N U N G
N o ch w eitere K reise m u ß in der m ittelen glisch en D ich tu n g die m oralisch e W ertu n g der G efü h lsgeb ärd en g ezo g e n haben, w o diese nicht nur am sittlichen W ert der E inzelpersönlich keit, sondern an der G em ein sch aftso rd n u n g rütteln. D a lösen sie n ich t n u r persönliche K o n flik te aus, sondern erzeu gen den offenen, g ru n d sätzlich en K o n flik t, dessen A u sb ru ch oft in äußerst bew egten Szenen g esch ild ert w ird. A ls ch arakteristisch es B eispiel h ierfü r m ö g e die typische S itu ation des G astm ah ls bzw. G elages dienen. M an w eiß, d aß bei den m ittelalterlich en G elagen die B e a ch tu n g strenger zerem onieller F orm en erfordert w ar. D ie D ich tu n g en erw äh nen sie o ft: die A n k ü n d ig u n g d u rch Trom petenstöße, das A u fle g e n d er T isch tü ch er, das H erein fü h ren der G äste, das H än d ew asch en vor und n a ch dem Essen, die E rö ffn u n g des M ah ls d u rch das N iedersitzen des F ü rste n ,4 das A u fw a r te n der Sp eisen unter B e a ch tu n g der R a n g fo lg e ,5*das K red en zen des T ru n k s. D ie nebensäch lich e und form elh afte E rw ä h n u n g und das h äufige Ü b ergeh en dieser F orm en in den G elagesch ild eru n g en d er D ich tu n g könn te freilich den m odernen L e se r zu der A n n a h m e verleiten, d a ß es sich dabei um bloße F o rm alitäten handle. D em ist d u rch au s n ich t so. Z w a r wird in den R o m an zen beispielsw eise das H än d ew asch en vor dem E ssen, wenn ü berh au p t, in stereotyp er F orm a n gem erkt, w as für die d argestellte Situ ation nichts w eiter besagen w ill als: jetzt b eg in n t das Essen. D a ß jed o ch in der R ea litä t das H än d ew asch en eine diffizile zerem onielle H a n d lu n g w ar, in der selbst ethische W erte eine R o lle s p ie lt e n ,- d a s b ezeu gen noch die d iesbezü glich en sp ätm ittelenglisch en A n w eisu n gen . So heißt es in einem en glisch en C o u rtesy B o o k des 15. Jh. im V e r la u f d er d etaillierten V o r schriften über die A r t und W eise, w ie das H an d w asch b eck en dem F ürsten darzureich en sei, d aß der W ü r d i g s t e der A n w esen d en (þe w orthyeste þ a t bethe aboute) das H an d tu ch erhalten soll, dam it er es dem Fürsten reiche.® D ie zerem onielle S tren g e hind ert natü rlich nicht, daß bei den G ela g e n eine fröhliche, ju b eln d e S tim m u n g h errsch t,78 9wohl auch eine tru n ken e und w ein scligeR - eine S tim m u n g, die oft dem H allen ju bel der alten A n g elsa ch sen m ehr ähnelt als der jo ie der Franzosen.» 1 T h e erle w as w roth in his m an ere (.B ev . Harnt., G h etliam M s., 2769). 2 V g l. B e v . H a m t ebd., 2818. 3 V g l. B e v . H a m t., ebd., 2829. 4 V g l z. B. L a 3. 2276s ff. 5 V g l. z . B . L a y S099 f f .; H a v . 1724 ff. A G enerali R u le to teche euery m an th a t is w illy n g e f o r to lerne lo serue a lorde or may ster ed. R C h am b ers, E F . T S 148 (1914), 12. 1 f. 7 V g l. L a y 24192 ff. 8 V g i. L a y 8123 ff. 9 V g l. Lipp m an n , S. 91.
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D as G astm ahl: A ffektgebärden und G em einschaftsordnung
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S e lb st beim G ro ß en G a stm ah l des biblischen G leichnisses, das im 14. Jh. die D ich tu n g P u rity ausm alt, lä ß t es sich der H au sh err an g elegen sein, für heitere S tim m u n g zu sorgen, in dem er sich unter die G äste m ischt und sie zum F röh lich sein aufm u n tert (bed e h ym b e m y ry ).1 E in e Ü b e rtre tu n g des Zerem oniells d urch affektisch e G eb ärd en aber w ird als im höchsten G ra d e verw erflich em pfunden. D ie D arstellu n g von dem Zerem oniell zuw iderlaufen den A ffe k tg e b ä rd e n kan n bei L a ja m o n der direkte A n la ß zum U m sch la g en der G elagew ü rd e in ch aotisch e T u m u lte sein, kann einen W en d ep u n k t der H a n d lu n g bedeuten. Im V e rla u lc einer von C assibellan g egeb en en G cla ge festlich k eit, die sich zuerst in betont m usterhaften F orm en abspielt, sieht m an plötzlich zw ei R itter (H eriga l und E velin) m it den Schilden fu chteln (m id sceldcs to sc u rm e n ; Lag. 8144). D iese G e b ä rd e ,2 die dann auch als A u sd iu ck zorn iger G efü h le geken n zeichn et ist, zeigt die Ü b ertretu n g des Zerem oniells an. Sie gib t ihrerseits den A n sto ß zum fo lgen d en fa ta len G esch eh en : zu r S ch lä g e rei zw ischen den beiden R ittern , in deren V e r la u f der D ich ter den physischen A u sd ru c k und die antizeiem onieilen G eb ärd en besonders beobach tet - E velin reißt „w ü ten d en G eb a ren s“ 3 einem w ildfrem d en Jü n g lin g das S ch w ert vorn G ü rtel (!), w ährend allgem ein e Scheltereien auch aku stisch die gesittete F rö h lich k eit verd erben . H e rig a l geht, nach d em er seinen G egner ersch lagen hat, so w ütenden B lickes von dannen, d aß ihn niem and an zu iü h ren w agt. D ie das G elagezerem on iell verletzen de G eb ärd e ist dann auch der A u sg a n g sp u n k t zur w eiteren trag isch en E n tw ick lu n g , w elch e über die E n tzw eiu n g H erig als m it dem K ö n ig (dem Schirm herrn des G ela ges!) zu seinem L an d esverra t fü h rt, der w ied eru m C a esa r eine dritte In vasio n erm öglicht. E in e G eb ärd e w ie jenes zornige F u ch teln m it den Sch ild en beim G el a ge fest, an die sich d erart w eitreichende F o lg en kn ü p fen , die n a ch g erad e K a ta stro p h en trä g er ist, m u ß ein em inent starkes sittliches O d iu m g eh ab t haben. D a s b ezeu gen w iederum noch die sp äteren T isch zu ch ten ; nach dem schon oben an gezogen en T e x t aus dem 15. Jh. hat der M arsch all die E rm ä ch tig u n g , solche G cla g e g ä ste, die sich „in n e rh a lb oder a u ß erh alb des H auses g ro ß er M issetaten (grete offences) sch u ld ig m achen, als da sind S ch lägereien , sch recklich es F lu ch en , S treitsu ch t und M e s s e r z i e h e n (d ra w y n g o fk n y v e s ) . . n ich t nur vor die T u r zu setzen, sondern auch, sie an den P ra n g er zu stellen (to put hem . . . m sto kkes).4 D a ß L ayam o n die die G ela gew ü rd e verletzenden G eb ärd en als ‘ grete offences a u f fa ß t, geh t auch aus seiner S ch ild eru n g von A rth u rs T riu m p h g e la g e h ervo r,5 das bei W ace n ich t b erich tet w ird. A u c h dieses geh t zunächst in vo rb ild lich em Zerem oniell vonstatten, was der D ich ter a u sfü h rlich beschreibt. D a n n brich t aber - im Streit u m die S itzo rd n u n g (!) - ein T u m u lt aus: m an versetzt einan der M au lsch ellen , bew irft sich m it den silbernen W e in b e ch e rn ; ein R itte r sp rin g t a u f den kö n iglich en T isc h , p a ck t drei M esser und ersch lä gt die U rh eb er des Streits. D ie V erw e rflich k eit all dessen geiß elt K ö n ig A rth u r sodann d a d urch, d aß er die gan ze S ip p e des A n stifte rs zu T o d und S ch an d e verurteilt, seinen ü brigen H o f unter T o d esa n d ro h u n g in die S ch ra n k en des A n sta n d s verweist® und sch ließ lich alle B eteiligten schw ören läß t, k ü n ftig die Sitte zu w ahren.
1 V g l. P u r ity 125 ft'. 2 B ei W a c e findet sich d a fü r nichts E n tsp re ch e n d e s; v g l. B r u t 4355. 3 m id g rü n lic h e lech en ( L a j. 8 176); bei W ace findet sich d a fü r nichts E n tsprechen d es.
4 V g l. G en era li R u le (5. 0. 8 . 58, A n n i. 6), 15. 33 ff5 V g l. L a j . 22779 ff. 6 V g l. L a 3 . 22827 f f . :
s*
“ S itteð sitteð sw iö e elc m oii bi bis liu e and w a sw a þ a t n u lle don he seal for-dem ed b e o n ”
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Die G ebärde als m oralisches Übel
>as m oralisch e O diu m h aben d ie unbeh errsch ten G eb ärd en beim G e la g e schon in alten glisch er Z eit; m dem ae. G ed ich t V ainglory sind sie K en n zeich en d er V erw erflich en ,-1 zu m T e il auch als G eb ärd en der B etru n k en h eit a u fg e fa ß t, dienen sie dem an gelsäch sisch en P red ig e r d azu , dm S ch ild eru n g der verd am m ten Seelen a u szu m a len ,2 und in m ittelen g lisch er Z eit d em M oralisten , die T o d sü n d e der V ö llerei zu charakterisieren.« G eb ärd en sym p to m e d er V o lle m w erden auch an den W ild en M än n ern gesch ildert, wie b eim R iesen von SaintM ich el in L a 3am ons B r u t, der tierisch fressend sechs geb raten e S ch w ein e versch lin gt sich dabei m it A s c h e besu delt und sich an sch ließend fau l a u f der E rd e w ä lz t.4 Ä h n lic h ist sein A u ftritt im allit. M orte A r t h u r e , w o er a u sd rü ck lich ein “ g lo to n ” gen an n t ist.5 ln P u r ity w o d er religiöse S to ff die m oralisch e S in n g e b u n g der u n g eb ü h rlich en G e bärden n a h eleg t ken n zeich n et den tafelnden N c b u k a d n e za r - g an z im G eg en sa tz zu seinem leroisierten A u ftr itt im ae. D a n ie l« - ein g a n z äh nlich es u n gesch lach tes G ebaren , w ie cs an d er Su n de der V ollerei beschrieben zu w erden p flegt. E r tobt, sch leu d ert B lick e um sich stiert seine W eib er an und ve rla n g t m it h eftig e r B ew eg u n g (in a brayd) n ach W ein, den er h a stig h in u n tergieß t.7 E s ist auch bezeich n en d , d aß g era d e die en glisch en T isch zu ch ten , die uns zw ar erst aus em 15. Jh. erhalten sind,® d ie aber a u f eine ältere m ittellateinisch e T ra d itio n zu rü ck gehen, die V erstö ß e g egen das rech te Ben ehm en bei T isch als m oralisch e V erg eh en bran d m arken ° S o lch e V erstö ß e w erden darin in g ro ß er Z a h l g en a n n t; m an soll sich bei ische hüten, lau t zu lachen und die Z äh n e zu ze ig e n ,» d ie B lick e um hersch w eifen zu lassen .12 M an soll K o p f und G lied er m R u h e halten und n ich t a u f die E rd e sta rre n ;1« m an soll nicht h a stig trin k en ,14 m it dem T a fe lg c rä t oder m it den Speisen h eru m sp ielcn .15 F ern er soll m an in a. sich n ich t am K ö rp e r kratzen , den K o p f nicht über das G erich t beu gen, n ich t m it vollem M u n d e sp iech en , trin ken oder lachen, in der N ase bohren, in den Z äh n en stoch ern, w e it ausspu cken und d g l. m ehr. Solch erlei V erb o ten g eg e n ü b er ist eine ru h ige, gem essene H a l tu n g und die W a h ru n g d er E tik ettefo rm en em pfohlen. U n te rsa g t sind also a u sd rü ck lich u. a. eben jene G eb ärd en , d ie uns in m ittelen glisch en D ich tu n g en als G eb ärd en der Bösen beim M ah l begegnen . So vollfüh ren sie denn au ch oft die fein dseligen H erau sforderer, die ja gew ö h n lich w ä h rend eines G elages oder G astm ah ls an zu ko m m en pflegen .1« In dem ih r G eb aren das G astm ahlzerem oniell bricht, trä g t es dazu bei, eine g elad en e S tim m u n g zu erzeu gen . So könn te auch m S z r Gawayn a n d the Green K n ig h t ( G G K ) das Ben ehm en des G rünen R itters bei seiner A n k u n ft in d er A rtu sh a lle zu verstehen sein ; seine G eb ärd en ersch ü ttern das G ela ge zerem oniell und die G cla g e stim m u n g . D en G rü nen R itter kü n d et schon von w eitem ein
3
0benA ?' . a S ieh e oben S. 23. ncrene iw e 95 -3 5 #.: D e r V o lle r “ . .. w igelefi ase u ord ru n ken m on þ e t hau eð im u n t to u allcn bih alt
ve r t f f of vices and
virtues's-521 w°dashasdge^ «»*«■**
e rh ö rt - 1 T , , 1 L a n g la n d s B esch re ib u n g des G lutton (vg l. P ie r s P lo w m a n A V , g e h ö rt hierher, w iew ohl dort groteske K o m ik ü berhand nim m t 4 V g l. L a 3. 25085 ff. ; Ed.
der
146 f f) 4
* V g l. M A . 1074. R E T S 32 (1868).
j - Y f 1; H äuften , Casfiar S ch eid t. Q u ellen u. F o rsch u n g en 66 (S tra ß b u rg , 1889), S u f f 10 V g l. H au ffen , S . 17. J * ' v all { f o
:: 4
A m f t ) 94; 1 9 S ’ Y0Ung C h Ü dren 'S B o o k S ? ’ S ta n s P u e r a d M ensam 20; 29; a lle bei F. J. F u rn i-
D s f PB: f u st-p Í t , »
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D as G astm ahl: A ffektgebärden und G em em sclialtsordnung
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L ä r m an, d er sich von dem des F estsch m au ses m erk lich abh ebt (an oþ cr noyse ful liewe n e jed biliu e; G G K 132). In der H alle an geko m m en , reitet er ohne G ru ß a u f A rth u rs H o ch sitz zu, sch w en k t bald hierhin, bald dorthin u n d h ä lt w ied er in n e ;1 w äh rend der ob seiner u n g ew ö h n lich en H erau sford eru n g eintretenden T o ten stille dreht er sich im Sattel, rollt die A u g e n , zieh t die B rau en hoch, zw irbelt den B art, hustet la u t12*und stim m t zu r B e k r ä ftig u n g seiner Iio h n red e schallendes G eläch ter a n .8 Solch es G ebaren , das eben deshalb g esch ild ert zu sein scheint, w eil es den G ep flogen h eiten zu w id erläu ft, öffnet nun der a ll gem ein en A u sd ru ck s- und B ew eg u n g ssch ild e ru n g in einer d erartigen G elageszen e die T o re. A u f G ru n d des u n gew ö h n lich en B en eh m ens des G rü nen R itters d rä n g t sich das V o lk g affen d in seine N ä h e ;4*a u f G ru n d seines lauten A u fla c h e n s sch ießt dem K ö n ig A r th u r d ie Zornesröte ins G esicht: -: ;;
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{G G K . 316 ff.).
E ben so w ird ja auch in L a ja m o n s B r u t, beim oben erw ähnten S treit an A rth u rs l af el , an dem w id er die U n ru h stifter reagierenden R itter die zornige H e ftig k e it seiner R ea k tio n s bew egu n gen veran sch au lich t. In K in g H orn sa g t ein in die G e la g c h a lle ein d rin g en d er R iese zu m K ö n ig , der offenbar ob der u n gesch lach ten E rsch ein u n g au fb rau st, er solle doch still sitzen.® D ie zornige G eb ärd e des H eld en in d er G ela gesitu a tio n b e d a rf also der V e ra n la ssu n g d urch das zerem oniellbrechende, „ b ö se “ G eb aren der G egen sp ieler. D a n n ist sie ebenso a n g eb ra ch t w ie der „ h e ilig e Z o rn “ der M oralleh ren (s. o. S. 47). D ie altfran zö sisch en D ich tu n g en legen a u f solche m oralisch e R e c h tfe rtig u n g k a u m W ert; und w ie dort w erden auch in den stä rk er von fran zö sisch en Q uellen a b h ä n g ig en m ittelen glisch en R o m an zen zerem on iellw idrige A ffe k tg e b ä rd e n m eh r u m des Situ ation seffekts w illen au sgem alt. M an könn te es freilich noch fü r einen m oralischen F in g e rz e ig halten, w enn in B ev . H am t. der böse M u rd o r, der sich b eim A ben d essen die sch m äh en de B o tsch a ft von B ev es’ gesittetem A b g e sa n d te n anhört, w ü ten d d arü b er sein M esser über d ie T a fe l h in w eg n ach jenem Boten w irft; dieses M esser n ä m lich verfehlt sein Z iel und d u rch b o h rt des Z o rn igen eigenen S o h n ,6 w om it d er A ffe k tg e b ä rd e die S trafe a u f dem F u ß e fo lgt. S o lch e G efü h lsau sb rü ch e, die sich bald im W erfen m it Speisen und T a felg erä t, bald im U m sto ß en der T isc h e äußern, kom m en öfter vo r; schon in E k k eh a rd s lateinisch em E pos kennzeichnen sie die böse R eg u n g , wenn sich G u n th er in teu flisch er F reude ähnlich ben im m t.7 W äh ren d in m ittelenglisch en D ich tun gen legen d en h aften G ep räges d erartiges B en eh m en den erklärten B ösew ich tern Vor behalten ist,-8 setzen sich freilich in den V o lk sro m a n zen m an ch m al so g ar die H au p th elden der D ich tu n g en in em p h a tisch erW eise über die G elagesitten hinw eg. In K . A h s . ist es nicht nur der fein dliche D arius, der, als er beim M ah le eine herausfordernde BotschaftA le x a n d e rs erhält, den T isch von sich stößt, d ie B ein e ü berein an d ersch lägt und ein d rohendes A n seh en ein n im m t;9 auch der ju n ge A le x a n d e r selbst benim m t sich ähnlich: 1 V g l. G G K . 221 ff., 227 ff. 3 V g l. G G K . 31 6.
2 V g l. G G K . 303 ff. 4 A l stu d ied p a t p e r stod, a n d stalk e d h ym n erre {G G K . 237).
5 “ S ite stille, sire k y n g ” {H orn 805). 6 V g l . B e v . Harnt. (C lieth am M s.) 3097 ff.; s. a. R ic k . Lö w . 2120. 7 V g l . W alth ariu s 473: H a ec a it et m en sam ped e p ercu lit exilien sq ue. 8 V g l. z. B . das V e rh a lten des heidnischen S u ltan s in K i n g o f T a rs 97 ff., im G eg e n sa tz zu dem des christ lichen K ö n ig s in a n a lo g e r S itu atio n (3 7 ff.). 6 V g l. K . A l i s . 1805 ff.
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Die G ebärde als m oralisches Ü bel
aui die ehrenrü h rigen A n sp ielu n g e n eines Höf l i ngs hin b eu g t er sich über den T isch und schlägt, den S ch w ä tzer m it dem B ech er zu Boden, w oraus sich w ied eru m eine allgem ein e S a a lsch la ch t en tw ic k e lt.1 Bei R ich a rd L ö w en h erz (in der g leich n am ig en R o m an ze) en t laden sich die A ffe k te bei T isch ü ber alle G eb ü h r. A u f den E m p fa n g u n liebsam er, g le ic h w ohl von den Ü b erb rin g ern in rechtem Zerem oniell vo rg eb ra ch ter N a ch rich ten hin nim m t er einm al im Zorn den B ro tla ib und zerreißt ih n ,2 ein and erm al stößt er m it w ü ten d en B lick en den T isc h von sich .3 Im S i r Orfeo vollend s ist d as U m w erfen der T isch e au ch A u sd ru c k d er F reu d e über die R ü c k k e h r des to tg egla u b te n K ö n ig s .4 D en R ich a rd L ö w en h erz hat m an als d äm on isch e G estalt a u fg e fa ß t;8 seine d u rch w eg rech t h eftig e n G eb ärd en a u sb rü ch e könnten diesen E in d ru ck d urch au s verstärken. A b e r es m u ß d ah in g este llt bleiben , ob sein tisch zu ch tw id rig es V e rh a lte n in der vo lkstü m lich en R o m an ze ü b erh au p t noch die S p u r eines p ejorativen Sinnes h at. Im G eg en te il: es en t sp rich t nun einem H eld en id eal, das sich vom einh eim isch -angelsäch sisch en, w ie es noch bei L a ja m o n verkö rp ert ist, aber auch vom höfischen P ersö n lich keitsid eal aufs d eu tlich ste u ntersch eid et: n äm lich einer vo lkstü m lich en V o rste llu n g vorn H eld en . D iese w ill den T o lld reisten , der sich über die E tik e tte h in w egsetzt und d ad u rch seine h yp erb olisch e E in m a lig k e it bekundet. E in solches sich über E tik etten h in w egsetzen des, ü berm ü tiges G eb aren h aben zw ar auch die N o rd germ an en an ihren Ju ngm an nen gep riesen .6 A b e r nich t von d orth er d ürften die ähnlichen A u ffa ssu n g e n in den vo lkstü m lich en m ittelen glisch en R o m an zen b efru ch tet sein, sondern vielm eh r von einer Sp ielm an n strad ition , w elch e ja auch in F ra n k reich und D eu tsch la n d ihre H eld en sich in u ferloser W eise g eb ä rd en lä ß t.7 D iese vo lk stü m lich en V orstellu n gen en tzieh en sich auch in E n g la n d stä rk er dem E in flu ß d er K irc h e und dam it d er m oralisch en Ä c h tu n g des A ffek tg eb a ren s. B ei L a ja m o n indes ist die M o ra l d er G efü h lsgeb ärd en , w ie die o b igen A u sfü h ru n g en n ach zu w eisen versuchten, g a n z ein d eu tig. Sie w erden fa r b ig gerad e dort d argestellt, wo sie K u n d g a b e n des Bösen und des A n tih eroisch en sin d. D a diese A u ffa s s u n g sich aus A n sätzen in d er alten glisch en D ich tu n g w ie aus der en glisch en religiösen D id a k tik heraus en tw ickelt, läß t sich vielleich t verm uten, d aß es sich hier um eine g ru n d sätzlich e, m ö g lich er w eise so g a r typisch en glisch e W ertu n g der G eb ärd e h a n d elt.8 Es ist d en k b ar, d aß bei den en glisch en D ich tern, denen m an auch a u f G ru n d anderer K riterien einen grö ßeren „ s it t lichen E rn s t“ b esch ein igt h a t,8 auch die stark en G eb ärd en m an ch er R o m an zen m iß b illig t w erden, die in den fran zösisch en Q uellen viel eher „m o ra lin fre i“ sind.
1 3 4 6
V g l. V g l. V g l. V g l.
K . A l i s . i lo o ff. R ie h . L ö w . 1807 ffOrfeo, 577 ff. W ells, S. 153.
2 V g i. R ieh . L ö w . 6927 f .
6 V g l. F . W ü lle n w e b e r, A ltg erm a n isch e E r z ie h u n g (H a m b u rg , 1935), S. 86. 7 V g l. F ren zen , S. 72 ff. 8 M a n hat freilich au ch d a ra u f h in g ew ie sen , d a ß selbst im fran zösisch en H elden ep os d e r H eld dan ach trach tet, den A ffe k t zu v e rb e rg e n , u n d d a ß z. B . im R o lan d slied K a ise r K a rl im Z o rn „ n u r “ den B a rt streicht, das H a u p t n e ig t usw., also v e rh ä ltn ism ä ß ig w ü rd ig e G eb ärd en vo llfü h rt — w ähren d h in g e g e n der V erräter od er die H eid en ih re A ffe k te w eit w e n ig e r zu rü ck h a lten (vgl. L . Jord an , in Z s c h r .f . Rom an. P h ilo l. L I , 193 t, S. 119 ff.). B ei L a ja m o n sind nun a b e r au ch solche G efü h lsg eb ä rd e n w ie das H a u p tn e ig e n p ejorativ. L a y a m on 18374 ff. w ird diese G eb ä rd e an U th e r au sd rü ck lich g e ta d e lt; L a j . 15688 und 15740 deu tet sie als B esch ä m u n g sg e b ä rd e a u f erotische S ü n d h a ftig k e it, w o fü r sich jew eils b ei W ace nichts E n tsp rech en d es fin det; au ch in P u r it y k en n zeich n et sie den V e rw o rfen en (150). E s g ib t h ier k e in e ,,w ü r d ig e n “ u n d ,,u n w ü rd ig e n “ , sondern eben n ur „ b ö s e “ G efü h lsg eb ärd e n . 0 V g l. L ip p m a n n , S . 49.
H eu ch ler: Die G ebärde als Schein
7. H E U C H L E R :
DIE
G EB Ä R D E
ALS
63
SCHEIN
L a ja m o n s m oralische G ebärdenauffassung- o ffen b art sich noch in ein em w eiteren M o m ent. D e r T a tb esta n d näm lich, daß in erster L in ie an den B ösen die G eb ärd en veran sch au lich t w erden, h a t zur F o lg e, d aß eine P erson als sch lech t g ilt, die absich tlich erheuchelte G eb ärd en zur S c h a u stellt. E in e solche P erson „ lü g t m it den G eb ä rd en “ , w ie es bei L a ja m on einm al heißt (mid his lech en he gan li^e).1 D a s sch einh eilige G eb aren d er “ b a ck b ite rs” a n zu p ra n g ern verfeh lt auch die M o ra llitera tu r n ich t.12 3 B ei der D a rstellu n g der H eu ch ler w eisen n ich t nur die G efü hlsgeb ärd en , sondern auch das erheuchelte Z erem oniell böses Sein aus. D a s lie g t in der N a tu r der S a ch e; fallen doch auch im L eben die G e b etsg eb ä rd en eines an erkann ten H eu ch lers viel eher a u f als die eines echten G lä u b ig en . D a m it b ezieh t L a ja m on bei den H eu ch lern die gesam te körperlich e Ä u ß e r u n g in die m oralisch e W e rtu n g ein. H eim tü ck isch e M eu ch elm örder z. B. w erd en m it g eh eu ch elten G eb ärd en zuerst ins G e schehen ein gefü h rt. D ie Sachsen, d ie U th e r P en d rag o n erm orden w ollen , treten zu n äch st auf, als sie betteln gehen. S ic tun als ob sie kran k w ären u n d setzen sich län gs der S tr a ß e hin, d u rch w elches Benehm en sie sich das M itg e fü h l eines H ofm an n es und d ad u rch den Z u g a n g zu ihrem O p fer erg a u n ern .3 D ie M ö rd er G racian s befleiß igen sich a u f der S u ch e n a ch ihrem O p fer eines betont tad ellosen V e r h a lte n s ; u. a. „g r ü ß e n sie schön jeden R itte r“ , dem sie b eg e g n e n .4 V ie lle ich t ist es auch, um die h eim tü ckisch e A b s ic h t der an B ren n es abgesan d ten röm ischen B oten zu u nterstreichen, d a ß deren K n ie fa ll beim E m p fa n g (der d u rch au s üblich es Z erem oniell ist) m it einer V a ria tio n - einem bei L a ja m o n sehr seltenen S tilm ittel5 - hervorgeh oben w ird: and fü llen a enow e a t p an k in g e s fote liii folle to grü n d e
( L a j., Gott. O tho, 5388 ff.).
A u f das G ru ßzerem on iell w oh lgesin n ter Boten w ird nie dieser N a ch d ru ck g elegt. - U n d der piktisch e V ertra u te K o n stan tin s täusch t diesem durch seine G eb ärd en besondere A n h ä n g lich k e it vo r: n ach d em er ihm knieend g ew ich tig e A n d eu tu n g en g em ach t und ihn in eine p riva te L a u b e g e lo ck t hat, n eigt er sich ihm vertrau lich zu, als ob er ihm etw as zu flüstern w o lle ;6 g le ich ze itig stößt er ihm den D o lch in die Brust. A u ch die H eu ch lerg eb ä rd e h a t ihre kom ischen M ö g lich k e iten w ie die bösen A ffe k t gebärd en . K o m isch ist das M otiv, d aß ein H eld , um seine A b sich te n durch zusetzen , sich als N a rr verstellt und sich dem entsprechend gebärd et. In Ipom edon z. B. löst der A u ftritt des u n erkann ten H elden im N a rren g ew a n d , bei dem die B esch reib u n g der G estikulierereien breiten R a u m einnim m t, eine L ach szen e au s.7 W en n jed o ch in L a ja m o n s B r u t der gegn eri sche B a ld u lf, um von A rth u rs Soldaten nicht erka n n t zu w erden, sich zum harfenspielenden N arren verk leid et und sich als solcher a u ffü h rt,8 da w ird er von den ah nu ngslosen B riten 1 La3_ 13703; v g l. auch L a j . 13627 f. 2 V g l . z. B. H a n d l. S y n n e 41 71 ff. 3 V g l. L a j . 19666. B ei W a c e sind sie n u r “ v estu z en povre v e ste ü rc ” {B ru t 8965). 4 a n d aueræ lcn e h ired -g u m e / feire heo igræ tte n ( L a j . 12289 f.). 5 V g l. T a tlo c k , “ L a ja m o n ’s P o etic S ty le ” . 0 V g l. L a j . 12958 f f . ; b ei W a c e findet sich nichts E n tsp re ch e n d e s; v g l. B r u t 6463. 7 V g l. Ip o m . 6250 ff. 8 V g l . La3- 20303 ff.
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Die G ebärde als m oralisches Ü bel
auch nach N a rre n a rt beh an d elt: er w ird verhauen und bew orfen, w elch pein lich e B eh a n d lu n g L a ja m o n so sehr betont, d aß m an sie fast als m oralisch e S trafe fü r seine erheuchelten N a rre n g eb ä rd en a u ffassen m ö ch te.1 D e r S ch exnch arakter solch er G eb ärd en ist bei L a ja m o n stets von vorn h erein verd eu tlich t. E rzäh ltech n isch gesehen schaffen sie daher keine d ram atisch en Sp an n u n gsm o m en te, keine Ü b erra sch u n g seffek te ; g era d e w egen ihrer V erd e u tlich u n g aber können sie äußeres M e rk m al bösen H an d eln s sein. K ü n stlerisch fru ch tb a r ist die verd eu tlich te S ch ein g eb ä rd e bei L a ja m o n d am it n ich t - w ie bei S h a k esp ea re — fü r die D ra m a tisieru n g der H a n d lu n g , so n dern eben fü r die C h a ra k teristik des B ösen . In seiner Z eich n u n g der G estalt des V o rtig e rn h a t L a ja m o n eine solch e C h a ra k teristik in äuß erst kon sequ en ter W eise d u rch g efü h rt. Es verlo hn t sich, L a ja m o n s V o rtig ern ep iso d e (.B r u t 12997-16229) von dieser Seite her näher zu beleu ch ten. E in e d irekte C h a ra k teristik V o rtig ern s w ird nur an einer S telle g e g e b e n (als V o rtig e rn zum K ö n ig avan ciert ist): H e wes w od he w es w ild he w es raeh he wes bald o f alle þ in g e he hæ fde his iw ille
( L a j . 13741 ff.).
D ie rohe M a ß lo sig k e it, die ih m d am it zu gesch rieben ist, ist ein p ejo rativer Z u g .12 In seinen A ffe k tg e b ä rd e n ko m m t sie n u r zw eim al zum d irekten A u sd ru c k , jed o ch an höchst en t scheidenden S te lle n : er la ch t auf, n ach d em er C on stan ce ü b ertölp elt h at, ihm d ie H errsch er gesch ä fte abzu treten , als er also den G ip fel seiner M a ch tg e lü ste erreich t h at (]ia loh U ortig e r);3 und sp äter in seinem h em m un gslosen erotischen G eb aren g ege n ü b er H en gists T o ch ter, m it dem er - w eil es zu seiner H eirat m it der h eid n isch en S äch sin fü h rt - das C hristentu m vollen d s verrät, und das d er D ich ter als teu flisch b ra n d m a rk t.4 A n den m ar kantesten Stellen seiner bösen L a u fb a h n geh t also die M a ß lo sig k e it seines W esens in den physisch en A u sd ru c k über; das veran sch au lich t in d irekter W eise seine S ch lech tig k eit. Sein e son stigen , in u n g ew ö h n lich er R e ich h a ltig k e it gesch ilderten G eb ärd en sin d solche des Sch ein s. N u n ist a llerd in gs der Z u g der S ch lau h eit, d er G erissenh eit des sich m it V o r liebe in seinen G eb ärd en verstellenden V o rtig e rn vo m D ich ter gen an n t. V o rtig e rn w ird in die E rzä h lu n g ein g efü h rt als „g erissen e r und a rg vo rsich tiger M a n n " ( jæ p m on and sw iðe w a r; L a j . 12998); dieser E linw eis ist eine epische F orm el, die in versch ied en en A b w a n d lu n g en an kritisch en P u n k ten seiner K a rriere im m er w ieder a u fta u ch t.5 M a n h at in dieser durch lau fen d en C h arakterisieru n gsfo rm el ein kon trap u n k tisch es E lem en t g e sehen ;* diese k lu g e B e o b a ch tu n g ü bersieh t indes ih ren fu n k tio n a len Z u sam m en h a n g m it V o rtig ern s u n a b lässig en S ch ein g eb ä rd en , w elch e jen e im m er w ied erkeh ren d e Form el fo rt lau fend verd eu tlich t. D ie F orm el erinnert stets daran, d a ß solche G eb ärd en V o rtig e rn s n icht „ e c h t " , sondern u n w ah r sind und seine G erissenh eit ausw eisen. D a ra u s erw ach sen die A n sä tze zu einer bem erken sw erten C h a rakterisieru n gstech n ik. 1 V g l. L a j . 20317 : O fte m e hine sm æ t
sw a m e deö crosce
m id sm æ rte se rd e n æ lc m on þ e hin e im e tte ofte m e hine culd e m id b ism are h ine ig ra tte B ei W a c e find et sich nichts E n tsp re ch e n d e s; v g l. B r ttt 91 1 1 f. a W ace d rü ck t sich m ild er a u s: R e i se fist, m u lt fu o rg u illu s (B r u t 6689). 3 V g l. L a j . 13361. 4 V g l. L a j . 14359 ff-> siehe oben S . 56. 5 V g l. L a j . 12998, 13095, 13254, 14020 u. ö . c V g l. E ve re tt, S. 39.
13276, 13362,
13624,
13826,
14344,
14485,
14593. fern er
13703 f.,
H eu ch ler: Die Gebärde als Schein
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So s c h e i n t V o rtig e rn s betonter Ü b ereifer im V o llfü h re n zerem onieller G eb ärd en m it der m aßlosen R o h h eit, die der D ich ter seinem C h a ra k te r n a ch sag t, in W id ersp ru ch zu stehen. A ls H en g ist ihm w ährend eines G ela g e s ein A n lie g e n vo rtragen w ill, steht er, V o r tig e rn der K ö n ig , von seinem S itze auf, setzt sich m it H en g ist nieder, stößt m it ih m an : ]ie k in g so n c u p stod a n d sæ tte hine bi him se o lu e n heo d ru n k en h eo d rem d en
(L a 3 . 14073 ff.).
O d er als ihm M erlin s arm e M u tter vo rg efü h rt w ird, g eh t er dieser en tgegen , b eg rü ß t sie m it ü berfreu nd lichen E m p fa n g s g e s te n : a n d þ a læ u ed i a u e n g m id sw iðe u æ ire læ te n
( L a j. 15660 f.)
und b rin g t der W ild frem d en ein V erh a lten en tgegen , w ie es norm alerw eise nur unter S ip p en verw an d ten ü blich ist (sw ulc hco his cu n w eore; 15681). V o rtig ern s ü b erh öflich e G ebärden gehen über das vo rgesch rieb en e Zerem oniell der K ö n ig sw ü rd e hinaus. E r b e trä g t sich nich t seinem S tan d e, seinem w ah ren Sein en tsprechend. A u c h in seinen A n red en g eg e n ü b er M erlin k o m m t sein geheu ch elter A n sta n d ans L ic h t: o b gleich M erlin ihn m it g a rstig e n T ö n en an g ered et h atte (“ K in g þu æ rt u n w is” ; 16022), erw id ert er ihm w eiterhin m it „ lie b e r F re u n d “ (“ lco fu e freond M e rlin g ” ; 16041). V o rtig ern s berechn ende A b sich t bei diesen ü bertriebenen A n stan d sge sten geh t schon aus der H a n d lu n g h ervo r: m it dem ihm n ich t g a n z geh eu eren H en g ist w ill er sich g u t stellen; M erlin und seine M u tter w ill er fü r seine Z w e ck e gew inn en. D ie erw ähnten C h a ra k terisicru n gsfo rm eln , die jedesm al oingcflochten sind, verd eu tlich en also zu sätzlich ; sie gleich en m oralisch en Zeigefin gern , die stets d a ra u fh in w e is e n , daß V o rtig e rn s G eb ärd en seiner G erissenh eit entsprin gen, d aß sie B erech n u n g und L ü g e , d aß sie böse sind. A u c h ausgesproch en böse H an d lu n g en V o rtig e rn s ken n zeich n et L a ja m o n durch die H erv o rh eb u n g der u n gem äß en Z erem o n iellgeb ärd en . So bei der K rö n u n g C onstances: V o rtig e rn vo llzieh t in E rm a n g e lu n g eines E rzb isch o fs selber die K rö n u n g , o b gleich ihm als L aien diese H a n d lu n g n ich t zusteht. D er T a tb esta n d findet sich natü rlich schon bei G eoffrey, aber L a3am on ist es, der dabei d urch die V era n sch a u lich u n g der G eb ärd en die V e rw e rflich k e it an den P ra n g er stellt. V o rtig e rn sp rin g t in der K rö n u n g sversam m lu n g stürm isch w ie ein L ö w e a u f (and an uoten leop / sw u lc hit an liun w eore; 13201 f.) und zeigt in seiner R ed e gleich sam m it dem F in g e r zuerst a u f C o n stan ce (“ L eo w æ r here is þ a t like ch ild ” ; 13233), dann a u f die K ro n e (“ and her ich h ald e cra n e ” ; 13235) und setzt schließlich diese dem C o n sta n ce m it d em on strativer G eb ärd e a u f den K o p f: up h e g o n stonden þ e crim e h e nom a n honden he setten heo v p p e C o sta n ce
( 13255 ff.)*
E b e n diese G eb ärd en 1 lassen den V o rtig e rn als Bösen erscheinen ; der m oralische K o m m en tar, den der D ich ter hier a n fü g t, tu t ein ü briges, a u f die U n b ill von V o rtig ern s V erh a lten a u fm erk sam zu m achen, und setzt es zu seinem sp äteren U n te rg a n g in k a u sa le B ezieh u n g : „ D e r A n fa n g w a r U n re ch t, und so w a r au ch das E n d e; er en tsch lu g sich G ottes G eheiß, d afü r sollte er K u m m er leid en “ .12 1 B ei W a c c h aben die G eb ärd en keine E n tsp rech u n g en . 2 p e frum e w es vn h en d e he for-lette g o d d es h ad a n d a l sw a wes þ e æ nde þ e r fore he sorgen ibad M ünchen Ak, A bh. phil.-hist.
iqsq
(H ab ich t) g
( L a j. 13265 ff.).
^
I Jie G ebärde als moralisches Übe!
V o r tig e m s g a n ze r W e g zur M a c h t ist in dieser W eise durch die verd eu tlich ten G eb ärd en der F a lsch h eit g ek en n ze ich n et; die G eb ärd en sind d abei ebenso m a n n ig fa ltig w ie die M e thoden der V e rd e u tlich u n g . S o setzt V o rtig e rn th eatralisch e E ffekte in S zen e und b ezieh t die B eteilig ten in sein G eb ärd en sp iel ein. A u f der ersten V e rsa m m lu n g in L on d o n , d er die W ahl eines K ö n ig s o b lieg t und die a u f A u re liu s sich zu ein igen im B eg riffe ist, tritt er m it seinem W id ersp ru ch h ervor, n ich t aber (wie es in W aces D a rstellu n g der F a ll ist), um seine eigen en P län e m itzu teilen , sondern u m die V e rsa m m lu n g m it einer h in gew o rfen en A n d eu tu n g in S p a n n u n g zu versetzen und dann so zu tun, als ob er die L ö s u n g des P ro b lem s b ilh gerw eise in sein er eigenen P ro vin z suchen w olle :er g ib t vor, nach seinen w alisisch en L än d ereien abzu reisen , w endet sich aber in W irk lich k e it n ach W in ch ester: and he him seolf wende al se he walde to his londe and turnde riht ])enc wæi þe in to Winchæstre lai Vortiger hafde Walisc lond þat haluendæl an his hond
(L a j. 13017 ff.).
V e rd e u tlich t ist das G eh euch elte seines A b g a n g s h ier n ich t zu letzt m it den g eo g rap h isch en A n g a b e n ; denn W in ch ester lie g t n ich t a u f dem W e g e nach W ales. In W in ch ester leb t d er P rin z C on stan ce als M ön ch, und V o rtig ern w ill ihn aus dem K lo ster befreien, um ihn zu einem ih m w illfäh rigen K ö n ig zu m achen. W ied eru m v o llfü h rt er dazu ein G eb ärd en th eater. D en A b t bittet er (im G eg en sa tz zu seiner frech en A b sich t) „ m it san fter R e d e “ (mid m ild ere sp ech e; 13032) um die U n terred u n g m it C on stan ce, w e lc h ’letz teren er denn auch fü r seine P län e gew in n t. U m C on stan ces E n tw isch en zu bew erkstelligen , laß t er ihn m it einem sein er K n a p p e n das G ew an d tau sch en ; w äh ren d C o n stan ce in K n a p p en k le id u n g enteilt, b ezieh t V o rtig e rn den K n a p p e n in d er M ön ch sku tte in sein G eb ä rd en theater e in : er sp ielt unter den A u g e n der w and elnd en M ön ch sb rü d er ein ernstes G espräch m it ihm vor, w obei der andere den K o p f h ä n g en lassen und verb erg en m u ß (1310 9 f.), was die M ö n ch e als A u sd ru c k sg e b ä rd e d er B ekü m m ern is ihres verm eintlichen Bruders a u f fassen (1 3 1 1 3 )-A ls nach A u fd e c k u n g des Sch w in d els der A b t den unterdessen entfliehenden V01 tigern einholt, zw in g t dieser den G eistlichen, C on stan ce von den G elü bd en zu en tbin den, indem er ihn p a ck t und ihn au fzu h än gen droht: and þe abbed lie nom and swor bi bis honden þat he hine wolde an-hongen
(Lag. 13164 ff.).
D as drohende P ack en ist freilich eine h äu fige G eb ärd e h eldischer M an ifestatio n ;i in diesem F a ll ist sie jedoch B estan d teil von V o r tig e m s böser H eu ch elg estik , deren U n b ill d ad u rch verd eu tlich t w ird, d aß V o rtig e rn selbst sie d a r a u f im L o n d o n er R at, dem er einen falsch en B erich t dieser V o r g ä n g e liefert (13211 ff.), verleu gn et. D a d u rch also, d aß das T h em a S ch ein und Sein in die G eb ärd en d arstellu n g h in ein getragen w ird, fä llt selbst a u f d ie h el dische G eb ärd e d er F lu ch des Bösen. Besonders aber die geh eu ch elten A ffek tg eb ä rd e n w eisen V o r tig e m s C h a ra k te r aus. A ls er von der E rm o rd u n g C on stan ces hört, zu der er die M örd er selbst a u fg e w icg e lt h atte, reag iert er d a r a u f zu n äch st m it keinerlei G efü hlen , sondern beru ft sich einen R at der E dlen S ieh e unten S. 69.
H eu ch ler: Die Gebärde als Schein
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ein ; und erst vo r dem so bereiteten P u b lik u m h ebt er nun an, S ch m erzgeb ärd en von sich zu g e b e n : er w ein t und seufzt, d aß ihm die W orte im H alse stecken bleiben : sw ike wes fu l deorne sw iðe he gort to w epen and sæ riliche siken
( L a j. 13624 ff.)
— und dies so sehr, d a ß ihm die ahnungslosen R ä te en tg eg en h a lten , er sei doch kein W eib, sich so zu verh alten (13 6 3 1 if.). E r b ra u ch t zu seiner S ch ein g eb ä rd e (die im ü b rig en durch die C h a ra k terisieru n gsfo rm el [13624] und d irek t [13 6 2 7 f.] verd eu tlich t ist) das P u b liku m . Sein e G eb ärd en w ollen gesehen w erden, und als nur gesehene G eb ärd en w eisen sie w ied er um a u f das B öse.1 A ls ihm d an n vo n den M ö rd ern d as K ö n ig s h a u p t präsen tiert w ird, fä llt er v o r geh eu cheltem S ch m erz schier vom Pferch12 C h a ra k terisieren d ie w enigen echten A ffe k tg e b ä rd e n (die des bösen Jubels und der E ro tik ) V o r tig e rn als U n g e m ä ß ig te n und d am it - m oralisch gesehen - als B ösen, so ver m itteln seine S ch ein g eb ä rd en seinen anderen C h a ra k te rzu g : das G erissene, das Sch lau e, S ch au sp ielerh a fte an ihm . D ie letzteren in ihrer A n sch a u lich k e it w eisen ihn w ied eru m als B ö sen aus, w eil ihre F a lsch h eit stets im B ew u ß tsein des L esers g eh alten w ird. N o ch in einem w eiteren Z u g e k o m m t diese m oralisch e W e rtu n g der S ch ein g eb ä rd en V o rtig ern s zum A u sd ru c k . Sein N ie d e rg a n g b eg in n t d am it, d a ß seine T a k t ik des S c h e in g eb a ren s sich g eg e n ihn selber w endet. A ls er von seinem G e g e n k ö n ig in die E n ge getrieben ist, vo llzieh t d er m it ihm verbü n dete H en g ist die zerem oniellen G eb ärd en d er U n te rw e r fu n g , w elch e a n sch au lich beschrieben sin d : er hebt m it einem Sp eer ein P ra ch tg e w a n d m die H öhe, ru ft den ü berlegen en G egn ern das E rsu ch en u m F ried en sverh an d lu n g en zu (14 75 2 ff.). D ies ist indes nur ein Sch ein m an n ö ver, w as nun aber V o rtig e rn g a r nicht m erk t; dieser läß t sich von H en gist m it d er gleichen G eb ärd e zu den G egn ern sch icken (V o rtig e rn e w ende a þat lond / and her anne je rd an h is hond ; 14770 f-)> w äh rend H en g ist se lb st m it seinen Sach sen das W eite sucht und V o rtig ern seinem S c h ic k sa l ü b erläßt. U nd als sp äter V o rtig e rn w ied er allein der K ö n ig ist, w ird er vo n H en g ist bei dessen V e rra t von S to n eh en ge m it der gleich en D ro h geb ärd e g ep a ck t, m it d er er selbst einst den A b t des C on stan ce übertölpelt h atte; w ie dam als V o r tig e m g ib t nun au ch H en g ist dieser G eb ärd e eine erheu chelte D eu tu n g , ind em er sagt, er w olle ihn d ad u rch vor seinen m it M essern w ü ten d en M an nen beschü tzen ; d aß diese E rk lä ru n g iron isch gem ein t ist, geh t aus H engists w eiterem V o rg e h e n n u r zu d eu tlich hervor. A n den G eb ärd en in L a ja m o n s V o rtig e rn e p iso d e w ird also zw eierlei d eutlich. Zum einen h aben d ie S ch ein geb ärd en dichterisches L e b e n ; denn sie, ebenso w ie ihre m a n n ig fa ch en V erd eu tlich u n g en , fließen in den Strom des G esch eh en s; sie tra g en überdies en t scheidend zu r C h a ra k terisieru n g bei. F ü r diese F u n k tio n alität der S ch ein g eb ä rd en findet sich bei W a ce keine E n tsp rech u n g. Z u m andern aber sind sie stets m it N a ch d ru ck m oralisch veru rteilt (und zw ar nicht nur durch die fo rtlau fen d e epische F orm el, sondern auch in w iederholten R eflexion en des D ichters und sch ließ lich durch die E n tw ick lu n g des G e schehens selbst); als veran sch au lich te G eb ärd en sind sie also S ym p tom e des bösen Seins. H ä lt m an d a g e g e n aus nordischem. B ereich des S a x o G ra m m a ticu s Sch ild eru n gen der närrischen S ch ein g eb ä rd en des A m le th , so ze ig t sich , d aß diese n ich t a u f ein böses, sondern a u f ein gu tes Sein weisen. V ö llig anders als bei L a ja m o n stellt sich d as P roblem der Schein1 B ei W a c e findet sich fü r diese Szen e nichts E n tsprechen d es. 2 þ a V o r tig e r þis hæ ued isæh þ a hæ lde he to grü n d e ful n eh ( L a j. 13699 f.).
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Die Gebin den der Helden un d die W andlungen des Heldenideals
g eb ä rd e in d er höfischen W elt. A u c h ihr zw ar sch w eb t das E inssein von G eb ärd e und ihrem G eh a lt als Ideal vor. A b e r dort hat die G eb ärd e selbst, als L eb en sfo rm , sittlichen W ert; S ch ein g eb ä rd e ist d aru m sch lech t erfüllte Form , und das sittliche Streben gehr nach ihrer rechten E rfü llu n g . M it anderen W o rten : höfische W ertu n g fra g t von der G eb ärd e als F orm her nach dem G eh a lt; L a ja m o n fr a g t - in m oralisch er In n en sch au - vom G eh a lt her nach der F orm .
/. W
E I T E R W E R 'I' B E R E I C H . D I E G E B Ä R D E N D E R H E L D E N
UND Dl E
W A N D LU N G E N D ES H E L D E N ID E A L S
8. D I E H E R O I S C H E P O S E
A n g esich ts d er m oralisch en Ä c h tu n g d er G cfü h lsg cb ä rd e n g ilt es n u n zu fragen , w ie sich denn die m ittelen glisch en D ic h tu n g e n d as A u ftre te n der H eld en vorstellen . D en n a u f H a l tu n g und G eb aren d er H eld en , a u f ihre contenaunce und chcre, w ird im m er w ied er angespiclt. A u c h bei den D a rstellu n g en der H eld en tritt das K ö rp erlich e, tritt die G eb ärd e m eh r in den V o rd erg ru n d als dies in der alten glisch en D ic h tu n g der F a ll w ar. D en n o ch ist d ie Ile ld e n g e b ä rd e zu n ächst kein A u sd ru c k von affektisch en G efü hlen . D a rin en tsp richt sie g a n z der dem on strativen K ra ftb e w e g u n g , der g e w ich tig en H a ltu n g , die im B e o w u lf das M an n en tu m m an ifestiert. Im A lte n g lisc h e n bergen diese G eb ärd en jedoch einen seelischen K o n flik t und sind O ffen b aru n g en einer ethischen L eb en sh a ltu n g , die diesen K o n flik t m eistert. D a s ka n n ihnen epische P oten z verleihen. A n d e rs bei L a ja m o n und in den m ei sten m ittelen glisch en R o m an zen . H ier sind die H eld cn gcb ärd en n u r noch die äußere, p ru n k h a fte Z u rsch a u stellu n g, die R ep räsen tation , das A ttr ib u t des H ero isch en ; sie sind bloß e Pose. E rzäh ltech n isch gesehen w irk en sie in den H a n d lu n g s a b la u f n ich t ein, sondern sie u n terbrech en ih n ; sie sind d ekorativ. N ii gends ist dies d eu tlich er erken n b ar als da, w o die H eld en als D roh end e auftreten . D ie D ro h g eb ärd e n , die den O p fern en tg eg en g ese tzt w erden, sind B esta n d teil der heroischen 1 osc und nicht etw a d ram atisch e U m stim m u n g sg esten . So verh ält es sich in besonders a u f fä llig e r W eise auch m it den entsprechenden G ebärd en d er L egen d en fig u ren , n u r d aß diese d am it ihre G la u b en sfestig k eit m an ifestieren. D as alte L eg e n d en m o tiv des dem T eu fe l sich w id ersetzen d en P leiligcn sch eint die V era n sch a u lich u n g solch er D ro h p osen g era d ezu herau szu ford ern. Sch on Ju liana, in der leider u n v o llstän d ig erhaltenen K erkerszen e der g leich n am ig en alten glisch en D ich tu n g , p a ck t den hier erscheinenden T eu fe l und h ä lt ihn fest. D a ß sie ihn w id er seinen W illen dazu brin gt, ihr seine F reveltaten zu beichten, g elin g t ihr a u f G rund ihrer F rö m m ig k eit, m it der sie angesich ts dieser L a g e sogleich „ ih r H erz zu k rä ftig en u n d zum H errn zu r u fe n '“ b egan n (J u l. 270 L), nich t aber w egen der G eb ärd e des drohenden P acken s, die sie überdies auch beibehält, als sie schon aus dem K e rk e r zu m V e r hör g e fü h rt w ird (534 ff.). D iese G eb ärd e ist vielm eh r die Pose, w elch e rein äu ß erlich und d ekorativ ihre fro m m eH eld en h a ftig k eit dem onstriert, w as denn d er T eu fe l selbst an erken n t: N e waes æ n ig p ara, þ æ t m e p u s p riste, sw a p u mu pa,
halig m id hon du m , hrinan dorste
(J u l . 510 ff.)
(,,E s w ar der M än n er kein er, der m ich so d reistk ü h n w ie du n un hier, du H e ilig e , w a g te m it den H ä n d en zu b erü h ren .“ ■
B eow u lfs drohende H a ltu n g vo r dem D ra c h e n k a m p f h atte d a g eg en einen tieferen Sin n und eine epische F u n k tio n ; denn sie bedeutete die Ü b e rw in d u n g zagen d er G efü h le und die V o ra u sa h n u n g des tragisch en T o d esk a m p fes. D ie m ittelen glisch en L ege n d en d ich te r sch ild ern ähnliches öfter und noch viel sin n en fä llig e r.1 D ie hl. M a rg a re ta der alliterieren den L e g e n d e h ält d em höllischen U n g e h e u e r das K re u z en tg eg en und en tw affnet es s o ; indes b e g n ü g t sie sich d am it nich t, sondern p a ck t d en S a tan isch en am K o p f, sch w in g t ih n u m h er und setzt ih m sch ließ lich den F u ß ins G e n ic k .12 S o lch e fa r b ig e Posen ergä n zen die ü b lich e religiös-ku ltisch e G estik 3 der H eiligen. M it ähnlich repräsen tativen D rohp osen treten in L a ja m o n s B r u t m it V o rlieb e nun auch die H eld en auf. A ls dort B ru tu s sich einm al in m ißlich er L a g e sieht, stü rzt er m it g ro ßer V eh e m e n z (m id grim m en his rasen ; 683) a u f d en g e fa n g e n geh alten en griechischen F ü rsten A n a k le t los, p a ck t ihn am H a a r und setzt ih m das blan ke Sch w ei t an den H als, in dem er ihn an fäh rt, es sei u m ihn und seinen P rin zen geschehen, falls er n ich t tun w olle wie ihm geheißen w erde. D e r also B ed rän gte ru ft so g leich aus, er w olle ja alles tun , bevor ei n och w eiß , d aß B ru tu s eine sch än d lich e V e rrä te rh a n d lu n g von ih m verla n g t. D ie D ro h g eb ä rd e ist nicht d er G ip fel einer U m stim m u n g sd ra m a tik , d enn da ist kein in n eiei K o n ta k t der P artn er und d am it auch nichts von einem inneren W id erstan d der P ersön lich keit des B ed roh ten . Z w ar ist dieser A u ftritt - w ie äh nlich e bei L a 3am on - schon bei G eo ffrey u n d W a ce vo rg eb ild et; ch arakteristisch an L ayam ons D a rstellu n g aber ist gerad e die p ri m äre F u n k tio n d er D ro h geb ärd e, den droh end en H eld en in die heroische Pose zu setzen. L a 3am on nu tzt n ich t die dram atischen M ö g lich k e iten der D ro h geb ärd en , die sich nach h eu tigen B egriffen au fd rän gen , eben weil es ih m m ehr a u f die äuß ere H eiden m an ifestation an ko m m t. D a s g ilt fü r alle die D ro h au ftritte der H eld en , die bei L a ja m o n w ie auch in den R o m an zen in g ro ß er Z ah l Vorkom m en - auch für den situ atio n sm ä ß ig am vollkom m ensten ausgefü h rten , n ä m lich den des C orineus ( L a 3. 2245 ff.). A ls dieser erfäh rt, d aß L o crin das V erlö b n is m it seiner T o ch ter in den W in d zu sch la gen gesonnen ist und sich d en R eizen einer anderen h in g ib t, d a su ch t er ihn heim , m it einer riesigen K r ie g s a x t über der Sch u lter, baut sich vo r ihm auf, starrt ihn w ütend an (laðe.lich him iokede on; L a 3. 2266) und h ä lt ihm eine la n g e S ch m äh red e (2269-2310). So d an n sch w in g t er seine A x t u n d schm ettert sie a u f den Stein, a u f dem L o crin steht (!) (2311 ff.). E rst nun, n ach d em die D ro h gestik v ö llig au sgesch ö p ft ist, lä ß t L a 3am on die U m steh end en u nter allgem ein em L ärm en herzueilen, um ein H an d g reiflich w erd en zu verh indern. A n d er entsprechenden Stelle bei W ace d a g eg e n sind di? G eb ärd en des Corineus B estan dteil seiner D r o h r e d c , die zw ai d ort küt z e i, jedoch rhetorischer gestaltet ist.4 L a ja m o n aber trennt die G eb ärd e von der R ed e, u m den rechtschaffenen C orineus, dem cs um die V e r te id ig u n g der E h rb a rk eit seines H auses zu tun ist, m it H eld en geb ärd en in der heroischen Pose zu sch ildern . D en n h eldenh aft sind
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1 V g l. die entsprechen de S te lle der m etrischen J u lia n a (M s. A sh m o le 43 ). S E T S 51, V e rs 75. 2 V g l. H orstm ann , N . F ., S . 225 if., V e rs 217 ff. 3 R e lig iö s-k u ltisch e G eb ärd en w erd en oft erw ä h n t; e tw a das S ich -B e k re u zig e n (vgl. H orstm ann , S. 35 ff., V e rs 194; das H än d eh eb en (v g l. H orstm ann , S. 26 ff., V e rs 195), die G eb etsgesten (v g l. H orstm ann , S . 26 ff., V ers 210 ; e b d ., S. 3 ff-, V e rs 152) u sw . 4 V g l. W ace, B r u t. 1367 ff.: “ N e puet m ie estre sen z v e n g a n c e T a n t cum jo avrai t e l poissance E s b r a z q u e jo a i ci le v e z D u n t jo ai les g a ia n z tu e z ” .
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Die Gebärden der Heiden und die W andlungen des ITeidenideals
diese D ro h geb ärd en . W o aber die Bösen drohen, d a sin d ihre G eb ärd en A u sb rü ch e von unbeherrschten A ffek ten . D ie heroische Pose ist die A u ß en seite des H elden tum s. „ P o s e “ ist dabei irn weitesten Sin n e zu b egreifen und u m fa ß t n ich t die th eatralisch e H a ltu n g allein, sondern au ch die M ien en , G esten und K ö rp e rb e w e g u n g e n in dieser H a ltu n g - aber nu r sow eit sie eben affektfrei sind und die äuß ere Z u rsch a u stellu n g des H eld en verleben d igen . D a s können - w en iger zw a r bei L a y a m o n als vor allem in den R o m an zen - rein ä u ß erlich a u ch G e bärden sein, die anderenorts als u n beh errsch te A ffe k tg e b ä rd e n beg eg n en . W enn m an sie jed o ch in ihrem Z u sam m en h a n g und in ihrer erzäh ltech n isch en F u n k tio n betrach tet, ist eine V e rw e ch slu n g aus den schon gen an n ten G rü nd en k a u m m öglich . G efü h le m a g ’der H eld in der P ose w ohl in sich tragen , ab er die Pose ist n ich t ih r A u sd ru c k . A u ch zerem oni elle G eb ärd en tragen d azu bei, die äuß ere Pose des H eld en zu verstärken . V e rh ä ltn is m ä ß ig zah m sind n och d ie S ch ild eru n gen der heroischen Posen in L a ja m o n s B r u t. D ie R o m an zen w erd en hier viel ko n kreter und blu tvoller. D a ra n sind zu n äch st ein m al die Sehw eise und der eigen tü m lich e D a rstellu n g sstil schuld. L a 3am ons D a rstellu n g ist eben noch nich t d erart a u f die kö rp erlich e E rsch ein u n g des H eld en g erich tet w ie d ie der Sp äteren . A ls K o n zep tio n jed o ch ist die heroische P ose auch bei ih m ve ra n k e rt; ih re V o r stellu n g ist o ft aus der A r t und W eise h erau szu sp ü ren , w ie eine E p iso d en sch ild eru n g d u rch g e fü h rt oder eine H cld en red e a u fg eb a u t ist. Ju liu s C aesars M o n o lo g z. B ., in dem er den E n tsch lu ß zu r In vasion G ro ß b rita n n ien s fa ß t ( L a S. 7262 ff.), ist a u f die zen trale Pose hin a n g elegt, w e n n g leich diese selbst k a u m ve ra n sch a u lich t ist; w ir hören nur, d aß er, an der flandrischen K ü ste stehend, das britische G estad e erb lickt. D er erste T e il der R ed e ist die historische R e c h tfe rtig u n g seines E n tsch lu sses; der zw eite T eil die B ek u n d u n g des E n t schlusses selbst. A m Ü b e r g a n g vom ersten zu m zw eiten T eile jed o ch sch w ellt es ih m g le ic h sam d ie B ru st, in d em er a u f sich selbst und seine S tim m u n g w eist: „ I c h h eiße J ulius C aesar, d aru m ist m ein H erz e rre g t.“ 1 D a s äuß ere B ild u nterm alt diese im p lizierte zentrale H eld en pose. sein B lick geh t in die F ern e (72 4 1; 7247; 7259); strah len der S o n n en sch ein ü b erglä n zt den A u ftritt (7238 f.). U n g le ic h a n sch au lich er w ird die heroische P ose in den R om an zen , nam en tlich in den alliterieren den . Im M orte A r th u r e h ält A r th u r beim H eereszu g n ach Italien a u f dem St. G o tth a id m it seiner g an zen S treitm a ch t inne, b lick t in die R u n d e und a u f die lo m b a rd i schen L a n d e und sa g t m it lau ter S tim m e: „ I n diesem L a n d g ed en ke H errsch er ich zu sein! 12 A u c h das D em o n strative der W orte A rth u rs (gone), die nur m it au sgestrecktem A r m gesp roch en sein können, verstärkt seine Pose, d ie eben nur eine äußere M a c h tm a n i festation ist und nich t etw a die S y m b o lisie ru n g eines inneren E n tsch lu sses; denn der lo m bardische F e ld z u g w a r ja län gst vorh er beschlossene Sach e. S o lch e Pose ist das Z en tru m einer selbstän digen Szene, als A rth u r, vor d er fein dlich en F estu n g M etz an gekom m en , m it einigen B egleitern zu r G elän d ein sp ektion ins V o rfeld reitet ; d aß ihm d abei von den W ällen der F estu n g her eine S a lve von G eschossen en tg eg en zisch t, stört ihn nich t im gerin gsten , vera n la ß t ihn vielm ehr, sich in die B ru st zu w erfen und, in seiner k riegerisch en E n tsch lo s senheit die F estu n g anstarren d, sich in seiner g la n zvo llen G ew an d u n g zur S c h a u zu stellen : 1
“ Ich h a h te Ju liu s C e z a r
þcr fore is m in herte sæ r“ ( L a j . 7288 f.). B ei Wa.ce findet sich da fü r nichts E n tsprechend es. 2 V g l. A fA 3 9261, 14038, 17345, ‘ 9 w enn er «ach dem Sin n äh nlich er K la g e g e b ä rd e n bei p rim itiven V ö lkern fr a g t; auch da m u ß die K la g e g e b ä rd e , und die T o te n k la g e ü berh au pt, als ein „zw ie sp ä ltig e s und k o m p lexes D in g “ erscheinen, als „etw a s, das seinen spontanen A ffe k t ch a ra k ter zu verlieren und zur zerem oniösen F orm zu w erden n e ie t “ 7 to ' 1 V g l. Vgl. 3 V gl. 6 V gl. 7 V gl.
Curtius, S. 169 ff. Frenzen, p a s s im ; Lommatzsch, T ra u er u n d S ch m ers, S. 45 ff. Situ, S. 67 f. 4 Vgl. Huizinga, S. 7. Zappelt, þa ssim . « Vgl. Huizinga, S. 48. Meuli, S. 93.
K la g e g e b ä rd e n , H eld e n ge fiih lc und H eld en gesin n u n g
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A u s dem F o rm a litätsch ara k ter der K la g e g e b ä rd e erk lärt sich auch ihre zw iesp ältig e B eu rte ilu n g d urch die K irche. D ie früheren K irch en v ä ter verdam m ten die K la g eg eb ä rd en der T o te n k la g e , weil sie ein Ü berfließen d er T ra u e r, das die H offn u n g a u f das ew ige L eb en vergessen läß t, nicht guth eißen konnten. D ie ch ristlich e L e h re lob t jedoch das W ein en und K la g e n , ja fordert es, wo es aus R eu e geschieht, w o es die eigene Sü n de bejam m ert. D a m it sp rich t sie ü ber die G eb ärd e an sich kein U rte il und tastet ih re E x isten zb erech tig u n g nicht an. S ie w ertet vielm ehr die G esinn un g, aus der h erau s die G eb ärd e kom m t. U m des G esin n u n gsau sd ru cks w illen vo r allem ist auch in der D ich tu n g die K la g e g e b ä rd e d a und erst in zw eiter L in ie zur A ffek tverd e u tlich u n g . G ew iß sp ürt L a ja m o n in K la g e g eb ärd en w ie den oben au fgezäh lten auch den A ffe k t - w esh alb er zuw eilen m it ihren stärksten F orm en die S ch m ach vo llen ken n zeich n et. A b e r in die K la g e g e b ä rd e n gießen sich auch edle R e g u n g e n ; sie verm ögen nach außen die G esin n u n g der H eld en zu bezeu gen, so wie die K ä m p ferp o se ihr H eroen tum dem onstriert. W o die K la g e g e b ä rd e n aber H eld en gesin n u n g au sw eisen ,d a w erden sie lebh att em pfun den , und ihre V o rste llu n g löst sich oft aus der S ta rre des T ypisch en . So sind die K la g e g e b ä rd e n der H elden Zeichen der R e u e . D as ist g a n z im Sin n der K irch e. D enn selbst die m ön chische A sk ese verla n g te das W einen der R e u e .1 E s ist b ezeu gt, d aß m an sich im G ebete von G o tt reichlichen T rän en sch a tz erbat und d aß m an jene v e r ehrte, die ü ber besondere T a le n te im R eu ezäh ren vergießen v e rfü g te n .12 In den m ittel en glisch en L egen d en d ich tu n gen quellen denn stets die Zäh ren der H eilig en - gleich sam als deren „R ep rä se n ta tio n “ -h e r v o r , besonders h ä u fig beim hl. A u g u s tin , dessen B ild in der L e g e n d e 3 w esentlich vom R eueton der Confessiones bestim m t ist. D ie dem T eu fe l zeitw eilig erlegen gew esene hl. T h eo d o ra sch lä gt sich auch reu ig ins tränen benetzte G esich t.4 A u c h schon w enn im altsächsischen H e lia n d einm al R eu eg eb ä rd en vo rg efü h rt w erden (was bei d er allgem ein en A n sch a u u n g slo sig k eit der D arstellu n gsw eise bem erken sw ert ist), so d azu , u m d ie G rö ß e der Sü n de zu ken n zeich n en ; Petrus w ein t nach seiner V e rle u g n u n g Christi „ b lu tig e T rä n e n “ .5 - U n d in der w eltlichen D ich tu n g ? V o m m ittelh ochd eu tsch en V o lk s und H eld en epos hat m an g esa gt, d aß dort G eb ärd en der R eu e nich t gesch ild ert w erd en .6 A u c h bei den E n glän d ern su cht m an allerdin gs zu n äch st n ach h eftigen R eu eau sbrü ch en vergeb en s. W ohl aber steckt in den K la g e g e b ä rd e n , in die m an die kleiden L a ja m o n s und der R o m a n zen zu w eilen sich ergehen, sieht, die b u ß fe rtige B ereitsch aft zu r geistigen U m kehr. Sollte cs auch schon im B e o w u lf jene R eu eb ereitsch aft sein, die H ro th g a rs T rän en ergu ß bei B eow u lfs V era b sch ie d u n g beku n det (H ruron him tearas, / b lon d en feaxu m ; Beow . 1872 f.) ? D ieser sin n en fällige T rän en erg u ß fällt g a n z und g a r aus dem R ah m en der a ffekt gebärden m eidenden D arstellu n gsw eise des B eo w u lfep o s heraus, w eshalb m an darin eine „u n g e rm a n isc h e “ R e g u n g sehen zu m üssen glau b te, fü r die m an an tiken E in flu ß vera n t w ortlich g em ach t h a t.7 D e r K ern der S ach e ist d am it w ohl noch nicht getroffen. D er Stil, in dem dieser T rä n en erg u ß in die D arstellu n g der A b sch ied sszen e e in g eb a u t ist, lä ß t a u f m erken : H ro th g a rs sin nen fällige G eb ärd e steht am A n fa n g , seine ab strakt variierten G e m ü tsb ew egu n gen (F reu n d sch aftsgefü h le, A b sch ied ssch m erz) erscheinen erst danach. Bei 1 V g l. Ae. Benediktinerregel, a. a. O., 18.10 f. 2 V g l. Zappert, S. 77 ff. 3 Horstmann, S. 61 ff. 4 V g l. S . T heodora , Horstmann, S. 35 ff., 56 f. 6 héte trahni blödage; vgl. H e lia n d 5005 f. In der Bibel heißt es nur: „E r weinte bitterlich“ (M a tth. 26,75; L u k . 22, 62; vgl. M a rk . 14, 72). 8 V gl. Scherer, S . 26. 7 V gl. Haber, S. 98.
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D ie G eb ärd e n d er H elden und die W a n d lu n g e n des H elden ideals
den letzteren aber pflegt sonst im B e o w u lf die S ch ild eru n g von G em ü tsb e w eg u n ge n einzusetzen, nicht mit d er gesch au ten G eb ärd e. D er T rä n e n e rg u ß H ro th g a rs w äre also zu n ächst eine von seinen S ch m erzg efü h len u n a b h ä n g ig e G eb ärd e: n äm lich die B e k u n d u n g der ch ristlich -b u ß fertigen G esin n u n g, der K a rd in a ltu g en d der D e m u t; eine d era rtig e G e sin n u n g läß t sich w o h l aus seiner vorau sgeh en d en A b sch ied sh o m ilie h erau sh ören (vg l. Beow . 1769 fr.); sie en tsp rich t g a n z d em Id eal des christlichen K ö n ig s, dessen W esen s zü g e S c h ü ck in g an d er H ro th g a r-G esta lt a u fg e z e ig t h a t,1 E rst n a ch trä g lich w ä ren dan n der G eb ärd e die der S itu atio n sstim m u n g en tw achsen den G efü h le unterschoben. Die B u ß - und R eu ezäh re als Z eich en der guten G esin n u n g steht jed en falls dem H elden eb en so gu t an wie dem H eiligen . U nd w enn A u g u stin , der H eilig er und H eld zu g le ich ist, in L a3 a m o n s B r u t T rän en vergießt, so n ich t etw a schon im Ä r g e r ü ber die m iß lich e A u f fü h ru n g der heidnischen B riten , sondern vielm eh r gerad e dann, als sich sein A ffe k t schon g e le g t hat und als ihm G o tt die A u fn a h m e ins H im m elreich zu r B elo h n u n g v e r sprochen h a t.12 R eu e und U m k e h r selbst, nicht nu r die B ereitsch aft d azu , b ezeu g e n dann die K la g e g e b ä rd e n der R o m an zen h eld en . In S i r D eg a r é rin g t der H eld die H än de, als er an die m ißach teten E rm a h n u n gen seines M en tors d en kt.3 A ls A le x a n d e r in W. A le x , im V e rla u fe seiner ä gy p tisch en E x p ed itio n a u f das D en k m al des A n e cta n a b u s stößt, den er selbst in seiner Ju gen d g em ord et hatte, fällt er d av o r zu B oden, k ü ß t der S ta tu e die F ü ß e und tra u ert.4 D ieses T rau ern ist R eu e, die den H eld en ehrt, nich t der G e fü h lserg u ß der T o te n k la g e . E in an d erer G esin n u n gsw ert, der sich in K la g e g e b ä rd e n d er H eld en der w eltlichen D ich tu n g noch m ehr m an ifestiert, ist die T u g e n d des M i t l e i d s - aber nicht des M itleids, das sich in g efü h lvollem B ed au ern erschöpft, sondern eines M itleids, das zur T a t a n treibt. Z u m B ild des H eiligen , d er die T u g e n d der f i t e besitzt, geh ört “ o f co m p assio u n . . [)c tere” .5* Bei L a ja m o n nun sehen wir den breton isch en K ö n ig A ld ro ein , als er aus dem M u n d e des britischen B isch ofs eine S c h ild eru n g der m ißlichen L a g e seiner inselkeltisch en Stam m esverw andten, und d em utsvolle Bitten um k riegerisch e U n terstü tzu n g vern im m t, S e u fze r ausstoßen und T rä n en vergießen , und zw ar so, d aß alle seine M an n en es sehen kön n en : „ D e r K ö n ig seufzte sch w er; es ran nen seine T rän en , seine A u g e n qu o llen über, d aß all sein G efo lg e es s a h .“ 8 In seiner d azu gesp ro ch en en A n tw o rtred e jedoch k ü n d ig t er die sofortige A u fb ie tu n g einer S treitm a ch t a n ; tätiges M itleid legt er m it den g an z öffen t lich zur S c h a u gestellten7 G eb ärd en an den T a g . E ine solche M itle id sk la g e g e stik , die den K am p fese n tsch lu ß aus sich h ervorb rin gt, ist nichts S elten es; als K ö n ig A r th u r im allit. A i orte A r th u r e von den S ch än d lich k citcn des R iesen von M o n t S aint-M ichel erfährt, benim m t ersieh g a n z ähnlich, w obei dort sow ohl sein K la g e g e b a re n als auch seine n a ch folgen d e E n t schlußpose noch viel an sch au lich er g esch ild ert sin d .8 D u rch solches M itle id sk la g e g e b a re n wird so zu sag en die heroisch e Pose e rgä n zt und in d er T u g e n d vertieft. D e r T o d e sg e d a n k e 1 V gl. Schiicking, E n g l. S tu d ie n 67 (1932), 1 ff. 2 V g l. La;;. 29642 ff. a Vgl. S ir D eg a ré (French/Hale, S. 287 ff.), 645. 1 Vgl. IV. A le x . 1135 ff. * Vff1* V A m b r o s iu s (Horstmann, S. 8 ff.), 757; die entsprechende Stelle der Leg. A u r . (zit. bei Horst mann) lautet: lacrymas compassionis pro aliorum injuriis. “ þe king gon siche sare him gunnen glide teores and urnen his æjene þat his hired-men hit isejen (La 3. 12772 ff.). 7 Die Betonung der Öffentlichkeit fehlt bei Wace; vgl. B r u t 6397 ff. a Vgl. M A . 888 ff.
K lagegebärden, H eldengefühle und H eldengesinnung
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selbst erregt diesen K la g e a u sd ru ck des tatbereiten M itleids. E r erfü llt die K la g e g e b ä rd e n des A r th u r , als dieser vom T o d U th e r P en d ragon s erfä h rt; wenn er da erstarrt, blaß und rot w ird, so ist dies n ich t bloße G e fü h lsk la g e ; denn A r th u r ist in S o rg e um das kö n iglo se B ritan n ien , aus w elcher S o rge herau s er sogleich sein G o ttvertrauen beku n det und den B efeh l zu r A u fs te llu n g einer A rm e e erteilt.1 D a s M itleid — aber w en iger heroisches und taten freu d iges M itleid — vered elt auch in den R o m an zen die K la g e g e b ä rd e n der G u ten. D e r von M odred ve rfo lgte E rzb isch o f von C a n terb u ry geht in die W ild n is und k la g t; „ o ft w ein te und w ach te er“ - aber n ich t um sein, son dern um E n g la n d s S c h ic k sa l.12 In S i r Orfeo ist die G eb ärd e d er M itleid sk la g e gerad ezu das T u g e n d ze u g n is des S ta tth a lters.3 D e r w ich tigste G esin n u n g szu g aber, den die K la g e g e b ä rd e n der Plelden m an ifestieien , ist die A n e rk e n n u n g der übersin nlichen M ach t, des w altend en S ch ick sa ls. G eg en das S ch ick sa l — und das h eiß t: g egen das A u sg cliefertsein an das R a d der F o rtu n a — bekenn t sich der m ittelalterlich e H eld m achtlos. D as ist seine m enschliche T r a g ik , ohne die er nicht g ro ß sein könnte. D a s B eken n tn is der S c h ic k sa lsa b h ä n g ig k e it äußert sich z. B . in den R eaktion en a u f prophetische T rä u m e, w elch e die D ich tu n g en ja nur echten H eld en zuteil w erden lassen .4* Solche R eaktion en geschehen g a n z u n a b h ä n g ig vom In h a lt des T rau m s, u n a b h ä n g ig auch von der B ed eu tu n g des O m ens, das d er E rw a ch en d e g a r nich t zu kennen pflegt, das ihm die T rau m d eu ter erst erläu tern m üssen. D ie G eb ärd en reaktio n entsteht unter dem E in d ru ck der bloßen B e g e g n u n g m it der höheren M a ch t. E s ist erstaun lich, w ie stark sich bei dem ansonsten alle A u sd ru c k sg e stik m oralisch verd äch tigen d en L a ja m o n dei K ö n ig A r th u r bei solchen G elegen h eiten geb ärd et. D er K ö n ig erw ach t aus dem T rau m , ist a rg entsetzt, stöhnt laut, so d aß n iem and ihn zu fragen w a g t, w as all dies bedeute, und rich tet ein S to ß g e b e t zum H im m e l; all dies ist gesch ildert, bevor der L eser etw as ü ber den In h alt des T ra u m s erfä h rt.3 A n anderer Stelle w eiß der L eser n o ch n ich t einm al, daß A r th u r g eträ u m t h at, als er hört, d aß sich der K ö n ig vom S c h la f erhebt, die A rm e h o ch w irft, abw echseln d aufsteht und sich hinsetzt, „ a ls ob ihm a rg übel w ä re“ (sw ulc he w eore sw iöc seoc),8 w elch e G eb ärd en d arstellu n g dann A rth u rs eigene A u ss a g e n ergän zen : er h a b e beim E rw a ch en zu beben und zu zittern bego n n en .7 D ie T rau m reak tio n en A rth u rs sind also v ö llig vo n der G eb ärd e her gesehen, w ie dies sonst nur bei den A ffek ten der Bösen und S ch m a ch vo llen der F a ll ist. In der T a t erh ält A r th u r hier einen Z u g der O h n m äch tigkeit - g eg e n ü b er dem S ch ick sa l, das über ihm steht, dessen O b je k t er ist. D en n als Inhalt seiner T rä u m e erw eist sich das S ym b o l der F ortu n a, die V o ra u sd e u tu n g a u f den u n au s bleiblichen F a ll in die T iefe . Im allit. M orte A rth u re , wo der gleich e - auch dort G ebärden auslösende® - T r a u m m it besonderem N a ch d ru ck h eilsp ä d a g o g isch ausged eu tet w ird ,9 ko m m t dann A rth u rs religiöse G esin n u n g noch beh errsch ender neben seinem H eroentum zur G e ltu n g .10 D ie R om an zen gießen dieses G efü h l des A u sg eliefertsein s auch in die ü blich en K la g e geb ärd en . D ie K ö n ig in in W. P . z. B. reag iert a u f einen T rau m , d er ih r gleich w oh l ein gutes O m en g eb ra ch t hat, m it Zittern und bitterem W einen ,11 w o rau fh in sie in D em u t die
1 V g l. L a 3. 19888 ff. 2 O ften g a n he w ep e and w ake/ F o r y n g la n d th at had suche sorow is sare ( L M A 3032 {.).
3 S ieh e u n ten S . 147-
* V S L auch M en tz< S ' 18 ff' B V g l. L a S- 28006 ff8 V g l. M A , 3 3 9 «-
6 V g l . L a j . 2 5554 ff' V g l. L a j . 28082 ff. 0 V g l. H ö ltg e n , A n g lia 75 ( iy S 7 ), 35 ff10 V g l. a u ch V a n der V e n -T e n B en sel, S . t20. 11 V g l. W. P . 2913 ff. M ünchen A k . A bh . phil.-hist. *9 5 9 (H ab ich t)
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Dic G ebärden d er H elden und die W andlungen des H eldenidcals
K a p elle au fsu ch t. S ch reien d, H än d e und F ü ß e an ein an derreiben d, das G esich t zerkratzend und das K le id zerreißend — so g eb ä rd et sich die H eu ro dis a u f ihren tod verkü n d en d en T ra u m h in .1 D ie grö ß ten R o m an zen h eld en beku n den so ihre S ch ick sa lso h n m ach t; A le x a n d e r w echselt nach dem d elp h isch en O ra k elsp ru ch die F a rb e 12 und w eint m it k u m m ervo ller M iene, um d an n a u ß er S in n en bis zum nächsten M o rg e n am B oden liegen zu b leib en ,3 w äh ren d seine G etreuen o h n m äch tig w erden oder das H a a r rau fen, d ie H än d e rin gen, die K le id e r zerreißen und so sehr w einen und jam m ern ,4 d aß der K ö n ig sie noch trösten m uß - doch auch dies u nter S eu fzern .5*U n d w er d an n tatsä ch lich - w ie D a riu s in W. A le x . oder w ie Jonas in G. Ww. - trag isch von d er H öh e g estü rzt ist, g esteh t m it den K la g e g eb ärd en die volle Selbsterken n tn is seiner totalen V e rn ic h tu n g ein.« In religiöser S in n g e b u n g ken n t auch die H eilig en leg en d e dieses K la g e g e b ä rd e n m o tiv ; das S ch ic k sa l ist da d ie M a ch t G ottes oder d er H eilig en . D ie nich t u n sym p ath isch e H eiden fü rstin der m ittelen glisch en M a ria -M a g d a le n a -L e g e n d e erw a ch t aus ihrem om inösen T ra u m , in dem ihr ihre U n terw o rfen h eit unter d ie H eilig e bed eu tet w urde, m it k la g en d en S eu fzern .7 N ich t allein 1 räum e und P ro p h ezeiu n gen , auch andere ü b ern atü rlich e E in g riffe w ie w u n derbare E rrettu n gen und H eilu n g en , so freu d enreich sie sein m ögen , lösen K la g e g e b ä r den aus. Sch on bei S a x o G ra m m a ticu s netzten dem U ffa bei d er k a u m erhofften R e ttu n g des Soh nes F reud eträn en die W a n g en , „ d ie der S ch m erz n ich t hatte befeu ch ten kö n n en “ .8* A b e r w äh rend da d ie R ettu n g m eh r k ra ft der p ersönlichen L e istu n g des G eretteten zu stande kam , spielt nun in den R o m an zen das W alten des Ü b ersin n lich en eine en tsch eid end e R o lle ; und d a r a u f reag iert m an w iederum m it tränenreichem G eb aren — so etw a n ach der W ied e rerw e ck u n g d er beiden getöteten K in d e r des Amys.® A u c h d aß n ich t n u r der Sch m erz beim A b sch ied , sondern auch die F re u d e ü ber u n erw artete W ied e rb e geg n u n gen sich h äu fig m T rän en und O h n m äch ten ä u ß e rt,10Iist vielleich t n ich t p sych o lo g isch allein zu erklären , sondern könn te zu g leich im tieferen B etroffensein vom W alten d er V o rse h u n g seinen künstlerischen A u ss a g e w e rt h aben. E s ist bezeichnend, d aß - w ie m an oft b em erkt hat g ege n ü b er dei F ü lle von K la g e g e b ä rd e n in der m ittelalterlich en D ich tu n g F reu d eg eb ä rd en sehr sp ärlich V orkom m en.11 K ö rp e rlich er A u sd ru c k h em m un gsloser F reu d en gefü h le er scheint den E n glän d ern m oralisch ve rd ä ch tig , w äh rend das L a ch e n und g ele g en tlich e L u ftsp rü n g e der K rie g e r, von denen w ir bei L a ja m o n und im alliterieren den M orte A r th u r e höten, nicht einer H erzensfreude, sondern dem K a m p fra u sc h en tsp rin gen und E m p h asen der heroischen Pose sind. D a ß es aber eine em inent ch ristlich e H a ltu n g ist, in der das „ K la g e g e b a r e n “ bei d er B e g e g n u n g m it dem Ü bersinn lichen - eben m it der M a ch t G o ttes - gesch ieh t, das zeig t sich d a iin , d a ß m an d am it sehr o ft das G eb et und ku ltisch e H a n d lu n g en b eg leitet.12 S e lb st der höfische G aw ain in G G K ruft „se u fz e n d “ zu m H im m el.13 1 V g l. - V g l. 3 V g l. I V g l. 3 V g l.
O rfeo 78 ff. K . A l is . 6861. K . A lis. 6896 ff. K . A l i s . 6865 ff. K . A l i s . 68 7of.
e ’V g l. IV. A le x . 3074 ff; G . Ww. (A ) Str. 4 6 .1 t ; ebd. Str. 142 ff. ? V g l. H o rstm an n , S. 148 ff., 263. 8 V g l. S a x o G ram m a ticu s (ed. H o ld er), S. 116.
“ V g l. A . A . 2422. A u c h in d er m ittellatein isch en u nd m hd. D ich tu n g g ib t es Ä h n lic h e s ; v g l. R u o d lieb (ed. L a n g o sch , in L a tein isch e E p ik des M ittela lters, D arm stad t 1957), I X , 8; X I I I , 61 \ K u d r u n , Str. 62. 10 V g l. G. Ww. 1750 ff.; A . A . 2125 ff. u. ö. II V g l. D e llin g , S. 86; B raed er, S . 26; s. auch S ch erer, S. 3. 12 V g l. Z a p p ert, S. 81 ff.
13 V gl. G G K 753-
K lagegebärden, H eJdengcfühle und H eldengesinnung
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Die K la g e g e b ä rd e n sind also w esentlich m eh r als W eh leid sb ezeu g u n g en ; sie spiegeln G esin n un gsw erte, die den H elden ehren, der sie vo llfü h rt. Insofern sind sic etw as Positives. So ist es verständ lich, d aß K la g e g e b ä rd e n in den R o m an zen gerad ezu zur R ep räsentation des H eld en gehören - w en n auch hier offen bar die en glisch e D ich tu n g n ich t so w eit geh t wie etw a das altfranzösische R olan dslied , w o die K la g e g e b ä rd e so gar zu r S c h la ch t repräsentation gehört (s. o. S. 84); sie h ält d ie G eb ärd e m eh r im R ah m en selbstän diger K lag esitu atio n en . U n a b lä s sig hören w ir in D ich tu n g en w ie dem strophischen M orte A r t h u r von seufzenden, w einenden, u m herirrenden, in O h n m ach t fallen den H eld en ; die K la g e g e b ä rd e n der F ra u en spielen d em geg en ü b er eine gerin gere R o lle.1 D a ß es treffliche R itte r sind, die d a w einen, w ird o ft m it N a ch d ru ck b e k rä ftig t; A rth u rs U n tergeb en e, die L a u n celo t aus den A u g e n verloren haben, „k eh rten um m it schw eren Seufzern , die R itter kü hn und ta p fe r “ .12 D a rin rech tfertig t die D ich tu n g einer trän en freu d ig en Z eit, w ie sie das späte M ittelalter w ar, die K la g e g e fü h lsg e b ä rd e n : sie m ach t sie zum Z eu g n is ritterlich er und religiöser G esin n u n g. D ie französische D ich tu n g liefert d azu ein d rucksvolle V o rb ild er; zum B ild K a iser K a rls im R olan dslied geh ört seine p a triarch alisch e Pose m it gesen ktem H a u p t und tränenden A u g e n im G ed an ken an die L eid en seines V o lk e s ; und zu dem R o lan ds geh ört das W einen im A n g esich te der gefallen en M annen. D a b ei m an ifestieren die K la g e g e b ä rd e n der m ittelalterlichen H elden christliche W erte; das unterscheidet sie von den T rän en , die H om ers und V e r g ils K r ie g e r zieren.3 . In den G ebärden der T o te n k la g e fließen offenbar all diese G esin n u n gsm an ifestatio n en zusam m en. E s sp iegelt sich d ah er in ihnen eine T o d e sa u ffa ssu n g, die, w ie w ir g leich sehen w erden, schon von L a ja m o n ab aufs entschiedenste von der altgerm an isch en abruckt. N u n ' sind allerdin gs in den alten glisch en und frü h m ittelen glisch en D ich tu n g en die T o te n k la g en m it A u sd ru ck sg eb ä rd en zum eist M assen k lag en ; die K la g e g e b ä rd e n haben also eine chorische W irk u n g . D iese E igen tü m lich k eit hat P arallelen m der m ittelh och deutschen heldischen D ich tu n g - w ährend sp äter die höfische D ich tu n g d ie M a sse n k la g c zu gu n sten der E in z e lk la g e zu rü cktreten lä ß t.4 M an hat der Ü b e rz e u g u n g A u sd ru c k g e g e ben, d aß die m hd. M assen k lag e eben wegen ihres chorischen C h a ra k ters als verpflichtend er R itu s anzusehen sei, w eshalb sie sich ihrem Sinne nach von der E in ze lk la g e gru n d sätzlich u nterscheide, bei der es a u f den „G efü h lsa u sb ru ch , die Ä u ß e r u n g der E m zclseele anko m m e.5 Bei L a 3am on jedoch scheinen die D in g e d u rch au s anders zu liegen . D ie w en igen dort ausgefü h rten gestischen T o te n k la g en sind allesam t M assen k lag en , deren G ebärden einen A u sd ru c k sg e h a lt sicher erkennen lassen - aber nun freilich einen A u sd ru c k n ich t haltlosen W eh g efü h ls, sondern jenes spontanen O h n m ach tg efü h ls vor dem W alten des S ch icksals. D ieser in der G esin n u n g verw u rzelte A u sd ru c k sg e h a lt allein kann sich auch m den G eb ärd en d er M assen k lag e m an ifestieren ; die andern d er oben aufgefu hrten Inhalte sind m ehr an die persönliche K la g e gebu nd en. N u r w o die H an d des S ch ick sa ls sp ü rbar eingreift, ko m m t es ü berh au pt zu G eb ärd en - w iew oh l auch diese n u r spärlich gesch ildert w erden und im V erg le ic h m it denen rom anisch er D ich tu n g en b laß w irken. L a ja m o n s au sgep rägtes G espü r fü r S ch ic k sa lstra g ik ist erstaunlich und h at bei W ace keine P arallelen. T r a g ik w altet beim T o d des U th e r P en d ragon ( L a 3. 19 66 0 -198 4 5), cs 1 In L M A zähle ich 24 S tellen , w o R itte r K la g e g e b ä r d e n v o llfü h re n ; v o n w ein en den F rauen hört man n u r vierm al. 2 A g e y n e th ey w ent with sig h y n g sare, T h e k n ig h tis þat were kene a n d bold (L M A 802 f.); v g l. auch A . A . 326 i. 3 V g l. B eszard, Z R P 27 (1903). 4 V g l . L eich er, S. 167; D ü rren m att, S. H 9 6 V g l. D ü rren m att, S. 149 f-
Ule '■^harden d cr H elden und die W andlungen des H eldenideals
begin n t dam it, d aß U th e r selbst seine eigenen M örd er, die sich als elende B ettle r a u s geben , aus M itleid in seinen H a u sh a lt aufn im m t. D e r M o rd w ill ihnen indes n ich t gelin gen . In diesem A u g e n b lic k h ören w ir, d aß es regn et; d er R eg en ist das S c h ic k s a l.1 D enn U th ers L e ib a rz t erteilt nun die A n o rd n u n g , den B ru n n en zu ü berdach en , aus dem allein - w ie er in S o rg e um das W oh l des K ö n ig s a u sd rü cklich m itteilt - U th e r sein T rin k w a sscr bezieht E b en diese U b erb eso rg th eit ze ig t den M ö rd ern ihre M ö g lic h k e it; sie eilen zum Brunnen und ve rg iften ihn. D a s G eb aren der Briten nach dem d a ra u fh in erfo lg ten G iftto d U th ers ist ein A u s d r u c k d er O h n m ach t vo r dem S c h ic k s a l; sie lau fen zum B runnen und vern ich ten ihn m it h eftige r K r a fta n s tr e n g u n g : þ a w en d en to þ e re w elle enihtes þ c w eoren snæ lie a n d þ a w elle for-du den m id d erfu lle sw in cch e (L a g . 198 10 ff.).
D ie leid en tbran n te H e ftig k e it m ach t dieses T u n zu r G eb ärd e (bei W a cc ist d a g e g e n der V o r g a n g sach lich -trocken berich tet); das b ezeu g t die stilistische W ied erg a b e, w elch e d ie V erb e n sachlichen In h alts (wenden, for-duden) d urch H in zu fü g u n g der A u s d r u c k s b ew eg u n g q u alifiziert - zu erst im R ela tiv sa tz (þe weoren snælle), d an n in d er n o ch en ger an das V e rb g eketteten p räp osition alen E r g ä n z u n g (m id d erfu lle sw incch e). Z w a r sin efes 11er n ich t K la g e g e b ä rd e n , sondern W u tg eb ärd en , in denen sich das Betroffensein vo m T odessch icksal ä u ß ert; w ich tig ist jedoch , d aß diese S itu atio n offensichtlich zu r G eb ärd e ran gt. Bei äh nlich en sch icksaistragisch en T o d esfä llen kom m en dann bei L a ja m o n schon m an che von den typ isch en K la g e g e b ä rd e n zum V o rsch ein . A ls der g leich fa lls tra g isch v e r giftete K ö n ig A u re h u s sterbend vo rgefu n d en w ird, fallen seine R itter sich den T o d w ü n schend zu B o d en ; sie w einen, „ d a g a b es viel E rb leich en und H erzen sku m m er, d a ertön te m anche Jam m errede und G eschrei d er M ä n n e r“ .2 D es V o rtim er G ifttod , von dessen T r a g ik oben schon die R ed e w a r,3 w ird b e k la g t m it W einen , Jam m ern und k la g en d em G e baren. T r a g isc h e S c h ic k sa lsa h n u n g steckt auch in den M a ssen k la g eg eb ä rd en der Briten beim en d g ü ltig e n A b z u g der R öm er, w enn auch da einm al nich t der T o d den A n la ß gib tder B erich t vom G eb aren , vom H eulen und Jam m ern des Volkes® ist u n m ittelb a r verkn ü p ft m it d er 'V o ra u sd eu tu n g der sch lim m en Z u k u n ft; M e lg a und W an is (die F ü h rer der fein d lichen P ik ten und S koten ) „h a b e n eine riesen gro ße A r m e e “ und frohlocken.« Ist: S ch ick sa lsb etro ffen h eit die tiefe U rsach e des G eb aren s d er M assen to ten k la ge, so ist das GrauensbtJd des T odes sein u n m ittelb arer A n la ß . D e r T o d erregt S ch a u d er. D as K la g e g e b a re n fo lg t a u f die in realistischen F a rb e n gem alten Sterbeszen en. D er sterbende U th er z. B . sch w itzt, sein H erz versag t, sein G esich t w ird sch w arz, sein L eib b lä h t sich V g l. La-3- 1 9 7 4 s ; bei G eo ffrey u nd W a c e hören w ir v o m R e g e n nichts. C n ih tes feo llen a -d u n and 3irnden heore dæ ðes þ e r w es m uch el w a n in g heortne g r a n in g fier wes m oni reolic spei þ e r wes gu m e n e ij e l . . . ( L a j. 1779 4 ff.). 3 S ieh e oben S. 56. 1 h e r w es w o p þ e r w es rop / and red lich e iberen (L a *. 15066 f.). B ei W a c e findet sich nichts E n tsp reche, cies, v g l. U n i t 7 1ö i . r 5 V g l. L a 3. 12538 ff.; v g l. W a c c , B r u t 6252. 6 heo hefden ane verde / o f vn im ete fo lk e ( L a j . 1 2 550 f,).
K lagegebärden, H eldengefühle und H eldengesinnung
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a u f ; 1 ähnlich k ra ß sind die anderen Sterbeszen en bei L a ja m o n , die K la g e g e b ä rd e n auslösen, und n och sch au d ererregen d er g a r m anche in den R om an zen des 14. Jahrhunderts. D a s G rau en vor dem B ild des T o d es, bei dem dan n das späte M ittelalter in absch eu lich variierten D a rstellu n g en der V e rw e su n g und Z ersetzu n g verw eilt123 4- dieses G ra u en en t sp rin g t einer T o d e sa u ffa ssu n g , die das memento m ori ein h äm m ert; sie ist m ittelalterlich — n ich t altgerm an isch , w iew oh l m an aus L a ja m o n s V o k a b u la r g elegen tlich germ anische T o d e sg ed a n k en herausspüren m öch te.8 D ie G erm an en kann ten einen solchen physischen S ch au d er vo r dem L eben sen d e nicht, und w enn sie w ohl im "1 od die „ K r ä n k u n g des L cbens“ sahen, so doch eine K rä n k u n g , die es w ied er gu tzu m a ch en g a lt,* und das hieß letztlich auch, d aß die T ra u e r ü berw u n d en w erden m ußte. Im B r u t beku n d et die M assen k la g e g e stik - trotz ihrer S p ä rlich k e it - ein grau envolles A u sgeliefertsein an den T o d und an das S c h ic k sa l. D ie G eb ärd en der E in ze lk la g e , die in den sp äteren D ich tu n g en vorh errsch t, unterschei den sich insofern von denen der M assen k lag e, als in ihnen d ie p ersönliche G esin n un g des K la g e n d e n stä rk er zur G e ltu n g kom m t. D a s lehrte ja auch schon die B eo w u lfd ich tu n g . D a s M om en t der B ew ä h ru n g im K o n flik t zw ischen G efü hl und E th os fixierte sich in der G eb ärd e, w ie im B e ttg a n g des A l t e n ; oder die K la g e h a ltu n g w a r objektive, ku ltisch e F orm . In den m ittelen glisch en E in zelk la g en jedoch, die auch in D ich tu n g en h eldisch en C h a ra k ters zu a u fgesch w ellten K lag eszen en w erd en und in denen - w ohl einer noch k la g e fre u d i geren Z eitstim m u n g g em äß — die K la g e g e b ä rd e n m itu n ter la b e lh a ft ü b ersteigert sin d , in diesen n iittelen glischen K in zelklagen stellt sich das P roblem d er h eldisch en B ew ä h ru n g anders. Sch on die affektisch anm uten den K la g e g e b ä rd e n selbst bergen ja potentiell den A u sd ru c k tu g en d h a fter G esin n u n gsw erte (U m keh rb ereitsch aft, M itleid, Sch icksälsan erken n u n g). W erden diese G esinn un gsw erte im K la g e v o r g a n g zu m T ra g e n g eb ra ch t, dann ist dies eine B ew ä h ru n g des klag en d en H eld en und letztlich eine M an ifesta tio n seiner H eld en gesin n u n g. D ie D arstellu n gen der E in zelk la g en in den R o m an zen gehen d an n zw ei verschiedene W e g e ; sie verfo lgen das S ich -H in d u rch rin gcn des H elden von m ehr affektisclien zu ku ltisch en G ebärden, vom S ch m erz zur G csin n u n gs- und S tärkem an ifestatio n trotz des S chm erzes - oder aber sie zeigen die H eld en rep räsen tation im K la g e a u ftritt selbst. In beiden F ä llen u n terw irft sich letztlich die K la g e g e b ä rd e d er heroischen Pose. E in d ritter W e g ist d em gegen ü b er V erfa llsersch ein u n g der S p ä tzeit, w ird ab er in den K la g ed a rstellu n g e n der allerm eisten zw eitra n g igen R o m an zen b eg a n g en : die vö llig e V e r a b so lu tieru n g der K la g e g e stik in der Z u stan d sklage. D ie erste dieser D arstellu n gsform en der E in zelk la g e, die G esta ltu n g des Ü b erw in d u n g s vo rg a n g s, w ie sie im allit. M orte A rth u re b egegn et, ist die dich terisch höch ststeh en de, sie hat epische Q u alität. D as M o tiv der heroischen A ffe k tü b e rw in d u n g im genannten W erk w u rd e schon in anderem Z u sam m en h a n g d eu tlich . Es bestim m t auch die G estik der selb stän d igen K lag eszen en , deren eind rucksvollste A rth u rs K la g e um G a w a in ist. D er K ö n ig starrt b ekü m m ert drein, stöhnt, w eint, kn iet am L eich n a m nied ei, sch lä g t d as V isie r hoch, um ihn zu küssen, stößt eine K la g e re d e a u s; d a ra u f fä llt er in O h n m ach t, tau m elt w ieder em por, k ü ß t den T o ten , daß ihm der B a rt b lu tig w ird : T h a n g liftis þe g u d k y n g e and g lo p y n s in horte, G ron ys fu ll g rise ly with g retan d e teris;
1 V g l. 2 V g l. 3 V g l. 4 V g l.
L a 3. 19797 ff. H u iz in g a , S . 145 ff. G illesp y, S. 500 f .; S ch irm er, S. 66 f. G rön b ech I, S . 255; S . 261.
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Oie G ebärden der H elden und die W andlungen des H eldenideals K n elis d o w n to þc ror? and k a u g h t it in arm es, K a sty s vp e his vm brere a n d kyssis liym sone, L a k e s one his eye-liddis, }ia.t lo w k k id e w are faire, H is lippis like in ]>r lode, and Ins lire falo w ed e. p a n the coro w n d e k y n g cryes full lo w d e . . . ( M A . 3949 ff.) T h a n sw eltes th e sw ete k y n g a n d in sw ou n fallis, S w afre s v p sw iftely a n d sw etly h ym kysses, I ill his b u rlich e berd e w a s b lo d y beronnen, A lls he h a d bestes b irtened e a n d b ro g h tc ow t o f life ( M A . 3969 ff.).
D a s T o d eserleb n is, von dem dieses K la g e g e b a re n au sgeh t, h a t sch ick sa lh a fte T ra g w e ite . In p rä ch tig er R ü stu n g liegt G a w a in am B oden, d ie B a n n er sind g efa llen (3943 ff.) — die a u fgeh o b en e K a m p fesrep räsen tation ist som it äußeres A n z e ich e n der vö llig en V e rn ic h tu n g . D a zu k o m m t das S ch au d erb ild des lo d e s , dessen A n b lic k A rth u rs S ch m erz erneu ert: G a w a in h a t verschlossene A u g e n , bleierne L ip p en , ein fahles G esicht. D e r A n s a tz p u n k t zum K la g e g e b a re n ist also der g leich e w ie in den M a ssen k la g en bei L a 5am on. N eu ist, d aß dieses leid en sch aftlich e G eb aren n u r die erste P h ase des V o r g a n g s einer K la g e e n tw ic k lu n g ausm ach t. A u c h diese erste P h ase des G eb aren s selbst ist ja schon fo rtsch reiten de H a n d lu n g, w elchen E in d ru c k nich t nu r die w eiterfü h ren d e syn ta k tisch e V e r k n ü p fu n g d urch die K o n ju n k tio n en (than, tili) erw eckt, sondern auch die R ea listik der B e w eg u n g en ( A u f klap p en des V isiers, B lu tig w erd e n des B artes), sowie die B esch rä n k u n g in der d irekten G cb ärd en sch ild eru n g (daß A r th u r auch d ie Plände rin gt, erfäh rt m an erst aus E w a y n s n a ch fo lgen d er Prostrede [3 9 7 7 ])> w o d u rch die S ta tik der a k ku m u lieren d en G e b ä rd e n b esch reibu n g, w ie sie in den R o m an zen sonst ü blich ist, gelöst w ird. D iese erste P h ase en det m it dem tröstlich en Z u sp ru ch des G etreu en — ein g ä n g ig e s M o tiv —, d er die heroische P ose w ied erh ergestellt w issen w ill („n im m ritterlich e H a ltu n g ein, w ie es dem K ö n ig g e ziem t! V A b e r n u r die Phase der W e h k la g e und ihrer G eb ärd en ist d am it beendet. D as K la g e n selbst h ä lt an, w eist fort ins Z u k ü n ftig e m it A rth u rs G elü b d e, er w olle bis zum L e bensende gesen kten H au p tes trauern (3981 f .; 4007). N u r findet die K la g e g e s tik nun, a u f d er zw eiten Stu fe, die k u ltisch e F o rm ; sie w ird ein gesp an n t in die G eb ärd e des G eb ets (A rth u r kn iet m it k lag en d er H a ltu n g n ied er; 3887 f.) und in d as R itu ell d er T o te n eh ru n g (A rth u r kniet, b a h rt G a w a in a u f; 3993 f.). A u f der d ritten S tu fe aber, die A rth u rs B efeh le einleitcn, g ib t es n u r noch das reine Z erem o n iell: den L eich en zu g , die Seelenm esse, die E in b alsa m ieru n g, die B e sta ttu n g (4009 ff.). W äh ren d also in A rth u rs W eh k la g eg eb ä rd en seine B etroffen h eit vom S c h ick sa l g eä u ß e rt w ird, die dem H eld en ansteht (G a w a in s T od ist d er A n fa n g des im T r a u m schon vo rau sgesag ten F alles in die T iefe), ist die E n tw ic k lu n g der K la g e eine S tu fen fo lg e des p ersönlichen Ü b erw in d u n g svo rg a n g s, dessen V o lle n d u n g die Z u rü c k g e w in n u n g der heroischen Pose ist; m it dieser begin n t der u n m ittelb a r fo lgen d e A b sch n itt: A r th u r besch ließt “ w ith krew ell co n ten an ce” den R a ch e k rie g (4033).12 Dieses innere E rlebn is des S ich -L o srin g en s vo m K la g c a ffe k t verm ögen d ie m eisten der son stigen R o m an zen n ich t zu gestalten ; H eld en rep räsen tation beim K la g e g e b a re n ka n n d a zu r T h e a tra lik w erden, w ozu der K la g e n d e die m itk la gen d e U m g e b u n g brau ch t, von der er sich abh eben kann. A le x a n d e rs K la g e p o se besteht darin, d aß er sich n ich t nu r m äß i g er geb ä rd et als sein in W eh leid zerfließendes G efolg e, sondern diesem auch n och T ro st spenden k a n n .3 Sterben de F ü rsten selbst b ezeu gen ihre T o d e sg efa ß th eit, ind em sie bei 1 Be k n y g h tly o f con ten au n ce, als a k y n g sch olde ( M A . 3979). 2 A n a lo g ist die E n tw ic k lu n g in A rth u rs zw e ite r K la g e ( M A . 4262 ff.) 3 V g l. oben S. 98.
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a ller B ekü m m ern is und b u ß fe rtig e r S elb stern ied rigu n g ihre k lag en d e U m g e b u n g ebenso sou verän beh errschen w ie eine erregte R atsversam m lu n g. G leich t doch die Sterbeszen e K ö n ig A th elw o ld s in H avelok g a n z einer solch en ; der Sterben de erläßt ein A u fg e b o t zum R a t, dem d ie E dlen in prach tvoller A u fm a c h u n g F o lg e leisten, um jedoch in der H alle selbst b eim A n b lic k des L eid en d en sich in T rau ern und in K la g e g e b ä rd e n zu ergehen (Hav. 164 ff.). D es K ö n ig s R ea k tio n ist die g leich e M an ifestatio n der Ü b erleg en h eit w ie beim E m p fa n g oder beim R a t: er greift ordnend in den tu m u ltartig en A u sb ru ch ein, er g eb ietet R u h e, in d em er a u f die N ic h tig k e it der G efü hlsergü sse hinw eist (165 f-)> w ährend seine eigen en G eb ärd en (stron glike [he] q u a k ed ; 135) einerseits seine S o rge um das S ta atsw o h l — also positives M itleid —, andererseits seine B u ß e und R eue (214 fl.) m a n i festieren. M a n ve rg le ich e d azu die Sterbeszen e K ö n ig P h ilip p s in W . A lex., wo dem D a h in scheidenden trotz seiner K la g e s tim m u n g der T o d e sg ed a n k e w eit w en iger w ich tig erscheint als die G en u g tu u n g , vo n seiner trefflichen M an n en sch a r u m geben zu sein .1 D a ß solches M eistern der K la g e situ a tio n zu r u n en tbeh rlich en rep räsentativen W ü rd e des H elden und Fürsten gehört, gen au so w ie das M eistern d er E m p fa n g ssitu a tio n , veran sch au lich t der g eg e n teilig e F a ll; w enn in R ich . L ow . das d eutsche K a ise rp a a r a u f den 1 od seines Sohnes hin sich ü berstark und haltlos gebärd et, w en n sich n a ch besinnlichen E rm a h n u n gen die K la g e a u sb rü ch e in n och grö ß erer S tä rk e fortsetzen und w enn en dlich das H o fg e fo lg e im G eg en sa tz d azu stu m m -verhalten dasteht, so gereich t solches B e tra g e n dem d eutschen K a iser, dem W idersach er des R om an zen h elden , zu S ch an d e und S c h m a ch .12 A u f künstlerisch tieferer S tu fe reicht es au ch zu dieser T h ea tra lisieru n g n ich t m ehr aus. D ie K la g e wird verabsolu tiert, w ird aus dem H a n d lu n g sg a n g v ö llig h erau sgerissen und ist selbst zu ständ lich-statisch. D ie B eispiele aus den R o m an zen ließen sich h ä u fe n ,,w o die B ekü m m erten als im K la g e zu sta n d befindlich d argestellt w erden und dann beim N euan setzen d er H a n d lu n g offen bar p lötzlich und u nverm ittelt den K u m m er von sich, gestreift haben. D ies en tspricht — w ie w eiter unten noch zu zeig'en. ist — d er reihenden E izä h lw eise in ihrer elem entarsten F orm . W eil die G eb ärd en n ich t zeitlich aufeinand er fo lgen , sondern alle zu einem zeitlich u nbestim m ten, vo rga n g slo sen B ild vom K la g e n d e n gehören, sind sie oft in g ro tesk und u n logisch anm uten der F o lg e a u fein an d ergetü rm t. N ich ts Seltenes sind S ch ild eru n gen w ie diese von der klagen den F elice: „ S ie fiel in O h n m ach t nieder und zer zau ste sich die K le id e r und das P la a r.“ 3 A n eine W ied erg a b e des K la g e a b la u fs ist da gai nicht g ed a ch t, denn dan n w äre diese R eih en fo lg e d er G eb ärd en a b su rd ; O h n m ach t g e hört eben genau so w ie K leid erzerreiß en und H aa rera u fen und all die anderen stereotypen G eb ärd en zu r zuständ lichen, d ekorativen V o rste llu n g vom K lag en d en . A u c h das M it geb aren d er U m g e b u n g ist hier n u r noch d ekorative A u sw e itu n g der K la g e ohne rep rä sentierende F u n k tio n ; nicht g en u g dam it, d a ß F elice selbst um ihren G atten k la g t - „m an ch and erer t a t’s ebenso; alle, die bei ähr w aren, vo llfü h rten K la g e n und ku m m ervoll G e b a ren “ .4 D ie G eb ärd en der M itk lag en d en verallgem ein ern die ohnehin zuständlich e K la g e noch w eiter, bis zu ih rer v ö llig en A b stra h ie ru n g von der Person des K la g e n d e n selbst, w ie w enn H erh au d s A b sch ie d sk la g e bei G u ys W e g g a n g d arin besteht, d a ß „m a n ch einer M utter
1 V g l. W .A l e x . 966 ff. 2 V g l. R ic h . L o w . 802 ff. 3
A n d dow ne she fell in sowm ynge. H e r cloth es she rent and her here (G . W w. [C] 7465 f ) ; v g l. anch 10951 if.
4
So d y d m an y an other m an. A ll th at w ith her com m yn were M a d m o rn y n g a n d sorry chere (G. W w . [C ] 10954 ff.)-
1° 4
I>ic Gcbiirden der H elden und die W andlungen des H d d en id eals
K in d weint, jam m ert, die H än d e r in g t.1 D ie zu stän d lich e K la g e g e s tik h a t m it d er bilden den K u n st, die ja d ie n äm lich en typischen K la g e g e b ä rd e n ken n t, en ge B erü h ru n gsp u n k te, w eil sie sta tisch -u n b ew e gt ist w ie die der m ittelalterlich en B u ch m alereien auch . In diese form ale N ä h e zu r bilden d en K u n s t tritt die D ich tu n g eben da, w o sie sich ihrer eig en g ese tz lichen M ö g lich k e ite n en tsch läg t - z. B. der,einen H a n d lu n g s a b la u f zu sch ildern . So ü b er nehm en diese Z u sta n d sk la g c n g elegen tlich G eb ärd en , die sonst n u r im fixierten B ilde sinnreich sind — w ie e tw a die H a n d g e b ä rd e des A le x a n d e r bei d er K la g e u m D ariu s in der R eim ro m a n ze: d er K ö n ig h ält dem Sterben den „sein e beiden H ä n d e “ hin, „so schön als er nur k o n n te“ .12 N a ch solchen statisch en H an d g eb ä rd en , die fü r die B u ch m alerei das D a r stellu n gsm ittel p a r excellence sind, su ch t m an in d en kü n stlerisch höherstehenden m ittelen glisch en R o m an zen , die die d ich terischen M ö g lich k e ite n verw erten, verg eb lich . M it dem form alen N ie d e rg a n g d er dich terischen K la g e g e s tik g eh t d er g e h a ltlich e Z e r fall einher. E inesteils versan d en die G esin n u n gsw ertc, m it denen, w ie w eiter oben a u s g efü h rt, die V o rste llu n g d er K la g e g e b ä rd e n der H eld en ve rk n ü p ft ist, und verlieren ihre heroischen Q u alitäten . D ie R eu e w ird zur n ich ten den w ollen den, läh m en den D e m o n stra tion ; desgleich en das M itleid , das seinen positiven, tatbereiten W ert verliert. A u c h das M itk la g e n der U m g e b u n g , das die R o m an zen - und L eg e n d en d ich tu n g en so ü berau s breit ausw alzen , ist ja M itle id sb e ze u g u n g ; aber eben ein zerfließendes M itleid , aus dem keine T a ten m ehr h ervo rgeh en . Selbst ih rer T r a g ik w erden die K la g e g e b ä rd e n entleert, indem der L eser schon von ihrer G ru n d lo sig k eit erfährt, bevor sie ihm in aller S tä rk e vo rg efü h rt w erden. D e r w a ck ere H erh a u d in G. Wut. ist ein B eispiel fü r sehr viele, w enn er, als er seinen G efo lg sh errn im V erd erb en w ähnt, in allerleid en sch aftlich ste K la g e g e b ä rd e n a u s bricht — in O hn m äch ten , H än d erin gen , H aa rera u fen , Jam m ern, In -d en -S ta u b -F a llcn - , w'obei er all das g a n z zu U n rech t tut, w ie d er L eser w eiß , der schon von G u ys bevorsteh en der g la n zvo ller R ü ck k e h r unterrich tet ist. In die g leich e L in ie sch lä g t es andererseits auch, d aß m an bei den vo lkstü m lich en H eld en die G eb ärd en des T r a g ik g e fü h ls v e rsch w eig t; B eves ist zw ar beim E rw a ch en aus einem u n h eilverkü n d en d en T ra u m „ b e s tü r z t“ (ofd rad ); aber w as m an sieht, ist bloß sein tolldreistes Z u -P ferd e-S p rin g en und D r a u flo s reiten.3 D a interessiert die Z u rsch a u stellu n g des H au d egen tu m s m eh r als der „ tr a g is c h e “ T ie fg a n g . D iese form ale w ie g eh altlich e V e rw ä sse ru n g der K la g e g e b ä rd e n der H eld en vo llzieh t sich in der T a t h au p tsäch lich in jen er A r t von D ich tu n g en , in denen d ie heroische Pose aufs allerlebh afteste gesteigert ist und die der T y p des d rein seh lagefreu d igen H eld en beherrscht. In dem M a ß e w ie d ieser H cld en ty p der V o lk sd ich tu n g en seine robuste, d ra u fg ä n g erisch e A u ß en seite h ervo rk eh rt, geh en ihm die G esin n un gsw erte verloren, w elch e seine K la g e g eb ärd en verkörp ern könn ten . E rst höfisches G e d a n k en g u t ve rm a g, w ie w ir g leich sehen w erden, die K la g e g e stik m it neuem Sin n zu erfüllen. 1
M an i a m o d er child þ a t day W ep e a n d g a n say ‘w a ile w a y ’ ; W ei sore w rin g an d her bond (G. W w. [A ] 43, 10 ff.).
3 T o h ym he io y n eþ his hon den tw eie,/ A ls o wcl as he m ayo {K . A Us. 4 6 1 1 f.). 3 V g l. £ e v . Harnt. 1705 f.; siehe a u ch A . A . 1021 u nd 1031.
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D er höfische Lebensstil und die Liebe
»3-
DER HÖFISCHE
LE B E N SST IL
UND
DIE
LIEBE
D a s Id ea l der A ffek tü b erw in d u n g , wie es uns v o r allem im albt. M orte Arthure, b eg eg n et ist, heischt eine innere K ra fta n s tre n g u n g ; die G eb ärd en , in denen sich der A k t der Ü b e r w in d u n g m itteilt, haben d aher heroisches G ep rä ge. T ritt m an jedoch in die höfische W elt des G aw ain d ich ters, so b eg eg n et zw ar auch h ier das T h e m a der A ffek tu b erw in d u n g - aber jeg lich er titanische H eroism us scheint verflogen. D enn nich t die heroische Pose ist hier das E n d ziel der Ü b erw in d u n g , sondern das S ich -F ü g e n in den verfeinerten L eb en sstil; n ich t k ä m p ferisch er H eroism us ist die treibende K ra ft, sondern d ie corteisie. D ie G efü h le und A ffe k te w erden in die verpflichten den A u sd ru ck sfo rm e n der höfischen S itte eingegossen, sie d ü rfen sich nur in diesen äußern und m üssen w eichen, w o sie ihnen w id ersp rech en , l u n sie es nicht, gelten sie als B ru ch der Sitte und sind d er gesellsch aftlich en V eru rteilu n g - oder d er L ä ch e rlich k eit - p reisgegeben . D em p erfekten R itte r m u ß d ie schone L eb en s form , der „ g u te T o n “ , sozusagen in F leisch u n d B lu t ü b erg e g a n g en sein. D a s stilgerech te g esellsch aftlich e B enehm en ist es, w as dein R itte r seinen guten R u f ein trag t m einer G e sellsch aft in der die F ra u die d om inierende R olle sp ielt - u n d zw ar che g eb ild ete F rau . D ie c o n t e n a u n c e , die ckere des R itters ist nun dieses S ich -b en eh m en -K ö n n e n ; er w ah rt die corteisie trotz seiner im V e r g le ic h zu d enen der germ anisch en H eld en ungem ein sen sibleren R eg u n g en - w ie G aw ain , der beim A u s z u g ins u ngew isse A b en teu er zw ar za g en d er S tim m u n g (with m o u rn y n g ; 5 4 3 ) sich verabsch iedet, a b er: “ þe k n y jt m ad ay god chore . U n d K ö n ig A r th u r selbst läß t nach dem A b g a n g des geköp ften G rü n en R itters seine h eftm e innere E rre g u n g nach außen n ich t sehen (he let no sem b lau n t be sene), sondern w endet sich d er K ö n ig in „ m it h ö flich er R e d e “ zu .3 Es ist sicher keine Ironie w iew oh l es heute so anm uten m öchte, wenn der D ich ter von d er angesich ts der E rsch ein u n g des G rü n en R itters erstarrenden H o fg esellsch aft bem erkt, d aß diese R eaktion kein esw egs aus F u rch t, sondern, bei ein igen zum indest, “ for co rta y sy e“ e r fo lg t* V o n den R ittern und D am en beim H o ffeste heißt es, daß sie zw ar um G aw ain s k ü n ftig es S c h ick sa l aufs tiefste bekü m m ert w aren, aber ihm n ichtsdestow eniger äu ß erlich nur F rö h lich k eit zeig ten ; g a r freu d los m achten sie Sch erze um des Edlen w ille n “ .®E ine „h ero isch e“ A ffe k tü b e rw in d u n g ist solches nicht m ehr. E s spiegelt auch nich t einen K o n flik t der G efü h le, w ie ihn det höfi sche C hrétien aufspü rt - bei einem E m p fa n g Y v a in s z. B ., bei dem diesen die em pfangen den H o fleu te einerseits m it den F orm en fre u d ig -w ü rd ig er B e g rü ß u n g ehren, o b gleich sie andererseits in E rw a rtu n g herau fzieh en d en U n h eils zu tiefst b ekü m m ert sin d; das D ilem m a zw ischen G efü hlen und höfischen G eb ärd en m uß da tatsäch lich d u rch geko stet werden. M a n ehrt den ankom m en den R itter m it den höfischen E m p fa n g sg eb a rd en , aber gleich zei tig h ä lt d as K la g e n und das K la g e g e b a re n im W id erstreit d azu an - „so horten lan ge sie n ich t a u f m it F reu d eg eb aren und K u m m erw e in en “ bis endlich die höfische Sitte o, sieg t: „ S ie beku n d en ihrem G ast zu E h ren F reu d e, o b gleich es ihnen nicht d an ach zu-
1 V g l. W echssler, S. 73 ff2 V g l. G G K 562. 3 V g l. G G K 467 ff. (w yth cortays speche). 4 V g l . G G K 247. 3 A l fo r lu f o f þ a t le d e in lo n g y n g e p a y w ere, B o t neuer p e lece n c þ e la te r p a y neucned b o t m e r p e : M o n y io y le 3 for p a t ie n ty le ia p e 3 p er m aden. { G G K 540 ff.). M ünchen A k . A b h . ph il.-h ist. 1959 (H ab ich t)
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Die G ebärden d er H elden und die W an d lu n g en des H eldcnideals
m u te w ar. 1 V o n einer solchen höfischen G efü h lsd ram a tik bekom m en w ir beim en glisch en G a w a m d ich ter n ich ts zu hören. D o rt sind die G eb ärd en offen bar fertige F orm des a n erzo g en en guten T o n s, und m an ord net ih nen das T rie b h a fte und die A ffe k te w id ersp ru ch slos , G e g enstand d er ritterlich en E rzie h u n g w a r jenes S ich -b eh errsch en -K ö n n en im R ah m en d er schonen L eb en sfo rm schon von den Zeiten d er T ro u b a d o u rs an in F ran kreich und dann a u ch in D e u tsc h la n d ; die g an ze L ite r a tu r g a ttu n g d er U n terw eisu n gen in der cortexta le g t d avon ein beredtes Z eu g n is a b .12 A b e r fü r die D eutsch en der S ta u ferzeit ist die A u sein a n d e rsetzu n g d er höfischen F o rm m it dem A ffe k t eth isch vertieft, die E rfü llu n g der orm ersch ein t d u rch au s als sittlich e A n s tre n g u n g , w elch er das T u g e n d p rin zip d er mäse o b w altet. N ich t n u r d aß d em g eg en ü b e r in den m ittelen glisch en D ich tu n g en d as alles L eben und D en k en ergreifen d e W irk en des m ittelh och d eu tsch en B eg riffes der maze keine P ara llele h at d ort sp ielt au ß erh a lb der D ich tu n g C h a u cers in d er T a t d er B e g r iff ‘m esu re’ eine w e n ig g ew ich tig e R olle, und d ie D ich ter scheinen W ort w ie In h a lt als bloße K o n v e n tion aus den fran zö sisch en Q uellen zu übernehm en auch dem tiefgreifen d en sym b o lisch m agisch en W ert der I 'o rm en ku ltu r der staufisch en D ic h tu n g 3 steht in E n g la n d nichts E b en b ü rtig es g egen ü b er. E ben so wie der d eutsche T ie fg a n g d er höfischen F orm en k u ltu r aber fehlt d er en glisch en D ic h tu n g fern er ihre fran zö sisch e B reite und eleg an te A u sfü h r lich keit. B ei C h rétien g e h t die D a rste llu n g d er höfischen G eb ärd en oft in klein ste D etails, und jedes D e ta il ist als höfische F orm em inent w ich tig . Bei den E n glän d e rn scheinen aus der höfischen G eb ärd en w elt nur stilisierte H a u p tg e b ä rd en ü b rig g eb lie b en zu sein, w ie am Beispiel der L ie b e gleich noch n äh er au szu fü h ren ist. A b e r o b gleich nur ein A b g la n z jen er französisch en F o rm en k u ltu r in ihrer fluoreszierenden H elle, leu ch ten d och beim G aw ain d ichter die höfischen G eb ärd en o ffen bar in n ation aler E ig e n a rt noch einm al seltsa m auf. W elch eine g eg e n ü b er d er alten en glisch en T ra d itio n v ö llig neue W ertu n g d er G eb ärd en sich hierbei an bah n t, m öge an den F orm en der L ie b e g e ze ig t w erden. W aren hei L a 3am on alle L ie b esg eb ä rd en S ym p to m e m oralisch veru rteilter E ro tik , so sind sie je tzt - in einer YVelt, d a die M in n e T u g e n d ist - B esta n d teil d er corteisie. W ie stark und in w elchen S c h a t tierungen m E n g la n d d er G eist der höfischen M in n e lebte, m uß d ah in g estellt bleiben und brauch t h ier n ich t u n tersu ch t zu w erden. D en n die corteisie bestim m t die äu ß eren F orm en aller L ie b e, die die R o m an zen verh errlich en . D ie corteisie existiert als V e rp flich tu n g u n a b h ä n g ig von d er A r t d er L ie b e sa u ffa s su n g ; höfische U m g a n g sfo rm e n der L ie b e sind n ich t m it dem g eistig-eth isch en Id eal d er „h öfisch en L ie b e “ , der hohen M in n e, zu verw echseln.* Z w a r kan n d ie „h ö fisch e L ie b e “ d er T ro u b a d o u rs und des R osenrom ans n ich t ohne die F orm en d er corteisie bestehen, w oh l ab er verp flich ten diese F orm en auch dort, w o jenes I ro u b ad ou rid eal n ich t bis zu r letzten K o n seq u en z a u sgeb ild et ist. U m höfische L ie b esth em a tik g e h t es ja in G G K ü b erh au p t n ich t; aber G a w a in b efleiß ig t sich sehr w o h l der g esellsch a ftlich en L ie b esg eb ä rd en im U m g a n g m it D am en , und die B u rgh errin erteilt - u n g each tet ih rer R o lle als V ersu ch erin - L ek tio n en über d iese G e b ä r den, w ie es der ü ber den gesellsch aftlich en T o n richtenden R o lle d er F ra u en tsp rich t. W as 1 V g l. C h rétien de T ro y e s , Y v a in 3822 f . : E in si m o u t lo n g u e m a n t n e iinent De jo ie feire et de plorer: j o ie p o r lor oste enorer F o n t san z ce que ta la n t n ’an aient. 2 V g l. W echssler, S . 32 ff.
3 V g l. H . N a u m an n /G . M ü lle r: H öfisch e K u ltu r , S. 34. D a r a u f m a ch te a u fm erk sa m A . J. D en o m y, S p ecu lu m X X V I I I (1953), 44 ff.
D er höfische Lebensstil und die Liebe
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fü r eine ration ale E rw ä g u n g der E tik ettep flich t aber stellt G a w a in im A n g e sich te der Schön en an (fü r deren R eize er g ew iß n ich t u n em p fän glich ist), w enn er sich die gesell sch aftlich en G efah ren vor A u g e n fü hrt, die ih m aus dem V e rs a g e n in der E tikette erw a ch sen könn ten ! E r könnte sich einerseits an O rt und S telle „ih rer L ie b e b em ä ch tig en “ - also dem sin nlichen T rieb e verfallen —, oder andererseits ihr W erben „u n g ezien ilich verw ei g e rn “ , d. h. es an der L ie b e und ihren F orm en ü b erh au p t fehlen lassen1. B eid es sch w ebt ihm als G e fa h r vor, der g ege n ü b er er sich bem üh t, seine corteisie aufzu bieten , „ d a m it er n ich t unhöfisch w erd e “ .12 Ein G efü h lsk o n flik t ist d as nich t. A b e r b e w e g t G aw ain an gesich ts d er E tik ettep flich t d a nicht ein G eist der “ self-co n trol” , w ie m an ihn bei den P uritan ern w ied erfin d et ?3 W a s zu jener E tik ette gehört, deutet die n ä m lich e B u rg d a m e an, wenn sie d en G a w a in w e gen seiner an fä n g lich en äußeren K ä lte ta d e lt: er, ein so renom m ierter R itte i, ken n e a n scheinend nicht die S itten der G esellsch aft (of co m p ayn ye þe c o s te j; 1483)- D a m it m eint sie z. B . das K ü ssen dort, wo es d ie H u ld g e b ä rd e der D a m e rasch v e rla n g t .4 D el K u ß , die G eb ärd e zur rechten Z eit - und n u r d a n n : das ist die höfische R eg el, d ie gek o n n t w erden m u ß, u n a b h ä n g ig von aller E ro tik . A n d rea s C a p ella n u s v e rg le ich t den p erfekten L ie b h ab er m it einem P riester; beide d ü rfen sich n ich t „ la ie n h a ft“ b en eh m en .5 D a s V erw e rflich e an d er L ie b e ist n u n n ic h t m ehr n u r — w ie bei L a ja m o n — die u n g ezä h m te E ro tik , sondern eben alles G eb aren oder N ich t-G eb a ren , d as die E tik ette verletzt. W er, w ie ein anglon orm an nischer T e x t erk lärt, „n ic h t stillh alten kan n oder zu viel m it den H än d en g e stik u liert, zu m u n ter die A u g e n schw eifen lä ß t . . . oder in seinem sonstigen G eb aren zu w ild ist “ ,6 der ist ein schlechter L ie b h a b e r. E in solches V erh a lten leistet sich nu r der vilain , dessen d eplacierte G eb ärd en die französisch e L ie b esd id a x is g leich falls rü g en d h ervorh ebt 7 und dem im R osen rom an d er G arten der höfischen L ie b e versch lossen bleibt. M it Stu m m und Steifsein ist es jetzt aber auch n ich t m ehr getan (bei L a ja m o n w a r d ies T u g e n d ze u g n is); ein W ild er M an n steht nun schon d esh alb au ß erh a lb d er corteisie, w eil er starr d a steht, und zw ar „still w ie ein T ie r “ .8 A lle in die „rich tige* G eb ärd e g e n ü g t d er L ieb esku n st, w ie sie das M ittelalter versteht. “ A r s a m a n d i” ist d a n ich t w ie bei O v id ein G efilde der U n te rh a ltu n g ; “ ars” ist dem M ittelalter G eg en stan d sch u lm ä ß ig e r L eh re , die sich in R e geln fassen läß t, durch deren S tu d iu m sich ihr J ü n g er zu vervollkom m n en strebt. D ieser G eist der D id a x is wird auch dem O vid sch cn V e rs tra k ta t von seinen m ittelalterlich en B e arbeitern u n terschoben .9 M a n sehe, w elch p räzise V o rsch riften A n d re a s C a p ella n u s bei spielsw eise fü r die E tik ette des Sich -N ied ersetzen s bei der B e g e g n u n g m it der G eliebten g ib t. D e r L ie b h a b e r d a r f eine sta n d esm ä ß ig h ö h ergestellte D a m e u m E rla u b n is bitten, einen n ied rig en S itz vor ihr einzunehm en ; nu r d ie D a m e d a r f ihm die G u n st gew äh ren, d aß er sich neben sie setzt .10 In Chretiens D a rstellu n g des rendez-vous zw ischen L a n zelo t und d er K ö n ig in sind gen au diese G eb ärd en die A n g e lp u n k te des S zen engesch eh ens, zusam 1 Oj>er la ch þ e r hir lu f, oþ er lo d ly refuse (G G K 1772). 2 H e care d fo r his cortaysye, lest craþayn. he w ere (G G K 1773 )3 Z u V o rsteh en d em v g l. a u c h d ie v o n an d erer W arte g e g e b e n e n In terpretation en b ei L ipp m an n , S. 64 f .; M a rk m a n , P M L A L X X I I (1957)» 584; E n g e lh a rd t, M L Q X V I ( 1955 ). 222. 4 V g l. G G K 1489 ff. 5 V g l. D e arte a m a n d i I I , i. 0 si . . . il ne sache ten er en v n leu, ou trop m o va u n t de ses m eyns, trop g a y d e ses o ez en re g a rd a n t . . . ou de autres con ten au n cez trop s a u a g e s : cely ne deu ez a m e r (zit. n ach W est, S. 142). 7 V g l. W est, S. 132. 8 V g l. Y w a in a n d G aw ain 2 7 1; 274. 9 V g l. L afitte-H o u ssat, Troubadours et Cours d ’am our (P aris, 1950), S . 35 f. 10 V g l. D e arte am an d i I, 6 D .
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Dle G ebärden d e r H elden und die W andlungen ries H eldenideals
m en m it den L ieb es blicken , d er A u g e n sp ra ch e der V erlieb ten , deren e tik e tte m ä ß ig e r B e d e u tu n g C h rétien g leich falls kü n stlerisch e W irk u n g e n a b zu g ew in n en w e iß .1* D ie ein sch läg ig en D a rstellu n g en der m ittclen g lisch en R o m an zen lassen, w ie g e sa g t, d ie ses a u sg e k lü g e lte D eta il der E tik e tte v ö llig verm issen. D a s lie g t g e w iß n ich t n u r an ein em g erin geren kü nstlerisch en D a rstellu n g sverm ö g en ; der G a w a in d ich te r w eiß m it G eb ärd en darstellerisch sehr viel a n z u fa n g e n ,2 aber etik ettem ä ß ige B ed e u tu n g hat ih re V ie lfa lt n ich t. D ie G eb ärd en d er E tik e tte h a b en in den R o m an zen vielm eh r m eistens etw as S tilisie rte s; bed eu tsam sind das S ich -S ctze n schlechthin, oder das L ä ch e ln , der B lick , d er K u ß - n ich t d ie diffizilen E in zelh eiten . E in e solche V e rd ich tu n g der L ie b cse tik ette in den G r u n d gebärd en h at sich auch schon im R osenrom an vo llzogen , wo der zarte B lick , d er v e rp flich tende K u ß zu A lle g o rie n gew o rd en sind. F ü r die höfische L ie b e sg e stik in den m ittel e n g li schen R o m an zen scheint diese E n tw ic k lu n g zur sym bolisch en Ü b e rh ö h u n g der F u n d a m e n talform en u n ter A b s tr e ifu n g des m inutiösen zerem oniellen D eta ils vo rau szu setzen zu sein. W o gestisch e D etailsch ild eru n gen in den L iebesszen en d an n w ied er au ftau ch en , d a sollen sie die R e a listik der S itu ation ausm alen , aber ohne d a ß sie an sich bed eu tsam e F o rm w ären . D ies an d en D a rstellu n g en der L ie b esh a n d lu n g en in den R o m an zen von k ü n stlerisch so u n gleich em W ert im einzelnen zu dem onstrieren, bereitet insofern S c h w ie rig k e it, als o ffen sich tlich die L ie b e sa u ffa ssu n g sch w a n k t zw ischen einerseits einer volkstü m lich eren , w o d er T a te n d ra n g des H elden d ie L ie b e auch zur S e ite schiebt, w en n sie ih m im W eg e steht, und w o die F ra u w erben d a u ftritt {H o rn ; B cv . H am t.) — und and ererseits einer „h ö fisch eren “ , für d ie die L ie b e veredelnde K r a ft hat, und wo d ie F ra u die d om in ieren d e R olle spielt. D e r letzteren, dem Id eal der „h öfisch en M in n e “ , näh ert sich (ohne es zu e r reichen) etw a der strop hische M orte A r t h u r ; und cs ist n ich t zu verken n en , d aß d er Sinn dei fo r m e n der L ie b e sg e stik in einem solchen F alle viel tiefer reich t. A b e r hier w ie d a sind die geregelten F orm en V o ra u sse tzu n g fü r die L iebe. D ie D a rste llu n g d er „ G e b ä r d e n b a n d lu n g “ d er L ie b e kreist um die zw ei typ isch en S itu a tio n e n : die B e g e g n u n g und die L ie b esk la g e . In der S itu atio n der B e g e g n u n g ist der fo rm algesellsch aftlich e C h a ra k te r der G eb ärd en am deutlich sten — ebenso w ie au ch d ie M ö g lich k e iten d er realistischen A u s g e s ta ltu n g einer Situ ation ssp an n u n g, die sich d arau s ci geben . In d er u n ko m p lizierten vo lkstü m lich en A r t sieht die typische B e g e g n u n g so a u s : S ie spielt en tw eder am intim en O rt (im G em ach der D am e, in der L a u b e ), der jedoch m eist d urch d ie A n w ese n h eit von H ofd a m en und B eg leitern rep räsentatives G ep rä g e e r h ä lt— o d er abei in der von vornh erein an die E tik ette gebu n d en en Situ ation , beispielsw eise des G a s t m ahls. S ch on der g esellsch aftlich e R a h m en ford ert die W a h ru n g der E tikette. E s b eg in n t m it dem eh rerb ietigen G ru ß (K n ie fa ll!) des L ie b h a b e rs; die D a m e h eißt ihn sich setzen, bew irtet ihn. M it dem D ia lo g g eh t d ie G eb ärd en sp rach e ein h er: der B lick , die kleinen S eu fzer, der G esich tsa u sd ru ck ü b erh au p t — “ k u n ten au n ce o f k a sty n g o f lo k e s ” , w ie es in W. P . h eiß t.3 D a s k a n n zum U m a rm en und K ü ssen und zur G eb ärd e des L ie b essch w u rs fü hren. W iew o h l die D in g e beim B esu ch d er „h ö fis c h e n “ D a m e so reibu n gslos n ich t ver lau fen, w eil zu deren V erh a lten sfo rm e n das dom inierende A b w eh ren , das Stellen von B e d in g u n g en geh ört, so h ä n g t doch auch d a die B e g e g n u n g an den G eb ärd en d er L ieb esctikette. L a u n celo t4 betritt — lieb esd u rstig — d ie K a m m e r d er G u in evere m it den geh örigen G ru ß ge b ä rd en (K n ie fa ll); die D a m e reag iert zu rü ck h a lten d („ W a s tust du hier bei m ir ?“
1 V g l. z. B. C ligés, 592 ff.; siehe a u ch O. S ch u lz, S. 124. ä S ieh e unten S . 148 ff. S V S L W - p - 9 4 2 ; siehe a u ch L a u d T roy B o o k 861 ff.; S ir L a u n fa l (F ren ch /H ale, S . w 1 V g l. L M A 67 ff.
ff)
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D e r höfische Lebensstil und die Liebe
lo g
[w hat dostow here w ith m e]). L a u n celo t beh au p tet daw ider, er m eine es ja g a r nich t 50(76), er sei n u r g ekom m en , um A b sch ied zu nehm en . D e r \ erlau f d er Szene ist som it ein b e fa n g en es A u sg le ite n in die bloß e F o rm ; denn d arü ber, d aß beide h offn un gsvoll an Liebe, d en ken , lä ß t d er Z u sam m en h a n g keinen Z w e ife l1. E rst w enn jene U m g a n g sfo rm e n d u rch lau fen sind, kann an gesch lech tlich e E ifü llu n g der L ie b e ü b erh au p t g ed a ch t w erden. D a s G esch lech tlich e ist keinesw egs der G ip felp u n kt d er D a rstellu n gen ; w o ra u f es vielm ehr ankom m t, ist der A u sw eis der G eselisch aftsfah igkeit der L ie b e d u rch d ie ko nvention elle L ie b esg estik . V e rg le ic h t m an d ag eg en den breiten R a u m , den im deutschen V o lk sep o s die S ch ild eru n g des G esch lech tsaktes oft einnim m t, und v e rg e g e n w ä rtig t m an sich, d a ß dieser im N ib elu n gen lied gerad ezu zur B ew ä h ru n g s probe w ird, so w ird die etikettew ahren de K eu sch h eit der en glisch en R o m an zen lieb e noch o ffen sich tlich er; denn a u f dem sexu ellen G eb aren lie g t offenbar im m er noch, w ie schon bei L a 3am on, ein m oralischer F lu ch. W ie m an g ezeig t hat, n eigen die m ittelen glisch en R o m an zen d azu , den G ed an ken an die gesch lech tlich e E rfü llu n g zü ch tig zu übergeh en oder m it E n tsch u ld ig u n g en ab zu m ild ern ;3 auch steuert in ihnen d ie L ie b e m ehr a u f die E h e zu als a u f d ie außereheliche B in d u n g ,4 die fü r d ie T rou b a d ou rlieb e so ch arakteristisch ist. R eich ere G eb ärd en sch ild eru n g bei L ieb esb egegn u n gsszen en kom m t n ich t aus der L ieb e selbst, sondern, w ie gesa gt, aus der S itu ation ssp an n u n g, aus dem S itu ation srealism u s dort etw a, w o die L ieb esctikette zu sam m en p rallt m it dem , w as a u ß erh a lb ihres Bereiches liegt. D ie einfachste F orm eines solchen Z u sam m enstoßes ist - in B ev . Iia m t. - die S ch w a rzW eiß -M a lerei des K o n tra sts zw ischen L ieb esetikette und w ilder E rotik. D er schon zitierte G r a f M iles, der für Josian, die B rau t des B cves, entflam m t ist, erscheint als unhofischer W ilder, w enn er die D a m e in d er K a m m e r besucht, sich d abei den T eu fe l um die L ie b e s etikette schert und sie sogleich sexuell b eg eh rt: „ E r k am zu Josian und w o llt sofort m it ihr ins B e tt.“ 5 D ie D a m e rettet die S itu atio n d ad u rch , d aß sie den L ü stlin g (durch ein g eh eu cheltes E h eversp rech en !) an die Sch ran ken der Sitte m ah n t; in sie bescheidet sich denn der G r a f und verlä ß t Josian, indem er sie kü ßt, „w ie es rech tsch affen ist“ .8D a s m oralisch böse G eb aren des E rotikers steht hier im K o n tra st zu der konvention ellen E tikette und wird d u rch diese g eb ä n d ig t.7 Z u außerordentlicher F a rb ig k e it g e la n g t die S itu ation sgestik der B egegn u n gsszen en m itu nter dort, w o sie im höfischen Bereiche selbst bleibt und etw a d u rch den peinlichen Irrtu m in der E tik ette au sgclö st w ird. Sch on eine der leben digsten Szenen in K in g H orn scheint von hierher ihren Sinn zu gew innen - die Szene näm lich , w o R ym en h ild in ihrem G em ach e A th elb ru s und A th u lf em p fän gt (293-366). D er letztere ist im G ew än d e H orns, ihres G eliebten; g ekom m en und soll ihr ihre L eid en sch a ft zu diesem ausreden. Im G lauben, es m it ihrem erklärten L ie b h ab er zu tun zu h aben, bestürm t R ym enh ild den A th u lf, ohne dessen G ru ß ab zu w arten und ohne von der G eg en w a rt des A n stan dsbegleiters N o tiz zu nehm en , gleich m it ü berschw englicher L eid en sch aft, setzt ihn aufs B ett, u m arm t ihn und „ w ir d w ild “ (gan w exe w ild ; 296). D ie W ild h eit ihrer an sich konventionellen G ebärden besteht darin, d aß sie hervorplatzen, ohne d aß ein regelrechtes B egrüß un gszerem on iell
1 V g l. a u ch die S zen e L M A 734 ff. 2 V g l . h ierzu W o lf, S . 134; S . 1366 3 V g l . G ist, S. 108 ff. « V g l . W ilco x , S. S87 ff6 C a m a g a y n c to Io sian / A n d fy rst wolde. hau e ly n e h y r b y (B ev. Harnt. [C h eth am ] 2818 1.). 6 H e kyssed h y r anon, as ry g h t is (ebd. 2829). 7 U m einen ähn lich en K o n tra st han delt es sich a u c h bei d er ersten B e g e g n u n g Josians m it L e v e s ; v g . B e v . H a r n t.
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Dle G ebärden der H elden und du: W andlungen des H eldenideals
seitens des A n k ö m m lin g s d azu den A n la ß gegeb en h ätte. V o n beiden Seiten ist die Form d er L ieb esszen e verk a n n t; vo n A th u lf, w eil er, den L ie b h a b e r zw ar im A u sseh en vo r tauschend, sich nich t w ie ein solch er g eb ä rd et; von Rym enhilcl, w eil sie den vo rgesch rie benen G eb ärd en vorau seilt. D ieser B ru ch der F orm m otiviert die fortsch reiten de H em m u n g slo sigk eit des A u sd ru c k s der D a m e ; über ihren Irrtum a u fg e k lä rt, steigert sich ihre W ild h eit zur W u t; sie w endet sich ab, sch m äh t den R än kesch m ied A th e lb ru s (321 f.). N u r d ad u rch kan n die aus allen F u g e n d er corteisie geraten e S itu ation w ied er ein g eren k t w erden, d aß sich en dlich A th elb ru s d er d ieser L a g e gem äßen E tik ette besinn t: er w irft sich zu Boden (333 Í.), u m eine B eteu eru n gsred e zu halten, w äh rend R ym en h ild auch ih rerseits zum o b lig a ten frohen A u sd ru c k zu rü ckfin d et (heo m aked e hire w el b liþ c; 355) und ih n in aller F orm verabsch iedet. - D es w eiteren en tsteht S itu atio n sg estik auch aus d er Ü b e rsch n e i d u n g der E tik etten . D enn wer etw a beim G a stm ah l oder im V e r la u f des E m p fa n g szerem oniells dem P artn er seine L ie b e bezeu gen w ill, g erät in K o n flik t m it den fü r diese G e le g e n heiten gelten d en S itten und auch m it d er höfischen P flich t, die L ie b e h eim lich zu b e treib en . K ö stlich ist es, w ie m der Gest H y storia le beim M a h le zu E h ren Jasons die M ed ea ihre A u g e n bald än gstlich dem V a te r und H ü ter des T a felzerem o n iells, bald verlieb t dem H eld en zu w en d et,1 oder w ie in W. P . die schöne M elio r sich abm üh t, beim E m p fa n g der aus der S ch la ch t heim keh rend en K r ie g e r ihrem d aru n ter befindlichen L ie b h a b e r die ihm gebü hren d en L ieb eszeich en zu m achen, ohne g egen das E m p fa n g s zerem oniell zu ver stoßen .2 Solch erlei gestisch c S itu ation ssp an n u n gen ergeben sich g a n z n a tu rg em äß d a, w o je m an d aus äußerem A n la ß in seiner E tik ettee rfü llu n g ins W a n k en g erä t. S ie lösen sich auf, w enn che „ r ic h tig e n " G eb ärd en w ied ergefu n d en w erden. D a zu ist heroische W illen s a n stren gu n g k a u m erforderlich . V ie lm e h r ka n n m an sich o ft bei derlei V o rfä lle n zu n äch st eines Schrnunzelns n ich t erw ehren ; in ihnen steckt die g leich e K o m ik w ie in vielen A n e k d o ten unserer Z eit, in denen ein g elegen tlich es A u sg le ite n a u f g esellsch aftlich em P ark ett b e lacht w ird. F ü r die B eteilig ten zieht es freilich m an ch m al p ein lich e F o lg en n a ch sich .3 D ieses V erlieren und W iederfinden d er o b ligaten G eb ärd e ist w oh l ein U rm o tiv in der D ich tu n g um die corteisie; seine V a ria n te n sind m it den eben angedeuteten kein esw egs e r schöpft. N u r noch a u f eine A r t d abei en tstehender S itu atio n sg estik sei h ingew iesen, w eil sie g elegen tlich m ißverstan d en w u rde - d iejen ige näm lich , die aus der S ch am , d er S ch ü ch te rn heit des L ie b h a b ers bei der B e g e g n u n g m it der V ereh rten erw ächst. D a s leu ch tet schon m ehr m die L ie b h a b erp sy ch o lo g ie: ü b erw ä ltig t von d er S ch ön h eit der D a m e und g eh em m t d urch d ie eigene B efan gen h eit findet d er k o n fu se L ie b h a b e r n ich t g leich die rech te F orm . G u y , von d er vergötterten D a m e angeredet, „sta n d starr und sa g te n ich ts“ .4 E n d lich w ird ihm - die B egeb en h eit sp ielt vor einem M a h le - das W a sch b eck en g ere ich t; die A n s ta n d s geste des H än d ew asch en s b rin g t den V erw irrten zu s ic h ; zw a r h at er n och n ich t die F orm der L ie b e gefu n d en , a b er im m erh in die G eb ärd e des o b lig a ten B enehm ens, der allgem ein en corteisie, ohne die es L ie b e schon g a r n ich t geben kan n . D ieses a n fä n g lich e schüchterne N ich t-fm d en -K ö n n en d er rechten G eb ärd e ist w oh l ein typ isch es M o tiv der höfischen L ie b e sb e g e g n u n g ; Chretien w eiß cs n o ch viel leb h a fter zu gestalten.« Bei solchen G elegenV g l. CerMDT 449 ff*» ä h n lich es in K i n g H orn 263 fif„ 2 V g l. IV. P . 1393-98. * S ° i n A - A . 697ft., w o B elisaim ts L ieb esb lick e beim M ah le dem b ö sen N e id e r einen W in k ge b e n Ü b der gle ich e n auch dram atisieren d g e n ü tzt w ird, ist eine F r a g e d er E rzä h lte c h n ik ; siehe u n ten S . 135. G ij stod e stille a n d seyd n o u jt ( G . W w . 231). 5 Y v a m , als er zum erstenm al v o r die a n g e b e te te L a u d in e tritt, „ s c h w e ig t und steht still“ . D ie Z o fe m uß ihn erst am A rm zu p fen (par le braz le Sache), um ihn an d ie L ieb csetik ette zu erinnern, w elch e dan n auch rei-
D er höfische Lebensstil u n d die Liebe
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heiten p fleg en die L ie b h ab er auch sch am h a ft zu erröten, w ie Ipom edon, von dem der D ich ter an m erkt, d a ß „re c h t g u t ihm diese F a rb e sta n d “ ,1 und w ie auch C h au cers T roilu s irn A n g e s ic h te d er C ressid a .2 D a ß indes C h a u cer im T ro ilu s diese höfische U rsitu a tio n der S ch am und Sch ü ch tern h eit zu w ied erholten M alen in noch viel größere R ea listik ausw eitet, en tspricht g a n z seinem sonstigen V erfa h ren m it der G eb ärd e und der G eb ärd ensitu ation und d a r f in diesem F alle n ich t d arü ber h in w egtäu sch en , d aß als K e im letztlich d och eine h ö fi sche S itu ation zu gru n d e lie g t.3 A m krassesten scheinen sich die G efü h lsgeb ärd e n d er L i e b e s k l a g e von den höfischen F orm en d er L ie b e abzusetzen . A b e r auch die höfische L ie b e sk la g e der R om an zen h elden u n d -heldinnen ergibt sich konsequenterw eise aus dem L iebesstil. D ie höfische D am e, die dem L ie b h a b e r g ege n ü b er Z u rü c k h a ltu n g übt, die ihn abw eist, bereitet ihm das G efü h l des N ich tg elin gen s. A nd ererseits stü rzt d ie V e rp flich tu n g des L ie b h ab ers, d aß er zu T a ten , zur B e w ä h ru n g ausziehe, seine D am e in den S ch m erz des A b sch ied s und der U n g ew iß h eit. B eides m ach t sich in den K la g e g e b ä rd e n L u ft. D ie L ie b e sk la g e ist ein Ü b erg a n g ssta d iu m ; sie ist d as Adornent, wo sich die G efü h le steigernd äußern, ohne zum V e rg e h e n zu w erden. D en n au ch dieses M om en t ist letztlich ein gesp an n t in den g esellsch aftlich en R a h m en der L ie b e ; d er Ü b e r g a n g besteht im kritischen H in ü berw ech seln von der einen L e b en sla g e der L ie b e - deren M ittelp u n k t die höfisch-gesittete B e g e g n u n g ist - in eine andere, die der B ew ä h ru n g im verliebten A llein sein . D ie erzählerischen D a rstellu n g en der L ie b e sk la g e n ordnen sich dieser A u ffa s s u n g unter. D a s kann d ad u rch geschehen, d aß der L iebessch m erz m it dem A b sch ied sk u m m er id en ti fiziert w ird und d aß dam it der K la g e a u sd ru ck an den m om entanen V o r g a n g des L e b e w o h lsagen s m it seinem A bsch iedszerem on iell gebu n d en b leib t.4 H äu fig er jedoch findet der G efü h lsau sb ru ch abseits aller G esellschaft und d am it au ß erh alb d er höfischen E tikette statt. Sein stereotyper O rt ist die heim liche K am m er, in die m an sich zu rü ckzieh t, wobei die räu m lich e Isolierun g m an ch m al d urch realistische Szenerieelem ente verstärkt wird. D e r ku m m ervolle G u y sperrt die K am m ertü r zu, und im V e rla u fe seines K lageergu sses, der unter K leid erzerreißen , H aarerau fen , O hn m äch ten und d g l. vonstatten geht, n ah t er sich dem Fenster, u m von d a aus das S ch lo ß d er G eliebten zu apostrophieren.5 T ro tz dieser szenischen M om en te aber ist der A u ftritt nicht von d er S itu ation , sondern vom inneren Z u stan d des K la g en d en her gestaltet; er ist zeitlich und räu m lich über die G e geben heiten der S itu atio n h in w eg verallgem ein ert („e in solches L eben fü h rte G u y die g a n ze W o c h e la n g “ [495 f . ] ; alle, die ihm nahestanden, bem itleideten ihn). D ie Szen en requ isiten sind n u r da, um die Isolierun g des gestischen K la g ezu sta n d es d ekorativ zu u nter m alen . H ier könn en sich nun G u ys physische R eaktion en ebenso zu m K rassesten steigern, w ie d as ähn lich in d er S elbstau ssprache der L y r ik vo rk o m m t: er w ird vor K u m m er „sc h w a rz w ie eine S ch leh e“ 6 (einen S ä n g er des 13. Jah rh u nd erts lassen L ie b esg ed an k en
b u n gslo s von statten g e h t. ( V g l. C h rétien de T royes, Y v a in 1943 ff.). Im en glisch en Y w a in an d G aw ain ist die A u s g e sta ltu n g der näm lich en S zen e farb loser, die K e rn g e b ä rd e der S ch ü ch tern h eit je d o c h ein p räg sa m er (for d red o w a y he drogh ; 1135). 1 A lly ttell w a x he rede for sham e, F u ll w elle th at colo ure hym b ecam e (.Iþ om . 364 f.). 2 V g l. T r o ilu s a n d C riscyde III, 80 ff. 3 J. K le in stü c k { A S N S 193 [1956], 3) n im m t d e m g e g e n ü b e r von vorn h erein a n g esich ts d er R e alistik eines d e ra rtig e n A u ftritts des T ro ilu s an, daß dessen V e rh alten dem höfischen M in n e k o d ex n icht entspräche. 4 V g l. z. B . G. W iv. (A ), Str. 32 f. 5 V g l. G. Ww. (C ), 415 ff8 G u y th ey fon de as b la k as sloo ( G . IVw. [C ] 506).
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Oie G ebärden der Helden und die W andlungen des H eldenideals
„ g a n z g rü n “ w erd en ).1 A b e r seine G efü h le d a r f er d ad u rch nicht d er U m w e lt p reisgeben : die zu R a te gezo gen en Ä r z te , d ie ihn sch w arz vorfinden, h ä lt G u y im G lau b en , er h abe sich erkältet. E ben so erk lärt der sich bleich en G esich ts a u f dem L a g e r w älzen d e Ipom edon, n ach der U rs a c h e hiervon b efra g t, er sei k r a n k .12 In g a n z an a lo g er W eise spielen d ie L ie b e sk la g e n der D a m e n in der A b g esch lo ssen h e it des G em ach s. D ie d ab ei gesch ilderten G eb ärd en w irken noch h eftiger und u m fassen das g a n ze „ V o k a b u la r “ d er K la g e g e b ä rd e n . D a zu k o m m t die fü r die L ie b e sk la g e besonders typisch e G eb ä rd e: n a c h ihrem R ü c k z u g ins G em ach w irft sich die F ra u aufs B ett. A u f dem einsam en L a g e r ergeh t sie sich in S eu fzern , Jam m ern, H aarerau fen , H än d erin g en , K leid erzerreiß en , S ich -b lu tig -K ra tze n , sch laflosem U m h erw älzen , O h n m äch ten , und w as der üblich en K la g e g e b ä rd e n m eh r sin d .3 Im S ich -a u f-d a s-B ctt-W erfen jed o ch ve rd ich tet sich auch fo rm elh a ft d ie g an ze L ie b e sk la g e - w ie d ie des M äd ch en s von A s c a lo t :45 D o w n e v p p o n hir b ed d e slie feile, T h a t n ig h e h y r herte brast in tw o (.L M A
187 f.).
D en n auch diese F ra u e n k la g e n sind n ich t situ atio n sd yn am isch ged ach t. D e r R ü c k z u g in die K a m m e r eröffnet n ich t eine neue Szene, ist aber andererseits auch nicht, w ie der a lten glische B e ttg a n g , das sp an nen de K o n fliktm o m en t, sondern g ib t das S ig n a l zur allgem ein en zu stän d lich en K la g e v o rste llu n g , in deren W ied e rg a b e die stereotypen G eb ärd en ebenso w ie form elh afte G efü h lsan ga b en und K la g e to p o i h in ein gezogen w erden. D ie D a rstellu n g des A b sch ied s zw ischen T roilu s und B resaid e in der G estH ystoriale besteh t in einer G e g e n ü b erstellu n g der L ieb essch m erzzu stän d e eines jed en der beiden im A lle in sein ; der e ig en t liche A b sch ie d sv o rg a n g ist g a r n ich t szenisch w ied ergegeben . Es heißt, d aß T roilu s unh o h e r M iene seufzt, erblaß t, w eint — aus T reu e (faith e and affection o f hys fyn hert) sowohl wie aus qu älen dem K u m m er (he w as tourm ent w ith tene);® und d aß andererseits Bresaide, m it noch stärkerem G ebaren , unter G eheul, ja m m e rn und T rän en ergü ssen erblaß t, sich die schöne F risu r zerstört, sich die lieblichen W a n g en b lu tig k ra tzt und, einer Sterben den gleich , o h n m äch tig d arn ied ersin k t.6 D ie beid erseitige zu stän d lich e L ie b esk la g e im A lle in sein ist da der E rsa tz fü r die A b sch ied sszen e. E rst C h a u cer g elin g t es im T roilu s, w irklich beides - die G eb ärd en des A b sch ie d sv o rg a n g s und die der persönlichen L ie b e sk la g e - in e i n e r , v o n d er S itu atio n her gestalteten Szen e zu verarb eiten .7 F orm al ist jene T en d e n z zu r Iso lieru n g der L ie b e sk la g e und ihrer G eb ärd en n atü rlich aus d er reihenden E rzä h ltech nik der R om an zen zu erklären , die im dritten T eil dieser A rb e it zu behandeln ist. D och hat das F orm ale eine E n tsp rech u n g im G eh alt. D a ß das L ie b e sk la g e g e b a re n aus der W elt des höfischen G esch eh en s h erau sgelö st und isoliert sei, ist ein E rford ernis der corteisie. E s ist bezeichnend, d aß cs auch in d er u n g lü ck lich en L iebe, im au sw eglosen K u m m er, kau m eine S te ig e ru n g ü ber diese ko n ven tion elle L ie b e sk la g e g e stik hinaus gib t. M a n ver g e g e n w ä rtig e sich etw a, d aß in jen er A r t von L ie b e die E ifersu ch t (die die höfischen L e h r m eister p o sitiv w erten, weil sie die L ie b e inten siviert) gen au so w ie der A b sch ied ssch m erz 1 V g l. T h e H a rley L y rics, cd. G. L . B roo k (M a n ch ester, 1948), Nr. 2 5 ,V e rs 16: “ S o m uchel y þ en k e vp on þe ])at al y w a x e g r e n e .” 2 V g l. lfiom . 1211 ff. s V g l. z. B. G . Ww. (C) 7464 ff.; (A ) 4227 ff. u, ö. 4 V g l. ebenso Ipom . 903; 1406; L a u n fa l 703 u. ö. 5 V g l. G H D T 8029 ff. ' 6 V g l. G H D T 8038 ff. 7 V g l. die entspr. E pisod e in T ro ilu s an d Criseyde I V , 1128 ff.
D e r höfische L eb en sstil u nd die L ieb e
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ein Ü b erg a n g ssta d iu m d arstellt und sich in gen au den gleich en F orm en der K la g e g e s tik äu ß ert w ie dieser. Selbst die v ö llig hoffn un gslose L ie b e brich t m it der K la g e und eben d ie ser K la g e g e s tik abrupt ab. D ie K aiserto ch ter, vo n der sich G u y erst am T r a u a lta r abw en det, versch w in d et aus der E rzä h lu n g , n ach d em ih re K la g eg eb ä rd en in ü b lich er W eise gesch ild ert w orden sin d .1 D ie G eb ärd en der L ie b e sk la g e steigern sich nicht ins U n erm eß liche, führen n ich t zu r pathetischen S e lb sta u fg a b e oder g a r zur Selbstzerfleisch u n g wie bei V e r g ils D id o. W en n gleich im strop hisch en M orte A r th u r das M äd ch en von A scalo t den T o d d er u n g lü ck lich en L ie b e stirbt, so setzt doch ihr S terben nicht ihre L ie b esk la g e fort, sondern der L ieb esto d w ird als rom antisches M o tiv n a ch trä g lich - und von der L iebesh a n d lu n g losgelöst - in die D ich tu n g h in ein getragen . Solch er L iebesto d h at einen anderen Sin n als den der hem m ungslosen V e r z w e iflu n g ; er ist ein E rsa tz fü r die V erein ig u n g , die im F a lle des M äd ch en s von A sca lo t deshalb u n m ö glich gew ord en ist, w eil es - w ie sic in ihrem A b sch ie d sb rie f m itteilt - an der höfischen F orm g eb rach (L a u n celo t, ih r verlorener L ie b h a b er, sei “ churlysshe o f m an ers” gew esen).123 * D e r A u sd ru c k der L ie b e sk la g e w ird von den P rin zip ien der höfischen G esin n u n g a b g e fa n g e n , w ie d er kü n stlerisch beach tlich e strop hisch e M orte A r t h u r noch einm al zeigt: L a u n celo t, d er am E n d e dieser R o m an ze sich von G u in evere an der K lo ste rp fo rte zum letzten M a l verab sch ied et - die D a m e ve rw eigert ih m den K u ß ! - en tfern t sich verstört m it d en G eb ärd en d er reu igen K la g e ; er w eint, rin g t die H än de, irrt in den W a ld , „ e r atte am liebsten seine stattliche R ü stu n g vom L eib e gerissen “ .1 B ezeich nend erw eise fu h rt er aber die letztere G eb ärd e - sie k äm e der absoluten S e lb sta u fg a b e des R itters gleich noc r n ich t in d er W a llu n g der L ie b e sk la g e tatsäch lich aus, sondern erst d ann, als die K la g e aus clem bloßen L ieb essch m erz in die T ra u e r um den toten K ö n ig A r th u r geh ob en ist.. D e r tm W a ld e irrende L au n celot stößt näm lich a u f eine einsam e K a p elle, w o er vom verban nten E r z b isch of vo n A rth u rs T o d erfährt. E rst d ara u fh in gesch ieh t das F ortw erfen der stattlichen R ü stu n g als K la g e g e b ä rd e : „S e in e R ü stu n g w a r f er an die W an d , die stattlich w a r unc g lä n zen d “ ;5 dies leitet hm zur religiösen T u g e n d - zur R eu e, zur B eichte, zum K n iefall im G ebet. - G en auso w ird die ausw eglose L ie b e sk la g e G u ineveres vom R eligiö sen u m schlossen. D ie N onnen tra g en d ie in der K la g e in O h n m ach t G efallen e m die K losterzelle und bem ühen sich dort, sie aus ihrem Jam m er zu befreien (to cover the quene o f h yr care). S o w altet denn in jenen R om an zen , fü r die L ie b e ein P ositives ist, auch über den D a r stellun gen der L ie b e sk la g e - ebenso w ie ü ber denen der L ie b e sb e g e g n u n g das P rin zip der corteisie, das fü r alles L ie b en die höfische G esellsch a ftsfä h igk eit, das S ich -E m fu g e n in d ie schöne, tu gen d reich e, ja selbst die religiöse F orm fordert. 1 V g l. G. Ww. 4221-332 V g l . L M A 1078 ff. 3 V g l . L M A 3 7 2 6 ff.; 3 7 4 2 ff1 H y s R y c h e A -ty re he w old h a u e of-torne (L M A 3745 )5 H e th rew hys arm ys to the w alle T h a t R y c h e w ere and b r y g h t o f blee ( L M A 3778 f.).
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d r i t t e r
D IE E R Z Ä H L T E C H N I S C H E N
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QUALITÄTEN
IN D E R M I T T E L E N G L I S C H E N
i. D E R G E B Ä R D E N D A R ST E L LU N G
NEU E
A N FA N G :
UND
R E IH E N D E
DER GEBÄRDE
DICHTUNG
ERZÄH LTECH N IK
V ersu ch te der vo rige H au p tte il, den m an ifestieren den W ert der G eb ärd en au fzu d ecken ihren „ G e h a lt “ also, so entsteht n u n d ie F ra g e, w ie dieser G eh a lt d ich terisch a u sg e d rü ck t wird. D a ru m w ird n u n von der E rzä h lfo rm her an die G eb ärd e h eran zu treten sein. E s wird sich allerd in gs herausstellen, d aß zu n äch st n u r g erin g e B erü h ru n gsp u n k te zw isch en geh altnehern W ert und fo rm aler F u n k tio n d er G eb ä rd e bestehen, d aß vielm eh r erst eine E n tw ic k lu n g d er m ittelenghschon E rzä h lk u n st n ö tig ist, b evor sich ihre G eb ä rd en d a rstellu n g der idealen E in h eit von F orm und G eh alt nähert. N a ch der epischen A u sstra h lu n g sk ra ft, die die G eb ärd e im B e o w u lf a u f G ru n d ein er solchen E in h eit hat, d a r f m an in den m ittelen glisch en R o m an zen n ich t su ch en ; denn die G eb ard en d arstellu n g g e h t n u n von v ö llig verän d erten V o rau ssetzu n gen aus. W iew o h l die G eb ärd e an bestim m te W ertb ereich e gefesselt bleibt, ist sie d och O b je k t einer k ö rp e rfre u d igeren V o rstellu n g sw eise. D ie m ittelen glisch en D ich ter en tw ickeln einen S in n fü r d ie k o n krete G eb ärd e; G efü h l und G eb ärd e w erden g leich b ere ch tig t und in der E rzä h lu n g u n ter ein an der au stau sch b ar. D ie G eb ärd e ist bald nich ts „B e so n d e re s“ m eh r, sondern ein N o rm a lfa ll. Z u r V o rste llu n g typ isch er S itu ation en g eh ört m it S elb stverstä n d lich k eit die er typisch en G eb ärd en. D a ru m erh ält d ie G eb ärd e etw as R eg elm ä ß ig es, Z u s tä n d lic h e s ; zu jenem einm aligen, d yn am isch en A u fb litz e n , das Z u k ü n ftig es und V e rg a n g e n e s erh ellt und das m it g eistigen W eiten in B e zie h u n g steh t - d azu ist d ie m ittelen glisch e G e b ä rd e zu n ächst n ich t m ehr fä h ig . Sie ist es um so w en iger, als d er m ittelen glisch en E rzä h lw eise d ie epische S tru k tu r w eithin ab geh t, als sie vielm eh r dem P rin zip einer starren R e ih u n g folgt, w elch es in sich abgesch lossene E in zelep isoden und E inzelszenen a n ein an d erfü g t und d azu n eigt, typ isch e Situ ation en ohne innere M od ifikatio n zu w iederholen - und d am it auch ohne äuß ere M od ifikatio n in der G eb ärd e. D a ru m ist die G eb ärd e dazu veru rteilt, etw as bloß D e k o ra tive s zu sein. A u s ihrem d ekorativen C h a ra k te r aber ergeben sich die n euen stilistischen M ö g lich k e iten d er m ittelen glisch en G eb ärd en d arstellu n g : die G estik ka n n sch m ü cken d ausgew eitet, sie k a n n ab er eb en so gu t a u f die knappste, nur an d eu ten d e F orm el a b g e k ü rz t w erden. D a ß in diesen S tilm ö glich k eiten der G eb ärd en d arstellu n g - d ek o ra tive A u sw e itu n g und V e rd ich tu n g zu r F orm el - die K eim e einer neuen G eb ärd en k u n st liegen , d ie dann in ein igen der kü nstlerisch höherstehenden W erke zu r E n tfa ltu n g kom m en das soll a u f den näch sten Seiten ve rfo lg t w erden. D a s prim itive A n fa n g ssta d iu m m ö g e die G eg en ü b erstellu n g zw eier p aralleler S zen en aus der frü h en R o m an ze H avelok veran sch aulich en . A m A n fa n g des W erk es stehen n a ch einan der zw ei Sterb eep isod en : d er T o d des K ö n ig s A th e lw o ld von E n g la n d (114 -2 4 7 ) und dann d er T o d des K ö n ig s B irk ab eyn von D ä n e m a rk (352-407). D ie beiden E p iso d en sind sow ohl m ihrem A b la u f als auch hinsich tlich ih rer S te llu n g im G esa m tw erk v ö llig g le ic h w ertig. Sie sin d nich t m itein an der v e rk n ü p ft; jed e r d er beiden V o r g ä n g e ist in sich isoliert.
G eb ärd e n d arste llu n g und reih en de E rzä h lte ch n ik
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A b e r sie unterscheiden sich w esen tlich in L ä n g e und A u sfü h rlich k eit. D ie erste d er E p i soden u m fa ß t 133 V erszeilen , die zw eite n u r 55 ; in der letzteren ist der in der ersteren breit g esch ild erte V e r la u f stark a b g e k ü rzt, und diese A b k ü r z u n g geh t a u f K o sten dei R ed en und d er G eb ärd en . 34 V e rse d er ersten, aber n u r 5 V erse der zw eiten E p isod e nehm en a u f G eb ärd en B ezu g. N a c h w elchen G esich tsp u n kten geh t nun die K ü r z u n g der G estik vonstatten ? Z u B egin n jed er E pisod e erk ran k t ein K ö n ig . N u r die erste E p isod e verd eu tlich t dies m der G eb ärd e d er E r re g u n g : a u f die R ed e des E rk ra n k en d en e rfo lg t starkes Beben (quanne he h auedc þis plein te m aked , / þer-after stron glike he q u a k ed ; 134 f.)d cr P arallelepisode en t spricht dem eine k u rze allgem ein e B etra ch tu n g über die V e rg ä n g lic h k e it der W elt (352-3 5 7 )D a r a u f fo lg t - w iederum in beiden F ä llen — die E in b eru fu n g des R ates dei Fürsten. D ie S ch ild eru n g der ersten E pisod e m alt die G e b ä rd e n k la g e der A n k o m m en d en (he w rungen hondes, and w epen sore; 152) und das E m p fan gszerem on iell aus: G ru ß, N iedersetzen, K la g e a u sb rü ch e (164), denen sch ließlich das E in h alt- und R u h eg eb ieten des K ö n ig s fo lgt (and he b ad hern alle ben stille; 165). D ie zw eite E p isod e d eu tet n u r - u n d zw ar a n sch au u n g s los und k n a p p - die letztere G este an : „ D ie R itter hieß er alle setzen“ (his knih tes dede he alle s itte ; 366). D a s ist n u n in der T a t die w ich tigste G e b ä r d e ; hier m an ifestiert sich K ö n ig s m ach t beim E m p fa n g . Sie ist der repräsentative K ern des gestischen G esch eh en s; dieset also b leib t ü b rig, die ausm alenden D eta ilg eb ä rd en fa llen fort. D a n n lä ß t d er K ö n ig seinen S ta tth a lter die T reu e geloben. Im ersten F a ll sind die rech ts sym bolischen S ch w u rg eb ä rd en g esch ild ert: das H erb eib rin gen des h eiligen B uches, der einzelnen M eß g erä te, die d er Sch w ö ren d e zu berü h ren h at (18 4 -190 ); n ach E rlä u te ru n g des S ch w u rin h a lts (190-200) fo lg t ein R ü ck v erw eis a u f die Sch w u rg este (þat dede he him sweren on the b o k ; 201). In der parallelen E p isod e steh t die E id e sa b leg u n g des ^dortigen S ta tth a lters in ihrer inneren B ed eu tu n g um nichts zu rü ck. D e r In h alt des vom K ö n ig g e forderten V ersprech en s, o b gleich ebenfalls a n alo g, w ird in beiden E pisoden ausfü h rlich um rissen (jew eils in 13 V e rse n ; 190-203 bzw . 384-397), ja , die zw eite E p isod e b rin g t ihn u n m ittelbarer, plastisch er - in der d irekten R ed e des K ö n ig s, die vo n der Segen sg eb a rd e (A u fle g e n der H ä n d e ; 383) b egleitet ist. D e r A k t der E id e sa b le g u n g ist also auch m der zw eiten E p iso d e m it N a ch d ru ck festgeh alten . A b e r in der ersten E p isod e b ew irk t den N a ch d ru ck das b ild h a ft ausgew eitete rech tssym bolisch e G eb ärd en zere m o n iell; m der zw ei ten E p iso d e hören w ir bei a b ge k ü rzter G estik nur, d aß d er S ta tth a lter G o d ard zum Sch w u r aufsteht (G o d ard stirt up, and sw or al þ a t; 3 9 8) " und erfa h ren d am it nur die F u n d am en ta l gebärd e. — . j A u c h die R eu e des K ö n ig s vor der B eich te a u f dem Sterbebett ist in der ersten E pisode in ihren G eb ärd en und B ew egu n gen g esch ild ert: h eftiges G eißeln , dessen E in d ru ck durch die V a ria tio n und die A u sm a lu n g der W irk u n g en (blutüberström ter K ö rp er) sowie durch die rückerin n ern d e A n k n ü p fu n g beim F o r tg a n g der E rzä h lu n g (226) verstärkt w ird : A n d ofte dede h im sore sw inge, A n d w ith hondes sm erte d in ge ; So fiat þ e b lö d ran o f his fleysh, þ a t ten dre w as, and sw iþ e neysh (214 ff.).
A u c h in der zw eiten E pisod e sind. R eue und B eich te des sterbenden K ö n ig s erw ähnt (364 f.), aber ab strak t und ohne die veranschaulich en den G ebärden. F ü r die G eb ärd e steht das, w as sie ausd rü ckt. . , ... S ch ließ lich die K la g e n ach dem T o d e des K ö n ig s : in der ersten E pisod e steht d a iu r in unstetem , nervösem S til - ein sech szeiliger P assus mit d en typischen K lag eg eb a rd en , (232 ff.), d er dann hinführt zu den kultisch-zerem oniellen H an d lu n gen (G lockenlauten,
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D ie erzä h ltcch n isch en Q u a litä ten der G e b ä rd e in der m ittelen glisch en D ich tu n g
M esselesen der Priester, B eg rä b n is; 242 ff.). D ie P arallelszen e ve rk ü rzt dies w iederum aufs K n a p p ste, a u f die ü blich sten der G eb ärd en : allgem ein es W einen der R itte r (401) und B eg räb n is (408). S y n ta k tisch gesehen erscheinen die G eb ärd en d er ersten E p iso d e d u rch w eg in selb stän d igen H a u p tsä tzen ; diese sind d urch k etten a rtig e A n e in a n d erreih u n g synonym er W örter (164), d u rch einleitende A n k ü n d ig u n g e n und b ekrä ftigen d e N eb en sätze ve rstä rk t; die G eb ärd en Wörter erscheinen verab solu tiert im von “ th ere w a s ” a b h ä n g ig en G eru n d iu m (234), oder m it ausgew eitetem S u b je k t („a lle , . . . reich und a rm “ ; 236). - D ie G eb ärd en der zw eiten E p iso d e h in g eg en sind teils k n a p p e E in sch ü b e (383), teils sind sie in relative oder tem p orale N eben sätze a b g e d rä n g t (401, 364, 408). A u s einer solchen G eg en ü b erstellu n g - d ie in äh nlich er W eise an B eispielen aus anderen R o m an zen oder auch aus L a ja m o n s B r u t h ätte d u rch g efü h rt w erd en könn en — geh t offen b ar folgen des h ervo r: die E in zelep iso d e oder S zen e ist eine in sich gesch lossene E rzä h le in heit, ein B au stein im G a n ze n . E ine bestim m te A r t vo n G estik scheint zur V o rste llu n g einer bestim m ten A r t von E rzä h le in h eit als S ch em a zu geh ören , kan n sich aber einerseits a u f das K n a p p ste, bis zur F o rm elh a ftig k eit, besch rän ken — oder ka n n sich and ererseits a u s w eiten und verzieren . G leich es g ilt fü r unszenische E rzäh lein h eiten w ie etw a P ersonen besch reibu n gen , O ltsb esch reib u n g en und d g l . ; die p arallelen P erson en besch reibu n gen der K ö n ig e , w elch e den beiden eben an alysierten S zen en aus H avelok vo rau sgeh en , sind ähn lich beh and elt w ie diese Szenen selbst. D ie erste der B esch reib u n g en (A th elw o ld von E n glan d ) u m fa ß t 82 V erszeilen (27-109), die zw eite (B irk a b ey n ) deren n u r 8; sie haben p arallelen A u fb a u und gleich en In h a lt — d ie allgem ein en E ig e n sch a ften des gu ten K ö n ig s. N u r g re ift die län gere B esch reib u n g in die F ü lle des A n sch a u lich en , q u illt ü ber in V a r ia tio nen und H ä u fu n g en , w eitet die R ep räsen tation ssch ild eru n g aus; die zw eite bleibt abstrakt. D ie E rzäh lein h eiten sind in den m ittelen glisch en D ich tu n g e n S tü ck um S tü ck an ein a n d ergereih t, ohne zu fließendem G esch eh en zu w erd en .1 D ies en tsp richt freilich dem , , add itiven K o m p o sitio n sp rin zip “ , w elch es auch in der frü h en m ittelh ochd eu tsch en D ic h tung- den F lu ß des G eschehens m eh r h em m t als fö rd ert.12 A b e r w äh rend d ie deutsche E p ik der B lü tezeit zu r G estaltu n g eines fließenden G esch eh n isab lau fs h inzufind en scheint, b lei ben offen bar in den en glisch en R o m an zen d ie E rzäh lein h eiten stä rk er isoliert - w ie sich gerad e an deren „ ty p isc h e n “ B eisp ielen zeig t (Sterbeszene, E m p fan gsszen e, K a m p fszen e usw .), wo das G eb ärd en sch em a w eitgeh en d festlieg t und w ohl eine d ekorativ-au sw eiten d e, aber kein e g eh altlich e M od ifika tio n zu läßt. S o lch e A r t von A d d itio n ist w en iger eine R e i h u n g im N ach ein an d er, w ie sie der epischen F orm en tsp rich t,3 sondern eh er eine solche im N eben ein an d er und Ü b erein an d er. G a n z besonders w ird sie so in vielen religiösen L e genden p ra k tiziert; denn deren A b s ic h t en tsp rich t es ja , die W u n d er, V ersu ch u n gen oder P ein ig u n g en der H eilig en in ex em p larisch er F ü lle a n ein an d erzu fü gen . In g a n z äh nlich er W eise erzählen die R o m an zen Serien „e x e m p la risc h e r“ T a ten . W o im m er aber der letzte U rsp ru n g dieser E rzä h lw eise liegen m a g - auch in den französisch en P ro sarom an zen lie ß e sich m itu nter G leich a rtige s beobachten —, im B ereich w eltlich er Stoffe ist sie gerad e in den en glisch en R o m an zen a u ffä llig p o p u lä r.4 N och im 16. J ahrhundert w ird in E n g la n d ein W erk wie Spensers F aerie Queene diese reihende T rad itio n fortsetzen. 1 F ü r L a ja m o n v g l. auch S ch irm er, S. 58. - A u c h F re n ze n (S. 11) beto n t - in b e z u g a u f die früh en m hd. E p e n - die B e d in g th e it der G eb ä rd e n d a rste llu n g d u rch diese F o rm e ig e n tü m lich k eit. 3 V g l. S ta ig e r, S. 120. 1 E s lie g t nahe, dazu a u f a n a lo g e E rsc h e in u n g e n in den b ild en d en K ü n ste n zu verw eisen. A n d er en g lisch en S on d erform der go tisch en B a u k u n st h a t m an w ied erh olt das P rin zip der N eben ein an der- u nd A ufein an d er-
Form en, d e r d e k o rative n A u s w e itu n g u n d kü n stlerisch e G esta ltu n gsm ö glich k eiten
2.
UND
FO R M E N
DER
D EK O R A TIVE N
K Ü N ST LE R ISC H E DER
11 7
AUSW EITUN G
G ESTALTU N G SM Ö G LICH KEITEN
M ITTELENGLISCHEN
G EBÄR D E
A u s der d ekorativen erzäh ltech n isch en Q u a litä t der G estik in den herm etischen E rzä h l einheiten ergeb en sich die M eth o d en ih rer A u sw e itu n g und d am it die D arstellu ngsform en sin n en fä lliger G estik ü b erh au p t. D ie G em ü tsb ew eg u n gen verm ögen dabei zu zuständlichen K o m p le x e n an zu sch w ellen , deren Sinn eben so gu t w ie in arabesker G eb ärd en a u fza h lu n g auch in d er allgem ein sten F orm el w ied ergegeb en w erden kann . B ei L a ja m o n herrscht tatsä ch lich die F orm el d ort vor, w o die A ffe k tg e b ä rd e offen bar ihres p ejorativen G ehalts w e gen au sgesch altet bleiben soll. Z u d em feh lt es bei L a ja m o n auch noch am a u s g e p ia g t zw eiseitigen , seelisch-körperlichen E rfa ssen der G em ü tsb e w eg u n g e n ; A ffe k te und ihr A u s d ru ck verschm elzen n och n ich t v ö llig zur G esam tvo rstellu n g. D es w eiteren sind fü r L a ja m on die E in zelgeb ärd e n , die sp äter als stereotype A u sd ru ck sfo rm e n bestim m ten G em ü ts b ew eg u n g en zu gehören , n o ch kein fixierter ko n ven tion eller B estan d. D a g e g e n scheinen L a ja m o n s F orm eln fü r G em ü tsb e w eg u n ge n m itu n ter an die Sch w eise der alten glisch en
■ ;
D ich tu n g zu erinnern. F reu d eg efü h le verm itteln F orm eln w ie: th e k in g wes an breoste w u n d e r ane b lið e ( L a 3. »7474 f-)
oder ein fach : “ þe wes heo sw a bliöe / sw a heo mes neuere ær on liu e .” 1 F ü r Ir a u e rg e fu h le tritt statt " b liö e ” en tsprechend “ sæ ri” , fü r Ä n g s tlic h k e it “ a d ra d ” ein u s f.*12 D e r A n k la n g an das A ltc n g lis ch e (“ o n b r e o s t e - b liö e” , oder "so rh fu l - o n h e o r t e ” ) ist n atü rlich ä u ß er lich. M it der in die P sych e d ringenden, die R eg u n g en des Innenlebens verfolgen d en S c h u n d D arstellu n gsw eise hat solches nichts m ehr zu tun. D ie form elh afte S tarre selbst (m it dem E in b e zu g des E in m aligkeitstop o s w ie im zu letzt zitierten B eispiel) bew eist schon das G egen teil. S o lch e F orm eln verdichten Z u stän d lich es, D a-S eien d es - sie ve rfo lg e n n ich t inneres P ulsieren. In den späteren R o m an zen geh ört solchen G efü h lsform eln - auch denen vom T y p ,,im H erzen fr o h “ - die V o rste llu n g d er G estik u n ab tren n b ar zu ;3 g leich sam zur V erd eu tlich u n g des G efü h ls w erd en G eb ärd en m itgen an n t, und u m g ek e h rt sind die G eb ärd en d urch d ie G efü h lsan g a b e verd eu tlicht. So kom m t es zu d ek o ra tiv ausgew eiteten A u s d r u c k s k o m p l e x e n , d. h. zu r A n h ä u fu n g von G ebärd en- und G efü h lsan gab en . E in beliebiges B e i sp iel d a fü r sei das Jam m ern des H erh au d , das u nter arabesker V e rw e n d u n g der geläu figen K la g e g e b ä rd e n w ied ergegeb en ist. E r fä llt in O h n m ach t; d an n h eißt es w eiter: F o r his lord G ij, y 30U telle, S o m ichel sorw e him w a s an, þ a t te lle no m ijt he it nom an . - . þ a n b ig a n his so rw ein ge, H is her h e tar, his hon den g a n w rin g. re ih u n g als typ isch en glisch e V o rlie b e ge k e n n ze ich n et. ( V g l. zu letzt N . Pevsner, T h e E n g lisk n e ss o f E n g lis h A r t [L on d on , 1956], S. 86; H . J antzen , D ie K u n s t d er G otik [H a m b u rg , 1957], S. 24). S o llte in den R o m an zen ein gleich es n ation ales F o rm g e fü h l w a lte n ? 1 V g l. L a z . 11 170, 14816, 2 1 6 6 7 u. ö. , , , v v v v m 2 V g l. L a j . 1 1 2 1 4, 12138, 12688, 12634, 14816 u. ö . F ü r w e itere B e le g e v g l. T a tlo c k , P M L A X X X V I I 2 V g l. z. B. S ir D egrevan t 371 f . : þ e y daun sed and revelid e þ a t n y gh t, / In hert w er þ e y blythe.
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D le erzah ltech n isch en Q u alitäten d er G e b ä rd e in d e r m ittelen glisch en D ich tu n g “ A lla s ! ” he seyd, “ sir G i j ! N o w ich w ot w ele siker-lye þ a t y no sch al þ e n eu er y-se; A lla s ! fo r sorw e w o is m e !” F o r g re te sorw e J>at he hedde H e fei ad o u n on his bedd e. (G . IViv. 4000 ff.).
A lso fo rm elh afte G e fü h lsa n g a b e (um seinen H errn tru g er so g ro ß e n K u m m er, d aß er es n iem an d sagen k o n n te); d a r a u f d ie G eb ärd en („a lsd a n n b eg a n n er m it dem K la g e n - er rau fte das H aa r, h ub an m it H ä n d e rin g e n “ ); d an n fo lg t in v ierze ilig er K lag ea p o stro p h e die S e lb ste rk la ru n g der G efü h le und en dlich w ied er eine verd eu tlich te G eb ärd e („v o r K u m m er, den er h atte, fiel er n ied er a u f sein B e tt“ ). Im fo lgen d en aber sieht nun H erh au d im T ra u m den also b ek la gten G u y in sch reck lich er G efah r, w o rau fh in sich beim E rw ach en sem Jam m er erneuert - m an sollte d och m einen, in nun noch stärk erem M a ß e. A b e r es h eiß t je tzt led ig lich , d a ß er o f his sw eu en g r e t sorw e m a k e d (G. IVm. 4028).
D ie überaus h äu fige form elh afte W en d u n g (“ sorw e m a k e n ” ; oder and erenorts; “ m one m a k e n ” , “ duel m a k e n ” u. ä.) ersetzt einen gan zen A u sd ru c k sk o m p le x , besch w ört seine orstellu ng h erau f; seine E in zelh eiten w ied erzu g eb en ist unn ötig, w eil sie als typ isch e V o r stellu n g m itgegeb en sind. W enn es im L a u d Troy B oo k vom den R a u b der H elen a bejam m ernd en M en elau s h eiß t: H e m a d e for h ir g r e t w a y m e n ty n g e, he m y jt h not se fo r his g r e ty n g e (3079 f.),
so bed eu tet d er erste A u sd ru c k („e r vo llfü h rte K la g e n “ ) das K la g cv e rh a lte n in sgesam t, w ozu G em ü tsb ew eg u n g, R ed e und G eb ärd en , also auch das W einen , g e h ö r e n ; an die im plizierte A u sd ru c k sv o rstellu n g ka n n der zw eite S a tz an k n ü p fen : „ E r konn te d urch seine T ran en n ich t m eh r se h en .“ Ä h n lich e s schon bei L a Sam on; von dem ratlos-b ekü m m erten K ö n ig U th e r h eißt es einm al fo rm elh aft: o fte he h ine b iþ oh te w h æ t he don m ähte ( L a j. 18 6 9 6 f.),
und seine B ekü m m ern isse w erden a u fg ezä h lt. M it der F orm el fü r N a ch d en k lich k eit ev o ziert d er D ich ter d ie typ isch e G eb ärd e des K o p fn e ig e n s; denn als sich dann der B era ter nähert, m u ß d er K ö n ig in der T a t den K o p f heben, um ihn anzusehen (þe k in g bræ id up h.s chin / and bisah an V lfin ; 18712 f.). Ü b e r den S tä rk e g ra d d er inneren R e g u n g sa g t das A u s m a ß d er G eb ärd en sch ild eru n g nich ts; G eb ärd en sind fu n ktionslose Z u ta ten in der W ie d e rg a b e eines von vo rnh erein feststehenden G em ü tszustan des, der zu g leich seelisch und leiblich gesehen w ird. D a ß d abei die leiblich e Seite g leich b ere ch tig t im B ew u ß tsein steht, ist das N eue in der m ittelen glisch en Sehw eise, die im G ru n d e auch schon bei L a 5am on w irksam ist; denn w o im B r u t d as A u sg e d rü c k te die heroische H o ch gestim m th eit ist, e r scheint es in leib-seelisch verd eu tlich ter W ied erg a b e. A ls A rth u rs K äm p ferp o se h e ra u f beschw oren w ird, h eißt e s : A r ð u r w es aboläe sw iðe an his heorte a n d his sw eo rd C a lib u rn e sw ip te m id m a in e ( L a j. 23975 ff.).
P sych isch er A s p e k t (M u tigsein ) und p h ysisch e M an ifestatio n (W affen sch w in gen ) stehen in bei geordneten S ä tzen nebenein and er, sind die zwei Seiten ein und desselben Z u stand es.
F o rm e n der d eko rativen A u s w e itu n g und kü nstlerisch e G e sta ltu n gsm ö glich k e ite n
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D ie d ekorative A u sw e itu n g der A ffe k tg e s tik oder der heroischen Pose arbeitet m it dem T o p o s des K a t a l o g s . 1 M an reiht, u m den K lag en d en darzustellen, die geläu figen K la g e geb ä rd en und G efü hlsform eln aneinander, g a r oft ohne Sin n fü r die R ea litä t der G ebärden (s. o. S . 103). U n d die H eeresrepräsen tation vo r der S ch la ch t etw a (s. o. S. 73 f.), deren Sin n g leich fa lls a u f die kn ap p ste F orm el g eb ra ch t w erden kan n („sie form ierten die S c h la ch to rd n u n g “ ), w a lzt d ie Gest H ystoria le zu m K a ta lo g der H eerfü h rer und ih rer E in heiten aus. Ihre rein d ekorative F u n k tio n u ntersch eid et diese H eereskatalo ge vom K a ta lo g des hom erisch en E pos. W ohl steck t im S ch iffsk a ta lo g im zw eiten G esa n g der Ilia s die heroische M an ifesta tio n ; aber eine A b k ü r z u n g w äre n ich t ohne den V erlu st der epischen W e lt d en kb ar. D enn der S ch iffsk a ta lo g b ezieh t V e rg a n g e n e s u n d Z u k ü n ftig es, räu m lich E n tfern tes, ja ein W eltb ild ein. M ittelen g lisch e H eeresk a talo ge w ie die in der G est H ystoriale d a g e g e n erfassen n u r das g e g e n w ä rtig e S ta d iu m d er R ep räsen tation , sie sind n u r die d ekorative A u sw e itu n g der m ach tm an ifestieren d en G eb ärd e. D ie alliterieren den D ich tu n g en des 14. Jah rh u n d erts m achen dieser d ekorativen A u f sch w ellu n g die traditionellen stilistischen E igen a rten der S ta b reim d ich tu n g zun utze. Z w a r g reift die m ittelenglische alliterieren de E rn eu eru n g alte Stilm ittel der S ta b reim d ich tu n g auf, sie w en d et sie aber a u f eine v ö llig verän d erte V o rstellu n g sw eise an. Im B e o w u lf g ab es kein V erw e ilen a u f der G eb ärd e, kein F ortsp in nen ihrer V o rstellu n g in d er V a ria tio n , w elch e doch die G em ü tsb ew eg u n gen so u nerm ü dlich a bw an d elte, keine B e to n u n g durch das H ineinstellen d er G eb ärd em itteilu n g in die staben de T o n stelle des V erses. A ll dies ist in d er m ittelen glisch en alliterierenden D ich tu n g von G ru n d a u f anders. D e r S ta b reim kettet hier G ebärd en- und G efü hlsw örter zu A u sd ru c k sk o m p le x e n aneinander. A llite rie rende A d v e rb ie n häm m ern die G eb ärd en vorstellu n g ein; G a w a in im allit. M orte A rth u re , der sich zum K a m p f au fra fft: H e d resses hyrn d r e rily ( A fA . 2969) ;
der sch u ld b ew u ßte M od red, nach d em er G aw ain getö tet h a t: F u m e s hym fu rth e d ie , . . . w e n t arepand a w a y e ( M A . 3887 f.);
die jam m ernd e G u in evere: GVonys full ^ ry s e ly w ith ^ re ta n d teres ( M A . 3912) ;
der klag en d e P riam iu der Gest H ystoriale: ffull te n d u rly w ith A r is /ynt m y ch c w a tu r A n d ?7zournet full /vzekuíl . . . ( G H D 7 7 1 7 1 f.).
S ta b en d e T ierb ild er verstärken den E in d ru ck der G eb ärd en. V o n dem aufbegeh ren d en A rth u r heißt cs, er A u k e d as a iyon a n d on his /yppe b y tes ( M A . 119);
von dem w ütenden K e n ta u r : H e neyt as a « a g g e , a t his
m o sc
th rilles ( G H D T 7 72 7 ).
D erart durch die A lliteratio n zu sam m en geh alten e A u sd ru ck sg eb ild e sum m ieren sich zu stabenden K o m p lex en . D ie K la g e des A ch illes in d er G est H ystoriale besteht aus M y ch e tf/eping a n d wo, M/aylyng o f teris ( G H D T 7155),
V g l. C urtiu s, S. 236 u. ö
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D ie erzähltechn isch en Q u alitäten der G eb ä rd e in der m ittelen glisch en D ic h tu n g
w obei die a b strak te B ezeich n u n g des T rau erzu sta n d es (wo) ein gesp an n t ist zw isch en die B ezeich n u n gen fü r den kö rp erlich en A u sd ru c k —vo rau s die allgem ein ere V a ria n te (w epin g), d an ach die bild h a ftere (w a ylin g ö fte re s). D och die E in zelb ezeich n u n g en erscheinen g le ic h g ü ltig ; entscheidend ist der G esa m tein d ru ck . D e r D ich ter des allit. M orte A r th u r e treib t dieses V e rfa h re n n o ch w eiter, indem er staben de A u sd ru c k sk o m p le x e ba ro ck aufeinand ertü rm t; d ie k la g e n d e A m m e a u f M o n t S a in t-M ich el ist A w ery w a fu ll te/edowe, a try n g a n d e h ire han dez A n d g r e ta n d e on a g ra u e g r y s e ly teres (M A . 950);
auch die P erson als typ isch e K la g e fig u r (W itw e !) und der K la g e o rt (G rab ) sind in den a lli terieren den K o m p le x ein b ezo gen . O d er m an sehe, w ie das A u sd ru ck sv e rh a lten des k la g e n den A r th u r a n gesich ts seiner in d er S ch la ch t gefallen en R itter uns in staben der W u ch t en t g e g e n tritt; A rth u r Z o k e d e on th ey re /igh a m es, a n d w ith a /ow de steucn . . . T h e n he río ta y s fo r m ade, a n d all his j/ re n g h e faylez, Z o k e s v p e to þ e /yfte a n d all his /yre c h a u n g e s ; D o w n n e he sw eys fu ll .ra/ythe a n d in a sa/oun fallys, V p e he zoueris on ^neys and kryes fu ll often { M A . 4269 ff.).
M a n d a r f in solchen ü berau s starken K o m p le x e n kein esw egs einen R ealism u s der G e bärden sehen w ollen . W oh l w ird der G efü h lszu stan d auch höchst k ö rp e rlich vo rgestellt. A b e r diese V o rste llu n g setzt sich n ich t aus w irk lich b eobach teten E in zelh eiten zu sam m en. D ie staben den A u sd ru c k sk o m p le x e bestehen, w ie d ie K o m p le x e der R eim rom anzen, aus K a ta lo g e n typ isch er, g efü h lsverd eu tlich ter G eb ärd en , die oft der Z u fa ll der A llitera tio n zu sam m en b rin gt. D em K a ta lo g to p o s kom m t d abei das P rin zip der V a ria tio n en tg eg en . V a ria tio n — die W ied erh o lu n g einer S a ch e in im m er w ied er neuen, staben d a n ein an d ergeketteten W en d u n — eine S tileig en tü m lich k eit aller alliterierenden D ich tu n g . A b e r g a n z im G eg en sa tz zu r V a ria tio n im B e o w u lf w ird sie nun zu m stilistischen V e h ik e l d er M itte ilu n g von G e bärd en kom p lexen . E in und d ieselbe G eb ärd e kan n variieren d h ervo rgeh o b en w erden, wie z. B. das W einen des A le x a n d e r durch die S yn o n ym a “ w e p en ” und “ g re te n ” : A n d A le x a n d e r o y on-ane « u g ir ly he wepis, A n d g retis for him as ^ re u o u sly as he him g e te n h ad e {IV. A le x . 972 f.).
E ben so w ird d ie zerem onielle G eb ärd e, w ie A n ten ors A u fsteh e n zu r R ede, beh and elt: "þen þ c tra y tu r A n te n o r titly con ryse, jfe r k y t on f o t c , a n d to þ e fre sayd e . . . { G H D T 1 1 258 f.).1
O der, u m bei den G em ü tsb ew eg u n gen zu bleiben, d ie V a ria tio n en sind die versch iedenen A s p e k te der A u sd ru c k sv o rstcllu n g : T h a n sir G a w a y n gretes w ith h is gray eghen . . . F o re th e c h a rry ch ild e so his chere chawngi.de, T h a t the ch illa n d e w atire on h is chekes rynnyde { M A . 2962 ff.).
’ D ie V a ria tio n d er G eb ärd e des A u fsteh e n s ist stilistische B eson d erh eit des m e.
D ich te rs;
die Q u elle
gibt n u r d ie sach lich e A n r e g u n g : “ T u n c su rrex it A n th e n o r et stan s d ix it h ec verba” (G u ido, S. 219).
F o r m e n d e r d e k o r a t iv e n A u s w e it u n g u n d k ü n s tle r is c h e G e s t a lt u n g s m ö g lic h k e it e n
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D a s E in setzen des A ffe k ts (chore ch aw n gid e), allgem ein e G eb ärd en b ezeich n u n g (W einen) und sin n en fä lliger A u sd ru c k (tränenbenetzte W an g en ) sind d ie G lied er der V a riation skette. N ich t n u r im B e o w u lf w ü rde m an v e rg eb lich n a ch Stellen suchen, wo die Stilm ittel der S ta b reim d ich tu n g solcherm aßen den A u sd ru c k sk o m p le x ergreifen ; auch der V e rg le ic h m it alliterieren den G eb ärd en stroph en , w ie sic in d er E d d a Vorkom m en, zeigt nur die g ru n d sätzlich e U n tersch ied lich k e it der m ittelenglisch en D arstellu n gsten d en zen von den alt germ an isch en . In H a m ð ism á l sch ild ert eine gan ze G eb ärd enstrop h e die polternde A u f fü h ru n g des E rm a n erich (Jön m m rek) bei d er A n k u n ft der b lu td ü rstigen H alb b rü d er: H ló þ á Ig rm u n re k k r, h en d i drap á k a m p a, b eid d iz at brcjngo, b g ð v a ð iz at v in i, skó k ham i sk g r iarp a, sä á ski old hvitan , lét h a n n sér i hendi h v a rfa k e r gullit. (Str. 20) ( D a la ch te der G oten fü rst, / g r iff in den B a rt, n ich t rie f er zu den W a ffe n : / g e re izt w a r er vom W e in e ; er sch au te a u f den S ch ild , / er sch ü ttelte das B rau n h aar, er sch w en kte in der H a n d / die S ch a le vom G olde. - Genzm er).
O der T h o r beim E rw a ch en , als er den H am m er n ich t vorfind et: R e ið r v a r þ á V in g þ ó rr , er han n vakn aö i o k sins h ám ars um s a k n a ö i: s k e g g n am a t hrista, sk g r nam a t d v i a re ö Iarð ar b u rr um a t þ reifaz (þry m sk riða , Str. 1) (G rim m w ard d a W in g th o r . . . E r sch w a n g das H a ar, / er sch w en kte den B art, jäh g r iff er um sich . . . - G enzm er).
A n Stellen w ie diesen gleißen visuelle E in d rü cke von E in zelb ew eg u n g en b litza rtig a u f; sp rach lich -stilistisch sind sie einm alig, n ich t konvention ell festgeleg t. V a ria tio n der G e bärden in der E d d a erzeu gt eine d yn am isch e W irk u n g . D y n a m isch ist ja auch die V a ria tio n (der G em ü tsb ew egu n gen ) im B e o w u lf; sie fü h rt w eiter, sie en tw ickelt, sie d rin g t im m er tiefer. - N ich t so die V a ria tio n in den A u sd ru ck sk o m p lex en d er m ittelenglisch en S ta b reim d ich tu n g . D iese sind etw as Statisch es, etw as Z u s tä n d lic h e s; dort g ib t es ,,Z o rn " oder „ T r a u e r “ ; d ie V aria tio n en beleuchten „ Z o r n “ oder „ T r a u e r “ von verschiedenen Seiten . A u c h fü r d ie zah lreichen alliterierenden G eb ärd eform eln aber, die in den m ittelenglisch en S ta b reim d ich tu n gen die A u sd ru cksvo rstellu n gen abkü rzen , lassen sich aus d er alten glischen D ich tu n g so g u t wie keine P aralellen beibringen, wohl aber w ortw örtlich e E n tsp rech u n gen aus den R eim rom an zen .1 D ie m ittelenglisch en Sta b reim d ich tu n gen greifen eben n u r d ie form alen Stilm ittel der alten T rad itio n auf, um sie a u f eine neue Seh- und D arstellu ngsw eise anzuw enden , w elche m it d erjen igen der R eim rom an zen ü bereinstim m t und w elch e von der Z u stän d lich keit der G efü hls- und G eb ärd en vorstellu n g und letztlich auch von der S tarre des reihenden K o m p ositio n sp rin zip s her b ed in g t ist. N eben der A u sw e itu n g zum zuständ lich en K o m p le x g ib t es - nam en tlich im B ereich der zerem oniellen G ebärd en - diejen ige zu r S i t u a t i o n s b e s c h r e i b u n g . A u c h hier bleiben die G eb ärd en d ek o ra tiv und tragen kein e neuen A s p e k te in den inneren Sinn der zerem o niellen H a n d lu n g . U m das Beispiel des E m p fan gszerem on iells, das auch fü r das B eo w u lf epos heran gezo gen w urde, noch einm al a u fzu g reife n : das zu B egin n von G H D T geschil1 V g l. T a t lo ck, P M L A X X X V I I I , 518 f. und die Z u sa m m en stellu n gen b e iO a k d e n , B d . I I, S. 195 f f .; S. 263 ff. M ünchen A k. A b h . phil.-hist. i 9S 9 (H abicht)
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I lic erzäh lteclm isch en Q u a litä ten d er G eb ä rd e in d e r m ittelen glisch en D ich tu n g
d erte Zerem oniell bei der A n k u n ft Jasons vo llzieh t sich in ä h n lich er S tu fe n fo lg e w ie das am A n f a n g d er B eo w u lfd ich tu n g . E s lie g t auch d ie g leich e A u sg a n g ssitu a tio n v o r: die A n k u n ft des H elden , d er gro ß e T a te n vo llfü h ren w ird. A b e r erzäh ltech n isch ist n u n alles anders. E s b egin n t ( G H D T 316 ff.) m it auslad end en B esch reib u n gen des E m p fa n g so rte s; die A n n ä h e ru n g an den E m p fa n g so rt g ib t A n la ß zur P erso n en b esch reib u n g der A n k ö m m lin ge. D ann hören w ir D etails aus der A b fo lg e der zerem oniellen G ebärden - das h ö flich e E n tg e g e n g e h e n des A etes (363 ff.), der G ru ß m it en tb lö ßtem H au p t, die U m a rm u n g (367), das G eleiten in d ie H alle (368), d ie tiefe V e rb e u g u n g der eintretenden D a m e (393). K ein e dieser vera n sch a u lich ten G eb ärd en steht in S in n b ezu g zum G esam tgesch ehen, w ie das beim B eo w u lfem p fa n g d er F a ll wa r ; alle sind sie d ekorativ. D e r zw eite E m p fa n g Jasons - d er nach v o llb ra ch ter T a t - kann d ah er aufs K n a p p ste k o m p rim iert w erden, ohne an innerem H a n d lu n g sw ert ein zu b ü ßen (963 f.). Ä h n lic h w erden rech tlich e H a n d lu n g en zur F o lg e rech tssym bo lisch er G eb ärd en a u s gew eitet. B eim E id z. B. - w o er E rzä h lein h eit ist, also tatsä ch lich rech tlich e H a n d lu n g und nicht rhetorische E m p h ase w ie oft in den A b sich ts- und D ro h red en - hören w ir g ele gen tlich von den G eb ärd en des Sch w u rzerem o n iells. N a ch sächsischen R ech tsd en km älern sind dies das B erü h ren des R eliq u ien kästch en s oder d as Z eig en d a r a u f (in den en glisch en R o m an zen ben utzt m an öfter noch die B ibel), sowie das E rh eb en d er S ch w u rh a n d bzw . d er S c h w u r fin g e r.1 Z u m G elöbniseid vo r d em K r ie g g egen die Sach sen in L a ja m o n s B r u t erhebt sich K ö n ig A r th u r ; er h eiß t R eliqu ien h erb eib rin g en ; er k n iet nieder, er h eb t die H an d und sch w o rt.2 D as A u sg e w e ite te sind nun aber zu m eist g a r n ich t diese eigen tlichen rech ts sym bolisch en G eb ärd en ; vielm eh r w erden eh er die u n tergeordn eten B eg le itv o rg ä n g e um der S itu atio n sb esch reib u n g w illen a u fgefü h rt. D a s einleitende H erb eih o len der R eliq u ien w ird am bereitw illigsten auslad end g esch ild ert. D ies aber ist gerad e die bloß e S itu a tio n s b ew egu n g, nicht die w esentliche S y m b o lg eb ä rd e bei der S ch w u rh a n d lu n g . In diese vorg ä n g h eh e S itu atio n sb esch reib u n g fließt d ie innere B ed eu tu n g des E idzerem on iells ab. In der w ich tigen T reu eid szen e ( L a 5am on 22859 ff.) ist das R eliq u ien h erb eib rin g en das ein zige was sin n en fä llig au fleu ch tet. In den R o m an zen ist solche S itu a tio n sb ew eg u n g noch m ehr g ew eitet und m it B esch reib u n gen und K a ta lo g e n geziert. A ls im L a u d Troy B oo k (861 ff.) M ed ea dem, Jason den E id a u f sein E h eversp rech en a b verla n g t, sehen wir, w ie sie bed eu tun gsvoll d ie K a m m e rtü r verriegelt, dan n einen starken K asten h ervo rh o lt und diesem ein G ö tterb ild entnim m t, a u f das Jason sch w ören soll u n d dessen leu ch tend e P ra ch t d er D ic h ter u m stän d lich a u sm alt; d ie eigentlichen S ch w u rg eb ä rd en h in g eg en deutet n u r eine ab strakte F orm el an (881 f.). U n d in G. IVw. h eißt es von den eid ablcgen d en H eld en im A n s a tz zu k a ta lo g a rtig e r A u sw e itu n g : A fte r J e relikes J a i sende, J e corporas, a n d þe m esse gere, O n J e halidom J a i g u n sw ere (G. W w. [A ] Str. 253,3 ff-).
In der V ersio n der C aiu s-H s. ka n n es d a fü r an d er entsprechenden Stelle abkü rzen d h e iß e n : ,,E s w ard das B u ch vo r sie g e b ra c h t“ (T h e booke w as b r o u jt hem be-for:ne; C 10574). D arin , d. h. in seiner ve rg ä n g lich e n S tu fe, verd ich tet sich das g a n ze Z erem oniell des E id s. D a ß in L M A M od red dem abreisenden A rth u r den T reu eid schw ören m uß, sa g t e in z ig die fo im e lh a fte Z eile gleichen In h a lts: “ w as A boko by-fore h ym b ro u g h t” (2521). D ie w eiter V g l. dazu V . A m ir a , S. 227 ff.; fern er: E. F rh r. v. K ü n s sb e rg , Schw urgebärde u n d S ch w urfin gerd eu tu n g (F r e ib u r g i. B r., 1941). 2 V g l. La;;. 1 9972 ff.
F o rm e n d e r d e k o r a t iv e n A u s w e it u n g u n d k ü n s tle r is c h e G e s t a lt u n g s m o g lic h k e it c n
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en tsinnlichte A b k ü r z u n g heißt d an n fo rm elh a ft: er sch w or beim B u ch e.1 W en iger h äufig findet sich statt dessen d ie form elh afte V e r k ü r z u n g a u f die sym bolisch e H a n d g eb ä rd e bei L a ja m o n schw ört V o rtig ern “ bi his h on d en ” ( L a 3. 1 316$) * In den R o m an zen ist öfter - v ö llig a n sch au u n gslo s - d ie G o tth eit gen an n t, bei d er m an sch w ört (. . . and sw or be god in trin ite; B ev. Harnt. 247s)-12 3 B ei L a ja m o n h eißt es zum eist in ab strakter A b k ü r z u n g : „ S ic schw oren E id e “ (aðcs heo sw oren).4 M a n könn te zw ar verm uten, die A u sw eitu n g , oder die form elh afte A b k ü r z u n g , d er Sch w u rszen en sch ild eru n g beruhe a u f tatsäch lich en rechtlichen G ep flogenheiten . W irk lich ken n t z. B . das frän kisch e R e c h t sow ohl einen ausfü hrlichen E idesritu s (B erü hren des R eliqu ien kästch en s) wie auch ab gek ü rzte Form en, w elch letztere im sp äten M ittela lter w e it verb reitet sin d.5 A b e r fü r d ie D ich tu n g ist die A b b re v ia tu r - oder A u sw e itu n g - d er S ch w u rg eb ä rd en eben ein erzahltechnisches P h än o m en, w eil es dabei g a r n ich t a u f die sym bolisch e V e r tie fu n g des R itu s selbst, sondern auf seine v o rzü g lich d ekorative U n term a lu n g ankornm t. In ähnlicher W eise w ird auch anderes zerem onielles G esch eh en hier a b stra k t oder d urch eine fa st an schau u n gslose A n d e u tu n g verm ittelt, dort ins V o r g ä n g lic h e und B esch reibend e ausgew eitet. S ch ild eru n gen von U n terw erfu n g en etw a breiten den A k t des d em ü tigen S ich -N a h en s des B esiegten a u f den S ie g e r zu aus und reihen D em u tsg eb a rd en anein an der w ie im F a lle der U n terw erfu n g O ctas und d er Sach sen unter K ö n ig A u re liu s bei L ayam o n (16759 ff.) das A b le g e n der G ew an d u n g, die F orm des H eransch reitens (zu zw eien h in ter einander), das T ra g e n der sym bolischen K ette um den H als, das H in treten vo r den K ö n ig , d as N ie d e rk n ie n ; letztere G eb ärd cn fo lge ist überdies ged o p p elt, indem sie u n m ittelb ar vor d er d irekten S ch ild eru n g schon in O ctas A b sich tsred e erscheint. A b e rm a ls m G. W w. geh t ein en tsprechender B erich t - im F a lle der U n te rw e rfu n g S e g y n s (2598 ff.) - m n och w ei tere E inzelheiten . A b e r auch fü r die U n terw erfu n g ssitu a tio n ist die g eb ärd en kü rzen d e D a rstellu n g ebenso üblich - bei L a y a m o n wie in den R om an zen , wie auch etw a in W. A le x ., wo jede der zahlreichen U n terw erfu n g en europäischer und a frik a n isch er V o lk e r steieo typ m it der E rw ä h n u n g der T rib u tg a b e endigt. D ie ausw eiten den Situ ation sb esch reibu n gen veran sch au lich en auch W i r k u n g u n d R e s o n a n z der G eb ärd e. D ie D rein sch lag eg eb ä rd en der R o m an zen h elden setzen sich im F lu g der abgeh au en en F ein d esköpfe und -glieder fo rt (s. o. S. 82). D er A u ftritt von A le x a n d e rs schlachtbereitem H eer ist so g e w a ltig , d aß die Pferde tän zeln .6 D en K la g en d en sind vo m W ein en die K le id e r d u rch n äß t,7 das B lu t sp ritzt beim H än d erin gen aus den F in g ern .8 D as K la g e g e b a re n eines E in zeln en geh t selten v o r sich, ohne d aß die U m g e b u n g m itk la g t, m itw eint und sieb m itg eb ärd et (s. o. S . 103). E m otio n ale G ebärd enreson an z erhalten auch die zerem oniellen V o rg ä n g e . T y p isch d a fü r ist die G este des verw un derten B etrachten s d er vollführten G eb ärd en d urch das V o lk . A n g esich ts des E m p fa n g szerem o niells bei der A n k u n ft Jasons und seiner G efäh rten in C o lch is g a fft d as V o lk in n e u g ierig em E rsta u n en : 1 V g l. H av. 2307 t: O bok fu l g ru u d lik e he sw ore / p a t h e sliolde w ith him h a ld e ; v g l. ebd. 2127, 2781; Y iv a in a n d Ga-wain 1947; A r th o u r a n d M e r lin 1629; M e r lin P. 2344 u. o. 2 V g l. au ch L a j . 6572, 1 5 8 7 4 ; G. W w. (C) 8437; A th elsto n >54 3 F ü r w e itere B e le g e hierzu v g l. S ch m irg el, E E T S , E S L X V , S. X L V I H . 4 V g l. L a 3. 4100, 5041, 5160, 6170, 1 6891 , 1 9 3 4 4 , 2 1 9 45 , 2 2 5 5 3 u. ö .; v g l. au ch 704, 5165, 2 0 2 16 , 2 2609 u. 5 . 5 V g l. v. A m ira , S. 228 b « V g l. W .A le x . 2618. •> V g l. G H D T 5869 f. 8 V g l. Ytuain an d G aw am 821.
4 7 57° ,
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D ie erzä h ltech n isch en Q u alitäten d er G eb ärd e in der m ittelen glisch en D ich tu n g A s þ a i p ast on th e p a ym en t þ e p ep u li beheld, H a d e n w o n d er o f the w e gh es . . , (G H D T 352 f.).
D esgleich en gesch ieh t cs in G G K an gesich ts des G eb aren s des a n ko m m en d en G rünen , erS ^ 3 7 ’ 2f 2')’ D cn erw ah nten B ü ß g a n g des H erzog s S e g y n u nterm alt au ch die Gefu h lsrca k tio n des V o lk e s : „ E r w a r f den M an tel ab - m an ch einer spürte d aro b gro ßes 11:1c i d , er stan d im B ü ß erh em d e d a - er w ard d arum g a r sehr b e k la g t.“ 2 D a s G u te n a ch tsa g en G a w a m s n a ch dem fröh lich en G e la g e zu A s c a lo t b eg leitet geh ob en e S tim m u n g und F ro h lich sein (A b o u te h ym w as g am m e and p la v ; L M A 6 11). D o ch au ch d ie R eso n a n z fa llt in den a b ge k ü rzten E rzäh lein zelh eiten ohne geh altlich e E in b u ß e unter den lis c h . A ll diese M eth o d en der d ek o ra tiven A u sw e itu n g in d er G eb ärd en d arstellu n g en tw ickeln sich im R ah m en d er geschlossenen E rzäh lein h eiten , die fü r die reihende E rzäh lw eise der m ittelen glisch en D ich tu n g ch a ra k teristisch sind, einer E rzäh lw eise, w ie sie im G ru n d e fü r L a 3am ons V ersch ro m k ebenso w ie fü r die R o m an zen a p r io r i g egeb en ist. H ier liegen die G ren zen fü r die m ittelen glisch e G eb ärd en d arstellu n g - aber auch die E n tw ick lu n g sm ö glich keü en . D ie G ren zen : w eil in der isolierten E rzä h lein h eit die G eb ärd e n ich t jen e epische P oten z anzun eh m en ve rm a g, k ra ft derer sie selbst im gebärd en arm en B eo w u lfep o s in die G esam tw elt des G eschehens h ineinstrahlte. G a n z verein zelt - w ie im allit. M orte A r th u r e w ird etw as von. jen er epischen Q u a litä t zu rü ck ge w o n n en ; d aran die allein ig e W ertu n g zu knüpfen, h ieße d ie M ö g lich k e ite n des reihenden Stils, bzw . d er neuen G a ttu n gen (R eim chron ik R o m an ze, V ersro m an ) verkennen. E ine ästhetische W ertu n g h at vielm eh r die vo rgeg eb en en E n tw ick lu n g sm ö g lich k eiten der G eb ärd en d arstellu n g zu berü cksich tigen sie hat zu fra gen , m w elch em M a ß e die einzelnen D ich ter der d ek o ra tiv ausgew eiteten oder d er fo rm elh a ft verdich teten G eb ärd en w ie d erg ab e erzäh ltech n isch e F u n k tio n en ab gew in n en und sie dem S zen en b a u , d er K o m p ositio n oder der C h a ra k terisieru n g n u tzb ar m achen. • B t VCT ,W dlG A n sa tze zu solch er N u tzb a rm a ch u n g au fzu d ecken versu ch en , ist noch a u f ein P ro blem ein zu geh en , das sich h ier a u fd rä n g t. Ist es zw ar rich tig , d a ß es nichts am inneren H an d lu n g sw ert, am „ G e h a lt “ der E p iso d e ändert, ob die G eb ärd en ausfü h rlich ve ra n sch a u lich t oder ob sie a b g e k ü rz t sind - so w ird m an sich doch beim B etrach ten einer D ic h tu n g als G a n zh eit u n w illk ü rlich fra gen , w aru m denn im einen F a ll die ku rze, im ande ren die auslad en d e D a rstellu n g sfo rm fü r die G estik g ew ä h lt ist. V erm ittelt n ich t gerad e eine sin nreich e A b w e c h slu n g von a b strak t-ged rän gter und auslad en d -besch reiben d er Geb ard end ars tellu n g eine innere Polarität: des Sch au en s und D en ken s - der die Z w eih eit vom a ktiven und ko n tem p lativen L eb en der M oralleh ren en tsp räch e , deren sinnreiches Z u sam m end asein das L e b e n sg e fü g e d er D ich tu n g ausm acht ? D och ist auch dies eine k e im hafte E n tw ic k lu n g sm ö g lich k eit fü r die G eb ärd en ku n st, die sich in den R o m an zen zum eist n ich t en tfaltet. V e rg e g e n w ä rtig e n w ir uns d ie T atb estän d e. Es g ib t au ch R o m an zen , die a u ssch ließlich im K u rz stil erzä h lt sind. S o ist es im sp ätm ittelenglisch en A r th u r ; alles ist g ed rä n g te D a rste llu n g ; zu m V erw e ilen bei der G eb ärd e b leibt keine Z e it; n u r hier und da steht eine k n a p p e heroische Pose oder d ie A n d e u tu n g einer zerem oniellen F u n d am en talg eb a rd e (194, 277). Ä h n lich e N e ig u n g zum abkü rzend en E rzä h lstil u ntersch eid et z. B . 1 1 V g l. au ch G. W w. (C) 2622. T h a n he th rew e his m antel! of: M a n y m an h ad g re te rew tlie therof. ln his sherte h e stode a llon e: F o r him w as m a d e m ikell m one (G . IVw. [C] 2611 ff.).
F o rm e n d e r d e k o r a t iv e n A u s w e itu n g u n d k ü n stle risch e G e s t a lt u n g s m ö g lic h k e lt e n
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das m ittelen glisch e R o la n d sfra g m en t von seinem großen französischen V o rb ild . D ie daraus resu ltieren de allgem ein e G eb ärd en arm u t der m ittelenglisch en V ersio n 1 beruht eben a u f der R e ih u n g des A b g e k ü rzte n und ist fo lg lich g a n z anders b ed in gt als die G efü h lsgeb ärd en arm ut im B eo w u lfep o s, w o die G eb ärd e a u f G ru n d innerer L eb en sh a ltu n g und ihrer U m se tzu n g in den S til v e rd rä n g t und d u rch son stige A u sd ru ck sfo rm en ersetzt w u r d e .- F ü r das andere E x trem , d. h. fü r eine aussch ließlich e V o rh errsch aft des die E rzäh lcin h eiten aufschw ellend en Stils, m it einem b arocken Ü b e rsch w a n g in der d ekorativen G ebardendarstellu n g - fü r dieses lau te E x tre m g ib t es freilich in der m ittelenglisch en D ich tu n g (von dem noch zu behand elnd en G G K abgesehen ) k a u m ein so eindeutiges Beispiel. Z w ar nähern sich ihm die B ea rb eitu n gen des T rojasto ffes oder die Ipom edon rom an ze. A b e r das ab kü rzen d e P rin zip ist d och ü berall w irksam - w irksam er als in m an ch en m ittelhochdeutschen vorhöfischen und S p ielm a n n sd ich tu n g en ; sollte m an darin eine en glisch e E igen a rt er b licken können, der die V o rste llu n g vo n u n au fh ö rlich grellem und ü bersch w englich em G eb aren w esensfrem d ist ? . . . So w echseln denn im M ittelen g lisch en A u sg ew eitetes und G ed rän gtes zu m eist m itein ander ab. D ie U rsach en fü r diesen W echsel scheinen nun freilich in vielen R o m an zen nicht im G eh a ltlich en bzw . im kü nstlerischen A u ssa g e w ille n zu liegen . Im F a lle der oben an aly sierten P arallelepisod en aus H avelok d ü rfte die gestisch e A b k ü r z u n g der zw eiten E rzah leinheit h a u p tsäch lich dem B ed ü rfn is n a ch W ied erh o lu n gsverm eid u n g entspringen. D a bei h a t sich allerd in gs g ezeig t, daß m an bei solch w ied erh olu n gsm eid en d er A u ssch a ltu n g des d ekorativen G eb ärd en m aterials unter B eib e h a ltu n g der en tsinnlichten K ern g eb a rd e g a r g esch ick t zu W erk e zu gehen versteht. D a s lä ß t w oh l den S c h lu ß zu, d aß jenes V e r fah ren als erzählerisches B ed ü rfn is em pfun den w u rde und n a ch g erad e zu einer lc c h n ik a u sge b ild et w ar. F r e ilic h : sinnreich im R ah m en des G esam tw erkes d u rch g efu h rt ist es in R o m an zen w ie G. W w ., B ev. Harnt-, L M A oder den A le x a n d e r- und T ro ja -R o m a n en fur g ew o h n lich nicht. Serien w eise anein an dergereih te g leich fö rm ig gestaltete E rzäh lem h eiten m achen d a o ft einen a rg m onotonen E ind ruck. D ie F o lg e der U n terw erfu n g en , d ie m W. A le x . A le x a n d e rs diverse K rie g s zü g e d urch E u ro p a und A fr ik a krönen, sind allesam t vo n einfallsloser E in fö rm ig k eit. D ie A u ssag em ö glich k eiten , die der W ech sel von A u s g e w e i tetem und A b g e k ü rzte m m it sich b rin gen könnte, bleiben u n gen ü tzt. G eleg en tlich m a g auch die g leich fö rm ig e F o lg e einen E ffek t zeitigen, w ie w enn im strophischen Morte. A r th u r G u inevere sich einm al der R eih e n ach vo r allen edlen K ä m p en des H ofes erfolglos d em ütigt, w obei jedesm al in eind rin glichem S ta k k a to die gleich en G eb ärd en veran sch au lich t w erden ihr Jam m ern und W einen, ih r K n ie fa ll, ihr verzw eifeltes S ich -A b w en d en (L M A 1340 «•)• A b e r es ist auch da fra g lich , ob ein solcher E ffek t in der K u n sta b sich t des D ich ters gelegen ^ Z u w e ile n veranlassen w ohl auch m ehr periphere T rie b k rä fte h ier zur A u sw eitu n g , dort zur B esch n eid u n g der G eb ärd en. In H avelok ist es sicher nicht zu letzt ein n ation ales B ew u ß tsein , das dem D ich ter ein gib t, die schon erw äh nte 82-zeilige B esch reib u n g des en glisch en K ö n ig s A th elw o ld (2 7-10 9 ) in d ekorative R ep räsentation auszu w citen und dann die parallele B esch reib u n g des D än en kö n igs in ach t Zeilen zu pressen ( 3 3 9 - 4 7 ). die dcn gleich en In h alt als dürres G erip p e hinsetzen. D en n o ch liegen auch im W echsel von E rzäh lein h eiten m it ausgew eiteter und solchen m it v e rk ü rzter G estik fru ch tb are G estaltu n gsm öglich keiten , deren g elegen tlich g e g lu c te N u tzb a rm a ch u n g uns n och b esch äftigen w ird. E rw eist sich doch das P h än om en des W ec sels von A u sg ew eitetem und A b g e k ü rzte m als ein w ich tiges F orm p rin zip m ittelalterlicher 1 1 V g l. H o p p e, S. 141 ff.
1 2Ó
D i e erzäh ltech n isch en Q u alitäten ch'r G eb ärd e in der m ittelen glisch en D ich tu n g
E rzä h lw eise ü berh au p t. W ofern m an n u r sein W esen in der gan zen B reite, und n ich t allein von der G eb ärd e her, erfassen w ü rde, könn te m an n ich t n u r zu k ü n stlerisch er W ertu n g vorstoßen, sondern auch ein m ethodisches In stru m en t zu r K lä r u n g etw a vo n E in flu ß- und Q u ellen fra g en sch affen .1 D ieser W e g fü h rt über den R ah m en der vo rliegen d en A rb e it h in au s; doch eine k ü n ftig e F orm en gesch ich te der m ittelen glisch en D ic h tu n g w ü rde ihn zu verfolgen haben.
3. L A 3 A M O N S
ER R U N G EN SCH A FTEN
UM
DIE
G E B Ä R D E N D A R S T E I. E U X G
D ie starre m ittelen glisch e R e ih u n g h erm etischer E rzäh lein h eiten m it all ihren K o n se quenzen fü r die G eb ärd en d arstellu n g ken nzeichnet, w ie g esa g t, au ch schon L a ja m o n s B ru t] die C h ron ik form dieses W erk es12 b eg ü n stig t überdies die selbstrech tlich e A b g esch lo ssen h eit d er E in zelep isoden und E in zelszen en . In m an ch erlei H in sich t läß t sich hier jedoch a n satz weise ein Sin n füi den erzäh ltech nisch en F u n k tio n sw ert d er G eb ärd e erkennen, w o fü r g ew iß der G a ttu n g szw a n g allein n ich t veran tw o rtlich ist. Gebärde und Diktion Im B ereich der G efü h lsgeb ärd en weitet L a ja m o n d ort in K o m p lex e, w o er Böses und A n tih ero isch es dal stellt, und zw ar — das ist seine B eson derh eit g ege n ü b er den R o m an zen — zu m eist in reine G eb ärd en k o m p lexe ohne B eim isch u n g vo n G efü h lsan ga b en . D as scheint doch seine m oralisch -p ejo rative W erta u ssag e d urch die G eb ärd e m it besonderem N ach d i u c k einzu h äm m ern. A n d ers als in französisch en chansons de geste und auch bei W a ce ist es d abei nicht die V ie lfa lt a u fgezä h lter typischer G eb ärd en , w as die S tä rk e sein er „ K o m p lexe ausm ach t, sondern vielm eh r die H e ftig k e it w en iger E in zelgeb ärd en . A n der E rze u g u n g dieser H e ftig k e it hat d ie D ik tio n der G eb ärd en w ie d erg ab e en tscheidenden A n teil. D a s fo lgen d e B eispiel eines G eb ärd en k o m p lexes sch ild ert d ie D e m ü tig u n g d er elenden W eib er der besiegten S k o te n : H eo w eopen on A rð u re w u n d er a n e sw iðe a n d heore u æ x fæ ire w æ ld en to volde curuen heore lo ckes a n d þ e r n iðer Beiden to þ a s k in g e s foten bi-foren al his d u je ð e n n ailcs to heore n cbbe þ a t æ fle r hit b le d d e ( L a j. 21 87 1-80).
G em ü tsb e w eg u n g ist hier nicht erw ä h n t.3 D e r K o m p le x nennt v ier G eb ärd en : W einen, H aa reau sra u fen , N ied erfallen , W a n g en zerk ra tzen . Jeder d er G eb ärd en ist ein selbstän diger 1 W e g e dazu h a t die neuere G erm an istik gew ie se n . V g l. z. B. S. B e y s c h la g , D i e W iener G enesis, S itzu n g sber. d. A k a d . d. W issen sch aften in W ien , philos.-hist. K la sse, 220 (W ien, 1942); H u g o K u h n , „ Ü b e r n ordi sche u nd deu tsche S ze n e n re g ic in der N ib e lu n g e n d ic h tu n g “ , F e s t s c h r .f. F . G em m er (H eid elb erg, 1952). 2 Ü b e r den E in flu ß des C h ron ikstils a u f L a ja m o n s E rzä h lk u n st v g l. G illesp y, S. 374 ff. 3 In an d eren G eb ärd e n k o m p le xe n sch ieb t sich a llen falls eine erstarrte „G e fü h ls fo rm e l“ in den a u sg e fü h r ten B erich t v o m G eb are n ein; “ þ e r wes . . . heortn e g r a n in g ” , h eiß t es einm al zw isch en an sch au lich en K la g e g e b ä rd e n (vg l. L a 3 . 1 7 7 9 6 E ) .
L a ja m o iis E rru n g en sch aften um die G eb ärd en d arstellu n g
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S a tz g ew id m et; die S ä tze sind V aria tio n en des B en eh m ens der D e m ü tigu n g . D ie A llite r a tion e rfa ß t die g eb ä rd e verm ittelnden W örter. D ie N en n u n g des H aareau srau fen s (oder -abschneidens ?) ist ihrerseits d urch die V a ria tio n g ed o p p elt („u n d ihr schönes H a a r w arfen sie zu B oden, rissen ihre L o ck e n a b “ ); dies ist die von L ag a m o n am lebh aftesten em p fu n dene G eb ärd e; sie ist w o h l auch d er Q uelle gegen ü b er verstärkt (W ace sp rich t n u r von „a u fg elö stem H a a r “ [s. u.]) und ist jed en fa lls h eftige r als das in der stereotypen K la g e g estik ansonsten üblich e H aarerau fen . E s h a n d elt sich also um einen rein körperlich en G eb ärd en k o m p lex, den die M ittel des S tabreim stils (A lliteration , V a ria tio n ) in der schon w eiter oben beschriebenen W eise verstärken. D och dies ist nun n ich t alles. In d er S y n ta x selbst pu lsiert die V o rstellu n g dei G eb ä id e. D ie vier G eb ärd en erscheinen in u n a b h ä n g ig en H au p tsätzen , w elch e teils durch die K o n ju n k tio n „ u n d “ gekop p elt, teils ein fach an ein an d ergereih t sind. D o ch die S atzste llu n g w echselt ab. D e r erste G eb ärd en satz1 (W ein en ; 21871 f.) b eg in n t mit dem S u b jek t (heo), das die gebärd en vo llfü h ren d en Personen bezeichnet. Im zw eiten G eb ärd en satz (H a a iea u srau fen ; 2 18 7 3 1.) stellt die Inversion als O b je k t den von der G eb ärd e betroffenen K ö rp e rteil (heore uaex; ,ihr H a a r') an d ie S p itze ; die V a ria tio n d azu (21875) hat wiedei norm ale S atzstellu n g. D e r dritte G eb ärd en satz (21876 f.) b eg in n t w egen des ausfallen den S u b jek ts m it dem A d verb , das die G eb ärd eb ew egu n g ch arakterisiert (þei niðer læiden), der vierte m it dem O b jekt, das den die G eb ärd e ausführenden K ö rp erteil (nailes) an gib t. Jede der B ew egu n gen scheint von einem anderen A s p e k t ausgeh end b etrach tet zu sein; das ist w ie ein verw undertes A n a lysieren d er G esam tersch ein u n g des G ebarens. E n tsp re chend - und noch d arü ber hinaus - w echselt die innere S atzstellu n g. D er erste und dritte G eb ärd en satz haben norm ale S tellu n g des P räd ikats. A b e r w äh rend im ersten die präpositio n ale E rg ä n z u n g (on A rð u re - die R ich tu n g der G eb ärd e angeben d) und das A d v erb (swiðe - die A r t und W eise des G ebarens bezeichnend) dem P rä d ik a t folgen , geht im dritten S a tz das A d v e rb (þer niðer) dem P rä d ik a t vo rau f, und die p räp ositionale E rg ä n z u n g fo lg t ihm n a ch ; zudem ist im ersten S a tz das A d v e rb , im dritten S a tz d ag eg en die p rä position ale E rg ä n z u n g erw eitert. D e r vierte G eb ärd en satz en dlich ist ellip tisch ; das P räd i k a t fä llt aus. D iese unstete N ervosität der S y n ta x , deren K rö n u n g die em phatische E llipse im letzten der G ebärd ensätze ist,12 verm ittelt doch w oh l die h eftige B ew egth eit des p h ysi schen G ebarens, das diese S ä tze zum In h alt haben. D a m it sei n u n W aces S ch ild eru n g des gleich en V o r fa lls verg lich e n : R e s v u s lé dam es des cuntrees, T u te s nu p iez, eschevelees, L u r vesteiires decirees E lu r chieres esgratin ees . . .; O d plu rem en z e od g ra n z criz ; A s piez A rtu r tu it s ’ u m ilient, P lu re n t c braien t, m erci orient . . . (W ace, B r u t 9469 ff.).
In diesen drei S ätzen erscheint eine V ie lza h l einzelner G eb ärd en in p u n k ta rtig anein an der gereihten W örtern. D iese h än gen in den ersten beiden S ä tzen von unpersönlichen S u b jekten ab („m a n sa h “ , „es g a b “ ); in anderen G eb ärd en p assagen W aces sind gan ze Serien von G eb ärd e-In fin itiven a u f ein einziges n eutrales „m a n sa h “ a u fgefäd elt.3 Im dritten S a tz 1 B ei der N u m e rie ru n g ist der V a ria tio n ssa tz für die zw eite G eb ärd e n ich t m itgezäh lt. 2 D e r sp ätere T e x t v erv o llstä n d ig t u n ter offen barer V e rk e n n u n g des stilistischen P rinzips diesen vierten S a tz und sa g t 218 79: “ N ailes sette to n eb b e ” (statt: “ n ailes to heore n eb b e ” in der H s. Gott. C a lig .). D ie E llip se ist bei L a ja m o n eine d u rch a u s g e b rä u ch lich e S tilfig u r; siehe au ch u. S . 128. 3 V g l . z. B . W a c e, B r u t 1133 ff., im G egen s. zu 1213. 1880 ff.
D ie erzähltechn isch en Q u alitäten der G eb ärd e in der m ittelen glisch en D ich tu n g
sind die G eb ärd en an ein an d ergereih te P rä d ik a te. Die A u fz ä h lu n g der einzelnen G eb ärd en bei W a ce ist sin n en freu d ig - m an ist versuch t zu sa g en : im pressionistisch. D o ch fü r die D y n a m ik d er S y n ta x , m it d er L a ja m o n den G eb ärd en G ew ich t verleih t, h a t W a ce keine E n tsp rech u n g . D rü c k t n ich t des E n glän d e rs Stil d as u rsp rü n glich e E rstau n en einer fü r ihn noch neuen Sehw eise aus, w elch e eben erst die B ed eu tu n g des körp erlich en A u sd ru c k s en t d eck t hat ? U n d form t ihn n ich t g le ich ze itig das B ed ü rfn is, das U n h ero isch e des g e sc h la g e nen P ik ten vo lkes d urch die G eb ärd e an zu p ra n g ern ? D ie O rig in a litä t dieses Stils sei n och an einem w eiteren B eisp iel a u fg ezeig t. D e r seiner R eu e über die B ru d erfein d sch aft A u sd ru c k geben de Brennes let g lid en bis ga re þ a t hit grim d sollte he senet his riche sceld feor ut in þ e u e feh l aw ei he w arp his go d e breund and o f m id Jperc burnt: ( L a j. 5079 ft'.).
Pier V o r g a n g (reuiges W affen ab legen ) w ird gesrisch d urch seine A u flö s u n g in vier sy n ta k tisch variierte und sich an H e ftig k e it steigernd e E in zelb ew eg u n g en (S ch w erta b legen , Schild w egw erfen, S ch w ertw egw erfen , B rü n n eab legen ). D ie B ed eu tu n g d er B e w e g u n g s verben, w elch e diese B ew egu n gen a n zeigen , steigert sich em p h atisch (let g lid en - scæ t w arp). A u c h das syn ta k tisch e B ild verm ittelt d ie affektisch e S te ig e ru n g der B ew egu n gen zu G eb ärd en . D ie erste g ib t ein au sge glich en e r S a tz w ieder, der von dem V e rb „ la s s e n “ a b h ä n g t; die zw eite eine L a n g z e ile , die das B ew eg u n g sv erb (seset) beh errsch t; m it der dritten B e w e g u n g steigert sich das T em p o d urch die Z u sa m m en d rä n g u n g in eine P lalbzeilc und die E m p h ase durch d ie Inversion (aw ei he w arp), w elch e E m p h a se in der vierten B ew eg u n g w ied eru m d urch die E llip se des V e rb s g ek rö n t wird. B ei W ace en tsp rich t a lle dem eine zw eizeilige, sa ch lich e und v ö llig un gcstisch e W ie d e rg a b e .1 A lso au ch hier p u l siert bei L a ja m o n die G eb ärd en v o rstellu n g in S p ra ch stil und S y n ta x . W enn in äh nlich er W eise g elegen tlich auch in sp äteren m ittelenglisch en D ich tu n g en die D iktion der G eb ärd en W iedergabe von der ihrer fran zösisch en V o rla g e n abw cich t, so w erd en n ich t n u r G ebärd en-, sondern gan ze leiblich-seelische A u sd ru ck sk o m p lex e e rfa ß t.2 D ie w ertm itteln d e F u n ktion dieser D iktion sch eint d an n zu versinken, d och vom sp rach lich en Sin n fü r das G eb aren b leibt m an ches erhalten.
Szenenaufbau
durch die G eb ä rd e
D ie M eth oden der d ekorativen G eb ärd en aus W eitung praktizieren die m ittelen glisch en D ich ter m it unterschiedlichem G esch ick. L a ja m o n scheint eine w eitere ihrer kü nstlerisch en M ö g lich k e iten insofern zu erfassen, als er sie fü r den S zen e n a u fb a u ausw ertet. Es geh ört zum W esen vieler der besten H an dlu n gsszen en — im D ra m a —, d aß sich in ihnen ein H a n d lu n g su m sch la g (die P erip etie des A ristoteles) ereign et: am E n d e der S zen e ist ein S ta d iu m des — inneren oder äußeren — G eschehens erreicht, das zu r S zen e n a u sg a n g sV g l. W ace, B r u t 2819 f. :
L ’espee desceinst, 1’ elm e osta, E del h alb ere se desarm a. 2 V g l. etw a das K la g e g e b a re n des W erw o lfs in IV. P . 84 ff., v e rg lich e n m it d e r m u tm aß lich en fra n zö si sch en Q u elle (M itg e te ilt in S k ea ts A n m . zu dieser S te lle ; E E T S , E S 1, S. 220 f.).
L a ja m o ns E rrungenschaften um die G ebärdendarstellung
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situation einen K o n tra st bildet. D ie Q u a litä t der D u rch fü h ru n g der P erip etie bestimmtw esen tlich den W ert des B a u s d er E in zelszen e. D ieses K riteriu m erw eist sich bei der B e u rteilu n g von L a 3am ons szenisch ausgew eiteten E rzäh lein h eiten als fru ch tb ar. D en n bei L ayam o n ve rm a g die G eb ärd e den „ S z e n e n b a u “ solcher E rzäh lein h eiten zu stutzen. In den oben behand elten S terbeep isod en in H avelok w a r solches durchaus n ich t d er ball. Z w ar geh t d ort ein G eschehen d urch die Szene, es vollzieht sich so g ar eine W e n d u n g d er H an d lu n g slag e (am A n fa n g : d er repräsentative, G utes w irkend e K ö n ig - am E n d e , der K ö n ig ist tot, der böse L eid en veru rsachen de S ta tth a lter triu m p h iert); aber von einer arc 1tekton isch en G eb ärd en g esta ltu n g kan n dabei keine R ed e sein. D ie einzelnen V o r g ä n g e jener E pisod en sind ihrerseits ad d itiv aufgereih t, und m it ih nen die zu geh ö rigen G eb ar en. In L asam o n s B r u t jed o ch g elin g t hie u n d d a eine k o n stru ktive szenische A u sw ertu n g der G eb ärd en und zw ar sichtlich in stärk erer B ew u ß th eit als im fran zö sisch en B r u t des \\ ace D a s M om en t der H an d lu n g sw en d u n g w ird d urch die zentrale F u n d am en ta lgeb ard e als H ö h ep u n k t der Szen e h ervo rgeh o b en ; die um es g ru p p ierte A u sw e itu n g s g e s tik fuhrt zu diesem H ö h ep u n k t hin und läß t ihn n ach h er ab k lin gen . So ist der B ru d e rk u ß die sym bo 1sche V e rd ic h tu n g der g ro ß a n g elegten V ersöh n u n gsszen e zw isch en B elm und B renn es ( a 5. 408 t ff ) D e r K u ß bezeichnet anderenorts in a b gekü rzten E rza h lcm h eiten fo rm elh a ft c as E reign is der V e r s ö h n u n g ; hier ist er der Zenith des H an d lu n g su m sch la gs, d er vo n der A u s gan gssitu a tio n (die fein d lich en B rü d er rücken m it ihren H eeren g egen ein a n d er in die S ch lach t) zur konträren E n d situ atio n h inüberleitet (die versöh n ten B ru d er b esch ließ en gem ein sam e S ach e g egen ihre F ein d e zu m achen). Z u m zentralen K u ß hm ^ h r e n (aucl^ rä u m lich ') die veran schaulichten G eb ärd en . E s b egin n t m it dem B ittg a n g d er M u tte , diese n a h t B ren n es’ H eer in zerschlissenem G ew an d , b a rfu ß - w obei sie den K leid ersau m fast bis zu den K n ie n “ hochhebt ( 4 9 9 3 A ls sie Brennes erblickt, lau ft sie sch nell au ihn zu (V fen en heo him o m ; 5009), u m arm t und k ü ß t ihn (die typ isch e G ru ß fo rm u nter V erw an d ten ). Sie fleht ihn in la n g e r R ed e an (501 5-5074). vom B ru d erh a ß ab zu lassen , sie h ä lt ihm d abei die B rust en tgegen und deutet a u f ihren L e ib :2 L o k a her þ a tittes Jiat pu suke m id pin e lippes . . . leo w æ r her þ a w om be þ e þu læ ie inne sw a lo n g e . . - (5025 ff-)-
Ihre R ed e geschieht unter an sch au lich gem ach tem T rä n e n flu ß ; „ E s ran nen ihr die T rän en über die W a n g e n “ (V m e n hire teares / ouer hire leores ; 5075 f.). Den. B rennes trei g eic sam die a u f ihn gerichtete B e w e g u n g an, d ie von den G eb ärd en der M u tter ausgeh t. Sem e d ara u ffo lg en d en R eu egeb ärd en sind das schon in anderem Z u sam m en h an g erw äh nte A 1 legen der R ü stu n g und F ortw erfen der W a ffen : er w irft den S ch ild h inaus ms F eld ^ D iese W u rfb e w e g u n g nun zeichnet die R ich tu n g der näch sten szenischen B e w e g u n g v o r: M u tter X L a ia m o n s im V e rg le ic h zu W a c e b e d eu tu n g sv o lleren A n sä tze zu r „ T h e a tr a lis ie r u n g “ v erm erk t auch rillesD V S 448 - S 460 beto n t sie L a ja m o n s “ p ow er of v isu a liza tio n ” , s o n A u s g e sta en er E in zelh eiten um der L e b h a ftig k e it w illen. D a m it ist je d o ch n ur ü ber d ie T a tsa ch e d e r A u s w e it u n g e t w a s ig s a g t. D a rü b e r hin aus ist zu fr a g e n : W ie n utzt L a ja m o n je n e E in zelh eiten zu r S ch a ffu n g ec en szem s G ? D as 1besch w ören de E n tg e g e n h a lte n der M u tterb ru st kom m t bei H o r n » ‘ . , r ■ r c , , n D as M itte la lte r erfüllte diese G eb ä rd e m it ch ristlich em S in n , m der beran aram iscn e H eilsm ittlerin 1- t o , 5 * . v o m G o ,ic .» indem hm ,h ,o M u tterbrü ste e n t g e g e n ! » {vgl. C u ,t ie ,. S . l j u ) A u , .o lc h e m „ l i g i o . e m G e h .lt b e ru h , ,,t diese G e b e r e . b ei L a ja m o n zu versteh en . M ünchen
Ak.
A bh . phil.-hist. 1959 (H abicht)
*3 ^
crzähltechnischen Q ualitäten d er G ebärde in der m ittelenglischeil Dichtung*
und Soh n schreiten ins F eld hinaus und a u f B elins H eer zu. B elin k o m m t ih nen von der anderen Seite en tgegen . D a s versöhnende Z u sam m entreffen der B rü d er e rfo lg t also auch räu m lich im Szenenzentru m , in der M itte der „b reiten E b e n e “ (5087), zw isch en den a u f beiden Seiten aufgestellten H eeren. H ier nun findet der V ersö h n u n g sk u ß sta tt — w iederum in Situ ation sb esch reib u n g ein gebettet: die B rü d er nahen einander (5094 ff.) und küssen sich. D a s F o lg en d e ist R esonanz. Es läß t die W irk u n g der V ersö h n u n g sg e b ä rd e n ach k lin g cn . In den H eeren erheben sich freu d ig er Jubel, F an fa ren sch all, G esan g, M u sik ( 5 10 / ff.). D en K o n ti ast zw isch en A n fa n g s- und E n dsitu ation betonen zudem noch w eitere E inzelheiten . V o r d er U m stim m u n g sieht m an B rennes sich zu m K a m p fe gegen den B ru d er rüsten (þer he hine w epnede / alse he to fihte þeohte; 5003 f.); n a ch der V ersö h n u n g w irft er h e ftig R ü stu n g und W affen w eit von sich (5078 ff.). G erad e diese den szenischen B au stü tzen den G eb ärd en finden sich in der en tsprechenden E p isod e bei W a ce n ich t (vgl. Vvace, B r u t 2708-2830). E b en so w en ig ist bei W a ce der S zen en rau m oder die gestisch e Situ atio n sb esch reib u n g d azu n u tzb a r g em ach t, die zentrale G eb ärd e des H a n d lu n g su m sch lags in den dram atisch en H ö h ep u n k t zu heben - w iew oh l W a ce hier stellenw eise n och viel m an n ig fa ltig e re G esten a u fzä h lt, etw a dort, w o er die Brennes anflehende M u tter schildert (jBrut 2721-28). D ieses In s-Z en tru m -R ü ck en der H an d lu n g sw en d u n g , die ihrerseits in der zentralen sym bolischen G eb ärd e verd ich tet ist, diese A u sric h tu n g d er a u sgew eiteten G eb ä rd en d a r stellu n g aut den S zen en h ö h ep u n kt hin ist es, w orin sich L a ja m o n s In szen ieru n gsku n st von W aces D arstellu n g u ntersch eid et, in der n ich ts a u f dieses A n lie g e n deutet. In d er D ian en tem pelszene, in d er der ratlos irrende B ru tu s die prop hetisch e W e g w eisu n g der G öttin er hält, beschreiben zw ar beide D ich ter d ie gleich en ritu ellen A n b e tu n g s v o rg ä n g e ; bei L a ja m o n führen sie konsequent hin zum U m sch la g , zum h offn un gsspendenden Sp ru ch der G öttin , den deren eigene G eb ärd e u nterstreicht (his lau ed i D ia n a / hine ieo flich e bih eolde / m id w nsum e lea h lren ; 1223 ff.). B ei W ace d a g eg en nichts von dieser zentralen G eb ärd e und nichts von der K o n seq u en z des H in fü h ren s durch d ie rituellen G eb ärd en - d ie zw ischen deren S c h ild eru n g eingefloch tene V o rw eg n a h m e des g u ten S p ru ch es verfla ch t dort die D ra m a tik ( L a j. 1162—1272; v g l. W a ce 634—702). U n d auch d afür, w ie V o r tig e m s H cu ch lergebärden den S zen en u m sch la g m arkieren , etw a in der K rö n u n g sratsszen e, w o er durch sein g ew a ltige s A u fsp rin g en zur h eftigen , aber ko n kreten In h alts baren R ed e (1 2999 f.) den V erh a n d lu n g ssta n d u m stü lp t; oder w ie am H ö h ep u n k t der K rö n u n g sszen e selbst der n äm lich e V o rtig ern dem sch w ach en C on stan ce m it u nberu fen en H änden d em on strativ die K ro n e aufs H a u p t setzt (13257 ff.), w elch e G eb ärd e sein vo rh eriges rhetorisches D euten a u f den C on stan ce und die K ro n e vo rbereitet1 - fü r solche szen enbildend e G estik hat W aces D a rstellu n g n ich ts E n tsp rech en d es aufzu w eisen. A u c h nich t d afür, d a ß bei L a äam on der W ille zur E in zelszen e G cfü h lsgeb ärd e und S itu a tio n sb ew eg u n g eins w erd en läßt, um sie der räu m lich en Szen en regie zu unterw erfen , d a ß er m ithin die G eb ärd e in m eh rfach er er zählerischer F u n ktion verw end et. L etzteres ist der F all, w enn zw ei d er a u f die S u ch e nach dem vaterlosen K in d au sgesan d ten Boten, ob der E rfo lg lo sig k e it ih rer B em ü h u n g en b e küm m ert, sich trau rigen H erzens (an heorte sw iöe s æ r i; 15557) niedersetzen (das N ied er setzen ist K u m m e rg e b ä rd e !); d abei das T u m m e ln und Streiten spielender K n a b en be trachtend, hören sie, d aß deren einer w egen seiner V a te rlo sig k e it geh än selt w ird. D iese K u n d e erregt sie freu d ig, sie fah ren hoch und treten näher, um gen au er hinzusehen. D as A u fsteh en ist G efü h lsgeb ärd e, denn es gesch ieh t im A ffe k t; es m arkiert zu g leich den H an d lu n g su m sch la g (das F ind en des lan ge G esuchten) — ebenso w ie das bekü m m erte 1 V g l. oben S. 65.
L ajarnons E rru n g en sch aften um die G ebärdendarstellung
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N ied ersetzen die konträre S zen en an fan gssitu atio n m arkierte. Ü b erd ies gestalten diese G e b ärd en den S zen en rau m : die B oten setzen sich zuerst am A u ß en ra n d e des Sp ielp latzes n ied er; sie stehen auf, um sich n a ch der M itte hin zu bew egen , w om it der U m s c h la g auch ins räu m lich e Z en tru m gefü h rt w ird .1 D ie gestische In szen ieru n g bei L a g a m o n g eh t bis zur V ersch ach telu n g von Szene und R ah m en szen e. A ls der au sgestoß en e K ö n ig L eir u m Z u flu ch t bei seiner jü n gsten T o ch ter m F ra n k re ich n ach su ch en w ill, lä ß t er sich a u f freiem F eld zu B oden nieder (L a g . 3 5 1 0 L). D a s N ied ersetzen ist K u m m er- und R e u eg eb ä rd e; es evoziert auch den Szenenort und b il det zu g le ich den R a h m en fü r die S zen e, in der L eirs getreu er D iener bei C ord oille vorspricht* denn der D ien er k o m m t n ach seiner M ission zu L eir zu rü ck und findet ihn, wie er ihn verlassen hatte, “ þer he Lei on fe ld e ” (3602). A u ch fü r diese szenische R ah m en gebard e h a t W a ce keine E n tsp re ch u n g .12 , A b e r L ag a m o n s W ille zur „d ra m a tisch e n “ G eb ärd en szen e bleibt im M ikro kosm os dei isolierten E rzä h lein h eit befan gen . E s fehlen o ft abrundende, verkn ü p fen de Szenenschiusse. So besteht die E pisod e d er T o ch te rb e fra g u n g L eirs aus drei parallelen , aber vonem anc ei g e sonderten B ildern - eines fü r jede T o ch te r; sie sind n ich t w ie d an n bei S h akesp eare T eile einer großen Staatsszene. W ollte m an in ihrer A u fein a n d erfo lg e einen ko n tm u ieilichen A b la u f sehen, so stieße m an a u f W idersp rü ch e. Jede der E rzäh lem h eiten ist eben etw as In-sich-G eschlossenes, etw as E ig e n re ch tlich e s; zw ischen ihnen kann eine V era n eru n g der S itu ation liegen, deren E n tw ic k lu n g die a b ru p t reihende E rzäh lw eise ubergeht. A u c h a u f die bei W a ce n ich t vo rkom m en de A b sch ied sszen e beim A u s z u g von A rth u rs H ecr (Lag. 25533 Z- B -’ d ic von allgem ein er A b sch ied sg estik beherrscht ist: V a te r w ein t über Sohn, S ch w ester über B ru der, M u tter über T o ch ter - w as ja g a r n ich t dem großen H an lu n g s v e rla u f entspricht, d enn die K riegsm a n n en ziehen ab und lassen die F rau en zu ru c . - a u f dieses Szen en bild fo lg t abru p t das n äch ste m it v ö llig verän d erter S tim m u n g : das H eer zieh t m unteren Sinnes (w under blíðe) und m it G e sa n g a u f den U p p e n von annen. - E ine w eitere G ren ze setzt den In szen ieru n gsm öglich keiten die Z u s t ä n d i g k e it der ^eb ärd en kom p lexe, w elch er S zenenort und Szenenzeit u n tergeordn et sind. D ies ist bei der B e fra g u n g C ord oilles der F a ll (3025 ff.)- D ie A u sg a n g sla g e veran sch au lich t Cordoilles G eb ärd e d er F re u d ig k eit (sie spricht m it u nverstellter, lau ter Stim m e, lachend und sc rerzend Ilude and no w ih t stille / mid gom ene and m id le h tr e ; 3044 f.] ) ; den H an d lu n g su m sch la g m arkiert L eirs W u ta u sb ru ch (R asen, Sch w arzw erd en , O h n m ach t). D as E n dstad iu m ist dann C ord oilles T ra u er, w elche die G eb ärd e des S ich -in -d ie-K am m er-Z u ru ckzieh en s an zeigt. D ie letztere aber ist zum K o m p le x ausgew eitet, zu dem auch das trauernde H eru m sitzen in d er K a m m e r gehört. D ieser G eb ärd en k o m p le x in seiner A u sw eitu n g d urch brich t also die reale O rtsein heit; die Szene scheint den B oden unter sich zu verlieren, und zw ar eben deshalb, weil der G eb ärd en k o m p lex als statische E in h eit a u fg e fa ß t ist; als solche ist er fü r den S zen en au fbau w irksam gem ach t. D arin - nich t m realistischer G e staltu ngsw eise — besteht Lagam ons A n lieg en . . , In den G ren zen des S zen cn -M ikrok osm o s die a u fbau en d e F u n k tio n der G eb ärd en er schlossen zu haben, ist - soviel dürfte sicher sein - ein V erd ien st L agam on s gegen ü ber seinen V o r g ä n g e r n .3 D ie V ersro m an zen zeigen zu solch bew u ßtem S zen en bau durch die G eb ärd e n u r gan z g e legen tlich e A n sä tze. S o etw a in B ev . H am t., wo die u nbeh errschten W u to h rfeigen , die die 1 B e i W a c e feh len b eid e G eb ä rd e n ; v g l. B r u t 7 3 ^ 3 ff2 V g l. W a c e , B r u t 1979 ff............. c „rv 3 N e b e n den G eb ärd en tr a g e n in L a gam o n s B r u t auch, w ie S ch irm er a u sfu h rt (v g . . 5 / ■ )> ten R ed en zu r S zen e n g esta ltu n g bei.
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erzähltechnischen Q ualitäten der G ebärde in der m ittelenglischen D ichtung
frivo le H erzo g in ihrem Soh n B eves versetzt, den H a n d lu n g su m sch w u n g bestim m end ins Zen tru m der Szen e treten .1 D o ch ist hier, w ie in ein igen and eren B eisp ielen, die aus den R o m an zen noch a n g e fü h rt w erden könn ten , kein e kon sequ en te S tü tzu n g d er S zen en stru ktu r durch die G eb ärd e erken n bar. E s feh lt die Z u ch t d er tekton isch en E in o rd n u n g aller G e bärden in das S zen en gesch eh en und in den S zenenrau m , es feh lt die Z en tra lstellu n g des H an d lu n g su m sch la gs durch die ausgew eitete G estik. O d er aber - und dies g ilt auch für W aces B r u t — im Ü b erm a ß d ekorativer D etail g eb ä r den ve rsin k t die k o n stru k tive K r a ft der E in zelgeb ärd e. E s b e d a rf eines K ü n stlers w ie des G aw ain d ich ters, um die in d er G e bärde sch lu m m ern den M ö g lich k e iten fü r den S zen en b au a u f höherer E ben e zu rü ck zu gew innen. L a ja m o n s M eth o d e w eist also g eg e n ü b er der R o m an zen tech n ik und g ege n ü b er der fran zösisch en E p ik (aus w elch er die letztere A n re g u n g e n bezieht) eine u n verken n bare E ig e n stä n d ig k e it auf. D ie form alen E inflü sse d azu sch einen in einh eim isch er E rzäh ltrad ition zu suchen zu sein. In den religiösen erzäh len d en D ich tu n g en des A lte n g lisch en , in denen die epische P oten z der G eb ärd e schon g esch w äch t ist,2 kom m en äh nlich e gestische S zen en g esta ltu n g en vor. So sind im J u d ith fra g m en t in d er bereits an g efü h rten Szene, in der die assyrischen O ffiziere den H olofern es g e k ö p ft im Z elte vorfinden {J u d ith 253 ff.), schon all die E lem en te von L a ja m o n s In szen ieru n g stech n ik v e rein ig t: die zentral h ervorgeh oben e U m sch la g sg e b ä rd e (E n tsetzen sgebaren des ins Z elt eintretenden K riegers), die gestisch e M a rk ie ru n g der A u sg a n g ssitu a tio n (w ütendes L ärm en und Z äh n ek n irsch en d er A ssy rer, die a u f des H olofern es E in g reifen hoffen) und der konträren E n d situ atio n (entsetztes W affen fo rtw erfen , R eiß au sn eh m en ); die E in b ezieh u n g der G eb ärd en reson an z, die V e rrä u m lic h u n g d er B ew eg u n g , die m eh rfach e F u n k tio n der G eb ärd en (A ffe k ta u s d ru ck, R a u m e rfü llu n g , Szen en b au ). — S elb st im B e o w u lf h a b en w ir beim T o d und bei der B esta ttu n g am E n de des W erkes etw as von jen er gestisch en In szen ieru n g d er E in z e l szen e - i n einer S zen e n fo lge freilich, die, w o ra u f schon K e r hinw eist, von d er H öh e der ep i schen K u n s t a b fä llt.3 D ie unter den H än d en der p op u larisierend en K le rik e rd ich te r g e sunkene E p ik findet die starr reihende E rzäh lw eise, in der d ie G eb ärd en von der G esa m t w elt des W erkes u n a b h ä n g ig w erd en ; und sie en td eckt auch schon die ih r innew ohnende G estaltu n gsm ö g lich k e it. A u f diesem V o rg e g e b e n e n scheint L a ja m o n au fzu b au en . D ie n a ch ihm scheinen seine T ra d itio n zu vergessen, gew inn en jed o ch der G eb ärd e d ie neue I unktion der S zen e n ve rk n ü p fu n g ab, w o ra u f w eiter unten noch ein zu geh en sein w ird.
D i e g e s t i s c h e W e c h s e l w i r k u n g in r e i h e n d e r E r z ä h l w e i s e A u c h dem W ech sel zw ischen m eh r und m inder a u sgew eiteten E rzäh lein h eiten v e rm a g L a ja m o n schon gew isse G estaltu n gsfu n ktio n en ab zu g ew in n en . D ie G eb ärd en der r u c k a rtig a u fein an d erfo lgen d en p arallelen U n terw erfu n g sszen en der K ö n ig e von Irlan d, Island, O rk n ey, G u th ian d , W in etlan d u nter den siegreich einh erzieh end en A rth u r sind verschieden sta rk ausgew eitet, je d e dieser anein an deradd ierten S zen en h at gleich en H an d lu n g sw ert, g leich e S tim m u n g - das S iegesbew u ßtsein A rth u rs und das G eä n gstig tsein des S ich -U n tcrw erfenden, d er den G la n z seiner eigenen R ep räsen tation dem B riten k ö n ig zu F ü ß en leg t; in aller M ittelp u n k t steht der A k t d er U n terw erfu n g . D a s g leich e ka n n ohne E in b u ß e an 1 V g l. B a t . H a m t. 320 ft'.; 492 ff.; s. a u ch oben S . 49. a M an hat jen en religiö sen a lten g lisch en D ic h tu n g e n die B e r e c h tig u n g der B e ze ic h n u n g ,,E p o s '‘ a b g e b r o ch en ; v g l. P irkh o fer, S. 1 ff. & ^ 8 V g l. K e r, E p ic a n d R om ance, S. 200.
G ebärdenpersonen
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S in n - oder S tim m u n g sg eh a lt a u f die knap p ste F orm el g eb ra ch t w erden, w ie w enn es w en ig sp äter von den U n terw erfu n gen der französisch en K ö n ig e h eißt: m on ien n e m o d fu ln e m on A r ð u r m a k e d c m ild e a n d m onienne heh ne m on he h eld e to his fo te n (L a g . 24139 ff.).
D en n o ch w ird eine L e b h a ftig k e it abw ech seln d er G estaltu n g d ad u rch e n e ich t, daß jew eils ein T e ila sp e k t des G estischen besonders ins B lick fe ld g e rü ck t und alles ü b rige a b ge k ü rzt w ird . D ie D a rstellu n g des zerem oniellen V o r g a n g s w ird jedesm al frisch a n g ega n gen . D ie erste Szen e rü ck t A rth u rs Sieg esfreu d e ins K o n k re te : n a ch generösen G esten g egen den S ich -U n terw erfen d en (B ei-d er-H an d -N eh m en [22355]) Z u tru n k [22369]) lach t er lau t a u f (224J9). D ie g leich e S tim m u n g A rth u rs ist in den folgen den Szenen, in denen die Ü b e r g a b e ka m p flo s geschieht, n u r n och n a ch träg lich angedeutet. D ie G eb ärd en der zw eiten u n d d er d ritten Szen e betonen vielm eh r den G eg en sa tz zw ischen der repräsentativen W ü rd e und der E rn ie d rig u n g der S ich -U n terw erfen d en beim H eran n ah en an A rth u r d ie eine in bild h a fte E in zelh eiten ausw eiten d (22476-82), die andere fo rm elh a ft abkü rzen d (22535 f.). D ie G eb ärd en der vierten und fü n ften S zen e heben den A k t der U n terw erfu n g selbst h ervo r; w iederum das eine M a l ausw eiten d — die P ra ch t der G a b en , die A r th u i d a r g eb o ten w erd en, ist beschrieben (22581 ff.) d as andere M a l in die F u n d am en ta lgeb ärd e (F u ß fa ll) verd ich tet (22643). D a m it g leich t hier bei L ag a m o n der W ech sel zw isch en A u sw e itu n g und A b k ü r z u n g der G estik , wie er dem reihenden S til eigen ist, einem S ch w en k en d er B ü h nen sch einw erfer. In d er F o lg e g leich fö rm ig er Szenen wird im m er w ieder ein neuer T eil des G eschehens beson d ers beleuchtet, um in der d ara u ffo lg en d en nur n och a n g ed eu tet zu w erden. D ie S ch ild e ru n g des G esam tzerem oniclls w ird a u f die einzelnen Szenen verteilt, w as auch den einh eit lich en A u ss a g e w e rt der gesam ten S zen en fo lge hervortreten läß t. D a fü r findet sich bei W ace keinerlei E n tsp rech u n g . D o rt w ird die T a tsa ch e der fü n f U n terw erfu n g en led ig lich g e n an n t und des Zerem oniells zusam m enfassend E rw ä h n u n g getan (B r u t 9705 ff.).
4. G E B Ä R D E N P E R S O N E N
D ie A u sw e itu n g der G eb ärd en steht schon bei L agam o n im D ien st der P ersonen zeich n u n g. W ir haben in anderem Z u sam m en h a n g g ezeig t, w ie die an V o r tig e m vera n sch a u lichten Sch ein geb ärd en sein H eu chlertu m b ran d m arken (s. o. S. 63 ff.) oder w ie die ausw eitendc S ch ild eru n g der H eld en geb ärd en A rth u rs den B riten k ö n ig in ein ü berragend es Id ealheld en tu m hebt (s. o. S. 75 f.). Z u r C h a ra k terisieru n g im eigen tlich en Sin ne freilich steuern A rth u rs G ebärden nichts bei; denn sie entsprechen g a n z den üblichen V erh a lten s w eisen der K am p fesh eld en . Seine G ebärden haben keine B ezü ge zu inneren K o n flik ten ; sie sind n ich t A u sd ru c k charakterlich er E n tsch eidu n gen . Sondern sie stellen den fertigen T y p des H eld en zur Sch au . D arin sind auch die G eb ärd en des L agam o n sch en A r th u r d ekorativ. D o ch im m erhin h ebt dieser sich von anderen G estalten d ad u rch ein p rägsam ab, d aß d e k o rative G eb ärd en d arstellu n g a u f ihn konzentriert ist. D ie typisierend e W irk u n g d er G eb ärd en ist an den F igu ren mit kleiner H an d lu n gsrolle noch deu tlich er erkenn bar. D a ß z. B. M erlin bei L agam on als T y p des. M a g iers erscheint,
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crzähItechnischen Q u alitäten d er G ebärde in der m ittelcnglischen D ichtung
b ew irk t n ich t zu letzt seine leitm o tiv artig im m er w ied erkeh ren d e T ran ceg eb ä rd e. D as h in dert nich t, d aß L a ja m o n s G estalten ein in d ivid u elles L eb en fü h ren ; ch a ra kterisiert sind sie eben a u f andere W eise als d urch sp on tane G eb ärd en . D ie R o m an zen freilich gehen auch n o ch einen S c h ritt w eiter, indem sie m an ch e R a n d fig u ren gerad ezu um ihrer G ebärden w illen au ftreten lassen. G leich sa m P erson ifikation en der K la g e g e b ä rd e n sind die K la g e figuren . G ew iß m a g es fü r diese in den T ra u erg eb rä u ch en reale G eg en stü ck e g eg e b en h a ben; schon aus der A n tik e ist das T reib en der K la g e w e ib e r b ezeu g t1, und ihre E x iste n z im B rau ch tu m des M ittelalters ist n ich t b e zw eife lb a r.12 A b e r w äh rend die K la g e w e ib e r g e w öhnlich in m ehreren E x em p laren bei den L eich en b eg ä n g n issen in E rsch ein u n g zu treten pflegten, sind die K lag efig u ren der R om an zen stilisierte E in zelgesta lten , deren G eb ärd en die K la g e stim m u n g veransch aulich en , ohne an einen bestim m ten A n la ß oder eine bestim m te S itu atio n g eb u n d en zu sein. D as ein zige C h a ra k teristik u m der K la g e n d e n a u f M o n t SaintM ich el im allit. M orte A r th u r e sind ih re G eb ärd en : sie sitzt a u f dem G ra b der gem ordeten P rin zessin, rin g t die H än de, w eint bittere T rän en , d eu tet in ih rer Jam m errede a u f die G rabeserd c, k latsch t in die H ä n d e.3 M an erinnere sich, d a ß L a ja m o n das g leich e W eib n ich t in dieser W eise zu r K la g e g e b ä rd e n trä g e rin ve rab solu tierte; w a ren dort d och ihre K la g e g e b ä rd e n auch Zeichen ih rer eigenen S ch m a ch .45A n solchen Sinn des G ebaren s scheint im M orte A r th u r e g a r n ich t m eh r g e d a ch t zu sein ; jed en falls k lin g t in diesem Z u sa m m en h a n g n ich ts vo n ihren p ersönlich en E rlebn issen an. S ch on die B ezeich n u n g , W itw e (w edow e), m it dei sie ein g efü h rt w ird, scheint sie als K la g e fig u r zu ken n zeich n en .3 G a n z und g a r G eb ärdenperson in diesem Sin n ist C assan d ra. In der Gest H ystoria le ist sie von allem A n fa n g an zu einer solchen gestem p elt (2676 ff.). D ie D a rste llu n g ihrer A u f tritte bietet alle M eth o d en d er A u sw e itu n g der K la g e g e s tik auf. D ie G estik ist zum staben den A u sd ru c k sk o m p le x b reitgew alzt; ihr erster grö ßerer A u ftritt gesch ieh t, indem AH in sik y n g and sorow , w ith sy lin g o f teris, H o b rast o u t w ith a b irre fro m hir b a le hert [ G H D T 2680
f.).6
Ihr G eb aren ist in S itu a tio n sb ew eg u n g g ew eitet: sie eilt schreiend aus ihrem G em ach in die R a tsv e rsa m m lu n g P ria m s; n a ch der K la g ered e w in d et sie sich aus dem S ta u b und stü rm t a u f den K ö n ig zu (2698); in einem anderen ih rer A u ftritte m uß die h e ftig G esti k u lieren d e g e b ä n d ig t und gefesselt w erden (7192). Ih re G eb ärd en w irk en a u f die U m stehenden, sie sind “ sorow to be h o ld e” (2700). In ihren jam m ervo ll-sch reien d g eäu ß erten 7 K la g ered en sind d eiktisch e E lem en te an geh äu ft, die eine V o rstellu n g des G estiku lieren s h ervotru fen (w iederholte p aren th etisch e A u sru fe, rhetorisch e F ra g e n u. d g l . ; vg l. 7175 ff.). D ie Z eich n u n g der C a ssan d ra im L a u d Troy B ook verstä rk t all diese Z ü g e n och um ein ige G ra d e.8 ^ ^ F ül m an ch e H a u p tfig u r der R o m an zen b rin g t es die reih end e E rzä h lw eise aber nun mit sich, d aß sie nach dem A u sw eis ihrer G eb ärd en verschiedene T y p en verk ö rp ern kan n — w ie 1 a 3 1
V g l. S ittl, S . 65 ff. V g l. Z a p p crt, S. 76. V g l. M A . 949 ff. S ieh e oben S. 53.
5 D aß w edow e, 6 V g l. 7 w ith 8 V g l.
d as W o rt wedowe eine K la g e fig u r bed eu tet, b e le g t auch M A . 4285: A rth u r k la g t “ alls a w afu ll þ a t w anttes h ir b e ry n .” äh n l. G H D T 2698 f.; 7 1 7 7 . a carefu l 1 c rie ; v g l. auch G H D T 3469 h L a u d Troy B o o k 2673 ff-, 3017 ff.
G ebärdenpersonen
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es der a u g en b lick lich e H an d lu n g sstan d gerad e erfordert. In W. P . ist der K a ise r und V a te r d er L ieb esh eld in zuerst der T y p des w id erw ä rtigen W ü terich s, sp äter indes der des guten K ö n ig s. A ls er die E n tfü h ru n g seiner T o ch te r durch W illiam au fd eckt, sieht m an ihn in w iederholten A n fä lle n w u tentflam m t rasen ; er brüllt, zerfetzt sich die K leider, rau ft den B a rt und d ie H aa re, fä llt sechsm al in O h n m a ch t.1 D a ß dies n ich t etw a m itgefü h lerw ecken de K la g e g e b ä rd e n sein sollen, sondern u n beh errsch te R asereien des B ösew ichts, d aran lassen die V e rg le ic h e , zu denen sein B en ehm en h crau sford ert, keinen Z w eifel: er reißt „w ie ein W ild er M a n n “ das Fenster a u f;12 er „b en im m t sich wie ein T e u fe l“ 3, er fü h rt sich a u f „w ie ein T y r a n n “ .4 D e r K a iser ist hier der böse G egen sp ieler, d er das G lü ck des L iebesp aares zu n ich tezu m ach en strebt, und d aru m ken n zeich n et ihn auch sein veran sch aulich tes G e baren als den T y p des B ösew ichts. A n d ers aber, als die E in ste llu n g desselben K aisers nach vielen Irru n gen und W irru n g en dem G lü ck d er H au p tp erso n en fö rd erlich ist; dann ist er der Id ea lk ö n ig m it repräsentativem G eh a b e.56 D a s liegt eben daran, d aß die G eb ärd en im R ah m en der geschlossenen E rzäh lein h eiten w ohl typisieren, n ich t aber charakterisieren können. V o n hier aus ergeben sich auch die kü nstlerischen M ög lich keiten . W eil d ie G eb ärd en stereotyp sind u n d w eil ih r em otionaler und m oralisch er A u sd ru c k sg e h a lt verd eu tlich t ist, können die von solchen G eb ärd en g e ken n zeich n eten T y p en die inneren W erte p ersönlich „v e rk ö rp e rn “ und sie in die ko n krete H a n d lu n g hinein tragen , a u f deren F o r tg a n g sie sich dan n ausw irken . D er m it „te u flis c h e n “ G eb ärd en im Z orne rasende K a ise r in W. P . ist es ja , der den B efeh l zur V e r fo lg u n g der L ieb en d en erteilt, w om it d er A n sto ß zur gan zen F o lg e von deren leidensreichen F lu c h t abenteuern gegeb en wird. G ren zt solches V erfa h ren nich t an allegorisch e V o rstellu n g s w eise ? V o m G eb ärd en typ des Zornigen, der die U rsa c h e fo lgen den G eschehens ist, bis zum Z orn als h an d eln d er A lle g o rie scheint der W e g n ich t w eit zu sein. W ir h aben in anderem Z u sam m en h a n g gesehen, d aß schon bei L a ja m o n ve rw erflich sich G eb ärd en d e m an ch m al u n heilvolle E n tw ick lu n g en heraufbeschw ören (s. o. S . 56). W o in den R o m an zen n u r die ethische W erta u ssag e der G ebärden stark g e n u g ist (was d an n besonders in höfischen D ich tu n g en w ieder der F a ll ist), d a w erden g elegen tlich in noch ku n stvollerer W eise d an k dieser typ en p rägen d en G eb ärd en die E rzäh lein h eiten zu ein an der in B ezieh u n g gesetzt. Y w a in , der V erlieb te, sitzt brütend d a; das v e ra n la ß t F enice, die K u p p lerin , in A k tio n zu treten .8 Floris, der K u m m ervolle, vern ach lä ssigt das h öflich e B en eh m en bei T isc h ; das b rin gt die D a m e des H auses zu der B em erk u n g , sie habe vordem ein gleiches V e rh a lte n an einem M äd ch en b eobachtet; das M äd ch en aber w a r B lan ch eflo u r, von w elch er der sie suchende F loris bis d ahin keine S p u r finden ko n n te.7 H ier w irk t die G eb ärd e in d e r T a t handlun gsauslösend und trä g t dam it zur S c h a ffu n g einer ka u sa len A b fo lg e des G eschehens bei. 1 V g l. W. P . 2096 ff. 2 w i j t l y as a w o d m an þ e w in dow e he opened (IV. P . 2057). 3 he d e ra ie d him as a deu el (IV. P . 2061). 4 as a ty ra u n t ferd e (IV. P . 2073). 6 D ie se r F a ll ist k e in esw eg s v erein zelt. Ä h n lich stem peln den E m ir in F lo r is an d B la n ch eflo u r oder den V a te r von A m y s ’ G eliebter, auch A m y s selbst u nd n ich t zu letzt A th eiste n die G eb ärd en dann zu m T y p des Z o rn igen , als U n heil von ihnen a u sge b t, m ö gen sic auch sonst H eld en von ritterlich em u nd k ö n iglich em G eh ab e sein. V g l. F l . B l. 902, 922 f . ; A . A . 805 ff., 1213 ft'., 206; f f .; A th e ls to n 250; 282 ff. (s. au ch o. S. 49). 6 V g l. Yurain a n d G aw ain 909 ff. 7 V g l. F L B l. 395 ff.
Die erzähltechnischen Q ualitäten der G ebärde in der m ittelenglischen D ichtung
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B älle h an d lu n gsau slö sen d er G eb ärd en w ie die eben erw ähnten sind selten g en u g . Sie hindern überdies nich t, d a ß in den gleich en D ich tu n g en schrittw eise E p isod e a u f E p isod e fo lgt. W ie aber sieh t es nun an den N ah tstellen zw isch en den E rzäh lein h eiten aus ? Irg e n d w ie m üssen d och d ie isolierten H an d lu n g steile anein an der geb u n d en sein. K u n stv o lle V e r flech tu n gen g ib t es freilich in den zw eitra n g ig en R o m an zen nich t, und schon g a r n ich t in n erh alb d er C h ro n ik fo rm von L a ja m o n s B r u t. L a ja m o n s E rzäh lein h eiten fo lgen sp ru n g h aft aufein an d er, oder sie versch w im m en u n m erklich in e in a n d e r; es feh len ihnen sch arfe K o n tu re n ebensow ohl w ie Ü b e rg ä n g e , w elch e die isolierten E rzäh lein h eiten in eine L o g ik d er S itu atio n en fo lg e reihen könn ten . In den R om an zen jedoch scheinen d ie E rzä h lein h eiten im m erh in aufein an d er zu zustreb en, und in die M ittlerro lle d rä n g t sich m ehr und m ehr die G eb ärd e. B ei ih rer zuständ lich en S ta tik kan n d ieG eb ä rd e d abei freilich nich t m eh r erreich en als äußere B in d u n g . E ine solche w enigstens ist m öglich , und zw ar d esh alb, w eil in den R o m a n zen die K o n tu ren der E rzäh lein h eiten w eit a u sg e p rä g te r erscheinen als bei L a ja m o n . K o n tu ren sind zu n äch st einm al etw as T ren n en d es. Ü b era u s h ä u fig sind fo rm elh afte A u to ren ein sch ü b e zw isch en den E rzäh lein h eiten von d er A r t: „ N u n w ollen w ir diesen v e r lassen und jenem uns zu w en d en “ ; solche „ K o n tu r fo r m e ln “ m arkieren den Szenenw ech sel, die O rts- und Z eitü b ersp rin g u n g , das H in ü b ertreten von einem H a n d lu n g sstra n g in den an d eren .1 S o selbstverstän d lich und äußerlich diese A u to re n ü b e rg ä n g e anm uten m ögen , deren sich ja m oderne R o m an sch reiber gen au so bedienen - dem m ittelalterlich en D ich ter sind sie d och w oh l bed eu tsam er gew esen als uns heute. In ihnen b esp iegelt sich g leich sam d er reihende K o m p ositio n sp ro zeß, d as G estaltw erd en der H a n d lu n g . U n d sie bergen ü b er dies em otionale und g eistige W erte. D e r A u to re n ü b e rg a n g ka n n zu m A u to ren seu fzer - zur A u to re n g e b ä rd e - w erden, der rü ckerin n ern d und vorau sdeu ten d den L a u f der G esch ick e b ek la g t. Im S eu fzer (der K la g e g e b ä rd e !) sch w in g t religiöse G esin n u n g ; und tatsäch lich hat der A u to re n ü b e rg a n g noch öfter d ie F o rm der religiösen A u ss a g e oder des G ebets. In H eiligen legen d en ist dies fast die R e g e l; d och auch R o m an zen d ich ter em p fehlen P ersonen , von denen sich ih re E rzä h lu n g fortw endet, einstw eilen der G n ad e G o ttes; der V erfa sser vo n A r t h u r betet an allen Ü b erg a n g sste llen das V ateru n ser. D ie A u to re n ü b e rg ä n g e sch einen in den gleich en B ereich zu gehören w ie christliche E x o rd ial- und S c h lu ß to p o i; ohne A n ru fu n g G ottes und der H eilig en können die R o m an zen n ich t beginnen, ohne ihren S e g e n n ich t enden2— und, so ist m an versuch t h in zu zu fü gen , ohne die g eistlich e R eflexio n kön n en sie nich t w eitergeh en. V o n dem g eistigen und em otionalen G eh alt, d er in den A u to r e n ü b e r g ä n g en steckt, bis zu seiner P ro jizieru n g in die G e b ä rd e n d e r h and eln d en P ersonen ist es n u r ein Sch ritt, den die zw ischen abstrah ieren der A b k ü r z u n g und sin n en fä llige r A u sw e itu n g abw ech selnd e Darstellungs-weise leicht zu gehen verm a g. N a tü rlich g ib t es in den R o m an zen auch Ü b erg a n g sfo rm en ohne den A u to re n k o m m e n tar. E n de und A n fa n g d er E rzäh lein h eiten bedeuten W ech sel des O rtes oder d er Z e it oder 1 V g l. z. B. L M A 952 ff.:
N o w leve w e la u n celo t th ere he was,
w ithe th e erm yte in the forest gren e, A n d telle w e forth c o f th e case T h a t to uch ith A rth u r the k y n g e so k e n e . V g l. a u ch B ev . H a m t. 1263 f., 1345 f., 1433 u. 5 .; D egrevan t 949 f .; A . A . 337 u sw . usw. a Sieh e au ch C u rtiu s, S. 96.
G ebärde und H andlungsverknüpfung
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das H erein treten neuer Personen. D ie R o m an zen verfeh len nich t, solchen W ech sel zu v e r d eu tlichen. N eu e E rzäh lein h eiten begin n en „ d a n n “ , „ a m anderen M o rg e n , „ a m näch sten T a g “ usw-, oder m it der O rtsb esch reib u n g oder der N e n n u n g neu auftreten der P ersonen, oder m it allem zu gleich . A u c h dieses n a ch d rü ck lich e F esth alten der Sym p tom e des Ü b e r g a n g s streicht die K o n tu ren der E rzäh lein h eiten hervor und ist die V o ra u ssetzu n g fü r ihre A n ein a n d erb in d u n g. B eid e A rte n der reihenden Ü b e r g ä n g e n u n - die der geistig-em otion alen R ü ck- und A u s schau des A u to re n ü b e rg a n g s w ie die der szen isch en K o n tu rzeich n u n g - w erden m it zu nehm en der E rken n tn is der kü n stlerisch en M ö g lich k eiten des R om an zen stils durch die G eb ärd en gestü tzt. D ie zu stän d lich e G eb ärd e eines H eld en , dessen H an d eln über die E r zähleinheit hinau sreicht, ru n d et die E in zelep iso d e ab. W en n n a ch der ersten der K ö n ig s todepisoden in H avelok die en trechtete P rin zessin G o ld b u rg im K e rk e r lie g t und weint, so bettet der D ich ter diese abschließen d e G eb ärd e in den A u to re n ü b e rg a n g ein: O f G old eb oru shul w e nou laten, þ a t n ou h t ne blin n etli forto graten Jier sho lig g e th in prisoun: Iesu C rist, th a t L a za ru n T o Hue brou h te fro dcd e bondes, H e lese hire w ith hise h o n d es; A n d leu e sho m ote h im y-se H eye h a n gen on galw e-tre, þ a t hire h a u ed in sorw e broulit, S o as sho ne m isdede n o u h t! S a y w e nou forth in u rc spelle . . . {Hau. 328 ff.).
(D a ra u f fo lg t die ihrerseits in sich geschlossene näch ste E p isod e.) Z w isch en die beiden T eile des form elh aften A u to re n ü b e rg a n g s (G o ld b u rg w ollen w ir jetzt verlassen - laß t uns fo rt fahren in unserer E rzä h lu n g ) sind neun ausw eitende V e rse gesch oben , in denen die E le m ente des A u to ren ü b e rg a n g s verein ig t sin d: die religiöse V e r tie fu n g im A n r u f des H e i lands (331)! E m otio n alisieru n g, das G ebet, das M itg e fü h l des A u to rs, w elch es zu m ck erinnert an bisher E rd u ld etes; der A u sb lic k im W u n sch n ach der B ed rän gten B efreiu n g und n a ch dem G a lg en für die M issetäter (ein in den R o m an zen stereotyper W u nsch , dessen E rfü llu n g stets sicher zu erw arten ist1). D ie gan ze Stelle ist ein V erw eilen des E rzäh lers zw ischen den Episoden, ein In nehalten , das zu gleich a b gren zt und an ein an derfü gt. B ei diesem In nehalten aber w ird nun die G eb ärd e der H eld in - G o ld b u rg s W einen - h erau f beschw oren, die all diese R eflexion en verkörperlich t. W o ein facher O rtsw echsel den Ü b e r g a n g ausm acht, b rin gen die R o m an zen d ich ter die handelnden Personen in den O rt der neuen Szene. Selten jedoch gesch ieh t d ie s - w i e es für den epischen S til typisch ist - d ad u rch , d aß der W e g ve rfo lg t w ird. A b e r zw isch en altem und neuem O rt leu ch tet die G eb ärd e auf, d ie w ohl v a g e ins Z u vo r und N a ch h er weist, d abei aber statisch bleibt und nicht ins G esch eh en einw irkt. U m Beves von der siegreich en Sch lach tsituation in die fo lgen d e E m p fan gssitu atio n zu bringen, heißt es m einer Z eile: B eues rod h o m a n d g a n to sin g e {B ev. H a m t. 1069).
E r reitet sin gen d heim : diese O rtsü b erfü h ru n g ist T riu m p h p o se ; sie sp iegelt die F reud e über den gelu n gen en K a m p f und die E rw a rtu n g d er H och stim m u n g beim d arau ffo lgen d en 1 F ü r P a ra llelen v g l. F ren ch /H ale, S. 88 A m n . M ünchen Ak. A bh. phil.-hist. J 959 (H abicht)
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D ie erzähltechnischen Q ualitäten d er G ebärde in d er m ittelenglischen D ichtung
E m p fa n g . D e r O rtsw ech sel h a t keinen H a n d lu n g sw ert; er könn te d urch einen A u t o r e n ü b e rg a n g ersetzt sein. A b e r er erm ög lich t es, den H eld en in d er g la n zvo llen Pose zu zeigen , die vorh er und n ach h er sein H eld en tu m m an ifestiert. D e ra rtig e G eb ärd en oder P osen des O rtsw ech sels sind in den R o m an zen häufig. In G. Ww. veran sch au lich t sich z. B. einm al d er Ü b e r g a n g von d er D a rstellu n g des K rie gsra tes in einer belagerten S ta d t zu d er der A u sfa llssc h la ch t a u f dem V o rfeld im B ild vom A u s z u g des H eeres. D ieser A u s z u g ist aber nicht v o rg ä n g lic h ; er ist käm p ferisch e M assen rep räsen tation . A u f d er stärkend en A n fe u e ru n g des H eerfü h rers lie g t der N a ch d ru ck und a u f dem d roh end-dem onstrativen L ärm en der K a m p fesein h eiten : O u t o f þ e eite p a i ben y -g o W iþ g r e t noise a n d din also ( G . W w. 3431 f.).
Im strophischen M orte A r t h u r schließt sich an d ie W ied e rb e g e g n u n g zw eier R itter m it dem ersehnten L au n celo t dessen freu d ig er E m p fa n g bei H ofe an. D e r Ü b e r g a n g besteht im b eg lü ck te n E ilen der von hohem S to lz erfü llten R itte r: T h e re -fo re th e k n ig h tis w ere fü lle blithe A n d b u sk e d th em w ith m y k e lle pride T o the cou rte also sw ithe . . . (L M A 698 ft'.).1
In einer äh n lich en S itu ation d er gleich en D ic h tu n g ist solches auch aku stisch u n term a lt: m an hört H ö rn erk län ge (vg l. 2707). D er freu d ig e Sto lz d er zu m neuen Szen en o rt eilenden R itter ist die gem ein sam e S tim m u n g der a u fein an d erfo lgen d en E rzäh lein h eiten . So v e r m ittelt die G eb ärd e des O rtsw echsels auch G em ü tsstim m u n g — des A m y s sorgenreich c B ed rän gn is etw a, der d a v o n ja g t, den fernen B lu tsb ru d er zu H ilfe zu h olen ; zw ischen den S ch au p lätzen existiert nur die eine G e b ä r d e : T a g und N a ch t g ib t er dem P ferd die S p o ren .123 Ä h n lich w erden Zorn oder 1 rau er der H eld en beim O rtsw ech sel zu r angedeuteten oder v e r anschau lich ten G eb ärd e, die sich zw isch en die S itu atio n der E r re g u n g und die d er R eak tio n sh an d lu n g sch iebt und in beide hinein leu ch tet. D a ru m bindet sic. F reilich bleibt eine solche B in d u n g ä u ß erlich ; sie rü ttelt noch n ich t an den F u n d am en ten der reihenden E rzählw eise. M an m a g die kü nstlerisch en Q u alitäten solch er G eb ärd en v erb in d u n g a n z w e i fe ln , es h an d elt sich vielleich t auch um g a r keine gew ollten E ffek te. D o ch — g ew o llt oder in stin k tiv - beuten die G eb ärd en des O rtsw ech sels eine M ö g lich k e it des reihenden K o m position sprinzips aus. Denn diesem en tsp richt g a n z und g a r die sch arfe K o n tu r d er ö rt lichen A b g re n z u n g . D u rch jen e Ü b e rg a n g sg e b ä rd e n w ird diese K o n tu r b elebt und sin n reich. M a n beden ke allerd in gs, w ie g a n z anders epische E rzäh lw eise die H eld en von H a n d lun gsort zu H an d lu n g so rt brin gt. M a n sieht etw a die H eld en a u f dem M arsch durch die L an d sch a ft, deren w echselnde A sp ek te vorüb erzieh en , m an sieht sie sich durch die W id rig k e iten des W eges h in d u rch k ä m p fe n ; die F a h rt ist G ru n d fo rm der epischen E rzäh lu n gen , ihr A b la u f m ach t den epischen H an d lu n g sflu ß aus. D a zu g ib t es in den m ittel en glischen R o m an zen n u r g elegen tlich e A n s ä tz e ; am ein d rin glich sten im allit. M orte A r th u r e , wo dann au ch d ie O rtsü b erg än ge zu d ah in gleiten d en V o rg ä n g e n w erden. A u f die epischen Q ualitäten gerad e dieser D ich tu n g bat m an ja auch aus anderen G rü n d en h ingew iesen.8 1 V g l. a u ch L M A 802 f. 2 V g l. A . A . 977 ff.
3 V g l. O a k d en , I I, S. 35 ; s. au ch K a n e , S. 71 ff.
G ebärde und H andlungsverknüpfung
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K o n tu ren zw ischen d en E rzäh lein h eiten sch afft auch das A u ftre te n neuer Personen. A u c h d a g e la n g t die G eb ärd e zu r G eltu n g . H ier verbin det sie allerdin gs n ich t w ie beim O rtsw ech sel S tim m u n gsgleich es, sondern sie streicht das N eue h ervor, das die L a g e än dert. G eb ärd e und Pose der n euau ftreten d en Personen schaffen den g ew ich tig en S zen en a n fa n g . B eisp iele in H ü lle und F ü lle liefern d ie S ch la ch tsch ild eru n g en der R om an zen , in denen G efechtsepisod en und E in zelk äm p fe a n ein an d ergereih t sind. D a s A u fta u ch e n eines H eld en , das eine neue K a m p fesp h ase einleitet, ist heroische Pose. G a w a in , d er im strop hi schen M orte A r t h u r in die verfah ren e strategisch e L a g e ein greift, . . .gry p e s a fu ll g o o d spere A n d in he g ly d e s g la d a n d g a y (L A S A 2890 f.).
So w ie hier G a w a in sieht m an auch sonst die H eld en m it h eroisch er G eb ärd e in „ih re K a m p fesp h ase g eh en : sch w ertzü cken d , den S c h la c h tru f brü llen d, sch ildh eben d, a u f dem R osse sich au frecken d . N u r eine d rän g en d e A b s tra h ie ru n g des Sinnes solcher P ose ist es, w en n die D ich ter die N am en der in die S c h la ch t eintretenden H eld en m it rep räsentativem Z u s a tz ertönen lassen: „ A rth u r, der von g ro ß er M a ch t w a r . . .“ (A rth u r, th a t w as m ykelle o f m y g h t; L M A 3050); sin n en fälliger h eiß t es d afü r a u ch : „ A r th u r w a r m reicher R ü stu n g und ließ H örn er von der H öhe schm ettern“ { L M A 3098). A u c h diese G eb ärd en und Posen ziehen n ich t n u r die K o n tu r d er einzelnen E rzä h lp h a se, sondern verm itteln zu g leich zw i schen den gereihten E rzäh lein h eiten . D ie sch arfe T ren n u n g sk o n tu r bleibt selbst bei von N a tu r aus h an d lu n gsverkn ü p fen d en V o r g ä n g e n - w ie d er B e g e g n u n g - d eu tlich bestehen. B ei d er W ied e rb e g e g n u n g vo n P er sonen, die eine Z e itla n g getren nte G esch icke d u rch stan d en hatten - einer typischen R o m a n z e n s itu a tio n -, stoßen bisher u nverbun d ene H an d lu n g steile zu ein an der. T ro tzd em h eben dekorativ-au sw eiten de D arstellu n gen solcher S itu ation en n ich t so sehr das M om en t der W ied e rv erein igu n g m it dem stereotypen K u ß 1 (der auch d u rch eine abstrakte F orm el ersetzt sein kan n )123hervor, sondern m alen m ehr den G efü h lsau sd ru ck jedes E in zeln en aus. S o fa llen denn bei d erartigen G elegen heiten d ie Sich -W iederfin den d en - z. T . schon bevor sie sich g eg e n se itig erkan n t haben* - in O h n m ach t,4 oder sic knieen zum D a n k g e b e t n ied er56oder vollfüh ren sonstige höchst p rivate G eb ärd en . D a s M itein an d erfreu en ü ber das S ich -F in d en aber, der eigen tliche Ü b e r g a n g also, das, w as vom bisher getren nten zürn k ü n ftig gem ein sam en H an d eln hinüberleiten kö n n te: dieses M itein an d erfreu en w ird a u f die p u n k ta rtige G eb ärd e oder die F orm el beschnitten.« D e r Sin n fü r au sgep rä g te K o n tu ren scheint in d er T a t dieser starr-reihenden E rzä h lw eise n äh erzu liegen als d er fü r das Inein an d erverw eb en ; n ich t einm al das vom S to fflich en her verkn ü p fen d e M o tiv d er B e g e g n u n g v e rm a g jenen reihenden Z w a n g zu brechen. E ch te H an d lu n g sv erza h n u n g d urch die G eb ärd e aber, eine w irklich e V e rk n o tu n g der H an d lu n g sfä d en , findet sich ansatzw eise in ein ig en der alliterieren den R o m an zen . A u c h diese w eitere F u n k tio n alisieru n g der Ü b e rg a n g sg e b ä rd e beruht a u f d er A u fsch w e llu n g d er
1 V g l. z. B . B ev . Harnt. 1989; 3 ° 5 7 f-i L M A 1631. 2 V g l. z. B. G. W w. 6 5 7 9 !.: þ e r w as ioie a n d m ichc blis B itven þ e fa d e r a n d t>c sone, y-w is. 3 V g l. G. W w. 1750 ff., w o zu n äch st G u y den H e rh au d erken n t und zu dessen V e rb lü ffu n g in G eb ärd en a u sb rich t, sich so d an n zu erkenn en g ib t, w o ra u fh in der a n d ere in O h n m ach t fällt.
1 V g l.
G. W w. 1763 ff., 6533; L M A
1634 u. ö.
3 V g l. L M A 446 f-, 674 h , 1 4 7 7 f6 V g l. z. B. G. W w. 1765: þ e r m en m ijt se ioie m ake.
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Dic erzähltechnischen Q ualitäten der G ebärde in d e r m ittelenglischen Dichtung-
G eb ärd en V orstellung in die B esch reib u n g , die sich aber nun in sV o rg ä n g lich e löst und dam it H a n d lu n g und G eb iird c zu g le ic h sein kan n . In d er G eb ärd e des B e ttg a n g s, des S ich Z u rü ck zieh en s, bildet sich in den alliterierenden R o m an zen diese d op p elte F u n ktion aus. Im B e o w u lf w ar das M om en t des S ich -Z u riick zieh en s allein G eb ärd e. Bei L a ja m o n und in den R eim rom an zen ist d ieser G eb ärd e die innere S p a n n u n g en tzo g en ; der B e ttg a n g ist d ek o ra tive V o rg a n g sb e sch re ib u n g , w elch e auch das an sch ließ en d e jam m ern d e G ebaren in d er K a m m e r ein b ezieh t. S ch o n in IV. P . jedoch g ew in n t auch dieser V o r g a n g E igen w ert. D ie B e stü rzu n g d er K ö n ig in n a ch einer T ra u m d e u tu n g g ib t ein A u sd ru rk s k o m p lcx w ieder. D a zu g eh ören die g em ein h in ü blich en K la g e g e b ä rd e n und au ch d er B e ttg a n g ; sie geh t in ih re K a m m e r (cayres to hire ch a u m b er; W. P . 2977). Alldort. reißt sie ein F en ster a u f (2978); auch diese B e w e g u n g ist typisch. N u n aber das V e rk n ü p fe n d e : d u rch das Fenster blicken d sieht sie d en als H irsch verkleid eten H eld en m it sein er G eliebten , ihren im T r a u m v e r heißenen R etter. D a m it ist sie über den G e b ä rd e n v o rg a n g in ein neues H an d lu n g sstad iu m getreten . Ihre fo lgen d en G eb ärd en veran sch au lich en diesen W ech sel. Sie b eo b ach tet n a c h d en k lich das P aar, um d an n jubilierend (as m irie as sehe co u þ e; 2996) in die H alle zu rü ck zukehren . E in d ru ck svo lle r n o ch ist im allit. M orte A r th u r e die H a n d lu n g sv e rk n ü p fu n g durch A rth u rs G efü h lsg eb ä rd e des S ich -Z u riick zieh en s. A rth u r re a g ie rt a u f eine om inöse T r a u m d eu tu n g zo rn ig. Z orn ist n a ch außen g erich tet; d esh a lb wohl g eh t sein R ü c k z u g n ich t in die A b g esch lo ssen h e it d er S c h la fk a m m e r (w ie beim K u m m er), sondern n ach d ra u ß en in die F lu ren . M a n sieh t A r th u r n a ch d er R ed e des T rau m d eu ters aufstehen (thane rysez the riche k y n g e ; M A . 3456) und S tü ck um S tü c k seiner R ü stu n g a n leg en ; d er V o r g a n g des S ich -R ü sten s selbst ist schon ep isch -b reit gesch ildert. Sodan n eilt er h inaus und irrt durch die F lu ren . A lle s dies ist A u sd ru c k sg e b ä rd e : „ A r th u r schreitet über eine w eite W iese m it Zorn im F ierzen “ (and bow nnes ouer a brode m ode w ith breth at his herte; 3465); sein G a n g ist sch w an ken d , w ed er in einsam es B rü ten versu n ken ist (stotays a t a hey strette, stu d yan d e h ym one; 3467). D a sieht er aus d er F e m e den B oten a u f sich zu kom m en (dessen a llm ä h liches räu m lich es Flerann ahen w ird sp ü rbar ! [3468]), bis dieser m it A r th u r a u f gleich er H öh e ist und ihn g rü ß t (3476). D ie B eg rü ß u n gsre d en führen zu r w eiteren A n n ä h e ru n g ; A r th u r erkenn t in dem B o ten einen seiner K am m erh erren . D a s W iedererken nen besiegeln U m a rm u n g und K u ß - auch dies ist h ier a n sch au lich er V o r g a n g : A r th u r n im m t d ie S tu rm h aub e ab, um den anderen küssen zu können (3515 f.). D ie M är, d ie der B o te ü b erb rin gt, ist die von M od red s S ch u rkerei in E n g la n d , die an d ieser Stella d er D ich tu n g zum ersten M a le erw äh n t w ird , und m it d er n u n eine g a n z neue H an d lu n g sp h a se anh ebt. A b e r die Ü b e rle itu n g zu r neuen P h ase ist h ier echte H an d lu n g sv e rk n ü p fu n g d urch die G eb ärd e. D e r vo rau sgeh en d e om inöse T ra u m und seine D e u tu n g bereiteten schon in der a u sla u fen den H a n d lu n g sp h a se a u f das N eu e vor. A rth u rs G efü h lsrea ktion a u f den T ra u m - sein S ich -Z u rü ck zieh en - fü h rt hin zur B e g e g n u n g m it dem U n h eilsb o ten ; die B e g e g n u n g tü h rt w eiter zum E rk en n u n g sk u ß . D a s E rken n en w ied eru m erm ög lich t es dem Boten, seine N a ch rich t von M od red s V e r r a t an den M an n zu b rin gen . A lle s ist zeitlich und räu m lich fo rtlau fen d es G eschehen, das in ein an d ergreift - und trotzd em ist es G eb ärd e. D ieser verk n ü p fen d e G eb ärd en V o rgan g ü berw ind et n u n schon die starre R eih u n g , ind em er sie in episches D ah in fließen d er H a n d lu n g löst. D e r allit. M orte A r th u r e steht in d ieser H in sicht u nter den R o m an zen e in z ig da.
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Ü b e r die h ervo rra gen d e S tellu n g der R o m a n ze von S ir O rfeo sind sich die Interpreten ein ig . A b e r m an hat a llzu la n g e d azu gen eig t, ihre Q u alitäten im G eh altlich en allein zu sehen und die erzähl technische F orm als konvention ell a b zu tu n .1 T a tsä ch lich hebt sich aber - lan ge vor C h a u cer - die O rfe o d ich tu n g k ra ft ihrer erzäh lkün stlerisch en L eistu n g von den in d ie S tarre des reihenden Stils verh afteten R o m an zen aufs vorteilh afteste ab. E n tscheiden d en A n te il an diesem F ortsch ritt h a t die künstlerisch e D u rch d iin g u n g dei herköm m lichen G eb ärd en d arstellu n g. A ls E rsch ein u n g ist die G eb ärd e in S i r O rfeo k a u m etw as anderes als in den sonstigen R o m an zen . D ie E in zelgeb ärd en des G efü h lsau sd ru ck s oder d er R ep räsentation sind die g leich en g e b lie b e n ; ebenso die form alen T en d en zen d er A u sw e itu n g zum K o m p le x und d er A b k ü r z u n g und die d er F u n k tio n alisieru n g der G eb ärd e im Ü b e rg a n g . W en n gleich diese im m an en ten M ö g lich k e iten der G eb ärd e in reihender E rzäh lw eise m it M eistersch aft au sgesch ö p ft w erden, so b rin g t dies d och n ich ts g ru n d sätzlich N eues. W ähren d aber m den bisher b ehand elten R o m an zen beisp ielen die F u n ktion en der G eb ärd e gleich sam ein N e b en p rod u kt d er reihenden K om p ositionsw eise w aren, u m im V o rb eig e h e n zur verbessein d en G esta ltu n g sekun d är m itverw ertet zu w erden, besteht d as N eue in S i r O rfeo darin, d aß die „G e b ä r d e an sich “ erka n n t ist, d ie G eb ärd e als autonom e A u sd ru ck sfo rm fü r den G eh alt im w eitesten Sin ne, die G eb ärd e, die ihre F u n k tio n n ich t m ehr von den K o n ven tion en zu d iktiert erhält, sondern von sich aus w irkt. D ieser g estaltgeb en d e E igen w ert eign et d er G eb ärd e schon in stilistischer H insicht. D ie G eb ärd en d arstellu n g rich tet sich n ich t m eh r n a ch den stilistischen K on ven tion en , sondern - und das g leich t einer ko p crn ikan isch cn W en d u n g - d er S til richtet sich nach dem Sinn der G eb ärd en d arstellu n g fü r das G esam tgesch ehen. D ie K la g e g e stik d er K ö n ig in H eu rodis (E u ryd ice), als diese zu B egin n der G esch ich te aus dem S c h la f in der M aien lau b e erw acht, ist a u f den ersten B lick ein herköm m lich er k a ta lo g a rtig e r K o m p le x : S eh e crid, and loþli here g a n m a k e : S eh e fro ted h ir honden a n d h ir fet, A n d crach ed hir visa g e - it bled w e te ; H ir rich e robe h ye al to-rett, A n d w as reu eyd out o f hir witt (78 ff.) (S ic schrie, erhob ein sch re ck lich ’ Jam m ern ; Sie scheuerte sich H a n d ’ und F ü ß e w und, Z e rk ra tzte das G esich t, es b lu te t’ feu ch t, Z erfetzte g a r ih r P ra ch tg e w a n d , V e rlo r die H e rrsch a ft ih rer S in n e.).
D iesen K o m p le x d yn am isiert n u n der kon sequ en t d u rch geh alten e verbale S til. D ie B e w egu n g sv erb en dom inieren; selbst d ie B eg leit- und F o lgeersch ein u n gen der G eb ärd en sind ve rb a l g esch ild ert: das G esicht w a r n ich t feu ch t von B lu t (wie m an sich sonst in den R o m an zen auszu d rü cken pflegt), sondern es blu tete feu ch t; sie w a r nich t außer Sinnen, sondern sie verlor die H errsch aft über sie. D e r K o m p le x w ird n ich t m ehr beschrieben, sondern, weil es die Situ ation so erfordert, d yn am isch gesch ildert. D e r gleich e K o m p le x erscheint nun 1 S o z. T . noch G . K a n e , S. 81: “ T h e p ow er o f S ir O rfeo . . . is a p p are n tly not depend ent upon techm eahties o f exp ression , b u t it exists w ith o u t referen ce to such fau lts . . . ^ E rst n eu erd in gs w ird d er W ert d ieser R o m a n ze als h e rvo rra ge n d e s B eispiel d er E rzä h lk u n st g e w ü rd ig t; v g l. B liss im V o rw o rt zu seiner A u s g a b e , S. X L I .
Dic; erzähltechnischen Q ualitäten d er G ebärde in d er m ittelenglischen D ichtung
so gleich noch einm al, als O rfeo die K ö n ig in a n b lic k t (10 1) und sich in einer R ed e ob ihres G eb aren s verw u n d ert. N u n aber - und w ied er en tsp rich t dies der S itu atio n - ist d er K o m p lex in d er R ü ck sp ie g e lu n g als Z u stan d und statisch a u fg e fa ß t. O rfeo sa g t: “ O 1c f liif, w h at is r.e, þ a t euer je tc hast ben so stille. A n d n ow greclest w ond er sch ille ? V'i hodi, Jiat was so w hite y -c o re , W i|j þin e n ailcs is al to-tore. A lia s! þ i rode, þ a t w as so red, Is al w an, as þ o u w ere d ed ; A n d al-so þ in e fin gres sm ale B eþ a l b lo d i and al pale. A lia s! þi louesom e y je n to L o k e þ so m an doþ on his f o ! ” (102 ff.) (O liebes L eb en , w as ist m it dir, die du stets so still g e w esen bist u n d n un so sch rille T ö n e heu lst ? D e in K ö rp er, einst a u serk o ren w eiß, ist je tz t von deinen N ä g e ln g a n z zerk ratzt. A c h , dein A n tlitz, sonst so rot, ist je tz t g a n z b la ß , als w ä rst du to t; und deine zierlich klein en F in g e r sind g a n z b lu tig und g a n z b la ß . A c h , der B lic k in deinen lieb evo llen A u g e n ist w ie der des M annes w id er seinen Feind.).
H ier dom iniert das A d je k tiv . D e r K ö rp e r i s t zerkratzt, das G esich t i s t blaß, d ie F in g er s i n d b lu tig usw . D em statischen S til verleih t eine d u rch geh en d e A n tith e tik N a ch d ru ck . D e r g leich e K o m p le x w ird also in zw ei Situ ation en - d ort als E reign is, hier als E rg eb n is fru ch tb a r; und jed er dieser Situ ation en entsprechend ist der sp rach lich e S til sein er D a r stellu n g dort dyn am isch , hier statisch . E in e stilistische F o rm u n g der G eb ärd en d arstellu n g g a b es freilich schon bei L aya m o n . D o rt aber erfa ß te sie den isolierten V o r fa ll des SickTG eb aren s; der S til form te die G ebärd e. In S i r O rfeo form t die G eb ärd e den S til so, w ie es die H an d lu n g slag e erfordert. D a ru m v e rm a g die G eb ärd en d arstellu n g - und h ierm it sind w ir bei der zw eiten E rru n g e n sch aft des O rfeod ich ters - d ram atisch e S p a n n u n g zu erzeu gen. Sie v e rm a g es um so m ehr, als die N e n n u n g d er G eb ärd e und die E rk lä ru n g ihres A u sd ru c k sg e h a lts von ein an d er g etren n t sind. D ie G eb ärd e ist nicht m eh r etw as von vornherein V e rd eu tlich tes; ih re B e sch reib u n g erregt V erw u n d eru n g , N eu gierd e, S p a n n u n g ; d er S in n d äm m ert allm äh lich herauf. W enden w ir uns noch einm al den K la g e g e b ä rd e n der H eurodis zu. Ihr A u sb ru ch kom m t v ö llig überraschend und unverm ittelt. E r sch ließt sich n ich t an eine bereits bekan nte S tim m u n g a n ; er w ird auch n ich t gleich als T rau m reak tio n m otiviert, w ie dies sonst in den R om an zen vo rkom m t. Im G egen teil, der K o n tra st zu m vo rau fgeh en d en G esch eh en ist g a n z sc h a r f - H eu rodis h atte sich m it ihren Zofen im blühenden G arten g eto llt und sich zu m süßen S c h la f n ied ergeleg t. D a ß sic dies unter einem “ ym p e-tre” tat, deutete zw a r va g e a u f kom m endes U n h eil, m ildert jedoch den K o n tra st keinesw egs h erab (57—72). D er L eser also w eiß zu n ächst eben sow en ig w ie die h andeln den Personen, aus w elchem A n la ß sich H eu io d is g eb ä rd et; er w ird - w o ra u f auch Bliss hinw eist1 - zu g leich ü berrasch t und m S p a n n u n g versetzt. A b e r m eh r n o c h : auch inn erhalb d er ko m p lexen G eb ärd en sch ild eru n g
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feh lt d ie sonst übliche G efü h lsan ga b e. D ie stereotypen K la g eg eb ä rd en fo rm en könn en ja — w ie an anderer Stelle schon au sgefü h rt w u rd e — V ersch ied en a rtiges a u sd rü cken : böses W esen, Zorn, T ra u er, V e rz w e iflu n g , R eu e usw . A ll diese M ö g lich k e iten zieh t denn auch der ah n u n gslo se O rfeo in E r w ä g u n g : die T rau er, in d em er „ m it großem M itle id “ a u f H eurodis einredet (wiþ grete p it é ; 101) ; den Zorn, indem er ihre A u g e n m it denen eines rach ed u rstigen K rie g ers verg le ich t (112 ) ; ja so g ar das böse W esen, indem er ih r den G eg en sa tz ihres jetzigen B enehm ens zu ihrem son stigen tugen d reich -stillen V erh a lten vo rh ält (103 f.). D ie S p a n n u n g der U n g e w iß h e it w ird n o ch w eiter g etrieb en ; zu m M ittel der S p a n n u n g s d yn am isieru n g w erden die m eisterh aft m itein an der verq u ickten h erköm m lich en M eth oden d er gestischen A u sw e itu n g und Szen en b in d u n g , die hier d u rch au s nichts D ek o ra tives m eh r an sich haben. D u rch das G eb aren der H eurodis in S ch recken versetzt, stieben ihre beiden Zofen d avon und alarm ieren den P a la st (84 ff.); diese „R e s o n a n z g e b ä rd e “ m otiviert g le ich ze itig den fo lgen d en O rtsw ech sel; denn nun stü rzen die P alastb ew oh n er h erzu ,u m die R asen d e in die A rm e zu nehm en (92) und sie in ihr G em ach zu tragen (93-96). D a r a u f erst w ird die N a ch rich t dem O rfeo überm ittelt, und dieser eilt seinerseits m it se in e m G e fo lg e ins G em ach (to chaum ber, r ijt bifo r þe quen e; 100), w o er dann, w ie schon erw äh nt, ü b er ihr G ebaren lam en tiert. D ie G eb ärd e des O rtsw e ch se ls-so n st in den R o m an zen ein fach es B in d e glied zw ischen den E r z ä h le in h e ite n -w ir d hier zu m w ild b ew eg ten G eschehen, zum stieben den H in und H er der B eteiligten . G leich ze itig aber ist diese a u fg ereg te B ew eg th eit die R e a k tion der U m w e lt a u f das u n erklärte V erh a lten der K ö n ig in , die R eso n an z ihrer G eb ärd en a ls o ; sie inten siviert dam it die S p a n n u n g der U n g ew iß h eit, w elch e diese G eb ärd en e rzeu g t h aben. A u c h a u f O rfeos beschw örende F ra g e n a ch U rsa ch e und Sin n des G eb aren s, m it der er dann seine R ed e sch ließt (“ and tel m e w h a t þe is, and hou, / and w h a t þ in g m a y 'þ e help n o w ” ; 115 f.), g ib t die R asend e n o ch keinesw egs A u sk u n ft, sondern stü rzt ih ren G atten (und den L eser) in noch g rö ßere U n ru h e m it ihrer unter W eh ru fen h ervorgestoßen en E rk lä ru n g , d aß sie O rfeo w ie im m er liebe u n d ihn trotzd em verlassen w erde. E rst nach einer d erart gesteigerten S p a n n u n g b erich tet d an n H eu rodis - u nter T rän en - vo n ihrem verh än gn isvo llen T ra u m , in dem ihr der F een k ö n ig a n k ü n d igte, er w erde sie aus dem R eich der L eben d en entführen. D ieser epische T ra u m b erich t ( 1 3 1 -1 7 4 ) verd eu tlich t zw ar endlich die G eb ärd en der A u sg a n g ssitu a tio n . E rstau n lich erw eise aber löst er die S p a n n u n g nicht auf. D ie letzten W orte der H eurodis reißen vielm eh r eine n och tiefere S p a n n u n g a u f; sie schließt ihren B ericht m it der w o rtw örtlich en W ie d e rg a b e der D ro h u n g des F een kön igs, n ach d er es ihr g a r nichts nützen w ürde, w enn sie auch „a ll ihre G lied er zerreiß e“ , er w erde sie dennoch holen: A n d to-tore þin e lim es al, þ a t noþing' help þ e no sch al ( 171 f.).
G en au das, w as ihr, w ie w ir nun hören, v ö llig u n n ütz ist, näm lich ein selbstzerfleischendcs G eb aren , hatten w ir sie ja vollführen sehen. D a m it k lin g t auch die V erd e u tlich u n g dieses G ebaren s m it d er U n g e w iß h e it über das K o m m en d e aus, m it S ch au d ern vo r der Z u k u n ft, m it der S p a n n u n g letztlich , die im T h em a der D ich tu n g lie g t: n ä m lich d er G eg en sä tzlich keit d er realen W e lt der L eb en d en und der irrealen W elt der T o ten . D a s aber ist die höchste F u n ktion der G eb ärd e in S i r Orfeo'. sie gestaltet das Th em atisch e. Ihre S p a n n u n g sk ra ft v e rm a g im m er w ied er d en A b g ru n d zw ischen realer und irrealer W elt a u fzu reiß en ; denn der W e g zu r Ü b e rw in d u n g dieses A b g ru n d s, der durch das S ch ei tern sch ließlich zu m G elin gen fü h rt, ist w oh l d er sch icksalh afte H an d lu n gssin n in dieser D ich tu n g . D iese them atische S p a n n u n g sk ra ft h at die G eb ärd en d arstellu n g in S i r Orfeo selbst dann, wenn sie sich d er herköm m lichen verd eu tlich ten A u sd ru ck sk o m p lex e bedient
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und nicht schon, w ie hei d er H e u ro d isk la g c, das M o m en t der U n g e w iß h e it zw ischen G eb ärd e und V e rd e u tlic h u n g treib t. F reilich - und auch das ist schon bezeich nend - sind jene verd eu tlich ten A u sd ru c k sk o m p le x e in S i r Orfeo n irgen d s d erart ba ro ck au sgew eitet w ie die u n v erd eu tü ch te n ; sie erscheinen in d er K u rzfo rm . O rfeo selbst, nach d em er m ach tlos der E n tfü h ru n g seiner G a ttin Zusehen m ußte, ist das S u b jek t eines K la g e k o m p le x e s : þ o w as p e r criin g, w epe a n d w o ; þ e k in g into his ch a u m b e r is g o , A n d oft sw on ed opon þ e ston, A n d m ade sw ich e diol a n d sw ich e m on J>at n e ije his liif w as y -sp en t . . . (195 ff.) (D a g a b ’s H eulen , W ein en , W eh ; der K ö n ig g in g in seine K a m m e r u n d fiel in O h n m ach t oft zu B o d en u n d e rg in g sich so in K la g e n , daß es b ein ah um ih n g e sch eh en w ar.).
D as Sp an n en d e lie g t h ier im Ü b e rg a n g . E s ka n n kein Z u fa ll sein, d aß das allgem ein e M itk la g e n (195) d ie E in le itu n g ist zu O rfeos E in z e lk la g e - und n ich t ih r resonanter W id erh all. D er S c h lu ß p u n k t des ku rzen K la g e k o m p le x e s ist vielm eh r das F a k tu m der persönlichen K la g e O rfeos im B etroffensein vo n d er M a c h t einer anderen W elt, hier eben der des F een kön igs. A n diesem P u n k t e rfo lg t ein p lö tzlich er Ü b e r g a n g ; gleich im A n sch lu ß an die eben zitierten V erse h eißt es: der K ö n ig rie f seine E d le n zu s a m m e n : H e c lep e d to -g id e r his baroun s, E rls, lordes o f ren ou ns (201 f.).
In dieser typ isch en H errsch erg eb ä rd e des S ich -U m g eb en s m it seinem H o f m an ifestiert O rfeo E n tsch lo ssen h eit - und zw ar, w ie seine B esch lu ß red e alsbald k la r m ach t, in der A b sich t, d ie S u ch e n ach H eu rodis aufzu neh m en . D e r abru p te Ü b e r g a n g setzt die S p a n n u n gselem ente neben ein an d er; hier die A h n u n g um die K lu ft zw ischen sein er und der anderen W elt (O rfeos K la g e ) — dort der heroische W ille, diese K lu ft zu übersch reiten (O rfeos R ep räsentation ). In d ieser W eise ließe sich noch an w eiteren B eisp ielen die th em a tische W irk u n g selbst der verd eu tlich ten A u sd ru c k sk o m p le x e zeigen. A b e r n ich t n u r die D a rstellu n g der G efü h lsgeb ärd en , sondern auch die d er R ep rä sen tation len kt die g an ze D ich tu n g h indurch a u f jene th em atisch e S p a n n u n g zu, vertieft sie. G reifen w ir die B e g e g n u n g O rfeos m it dem H ofstaat des F een k ö n igs heraus. K ö n ig O rfeo hatte n ach der E n tfü h ru n g der H eu rodis in die F een w elt a u f seinen T h ro n (a u f seine R e p rä sentation!) verzich tet, ein B ü ß erg ew a n d a n g eleg t und irrt nun m it seiner H a rfe b arfu ß d urch die W üste. D a b e g eg n et er d er H o fg esellsch aft des F een kön igs. N ich t daß diese gan z und g a r in den F orm en d er m ittelalterlich en höfischen R ep räsen tation g esch ild ert ist, ist das B esondere d aran , sondern die ein m alige A r t und W eise der S ch ild eru n g. N ach ein an d er w erden vier typ isch e A s p e k te der R ep räsen tation vo rgefü h rt. Z u erst die Jagd rep räsen tatio n (R u fe, H ö rn erk lan g, H u n d e b e ile n ; 281—288); alles ist h ier zu stän d lich und allgem ein . Es b egin n t: , , O f t konn te O rfeo nahebei an w arm en N a ch m itta g e n den F een k ö n ig und sein G efo lg e sehen“ : H e m ijjt se him bisides O ft in hot vn d er-tid es þ e k in g o f fa iry w iþ his rout (281 ff.).
D ie R ep räsentation ist an H an d lu n g szeit und -ort n ich t gebu n d en . D ie a llg em e in g ü ltig e Z u stän d lich keit sp iegelt auch d er h erköm m lich e Stil d er A n ein a n d erreih u n g su bstan tivierter
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G eb ärd en w ö rter (das K ö n ig s g e fo lg e j a g t “ w iþ dim cri and blow ein g, / an d houndes also w iþ him b e rk in g ” ; 285 f . ) . - D e r zw eite A s p e k t ist die kriegerisch e Seite der R ep räsen tation (geballtes H eer, “ cunten aun ce stout and fe rs” , fliegende B ann er, g ezü ck te Sch w erter; 289296). D e r d ritte A s p e k t ist die h öfisch-gesellsch aftlich e S e it e : T ä n zeln der R itter und D am en, M u sik , G esan g. B eid es bleibt äu ß erlich in d er allgem ein en Z u stän d lich keit und ist u n v er bin d lich eingeleitet („u n d w ied eru m sah e r . . . “ ; 289; 297). A b e r der S til w ird m äh lich verbaler, d er E in d ru ck bew egter, die R ep rä sen tatio n sb esch reib u n g näh ert sich dem V o rg ä n g lich e n . Z u erst: „ E in jeder (der R itter) hielt ein g ezü ck tes S c h w e rt“ (and ich his sw erd y-d raw e h o ld ; 295); d an n so g a r: „ R itte r und D a m en kam en a n g etän zelt . . . m it G esch ick, m it zierlichen S ch ritten z a r t“ ( K n ijte s a n d le u e d is com d a u n cein g / . . . g isely,/ q u e y n tp a s and so ftly ; 298 ff.). V ö llig h an d lu n gsgeb u n d en ist dann der vierte A s p e k t der R ep räsentation , das T reib en der D am en . D ie E in fü h ru n g sp h ra se fixiert ihn in die H a n d lu n g sz cit: „ U n d eines T a g e s sah er in seiner N ä h e . . .“ (A n d on a d ay he se ije him biside . . ., 3 ° 3 )- U n d nun bestim m en auch die B ew egu n gsverb en den S p r a c h s til: S e x ti leu ed is on hors ride, G en til a n d io lif as b rid on ris; . . . A n d ich a fau co u n on b o n d here, A n d rid en on h a u k in bi o riu ere (304 if.) (Z u P ferd e ritten se ch zig D a m e n , A n m u tig w ie die V ö g c le in ; . . . S ie tr u g e n F a lk e n in der H a n d ; E s g in g zu r B e iz ja g d an den F lu ß .).
A u c h örtlich ist dieses G eschehen fixiert (bi o riuere), und der b etrach ten d e O rfeo ist m it seiner G eb ärd e k ö rp erlich in die Szen e ein b ezo gen : „ D a s sah O rfeo und la c h te “ (þat se ije O rfeo, and I0 U 3 ; 314). A u s der a n fa n g s sch ein bar bezieh u n gslosen G estik der R ep räsen tation des F een h ofstaates sch ält sich m it der A b w a n d lu n g ihrer A sp e k te , und g leich zeitig m it d er stilistischen M od ifikation , u n m erklich H an d lu n g sg esch eh en heraus, das einem H ö h ep u n k t zustrebt. D ie einm al erreichte k o n krete szenische Situ ation - die D am en a u f der F a lk en b eize u n d d er sie lächeln d betrach ten de O rfeo - verd ich tet sich zur B e g e g n u n g O rfeos m it seiner G em ahlin , die er als F ee u n ter Feen g ew a h r w ird. D ieses E reign is ist G eb ä rd e: „ L ie b schau t er sie an und sie ihn w ied er; d och kein er sp rach ein W ort zum an d ern “ : 3ern he b ih eld hir, a n d sehe him eke, A c noiþer to oþ er a w o rd no sp eke (323 f.).
V o n hier aus zu rü ck b lick en d w ird uns n u n die th em atisch e F u n k tio n der V a ria tio n en der R ep räsen tation k la r; sie erzeu gten vorbereitend die S p a n n u n g , die im B ew u ß tw erd en der K lu ft zw ischen den heterogenen W elten liegt. V o r das A u g e O rfeos, des verw ilderten W an d erers in d er W üste, der sich seiner eigenen R ep räsen tation en tsch lagen hatte, tritt in sich steigernd er D eu tlich k eit die rep räsen tative W elt des F eenreiches - zunächst aber m it der tragisch en Ironie, d aß sich O rfeo d ie S c h ic k sa lh a ftig k e it des existen tiellen G etren n t seins dieser W elten g a r n icht k la r m ach t (er lach t auf, als er die andere Seite betrachtet). In der G eb ärd e bei der persönlichen B e g e g n u n g m it der H eurodis, im S ich -A n b lick en und N icht-m iteinand er-red en-K önn en der in getren n ten W elten existierenden G atten , tut sich nun die T r a g ik d er U n ü b e rb rü c k b a rk e it a u f — denn ohne diese T r a g ik könn ten sie sich ja hier zum W iedersehen sku ß u m arm en, w elch e G eb ärd e in den R o m an zen fü r solche S itu ation en des Sich-W iederfin dens angem essen ist;1 und en dlich w ird am H öh ep u n kt 1 V g l . oben S . 139. M ünchen A k . AVih. phil.-hist. 1 9 5 9 (H abicht)
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diese T r a g ik in der G eb ärd e zum sch m erzh aften E rle b n is; den A u g e n der H eu ro dis en t rinnen im A n b lic k des G atten T rän en , und dieser T rän en w egen reißen sie die Feen aus der B e g e g n u n g fort: l'c teres fcl out of hir eQ e: l>e o]ier leuedis þis y -s e ije A n d m a k e d h ir o w a y to ride - S eh e m ost w iþ him no lo n g er a b id e (327 ff.) (Ih r ra n n en T rä n e n aus den A u g e n ; das sa h ’ n die an d ern D a m en u nd m a h n ten sie zu m W eiterreiten - sie d ü rft’ bei ihm n icht lä n g e r w eilen.).
D e r K o n tra st zw ischen der R ep räsen tation slo sigk eit des suchenden O rfeo und der R ep räsen tation sfü lle des F een staates aber steht sym bo lisch fü r den G eg en sa tz zw isch en O rfeos realer, sterb lich er W elt und der irrealen des Totenreich es, in w elch er H eu ro d is steh t; und diese K lu ft hind ert die W ied e rv erein igu n g der G atten . U n te r V erw e is a u f diesen sym bolischen K o n tra st m öchte dann sp äter der von O rfeos H arfen sp iel b eza u b e rte F een k o m g selbst - en tgegen seinem g egeb en en V ersp rech en , jeden W u n sch zu erfü llen - dem O rfeo die A u slie fe ru n g der Fleurodis v e rw e ig e rn : “ N a y !” q u aþ þ e k in g , “ þ a t n o u jt nere! A sori cou p le o f 30 u it w ere, F o r |ioLi a rt lene, rowe a n d b la c , A n d sehe is louesu m , w iþ -ou ten la c: A lo þ lich þ in g is w ere, forþ i, T o sen h ir in þi c o m p a y n i.” (457 ff.) ( „ N e in “ , sp rach der K ö n ig , „ d a s kan n nie g e sc h e h e n ; ein tr a u rig P a a r g ä b t ih r w o h l a b : den n du bist m a ge r, a b g e h ä rm t und sch w arz, u nd sie ist reizvoll, ohne M a k e l. E in h äß lich D in g w a r’ es, fü rw a h r, m it ih r zu sam m en dich zu se h n .“ ).
D ie L o su n g aber, also die Ü b e rb rü c k u n g der W elten und d am it die W ied erv erein igu n g der G atten , kom m t zu stan d e a u f G ru n d der höfischen T u g e n d , der E h re n h a ftig k e it des F een -onigs, iu r die ja che vorh er gesch ilderte R ep räsentation seines H ofstaates das Sym bo l ist das g egeb en e E h ren w ort m ach t es dem F een kön ig zur P flicht, O rfeos W u nsch zu e rfü lle n ’ „ N o c h viel h äßlich er wärs w o h l“ , redet O rfeo den F een k ö n ig an, „ T r u g aus d einem M u n d zu hören : “ 3 ete w ere it a w ele fo u ler þ in g T o here a le sin g o f þ i m o u þ e ” (464 f . ),
und der F een k ö n ig kan n nur sa g en ; “ T a k e hir b i þe hond and g o ! ” (470) ( „ N im m sie bei der H a n d u n d g e h ! “ ).
Indem O rfeo die H eu rodis bei der H an d nim m t (H is w iif he to k bi þe h o n d ; 473) ist die losende W ied e rv erein igu n g in der G eb ärd e veran sch au lich t. D a s A n -d er-H a n d -F a sse n ist G eb ärd e der G leich stellu n g im g esellsch aftlich en R a n g ; hier bedeutet es d aru m - die K lu ft zw ischen d er repräsentationslosen S te llu n g O rfeos und der in der R ep räsen tation des
S ir
O r fe o :
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F een reich es stehenden H eu rodis ist au fgeh o ben , beide sind a u f gleich e E ben e gebrach t, a u f die E ben e, a u f der sie sich finden können. D a ß die G eb ärd e in dieser ihrer th em atisch en F u n k tio n n ich t etw a vom Sto fflich en her au fo k tro v iert, sondern d aß sie vielm eh r selbst autonom gestalten de F orm ist, m öge als letztes B eispiel die Szen e der R ü ck k e h r O rfeos an seinen eigenen H o f d eu tlich m achen. D enn hier scheint nun das eigen tliche T h em a schon erled ig t zu sein. T ro tzd em bew ahrt die G eb ärd e ihre spannende K ra ft. R ein äußerlich h a n d elt es sich um d ie typische Situ ation des W iedererken n en s. D e r S ta tth a lter, d er den heim keh rend en O rfco n ich t erkennt, k la g t über dessen verm eintlichen T o d ; er fä llt in O hn m ach t, m u ß von den B aronen gestü tzt w erd en . A d o u n he fei a sw o n to g r o u n d e : H is b aro u n s him to k vp in þ a t stou n d e ( 5 4 9 f*)*
F ü r die W iedererken nung’ssituation ist diese im Z usam m enhang' schon verd eu tlich te K la g e g eb ä rd e ohne d ram atisch e S p a n n u n g ; der L eser ist über d ie G ru n d lo sig k eit d er K la g e im B ild e. In sofern besteht zu ähnlichen Situ ation en der R o m an zen k ein g ru n d sätzlich er U n tersch ied . D en n o ch trä g t diese G eb ärd e hier von sich aus zur O ffen b a ru n g inneren G eschehens b ei; durch sie erkenn t näm lich O rfeo, d aß sein S ta tth a lter ih m die T reu e g ew a h rt hat: K in g O rfeo kn ew e w ele bi þ a n H is stew ard w a s a trew e m an (553 f.).
D a rü b e r w a r in der T a t der L eser bis zu dieser G eb ärd e ebenso im U n g ew issen w ie O rico selb st; h a t d och zu B egin n der E pisode (519 ff-) die S c h ild eru n g von des S tatth alters rau schen d er H o fh a ltu n g den Zw eifel an dessen U n tergeb e n h eit g eg e n O rfeo nur genährt. A ls sich nun O rfeo zu erkennen gib t, fü h ren die an läß lich der W iederseh en sfieu d e gesch ild erten G eb ärd en dieses T h em a fort und keh ren g le ich ze itig zum H au p tth em a zu rü ck , das sie abrun den und abschließen . D e r S ta tth a lter b eku n d et seine F reud e über O rfeos R ü c k k e h r in überaus stürm ischer W eise; er eilt freu d ig a u f ihn zu, so daß die im W e g stehenden T isch e u m fallen, und er fä llt m it allen A n w esen d en O rfco zu F ü ß en : O u er and ouer p e b o rd he p rew c, A n d fei adou n to Ins fe t; S o dede euerich lo rd p a t p e r sete (578 ff.).
M it der ihm d arg eb rach ten U n terw ü rfig k eitsg eb ä rd e tritt O rfeo w ieder in seine eigene W elt, in seine alte R ep räsen tation ein, die er am A n fa n g w a g h a lsig a u f der Su ch e n a ch der irrealen W elt verlassen hatte. In R ep räsen tation ssch ild eru n g (F estzu g, E in z u g der K ö n ig in , M u s ik ; 587 ff.) k lin g t die D ich tu n g aus; O rfeo w ird neu g ekrö n t (!): N o w K in g O rfeo new e coroun d is (593).
D a m it hat sich der K reis geschlossen. E s h a t sich g ezeig t, daß die G eb ärd e in S i r O rfeo an der stilistischen und d ram atisch en G estaltu n g teilhat, d aß sie F o rm k ra ft gew in n t. D ab ei w ird jed o ch w eder an ihren typischen E rsch ein u n gsfo rm en gerü ttelt noch an den h erköm m lich en form alen T en den zen d er G e b ä rd en d a rstellu n g - der w echselhaften A u sw e itu n g in K o m p le x oder S itu ation sb esch rei b u n g , oder d er F u n k tio n alisieru n g im Ü b e r g a n g . A u ch der W ertg eh a lt b leib t; die K la g e gebärd en sind A u sd ru c k des Betroffenseins vom S ch ick sa l, die F orm en der R ep räsentation sind A ttrib u te des H errschers. A b e r diese G eb ärd en w erden nun zu S ym bo len geistiger 19
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W elten und ihrer S p a n n u n g en , w elch e die T h e m a tik dieser D ic h tu n g ausm achen und aus denen das G esch eh en erw äch st. D a ru m erh ält die G eb ärd e Sin n und d ram atisch e F u n ktion fü r das G esa m tw e rk ; sie trä g t d azu bei, über die R u c k h a ftig k e it des reihenden E rzäh lstils die g ro ß e E in h eit zu sp an nen . M a n w ird n ich t feh lgeh en , in der T e c h n ik des O rfeod ich ters die Z ü g e eines B alla d en stils zu verm u ten, w ie er sich in der m ittelh ochd eu tsch en D ic h tu n g schon a u sgeb ild et h atte. D en n o ch w ird S i r O rfeo sch on w e gen sein er L ä n g e n ich t als B a lla d e anzusehen sein, sondern als R o m an ze, in der einer der d en k b aren W eg e gefu n d en w ird, d ie in anderen R o m an zen sch lu m m ern den kü nstlerisch en A u ssa g em ö g lich k eite n der G eb ärd e auszusch öp fen.
7. S I R G A W A I N A N D T H E G R E E N K N I G H T - D I E I N D I V I D U E L L E N GEBÄRDEN
E in en anderen, um nichts m ind er kü nstlerisch fru ch tb aren W e g zu r Ü b e rw in d u n g der starren, d ekorativen G estik des reihenden R om an zen stils besch reitet d er G aw ain d ich ter. Sem e M eth o d e b e s t e h t - im G eg en sa tz zu der des O rfeod ich ters - gerad e darin, d aß er die E in zelgeb ärd en aus ih rer T y p ik löst, d aß er sie realisiert und in d ivid u a lisiert; er erzeu g t den E in d ru ck , als ob jede G eb ärd e d irek t beobach tet sei. D a b ei b leib en andererseits - w ied eru m im G eg en sa tz zu S i r Orfeo - die K o n tu ren der E rzäh lein h eiten a u sg e p rä g t erhalten. W ä h ren d die G eb ärd e in S i r O rfeo fü r d ie g an zh eitlich e T h e m a tik fru ch tb a r w ird, setzt beim G a w a in d ich te r ihre W irk u n g in n erhalb der E rzäh lein h eiten ein. Ü b erb lick en w ir d aru m zun ächst die A u fb a u te c h n ik in G G K . Schon ä u ß erlich ist die iie n n u n g in E p iso d en d u rch die T e ilu n g in v ier in sich abgeru n d ete K a p ite l (fyttes) m arkiert. F o rm a l h aben auch die S trop h en, in die d ie fy tte s unterteilt sind, etw as T ren n en d es, d ie ku rzen R eim verse (bob und w heel), w elch e jede der aus alliterierenden L a n g z e ile n bestehenden Strop h en abschließen , nehm en m eistens schon G esagtes w ied er a u f, lassen es verw eilen d aussch w ingen. D ie ein zeln en E p isod en sind so rg fä ltig ein geleitet - m it O rts und Z eita n g ab e n , p räzisen P erso n en besch reibu n gen usw . E ben so so rg fä ltig sind sie a b geru n det. N irgen d s feh lt — w ie so oft bei L a ja m o n s Szen en an sätzen — die S ch ild eru n g der lösenden S ch lu ßsitu atio n . D a s eig en tlich N eue aber gegen ü b er d er P ra x is der reihenden E rzä h lw eise der R om an zen ist, d aß in a l l e n E rzäh lein h eiten ein szenisches G esch eh en au sgestaltet ist. D ie E rzäh leinheiten selbst nehm en einen viel m on um entaleren R a u m ein als a n d e rsw o ; die g an ze erste fy tte ist von d er g ro ß en H ofszene erfü llt; in anderen sind die J a gd - und V ersu c h u n g s szenen m eisterh aft inein an der versch ach telt. In jed er Szen e ist n u r das fü r die jew eilig e S itu atio n g ü ltig e G eschehen , d er ein m alige V e rla u f, g esch ild ert, nich t bloß die d ekorative A u sw e itu n g einer typ isch en S itu atio n sg estik . A b g e k ü rzte , fo rm elh a ft-g ed rä n g te E rz ä h l einheiten g ib t cs n ich t; denn das ein m a lig E rle b te lä ß t sich n ich t a b kü rzen . D a ru m g ib t es auch nich t den W ech sel von ausgew eiteter und a b g e k ü rzter G estik, o b gleich die P a ra lle lität d er F u n d am en ta lg estik vieler Szenen d azu einladen kön n te. D ie „ ty p is c h e “ F u n d am en talgcstik w ird vielm eh r als S ch em a g a r n ich t bew u ßt, w eil sic stets m it dem besonderen G eschehen des A u g e n b lick s verw oben ist. D a m it stoßen w ir w ied er a u f so etw as w ie eine epische P otenz d er G eb ärd e. A b e r anders als im alten glisch en E p o s erw äch st diese P oten z nun nich t aus der T a tsa ch e, d a ß eine bedeutsam e G eb ärd e a u fb litzt, sondern aus d er A rt, w ie sie sich im szenischen G eschehen darbietet. D en n es herrscht das E b en m aß einer die
S i r G a w a in a n d th e G re e n K n ig h t :
D ie individuellen G ebärden
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ä u ß ere E rsch ein u n g sw elt präzisierenden D a rstellu n g sw eise.1 D iese D arstellu n gsw else ist d as R esu lta t einer Schw eise, die m a n n a ch g era d e als das G eg en teil d er m der alten gh sch en E p ik w irken d en bezeichnen könnte. D e r B lic k des D ich ters geh t kon sequ en t a u f das A n sch au lich e. In der L e u c h tk ra ft u n d S ch ä rfe der B esch reib u n g en feiert der visuelle S til des G a w a in d ich ters ebensolche T riu m p h e w ie in der L eb e n d ig k e it der G eb ard en d arstellu n g. B ed eu tu n gsvo ll fü r unsere F ra g e ste llu n g sind auch seine plastischen, raum erfullen den u n d situ ationsgestaltend en W irk u n g en . R ä u m lich e, b ew egte B ild ko m p ositio n sch afft der G a w a in d ich te r schon in der B e w ä ltig u n g eines so konvention ellen M o tivs w ie der E vozieru n g der Jahreszeiten, die in G G K die E rzä h lein h eiten : E n th a u p tu n gssp iel und A u sz u g G a w a in s, ü berbrü ckt. D e r R au m zw ischen H im m el und E rd e w ird d urch ein stetes A u f und N ied er d er visuellen Im pu lse erfüllt. D e r F rü h lin g : die K ä lte sin kt nieder, die W olken steigen em por (G olde celn g e 5 adoun, clo u d e 3 v p ly fte n ; 505). D iese räu m lich e B ew egu n g, m it der sich auch andere N atu rsch ild eru n gen in G G K d arbieten ," ist von Sin neseindrucken belebt- „ g l i t z e r n d ergieß t sich der R e g e n in w a r m e n S c h a u ern ; fa llt nieder a u f den lieblichen G ru n d “ (S ch yre sch ed e 3 þe rayn in sch o w re 3 fu l w arm e, / F a llc 3 vp on fayre flat; co 6 f.). U n d diese B e w e g u n g erfü llt einen erlebten R a u m , in dem sie ihren A u sg a n g sp u n k t und ihr Z iel hat. S ie ist gerichtete B e w e g u n g ; der R e g e n fä llt vo n den W o lk en a u f die F eld er und H ain e m it ihren grü nen G räsern (508) und ihrer B lü ten p rach t (512). So ist auch das B ild des Som m ers gestaltet; Z ep h yru s b lä st a u f die P flan zen und G raser (517), das P flän z chen w äch st aus der E rd e em por (518), d er T a u tro p ft vo n den B lä ttern h erab (519)- U n d der H erb st: seine W ind e heben den S ta u b von der E rd o b erflä ch e em por (H e d ryu es w yth d ro jt þe dust fo r to ryse, / F ro þe fa ce o f þe fo ld e to fly 3e fu l h y 3 e; 523 f -); dle B latter w irbeln vo n d er L in d e hinab aufs Feld (526). . , ,. W o nun solche raum beleben de B e w e g u n g in der S itu atio n sg esta ltu n g w irkt, d a w ird die in d ivid u alisierte G eb ärd e zum K o m p ositio n sm ittel p a r excellence. D ie G eb ärd e, sonst in den R o m an zen zu stän d lich und fläch ig, steht n u n g leich sam im d reidim ensionalen K aum , und sie fü llt den R a u m - eine E rru n gen sch a ft, w ie sie ähnlich G iottos A ren a fresk en zu P a d u a fü r die M alerei gebrach t h ab en .12 3 M an sehe, w elch e in der englischen R o m an zen d ich tu n g nie d agew esen e W irk u n g en allem m it den B lick g e b ä rd en erzielt w erden. D er B lic k w a r in sonstigen D ich tu n g en etw as aus dem G ew eb e des G eschehens Isoliertes; er w a r typ isch fü r die heroische Pose, er geh örte zu zu stän d lich en A u sd ru ck sk o m p lex en . M a n sp rach m ehr von den A u g e n und deren F u n keln als vo m schauenden, gerichteten B lick . In G G K zielen die B lick e ; sie durchm essen gleich im agin ären L in ien den szenischen R a u m . D e r B lic k zieht B esch reib u n gen m die S ch ild eru n g des Szenengeschehens hinein. A u f d ie G estalt des B u rgh errn lenkte G aw ain s B lic k bei der B e g rü ß u n g hin: G aw ayn g ly 3t on þe gom e pat godly hym gret, And pu jt hit a bolde burne p at pe b u r j a jte, A hoge hapel for pe n on ej . . . (842 if.).
D a ra u fh in erfahren w ir, w ie d er B u rg h err aussieht. Ü b e r G a w a in s B lic k kom m t der D ich ter zur äußeren B esch reibu n g, hier der P erson (s. a. 952 ff-), and ersw o eines O rtes w ie der L a n d sch a ft um die G rüne K a p e lle (2163 ff.) - zu B esch reib u n gen , die g a n z aus G aw ain s W arte erfolgen . So schafft der B lick S zen en p ersp ektive und dient d am it der Szeneneinh eit 1 V g l. au ch K a n e , S. 7 4 2 V g l. auch M oorm an, S. 101. 3 V g l. T . Hetzer, Giotto (Frankfurt/M 1941), S. 133 f.; 141 f.
íS o
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nicht n u r d er räu m lich en , auch d er stru ktu rellen . D er um herirrend e G a w a in w ird der B u r g g e w a h r; deren p ittoresk beschriebene, glitzern d e P ra ch t (765-770) g ib t nich t n u r äußerlich em en K o n tra st ab zu der W ild nis des W aldes, in dem G a w a in ist, sondern setzt auch h eite ren G la n z dem inneren B a n g en des R itters en tgegen . D ieser K o n tra st g ew in n t szenische G estalt, w eil G a w a in von seinem S ta n d p u n k t (in þe w od ; 764) aus in die R ich tu n g d er B u r g b lick t und sie g leich sam a n visiert; d azw isch en ab er flim m ern die den B lic k vorerst noch hem m enden E ic h e n z w e ig e : þat holde on. pat on syde pe haþel auysed, As hit schemered and schon þui-3 Jic schryre okej (771 f.). ,
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In räu m lich er P ersp ektive verb in d et au ch die bildlich e B lick g e b ä rd e in den erw ähnten Jah reszeiten sch ilderu n gen G eg en sä tzlich e s; die T a u tro p fen fallen zu r E rde, um dort „ein es b eglü cken d en B licks d er strah len den S o n n e“ zu harren (to bid e a blysfu l b lu sch o f þe b r y jt sun ne; 520). D e r gerich tete B lick kom p on iert aber au ch das szenische G esch eh en selbst. E r v e r an sch au lich t das K o n tak tfin d e n der R ed ep a rtn er und h eb t den R ed ek o n ta k t vom ü b rigen "Vorgang ab. Sch on ohne die G eb ärd e ist das S zen isch -R äu m lich e d er R ed ek o n ta k te d eutlich. D ie A n k ü n d ig u n g e n der D ia lo g red en geb en die R ich tu n g sä n d eru n g des S p r e chens an (þen c a r p p e j t o S i r G a w a n þe k n y jt in þe g ren e; 377; v g l. 405 u. ö.); solche R ed ea n k u n ch gu n gcn lenken a u f den räu m lich fixierten S ta n d p u n k t des P artners hin. D a d u rch w ird die gerich tete D ia lo g red e von der selbsterklärend en, rep räsentativen R ede d ifferen ziert; denn die A n k ü n d ig u n g e n der letzteren w eisen a u f das G efü h l oder a u f die P ose des Sp rechen d en hin. Jene R ed erich tu n g versin n lich t der B lick . K ö n ig A rth u r, der n ach dem E n th a u p tu n gsab en teu er zu n äch st die K ö n ig in b eru h igt, b lick t sodann zu G aw ain , dem H eld en des T a g e s, hin, um ihm öffen tlich seine A n e rk e n n u n g zu zollen (476); und vorh er drehte der G ek ö p fte sein m it aufgerissenen A u g e n starrendes H a u p t eigen s in G a w a in s R ich tu n g , d am it es ih m die M a h n u n g an den K o n tra k t zu ru fe (444 ff.). D e ra rtig e B lick e sind etw as S p ü rb a re s; m an ch m al ist betont, d aß die B eteilig ten s e h e n , w ie jem an d blickt, d aß sie davon beein dru ckt sind (vgl. 82 f .; 19g f.). M it solchen „ra u m g eo m etrisch en “ F u n k tio n en ist nun die B ed eu tu n g der B lick g e b ä rd en beim G a w a m d ich ter keinesw egs erschöpft. D e n n die B lick e sind b e s e e lt; sie sind in d ivid u eller A u sd ru c k und der S itu atio n en tsp rech end n u an ciert. D a s ze ig t schon die V ie lfa lt der offen sichtlich bed eu tun gsd ifferenzierten W örter fü r das B licken (auyse, by holde, blusche, glente, glyfte, loke, se, Studie, tote, wayte, wyte usw .). Jeder B lick ist etw as E in m aliges, ist nur aus dem besonderen V o r g a n g heraus zu verstehen. D a ru m u n tersch eid et sich das w ilde D rein sch auen des ankom m en den G rü n en R itters (199, 223) vom verblü fften G u cken seiner B etrach ter (232) oder der suchende B lic k G aw ain s im u nh eim lichen G elän d e (2163) vo n seinem verstohlenen B lin zeln , als ih m die A x t in den N a ck e n saust (2265). W eil die B licke beseelt sind, k a n n sich in ih nen d er innere V o r g a n g sp iegeln. P ra ch tvo ll gestalten die n u ancierten B lick geb ärd en die S zen en zw ischen G a w a in und d er D am e im S c h la f gem ach . A ls in d er ersten derselben d er u nter der B ettd ecke sch lu m m ern de G aw ain ein G eräu sch an der T ü r hört, lu g t er vo rsich tig u nter dem B e ttv o rh a n g hervor in dessen R ich tu n g (w a y te j w a rly þ id erw ard e; 1186). E r sieht n u n - und der L eser sieht aus G a w a in s P ersp ektive - d ie schöne D am e, ihr V erh alten , ihre G eb ärd en. D ie w echselseitigen B lick e k ü n d en die Phasen des inneren G eschehens an. D a s L u g e n G aw ain s, das bew u ß t ein seitig ist, bew irkt noch keinen K o n ta k t (G a w a in stellt sich sch la fen d ; S ch am erfü llt ih n ; 1189). D e r gleich falls einseitige B lick der D a m e, die den sch ein bar S ch lafen d en b etra ch tet’(i 194), fü h rt seinerseits zum näch sten S ta d iu m des inneren G esch eh en s: G a w a in versp ü rt d ie H uld
S i r G a w a in a n d th e G r e e n K n i g h t :
D ie individuellen G ebärden
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d er D a m e und ü berlegt sich, w ie er sich nun zu verh alten habe (119 6 -119 9 ). So k o m m t es d an n zu m eigen tlichen K o n ta k t, w as aberm als der B lic k v e ra n sch a u lich t: G aw ain dreht sich d er D a m e zu und „ö ffn et seine A u g e n lid e r “ (vn lou ked his y je -ly d d e s; 1201), und ihre B lick e treffen sich. D ieses S p iel der B lick e nim m t also gleich einer dum b-show die P hasen der inn eren E n tw ic k lu n g voraus, d ie sich d an n in R ed e und G egen red e ausbreitet. Z u g leich ist d urch d ie B lick rich tu n g en der S zen en rau m p ersp ektivisch kom poniert. G estaltend und offenbarend zu g le ich ist d ie B lick g e b ä rd e auch in den anderen der dem G a w a in d ich ter gem einhin zu geschrieben en D ich tu n g en der H an d sch rift Cotton N ero A X . In P e a r l versinnlicht sie den K o n ta k t zw isch en T rä u m e r und „ P e r le “ . In P u r ity w ird gesch ildert, w ie bei der Sin tflu t M enschen und T ie re a u f die B erg e fliehen und entsetzt in den H im m el starren (389), in w elcher B lick g e b ä rd e sich die R ich tu n g des H in au fsteigen s fo rtsetzt und in der g leich zeitig die R eib u n gslo sigkeit offen bar w ird. U n d w eil A b ra h am , von G o tt über die bevorstehende V e rn ic h tu n g Sodom s und G om orrh as in K en n tn is gesetzt, um das S ch ick sa l seines in Sod om lebenden B ru ders L o t besorgt ist, b lick t er seinem sich entfernenden G o tte flehend n a ch (P u r ity 769). B eid e B lick g e b ä rd en h aben keine E n t sp rech u n g in der biblischen Q uelle. D o ch sind die B lick geb ärd en in ihren N u an cen n ich t allein da, sondern im Z u sam m en spiel m it d en anderen m an n ig fa ltig e n G eb ärd en und freien B e w e g u n g e n ; sie sind T eile einer realistischen G eb ärd en fo lge. D e r R au m , den die B lick en d en einnehm en, w ird durch ihre G eb ärd en erfüllt. D er eben erw ähnte A u ftritt zw isch en G a w a in und d er D a m e ist g a n z in G eb ärd en - und B ew egu n gssch ild cru n g au fgelö st. G a w a in im B ette steckt d en K o p f hervor, zu p ft den V o rh a n g ein w en ig hoch, le g t sich w ied er zu rü ck und stellt sich sch lafen d, u m d an n, E rw a ch en vortäuschend, sich zu strecken und sich zu r D a m e zu w enden. D iese ihrerseits hatte die T ü r g a r behutsam (ful d crn ly and stylle) h in ter sich g esch lo ssen , hatte den V o r h a n g gelu p ft, um darunter hin d u rch zu sch lü p fen , sich g ar san ft (ful softly) a u f den B ettran d zu setzen und den verm eintlich S ch la fen d en zu b etrach ten (118 2 ff.). Zw isch en den solcherm aßen durch ihre höchst ind ivid uellen G eb ärd en w irkend en F ig u ren geh t das S p iel d er B lick e hin und her. D a n n w ied eru m ko n kretisiert sich g leich sam die R ich tu n g d er B lick e, ind em körperliche G eb ärd en den d urch sie gekn ü p ften K o n ta k t w eiterfü h ren ; den B lick en fo lg t der D ia lo g , dann das w ech selseitige L a ch e n (1212, 1217, 1290), die p h y sische A n n ä h e ru n g (1305) und endlich der K u ß (1306). Ä h n lich fü h rten B lick e u n d G e bärden schon zum allerersten K o n ta k t G a w a in s m it der D a m e bei d er B e g e g n u n g in der K a p elle. D ie L ieb reizvo lle w ar an m u tig ins K irch en g estü h l getreten (934), w äh ren d an anderer Stelle der B u rg h err den G aw ain am G ew an d sch o ß ergriffen und ihn zu sich gesetzt hatte. D a g eru h t die D am e, “ to loke on þe k n y j t ” (941), und schreitet sogleich in seine R ic h tu n g ; G a w a in seinerseits schau t (g ly jt) die huldreich B lick en d e h ö flich an (970) und näh ert sich ihr g leich fa lls (971), u m sie dann z ü ch tig zu um arm en und zu küssen (973 f.), n ach d em er sich vor ihrer gesetzten B egleiterin g a n z tie f (m it gesen ktem B lick e also) vern eigt hatte. S o lch e W irk u n g en sind m öglich, w eil das S p iel der G ebärd en in realer A n s ch a u u n g vor sich g eh t und w eil V o r g a n g und G eb ärd e in ein an der verw oben sind. A u c h das ist fü r die anderen S tü ck e d er H an d sch rift ch arakteristisch . A ls in P u r ity S a ra h ih r berühm tes L ach en über die P ro p h ezeiu n g der S p ä tg e b u rt anstim m t, steht sie „h in te r der T ü r " (þenne þe burde b yh yn d e þe dor for busm ar la.^cd ; 653). Z w a r fo lg t der D ich ter hier einer A n r e g u n g seiner Q u e lle ;1 d aß er sie b ereitw illig au fgreift, ist jed o ch bezeichnend und steht g a n z im G e g e n satz zu r D arstellu n g etw a der alten glischen Genesis, w o diese A n r e g u n g total ü b ergan gen 1 Vgl. 1 . M o s e 18: Sara risit post ostium tabernaculi.
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crzáhltechnischcn Q ualitäten der G ebärde in der m ittelenglischen D ichtung
w ird . U n d ist es n ich t au ch ein höchst realistisches Sehen einer so stereotypen G eb ärd e w ie d er des K leid erzeireiß e n s, w enn d er D ich te r in P atience d a zu bem erkt, w er so h e ftig sei, sie zu vo llfü h rcn , m üsse n ach h er u m so k lä g lic h e r dasitzen und seine K le id e r w ied er z u sam m en flicken ?1 D a s Z u sam m en w irken all dieser N e u e ru n g en in d er G eb ärd en d arstellu n g - die schon fa st an C o le rid ge g em ah n en d e B lick m a g ie , das R a u m erfü llen d e und R au m k om p o n ieren d e der G eb ärd e, ih re in d ivid u elle N u a n cieru n g , ih re innere A u s s a g e k r a ft u n d ih re äußere R ea lisieru n g - das Z u sam m en w irk en vo n alledem ist es n ich t zuletzt, w as die Szen en in G G K fo rm t und w as ih ren G la n z ausm acht. Sehen w ir uns d a ra u fh in einm al d ie g ro ß e E n th a u p tu n gsszen e an, w elch e d ie g a n ze erste fy tte einnim m t. E s ist eine S taatsszen e. Ih r erstes erregen des M om en t ist die A n k u n ft des H erau sforderers (132 ff.) - eine E m p fa n g ssitu a tio n also, d er d ie rep räsen tative G e la g e b esch reib u n g vo rau sgeh t. In der ersten P h ase dieser Szen e tritt d er G rü n e R itter d urch das T o r der H alle (136); zu vor h atte sein E rsch ein en ein vom G e la g e ju b e l d issonan t sich abheben der L ä rm (132) a n g ek ü n d ig t. D e rg esta lt in den Szen en rau m h erein geb rach t, kann - aus der P ersp ektive d er verw un derten G ela g e g ä ste - das Ä u ß e re des u nh eim lichen G esellen beschi icben w erden. D e r K o n tra st zw ischen dieser äu ß erst sin n en freu digen B esch reib u n g und der vo rau sgeh en d en des höfischen Festes läß t die a n fa n g s aku stisch e D isson an z im B ereich visuellei E in d rü ck e fortw irken . A u s der über d reiein h albstro p h igen P erso n en besch reibu n g des G rünen R itters (137-220 ) k ristallisiert sich d ie V o rste llu n g seines G eb aren s heraus. D ie retardieren den K u rzverse ( w heels) am E n d e der einzelnen beschreibenden Strop h en lenken im m er w ieder und m it w ach sen d er D e u tlich k eit d a r a u fh in . D a s w heel n a ch d er ersten b e schreibenden H alb stro p h e deutet n o ch allgem ein sein erstaun liches G eb aren a n : „ E r ben ah m sich w ie ein k ü h n er K erl (H e ferd e as frek e w ere fa d e ; 149); im w heel n a ch der d ritten besch reibend en Strop h e zeich n et sich der B lick a b : „ E r b lick te w ie d er B litz so strahlen d drein - das sagten alle, die ihn sa h e n “ (H e loked as la y t so l y st, / So sa y d al þ at hym s y j e , 199 f -)-12 D ies ist der übliche w ilde H eld en b lick , das A u g e n fu n k e in der heroischen Pose. In d en irischen und fran zösisch en V a ria n te n ist diese ostentative M im ik des A u g e n fu n keln s w eitau s stä rk e r;3 der G a w a in d ich ter m ild ert sie offenbar etw as herab, w as indes w ohl n ich t so sehr d aran liegt, d aß er, w ie m an an genom m en hat, den G rü n en R itte r g e se ll sch aftsfä h ig er m ach en w ill4 - sondern daran, d aß d ie V e ra n sch a u lich u n g einer heroischen Pose fü r ihn n ich t das letzte Z iel d er G eb ärd en d arstellu n g ist. A u s dem K o n tra st seines Benehm ens zum höfischen M ilie u 5 en tw ickelt sich n u n erst das eig en tlich e G esch eh en . A u s dem dem on strativen A u g e n fu n k e in w ird am E n d e der vierten beschreibenden S trop h e der gerich tete, raum clurchm essende B lick . D e r G rüne R itte r reitet g ru ß lo s in die H a lle und sch au t zuerst h och über alles h in w eg (223), w eil er den K ö n ig , w ie er sa g t, in A u g e n schein nehm en m öch te ( se þ at se g g in s y j t ” ; 226); dann w endet er sich hin und her, w obei sein su ch end er B lick g leich sam die R itter ab tastet : To k n y jtej he kest. his y ^ e, And relcd hym vp and doun (228 £.). 1 Vgl. P a tie n c e 526 f . :
For he þat is to rakel to renden his clojieä, mot efte sitte with more vnsounde to sewe hem togeder. 2 Ähnlich führte dic Beschreibung Guineveres im w h e e l zum Staunen über ihren lieblichen Blick (vgl. 81 ff.). 3 Vgl. Kittredge, S. 11; S. 32 f. ‘ Vgl. dazu auch Reinhold, S. 129. 5 Auch daß er die kriegerische Waffe in der einen, den friedlichen Eibenbusch (und nicht den sonst in höfi schen Romanzen üblichen Palmzweig) in der anderen Hand hält, könnte als nicht-höfisch aufzufassen sein; jene ist eine „heidnische“ Waffe (vgl. Speirs, S. 226), dieser entspricht regionaler volkstümlicher Sitte (vgl. Savage, S. 15 f.).
S i r G a w a in a n d th e G r e e n K n i g h t :
D ie individuellen G ebärden
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D e r a llm äh lich sich konkretisierend e u n d richten de B lick des G rü nen R itters laß t sp ü rb ar w erden, w ie dieser die H a lle im m er stä rk er beherrscht. D ie B licke, m it denen d ie H a lle n g äste reagieren, versinnlichen dieses H in ein w ach sen des H erau sforderers in d en S zen e n rau m n och stärker. D er G rü n e R itter, seine E rsch ein u n g , sein G eb aren und seine B lick e w erd en d urch deren A u g e n gesehen (147, 200); sein Ä u ß eres bietet sich ihnen in lebh aften L ich tern und leu chtend en F a rb en d a r: seine R ü s tu n g sch im m ert und fu n kelt (euer glem ered and g len t; 172); seine F a rb e ist ein „p rä c h tig e s G r ü n “ (fayre gren e; 189) oder ein „ le u c h tendes G r ü n “ (b r y jt grene ; 192) usw . D ie rau m erfü llen d e In ten sität der n eu gierigen B lick e seiner B etrach ter steigert sich im gleichen M a ß e w ie der H era u sford ererb lick selbst, so daß schließlich die B lick e gleichsam d urch die Szen e sch w irren : Ther w a t j lokyng on lenþe p e lude to beholde, For vch mon had meruayle quat hit mene my jt (232 f.).
In die R ich tu n g der B lick e g eh t die physisch e R a u m b e w e g u n g ; die A n w ese n d en m achen sich an den G rünen R itter heran (stalked h ym n errc; 237). D ie T otenstille, die sich über den S a a l le g t (243), m ach t die M a g ie der B lick e und G eb ärd en noch eind rucksvoller. F o rm al entsprechen die G eb ärd en der G ela g e g ä ste den R eso n a n zgeb ärd en , m it denen d ie R o m an zen im m er wieder die G estik ausw eiten .1 A b e r hier gestalten sie den R au m , und w as m ehr ist - sie spiegeln die innere G esp an n th eit dieser S itu atio n : da ist das U n h eim lich e d er rätselh aften E rsch ein u n g des G rü nen R itters, und d a ist d ie w irre V e rb lü ffu n g des g ala n ten A rtu sh o fe s. D ie beiden P arteien h aben den K o n ta k t n och n ich t gefu n d en . D ie B lick e, am E n d e zw ar gerichtet, bleiben h ier verw un dertes, dort suchendes S tarren sp iegeln also die innere K o n tak tlo sig k e it. D ie zw eite P h ase der Szene ist n u n das K o n tak tfin d e n . A rth u rs B lic k a u f den G rünen R itte r vom H o ch sitz aus (250) leitet sie ein. D em B lic k fo lg t der G ru ß , d an n in R ed e und G eg en red e des G rünen R itters V ersic h eru n g seiner u n kriegerisch en A b s ic h t und die E r k lä r u n g seiner H erau sford eru n g zum E n th a u p tu n gssp iel. D a m it ist zw isch en A rth u r und dem G rü n en R itter über den K o n ta k t der B lick e d er R ed ek o n ta k t gesch affen. D a tu t sich in der dritten P hase ein neuer G eg en sa tz auf, ind em der F lo f g a n z anders a u f d ie H era u sfo rd eru n g des G rünen R itters reag iert als der K ö n ig . D e r H o f ist b estü rzt; alle erstarren förm lich in betretenem S ch w eigen (301 f.). M a n w eich t d am it einem K o n ta k t m it dem G rü nen R itter aus. D essen A u g e n rollen d aru m auch ziellos hin und her (304), und seine sonstigen G eb ärd en dem onstrieren w ilde S e lb sth errlich k eit (er dreh t sich im Sattel, run zelt die Stirn, streicht den B a rt - eine typ isch e Z o rn esgeb ärd e2 lach t höhnisch au f; 303 ff.). - A rth u rs G eb ärd en jedoch fü h ren im G e g e n sa tz zu denen seines G efolges den vorher gek n ü p ften K o n ta k t m it dem H erau sford erer w eiter. Sein e R ea k tio n ist zorniger M u t; w egen der G ebärden des G rü n en R itters sch ießt ihm die Zornesröte ins G esich t (317). D a s stellt ihn m it dem gleich falls Zorn zeigen den G rü n en R itter a u f eine E ben e, w as dann gleich das zerem onielle V erh a lten noch w eiter verd eu tlich t. A r th u r sp rin gt a u f den G rünen R itter zu und fa ß t ihn bei der H an d (!); der andere steigt vom P ferde ab. D am it w ird der K o n ta k t der E b en b ü rtigen zur S itu a tio n sb ew eg u n g : A rth u r ergreift und sch w in g t die A x t (330 f.); der G rü n e R itte r steht h ü n en h aft zu m S c h la g e einladend da, indem er sich den B a rt streicht (334fr.). In dram atischer S te ig e ru n g sieht m an abw ech selnd die körperlichen B ew egu n gen der K ontrahen ten. In d er vierten P h ase tritt G a w a in hervor m it seinem E n tsch lu ß , fü r den K ö n ig einzustehen und das A b en teu er a u f sich zu nehm en. Sein e G eb ärd e g reift in die D ra m a tik des K o n ta k ts zw ischen A rth u r und dem G rü nen R itter ein: G a w a in vern eigt sich in R ich tu n g 1 Siehe oben S. 123. München A k . A bh . phil.-hist. ig59 (Habicht)
2 Vgl. Riemschneider-Hoerner, S. 21. 20
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D ie erzähltechnischen Q u alitäten d e r G ebärde in der m ittelenglischen D ichtung
zu m K ö n ig (T o þe k y n g he can en clyn e; 340), und zw a r von seinem eh ren vollen P la tz an d er Seite d er K ö n ig in aus, d er ih m e in g a n g s d er S zen e zu gew iesen w u rde (109) und an den je tzt erinn ert w ird (339); diese G eb ärd e b ek u n d et also zu g le ich G a w a in s höfische E h r e rb ietig k eit und die ihn auszeich n en de S o n d erstellu n g. D ie fo lgen d en G eb ärd en fü h ren nun den d am it g ek n ü p ften K o n ta k t zw isch en A r th u r und G a w a in räu m lich w eiter: G a w a in erh ebt sich a u f G eh eiß des K ö n ig s, g eh t zu diesem hin, k n iet n ied er und em p fä n g t A rth u rs S e g e n d urch d ie S e gen sg eb ä rd e. D a m it ist ih m die A u fg a b e ü b ertra gen (366 ff.). In d er fü n ften P h ase - m it der eig en tlich en E n th a u p tu n g - m u ß d er K o n ta k t zw isch en den G eg n ern G a w a in und G rü n er R itte r gesch affen w erden. D ies g esch ieh t zu m einen in der rau m du rch m essen d en B e w e g u n g (G a w a in sch reitet m it d er A x t in der H a n d a u f den anderen z u ; 3 7 5 )> andererseits d ad u rch , d aß der G rü n e R itte r an G a w a in seine R ed e rich tet (377; 405). U n d w ied er p flan zt sich dieser K o n ta k t in G eb ärd en und S itu atio n s b ew egu n gen fort, indem bei der E n th a u p tu n g abw ech seln d die K ö rp e rb e w eg u n g en der beiden G eg n e r g esch ild ert sind (4 17 ff.). E rst n ach d em d er K o p f a b g e sch la g en ist, tau en d an n au ch die bisher beklom m en en B etrach ter a u f und versetzen dem am B oden rollenden H au p te F u ßtritte (428). D a s innere G eschehen jed er S zen en p h ase veran sch au lich en die G eb ärd en u n d B e w e g u n gen , die die von den sp ü rbaren B lick en g ezo ge n en L in ie n a u sfü llen ; den g ro ß en G e s a m t bau d er Szen e aber g estaltet das A n sch w e llen und A b k lin g e n d er G eb ärd en vorstellu n g. In den P hasen, in denen d as G esch eh en d ra m atisch ansteigt, tritt an die S telle des ein fach en B lickes der heroischen Pose, der in der A n fa n g s p h a se dom iniert, die k rä ftig e re S ze n e n g e sta ltu n g durch d ie K ö rp e rg eb ä rd en und S itu atio n sb ew eg u n g en . In d er au sk lin gen d en Szen e g e n ü g t w ied er der red ebegleiten d e B lic k allein, um das G esch eh en abzu ru n d en . D en G a w a in trifft zu n äch st der stierende, m ah n end e B lick des abgesch lagen en K o p fes des G rünen R itters (446), dan n der anerken enn de B lic k des K ö n ig s, d er n ich t n u r ih n als H eld en des T a g e s noch einm al beleuchtet, sondern auch die höfische V erb u n d en h eit A rth u rs m it seinem G efolgsm an n veran sch au lich t, bevor dessen A x t am E h ren p la tz a u fg e h ä n g t w ird, „w o alle sie m it Stau n en ansehen k o n n ten “ (þer alle m en for m eruayl m y jt on h it loke; 479) und d ie Szen e in allgem ein em Ju bel endet. D ie in d ivid u alisierten und situ ation sb eleben d en G eb ärd en erzeu gen a u f diese W eise die g a n ze D ich tu n g hindurch ein anschauliches, bew egtes, rau m erfü llcn d es szenisches G esch e hen, d as der u n m ittelbare A u sd ru c k d er inneren H a n d lu n g ist. D a rin besteh t d er w esen t lich e U n tersch ied zu den „G e b ä rd e n sz e n e n “ bei L a sa m o n . D o rt stü tzten die G eb ärd en den tekton isch en Szen en bau , hoben den H a n d lu n g su m sch la g hervor. In den Szenen des G aw ain d ich ters h in gegen verm itteln sie die P hasen der inneren E n tw ic k lu n g . D o rt w aren sie vielleich t d ra m atisch ; hier neigen sie dem E p isch en zu. D as unterscheidet die G eb ä rd en d arstellu n g des G aw ain d ich ters aber auch von d er in S i r Orfeo. In S i r Orfeo erzeu g en die ä u ß erlich stereotypen G eb ärd en th em atisch e S p a n n u n g ; sie intensivieren das g eistig e G e schehen. D ie G eb ärd en in U G TThingegen lösen es in die A n sch a u lich k e it auf. D ie G eb ärd en in S i r O rfeo sym bolisieren die B ed eu tu n g des G eschehen s, d ie beim G a w a in d ich te r in d ivid u alisieren und realisieren sie. Z u jen er w eitreich en d en A u sstra h lu n g sk ra ft d er ein m alig-b ed eu tsam en G eb ärd e über das G e g en w ä rtig e h inau s, w ie sie im B eo w u lfep o s zu verspüren w ar, kan n es beim G a w a in d ich ter n ich t kom m en - und das ist der N a ch teil seiner M eth o d e. A b e r ih r V o rte il ist es, d aß sie die innere H a n d lu n g offenbart, an sch au lich m ach t und in szen enräu m lich er O rd n u n g ausbreitet. D ie G eb ärd en beim G a w a in d ich ter sind w eder etw as nur D ek o ra tivV erd eu tlich en d es, noch b ed ü rfen sie d er V erd eu tlich u n g . In ihnen g ew in n t die Seele der D ich tu n g G estalt.
S i r G a w a in a n d th e G r e e n K n i g h t :
D ie individuellen G ebärden
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F ü r die E rzä h ltech n ik und die kü n stlerisch e A u ss a g e ist die G eb ärd e in G G K d aru m in vielerlei H in sich t fru ch tb ar. S ie h a t A n te il an d er In ein an d ersch ach tclu n g der V e rsu c h u n g s und der Jagd szen en , w elch e einan der au ch th em atisch ergä n zen .1 S ie d ifferen ziert die p arallelen S zen en u ntereinand er - d ie drei V ersu ch u n gsszen en etw a, deren jede das G e bärden spiel der vo rau sgeh en d en B e g e g n u n g w eitersp in n t und deren jed e andere G eb ä id en h ö h ep u n kte h at, die dem F ortschreiten des V ersu ch u n gsth e m a s entsprechen. D a s soll hier n u r a n g ed eu tet bleiben. E s g ib t n u n au ch — um n u r n o ch einen A s p e k t n äh er zu beleuchten— eine echte C h a ra k terisieru n g d urch die G eb ärd e. W ä h ren d sonst in d en R o m an zen die G e bärde nu r äußeres A ttrib u t der P ersonen ist und allen falls fläch ige C h a ra k terty p en p iá g t, le g t sie hier die d ifferenzierteren Z ü g e b loß und w irk t m it an d er S ch a ffu n g „ru n d er C h a ra k te rb ild e r.12 3 D a s g d t fü r alle Personen, und n a tü rlich in besonderem M a ß e fü r den H au p th eld en . Z w ar tritt G aw ain , w ie auch sonst die R om an zen h elden , in heroischer P ose und auch m it höfischen G eb ärd en a u f; aber jed esm al ist solches A u ftre te n die E n tsch eid u n g in einer gespann ten S itu atio n und b rin g t d aru m seine sittlich e H a ltu n g ans L ich t. W ie G a w a in vo r den G rünen R itte r trotz d er m ak a b ren U n h eim lich k e it dieses U n tern eh m en s m it d er A x t in der H an d fest hintritt (375 f . ) ; wie er beim A u s z u g ins U n g e w isse n ich t nur d ie W affen anlegt, sondern auch den H elm sym bolisch k ü ß t (605); w ie ei, als ihn det F ü h le r zu r G rü nen K a p e lle än gstlich w arnen d verlä ß t, fest d ie Z ü g e l seines Pferdes p a ck t (2160); w ie er d an n angesichts des u n heim lichen O rtes in heroischer Pose a u f einen F elsen steigt (2197 f.) und m it k rä ftig e r Stim m e die H era u sfo rd e ru n g ru ft (2212); w ie er sch ließ lich , als er das B lu t seiner W u n d e a u f d en Schnee trä u feln sieht, a u fsp rin gt, H elm und W affen er g reift und sich in K a m p fesp o situ r w irft (2315 ff.) - alles dies zu sam m en gen om m en run det sich zu einem B ild von G aw ains T a p ferk eit, die sein W esen g a n z d u r c h d r in g t.-E b e n s o w eist er sich d urch die höfischen G eb ärd en, d ie er in den versch iedensten Situ ation en m eistert, als p erfek t in der corteisie aus. T r o tz der gesp ann ten L a g e in d er E n th a u p tu n gsszen e, als A r th u r und sein H o f a u f die H era u sfo rd e ru n g des G rü n en R itters g egen sä tzlich reagieren , beku n d et er seine G efolgsch aftstreu e g egen ü b er A r th u r im p ein lich beach teten Zerem oniell (V e rb e u g u n g , N ied erknien , A u fs te h e n erst a u f A rth u rs G eh e iß ; 340, 366 ff.). B eim G a st m ahl, im G eg en ü b er m it d er D a m e - ü berall b ezeu g t er im form vollend eten G eb aren sein höfisches R ittertu m . U n d noch ein w eiteres d u rch d rin g t G a w a in s C h a ra k te r und m an i festiert sich in seinen G eb ärd en : seine tiefe R elig io sitä t. D a s ist n u n schon ein Z u g , der in G G K u n gleich stärker hervortritt als in d en frü h eren auslän disch en K o n zep tio n en d er G aw a in fig u r.3 G a w a in verrichtet G eb etsgebärd en in allen L eb en sla g en : vor dem A u s z u g ins A b en teu er (O pfern am A lta r ; 593), angesich ts d er beklem m en d en A u sw e g lo sig k e it (B e k re u zig e n ; 761), in der unschlüssigen V e rw irru n g w äh ren d der B e g e g n u n g m it d er D am e im S c h la fg em a ch (B ek reu zig en ; 1202), aber au ch im M u ß ed a sein a u f dem S ch lo ß (er geh t „m u n te r zu r M esse“ ; 13 11). Solches m ach t n u n G aw ain zw ar zur p rofilierten P ersö n lich k eit; doch m it diesen G e bärden allein bliebe er trotzdem noch d as M u stere x e m p la r eines höfischen R o m an zen helden. D ie G eb ärd en m an ifestation der T a p fe rk e it, d er corteisie, der R eligio sitä t ist indes etw as, w as affektisch e R e g u n g e n u nterd rü ckt. A ls IMensch aus F leisch und B lu t erscheint G a w a in d aru m schon eher, w eil n u n auch die andere Seite seines W esens offen bar w ird und sich g elegen tlich a u ch durch sein G eb aren m an ifestiert: n äm lich seine A n fä llig k e it fü r za g en d e G efü h le u n d fü r innere U n sich erh eit, k u rzu m fü r das, w as es zu m eistern gilt. D a-
1 Vgl. Savage, S. 31 ff. 2 Der Ausdruck stammt von E. M. Forster, A s p e c ts o f th e N o v e l (1927). 2 Vgl. Vogel, S. 79 f ■ 20*
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bei. spüren die G eb ärd en n o ch v iel fein n ervigere, g era d ezu u n terb ew u ßte Sein ssch ich ten auf. In stin k tiv z a g t G a w a in , als er vo r dem A u sritt ins U n gew isse von A r th u r U rla u b n im m t; er redet m it k u m m e rv o ller S tim m e (. . . w ith m o u rn y n g he mele^ to his em e; 545); erst vo r dem g an zen versam m elten H ofe n im m t er die o b lig a te h öfisch -fröh lich e M ien e w ied er an (þc k n y St m a d a y god chere; 562). V erb o rg en es Z a g en ist es auch, w enn er in der N a ch t vo r dem G a n g zu r G rü n en K a p e lle „ z w a r die A u g e n lid e r schließt, aber rech t w e n ig s c h la ft“ ( þ a j he lo w k e j his lid d e j, fu l lyttel he slo p es; 2007); erst am lichten M o rg e n w ird es m it d er heroischen P ose (S ich -R ü sten ) ü berw u nd en . D ie A n fä llig k e it G a w a in s fü r die m enschlich e S ch w ä ch e ist ein Z u g , der den son stigen R o m an zen h eld en n ah ezu v ö llig a b geh t. A u c h an d er F ig u r G a w a in s selbst tritt er in frü h eren irischen und französisch en B e a rb eitu n g en ä h n lich er Sto ffe offen bar n ich t in E rsch e in u n g .1 M ö g lic h also, d aß hier d er G a w a in d ich te r den C h a ra k ter seines H eld en se lb stän d ig k o n zip ie rt; ih m allein ist sich er das V erd ien st, eine k o m p lex e C h a ra k terk o n zep tio n in d en G eb ärd en sich tb ar g em a ch t zu h aben. Jene V e r a n la g u n g G a w a in s m otiviert es d an n erst, d a ß sein Z a g e n in die S p h ä re des B ew u ß ten tritt und zur H a n d lu n g w ird: G a w a in lä ß t sich aus F u rch t vor dem u n h eim lichen A b en teu er d en festm ach en den G ürtel vo n d er D a m e sch enken und beh ält ihn en t gegen seinem K o n tra k t bei sich, d em zu fo lg e er ih n als B eu te des T a g e s an den B u rgh errn ausliefern m ü ßte. Z a g en bei vollem B ew u ß tsein aber a k tiv ie rt eine tiefere S ch ich t seiner Seele: das G e w issen. A ls n äm lich d er M om en t des verabred eten B eu teau stau sch s h eran kom m t, w artet G a w a in n ich t w ie d ie beiden vorh ergeh en den M ale, daß ih m zuerst der B u rg h err seine Ja gd b eu te u nterbreite, u m d an n erst a u f dessen A u ffo rd e ru n g hin seine eigene B eu te (die K ü sse) auszu liefern - sondern sp ontan und u n a u fg efo rd ert ve ra b fo lg t er ih m die drei eroberten K ü sse ,,so h erzh a ft und ern sth aft w ie er n u r k o n n te“ (1936 f.). D iesen p lötzlich en Ü b ereifer erregt d och w oh l sein w e gen der Z u rü c k h a ltu n g des G ü rtels schlechtes G ew issen.12 U n d wenn G a w a in , als d er G rüne R itter bei der K a p e lle die A x t a u f seinen H als sausen läß t, u n w illk ü rlich zu sam m en zu ck t (sch ranke a ly t e l; 2267) - da w ird ihm dieses Z a g e n vom G rü n en R itter n ich t nur als unheroisch, sondern auch als V e r r a t an seinem besseren Sein an g ek reid et. D a s Z a g e n w ird d am it n ich t n u r als G efü h l, sondern au ch als m oralisch er M a k e l bew ußt. A ls solcher ist es n u n n ich t m eh r d u rch äußeres H eld en geb aren au szu gleich cn ; G a w a in s heroische Pose, in die er sich n a ch den erdu ldeten S treich en w irft, bleibt leer und verp u fft w irku n g slos (2316 ff.). N u r d urch R eu e ka n n das m oralisch e V erg eh en w ied er g u tg e m a ch t w erd en ; R eu e bezeu gen G a w a in s d ara u ffo lg en d e G eb ärd en : er er starrt, errötet, fä h rt betreten zusam m en, reiß t den G ü rtel vo n sich (2369 ff.). M o tiviert ist dieses R eu eg eb a ren in G aw ain s religiöser T u g e n d einerseits und in der S en sib ilität seines G ew issens andererseits - in Z ü g en , w elch e vorh er seine G eb ärd en offen bart hatten. So tra g en die G eb ä rd en G a w a in s d azu bei, die S ch ich ten seines W esens au fzu d ecken und ihn als M en sch en zu c h a r a k te r is ie r e n - in seiner heldischen und höfischen V o rtrefflich k eit, seiner m ensch lich en S c h w ä ch e und seinem ethisch g u ten K ern . N ich t zu letzt als M ittel zu solcher C h a ra k terisieru n g gew in n t die G eb ärd e beim G a w a in d ich te r den Z u g a n g zur G esa m tw clt der D ich tu n g , und d am it sch ließ lich auch zum T h em atisch en . D en n - w ie schon K ittre d g e feststellt3 — aus dem C h a ra k te r G a w a in s allein en tsprin gen sein V erh a lten in der V e rs u c h u n g und seine B ew äh ru n g .
1 V gl. Vogel, S. 78 ff. 2 Damit zeigt diese Gebärde, daß auch bei diesem schwersten Konflikt Gewains Gewissen keineswegs schläft, m agerauch, wie Engelhardt ausführt { M L Q X V I [1955], 222), bewußt versucht haben, ihm auszuweichen. 3 Vgl. Kittredge, S. 110.
NACHW ORT
D a m it sind w ir am vorläu figen E n de unserer U n tersu ch u n g en , w elche den G ru n d lagen d er G eb ärd en d arstellu n g in den en glisch en erzäh len d en D ich tu n g en des M ittelalters n a ch sp üren und ihre E n tw ick lu n g sm ö glich k eiten andeuten w ollten. W ie dies alles dann im W erk e C h au cers zu sam m enfließt und zu sam m en w irk t; w ie C h au cer die E rru n gen sch aften uni die Ü b e rw in d u n g d er d ekorativen G eb ärd e, w elch e in S i r O rfeo und beim G aw aind ich ter einzeln auftreten, zur E in h eit versch m ilzt und sie einan der b efru ch ten lä ß t; wie bei ihm die G eb ärd e oft realistisch und sy m b o lh a ft zu g le ich ist; w ie sich ihm der B lick fü r die leb en d ige G eb ärd e und ihre v ielfä ltig en W irk u n g en und das W issen u m ih re d ifferenzier ten W erte au ftu n und w ie sich ihm der Sin n fü r ih re ästhetisch ein d ru cksvolle D a rstellu n g sch ärft: d as d arzustellen m uß zu n ächst der Z u k u n ft Vorbehalten bleiben. D a b ei w ü id e m an freilich w ied er neue, bisher n ich t d ag ew e sen e,vielleich t von Ita lien her gen äh rte Im pulse g e w a h r w erden. A b e r m an w ürde auch sehen können, d aß C h a u cer d as m ittelalterlich e M a teria l zur V e r fü g u n g steht, d aß er a u f den T en d en zen w eiterb au t, die in statu nascendi und darum o ft in prim itiver F orm — in der m ittelen glisch en D ich tu n g vo r und w ä h len d seiner L eb ze iten in E rsch ein u n g treten. T a tsä ch lich g ib t es offenbar eine m ittelen glisch c T rad itio n der G eb ärd en d arstellu n g, in die sich im G ru n d e n ich t nu r die R o m a n z e n - d ie reim enden w ie die s ta b e n d e n -r e ih e n , sondern auch die L ege n d en d ich tu n gen und die V e rsch ro n ik des L a ja m o n . A b e r es ist eine T ra d itio n , die sich von der germ an isch en , und von der des alten glisch en E pos in s besondere, aufs d eu tlichste abhebt. D en n es zeig te sich, d aß der G eb ärd en a u ffa ssu n g im B e o w u lf eine S tu fen o rd n u n g zu gru n d e la g und d aß d en S tu fen d er G ebärd eform en S tu fen ethischer W erte entsprachen, -während g a n z anders die G eb ärd en der m ittelen g lischen D ich tu n g sich um polare W erte gru p p ierten ; d aß sie im A lte n g lisch en gleich sam von N a tu r aus ein m alige epische L e u ch tk ra ft besaßen, w äh rend sie ebenso von N a tu r aus im M ittelen g lisch en u n geachtet ihrer relativ größeren H ä u fig k eit zu n ächst zu m stereotypen, seku n d ären S ch m u ck d egrad iert erscheinen m üssen; und sch ließlich , d aß s ie i m V e r l a u l der w eiteren E n tw ic k lu n g n u r aus dieser ihrer m ittelen glisch en F u n k tio n h eraus in neue kü nstlerische B ed eu tsam k eit em porgehoben w erden können. D ie G em ein sam keiten zw ischen alten glisch er und m ittclen glisch er G eb ärd en a u ffa ssu n g und G eb ärd en vorstellu n g sind diesen g ru n d sätzlich en U n tersch ied en gegen ü b er rein äu ß er lich, aber sie sp ringen d aru m um so eher in die A u g e n . H ier wie d a ist die V o rste llu n g von G eb ärd e und A u sd ru c k etw as ebenso W eitu m fassen d es w ie U n p r ä z is e s ; a u f das G esam t verhalten des E inzelm enschen, des H elden oder der G ru p p e k o m m t es an, n ich t a u f E inzelb ew egu n gen . D en H elden z. B . w ill m an in der Pose sehen; zur E rze u g u n g dieser Pose m üssen seine B ew egu n gen , sein G esich tsau sd ru ck, seine Stim m e ebenso beitragen wie die zerem onielle F orm und die R ep räsentation , die .ihn u m gib t. D a ru m m uß m an auch weit ausgreifen , w enn m an das W esen jener G eb ärd en verstehen w ill, und vieles beleuchten, was a u f den ersten B lick n ich t hierh ergeh ö rig erscheint, sich aber d an n doch als m itw irken der B estan dteil der körperlichen A u sd ru ck svo rstellu n g entpuppt. In V e r fo lg u n g dieser E rsch ein u n gen in D ich tu n g en verschiedener Zeiten und verschie dener E in flu ßbereich e sind w ir freilich allen th alben a u f E n tw icklu n gsten d en zen gestoßen. A u ch ä u ß erlich sind die G ebärden, w o sie vo rgestellt w erden, in m anchen m ittelenglischen R o m an zen ü p p iger und k rä ftig er als bei L aya m o n oder g a r im A lten g lisch en . D a ß sich der W ille zum gestischen A u sd ru c k m it den Zeiten und den K u ltu rep o ch en w andelt, ist nun
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N ach wort
freilich em e alte W a h r h e it; um sie sich zu veran sch aulich en , b rau ch t m an n u r an die bereit w illig g eü b ten sensiblen T rän e n e rg ie ß u n g e n zu denken , w ie sie zu Z eiten G oethes u n d der R o m a n tik e r unendlich viele T asch e n tü ch elch en benetzten, und d a m it die N ü ch tern h eit unserer T age zu vergleich en . D ie größere oder g erin g ere N e ig u n g zur G eb ärd e sch lä gt sich g a n z g ew iß auch a u f d ie kü nstlerisch e D a rste llu n g nieder. E s ist in d er T a t g ezeig t w orden, w ie sich diese W a n d lu n g en im A u sd ru ck sw ille n , ja , w ie sich ein bestän diger G eg en sa tz zw ischen G eb ärd en stren ge und G eb ärd en ü b erflu ß d u rch die g a n ze G esch ich te der eu rop äisch en K u n st zie h t.1 Fassen w ir in E rken n tn is dieser T a tsa ch e zu rü ck b lick en d die m ittelen glisch e G eb ärd en d arstellu n g im besonderen ins A u g e , so w ird allerd in gs k la r d aß die von der d am a lig en D ich tu n g d argestellten G eb ärd en m it W ertvo rstellu n gen Zu sam m en h än gen und d aß sie diesen W ertvorstellu n gen und ih rer P o la rität u n tergeo rd n et sind. D iesen untergeordn eten C h a ra k ter scheinen die G eb ärd en der fran zösisch en D ich tu n g tatsä ch lich n ich t in dieser A u ssch lie ß lich k e it zu haben. D ies k a n n auch d as n e g a tiv e E r gebnis erklären , zu dem eine U n tersu ch u n g d er m ittelen glisch en G eb ärd en kom m en m u ß : d a ß es an fü r sich selbst sp rechenden sym bolisch en G eb ärd en w eitgeh en d feh lt. W enn etwa im R olan dslied der sterben de H eld den H an d sch u h zu m H im m el hält, so kan n diese G eb a id e nur aus dem m ittelalterlich en Sym bolw issen verstan d en w erd en ; m an m u ß wissen d a ß diese rech tssym bolisch e G eb ärd e die R ü c k g a b e des g eb rau ch ten G u tes bedeutet, um zu verstehen, daß m it ihr R o lan d G o tt seine Seele befieh lt.12 In den m ittelen glisch en R o m an zen sind derlei sym bolisch e G eb ärd en , die von sich aus etw as bedeuten, und denen die d eutsche D ich tu n g der m hd. B lü tezeit grö ß ten W ert beim ißt, sehr sp ärlich anzutreffen w ohl eben d esh alb, w eil alle G estik u ntergeo rdn et ist. U n tergeo rd n et ist sie zu n ächst unter die gegen sä tzlich en Z en tra lw erte der m oralischen ethischen und ritterlichen W elt. T ro tz k u ltu rell u n d so zio logisch b ed in gter W a n d lu n g en bleibt che P o la ritä t der G eb ärd en erhalten, w enn sie auch bei L ayam o n und in religiösen D ich tu n g en fü r den G eg en sa tz von T u g e n d und S ü n d e steht, oder in den R o m an zen für den zw ischen H eld en tu m und S ch m a ch und sp äter fü r den zw isch en H öfisch und U n höfisch. D iese V ersch ieb u n g en der polaren W erte sind es, die sich in d er G eb ärd en vorstelu n g und deren eigentlichen W a n d lu n g en ausd rü cken . W ir h aben das an ein igen typischen S itu ation en (K a m p f, E m p fa n g , G astm ah l, K la g e usw .) g e ze ig t - kein esw egs an allen die m an h atte heran zieh en können. F orm t sich das H eld en id eal um , so k ü n d ig t sich solches in den G eb ärd en an, die den H eld en au ftritt veran sch au lich en . So konn te m an in L a ja m o n s A r tu s -G e s td t den neuen V o lk sh eld e n typ sich an kü n d igen sehen, so konn te m an die U n te r sch ied lich keit von L a ja m o n s erotisch-sinnlicher L ie b e sa u ffa ssu n g von d er höfisch -gesell sch aftlich en eben an der G eb ärd e erkennen - n ich t aber vo r allem desh alb, w eil die G eb ärd e anders gew o rd en w äre, sondern weil sie einen anderen Sin n h at, w eil sie sich anders a u s w irkt und anders das G eschehen beeinflußt. S teh t som it d ie G eb ärd e im w esenhaften Z u sam m en h a n g m it den m oralischen und eth i schen W erten d er D ich tu n g , so w ird sie auch zu m M ittel der D arstellu n gsku n st, welche diese W erte a u sd rü ck t und gestaltet. D as m u ßte die F ra g e n ah elegen, ob in jener m ittelen glisch en D ich tu n g die w ertm ittclnd e F u n ktion d er G eb ärd e m it ih rer gestalten den F u n k tio n zu sam m enw äch st. D ies ist nun in den R o m an zen oft noch n ich t der F a ll. W o sich aber die W eg e d azu anbahnen, d a tut sich sc h la g a rtig eine W eite und ein B ezieh u n g s reichtu m auf, in dem die G eb ärd e aufs inn igste zu sam m en h ä n gt m it dem G esa m to rg a n is m us der D ich tu n g . D o rt n ach der G eb ärd e fragen h eiß t zu gleich das P roblem des Zeit1 Vgl. Riemschncidcr-Hoemer, þ a s s im . 2 Vgl. cbd. S. 21.
N achw ort
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g eb rau ch s aufro llen (weil nach dem Sin n von Z u stä n d lich k eit oder V e r g ä n g lic h k e it der G eb ärd e g e fra g t w erden m u ß ); es h eiß t das R a u m g efü h l und die R a u m b e le b u n g er forschen ; es h eiß t n a ch d er C h a ra k te rg e sta ltu n g und dem E igen leb en der C h a ra k tere fra gen , n a ch der dram atischen oder epischen Q u a litä t des H an d lu n g sa b lau fs und auch n ach dem Sin n der T h e m a tik und der A r t und W eise, w ie sie zur G eltu n g kom m t. Es m ü ß te dann auch - u m n och einen g an z w ich tig e n A s p e k t h erau szu greifen - n a ch dem In ein an d erw irken und A u sein an d ertreten von G eb ärd e und R ed e g e fra g t w erden. A n d ers als in der alten glischen E p ik setzt d ie m ittelen glisch e D ich tu n g oft die G ebärd e von der R ed e ab. D ies ist n u n n ich t m ehr aus d er verän d erten Sehw eise oder aus den Stiltendenzen der G eb ärd en d arstellu n g allein zu erklären. D ie F u n k tio n der R ed eg eb ärd e (ist sie M ittel rh etorisch er E m p h ase ? D rü c k t sie U n g e sa g te s aus ?) - w ie auch an anderen O rten die G rü n d e ihres F ehlens (wird die G eb ärd e schon im gesproch enen W ort evoziert ? O der fehlt sic, w eil die gestische A u ss a g e u n terd rü ckt w erden soll ?): alles das m u ß vo m W esen der R ed e her e rfra g t w erden. D a zu ist es n ö tig, d a ß ebenso w ie die G eb ärd e au ch die rhetori schen T rad itio n en , die F u n ktion en , der B a u und die A u sd ru ck sfo rm e n der epischen R ede u n tersu ch t und selbst die D iktion in der R ed e a u f ih ren d eiktisch en G eh a lt g ep rü ft w erde. A lle die zu letzt angedeuteten G esich tspu n kte tau ch en bei der F ra g e n a ch dem literarischen P h än om en der G eb ärd e a u f; sie sind von ihr um so u n abtren n b arer, je m ehr die G e bärde in den G esam to rgan ism u s d er D ich tu n g h in ein w äch st und je m ehr ih re innere A u s sa g e und ihre form ale F u n ktion zur E in h eit streben. D as hat sich schon bei d er B eh a n d lu n g der G eb ärd en ku n st in S i r Orfeo und in G G K g e ze ig t; bei C h a u cer w ü rde sich die N o tw e n d ig k eit der Z u sam m en sch au von G eb ärd en ku n st und G esa m tw erk in erhöhtem M a ß e stellen. D a zu die historischen G ru n d lagen zu klären , w äre die A u fg a b e w eiterer U n tersu ch u n g en ü ber die E in zelasp ek te der m ittclenglisch en D ich tu n g sfo rm . A u s deren Synth ese könn te sich d an n die b isla n g noch w en ig g ek lä rte F o rm en g esch ich te der m ittelenglisch en D ich tu n g deu tlich er abzeichn en . V ielleich t konn te die vo rlieg en d e A r b e it d azu einen kleinen B e itra g liefern.
VERZEICH NIS
DER
TEXTAU SGABEN
(nach denen häufiger zitiert wird)
A n g l o S a x o n P o e t ic R e c o r d s , B e o w u lf,
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