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Dimitrios Kolymbas
Geotechnik
Bodenmechanik, Grundbau und Tunnelbau 5. Auflage
Geotechnik
Dimitrios Kolymbas
Geotechnik Bodenmechanik, Grundbau und Tunnelbau 5. Auflage
Dimitrios Kolymbas Innsbruck, Österreich
ISBN 978-3-662-58471-2 ISBN 978-3-662-58472-9 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 1998, 2007, 2011, 2016, 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Lektorat: Dipl.-Ing. Ralf Harms Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
Vorwort der 5. Auflage
Neben zahlreichen Korrekturen und Verbesserungen im Text ist zu den Stoffgesetzen die Barodesie hinzu gekommen. Die Darstellung wurde in den Abschnitten ”Anisotrope Durchl¨assigkeit”, ”Kippen von T¨urmen”, ”Verhalten undr¨anierter B¨oden”, ”Verfl¨ussigung”, ”Invertierbarkeit” und ”Elementversuche” verbessert bzw. vereinfacht. Im Tunnelbau kamen Abbildungen zum Kalottenvortrieb, Slurry- und EPB Schild hinzu. F¨ur die Bearbeitung des Textes und der Abbildungen am Computer danke ich Herrn Dr. techn. Fabian Schranz.
Innsbruck, im Oktober 2018
Dimitrios Kolymbas
Vorwort der 4. Auflage
Die st¨andige Ver¨anderung der Normen u¨ berholt immer wieder diesbez¨ugliche Hinweise, daher wurden sie in dieser Auflage ausgelassen. Mit ihrer wachsenden Komplexit¨at belegt die Interpretation der Normen einen immer gr¨oßeren Teil der Ingenieurt¨atigkeit und droht, das rationale Ingenieurdenken zu verdr¨angen. Anstatt sich zu fragen, wie ein technisches Problem gel¨ost werden kann, fragt man sich nach der Konformit¨at zu un¨ubersichtlichen Normen. Die dezidierte Abstinenz von den Normen in diesem Lehrbuch wird durch folgende Bezugnahme auf einen Artikel von A. D¨orpinghaus (in Forschung und Lehre” 9/2009) untermauert: ” Bildung ist eine F¨ahigkeit der Distanz, die gleichsam das Sehen erlaubt . . . Den Menschen zu behandeln, als best¨unde sein Leben ausschließlich in der Anpassung an Vorgegebenes, ihm nicht die F¨ahigkeit der Gestaltung zu gestatten und ihn somit zu unterst¨utzen, sein Leben ”in die eigene Hand” zu nehmen, beraubt ihn ethisch einer W¨urde . . . heute wird fertiges, abgeschlossenes, zur Pr¨ufung generiertes Wissen gelehrt, das nach Humboldt auf das Niveau des Schulunterrichts situiert ist. . . . Studierende m¨ussen eine kritische Haltung zur Wissenschaft haben d¨urfen, anderenfalls ersetzt der Glaube die Wissenschaft. Dieses Buch widmet sich sowohl theoretischen als auch praktischen Aspekten der Geotechnik. Der dialektische Gegensatz Theorie-Praxis pr¨agt das Ingenieurwesen. Je nachdem, ob sich diese beiden Pole gegenseitig misstrauisch ausschließen oder konstruktiv erg¨anzen, ergibt sich Stillstand oder Fortschritt in unserem Fach. Oft wird Theorie als ein Instrument f¨ur Berechnungen verstanden, was aber ein Missverst¨andnis ist. Theorie dient in erster Linie dem Verstehen der betrachteten Erscheinungen, selbst wenn sie dazu auch Gleichungen heranzieht. Ihre L¨osung ist nicht immer m¨oglich, und in der Geotechnik kann und muss lange nicht alles berechnet werden. Vielmehr k¨onnen unbegr¨undete und leichtfertig angestellte Berechnungen den Glauben an unsere Wissenschaft unterminieren. Neben der Behebung vieler Druck- und anderer Fehler wurden die Abschnitte u¨ ber Grundwasser, Konsolidierung, Pfahlgr¨undungen und Interpolation u¨ berarbeitet, es wurden Abschnitte u¨ ber hydraulischen Grundbruch, Lawinenschutzd¨amme, Geody-
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Vorwort der 4. Auflage
namik und Inklinometer hinzugef¨ugt, und es wurde emphatischer auf noch offene Fragen hingewiesen. Neben dem Inhalt m¨ochte ich auch auf das hinweisen, was in diesem Buch fehlt. Gewiss, es ist gr¨oßtenteils auf Wissensl¨ucken des Autors zur¨uckzuf¨uhren, so manches wurde aber mit Bedacht ausgelassen, um nicht unn¨utzes oder veraltetes bzw. chaotisches Wissen weiterzugeben. Der relatv große Umfang dieses Buches ließ sich nur durch eine knappe, aber hoffentlich doch verst¨andliche Darstellung des Stoffs bew¨altigen. Mit immer knapper werdenden Mitteln werden sich die Pr¨asenz-Vorlesungen an den Universit¨aten reduzieren m¨ussen, sodass dem Selbststudium mit Lehrb¨uchern eine immer gr¨oßere Rolle zuf¨allt. Ganz besonders m¨ochte ich mich bedanken bei den Herren Dr.-Ing. Wolfgang Schwarz und Univ.-Doz. Dr. techn. Robert Hofmann f¨ur ausf¨uhrliche Diskussionen, Kritik und sehr viele wertvolle Hinweise, bei Herrn Dipl.-Ing. Fabian Schranz f¨ur die sehr geduldige und effiziente Bearbeitung des Textes und der Abbildungen mit dem Computer und bei meiner lieben Frau Gabriele f¨ur das scharfe Korrekturlesen.
Innsbruck, im August 2016
Dimitrios Kolymbas
Vorwort zur 1. Auflage
Geotechnik, genauer Geotechnisches Ingenieurwesen, ist eine eigenst¨andige und junge Teildisziplin des Bauingenieurwesens. Ausgehend von der Bodenmechanik umfasst diese den Grundbau, den Tunnelbau und die Felsmechanik. In den letzten Jahrzehnten hat die Geotechnik eine rasante Entwicklung erfahren, was viele internationale Tagungen u¨ ber Stoffgesetze, Berechnungsverfahren, Feldversuche, Sondierungen, Anwendung von Geotextilien, Dammbau, Tunnelbau, Umweltgeotechnik, Deponiebau usw., sowie eine Flut von Ver¨offentlichungen belegen. Der Boden, ein Gemisch aus K¨ornern, Wasser und Luft, ist ein in mechanisch-physikalischer Hinsicht faszinierendes Material mit schwer erfassbaren und vielf¨altigen Eigenschaften. ¨ Der Fels, dessen Ubergang zum Boden fließend ist, birgt die zus¨atzlichen Probleme der Kl¨uftung und des Spr¨odbruchs, f¨ur welche noch kein zufriedenstellendes Konzept vorliegt. Die schwierige Materie bedingt eine lebhafte Entwicklung, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Abgesehen von vielen neuen Bauverfahren ist man heute bestrebt, numerische Simulationen (z.B. von Verformungen an tiefen Baugruben oder in der Umgebung von Tunneln) realistischer zu machen. Dazu geh¨ort eine eingehende Auseinandersetzung mit dem mechanischen Verhalten des Bodens und seiner mathematischen Formulierung anhand von Stoffgesetzen. Vieles ist aber noch ungekl¨art, und es gibt noch viel Information, die in Form von ¨ empirischen Formeln und Regeln vorliegt, was den Uberblick und die Einsicht behindert. Viele empirische Formelsysteme sind nicht einleuchtend und kaum begr¨undbar, zum Teil auch inkonsistent. Dasselbe gilt f¨ur Empfehlungen, die in der Art von Gesetzestexten nach Paragrafen gegliedert und schwer u¨ berblickbar sind, sowie f¨ur einige Theorien, die unverstanden und unverstehbar weitergegeben werden. Dazu kommt, dass sich im Rahmen der Harmonisierungsbestrebungen der europ¨aischen Normen ein neues Normenwerk abzeichnet, das abgesehen von der wohl notwendigen Einf¨uhrung von Partialsicherheiten in seiner jetzigen Form dermaßen kompliziert ist, dass der k¨unftige Ingenieur einen großen Teil seiner Energie der Exegese dieses Normenwerkes widmen muss. So st¨oßt der Ingenieur in der Geotechnik heutzutage auf (zu) viele Formeln, die rational nicht nachvollziehbar sind und ihre G¨ultigkeit mit der Autorit¨at ihres Verfassers
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Vorwort zur 1. Auflage
begr¨unden. Der wiederum beruft sich auf die gute Erfahrung, die er damit gemacht hat. Der unter Termindruck arbeitende Ingenieur ist daf¨ur oft dankbar und macht sich keine weiteren Gedanken, nichtsdestotrotz ist die alleinige Berufung auf das Alt” bew¨ahrte“ entwicklungshemmend. Die starke Streuung der Voraussagen f¨ur Großversuche (obwohl die Pr¨adiktoren gleiche Informationen u¨ ber die entsprechenden B¨oden erhalten) belegt deutlich, dass in der Geotechnik noch einiges zu verbessern ist. Dies wird aber nur erreicht werden, wenn man lernt zu unterscheiden zwischen dem, was man versteht, und dem, was man nicht versteht. Bei der Abfassung des vorliegenden Buches habe ich mich daher bem¨uht, einen Teil des dogmatischen Ballastes abzuwerfen und die Darstellung der Geotechnik weitgehend auf einen rationalen Grund zu stellen sowie Neuentwicklungen zu ber¨ucksichtigen und den Stoff zu straffen. Gewiss, dieses Ziel ist ehrgeizig; es stellt aber ein Programm dar, das – genauso wie Wittgensteins Grundsatz, dass, was sich u¨ berhaupt sagen l¨asst, sich klar sagen l¨asst – mein Streben leitete. Das Buch richtet sich an Studierende des Bauingenieurwesens. Die mit gekennzeichneten Abschnitte k¨onnen u¨ bersprungen werden, da sie vertieftes Wissen f¨ur interessierte Leser enthalten und den Anschluss an die aktuelle Forschung vermitteln sollen. Eine streng eindeutige Notation w¨are zu kompliziert und wurde bewusst vermieden in der Hoffnung, dass der Leser aus dem Kontext leicht entnehmen kann, was jeweils gemeint ist. Englische Bezeichnungen wurden in kursiver Schrift beigef¨ugt. Diagramme wurden m¨oglichst vermieden, da sie sich in Berechnungsprogramme kaum u¨ bernehmen lassen. F¨ur viele wertvolle Hinweise danke ich Prof. Gerd Gudehus, Prof. Walter Schober, Dr. Ivo Herle, Prof. Pieter Vermeer, Dr. Wolfgang Schwarz, Dr. Ralf Lippomann, Dr. Dimiter Alexiew, Prof. Achim Hettler, Dr. Martin Ziegler, Dr. Peter Andreas von Wolffersdorff, Prof. Konrad Kuntsche sowie meinen Assistenten Wolfgang Fellin, Theo Wilhelm und Dr. Elisabeth Bader. Ferner danke ich Wolfgang Gebauer und Michaela Major f¨ur ihren großen Einsatz bei der sorgf¨altigen Text- und Bildgestaltung mit dem Computer.
Inhaltsverzeichnis
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¨ Einfuhrung – Was ist Geotechnik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Geschichte der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Anwendungen der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Selbstorganisation und Musterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Boden-Wasser-Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Methoden der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Vielfalt in der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 4 6 8 13 14 14 15
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Entstehung der Gesteine und des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Aufbau des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Kornverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Bodenansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Mineralogische Zusammensetzung der B¨oden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Bodenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Spezielle B¨oden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25 26 29 29 31 32
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Bodenkenngr¨oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Dichten und andere Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Dichtebestimmung in situ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Schnellverfahren f¨ur die Bestimmung des Wassergehalts . . . . . . . . . 4.4 Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Bodenklassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 35 38 38 39 43
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Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Grundwasserstr¨omung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Gesetz von Darcy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Elektroosmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Durchl¨assigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Bestimmung der Durchl¨assigkeit im Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45 46 48 50 50 52
XII
Inhaltsverzeichnis
5.5.1 Versuch mit konstanter Druckh¨ohe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Versuch mit ver¨anderlicher Druckh¨ohe . . . . . . . . . . . . . . . . Porenwasserdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Potentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundwasserspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.1 Station¨arer Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.2 Annahme von Dupuit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.3 Instation¨arer Grundwasserspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absenkung des Grundwasserspiegels durch Brunnen und Gr¨aben . . 5.9.1 Station¨are L¨osung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9.2 L¨osung der instation¨aren linearisierten Gleichung . . . . . Anwendbarkeit des Gesetzes von DARCY bei 5.9.3 Str¨omungen mit dv/dt = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anisotrope Durchl¨assigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transport im Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Str¨omungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchl¨assigkeit von Fels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65 66 67 68 68 69
Spannungen im Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Spezielle Spannungszust¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Das Diagramm von Mohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Spannungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Spannungsausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Setzungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.1 Beispiel einer Setzungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8 Effektive Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.1 Hydraulischer Grundbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.2 Prinzip der effektiven Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
71 71 72 73 74 76 79 85 91 94 98 98
Scherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Reibung zwischen starren K¨orpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Innere Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Koh¨asion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Der Rahmenscherversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Der Triaxialversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Entfestigung und Restscherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7 Scherfestigkeit koh¨asiver B¨oden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.1 Anmerkungen zur Koh¨asion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8 Durchf¨uhrungsvarianten des Triaxialversuches . . . . . . . . . . . . . . . 7.8.1 Konsolidierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8.2 CD-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8.3 CU-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
101 102 103 105 107 111 116 119 122 124 124 125 126
5.6 5.7 5.8
5.9
5.10 5.11 5.12 5.13 5.14 6
7
52 52 53 54 58 59 60 60 62 62 63
Inhaltsverzeichnis
7.9 7.10 7.11 7.12 7.13
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XIII
7.8.4 UU-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlerquellen beim Triaxialversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse von Triaxialversuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten von undr¨anierten Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.11.1 Undr¨anierte zyklische Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfl¨ussigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss der Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.13.1 Zur Geschichte der Gleichung 7.9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
126 127 128 133 136 136 140 144
Unges¨attigte B¨oden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6
Kapillarit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Osmotische Saugspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dampfdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messung der Saugspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transport von Wasser und Luft in unges¨attigten B¨oden . . . . . . . . . . 8.6.1 Diffusiver Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.2 Luftstr¨omung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.3 Wasserstr¨omung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapillardruckkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Effektive Spannungen in unges¨attigten B¨oden . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145 148 148 149 151 152 152 152 153 154 154
Felsmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Scherfestigkeit von Festgestein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Zugfestigkeit von Festgestein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Spr¨odes und duktiles Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Entfestigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5 Punktlastversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6 Trennfl¨achen und ihre Raumlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.7 Kluftreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.8 Anisotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9 Bruchmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.10 Spr¨odbruch und plastisches Fließen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.11 Maßstabseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.12 Diskrete Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.13 Festigkeit der Felsmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.14 Quellen und Schwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.15 Felsmechanische Feldversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
157 157 158 159 159 160 161 162 162 164 166 169 170 171 174 176
10 Geodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Sand als Modell f¨ur Felsschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Auffaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Starrk¨orperbruchmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Scherfugen und Verwerfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Abtragung von Bergen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
179 179 181 182 182 185
8.7 8.8 9
XIV
Inhaltsverzeichnis
11 Konsolidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Wasserges¨attigter Boden als Zweiphasenstoff . . . . . . . . . . . . . . . . Differentialgleichung f¨ur die Konsolidierung . . . . . . . . . 11.1.1 11.2 Ablauf der Konsolidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187 188 190 193
12 Erddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Ber¨ucksichtigung der Koh¨asion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Erddruck infolge Auflasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Verschiebungsabh¨angigkeit des Erddruckes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4 Grafische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4.1 Verfahren von Culmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4.2 Verfahren von Engesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 L¨osung von Rankine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.6 Verteilung des Erddrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
199 203 204 205 205 205 206 206 210
13 Standsicherheit von B¨oschungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Unendlich lange B¨oschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Ebene Gleitfugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Gleitkreise im homogenen Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4 Lamellenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen . . . . . . . . . . . . . 13.5.1 Beispiel B¨oschungsstandsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.6 Erdrutsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.7 Mobilisierung der Scherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213 213 215 217 220 222 223 230 234
14 Grundbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1 Gleitkreis im Boden ohne Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen . . . . . . . . . . . . . 14.3 Zonenbruch nach Prandtl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4 Schr¨age Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
237 237 238 238 241
15
Nachweis der Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 15.1 Kollapstheoreme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 15.2 Konstruktion von Spannungsfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
16
Stoffgesetze und Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1 Bedeutung von Stoffgesetzen f¨ur die Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2 Kontinuierliche und diskrete K¨orper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3.1 Lineare Elastizit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3.2 Elastoplastische Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3.3 Hypoplastische Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4 Anforderungen an Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.5 Erg¨anzende Betrachtungen zu Stoffgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 16.6 Mechanische Ahnlichkeit, Dimensionsanalyse und Modellversuche 16.6.1 Zentrifugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249 249 250 250 251 253 256 258 259 265 266
Inhaltsverzeichnis
16.6.2
XV
Π-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Bodendynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1 Wellen – mathematische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.1 Singul¨are Fl¨achen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.2 Kinematische Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.3 Elastische Wellen in eindimensionalen Kontinua . . . . . . . . 17.1.4 Wellen in endlichen K¨orpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.5 Elastische Wellen im Vollraum (body waves) . . . . . . . . . . . 17.1.6 Rayleigh-Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2 Erdbeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.1 Aufbau der Erde und Plattentektonik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.2 St¨arke von Erdbeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.3 Seismografen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.4 Charakterisierung der Bodenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.5 Gef¨ahrdung durch Erdbeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.6 Bemessung von Konstruktionen f¨ur Erdbeben . . . . . . . . . . . 17.3 Messtechnische Ger¨ate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.3.1 Feldversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4 Verhalten des Bodens bei dynamischer Beanspruchung . . . . . . . . . .
269 269 270 271 272 278 279 282 282 283 285 286 289 290 292 295 296 297
¨ 18 Flachgrundungen ............................................... 18.1 Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2 Gr¨undungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.3 Zul¨assige Bodenpressungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.4 Gr¨undungstiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.5 Sohldruckverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.6 Das Spannungstrapez-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.7 Elastische L¨osungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.7.1 Steifezahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.7.2 Elastische Bettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.8 Starres Fundament auf elastischem Halbraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.9 Vergleich der Berechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.10 Stabilit¨at von T¨urmen auf weichem Baugrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.11 Einzelfundamente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.12 Plattengr¨undungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.13 Abdichtung von Gr¨undungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.14 Membrangr¨undungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
301 301 302 302 303 304 304 305 305 305 309 309 309 311 313 314 315
¨ 19 Pfahlgrundungen ............................................... 19.1 Pfahltypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2 Bohren zur Herstellung von Pf¨ahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2.1 Verrohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2.2 Bohrhindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2.3 Setzungen beim Bohren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
317 317 325 326 329 329
17
XVI
Inhaltsverzeichnis
19.3
Vertikales Tragverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.1 Ermittlung der Pfahlkraft von Bohrpf¨ahlen aus Erfahrungswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.2 Mantelreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.3 Mantelverpressung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.4 Zugpf¨ahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.5 Schwell- und Wechselbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.6 Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horizontales Tragverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.1 Seitliche Pfahlbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.2 Grenzlast von horizontal belasteten Pf¨ahlen . . . . . . . . . . . . 19.4.3 Verd¨ubelung kriechender H¨ange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.4 Knicken von axial belasteten Pf¨ahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Statische Probebelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dynamische Pfahlpr¨ufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.1 Rammformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.2 CAPWAP-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.3 Verfahren von Kolymbas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.4 Integrit¨atspr¨ufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gruppenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfahlplatten-Gr¨undungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
329 332 333 334 334 334 335 335 339 340 343 345 348 348 349 349 351 351 352
20 Baugrundverbesserung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.1 Bodenaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.1.1 Optimaler Wassergehalt nach Proctor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.1.2 Plattendruckversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.1.3 Beimischen von Kalk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.2 Tiefenverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.2.1 R¨utteldruckverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.2.2 R¨uttelstopfverdichtung, Schotters¨aulen, Sands¨aulen . . . . . . 20.2.3 Dynamische Intensivverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.2.4 Sprengverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.3 Konsolidierung durch Vorbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.3.1 Vertikaldrains . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4 Injektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.1 Niederdruckinjektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.2 Felsinjektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.3 Hebungsinjektionen (soil fracturing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.4 D¨usenstrahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.5 Injektionsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.5 Bodenverm¨ortelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.6 Bodenvereisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.6.1 Frosthebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
355 355 356 358 359 360 360 361 366 367 367 367 369 370 373 373 374 376 379 380 383
19.4
19.5 19.6
19.7 19.8
329
Inhaltsverzeichnis
XVII
21 Grundwasserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1 Dichtw¨ande, Schmalw¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Injektionssohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.1 Hochliegende Injektionssohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.2 Tiefliegende Injektionssohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3 Unterwasserbetonsohlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4 Wasserhaltung durch Brunnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.5 Senkkasten, Caissons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
385 385 386 387 388 391 393 396
¨ 22 Sicherung von Gel¨andesprungen ................................. 22.1 St¨utzmauern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Grabenverbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.3 Tr¨agerbohlwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.4 Stahlspundw¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.5 Bohrpfahlw¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6 Schlitzw¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.1 L¨osen des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.2 Wandherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.3 Einphasen-Schlitzwand mit eingestellter Spundwand . . . . . 22.6.4 Leitwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.5 St¨utzfl¨ussigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.6 Fugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.7 Dichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6.8 Standsicherheit bei der Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.7 Statische Berechnung von St¨utzw¨anden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.7.1 Ber¨ucksichtigung des Grundwassers, hydraulischer Grundbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.8 Anker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.9 Bewehrte Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.9.1 Faserbewehrter Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.10 Nagelw¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.11 Unterfangungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
397 398 402 403 404 409 412 413 414 414 415 415 418 419 421 422 427 431 438 439 439 444
23 Tunnelbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.1 Einf¨uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2 Geschichtliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3 Bezeichnungen im Tunnelbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.4 Vortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.4.1 Sprengvortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.4.2 Schildvortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.4.3 TBM-Vortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.5 Bergwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.6 Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.7 Tunnelstatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.7.1 L¨osungen f¨ur tiefliegende Tunnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
445 445 445 446 447 449 451 455 457 459 460 460
XVIII
23.8
Inhaltsverzeichnis
23.7.2 Tragwirkung der Systemankerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 23.7.3 Einige N¨aherungsl¨osungen f¨ur seichte Tunnel . . . . . . . . . . . 469 Oberfl¨achensetzungen infolge Tunnelvortriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480
24 Staud¨amme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 24.1 Allgemeine Ubersicht ...................................... 24.2 Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.1 Abdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.2 Erosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.3 Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.4 Spannungen, Verformungen, Standsicherheit . . . . . . . . . . . 24.3 Bau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.3.1 Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.3.2 Steinsch¨uttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.4 Erdbeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.5 Lawinenschutzd¨amme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 24.6 Uberwachung .............................................
483 483 484 484 484 486 487 489 489 489 489 490 491
25 Geothermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 ¨ 25.1 Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 25.2 W¨arme- und K¨altemaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung . . . . . . . . . . . . 26.1 Untergrunderkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2 Erkundungsbohrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2.1 Verrohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2.2 Verf¨ullen der Bohrl¨ocher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2.3 Kleinbohrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2.4 Grundwasserbeobachtungspegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2.5 Wasserprobenentnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.3 Bodenproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.4 Versuchsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.4.1 Probenaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.4.2 Art und Umfang der Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5 Sondierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5.1 Rammsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5.2 Drucksondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5.3 Fl¨ugelsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5.4 Pressiometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5.5 Seitendrucksonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5.6 Dilatometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.6 Geophysikalische Erkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.6.1 Inverse Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.6.2 Geophysikalische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.7 Interpolation r¨aumlicher Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
499 499 500 506 507 507 507 508 509 509 510 510 511 511 514 517 517 519 520 520 520 521 522
Inhaltsverzeichnis
26.8
XIX
Geotechnischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
27 Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.1 Beobachtungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.2 Statistische Grundlagen der Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.3 Messger¨ate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.3.1 Messung des Porenwasserdrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.3.2 Messung von Verschiebungen im Untergrund . . . . . . . . . . .
529 529 530 533 535 537
28 Umweltgeotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.1 Bewertung der Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.2 Ausbreitung und Abbau der Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.3 Sanierung von kontaminiertem Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.3.1 Biologischer Abbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.3.2 Extraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.3.3 Reaktive W¨ande, Funnels & Gates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.4 Deponien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.4.1 Deponie-Entgasung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.4.2 Deponie-Sickerwasserfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.5 Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
539 539 540 540 541 543 544 544 545 547 548
29 Geokunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.1 Pr¨ufverfahren f¨ur Geotextilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.2 Einsatz von Geokunststoffen zur Bodenbewehrung . . . . . . . . . . . . . . 29.2.1 Einsatz von Geokunststoffen zur Belastung von Schotters¨aulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
551 557 558
30 Sicherheit und Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1 Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1.1 Globalsicherheit und Teilsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1.2 Grenzzust¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1.3 Charakteristische Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1.4 Geotechnische Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1.5 Einwirkungen/Widerst¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.2 Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheit, wahrscheinlichkeitstheoretisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.3 Risikobewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.4
561 561 562 562 563 563 564 564 566 568
558
Sach- und Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571
1 ¨ Einfuhrung – Was ist Geotechnik?
Durch ihren statischen Entwurf sollen die Lasten aus Hochbauten (infolge Verkehrslast, Eigengewicht, Wind usw.) u¨ ber die einzelnen Tragelemente (S¨aulen, Balken, W¨ande, Platten) sicher in den Untergrund eingeleitet werden. Wie verh¨alt sich aber der Untergrund dabei? Er besteht aus Boden bzw. Fels und ist keinesfalls eine starre Unterlage. Vielmehr kann er bei Einleitung von Lasten deformiert werden bzw. nachgeben. Es ergeben sich dann Setzungen, die sogar zum Einsturz eines ¨ Geb¨audes f¨uhren k¨onnen. Uberall dort, wo auf dem Boden oder im Boden (Tunnel) oder mit Boden (Erdd¨amme) gebaut wird, kommt die Geotechnik zum Tragen. Sie gliedert sich in einen theoretischen Teil, der Bodenmechanik, die sich mit dem Verhalten des Bodens befasst, und dem Grundbau, der sich mit praktischen Anwendungen befasst. Es liegt ein a¨ hnliches Verh¨altnis vor wie zwischen Hydromechanik und Wasserbau. Neben der Bodenmechanik und dem Grundbau sollten auch die verwandten Teildisziplinen Felsmechanik und der Felsbau erw¨ahnt werden. Die Bedeutung der Geotechnik kann anhand von Sch¨aden gezeigt werden, die ihre ¨ falsche Anwendung herbeif¨uhren kann (Abb. 1.1 bis 1.7). Auch Uberschwemmungskatastrophen haben mit Geotechnik zu tun, denn sie entstehen oft durch mangelnde Standsicherheit von Schutzd¨ammen.
Abb. 1.1 Einsturz einer St¨utzwand in Singapore (Nicoll Highway, 20.4.2004) © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_1
2
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.2 Der Turm von Pisa verkippte, weil der Untergrund sein Gewicht nicht tragen konnte.
Abb. 1.3 Erdrutsch1
Abb. 1.4 Fließendes Wasser kann den Boden unterhalb von Br¨uckenpfeilern aussp¨ulen.
1
www.dcf.ds.mpg.de, 2007.
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
3
Abb. 1.5 Mure. Der Boden in Gebirgsh¨angen hat eine geringe Standsicherheit und kann durch die Einwirkung von Sickerwasser aus Niederschl¨agen ins Rutschen kommen. Die herabrutschenden Schlammmassen erlangen eine große Geschwindigkeit und k¨onnen schwere Sch¨aden anrichten.
Abb. 1.6 Tagbruch bei einem Tunnelvortrieb in M¨unchen/Trudering. Bei der Herstellung eines Tunnels wird der zun¨achst ausgebrochene Hohlraum mit Spritzbeton und anderen Sicherungsmitteln gest¨utzt. Dazu muss er aber f¨ur eine Weile von allein stehen bleiben. Wenn dies nicht der Fall ist, kommt es zum Verbruch.
4
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.7 Bodenverfl¨ussigung in Niigata/Japan. Durch Einwirkung von Ersch¨utterung (z.B. durch ein Erdbeben) kann sich wasserges¨attigter lockerer Sand zeitweilig in eine Fl¨ussigkeit verwandeln. Bauwerke und Menschen k¨onnen darin (teilweise) einsinken.2
1.1 Geschichte der Geotechnik Wo immer Bauwerke gegr¨undet wurden, hat man Geotechnik betrieben. So z.B. bei den fr¨uhen Pfahlgr¨undungen in der Jungsteinzeit, der Verwendung bewehrter Erde beim Bau der Zigurats in Mesopotamien und beim 1 km langen Eupalinos-Tunnel auf der Insel Samos. Die wissenschaftliche Bodenmechanik wurde 1776 durch C OULOMB, Ingenieur du Roi, gegr¨undet. In seiner Abhandlung Essais sur une application des r`egles des maximis et minimis a` quelques probl`emes de statique relatifs a` l’architecture3 hat er gezeigt, dass der auf eine St¨utzwand wirkende Erddruck duch die Methoden der Infinitesimalrechnung ermittelt werden kann (es war die erste Extremwertaufgabe in der Technik). Weitere Entwicklungen der Bodenmechanik betreffen die Standsicherheit von B¨oschungen und Einschnitten (C OLLIN , F ELLENIUS und andere). Diese geht mit der Scherfestigkeit von B¨oden einher und der Frage, wovon diese abh¨angt und wie sie sich messen l¨asst. VON T ERZAGHI arbeitete in Wien und setzte sein Wirken in der ´ und P RANDTL haben Wichtiges ´ AN T¨urkei und in den USA fort. Auch VON K ARM zur Bodenmechanik beigetragen. In Großbritannien haben Physiker wie R EYNOLDS und R ANKINE auch auf dem Gebiet der Bodenmechanik gearbeitet. In der Mitte des 2 3
http://earthquake.usgs.gov, 2007. M`em. Math. Phys. pr`es. Acad. R. p. div. sav. Ann`ee 1773, C.R. Acad. R., Paris, (l’ Imprimerie Royale) T.VII, PlXV, XVI (1776) 343–382.
1.1 Geschichte der Geotechnik
5
20. Jahrhunderts hat ROSCOE mit seinen Sch¨ulern W ROTH und S CHOFIELD eine Schule in Cambridge gegr¨undet, deren Einfluss immer noch weltweit anh¨alt. Er hat sich mit einer Frage besch¨aftigt, mit der sich noch heute die Forschung befasst: Wie l¨asst sich das mechanische Verhalten von B¨oden (d.h. die Beziehung zwischen Spannung und Dehnung) im Labor erforschen und durch mathematische Beziehungen wiedergeben? Die Abbildungen 1.8 bis 1.17 zeigen einige Pioniere der Bodenmechanik, und in den Abbildungen 1.18 bis 1.20 werden einige ihrer Skizzen gezeigt.
Abb. 1.8 Charles-Augustin Coulomb4
Abb. 1.9 William John Macquorn Rankine4
Abb. 1.10 Osborne Reynolds4
Abb. 1.11 Henry Darcy4
6
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.12 Karl von Terzaghi4
Abb. 1.13 Ludwig Prandtl4
Abb. 1.15 Kenneth H. Ros- Abb. 1.16 Andrew coe5 field4
Scho-
Abb. 1.14 Theodor von K´arm´an
Abb. 1.17 Peter Wroth6
1.2 Anwendungen der Geotechnik Anwendungsgebiet der Geotechnik ist der unsichtbare Untergrund. Wir sind gew¨ohnt, ihn als gegeben und unverschieblich zu betrachten, als die Grundlage aller unserer Aktivit¨aten und unseres Bauens. Tats¨achlich aber kann der Untergrund unter der Einwirkung von Lasten nachgeben, es kann zu Setzungen, Schiefstellungen und Sch¨aden kommen. Dar¨uber hinaus kann der Untergrund wegrutschen oder sich verfl¨ussigen. Die verschiedenen Baumaßnahmen der Geotechnik befinden sich oft 4 5 6
http://de.wikipedia.org, 2011. http://www.npg.org.uk, 2016. www.emma.cam.ac.uk, 2016
1.2 Anwendungen der Geotechnik
Abb. 1.18 Aus der Originalver¨offentlichung von Coulomb zum Erddruck
7
Abb. 1.19 Untersuchungen von Terzaghi zur Zusammendr¨uckung von Boden. Diese wird mit speziellen Ger¨aten im Labor untersucht. Belastung, Entlastung und Wiederbelastung zeigen das ausgepr¨agt hysteretische mechanische Verhalten des Bodens, dessen mathematische Beschreibung große Schwierigkeiten bereitet.
Abb. 1.20 Untersuchung der Standsicherheit einer Kaimauer
8
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
im Untergrund und bleiben daher unsichtbar. Man kann sie nur durch Fantasiebilder zeigen (Abb. 1.21).
Abb. 1.21 Pfahlgr¨undung eines Verladekais
1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien ¨ Ahnlich wie Stahl, Holz, Beton und Wasser sind auch die Geomaterialien Boden, Fels, Eis und Schnee Werkstoffe, mit denen Ingenieure sich auseinandersetzen m¨ussen. Allerdings werden die Geomaterialien nicht industriell (d.h. kontrolliert) angefertigt, daher unterliegen ihre Eigenschaften großen Streuungen. Folglich m¨ussen die Geotechniker die Eigenschaft der jeweils infrage kommenden Geomaterialien durch gezielte Feld- und Laboruntersuchungen erkunden, siehe Abb. 1.22 bis 1.25. Ungeachtet der nat¨urlichen Inhomogenit¨at des Bodens m¨ussen Laborger¨ate eine hohe Pr¨azision aufweisen, um systematische Messfehler zu vermeiden. Im Gegensatz zu Stahl oder Wasser (man denke an lineare Elastizit¨at und lineare Viskosit¨at) weisen Geomaterialien ein ausgepr¨agt nichtlineares mechanisches Verhalten auf. Lineares Verhalten bedeutet, dass die Antwort proportional zur Einwirkung ist, somit ist die Steifigkeit unabh¨angig von der Einwirkung. Die Nichtlinearit¨at birgt enorme konzeptuelle und mathematische Schwierigkeiten, an denen noch intensiv geforscht wird. Boden ist ein granulares Material, d.h. er besteht aus einzelnen K¨ornern. Infolgedessen kann er sehr große Verformungen erleiden. Man sagt daher, dass Boden fließen kann. Trotzdem aber ist Boden keine Fl¨ussigkeit, denn er kann Schubspannungen aufnehmen. Dar¨uber hinaus hat Boden ein ausgepr¨agtes Erinnerungsverm¨ogen: Boden war das erste Speichermedium, an welchem z.B. J¨ager die Spuren von Wild
1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien
9
Abb. 1.22 Intuitive Untergrunderkundung Abb. 1.23 Wissenschafliche Untergrundermit der W¨unschelrute kundung
Abb. 1.24 Geotechnisches Laborger¨at: Biaxialger¨at f¨ur die Untersuchung von Tonproben7 Abb. 1.25 Echtes Triaxialger¨at“ f¨ur die Un” tersuchung von Sand7
abgelesen haben (vgl. Abb. 1.30). Fr¨uhe Denker (wie z.B. Archimedes) haben ihre Konzepte nicht auf Papier, sondern auf Sand entwickelt. Abbildungen 1.26 – 1.29 zeigen, wie vielf¨altig das Arbeiten mit Boden ist. Neben Boden gibt es viele andere granulare Stoffe wie Zucker, Mehl, Zement u.a. (Abb. 1.31), die ein a¨ hnliches mechanisches Verhalten aufweisen. Die Bestimmung des auf eine St¨utzmauer ausge¨ubten Erddrucks ist viel schwieriger als die Bestimmung des Wasserdrucks, weil der Boden (im Gegensatz zu Wasser) 7
Institut f¨ur Boden- und Felsmechanik, Universit¨at Karlsruhe.
10
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.26 Im zarten Alter l¨asst sich der Mensch von der Eigenart des Sands faszinieren.8
Abb. 1.27 Plastik aus Sand. Nasser Sand ist koh¨asiv und l¨asst daher die Bildung von Skulpturen zu.9
Abb. 1.28 Bei der Keramik muss man die Eigenschaften des nassen Tons kennen und ausn¨utzen.10
Abb. 1.29 Auch bei der Herstellung von Erdd¨ammen wird mit Ton gearbeitet.
sich die vorangegangene Deformation merkt. Aufgrund ihres Erinnerungsverm¨ogens k¨onnen sich Geomaterialien vorangegangene tektonische Deformationen merken. Es ist eine der faszinierendsten Aufgaben der Geomechanik, solche Deformationen durch mechanische Untersuchungen herauszulesen. Sand dient nicht nur als Speichermedium, sondern auch als Uhr: Man denke an Sanduhren (Abb. 1.32). Seine Eignung daf¨ur ergibt sich aus der Tatsache, dass die Aus8 9 10
www.stutenhaus.de, 2007. www.planet-wissen.de, 2007. www.klinikimhasel.ch, 2007.
1.3 Mechanisches Verhalten von Geomaterialien
Abb. 1.30 Der Fußabdruck (hier auf der Mondoberfl¨ache) zeigt, dass der Boden ein Erinnerungsverm¨ogen hat.
11
Abb. 1.31 Viele N¨ahrmittel und Gew¨urze sind granulare Stoffe und zeigen a¨ hnliches mechanisches Verhalten wie Boden.
laufgeschwindigkeit des Sandes aus einem Gef¨aß mit Boden¨offnung nicht von der F¨ullh¨ohe des Gef¨aßes abh¨angt – im Gegensatz zu Wasser.
Abb. 1.32 Die fr¨uhesten Uhren waren Sanduhren.11
Sand weist eine sog. Selbst¨ahnlichkeit auf. Muster im Sand (und anderen Geomaterialien) k¨onnen durch sog. Selbstorganisation auftreten (Musterbildung). Man kann aber aus der Gestalt dieser Muster nicht auf ihre Gr¨oße schließen (Abb. 1.34). Scherfugen in Geomaterialien haben dasselbe Erscheinungsbild, egal ob sie einige Milli-
11
www.tkc.ch, 2003.
12
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
meter oder einige Kilometer (z.B. die St. Andreas Verwerfung in Kalifornien, siehe Abb.1.33) lang sind.
Abb. 1.33 Die St. Andreas Verwerfung in Kalifornien stellt ein Bruchmuster dar, das auch im Millimeterbereich angetroffen werden kann.
Abb. 1.34 Das abgebildete Gebirge ist kaum 20 cm hoch und besteht aus Sand (Foto: ¨ T. Gudehus). Die verbl¨uffende Ahnlichkeit mit einem ’richtigen’ Gebirge r¨uhrt von der Selbst¨ahnlichkeit des Sands her. Bei Geomaterialien k¨onnen dieselben Strukturen in ganz unterschiedlichen Dimensionen auftreten.
Auch Fels ist mechanisch schwierig zu erfassen. Schichten aus hartem Fels lassen sich u¨ ber Jahrmillionen ’wie Butter’ auffalten (Abb. 1.35). Felsformationen sind oft inhomogen (Abb. 1.38) und zerkl¨uftet. Die mechanische Erfassung und mathemati-
1.4 Selbstorganisation und Musterbildung
13
Abb. 1.35 Aufgefaltete Felsschichten
sche Beschreibung von kl¨uftigem Fels bereitet enorme Schwierigkeiten und ist eigentlich noch nicht erreicht.
1.4 Selbstorganisation und Musterbildung Ein Haufwerk aus Sandk¨ornern einer zuf¨alligen Kornanordnung ist recht homogen, wenn es von einiger Entfernung (d.h. makroskopisch) betrachtet wird. Jedoch gibt es kritische Zust¨ande, wo es zur Selbstorganisation und Musterbildung kommt. Es k¨onnen sich dann eigenartige Muster bilden, wobei das weitverbreitetste die Konzentration der Verformung innerhalb d¨unner Scherfugen ist (Abb. 1.36 und 1.37).
Abb. 1.36 Durch Scherung entsteht auf der Abb. 1.37 Das rautenf¨ormige Muster von Oberfl¨ache einer Sandprobe ein rautenf¨or- Scherfugen paust sich durch die Vegetationsmiges Muster von Scherfugen.12 decke.13
12 13
A.F. R EVUZHENKO, Mechanics of Granular Media, Springer 2006. Intern. Society for Rock Mechanics.
14
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.38 Viele Sedimentgesteine sind inhomogen und anisotrop.
1.5 Boden-Wasser-Wechselwirkung Die Poren des Bodens sind (ganz oder teilweise) mit Wasser gef¨ullt. Es k¨onnen daraus sehr merkw¨urdige Ph¨anomene erwachsen. Wenn ein wasserges¨attigter Boden belastet wird, dann kann er sich nicht setzen, bevor das Porenwasser ausgequetscht worden ist. Dies kann allerdings, je nach Bodenart und Schichtm¨achtigkeit, bis zu mehreren Jahren dauern, es kann aber auch sehr schnell bzw. abrupt geschehen. Letzteres manifestiert sich als Ausspeien von Wasser (und Boden) aus sog. Sand- oder Schlammvulkanen, welche auff¨allige Krater hinterlassen (Abb. 1.39, 1.40). Der lokalisierte Austritt von Boden-Wasser-Gemischen aus Sand- oder Schlammvulkanen sowie die ’spontane’ Bildung von Schlammstr¨omen sind Erscheinungen von Selbstorganisation und Musterbildung.
1.6 Methoden der Geotechnik Um das komplizierte Verhalten der Geomaterialien zu erfassen, greifen Ingenieure auf die Methoden der Kontinuumsmechanik zur¨uck, wie sie von ber¨uhmten Mathematikern wie E ULER , B ERNOULLI und anderen entwickelt worden sind. Dabei werden mathematische Methoden angewendet, welche auch in anderen Gebieten der Technik herangezogen werden (Abb. 1.42), sowie Begriffe, welche ’Tensoren’ heißen und dem Laien schwer zu vermitteln sind. Gewiss, auf der Baustelle braucht man keine Tensoren, sie sind aber f¨ur das Verst¨andnis und die Forschung unabdingbar. 14
www.mineralienatlas.de, 2007.
1.7 Vielfalt in der Geotechnik
Abb. 1.39 Sandvulkan
15
Abb. 1.40 Schlammvulkan14
Abb. 1.41 Krater eines Sandvulkans. Sandvulkane erscheinen auf der Ober߬ache von ver߬ussigten Bodenschichten und zeugen von vergangener Ver߬ussigung.
1.7 Vielfalt in der Geotechnik Besonders auff¨allig ist die Vielfalt der Geotechnik, da sie die gesamte Spanne zwischen Theorie und Praxis u¨ berbr¨ucken muss. Die Geotechnik befasst sich nicht nur mit Strukturen im Untergrund wie Gr¨undungen, B¨oschungssicherung, Herstellung von D¨ammen, Straßen, Eisenbahnen, Kan¨alen, Tunneln usw., sondern auch mit der physikalischen und mathematischen Untersuchung der Geomaterialien und ihrer relevanten Eigenschaften. Geotechnik umfasst also eine Reihe von Spezialisierungen wie: • • • •
Entwicklung und Untersuchung von mathematischen Stoffgesetzen f¨ur Geomaterialien Entwurf von Konstruktionen im Boden Bodendynamik Messtechnik, Feld- und Laborversuche
16
• • • • • •
1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
Felsmechanik Tunnelbau Erd- und Dammbau Schnee-, Lawinen-, Gletschermechanik Geokunststoffe und ihre Anwendungen Umweltgeotechnik (Bau und Sanierung von Deponien, Eind¨ammung und Sanierung von Bodenkontaminationen).
Geotechnik hat viele Ber¨uhrungspunkte mit anderen Disziplinen wie: • • • • • • • •
Mathematik (Differentialgleichungen und Differentialgeometrie, numerische Mathematik, Statistik) Mechanik (Kontinuummechanik) Geologie, Strukturgeologie Geophysik, Seismologie Physik, physikalische Chemie (Oberfl¨acheneffekte, Kolloide) Elektrotechnik und Maschinenbau (Messger¨ate f¨ur Feld und Labor, Baumaschinen) Informatik (Steuerung von Versuchen, Anwendung numerischer Methoden) Biologie (biologische Bodendekontamination).
Abb. 1.42 Die Bestimmung von Spannungsfeldern im Untergrund erfolgt auf der Basis von partiellen Differentialgleichungen, die vom selben Typ sind wie bei der Gasdynamik und ¨ Uberschallstr¨ omungen.
Die Unterdisziplinen Boden- und Felsmechanik sind eher theoretisch und haben Ber¨uhrungspunkte mit Geologie und Materialkunde. Die eigentliche Geotechnik ist aber anwendungsorientiert. Einige ihrer Anwendungen werden in den Abbildungen 1.43 bis 1.48 dargestellt.
1.7 Vielfalt in der Geotechnik
17
Abb. 1.43 Viele Bauprojekte ben¨otigen tiefe Baugruben, die geeignet gest¨utzt werden m¨ussen.
Abb. 1.44 Langgestreckte Baugruben werden f¨ur die Herstellung von U-Bahnen ausgehoben. Die St¨utzung der Baugrubenw¨ande muss ausreichend steif sein, damit anliegende Bauwerke keine Sch¨aden erleiden.
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1 Einf¨uhrung – Was ist Geotechnik?
Abb. 1.45 Mit speziellen Fr¨asen werden Abb. 1.46 Tiefe Einschnitte k¨onnen mit Schlitze ausgehoben, die anschließend mit Schlitzw¨anden und Ankern gest¨utzt werden. bewehrtem Beton ausgef¨ullt werden. Dadurch entstehen St¨utzw¨ande f¨ur Baugruben.
Abb. 1.47 Die St¨utzung von gef¨ahrdeten Felsb¨oschungen mit Ankern kann oft nur unter großen Schwierigkeiten erreicht werden.
1.7 Vielfalt in der Geotechnik
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Abb. 1.48 So wie Schiffe und Flugzeuge durch Wasser und Luft fahren, fahren Tunnelbohrmaschinen durch den Untergrund (Foto: Fa. Herrenknecht).
2 Entstehung der Gesteine und des Bodens
Die Erde ist ein Planet im Werden.1 Boden und Fels sind unter der Wirkung verschiedener Kr¨afte permanenten Ver¨anderungen unterworfen, die (mit Ausnahme von Erdbeben, Erdrutschen u.¨a.) sehr langsam ablaufen und somit nicht direkt wahrgenommen werden k¨onnen. In einer Tiefe von ca. 100 km in der Erdkruste befindet sich das fl¨ussige Magma, das eine Temperatur von ca. 1000◦ C hat. Durch Aufsteigen und Abk¨uhlen erstarrt es und bildet sog. magmatische Gesteine (igneous rocks). Erfolgt die Abk¨uhlung in der Tiefe und somit langsam, so bilden sich die sog. Tiefengesteine (plutonic rocks) wie Granit, Syenit, Diorit, Gabbro. Erfolgt die Abk¨uhlung durch Erguss auf der Erdoberfl¨ache (als Lava) und somit schnell, so bilden sich die Ergussgesteine (volcanic rocks) wie Basalt, Andesit, Rhyolit u.a. Bei den Tiefengesteinen bilden die einzelnen Minerale gr¨oßere K¨orner als bei den Ergussgesteinen. Gesteine mit hohem Anteil an Siliziumdioxid (silica) zerlegen sich durch die sog. Verwitterung haupts¨achlich zu Sand- oder Kiesb¨oden mit geringem Tonanteil. Dazu geh¨oren Granite, Syenite und Rhyolite. Wegen des hohen Siliziumdioxidgehaltes nennt man solche Gesteine sauer. Gesteine mit geringem SiO2 -Gehalt (wie z.B. Basalte, Diabase und Gabbros) nennt man dagegen basisch. Sie haben i.Allg. eine dunkle Farbe (im Gegensatz zu den hellen sauren Gesteinen) und zersetzen sich zu Tonmineralien. Letztere sind nicht Bestandteile des urspr¨unglichen Gesteins, sondern Transformationsprodukte. Sedimentgesteine (sedimentary rocks) bilden sich aus den Ablagerungen von Ver¨ witterungsprodukten urspr¨unglicher Gesteine oder von Uberbleibseln von Mikroorganismen. Sie unterteilen sich in Tr¨ummergesteine und chemische bzw. organische Sedimente (z.B. Steinsalz bzw. Kalkstein). Die urspr¨unglichen Ablagerungen ¨ werden unter der Einwirkung des Uberlagerungsdrucks und zementierender Minerale (wie z.B. Siliziumdioxid, Kalziumkarbonat und Eisen-Oxide) verfestigt. Zu den Sedimentgesteinen geh¨oren Kalkstein (limestone), Dolomit (dolomite), Sandstein (sandstone), Konglomerat (conglomerate), Brekzie (breccia) und Schiefer (shale). 1
Siehe zu diesem Abschnitt: D.F. M C C ARTHY, Essentials of Soil Mechanics and Foundations, Prentice Hall 1993, sowie H. BAHLBURG, C. B REITKREUZ, Grundlagen der Geologie, Enke 1998.
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2 Entstehung der Gesteine und des Bodens
Schiefer sind haupts¨achlich aus Ton- und Schluffpartikeln entstanden, die durch ho¨ hen Uberlagerungsdruck konsolidiert, jedoch nicht zementiert sind. Daher zerfallen einige Schiefer beim Kontakt mit Luft oder Wasser. Metamorphe Gesteine (metamorphic rocks) entstehen durch Umwandlung (Metamorphose) von magmatischen und sediment¨aren Gesteinen. Diese Umwandlung erfolgt durch Einwirkung von Druck, Temperatur und plastischem Fließen. Es entstehen dadurch sog. kristalline Schiefer (slates, schists). Schieferung bedeutet im Allgemeinen eine Einregelung der Minerale senkrecht zur Richtung der maximalen Druckspannung. Bei den kristallinen Schiefern kommt es zu einer Umkristallisation. Sie umfassen Phyllite (phyllite), Glimmerschiefer, Gneise (gneiss), Quarzite (quartzite), Marmor (marble). Fels wird auch Festgestein genannt, im Gegensatz zu Lockergestein (Boden), das aus der Verwitterung (erosion, weathering) von Fels entsteht. Die Verwitterung erfolgt physikalisch (ohne chemische Ver¨anderung des Gesteins) durch fließendes Wasser, Wind, Temperaturwechsel, Frosteinwirkung und Salzsprengung sowie durch chemische Prozesse. Die anschließende Abtragung erfolgt durch Schwerkraft, Wind, Eis und Wasser. Erfolgt die Verwitterung ohne anschließende Abtragung, so entstehen die sog. residuellen B¨oden (residual soils). Dazu geh¨oren die sog. Laterite in tropischen Regionen. Der Windtransport von B¨oden erfolgt entweder rollend (D¨unen) oder schwebend u¨ ber gr¨oßere Distanzen, wodurch die sog. a¨ olischen Sedimente entstehen. Dazu geh¨ort der L¨oss (loess), der weite Fl¨achen in Zentraleuropa, S¨udrussland, China, in den USA und Argentinien bedeckt. L¨oss besteht aus Schluff- und Sandpartikeln, die miteinander leicht zementiert sind, wobei das Kornger¨ust Mikro- und Makroporen bildet. Typisch f¨ur L¨oss sind senkrechte B¨oschungen aufgrund seiner Koh¨asion, aber auch Anf¨alligkeit gegen¨uber Wasser und Ersch¨utterungen. Vulkanische Aschen sind auch Windsedimente. Das Wasser von Fl¨ussen kann betr¨achtliche Mengen von Boden schwebend oder schiebend im Flussbett transportieren. Die Fließgeschwindigkeit, bei der Partikel mit einem Durchmesser ≤ d in Schwebe gehalten werden, ist proportional zu d2 . Unterschreitet sie diesen Wert, so sinken die Partikel mit dem Durchmesser d ab. Dadurch entsteht bei Flussablagerungen (sog. alluviale Ablagerungen) eine Sortierung nach dem Korndurchmesser. Bei Flusserweiterungen oder beim Einfließen in flaches Gel¨ande sinkt die Fließgeschwindigkeit ab, mitgenommene Bodenk¨orner werden abgelagert, und es bilden sich Schwemmkegel (alluvial fans). Bei ¨ Uberschwemmungen treten Fl¨usse u¨ ber ihre Ufer, wodurch ihre Fließgeschwindigkeit stark absinkt. Zun¨achst f¨allt dabei das gr¨obere Material ab und bildet Uferw¨alle, dahinter lagert sich feinerer Boden ab. Greift der Mensch nicht regulierend ein, so verlegt der Fluss st¨andig seinen Lauf, und es bilden sich Aufsch¨uttungsebenen. Bei Flusskr¨ummungen wird das a¨ ußere Ufer erodiert, w¨ahrend am inneren Ufer Material abgelagert wird. Irgendwann bricht der Fluss durch, und im verbleibenden Altarm sedimentiert langsam feineres Material. In Seen bilden sich in der Umgebung von Flusseinm¨undungen Ablagerungsdeltas mit gr¨oberem Material. In einiger Entfernung davon setzt sich im ruhigen Wasser Ton ab. Es bilden sich so Seeablagerungen (lacustrine sediments), die oft den Jahreszeiten
2 Entstehung der Gesteine und des Bodens
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entsprechend geschichtet sind. Dadurch bildet sich B¨anderton (varved clay), der aus einer Wechselfolge von Feinsand, Schluff und Ton besteht. Aus a¨ hnlichen Ablagerungen im Meer bilden sich Meertone (marine clays), die eine graue bis blaue Farbe haben und etwas schluffreicher als Seetone sein k¨onnen. Wenn die Meeresablagerungen u¨ ber den Meeresspiegel gehoben werden (man denke an die isostatische Hebung Skandinaviens), so k¨onnen Natrium-Ionen aus Tonb¨oden durch das durchsickernde S¨ußwasser ausgewaschen werden. Es entstehen dadurch B¨oden, die empfindlich gegen St¨orungen sind und leicht zum Rutschen kommen (quick clay2 ). Die Ablagerungen an Flachk¨usten (beaches) werden von der Meeresbrandung und den K¨ustenstr¨omungen mitgestaltet. Verl¨auft die Hauptwindrichtung und damit die Wellenbewegung schr¨ag zur K¨ustenlinie, so werden Sandk¨orner schr¨ag auf den Strand hinaufgerollt, gleiten dann aber senkrecht zur Uferlinie wieder in das Meer zur¨uck. So werden im Laufe der Zeit große Sandmassen entlang der K¨uste bewegt. Marschb¨oden (marsh deposits) bilden sich in immer wieder u¨ berfluteten Landstrichen. Die Verlandung eines Sees setzt ein, sobald die fortschreitende Sedimentation den Seeboden hinreichend aufgeh¨oht hat. Durch die Ansiedlung von Pflanzen verwandelt sich der See zu einem Sumpf und schließlich zu einem Moor (sog. Flachmoor). In feuchten Waldb¨oden bilden sich aus Niederschlagswasser, das nicht hinreichend verdunsten oder absickern kann, sog. Hochmoore. Darin werden Pflanzenzersetzungsprodukte zu Torf (peat) umgewandelt. Gletscher bewirken auch einen Bodentransport. Im Gegensatz zum fließenden Wasser trennt das Gletschereis den verfrachteten Gesteinsschutt nicht nach Korngr¨oße. Gletschersedimente (glacial till) bilden daher ein regelloses Haufwerk ohne jede Schichtung. Sie finden sich in vielf¨altigen Formationen wie Grund-, Stirn- und Seitenmor¨anen (moraines). Gr¨oßere Felsbrocken (sog. Findlinge, erratic blocks, boulders) k¨onnen weit transportiert und in Bereiche feink¨ornigen Bodens abgelagert werden. In der Geologie wird eine eigene Zeitskala mit besonderen Namen f¨ur die verschiedenen Epochen verwendet. Von besonderer Bedeutung f¨ur die Geotechnik sind das Neogen (fr¨uher: Quart¨ar) und das Pal¨aogen (fr¨uher: Terti¨ar). Das Neogen umfasst junge Sedimente, die oft weich und durchl¨assig sind, w¨ahrend das Pal¨aogen a¨ ltere Sedimente umfasst, die oft dicht und undurchl¨assig sind. Zum j¨ungsten Neogen geh¨oren das Alluvium (=das Angeschwemmte) sowie das Diluvium (= das Vorsintflutliche, auch: Pleistoz¨an).
2
Quick clay hat einen sehr hohen Schluffanteil.
3 Aufbau des Bodens
Boden entsteht durch Zersetzung von Fels und ist aus Partikeln aufgebaut. Er ist um ¨ so steifer, je fester die Partikel zusammengedr¨uckt sind. Der Ubergang vom Boden ( Lockergestein“) zum Fels ( Festgestein“) ist fließend. Zum Boden im bodenme” ” chanischen Sinn geh¨ort nicht der landwirtschaftlich nutzbare Humus, d.h. die oberste, haupts¨achlich organische Deckschicht der Erde, in der die Pflanzen wurzeln. Die einige Dezimeter dicke Humusschicht wird von der Wissenschaft der Bodenkunde betrachtet. Als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal der B¨oden dient der Partikeldurchmesser, der eine willk¨urliche, jedoch n¨utzliche Klassifizierung erlaubt. Je nach Partikeldurchmesser unterscheidet man folgende B¨oden: Kies (gravel), Sand (sand), Schluff (silt) und Ton (clay), siehe Tabelle 3.1. Tabelle 3.1 Bodenklassifikation nach der Korngr¨oße Korndurchmesser d (mm) d < 0,002 0,002 < d < 0,006 0,006 < d < 0,02 0,02 < d < 0,06 0,06 < d < 0,2 0,2 < d < 0,6 0,6 < d < 2,0 2,0 < d < 6,0 6,0 < d < 20,0 20,0 < d < 60,0 d > 60
Bezeichnung Ton Feinschluff Mittelschluff Grobschluff Feinsand Mittelsand Grobsand Feinkies Mittelkies Grobkies Steine
Bei Schluff und Ton sind die einzelnen Partikel mit dem Auge nicht erkennbar. Hier dient die Plastizit¨at als weiteres wichtiges Merkmal zur Klassifizierung. Sie bezeich© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_3
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3 Aufbau des Bodens
Abb. 3.1 Sand
net die F¨ahigkeit einer Bodenmasse, große irreversible Verformungen zu erleiden, ohne dabei ihren Zusammenhalt zu verlieren (d.h. zu zerbr¨ockeln).
3.1 Kornverteilung Im Allgemeinen sind B¨oden aus Partikeln unterschiedlichen Durchmessers zusammengesetzt. Ihre Zusammensetzung kann durch die Kornverteilungskurve (siehe Abb. 3.2) beschrieben werden. Die Kornverteilungskurve y(d) gibt den Gewichtsanteil der K¨orner einer Probe mit d ≤ d an.
Abb. 3.2 Enge (a) und weitgestufte (b) Korn- Abb. 3.3 Kornverteilungskurve mit Fehlkorn verteilung
Je nachdem, ob die Korndurchmesser eines Bodens in einem weiten oder in einem engen Bereich schwanken, unterscheidet man zwischen weitgestuften (Kurve b in Abb. 3.2) und enggestuften (Kurve a in Abb. 3.2) Kornverteilungskurven. Diese Eigenschaft wird durch den Ungleichf¨ormigkeitsgrad U beschrieben, der wie folgt definiert ist: U := d60 /d10
.
(3.1)
Hierbei bezeichnet dx denjenigen Korndurchmesser, der von x Gew.% des Bodens unterschritten wird. Ein Boden mit U < 5 wird als gleichf¨ormig, einer mit U > 15
3.1 Kornverteilung
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als ungleichf¨ormig bezeichnet. Fehlen aus einem Boden K¨orner im Bereich d1 < d < d2 (sog. Fehlkorn), so hat die Kornverteilungskurve die in Abb. 3.3 gezeigte Form. Bei Sand und Kies wird die Kornverteilungskurve mithilfe der Siebanalyse bestimmt: Eine bestimmte Menge des zu untersuchenden Bodens wird auf einen Satz von aufeinandergelegten Sieben (Abb. 3.4) unterschiedlicher Maschenweite gelegt. Je nach ihrem Durchmesser fallen die K¨orner durch die Maschen der einzelnen Siebe. Dieser Vorgang wird durch Vibrieren und evtl. auch durch Wassersp¨ulung unterst¨utzt. Die jeweiligen Siebr¨uckst¨ande (Abb. 3.5) werden dann getrocknet und gewogen. Wenn m(d) die Masse bzw. das Gewicht des R¨uckstands auf dem Sieb der Maschenweite d ist, dann ist m(d < d) . (3.2) y(d) = m(d) Der Durchgang durch das feinste Sieb ( Schl¨ammkorn“) muss aufgefangen und ” ber¨ucksichtigt werden.
Abb. 3.4 Siebsatz
Abb. 3.5 Siebr¨uckst¨ande
Bei feineren B¨oden (Schluff und Ton) kann die Trennung der einzelnen Kornfraktionen nicht durch Siebung erfolgen. Man greift dann zur Sedimentationsanalyse und nutzt dabei die Tatsache, dass verschieden große K¨orner mit unterschiedlicher Geschwindigkeit im Wasser absinken. Bekanntlich w¨achst die Sinkgeschwindigkeit bis zu einem Wert an, der sog. Grenzgeschwindigkeit, bei welcher der hydrodynamische Widerstand der Gewichtskraft das Gleichgewicht h¨alt. Nach dem Gesetz von S TOKES betr¨agt die Grenzgeschwindigkeit v einer Kugel (Durchmesser d, spezifisches Gewicht γs ), die in einer unendlich ausgedehnten Fl¨ussigkeit (spez. Gewicht γw , dynamische Z¨ahigkeit μ) absinkt: γ s − γw 2 d . (3.3) v= 18μ F¨ur die hier betrachteten Verh¨altnisse stellt sich die Grenzgeschwindigkeit bereits nach Bruchteilen von Sekunden ein.
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3 Aufbau des Bodens
Aus v = z/t = const · d2 folgt d = z/(const · t), d.h. zur Zeit t existieren oberhalb der Tiefe z keine Partikel mehr mit Durchmesser ≥ d. Dadurch wird die Suspension allm¨ahlich leichter, was mit einem Ar¨aometer (Tauchwaage, Abb. 3.6) gemessen werden kann. Aus γsusp =
Gw + Gs Vw + Vs
(3.4)
folgt n¨amlich1 γsusp = γw +
γ s − γ w Gs γs V
.
(3.5)
Gs ist dabei das Gewicht der im Suspensionsvolumen V schwebenden Feststoffe. Eigentlich ist die Bezeichnung Durchmesser“ nur f¨ur kugelf¨ormige K¨orner sinnvoll. ” Man verwendet sie aber in der Bodenmechanik dennoch und meint dabei den sog. a¨ quivalenten Durchmesser. Dieser ist definiert als die Maschenweite eines Siebes, durch das ein Korn gerade noch durchf¨allt, oder als der Durchmesser von Kugeln, die mit gleicher Geschwindigkeit absinken.
Abb. 3.6 Messzylinder mit Ar¨aometer (Tauchwaage)
Die Kornverteilungskurve ist keine invariante Eigenschaft des Bodens. Sie kann durch Kornbruch ver¨andert werden. Es ist noch ziemlich unklar, wie der Kornbruch ¨ mit der Belastung des Bodens einhergeht. Ublicherweise wird durch Kornbruch der Ungleichf¨ormigkeitsgrad U erh¨oht. Das Gr¨oßtkorn bleibt dabei meist unver¨andert. 1
Mit γs = Gs /Vs , γw = Gw /Vw und V = Vs + Vw .
3.3 Mineralogische Zusammensetzung der B¨oden
29
3.2 Bodenansprache Es gibt einige Hinweise zur provisorischen Bodenansprache ohne Laborversuche. Kieskornbereich: kleiner als H¨uhnereier, gr¨oßer als Streichholzk¨opfe. Bestandteile gr¨oßer als H¨uhnereier (Kopfgr¨oße) werden als Steine bzw. Bl¨ocke (cobbles oder boulders) bezeichnet. Sandkornbereich: kleiner als Streichholzk¨opfe bis zur Grenze des noch mit dem bloßen Auge erkennbaren Kornes. Schluffkorn und Tonkorn sind nicht mehr mit dem bloßen Auge als Einzelkorn erkennbar. Um den Anteil an Sand, Schluff und Ton eines Bodens abzusch¨atzen, f¨uhrt man den Reibeversuch durch: Man zerreibt eine kleine Probe zwischen den Fingern, gegebenenfalls unter Wasser. An der Rauheit bzw. an dem Knirschen und Kratzen erkennt man den Sandkornanteil eines Bodens. Ein toniger Boden f¨uhlt sich seifig an und bleibt an den Fingern kleben; er l¨asst sich auch in trockenem Zustand nicht ohne Abwaschen entfernen. Schluffige B¨oden dagegen f¨uhlen sich weich und mehlig an. Die an den Fingern haftenden Bodenteilchen lassen sich in trockenem Zustand durch Fortblasen oder durch das Aneinanderklatschen der Handfl¨achen ohne Schwierigkeit entfernen. Schneidet man mit einem Messer eine erdfeuchte Probe durch, so weist eine gl¨anzende Schnittfl¨ache auf Ton hin. Eine stumpfe Oberfl¨ache ist charakteristisch f¨ur Schluff bzw. tonig-sandigen Schluff mit geringer Plastizit¨at. Man kann die Oberfl¨ache der Probe auch mit dem Fingernagel einritzen oder gl¨atten.
3.3 Mineralogische Zusammensetzung der B¨oden Nur die wenigsten Minerale bestehen aus Molek¨ulen mit einfachen chemischen Formeln. Die meisten Minerale sind Gemenge von einzelnen Atomgruppen (Radikalen), die nicht elektroneutral sind. Ein wichtiger Baustein ist das Silizium-Tetraeder, bestehend aus einem Silizium-Kation, das von vier Sauerstoff-Anionen umgeben ist (SiO4 )4− . Diese Tetraeder k¨onnen ganz unterschiedlich angeordnet sein, wobei zur Erlangung der Elektroneutralit¨at andere Ionen angelagert sein k¨onnen. Beim Quarz sind die einzelnen Tetraeder spiralf¨ormig angeordnet und bilden r¨aumliche Gitter. Elektroneutralit¨at wird dadurch erreicht, dass jedem Silizium-Kation zwei Sauerstoff-Anionen entsprechen (SiO2 ). Quarz wird dadurch sehr stabil (hart) und hat keine bevorzugten Spaltebenen. Er u¨ berlebt daher die Felsverwitterung und ist bei B¨oden stark vertreten. Die Quarzk¨orner in der Sand- und Schlufffraktion sind gedrungen und je nach fr¨uherer mechanischer Beanspruchung scharfkantig (angular) oder abgerundet (rounded). Im Gegensatz zu Quarz ist Feldspat (feldspar) leicht abbaubar und daher bei B¨oden kaum anzutreffen. Glimmer (mica), wie u¨ brigens die meisten Tonminerale (wie z.B. Montmorillonit, Kaolinit, Alloysit, Illit), ist aus Schichtsilikaten aufgebaut, die aus Wechsellagen von blattf¨ormig angeordneten Siliziumtetraedern und anderen Schichten bestehen. Daher sind die meisten Tonminerale
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3 Aufbau des Bodens
Abb. 3.7 Kaolinit, Kristallpl¨attchen1
Abb. 3.8 Kaolinit, koaguliertes Gef¨uge1
Abb. 3.9 Kaolinit, dispergiertes Gef¨uge1
Abb. 3.10 Montmorillonit1
aus flachen Pl¨attchen aufgebaut (Abb. 3.7–3.10). Die Oberfl¨ache dieser Pl¨attchen ist nicht elektroneutral, woraus die Oberfl¨achenaktivit¨at und somit einige Besonderheiten des Tons resultieren wie z.B. das Wasseranlagerungsverm¨ogen (Quellen), die Plastizit¨at, die Koh¨asion und die Thixotropie. Die negativ geladene Oberfl¨ache der Tonpl¨attchen zieht entgegengesetzt geladene Ionen und Wassermolek¨ule an. Letztere sind zwar elektroneutral, haben jedoch aufgrund ihres asymmetrischen Aufbaus ein elektrisches Dipolmoment. Durch die angezogenen Kationen und Wassermolek¨ule bildet sich eine sog. Doppelschicht. Ihre Dicke ist wegen der thermischen Anregung der Molek¨ule begrenzt, und ihre Grenze ist diffus (wie bei der Atmosph¨are). Die physikochemischen Vorg¨ange, die sich in und um solche Doppelschichten abspielen, sind sehr komplex und z.T. nicht verstanden. Da die Oberfl¨ache von Schluff nicht bzw. nicht so stark elektrisch geladen ist, weist er nicht die Besonderheiten von Ton auf.
1
F EESER/S AMTLEBEN, Universit¨at Kiel.
3.4 Bodenstruktur
31
3.4 Bodenstruktur Eine wichtige Eigenschaft von Feststoffen, die aus Partikeln zusammengesetzt sind (particulate materials), ist, dass die Partikel sowohl in lockerer als auch in dichter Lagerung vorkommen k¨onnen. F¨ur gedrungene K¨orner (z.B. Sand) sind die beiden Lagerungsarten in Abb. 3.11 schematisch dargestellt. Unter ’Struktur’ eines Bodens versteht man die Anordnung der einzelnen Bodenk¨orner (fabric) sowie eine eventuelle Zementierung (bonding). Tonpl¨attchen bilden in dichter Lagerung eine sog. Parallelstruktur, in lockerer Lagerung eine sog. Wabenstruktur (Abb. 3.12). Eine andere Anordnung von Partikeln ergibt sich dadurch, dass einige Partikel Klumpen bilden, die wiederum wie einzelne Partikel angeordnet sind und dazwischen sog. Makroporen freilassen (Abb. 3.13).
Abb. 3.11 Lockere und dichte Lagerung von K¨ornern (schematisch)
(a)
(b)
Abb. 3.12 Parallel- (a) und Wabenstruktur (b) bei Tonpl¨attchen
Einige Tonb¨oden verlieren ihre Festigkeit, wenn ihre Struktur durch Deformation gest¨ort wird. Werden sie anschließend in Ruhe gelassen, so baut sich die Festigkeit allm¨ahlich wieder auf. Solche B¨oden heißen thixotrop.
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3 Aufbau des Bodens
Mikropore Makropore
Abb. 3.13 Klumpenstruktur
3.5 Spezielle B¨oden L¨oss (loess): a¨ olisches (d.h. durch Wind verfrachtetes) Sediment der Schluff- bzw. Feinsandfraktion. Die K¨orner bilden Klumpen bzw. Waben, und ihre Kontakte sind schwach zementiert. Senkrechte hohe B¨oschungen sind m¨oglich (Abb. 3.14). Sackungen ( Kollaps“) k¨onnen bei Wasserzutritt und/oder hoher Auflast ” auftreten. Lehm (loam): Gemisch aus Quarzk¨ornern und Ton. Die Bezeichnung ist nicht einheitlich. ¨ Mergel (marl): kalkhaltiger Ton. Bei hohem Uberlagerungsdruck oder bei hohem Kalkgehalt liegt Mergel als Festgestein vor. Klei: sehr weicher Ton bzw. Schluff an der norddeutschen K¨uste. Dispersive Tone: Tone, die beim Wasserkontakt aufweichen und bereits bei geringen Fließgeschwindigkeiten erodiert werden k¨onnen. In dispersiven Tonen bilden sich leicht Erosionsfurchen bzw. -r¨ohren (piping). Die Anf¨alligkeit zur Erosion h¨angt vom Chemismus des Wassers ab. Sie w¨achst bei Vorhandensein von Ionen in der Reihenfolge Kalzium – Magnesium – Kalium – Natrium – Lithium. Sie kann durch Beimengungen von gel¨oschtem Kalk reduziert werden. Laterite: So heißen einige (meist r¨otlich gef¨arbte) B¨oden in den Tropen. Bedingt durch das Klima verl¨auft dort die Verwitterung anders als in unserer Klimazone. Bestimmte Mineralien werden ausgewaschen, wobei einige an benachbarten Stellen wieder auskristallisieren. Oft sind Laterite hart, sodass sie senkrecht abgeb¨oscht oder als Ziegelsteine verwendet werden k¨onnen. Einige Laterite k¨onnen beim Eindringen von Wasser oder bei oft wiederholter Belastung zerfallen. Vorsicht ist geboten, da die aus unseren Breitengraden gewonnenen Erfahrungen und Korrelationen hinsichtlich Verdichtbarkeit, Festigkeit usw. nicht unbedingt auf Laterite u¨ bertragbar sind. Unterhalb von lateritischen B¨oden k¨onnen
3.5 Spezielle B¨oden
33
Abb. 3.14 Einschnitt im L¨oss
sog. saprolithische B¨oden angetroffen werden. Diese residuellen B¨oden k¨onnen Merkmale des urspr¨unglichen Bodens aufweisen, sind aber erosionsanf¨allig. Expansive B¨oden: Aufgrund des Vorhandenseins quellf¨ahiger Minerale haben diese B¨oden die Eigenschaft, bei Wasserzutritt zu quellen. Der dabei ausge¨ubte Druck vermag Straßen und leichte Bauwerke zu heben. Permafrostboden: In Polargebieten verbleibt der Boden bis zu Tiefen von 500 m permanent gefroren. Nur eine bis zu ca. 1 bis 2 m dicke Schicht (sog. aktive Zone) taut im Sommer auf. Bauwerke sollten unterhalb der aktiven Zone gegr¨undet werden.
4 Bodenkenngr¨oßen
4.1 Dichten und andere Kennzahlen Der Raum zwischen den einzelnen Bodenk¨ornern wird als Porenraum bezeichnet. Der Volumenanteil der Poren, d.h. das Verh¨altnis des Porenvolumens Vp zum Gesamtvolumen V einer Bodenmasse wird als Porenanteil oder Porosit¨at (porosity) n bezeichnet:1 n=
Vp V
.
(4.1)
Das Verh¨altnis des Porenvolumens zum Feststoffvolumen Vs (der Index s steht f¨ur solid) heißt Porenzahl (void ratio) e: e=
Vp Vs
.
(4.2)
Aus V = Vp + Vs folgt e=
n 1−n
bzw. n =
e 1+e
.
(4.3)
In der englischsprachigen Literatur wird auch das spezifische Volumen (specific volume) v = 1+e verwendet. v = V /Vs gibt an, wieviel Volumen eine Volumeneinheit aus Korn einimmt. Zur Bestimmung von n bzw. e wird die Trockenwichte γd (dry unit weight, der Index d steht f¨ur dry) des Bodens ermittelt. Diese ergibt sich aus dem Gewicht Gd der getrockneten Bodenprobe, geteilt durch das Volumen des Bodens (einschließlich Poren). Mit der Wichte γs der Bodenk¨orner und n = (V − Vs )/V = (V − Gd /γs )/V folgt 1
Sind die Poren des Bodens mit Wasser ges¨attigt, so befindet sich in einer Probe mit dem Volumen V das Wasservolumen nV . L¨asst man dieses Wasser abfließen, so verbleibt eine Restwassermenge kapillar gebunden ans Kornger¨ust. Daher fließt nur die Wassermenge n V aus. Die Gr¨oße n (< n) heißt die effektive Porosit¨at.
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4 Bodenkenngr¨oßen
n=1−
γd γs
bzw. e =
γs −1 γd
.
(4.4)
Das Trockengewicht Gd wird durch Trocknen (bis zur Gewichtskonstanz) im Ofen bei 105◦ C ermittelt. Die Kornwichte γs schwankt bei den meisten B¨oden nur geringf¨ugig. Bei Sanden liegt sie im Mittel bei γs = 26, 0 kN/m3 (entsprechend einer Dichte von 2,65 g/cm3 ) und bei Tonen bei 26, 5 ± 2, 0 kN/m3 . Das Probenvolumen V ist durch Verwendung eines Ausstechzylinders mit bekanntem Inhalt gegeben (Abb. 4.1).
Abb. 4.1 Ausstechzylinder
Die Kornwichte γs wird dadurch bestimmt, dass in ein Gef¨aß (sog. Pyknometer, Abb. 4.2) mit bekanntem Volumeninhalt V eine bestimmte Menge trockenen und ausgestampften Bodenmaterials mit dem Gewicht Gd hineingegeben wird. Der Rest des Volumens wird mit Wasser (Wichte γw ) ausgef¨ullt. Luftblasen werden durch Kochen oder durch Anlegen von Vakuum entfernt. Anschließend wird das Gewicht G des so gef¨ullten Pyknometers bestimmt. Aus G = Vw γw +Vs γs = (V −Vs )γw +Vs γs und Gd = Vs γs l¨asst sich dann γs ermitteln.
Abb. 4.2 Kapillarpyknometer zur Bestimmung der Korndichte
4.1 Dichten und andere Kennzahlen
37
Die Gr¨oßen e und n variieren zwischen den Grenzen emin (bzw. nmin ) und emax (bzw. nmax ). Diese Grenzen werden f¨ur nichtkoh¨asive B¨oden nach Konvention im Labor wie folgt bestimmt: Zur Bestimmung der lockersten Lagerung (emax bzw. nmax ) wird der trockene Boden in ein zylindrisches Gef¨aß mithilfe eines Trichters vorsichtig hineingegeben. Zur Bestimmung der dichtesten Lagerung wird ein mit trockenem Boden gef¨ulltes Gef¨aß mit einer Schlaggabel ger¨uttelt. Bei gr¨oßerem Anteil an Feinsand bzw. Schluff wird ein R¨utteltisch verwendet. Der Verdichtungsgrad eines Bodens l¨asst sich mithilfe der bezogenen Dichten In oder Ie angeben2 : In =
nmax − n nmax − nmin
,
Ie =
emax − e emax − emin
.
(4.5)
Beide Kenngr¨oßen haben die Werte 0 bei lockerster und 1 (bzw. 100%) bei dichtester Lagerung. Abstufungen werden als locker“, mitteldicht“ und sehr dicht“ bezeich” ” ” net. Der Porenraum kann teilweise oder ganz mit Wasser gef¨ullt sein. Der Wassergehalt w (water content) ist das Verh¨altnis des Wassergewichts Gw zum Trockengewicht Gd . Er wird bestimmt durch Wiegen vor und nach dem Trocknen einer Bodenprobe: w=
Gw Gd
.
(4.6)
Der maximale Wassergehalt wmax ergibt sich, wenn alle Poren mit Wasser gef¨ullt sind. Mit Gw = γw Vp = γw nV und Gd = γs Vs = γs (1 − n)V ergibt sich wmax = Gw /Gd zu wmax = e
γw n γw = γs 1 − n γs
.
(4.7)
Das Verh¨altnis des aktuellen Wassergehalts w zu wmax bzw. das Verh¨altnis des Wasservolumens Vw zum Porenvolumen Vp wird S¨attigungsgrad (degree of saturation) S genannt: S=
w wmax
=
Vw Vp
.
(4.8)
Das Raumgewicht (Wichte, unit weight) γ einer feuchten Probe h¨angt vom Wassergehalt ab: γ = γd (1 + w)
.
(4.9)
Die Wichte γr eines ges¨attigten3 Bodens ergibt sich dann zu γr = γd (1 + wmax ) = γd + nγw
2 3
.
Ie wird auch als bezogene Lagerungsdichte ID bezeichnet. In der Bodenmechanik ist meist S¨attigung mit Wasser gemeint.
(4.10)
38
4 Bodenkenngr¨oßen Tabelle 4.1 Typische Werte f¨ur einige Bodenkennzahlen Boden
γd 3
n
e
wmax
(kN/m ) Ton, weich 12 0,54 1,17 0,45 Ton, steif 17 0,35 0,53 0,20 Schluff (Quarz) 16 – 19 0,27 – 0,38 0,37 – 0,62 0,14 – 0,24 Schluff (Kalk) 16 – 20 0,23 – 0,38 0,30 – 0,62 0,12 – 0,24 Sand, locker 14 0,46 0,86 0,33 Sand, dicht 19 0,27 0,37 0,14 Grobkies 16 – 19 0,27 – 0,38 0,37 – 0,62 0,14 – 0,24
γr (kN/m3 ) 17 20 20 – 22 20 – 22 19 22 20 – 22
4.2 Dichtebestimmung in situ Die Dichte des unmittelbar unter der Gel¨andeoberfl¨ache liegenden Bodens kann mit einem Ausstechzylinder oder nach der Substitutionsmethode bestimmt werden: Ein kleines Loch wird ausgegraben, der entnommene Boden wird gewogen, und das Volumen des Lochs wird durch Nachf¨ullen mit Wasser (unter Verwendung einer Folie) bestimmt, siehe Abb. 4.3. Eine geringe Koh¨asion ist erforderlich, damit die Wand des Loches stehen bleibt. Andere Methoden der Dichtebestimmung in situ beruhen auf der Messung der elektrischen Leitf¨ahigkeit des Bodens oder auf der Messung des Eindringwiderstandes eingedr¨uckter bzw. gerammter Sonden. Eine weitere Methode beruht auf der Absorption von radioaktiver Strahlung. Diese Methoden sind problematisch hinsichtlich der Eichung. Die Bestimmung der Lagerungsdichte des Bodens in der Tiefe erfolgt anhand von weitgehend ungest¨orten Proben aus Kernbohrungen. Solche Proben k¨onnen nur dann gewonnen werden, wenn der Boden eine Koh¨asion hat (siehe Abschnitt 26). Die direkte Dichtebestimmung von koh¨asionslosem Boden in der Tiefe stellt immer noch ein kaum gel¨ostes Problem dar. Eine M¨oglichkeit besteht darin, den Boden in der unmittelbaren Umgebung einer Sonde zu gefrieren und dann nach oben zu ziehen.
¨ die Bestimmung des Wassergehalts 4.3 Schnellverfahren fur Da die Ofentrocknung bei 105 ◦ C bis zur Gewichtskonstanz lang andauern kann (insb. bei feink¨ornigen B¨oden), wurden einige Schnellverfahren entwickelt: Schnelltrocknung mit Infrarotstrahler: Bei einem Boden ist die Entfernung zum Infrarotstrahler so zu eichen, dass sich bei Gewichtskonstanz derselbe Wassergehalt ergibt wie bei Ofentrocknung bei 105 ◦ C. Schnelltrocknung mit Elektroplatte oder Gasbrenner: Durch die h¨ohere Temperatur (bis 400 ◦ C) ergeben sich Wassergehalte, die um ca. 1 bis 2% h¨oher als bei Ofentrocknung bei 105 ◦ C liegen.
4.4 Konsistenz
39
Abb. 4.3 Dichtebestimmung in situ mithilfe der Substitutionsmethode
Schnelltrocknung mit Mikrowellenherd: Es werden Temperaturen bis ca. 300 ◦ C erreicht, daher liegen die Wassergehalte um ca. 1 bis 2% h¨oher als bei Ofentrocknung bei 105 ◦ C. Tauchw¨agung: Es wird das Volumen des Boden-Wasser-Gemisches festgestellt. Durch W¨agung wird die Masse dieses Gemisches bestimmt. Aus der Kenntnis der Dichten ρw und ρs kann dann w ermittelt werden. Dasselbe Vorgehen erfolgt mit dem sog. Großpyknometer ( doppeltes Wiegen“). ” Kalziumkarbidverfahren: Innerhalb einer Stahldruckflasche wird der Bodenprobe eine bestimmte Menge Kalziumkarbid zugegeben. Dabei entsteht Acetylengas. Seine Menge ist proportional zum Wassergehalt und wird u¨ ber eine Druckmessung bestimmt. Luftpyknometerverfahren: Das Boden-Wasser-Gemisch (mit bekannter Masse) ¨ befindet sich in einem geschlossenen Beh¨alter. Durch Offnen eines Hahns wird eine Verbindung zu einem Druckluftbeh¨alter hergestellt. Aus dem sich einstellenden Luftdruck kann auf das Volumen der Luftporen und somit auf das Volumen des Boden-Wasser-Gemisches geschlossen werden. Mit bekannten Dichten ρw und ρs l¨asst sich dann der Wassergehalt errechnen.
4.4 Konsistenz Die Konsistenz bindiger B¨oden variiert stark mit dem Wassergehalt. Je nach Wassergehalt erscheint ein bindiger Boden als breiig oder fl¨ussig (beim Pressen in der Faust quillt er durch die Finger), weich bzw. plastisch bzw. bildsam (leicht knetbar),
40
4 Bodenkenngr¨oßen
steif (schwer knetbar; er l¨asst sich aber in R¨ollchen von 3 mm Durchmesser ausrollen, ohne zu zerbr¨ockeln), halbfest (R¨ollchen zerbr¨ockeln, aber mehrere St¨ucke lassen sich zu einem Klumpen zusammenf¨ugen) und fest bis hart. Die Wassergehalte ¨ an den Ubergangsgrenzen fl¨ussig → plastisch, plastisch → steif und halbfest → fest lassen sich durch (willk¨urliche aber sinnvolle) Konventionen definieren und bilden n¨utzliche Kennzahlen zur Charakterisierung bindiger B¨oden. Diese Wassergehalte sind also Konsistenzgrenzen und wurden zuerst von ATTERBERG vorgeschlagen. Daher heißen die Konsistenzgrenzen in der englischsprachigen Literatur Atterberg limits. Fließgrenze: Ein Sch¨alchen wird mit Boden eines bestimmten Wassergehalts gef¨ullt. In den Boden wird eine Furche geritzt. Anschließend wird das Sch¨alchen so lange geschlagen, bis sich die Furche schließt (Abb. 4.4). Die Anzahl der Schl¨age (Schlagzahl) wird in einem Diagramm u¨ ber den Wassergehalt w aufgetragen, und der Versuch wird mit anderen Wassergehalten wiederholt. Die Verbindungskurve der Versuchspunkte im halblogarithmischen Diagramm ist eine Gerade. Mit ihrer Hilfe kann man denjenigen Wassergehalt wL bestimmen, bei dem sich die Furche nach 25 Schl¨agen schließt (Abb. 4.6). wL ist dann konventionsgem¨aß der Wassergehalt an der Fließgrenze (liquid limit), der Index L steht ¨ f¨ur liquid. wL markiert den Ubergang fl¨ussig → plastisch.
Abb. 4.4 Ger¨at von C ASAGRANDE zur Bestimmung der Fließgrenze wl
Abb. 4.5 wp
Bestimmung der Ausrollgrenze
Ausrollgrenze: R¨ollchen von ca. 3 mm Durchmesser werden auf Filterpapier so lange ausgerollt, bis sie infolge Wasserentzugs zerbr¨ockeln (Abb. 4.5). Ihr Wasser¨ gehalt (plastic limit) wP markiert den Ubergang plastisch (bildsam) → steif. Schrumpfgrenze: Eine der Luft ausgesetzte wasserges¨attigte Tonprobe schrumpft, d.h. ihr Volumen (bzw. die Porenzahl e) nimmt ab. Dabei ist die Abnahme der Porenzahl proportional zur Abnahme des Wassergehalts (siehe Gleichung 4.7). Erreicht der Wassergehalt die sog. Schrumpfgrenze wS (shrinkage limit), so wird die Probe heller (Farbumschlag). Bei weiterer Verringerung des Wassergehalts (durch Verdunstung) nimmt die Porenzahl kaum noch ab (siehe Abb. 4.7), und die Probe ist nicht mehr ges¨attigt.
4.4 Konsistenz
41
e
Schlagzahl 50
en
40
pf
h
Sc
30 25 20
10
m ru
ge
w
tig
t,
e
w
ws
wL
Abb. 4.6 Zur Definition der Fließgrenze wL
t sä
γs w γw
Abb. 4.7 Zur Definition der Schrumpfgrenze wS
Als Plastizit¨atszahl (plasticity index) Ip bezeichnet man die Differenz wL − wP : Ip = wL − w P
.
(4.11)
Ip kennzeichnet die Spanne des Wassergehaltes, bei der eine Probe bildsam bleibt. ¨ Bei kleiner Plastizit¨atszahl k¨onnen geringe Anderungen des Wassergehaltes große ¨ Anderungen der Konsistenz herbeif¨uhren. Unter Bezugnahme auf den aktuellen Wassergehalt w kann man die Konsistenzzahl Ic wie folgt definieren: Ic =
wL − w wL − wP
.
(4.12)
Je nach Konsistenzzahl erh¨alt dann der Boden folgende Bezeichnung4 : Ic < 0, 5 breiig 0, 5 < Ic < 0, 75 weich steif 0, 75 < Ic < 1 w > ws halbfest Ic > 1 fest w < ws Die Konsistenz eines bindigen Bodens kann auch durch genormte Fallkegelversuche bestimmt werden. Dabei wird ein Kegel, dessen Spitze die Probenoberfl¨ache gerade ber¨uhrt, fallengelassen (Abb. 4.8). Die Eindringtiefe d ist ein Maß f¨ur die Konsistenz des Bodens (es gilt5 : d2 ∼ cu , vgl. Abschnitt u¨ ber Scherfestigkeit). 4
5
Diese Konsistenzbezeichnungen gelten nur f¨ur aufbereitete Proben. Ungest¨orte bindige B¨oden k¨onnen festere Konsistenz aufweisen und erst nach vorangegangener Scherung aufweichen. Siehe D. M UIR W OOD and C.P. W ROTH, The use of the cone penetrometer to determine the plastic limit of soils, Ground Engineering 11/3 (1978) 37; sowie E.R. FARELL, B. S CHUPPENER, B. WASSING, Fallkegelversuch – Ergebnisse der Studie des ETC5, Geotechnik 19/4 (1996) 260–266.
42
4 Bodenkenngr¨oßen
30o Kegel 40 mm
35 mm 55 mm
Abb. 4.8 Fallkegelversuch
Die zu 1 (bzw. 100%) komplement¨are Zahl heißt Liquidit¨atsindex Il : Il =
w − wP = 1 − Ic wL − wP
.
(4.13)
Der Typ der Tonminerale in einem Boden kann f¨ur sein Verhalten maßgeblich sein. Deshalb ist es oft ratsam, die Tonminerale eines bindigen Bodens zu bestimmen. Dies geschieht mit mineralogisch-chemischen Methoden, die hier nicht weiter betrachtet werden. Eine einfach zu bestimmende Gr¨oße ist jedoch die Aktivit¨at, definiert als Aktivit¨at =
Ip Gewichtsanteil (%) der Tonminerale
.
Tone aus Kaolinit haben eine niedrige Aktivit¨at, w¨ahrend Tone aus Montmorillonit (ein Tonmineral, das große Volumen¨anderungen je nach Wasseranlagerung aufweist) eine hohe Aktivit¨at haben: Aktivit¨at Bezeichnung < 0, 75 inaktiv 0, 75 – 1, 25 normal > 1, 25 aktiv Die Dispersivit¨at (Erosionsanf¨alligkeit) eines Tonbodens h¨angt im Wesentlichen vom Anteil der Natrium-Ionen relativ zum gesamten Salzgehalt im ges¨attigten Eluat eines Tons ab. Da die hiermit verkn¨upften chemischen Untersuchungen in bodenmechanischen Labors u¨ blicherweise nicht durchgef¨uhrt werden k¨onnen, bedient man sich folgender einfacher Versuche, um die Erosionsanf¨alligkeit eines Bodens zu bestimmen:
4.5 Bodenklassifikation
43
Doppel-Ar¨aometer-Versuch (double hydrometer test): Es wird der Gewichtsanteil von Bodenpartikeln < 0, 005 mm aus zwei Sedimentationsversuchen verglichen, einem normalen Sedimentationsversuch (bei dem ein Mittel gegen Koagulation, d.h. Verklumpung, zugegeben und die Suspension zuvor gesch¨uttelt wurde) und einem Sedimentationsversuch in destilliertem Wasser ohne vorheriges Sch¨utteln. Die Dispersivit¨at wird dann durch folgenden Quotienten definiert: %-Gew. < 0, 005 mm im destillierten Wasser %-Gew. < 0, 005 mm im normalen Versuch
.
Bei einer Dispersivit¨at von mehr als 35% ist der Boden als dispersiv zu bezeichnen. Klumpen-Versuch (crumb test): Ein Klumpen von ca. 1 cm Durchmesser Boden mit nat¨urlichem Wassergehalt wird in einen Becher mit destilliertem Wasser gestellt. Bildet sich allm¨ahlich eine kolloidale Wolke um den Klumpen herum, so ist der Boden dispersiv. Pinhole-Versuch: Eine Probe aus dem zu untersuchenden Boden wird verdichtet und bekommt ein Loch von 1 mm Durchmesser. Man l¨asst dann destilliertes Wasser durch dieses Loch fließen. Ist der Boden dispersiv, so wird das Loch durch Erosion aufgeweitet, und das Wasser kommt gef¨arbt aus der Probe heraus. Andernfalls fließt klares Wasser aus der Probe heraus. Organische Beimengungen machen sich durch dunkle F¨arbung und durch modrigen bzw. faulen Geruch bemerkbar. Sie k¨onnen durch den sog. Gl¨uhverlust (= prozentualer Gewichtsverlust einer trockenen Probe durch Gl¨uhen) erfasst werden. Zur Bestimmung des Kalkgehalts (= Gewichtsanteil an Kalziumkarbonat) wird eine Probe mit verd¨unnter Salzs¨aure betr¨aufelt. Je nach dem Grad des Aufbrausens l¨asst sich der Kalkgehalt grob bestimmen.
4.5 Bodenklassifikation Eine Menge (z.B. die Menge aller B¨oden) kann in Klassen zerlegt werden, wenn jedes ihrer Elemente zu genau einer Klasse geh¨ort. Elemente einer Klasse k¨onnen als zueinander a¨ quivalent (gleichwertig) angesehen werden. So k¨onnen B¨oden einer Bodenklasse als gleichwertig hinsichtlich eines Merkmales (z.B. L¨osbarkeit) angesehen werden. Z.B. unterscheidet man folgende Klassen hinsichtlich der L¨osbarkeit: Klasse 1 (Oberboden): oberste Bodenschicht, die neben anorganischen Stoffen Humus und Bodenlebewesen beinhaltet. Klasse 2 (fließende Bodenarten): B¨oden mit fl¨ussiger oder breiiger Beschaffenheit (Ic < 0, 5). Klasse 3 (leicht l¨osbare Bodenarten): nicht- bis schwachbindige B¨oden mit bis zu 15% Korngr¨oße kleiner als 0,06 mm und h¨ochstens 30% Steinen sowie organische B¨oden mit geringem Wassergehalt. Klasse 4 (mittelschwer l¨osbare Bodenarten): wie bei Klasse 3, jedoch mit gr¨oßerem Feinanteil.
44
4 Bodenkenngr¨oßen
Klasse 5 (schwer l¨osbare Bodenarten): wie bei Klasse 3 und 4, jedoch mit gr¨oßerem Steinanteil. Klasse 6 (leicht l¨osbarer Fels und vergleichbare Bodenarten) Klasse 7 (schwer l¨osbarer Fels) Auch die Benennung der einzelnen Bodenarten stellt eine Art von Klassifikation dar, soll doch der Bodenname Schl¨usse (wenn auch ungenaue) auf das Bodenverhalten erlauben. Man richtet sich dabei in erster Linie nach der Kornverteilung und benennt den Boden nach der gewichtsm¨aßig vorherrschenden Kornfraktion, wobei nachgeordnet vertretene Fraktionen als Adjektive aufgef¨uhrt werden (z.B. Sand, ” kiesig, schluffig“ oder Feinkies, grobsandig“). Man geht dabei davon aus, dass die ” gewichtsm¨aßig vorherrschende Kornfraktion f¨ur das Verhalten des betreffenden Bodens bestimmend ist. Allerdings k¨onnen bei bindigen B¨oden die Schluff- und Tonanteile auch dann bestimmend sein, wenn sie nicht gewichtsm¨aßig u¨ berwiegen. Deshalb werden f¨ur diese B¨oden die Wassergehalte an der Fließ- und Ausrollgrenze (wL und wP ) herangezogen, und die Bodenbenennung erfolgt nach ihrer Einordnung im sog. Plastizit¨atsdiagramm (siehe Abb. 4.9).
Abb. 4.9 Plastizit¨atsdiagramm
Die vielf¨altigen Bodenklassifikationen sind reine Konventionen und finden ihre haupts¨achliche Begr¨undung in der Abrechnung von geotechnischen Arbeiten. Ihr sonstiger Gebrauch wird in dem Maße abnehmen, wie das Bodenverhalten durch Versuche und mathematische Beziehungen (Stoffgesetze) zutreffend beschrieben wird.
5 Grundwasser
Das in den Poren zwischen den Bodenk¨ornern befindliche Wasser heißt Grundwasser (groundwater). Nach dem Polar- und Gletschereis bildet es den zweitgr¨oßten Vorrat an S¨ußwasser auf der Erde (Tab. 5.1). Tabelle 5.1 Wasservorr¨ate der Erde Typ Volumen (km3 ) Ozeane (Salzwasser) 1.300.000.000 Polar- u. Gletschereis∗ 29.000.000 Grundwasser∗ (Tiefe bis 0,8 km) 4.000.000 Grundwasser∗ (Tiefe > 0,8 km) 5.000.000 Seen, Fl¨usse∗ 125.000 Atmosph¨are 13.000 *S¨ußwasser
Die Lage des Grundwasserspiegels (water table oder phreatic surface) kann man mittels eines Brunnens entdecken. Letzterer ist ein Bohrloch, das gegebenenfalls mithilfe eines durchl¨assigen Rohrs (z.B. geschlitztes Stahlrohr) gest¨utzt wird. Streng genommen wird als Grundwasser nur das Wasser unterhalb des Grundwasserspiegels bezeichnet. Das dar¨uber befindliche Wasser ist durch Kapillarkr¨afte gebunden und konstituiert den sog. Kapillarsaum (vadose zone). Der Kapillarsaum ist im unteren Bereich ges¨attigt, nach oben nimmt die S¨attigung ab. Wegen der Speisung durch Niederschl¨age (sog. Grundwasser-Neubildung) und der Str¨omung des Grundwassers ist der Grundwasserspiegel keine horizontale Ebene, sondern eine gekr¨ummte Fl¨ache mit zeitlich variabler Lage. Oft folgt er ungef¨ahr dem Relief des Gel¨andes (Abb. 5.1) zu sog. Vorflutern (z.B. Fluss) hin. Die Tiefenlage des Grundwasserspiegels kann innerhalb kleiner horizontaler Entfernungen stark schwanken und wird auch von Baumaßnahmen beeinflusst. Sie variiert jahreszeitbedingt und auch von Jahr zu Jahr.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_5
46
5 Grundwasser Grundwasserspiegel Marschland Fluss
Abb. 5.1 Der Grundwasserspiegel folgt in etwa dem Gel¨anderelief
Bedingt durch das Vorhandensein unterirdischer Becken mit wenig durchl¨assiger Sohle kommt es zur Bildung von sog. schwebenden Grundwasserk¨orpern (Abb. 5.2) mit schwebendem Grundwasserspiegel (perched watertable). schwebendes Grundwasser undurchlässige Schicht
Grundwasserspiegel
Abb. 5.2 Schwebendes Grundwasser
Bodenschichten, in denen sich das Grundwasser leicht bewegen kann, heißen Grundwasserleiter (aquifer). In Bodenschichten mit kleineren Poren kann sich das Grundwasser nicht leicht bewegen, daher heißen sie (relativ) undurchl¨assige Schichten (aquitards). Wird ein Grundwasserleiter von einer undurchl¨assigen Schicht u¨ berlagert (confined aquifer), so kann es zu sog. gespanntem Grundwasser kommen ¨ (Abb. 5.3). Durch k¨unstliche oder nat¨urliche Offnungen (Brunnen) kann das Grundwasser dann aus der Gel¨andeoberfl¨ache hervorsprudeln. Es kommt somit zur Bildung von sog. artesischen Brunnen (artesian wells) bzw. von Fließsand (quicksand).
5.1 Grundwasserstr¨omung Das Grundwasser str¨omt1 von Orten gr¨oßerer Energie zu Orten kleinerer Energie. ¨ Ublicherweise wird die Energie in der Hydraulik als Energieh¨ohe (energy head) oder hydraulische H¨ohe h ausgedr¨uckt. Die hydraulische H¨ohe h setzt sich aus der 1
Die Grundwasserstr¨omung (seepage) wird auch Sickerstr¨omung genannt.
5.1 Grundwasserstr¨omung
47
artesischer Brunnen
un
du
rch
läs
du
rch
läs
un
sig
eS
ch
du
rch
Quicksand
sig
läs
ich
t
sig
Abb. 5.3 Gespanntes Grundwasser, artesische Brunnen, Fließsand
geod¨atischen H¨ohe z, die bez¨uglich einer willk¨urlich festgelegten Bezugsh¨ohe (datum) gemessen wird, der Druckh¨ohe p/γw und der Geschwindigkeitsh¨ohe v 2 /2g zusammen: h=z+
v2 p + γw 2g
.
(5.1)
Hierbei ist γw die Wichte des Wassers und g die Erdbeschleunigung. Bei Grundwasserstr¨omungen ist die Geschwindigkeit v klein, ihr Quadrat umso kleiner; daher darf die Geschwindigkeitsh¨ohe im Vergleich zu den beiden ersten Termen in Gleichung (5.1) vernachl¨assigt werden. Man erh¨alt dann h=z+
p γw
.
(5.2)
Hinsichtlich Grundwasserstr¨omungen muss man den Begriff Geschwindigkeit“ n¨a” her definieren. Abbildung 5.4 zeigt eine momentane Verteilung der tats¨achlichen Geschwindigkeit vˆf der Wasserpartikel. Mittelt man diese Geschwindigkeit u¨ ber den Porenraum, erh¨alt man die Geschwindigkeit v f (Abb. 5.5). Ein Wasserpartikel legt die L¨ange a in der Zeit t = a/v f zur¨uck. Deshalb heißt v f die Abstandsgeschwindigkeit. Mittelt man hingegen die Geschwindigkeit vˆf u¨ ber die gesamte betrachtete Schnittfl¨ache, so erh¨alt man die sog. Filtergeschwindigkeit2 v (Abb. 5.6). Sie gibt den Durchfluss (Wasservolumen in der Zeiteinheit) pro Fl¨acheneinheit des Bodens an. In der Untergrundhydraulik kommt es meist auf den Durchfluss an, deshalb hat es sich eingeb¨urgert, mit der Filtergeschwindigkeit v zu arbeiten. Bei Betrachtung der Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser hingegen ist die Abstandsgeschwindigkeit v f von Bedeutung. Unter Heranziehung eines bekannten Lehrsatzes, nach dem die sog. Fl¨achenporosit¨at nA := Ap /A (A = Querschnittsfl¨ache; Ap = Poren-Querschnittsfl¨ache) gleich der Volumenporosit¨at n = Vp /V ist,3 folgt aus v f Ap = vA: v f = v/n. 2 3
Um zu betonen, dass sich die Filtergeschwindigkeit auf das Porenfluid bezieht, wird hierf¨ur oft vf geschrieben. Der Beweis dieses Theorems von D ELESSE ist einfach: Das Volumen V eines Bodenk¨orpers ergibt sich aus der Integration seiner Querschnittsfl¨ache A u¨ ber eine dazu senk-
48
5 Grundwasser
Abb. 5.4 Momentane Verteilung der tats¨achlichen Wassergeschwindigkeit vˆf
¨ Abb. 5.5 Uber den Porenraum gemittelte Geschwindigkeit v f
Abb. 5.6 Filtergeschwindigkeit v
5.2 Gesetz von Darcy Nach DARCY (1856) ist v proportional zur Energieh¨ohe Δh, die auf der L¨ange Δl abgebaut wird: v=k
Δh Δl
.
(5.3)
Die Bedeutung von Δh und Δl ist aus Abbildung 5.7 ersichtlich. Die dimensionslose Gr¨oße Δh/Δl wird als hydraulisches Gef¨alle (oder hydraulischer Gradient) i bezeichnet. Somit erh¨alt das Gesetz von DARCY die Form v = ki
.
(5.4)
Gleichung (5.4) gilt auch f¨ur zwei- und dreidimensionale Str¨omungen mit v = −k∇h.4 Die Proportionalit¨atskonstante k heißt die Durchl¨assigkeit (permeability bzw. hydraulic conductivity). Das Gesetz von DARCY gilt unter folgenden Einschr¨ankungen:
rechte Koordinate x mit V = Vp =
x 2
x 2
A(x) dx. Genauso ergibt sich das Porenvolumen Vp aus
x1
nA A(x) dx. Ist der K¨orper statistisch homogen, so ist nA unabh¨angig von x und
x1
kann vor dem Integral geschrieben werden: Vp = nA
x 2 x1
4
A(x) dx = nA V , woraus die
Gleichheit nA = n folgt. Genauso kann man zeigen, dass die Linienporosit¨at gleich der Fl¨achenporosit¨at ist. Bekanntlich hat der Vektor ∇h in kartesischen Koordinaten die Komponenten ∂h/∂x, ∂h/∂y und ∂h/∂z.
5.2 Gesetz von Darcy
49
Δh v Δl
Filter Boden Filter
A Q=v·A
Abb. 5.7 Prinzipskizze zur Gleichung (5.3)
1. Der Boden ist isotrop, d.h. die Durchl¨assigkeit ist in jeder Raumrichtung dieselbe. Dies ist nicht der Fall, wenn der Boden z.B. aus gleichgerichteten Pl¨attchen aufgebaut ist (vgl. Abb. 3.12a). In solchen F¨allen ist das Gesetz von DARCY in tensorieller Form (v = −K∇h) anzuschreiben, was hier nicht weiter verfolgt wird. Es soll nur festgehalten werden, dass bei Tonb¨oden die Durchl¨assigkeit in horizontaler Richtung erheblich gr¨oßer als in vertikaler Richtung sein kann. 2. Sobald die Str¨omung turbulent wird, gilt das DARCY-Gesetz nicht mehr. Nach ¨ F ORCHHEIMER gilt dann das quadratische Gesetz i = Av + Bv 2 . Der Ubergang zu turbulenter Str¨omung erfolgt nach Maßgabe der R EYNOLDS-Zahl Re = vd/μ, wobei v die Filtergeschwindigkeit, d der maßgebende Porendurchmesser ¨ und μ die Viskosit¨at des Wassers ist. Nach PAVLOVSKI erfolgt dieser Ubergang bei Re =
vd10 1 ≈ 7 bis 9 0, 75n + 0, 23 μ
.
¨ Weitere Kriterien f¨ur diesen Ubergang k¨onnen bei K E´ ZDI5 nachgeschlagen werden. 3. F¨ur stark tonige B¨oden setzt eine Grundwasserstr¨omung erst ab i > i0 ein, und es gilt v = k(i − i0 ), vgl. Abb. 5.8. Dieser Effekt ist bei Dichtungsschichten erw¨unscht. 4. Das DARCYsche Gesetz in der Form v = ki bzw. nv f = ki setzt voraus, dass die Bodenk¨orner in Ruhe sind. F¨ur den Fall, dass sich die Bodenk¨orner bewegen, muss im DARCYschen Gesetz die Relativgeschwindigkeit zwischen K¨ornern und Wasser stehen (sog. Gesetz von DARCY-G ERSEVANOV)6 . Sei v s die Geschwindigkeit der Bodenpartikel, dann ist v f − v s die Relativgeschwindigkeit. Somit folgt n(v f − v s ) = ki bzw. mit nv f = v: v − nv s = ki 5
6
.
(5.5)
A. K E´ ZDI, Handbuch der Bodenmechanik, Band 1, S. 132 ff, VEB Verlag f¨ur Bauwesen 1969. Siehe ferner: W. H ERTH und E. A RNDT, Theorie und Praxis der Grundwasserabsenkung, Ernst & Sohn 1985. P.L. I VANOV, Grunty i osnovaniya gidrotekhnicheskikh sooruzhenii, Moskau 1985.
50
5 Grundwasser
Abb. 5.8 Zur Definition des i0 -Gradienten
5.3
Elektroosmose
Das Fließen des Grundwassers wird nicht nur durch Druckgradienten, sondern auch durch Gradienten des elektrischen Potentials (d.h. durch elektrische Felder) hervorgerufen. Dieses Ph¨anomen wird Elektroosmose (electro-osmosis) genannt und beruht darauf, dass im Grundwasser befindliche Ionen (Kationen) von der Kathode angezogen werden und bei ihrer Bewegung dorthin Wassermolek¨ule mitreißen, die aufgrund ihres Dipolmomentes von den Kationen angezogen werden. Bei Ber¨ucksichtigung der Elektroosmose erweitert sich das DARCY-Gesetz auf v = ki + ke E
.
(5.6)
Hierbei ist E die elektrische Feldst¨arke und ke der sog. elektroosmotische Durchl¨assigkeitsbeiwert. Er betr¨agt f¨ur fast alle B¨oden ca. 5 · 10−5 cm2 /V·s.
5.4 Durchl¨assigkeit Die Durchl¨assigkeit k hat die Dimension einer Geschwindigkeit (m/s bzw. cm/s) und ¨ l¨asst sich allenfalls nach der Gr¨oßenordnung bestimmen. Ubliche Werte sind: Bodenart k in m/s Bereich Ton, Lehm < 10−8 sehr schwach durchl¨assig Schluff; Sand lehmig, schluffig 10−8 . . . 10−6 schwach durchl¨assig Feinsand, Mittelsand 10−6 . . . 10−4 durchl¨assig Grobsand, Mittelkies, Feinkies 10−4 . . . 10−2 stark durchl¨assig Grobkies > 10−2 sehr stark durchl¨assig f¨ur grobes Ger¨oll gilt DARCY-Gesetz nicht (turbulente Sr¨omung)! Die Durchl¨assigkeit h¨angt von verschiedenen Faktoren ab, darunter auch von der Z¨ahigkeit μ (und somit auch von der Temperatur) des Porenfluids. Die Porenzahl e beeinflusst die Durchl¨assigkeit, wobei man beachten sollte, dass zwei B¨oden mit gleicher Porosit¨at unterschiedliche Durchl¨assigkeiten haben k¨onnen (vgl. Abb. 5.9).
5.4 Durchl¨assigkeit
51
(b)
(a)
Abb. 5.9 Der (schematisch dargestellte) Boden a hat die gleiche Porosit¨at wie der Boden b, ist jedoch viel durchl¨assiger.
Um diese Faktoren abzusch¨atzen, betrachten wir die Formel von H AGEN -P OISEUILLE f¨ur die laminare Durchstr¨omung eines horizontalen Rohres mit dem Radius r und der L¨ange Δs. Diese Str¨omung wird durch den Druckunterschied Δp angetrieben: k
i
r2 γw Δ(p/γw ) r Δp v= = 4μ Δs 4μ Δs 2
.
(5.7)
Die Analogie zum Boden besteht darin, dass dieser ebenfalls aus Porenkan¨alen aufgebaut ist, wobei letztere allerdings von unregelm¨aßigem Durchmesser und verwunden sind. Man ersieht aus Gleichung (5.7), dass die Durchl¨assigkeit k vom Quotienten μ/γw und somit von den Eigenschaften des Porenfluids abh¨angt.7 Ferner h¨angt sie quadratisch vom mittleren Radius rp (bzw. Durchmesser dp ) der Porenkan¨ale ab. F¨ur einen bestimmten Boden korreliert dp mit dem Durchmesser der K¨orner. Darauf beruht die empirische Formel von H AZEN, die nur f¨ur gleichf¨ormige lockere Sande gilt: k [cm/s] ≈ 100 · (d10 [cm])2
.
Die Abh¨angigkeit der Durchl¨assigkeit von der Porosit¨at n l¨asst sich durch folgende Formel erfassen:8 k=C
n3 (1 − n)2
,
wobei C ein stoffabh¨angiger Faktor ist. Da die Durchl¨assigkeit k auch von der Wichte γ und der Viskosit¨at μ des Porenfluids abh¨angt, benutzt man gelegentlich auch die sog. intrinsische Durchl¨assigkeit k¯ μ (5.8) k¯ = k , γ welche nur eine Eigenschaft des Bodens (bzw. Gesteins) bzw. der Struktur seines Porenraums ist und die Dimension m2 hat. 7
8
Man beachte, dass die Viskosit¨at μ temperaturabh¨angig ist. F¨ur Wasser gilt μ = 1, 31 · ¨ 10−3 Ns/m2 bei T = 10◦ C und μ = 1, 00 · 10−3 Ns/m2 bei T = 20◦ C. Ubliche Angaben f¨ur k beziehen sich auf eine Temperatur von 10◦ C. Siehe G. M ATTHESS und K. U BELL, Allgemeine Hydrogeologie, Grundwasserhaushalt. Lehrbuch der Hydrogeologie Band 1, Gebr¨uder Borntraeger 1983.
52
5 Grundwasser
5.5 Bestimmung der Durchl¨assigkeit im Labor 5.5.1 Versuch mit konstanter Druckh¨ohe Bei relativ durchl¨assigen B¨oden wird der sog. Versuch mit konstanter Druckh¨ohe durchgef¨uhrt. Dabei misst man den Durchfluss Q, der eine Probe mit dem Querschnitt A und der L¨ange Δs infolge des konstant gehaltenen Potentialunterschiedes Δh durchstr¨omt. Aus
Q = Av = Ak
Δh Δs
folgt dann k=
QΔs AΔh
.
5.5.2 Versuch mit ver¨anderlicher Druckh¨ohe Bei wenig durchl¨assigen B¨oden ist der Durchfluss beim Versuch mit konstanter Druckh¨ohe sehr gering und daher kaum messbar. Deshalb wird der sog. Versuch mit variabler Druckh¨ohe durchgef¨uhrt. Man beobachtet dabei das Absinken des Wasserspiegels in einem Standrohr (Abb. 5.10). Zur Herleitung der maßgebenden Gleichung bezeichnen wir die Druckdifferenz h (d.h. h ≡ Δh). Aus der Kontinuit¨atsgleichung (Massenerhaltung des Wassers) folgt −A0
dh h = Av = Ak dt Δs
,
woraus die gew¨ohnliche Differentialgleichung dh Ak =− h dt A0 Δs folgt. Ihre L¨osung lautet: A k t h = h0 exp − A0 Δs bzw. nach t aufgel¨ost: t=
A0 Δs h0 ln Ak h
.
Durch Messung von h zu zwei verschiedenen Zeitpunkten t1 und t2 erh¨alt man dann
5.6 Porenwasserdruck
53
A0 Δs h0 ln , Ak h1 A0 Δs h0 ln , t2 = Ak h2 A0 Δs h1 ln , t 2 − t1 = Ak h2 h1 A0 Δs ln k= A t2 − t 1 h 2 t1 =
.
Es muss hinzugef¨ugt werden, dass im Kontaktbereich zwischen Probe und starrer Wand die Porosit¨at erh¨oht ist (Abb. 5.11 links). Die damit verkn¨upfte Randuml¨aufigkeit verf¨alscht die gemessene Durchl¨assigkeit. Um dies zu vermeiden, werden die Proben oft durch eine Gummimembran seitlich eingefasst und durch einen a¨ ußeren Druck p0 gest¨utzt (Abb. 5.11 rechts).
Q
Δh Filterstein
Q P0
A0 Δs
Gummi− membran Probe
Bereich erhöhter Porosität
Filterstein Q
A
Abb. 5.10 Versuch Druckh¨ohe
mit
Abb. 5.11 Vermeidung der Randuml¨aufigkeit (links) durch Einfassung der Probe in einer Gummivariabler membran
5.6 Porenwasserdruck Der Druck p im Porenwasser spielt in der Bodenmechanik eine wichtige Rolle, da er das Verhalten des Bodens, wie wir sehen werden, entscheidend beeinflussen kann. Bei horizontalem Grundwasserspiegel und ruhendem Grundwasser w¨achst p linear mit der Tiefe z zu: p = γw z
.
Dabei wird die Tiefe z ab dem Grundwasserspiegel gemessen. Gespanntes Grundwasser liegt vor, wenn der Porenwasserdruck gr¨oßer als γw z ist.
54
5 Grundwasser
Bei nichthorizontalem Wasserspiegel und entsprechend str¨omendem Grundwasser kann die Verteilung des Porendruckes (und der Geschwindigkeit) rechnerisch durch Bestimmung des sog. Potentialfeldes (siehe n¨achster Abschnitt) erfolgen. Der Porendruck kann durch ein Standrohr gemessen werden, dessen unteres Ende an die zu messende Stelle angebracht wird. Das Grundwasser steigt dann im Standrohr bis zu der Stelle, die dem Porendruck entspricht. Daher wird der Porendruck oft in Meter Wassers¨aule (mWS) angegeben. Allerdings braucht das Wasser je nach Bodendurchl¨assigkeit einige Zeit, bis es aus dem Boden herausfließt und in das Standrohr aufsteigt. Alternativ zum Standrohr k¨onnen auch Manometer verwendet werden. Ihr Messprinzip beruht darauf, dass durch den Porendruck eine Membran gekr¨ummt wird und diese Kr¨ummung an einer Skala oder elektrisch angezeigt wird. Auch hierf¨ur ist es erforderlich, dass eine bestimmte Menge Wasser aus dem Boden austritt. Daher ben¨otigen alle Druckmessger¨ate (sog. Porendruckaufnehmer) eine Ansprechzeit, die von ihrem Konstruktionsprinzip und der Durchl¨assigkeit des Bodens abh¨angt. Durch undurchl¨assige Schichten kann es zu mehreren Grundwasserstockwerken im Untergrund kommen. Im Bereich z1 < z < z2 (Abb. 5.12) ist die Verteilung des Porenwasserdruckes hydrostatisch: p = γw (z − z1 ). Unmittelbar unterhalb der undurchl¨assigen Schicht (d.h. bei z = z3 ) muss der Porendruck verschwinden, da ab dort der Porenraum nicht ges¨attigt ist. Im Bereich z2 < z < z3 findet eine nach unten gerichtete Grundwasserstr¨omung statt. Sie wird vom Druckunterschied Δh angetrieben. Um Δh auszurechnen, legen wir (willk¨urlich!) die geod¨atische Bezugsh¨ohe bei z = z3 an. Es ist dann h(z = z2 ) = z3 − z2 + z2 − z1 = z3 − z1 geod. H¨ohe
.
Druckh¨ohe
Mit h(z = z3 ) = 0 ergibt sich somit Δh zu z3 −z1 . Die pro Fl¨acheneinheit fließende Wassermenge betr¨agt somit v = ki = k
z 3 − z1 z 3 − z2
,
wobei k die Durchl¨assigkeit der undurchl¨assigen Schicht ist. Im Bereich z3 < z < z4 rieselt das Wasser nach unten und trifft bei z = z4 den unteren Grundwasserspiegel.
5.7 Potentialgleichung Zur Bestimmung der Verteilung des Porendruckes und der Wassergeschwindigkeit von Grundwasserstr¨omungen l¨ost man die Potentialgleichung Δh = 0. Dies ist eine lineare partielle Differentialgleichung, bei der das Symbol Δ nicht (wie
5.7 Potentialgleichung
55 p z1 z2
undurchlässige Schicht z3 γw Δ h z4
z
Abb. 5.12 Porendruckverteilung bei zwei Grundwasserstockwerken
u¨ blich) eine Differenz, sondern den L APLACE-Operator9 darstellt. Aus der Kontinuit¨atsgleichung10 div v = 0 erh¨alt man11 mit v = −k gradh und k = const: div v := div grad h = 0
.
(5.9)
In kartesischen Koordinaten x, y, z lautet diese Gleichung: ∂2h ∂2h ∂2h + 2 + 2 =0 ∂x2 ∂y ∂z
.
Die L¨osung dieser Differentialgleichung, d.h. die Funktion h(x, y, z), liefert die Verteilung des Porendruckes und (¨uber das Gesetz von DARCY) der Wassergeschwindigkeit im betrachteten Gebiet. Es gibt verschiedene Verfahren zur L¨osung dieser 9
In kartesischen Koordinaten lautet der L APLACE-Operator Δ=
10
.
Diese Gleichung erh¨alt man durch Bilanzierung der ein- und austretenden Wassermengen durch ein Volumenelement mit den Kantenl¨angen dx, dy und dz. Durch die Fl¨ache dydz fließt in der Zeiteinheit die Wassermenge vx dydz in das Element ein. Durch die in der x Entfernung dx gelegene gleich große Fl¨ache fließt die Menge (vx + ∂v dx)dydz aus. Es ∂x ∂vx verbleibt also netto die Menge ∂x dxdydz. Durch Ber¨ucksichtigung der Geschwindigkeitskomponenten vy und vz , und der Tatsache, dass – bei Fehlen von Quellen und Senken – in das Volumenelement genauso viel einfließt, wie daraus abfließt, erh¨alt man div v =
11
∂2 ∂2 ∂2 + + 2 2 2 ∂x ∂y ∂z
∂vx ∂vy ∂vz + + =0 ∂x ∂y ∂z
.
Die Schreibweisen ∇ und ∇ · v sind a¨ quivalent zu grad h und div v.
56
5 Grundwasser
Differentialgleichung wie konforme Abbildung (f¨ur ebene Probleme) und numerische Verfahren wie z.B. finite Elemente.
ΔH
undurchlässige Schicht
Abb. 5.13 Grundwasserstr¨omung unterhalb eines Wehrs
F¨ur ebene Probleme (d.h. bei Problemen, bei denen eine Raumrichtung keine Rolle spielt und h z.B. nur von x und z abh¨angt) kann man ein grafisches Verfahren anwenden, das auf der zeichnerischen Konstruktion des sog. Potentialnetzes beruht. Dies soll anhand eines Beispiels gezeigt werden: Wir betrachten die Grundwasserstr¨omung unterhalb eines Wehrs (Abb. 5.13). Die Lage der Wasserspiegel ober- und unterhalb des Wehrs soll konstant bleiben. Das Wehr ist im durchl¨assigen Boden errichtet, darunter liegt eine undurchl¨assige Schicht. Die Konstruktion des Potentialnetzes besteht darin, die (bzw. einige) Stromlinien und die (bzw. einige) Potentiallinien zu zeichnen. Die Stromlinien haben u¨ berall die Richtung der Wassergeschwindigkeit. F¨ur den hier betrachteten station¨aren Fall sind sie zugleich die Bahnkurven von einzelnen Wasserteilchen (Abb. 5.14).
Stromlinien
undurchlässige Schicht
Abb. 5.14 Stromlinien
5.7 Potentialgleichung
57
¨ Die Potentiallinien (auch Aquipotentiallinien genannt) sind Linien gleichen Potenti12 als , d.h. es gilt f¨ur sie h = const. Wegen v = −k grad h sind die Potentiallinien orthogonal zu den Stromlinien, siehe Abbildung 5.15. Die Stromlinien und die Po-
Potentiallinien
undurchlässige Schicht
Abb. 5.15 Potentiallinien
tentiallinien bilden ein Netz, dessen Maschen konform (d.h. winkeltreu) deformierte Rechtecke sind. Die einzelnen Rechtecke“ haben die L¨ange Δs und die Breite Δb. ” Es ist zweckm¨aßig, das Netz so zu zeichnen, dass die Rechtecke ann¨ahernd Quadrate sind, d.h. dass Δs ≈ Δb gilt, siehe Abbildung 5.16. Die Konstruktion eines
Δs
Δb
undurchlässige Schicht
Abb. 5.16 Quadratisches Potentialnetz
¨ quadratischen Potentialnetzes gelingt mit etwas Ubung und durch Probieren (unter Verwendung von Bleistift und Radiergummi). Sehr hilfreich ist dabei, wenn man auch die Diagonalen der Quadrate mitzeichnet (in Abb. 5.16 strichliert eingetragen), die selbst auch ein orthogonales Netz bilden. Ist das Potentialnetz gezeichnet, so k¨onnen wir mit seiner Hilfe folgende Aufgaben l¨osen: 12
Die Energieh¨ohe h wird auch Potential“ genannt. ”
58
5 Grundwasser
Bestimmung der Sickermenge: Die gesamte Wassermenge, die pro Zeiteinheit und pro Breiteneinheit infolge des Spiegelunterschieds ΔH (Abb. 5.13) unterhalb des Wehrs durchsickert, l¨asst sich wie folgt absch¨atzen: Der Bereich zwischen zwei benachbarten Stromlinien wird Stromr¨ohre genannt. Die Durchflussmenge innerhalb einer Stromr¨ohre bleibt konstant, d.h. es gilt (Kontinuit¨atsgleichung) vΔb = const , woraus dann folgt (DARCY-Gesetz): k
Δh Δb = const Δs
Δh =
Δs const Δb k
.
F¨ur ein quadratisches Netz ist Δs ≈ Δb, und man erh¨alt daher: Δh =
const k
.
Dies bedeutet, dass (f¨ur ein quadratisches Netz) der Potentialabbau Δh zwischen zwei benachbarten Potentiallinien konstant ist. Pro Potentialstufe betr¨agt er Δh =
ΔH n
,
wobei n die Anzahl der Potentialstufen ist. n kann aus dem Potentialnetz der Abbildung 5.16 abgelesen werden. Daraus kann man auch die Anzahl m der Stromr¨ohren ablesen (aus Abb. 5.16 folgt: n = 13, m = 3). Somit betr¨agt der Durchfluss Q Q = m vΔb = mkΔh = const
m kΔH n
.
(5.10)
Da nach Gleichung (5.10) nur der Quotient m/n f¨ur Q maßgebend ist, lohnt es sich nicht, ein u¨ bertrieben dichtmaschiges Potentialnetz zu zeichnen. Die dadurch gewonnene Genauigkeit ist angesichts der ungenauen Kenntnis von k sinnlos. Druckverteilung auf das Wehr: Anhand des Potentialnetzes kann man an jeder Stelle der Unterkante des Wehrs die Energieh¨ohe h bestimmen. Da die geod¨atische H¨ohe z bekannt ist, kann die dort herrschende Druckh¨ohe p/γw aus h − z errechnet werden.
5.8 Grundwasserspiegel Das Beispiel aus Abbildung 5.13 ist besonders einfach, weil dort kein Grundwasserspiegel vorkommt. Der Grundwasserspiegel ist ein sog. freier Rand, und die Bestimmung seiner Lage stellt eine zus¨atzliche Schwierigkeit dar. Es werden nachfolgend der station¨are (d.h. zeitlich unver¨anderliche) und der (erheblich schwierigere) instation¨are Fall separat behandelt.
5.8 Grundwasserspiegel
59
5.8.1 Station¨arer Fall Der Grundwasserspiegel ist der Rand einer Str¨omung, an welchem der hydrostatische Druck verschwindet: p = 0. F¨ur ebene station¨are Probleme ist der Grundwasserspiegel eine Stromlinie, und die Gleichung p = 0 legt seine Lage fest. Bei der zeichnerischen Konstruktion des Potentialnetzes muss der freie Grundwasserspiegel so lange variiert werden, bis p = 0 erf¨ullt ist. Dazu helfen folgende Hinweise: 1. Wegen p = 0 gilt f¨ur den Grundwasserspiegel Δh = Δz. F¨ur ein quadratisches Potentialnetz ergeben sich daraus konstante Δz f¨ur die Potentiallinien (Abb. 5.17). Δh Δh Δh Δh
Abb. 5.17 F¨ur den Grundwasserspiegel gilt im station¨aren Fall Δh = Δz = const.
2. Fließt das Wasser von einem Reservoir in den Boden ein, so muss der Grundwasserspiegel (der zugleich eine Stromlinie ist) senkrecht zur Begrenzungslinie (die zugleich eine Potentiallinie ist) sein (Abb. 5.18). Diese Regel gilt nur solange
h
=
co
ns
t.
freier Grund− wasserspiegel
α undurchlässig
Abb. 5.18 Der freie Grundwasserspiegel ist normal zur wasserseitigen B¨oschungskante.
α ≤ 90◦ ist. Der Fall α > 90◦ ist durchaus denkbar, z.B. bei einer Vorsch¨uttung aus sehr grobem Material, das dem Fließen des Grundwassers praktisch keinen Widerstand leistet (Abb. 5.19). Hier kann der Grundwasserspiegel im Erddamm nicht senkrecht zur Potentiallinie AB stehen, denn dies w¨urde fließen nach oben bedeuten, was unm¨oglich ist. Dieser Widerspruch wird dadurch gel¨ost, dass der Grundwasserspiegel bei B horizontal verl¨auft (also nicht senkrecht zur Potentiallinie) und die Geschwindigkeit v am Punkt B verschwindet.
60
5 Grundwasser grobes Material B
undurchlässig
α A
Abb. 5.19 Grundwasserspiegel f¨ur α > 90◦
3. Endet die Grundwasserstr¨omung an der Luft, so bildet sich eine sog. Sickerstrecke. Diese ist weder Potential- noch Stromlinie (Abb. 5.20). Fließt das Grundwasser in einen darunter liegenden Filter ein, so ist am zugeh¨origen Rand die Geschwindigkeit (und somit auch der Grundwasserspiegel) vertikal (Abb. 5.21). 5.8.2 Annahme von Dupuit Bei der mathematischen Behandlung wird oft die Annahme von D UPUIT herangezogen.13 Danach ist das hydraulische Gef¨alle i gleich der Neigung des Grundwasserspiegels (also bei ebener, station¨arer Str¨omung: i = − dh dx ), und die Horizontalkomponente der Filtergeschwindigkeit ist u¨ ber die Tiefe z konstant. Somit spielt z als freie Variable kaum eine Rolle mehr. Implikationen dieser Annahme sind: 1. die Potentiallinien sind vertikal, 2. die Druckverteilung ist hydrostatisch. Die Annahme von D UPUIT ist nicht statthaft (i) bei stark geneigtem Grundwasserspiegel (vgl. Abbildungen 5.20 und 5.13) und (ii) bei Zufluß von oben, etwa infolge von Niederschl¨agen.
A
A
B
α
B
undurchlässig
Abb. 5.20 Sickerstrecke
5.8.3
Instation¨arer Grundwasserspiegel
Die Lage des Grundwasserspiegels ist gegeben durch: z = h(x, y, t) oder F := ∂y ∂z h(x, y, t)−z = 0.14 Mit den Komponenten ∂x ∂t , ∂t , ∂t der Abstandsgeschwindigkeit 1 dF ∂F ∂x ∂F ∂y ∂F ∂z f v = n v und der Porosit¨at n erh¨alt man f¨ur dt = ∂F ∂t + ∂x ∂t + ∂y ∂t + ∂z ∂t = 0: 13 14
Sie entspricht der sog. Flachwasserapproximation von DE S AINT V ENANT. Die Entwicklungen in diesem Abschnitt sind an P.Ya. P OLUBARINOVA KOTSCHINA, Theoriya Dvizheniya Gruntovykh Vod, Nauka, Moskau 1977, angelehnt.
5.8 Grundwasserspiegel
61 grobe Felsschüttung
grobe Felsschüttung
α undurchlässig
undurchlässig
Abb. 5.21 Einm¨unden in Filter
n
∂h ∂h ∂h + vx + vy − v z = 0 ∂t ∂x ∂y
,
(5.11)
wobei vx , vy , vz die Komponenten der Filtergeschwindigkeit v sind. F¨ur eine ebene ∂ Str¨omung ( ∂y = 0) folgt daraus: vz n ∂h ∂h + . = vx ∂x vx ∂t
(5.12)
Demnach kann nur f¨ur den station¨aren Fall ( ∂h ∂t = 0) der Grundwasserspiegel eine Stromlinie sein. Mit der Energieh¨ohe p/γw + z ist die Filtergeschwindigkeit gegeben durch v = ∇φ, wobei φ = −k(p/γw + z) das sog. Geschwindigkeitspotential ist. Am Grundwasserspiegel ist p = 0, es gilt daher dort φ(x, y, h, t) = −kh. Jetzt wird die Annahme von D UPUIT herangezogen: Die horizontalen Geschwindigkeitskomponenten vx und vy h¨angen nicht von der H¨ohe z ab. Dann folgt aus divv = 0:
z ∂vx ∂vx ∂vz ∂vy ∂vy =− + vz (z) − vz (z = 0) = − + dz . ∂z ∂x ∂y ∂x ∂y 0 (5.13) Mit vz := vz (z) und vz0 := vz (z = 0) ergibt sich daraus eine lineare Beziehung zwischen vz und z: ∂vx ∂vy vz = − + z + vz0 . (5.14) ∂x ∂y Da der Gleichung (5.14) eine Mittelung u¨ ber die Tiefe zugrunde liegt, kann man in vz0 Beitr¨age infolge einer vertikalen Einspeisung von unten einschließen. ∂h Jetzt setzen wir in Gleichung (5.11) vx = −k ∂h ∂x und vy = −k ∂y ein: 2 2 ∂h ∂h ∂h −k + (5.15) − vz = 0 n ∂t ∂x ∂y und anschließend dr¨ucken wir vz mit Gleichung (5.14) und z = h aus: 2 2 2 ∂h ∂h ∂ h ∂2h ∂h n −k + + − kh − vz0 = 0 . ∂t ∂x ∂y ∂x2 ∂y 2
(5.16)
∂h ∂h 2 2 ∂ h ∂x = ∂x + h ∂∂xh2 f¨uhrt schließlich zur DifferentialBer¨ucksichtigung von ∂x gleichung von B OUSSINESQ:
62
5 Grundwasser
∂h k ∂ ∂h ∂ ∂h vz0 = h + h + ∂t n ∂x ∂x ∂y ∂y n
(5.17)
bzw.
∂h k vz0 = div(h∇h) + , (5.18) ∂t n n wobei div und ∇ in den horizontalen Koordinaten x und y bzw. r und φ zu nehmen sind. Mit h∇h = 12 ∇h2 erh¨alt man daraus die sog. Por¨ose-Medien-Gleichung (porous media equation)15 ∂h k k vz0 vz0 = div(∇h2 ) + = Δh2 + , ∂t 2n n 2n n
(5.19)
wobei Δ der r¨aumliche L APLACE-Operator ist.
5.9 Absenkung des Grundwasserspiegels durch Brunnen und Gr¨aben Wenn aus einem Brunnen Wasser mit der Rate Q abgepumpt wird, senkt sich der Grundwasserspiegel in der Umgebung des Brunnens ab. Das Problem ist axialsymmetrisch, und der L APLACE-Operator in Polarkoordinaten lautet f¨ur diesen Fall: ∂2 1 ∂ Δ = ∂r 2 + r ∂r . 5.9.1 Station¨are L¨osung In der Geotechnik hat sich die Annahme von Stationarit¨at etabliert. Mit ∂h/∂t = vz0 /n = 0 erh¨alt man aus Gleichung (5.19): Δh2 =
d 2 h2 1 dh2 =0 + dr2 r dr
.
(5.20)
Diese gew¨ohnliche Differentialgleichung l¨asst sich leicht integrieren:16 h2 − h20 = c ln
r r0
.
(5.21)
2
Q dh Mit Q = 2πrhk dh dr = πrk dr folgt c = 2πk , woraus die Brunnengleichung von T HIEM folgt:17 r Q ln h2 − h20 = . (5.22) 2πk r0 15
16 17
Die allgemeine Form dieser partiellen Differentialgleichung ist ∂h/∂t = cΔhm . Sie gilt z.B. f¨ur die Str¨omung von Gas in einem por¨osen Medium. Das Gesetz von DARCY lautet hierf¨ur: v = −k ∇p mit p = p0 ργ . Einsetzen in die Gleichung der Massenbilanz, ρt + div(ρv) = 0, liefert: ρt = cΔργ+1 . Man setze Y = dh2 /dr. Diese Gleichung wird auch F ORCHHEIMER zugeschrieben.
5.9 Absenkung des Grundwasserspiegels durch Brunnen und Gr¨aben
63
Diese Gleichung liefert h → ∞ f¨ur r → ∞. Diese Inkonsistenz weist darauf hin, dass eigentlich keine Stationarit¨at angenommen werden darf. Zur Bestimmung der erforderlichen Pumprate werden oft die Werte r0 f¨ur den Brunnenradius, h0 f¨ur die Grundwasserspiegelh¨ohe am Brunnen, h f¨ur die H¨ohe des nicht abgesenkten GWSpiegels und f¨ur r ein empirischer Ausdruck f¨ur die Reichweite R der Absenkung nach S ICHARDT genommen. Dieser Ausdruck ist wohl kaum u¨ berpr¨ufbar, ist aber auch recht unbedeutend, da er im Logarithmus erscheint. Viel mehr schl¨agt ins Gewicht die Ungenauigkeit bei der Bestimmung der Durchl¨assigkeit k im Labor. Deshalb versucht man, k in situ zu messen bzw. die erforderliche Pumpmenge zu bestimmen. Pumpt man von einem Brunnen die Rate Q1 heraus und erzielt damit die Absenkung auf h1 , so wird man mit der Pumprate Q2 die Absenkung auf h2 erreih2 −h21 1 chen. Nach Gleichung (5.22) gilt Q Q2 = h2 −h22 . F¨ur eine station¨are ebene Str¨omung (z.B. Str¨omung zu einem Graben, vgl. Abb. 5.22) mit vz0 = 0 liefert Gleichung (5.17): √ d dh h = 0 h = c 1 x + c2 . (5.23) dx dx Auch hierf¨ur gilt, dass h → ∞ f¨ur x → ∞.
z
x Abb. 5.22 Einseitiger Grabenzufluss
5.9.2
L¨osung der instation¨aren linearisierten Gleichung
Wir vernachl¨assigen wieder den Quellterm vz0 und schreiben Gleichung (5.19) in Polarkoordinaten: ∂h k k k ∂ 2 h2 1 ∂h2 = div(∇h2 ) = Δh2 = . (5.24) + ∂t 2n 2n 2n ∂r2 r ∂r ¯ = const ein und schreiZur Linearisierung f¨uhren wir eine mittlere Spiegelh¨ohe h ben:
64
5 Grundwasser
¯ ∂h2 ∂h 1 ∂h2 2h ∂h ¯ ∂h + 2h ∂h = 2h ≈ 2 h + + ∂r2 r ∂r ∂r2 r ∂r ∂r2 r ∂r Somit ist ∂h ≈a ∂t
∂ 2 h 1 ∂h + ∂r2 r ∂r
mit
¯ hk n
a :=
.
.
(5.25)
(5.26)
Durch Einf¨uhrung der dimensionslosen Variablen ξ = r2 /(4at) l¨asst sich diese partielle Differentialgleichung in eine gew¨ohnliche u¨ berf¨uhren: ξ
dh d2 h =0 + (1 + ξ) 2 dξ dξ
.
(5.27)
F¨ur die Randbedingung h(r, t = 0) = h0 = const und einen Brunnen mit verschwindendem Radius rB = 0, aus welchem die konstante Menge Q herausgepumpt wird, lautet die L¨osung:18 Q r2 (5.28) h(r, t) = h0 + Ei − 4πkh0 4at ∞ mit Ei(−x) := − x e−ξ dξ ξ . Betrachtet man einen Brunnen mit nichtverschwindendem Radius rB > 0 (Abb. 5.23), so variiert bei konstanter F¨orderrate Q der Q rB
h0 h hB
r
Abb. 5.23 Brunnen zur Grundwasserabsenkung
Wasserspiegel hB im Brunnen mit der Zeit:19 hB (t) = h0 + 18 19
Q r2 Ei − B 4πkh0 4at
.
(5.29)
Diese L¨osung wird C.V. T HEIS zugeschrieben. Entsprechend der Annahme von D UPUIT gibt es keine Sickerstrecke am Brunnenrand.
5.9 Absenkung des Grundwasserspiegels durch Brunnen und Gr¨aben
65
F¨ur 0 < x < e−C gilt folgende N¨aherung f¨ur die Integralexponentialfunktion: Ei(−x) = ln x + C, wobei C = 0, 577 die sog. E ULER-Konstante ist. Somit haben wir f¨ur 0 < r2 /(4at) < e−C = 0, 52: Q 4at 2, 55at Q ln 2 − C = h0 − ln . (5.30) h(r, t) ≈ h0 − 4πkh0 r 4πkh0 r2 Setzt man hierin r = rB , so liefert diese Gleichung eine Beziehung zwischen der Absenkung in einem Brunnen s := h0 − h und der Zeit t bei konstanter F¨orderrate Q: s = A + B ln t mit
A=
2, 25a Q ln 2 4πkh0 rB
und
B=
Q . 4πkh0
(5.31)
Tr¨agt man s-t-Wertepaare in einem halblogarithmischen Diagramm auf, kann man die Gerade s = A + B ln t ermitteln und daraus die Durchl¨assigkeit k der Schicht absch¨atzen.20
5.9.3 Anwendbarkeit des Gesetzes von DARCY bei Str¨omungen mit dv/dt = 0 Streng genommen darf das Gesetz von DARCY nur bei beschleunigungsfreien Str¨omungen (dv f /dt = 0) angewandt werden, d.h. bei Str¨omungen, die station¨ar (∂v f /∂t = 0) und homogen (d.h. v f =const) sind. Bei Str¨omungen mit dv f /dt = 0 muss anstelle des Gesetzes von DARCY (bzw. von DARCY-G ERSEVANOV) die volle Gleichung der Impulserhaltung f¨ur das Fluid angeschrieben werden (wobei hier der Wasserdruck p als positiv bei Kompression angesetzt wird): f
dv f = −n∇p + f g − κ(v f − v s ) dt
,
(5.32)
mit κ = f g
n2 n = f g k k
,
aus welcher das Gesetz von DARCY-G ERSEVANOV f¨ur den Sonderfall dv f /dt = 0 folgt. Wenn die z-Koordinate nach oben zeigt, dann gilt: n1 f g = f g = −∇(γ f z). p Damit und mit h = f + z folgt aus Gleichung (5.32) f¨ur v s ≈ 0: γ k dv f = −k∇h − vf g dt 20
Zur u¨ berschl¨agigen Bestimmung der Durchl¨assigkeit in situ gibt es auch eine Vielzahl von sog. Standrohrversuchen, bei denen entweder das Absinken des Wasserspiegels in einem Standrohr oder diejenige Speisung, die zur Aufrechterhaltung einer Wasserspiegelh¨ohe erforderlich ist, beobachtet und empirisch ausgewertet werden.
66
5 Grundwasser
bzw. vf = −k∇h −
k dv f g dt
,
(5.33)
woraus der Unterschied zum Gesetz von DARCY ersichtlich wird. Die Bedingung f¨ur die Anwendbarkeit des Gesetzes von DARCY l¨asst sich wie folgt spezifizieren:21 Wir setzen vf = vD +v1 mit vD := −k∇h als die Geschwindigkeit nach DARCY in Gleichung (5.33) ein und erhalten f¨ur v1 (v1 stellt die Abweichung vom DARCY-Gesetz dar): v1 = −
k d (−k∇h + v1 ) ng dt
.
(5.34)
d Ist (k∇h) ≈ 0, so erh¨alt man aus Gleichung (5.34), dass v1 mit e−ngt/k (also dt sehr schnell) abklingt.
5.10
Anisotrope Durchl¨assigkeit
Die Durchl¨assigkeit ist anisotrop, wenn sie nicht in allen Richtungen denselben ∂h , und kij ist der Wert aufweist. Das Gesetz von DARCY lautet dann vi = −kij ∂x j Durchl¨assigkeitstensor. Bei Erdd¨ammen ist, allein schon durch den lagenweisen Einbau, die horizontale Durchl¨assigkeit kh gr¨oßer als die vertikale kv . Das Verh¨altnis kh /kv ist schwer zu messen, kann aber durchaus im Bereich zwischen 1 und 100 liegen. Laminare Str¨omung in Kl¨uften kann als C OUETTE-Str¨omung angesehen werden. ¨ Wenn die Kl¨ufte parallel im Abstand s und mit der Offnungsweite b angeordnet sind, dann ist die Durchl¨assigkeit in Richtung der Kl¨ufte: k=
b3 ρg · μ 12s
z.B. f¨ur s = 1 m und b = 0, 1 mm ist k ≈ 10−6 m/s; f¨ur s = 1 m und b = 1 mm ist ¨ von 10 μm. k ≈ 10−3 m/s. Das kubische Gesetz (k ∝ b3 ) gilt bis zu Offnungsweiten Wenn diese Durchl¨assigkeit u¨ ber die Felsmasse homogenisiert (verschmiert) wird, ergibt sich die tensorielle Beziehung vi = −kij
∂h ∂xj
mit
ρg b3 (δij − ni nj ) . μ 12s δij ist hierbei das K RONECKER-Symbol, und ni ist der Normaleneinheitsvektor zu den Kl¨uften. kij =
21
P.Ya. Polubarinova-Kochina, Theory of Ground Water Movement, Princeton University Press 1962, S. 23.
5.11 Transport im Grundwasser
67
5.11 Transport im Grundwasser In der Umweltgeotechnik spielt der Transport (Ausbreitung) von Schadstoffen im Grundwasser eine große Rolle. Der wesentliche Transportmechanismus ist die Konvektion (advection), d.h. die eingetragenen (Schad)Stoffe werden vom str¨omenden Grundwasser mitgenommen. Die Konvektion wird beschrieben durch die Gleichung ∂c/∂t + ∇ · (cv) = 0, welche die Massenerhaltung des Schad- bzw. Markierungsstoffes ausdr¨uckt. c ist die Konzentration dieses Stoffes. W¨are die Konvektion der einzige Transportmechanismus, so m¨usste ein Stoff, etwa ein Farbstoff (tracer), der in eine Stromr¨ohre eingetragen w¨are, best¨andig in dieser Stromr¨ohre bleiben. Tats¨achlich durchquert der Markierungsstoff die Stromlinien, die die Stromr¨ohre begrenzen (Abb. 5.24). Es gibt zwei Gr¨unde daf¨ur: Markierungsstoff
undurchlässige Schicht
Abb. 5.24 Transport durch Grundwasserstr¨omung
Molekulare Diffusion: Sie ist bedingt durch die thermische Anregung der einzelnen Molek¨ule und f¨uhrt zur sog. B ROWNschen Molekularbewegung. Sie wird beschrieben durch die Differentialgleichung q = −nD ∇c. Hierbei ist c die Konzentration des Markierungsstoffes und q seine Stromdichte (d.h. die Menge des Markierungsstoffes, die in der Zeiteinheit eine Fl¨acheneinheit durchfließt). D ist der Diffusionskoeffizient. Die molekulare Diffusion bewirkt einen Transport auch in ruhendem Grundwasser. Im Vergleich zur Diffusion im freien Wasser (Diffusionskoeffizient D0 ) gilt f¨ur die Diffusion im Porenraum D = D0 /λ2 , wobei λ die sog. Tortuosit¨at ist.22 Bezogen auf zwei beliebige Punkte mit dem Abstand a ist λ = b/a, wobei b die L¨ange der k¨urzesten Verbindungskurve im Porenraum ist. Hydrodynamische Dispersion: Sie beruht auf der Tatsache, dass die Wassergeschwindigkeit v bzw. v f nur ein zeitlicher und o¨ rtlicher Mittelwert ist. Die tats¨achliche Geschwindigkeit schwankt (fluktuiert) um diesen Wert infolge des 22
A. L ESNE, M. L AGU E¨ S, Scale Invariance, Springer 2012.
68
5 Grundwasser
k¨ornigen Aufbaus des Bodens (Abb. 5.25). Die durch die hydrodynamische Dispersion bedingte Stromdichte qh wird ebenfalls als proportional zum Konzentrationsgradienten ∇c angesetzt: qh = −Dh ∇c. Dh ist der sog. hydrodynamische Dispersionstensor. Darauf soll hier nicht n¨aher eingegangen werden.
Abb. 5.25 Tats¨achliche Wassergeschwindigkeit
5.12 Str¨omungskraft Durch die Str¨omung des Grundwassers erfolgt ein Abbau des Porendruckes in Str¨omungsrichtung. Dabei wird der Porendruck auf das Kornger¨ust umgelagert, das dadurch eine zus¨atzliche Belastung erf¨ahrt. Diese Belastung wird Str¨omungskraft genannt und ist eine Volumenkraft, d.h. eine u¨ ber das Volumen verteilte Kraft (¨ahnlich wie z.B. die Schwerkraft). Sie hat dementsprechend die Dimension Kraft/(L¨ange)3 . Die Str¨omungskraft und ihre m¨oglichen Auswirkungen werden im Abschnitt Span” nungen im Boden“ n¨aher betrachtet.
5.13 Filter Der Fluss des Grundwassers kann durch das Einbauen von besonders durchl¨assigen Schichten, den sog. Filtern, beeinflusst werden. Damit die Filter hydraulisch wirksam sind, m¨ussen sie eine erheblich gr¨oßere Durchl¨assigkeit als der angrenzende Boden haben. Wenn man als repr¨asentativ f¨ur die Porengr¨oße den Durchmesser d15 aus der Kornverteilungskurve betrachtet, so folgt aus der Forderung der hydraulischen Wirksamkeit, dass der Durchmesser D15 des Filters erheblich gr¨oßer als der Durchmesser d15 des angrenzenden Bodens sein muss. T ERZAGHI hat das Kriterium der hydraulischen Wirksamkeit wie folgt spezifiziert: !
D15 > (4 bis 5) d15
.
Außer der hydraulischen Wirksamkeit muss man aber auch die sog. mechanische Wirksamkeit beachten. Durch die Wirkung des str¨omenden Wassers (Str¨omungs-
5.14 Durchl¨assigkeit von Fels
69
kraft) k¨onnen n¨amlich Partikel aus dem angrenzenden Boden herausgel¨ost und entfernt werden (sog. innere Erosion oder Suffosion) und in die Hohlr¨aume des Filters abgelagert werden (sog. Kolmatation oder Kolmation). Um dies zu verhindern, m¨ussen die Hohlr¨aume des Filters (wieder repr¨asentiert durch D15 ) erheblich kleiner sein als die gr¨obsten Partikel des angrenzenden Bodens. Letztere k¨onnen durch d85 repr¨asentiert werden. Das Kriterium der mechanischen Wirksamkeit (Stabilit¨at) lautet nach T ERZAGHI: !
D15 < (4 bis 5) d85
.
(5.35)
Grenzt der Boden gegen ein gelochtes (Durchmesser d) oder geschlitztes (Schlitzweite a) Drainrohr, so ist die mechanische Stabilit¨at gegeben, sofern: d < 1, 2 d85
bzw.
a < 1, 4 d85
.
Um die Filterkriterien zu erf¨ullen, muss man oft mehrere Bodenschichten mit verschiedenem Aufbau aufeinanderschichten (sog. abgestufte Filter). Die Funktion von Filtern wird heute immer mehr von Geotextilien u¨ bernommen.
5.14 Durchl¨assigkeit von Fels Fels (Festgestein) ist por¨os und dementsprechend durchl¨assig. Allerdings ist die Porosit¨at viel geringer als bei Lockergesteinen (Boden), bei magmatischen und metamorphen Gesteinen ist sie kaum gr¨oßer als 2%, bei Sandstein betr¨agt sie 1-5%, bei einigen por¨osen Kalksteinen kann sie Werte bis 50% erreichen. Die hier angesprochene Porosit¨at geht auf Poren zur¨uck, die gleichm¨aßig im Gestein verteilt sind (’prim¨are Porosit¨at’). Die sog. sekund¨are Porosit¨at geht auf allf¨allige offene Kl¨ufte zur¨uck und ist oft die haupts¨achliche Wasserwegigkeit im Festgestein. Eine weitere Art von Poren im Festgestein geht auf die Aufl¨osung von Gestein durch fließendes Grundwasser zur¨uck. Besonders wasserl¨oslich sind Evaporite (Mineralsalz, Gips und Anhydrit), gefolgt von Kalkstein und Dolomit. Es kann so zur Bildung von riesigen Hohlr¨aumen (sog. Karst-Ph¨anomene) kommen. Auch f¨ur Festgestein gilt das Gesetz von DARCY, v = ki bzw. v = −k grad h, wobei k oft ’hydraulische Leitf¨ahigkeit’ genannt wird. Die Durchl¨assigkeit wird in situ mit diversen Wasserabpressversuchen ermittelt. Dabei wird Wasser in einen Bereich eines Bohrlochs hineingepumpt, der von zwei Packern begrenzt wird.23 Die bei einem Druck von 1MPa (=10 bar) hineingepumpte Menge Q (in l/min) pro Meter Eintragsl¨ange wird als L UGEON-Wert bezeichnet. Aus dem L UGEON-Wert kann man kaum auf die Durchl¨assigkeit des Gebirges schließen, wohl aber auf das Vorhandensein offener Kl¨ufte (L UGEON < 1: geschlossene Kl¨ufte, L UGEON > 50: viele offene Kl¨ufte). 23
Siehe z.B. R. F ELL et al., Geotechnical Engineering of Dams, Balkema 2005, sowie B. O DENWALD u.a., Grundwasserstr¨omung – Grundwasserhaltung, Grundbau-Taschenbuch, 7. Auflage, Teil 2, Ernst & Sohn 2009, S. 485–654.
6 Spannungen im Boden
6.1 Spannung Die Spannung ist eine physikalische Gr¨oße, die nicht durch eine einzelne Zahl angegeben werden kann. Um sie anzugeben, werden ben¨otigt: 1. ein Koordinatensystem x, y, z 2. 6 voneinander unabh¨angige Zahlen, n¨amlich die Spannungskomponenten σxx , σyy , σzz , σxy ≡ σyx , σxz ≡ σzx , σyz ≡ σzy , die in Bezug auf das erw¨ahnte Koordinatensystem definiert sind. Wenn wir einen K¨orper gedanklich schneiden, so legen wir an jeden Punkt der Schnittebene einen Spannungsvektor (= Kraft durch Fl¨ache) σ frei (Abb. 6.1). σn
σ
τ
Abb. 6.1 Spannungsvektor σ und seine Komponenten σn und τ
Diesen kann man zerlegen in die Normalspannung σn und die Schubspannung τ . Die Spannungskomponenten, die auf drei zueinander senkrechte Ebenen wirken (Abb. 6.2), werden u¨ blicherweise in einer Matrix zusammengefasst: ⎞ σxx σxy σxz ⎝ σxy σyy σyz ⎠ σxz σyz σzz ⎛
.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_6
(6.1)
72
6 Spannungen im Boden
Die Spannungskomponenten mit den gemischten Indizes stellen Schubspannungen dar, die Spannungen in der Hauptdiagonalen (σxx , σyy , σzz ) stellen Normalspannungen dar. Eine Normalspannungskomponente kann als Zug oder Druck wirken. In der Mechanik betrachtet man per Konvention Zugspannungen als positiv, w¨ahrend in der Bodenmechanik Druckspannungen als positiv betrachtet werden (z.B. ist 5 kN/m2 eine Druckspannung und −3 kN/m2 eine Zugspannung). Schubspannungskomponenten werden oft mit dem Buchstaben τ symbolisiert. σ zz
σ xz
σ yz
σ zx
σ zy z y
σ yy
σ xy
σ yx
σ xx
x
Abb. 6.2 Spannungskomponenten bez¨uglich des x-y-z-Koordinatensystems
In der Matrix (6.1) wurde bereits ber¨ucksichtigt, dass die zugeordneten Schubspannungen gleich sind (σxy = σyx usw.). Das Koordinatensystem und die 6 voneinander unabh¨angigen Spannungskomponenten legen den Spannungszustand vollst¨andig fest, d.h. man kann aus ihnen die Normal- und Schubspannungen berechnen, die auf einer beliebig gerichteten Schnittebene wirken. Es lassen sich immer drei (zueinander senkrechte) Ebenen finden, auf denen nur Normalspannungen wirken. Diese Spannungen heißen Hauptspannungen, die entsprechenden Richtungen Hauptrichtungen.
6.2 Spezielle Spannungszust¨ande Ebener Spannungszustand: Alle Spannungskomponenten mit einem bestimmten Index (z.B. y) verschwinden, d.h. σyy = σxy = σyz = 0. Dieser Spannungszustand kommt bei Scheiben vor, ist jedoch f¨ur die Geotechnik irrelevant. Ebene Verformung: Wenn die Verschiebungen keine Komponenten in y-Richtung haben, so vereinfacht sich der Spannungszustand (6.1) auf ⎞ ⎛ σxx 0 σxz ⎝ 0 σyy 0 ⎠ , σxz 0 σzz d.h. es verschwinden die Komponenten σxy und σyz . Dieser Fall ist f¨ur die Geotechnik sehr wichtig (z.B. langgestreckte B¨oschungen, Streifenfundamente).
6.3 Das Diagramm von Mohr
73
Axialsymmetrie: Bei Problemen mit Axialsymmetrie (z.B. Sch¨achte, Pf¨ahle) wird der Spannungszustand zweckm¨aßigerweise in Zylinderkoordinaten r, θ, z dargestellt (Abb. 6.3). Wegen der Axialsymmetrie gilt: σθz = σrθ = 0, σθθ = const.
σ zz σθ z
σ rz
σz θ σr θ σθ r
σ θθ
σ rr
σ rz
Abb. 6.3 Spannungskomponenten in Zylinderkoordinaten
Hydrostatischer Spannungszustand: Dies ist ein spezieller Spannungszustand, bei dem alle Schubspannungen verschwinden (σxy = σxz = σzy = 0) und alle Normalspannungen gleich sind (σxx = σyy = σzz = p). In jeder beliebig orientierten Schnittebene betr¨agt die Normalspannung p, und die Schubspannung verschwindet. Da dieser Spannungszustand in ruhenden Fluiden auftritt, heißt er hydrostatisch.
6.3 Das Diagramm von Mohr Bei ebener Verformung lassen sich die Spannungszust¨ande im M OHRschen Diagramm grafisch darstellen (Abb. 6.4). Auf der Abszisse werden die Normalspannunσ zz
τ A
σ zx σ xx
σ xx
σ zx σ xx τ
z x
σ zz
σ zz
σ
A’
Abb. 6.4 M OHRsches Diagramm
gen, auf der Ordinate die Schubspannungen aufgetragen. Die Spannung σyy wird
74
6 Spannungen im Boden
dabei nicht betrachtet. Schubspannungen, die gegen den Uhrzeigersinn drehen, werden als positiv eingetragen. Das Zentrum des M OHRschen Kreises liegt in der Mitte zwischen σzz und σxx , der Kreis wird durch den Punkt A (bzw. A ) gelegt. Der τ P B
τ
σ xx
σ zz
σ
ε
z x
σ
Abb. 6.5 Verwendung des Pols P zur Bestimmung der Normalspannung σ und der Schubspannung τ auf der Schnittebene ε
M OHRsche Kreis kann dazu benutzt werden, um die Normal- und Schubspannung auf einer beliebig orientierten Ebene zu bestimmen. Dazu wird der sog. Pol P (Abb. 6.5) benutzt. Durch den Pol wird eine Parallele zur Schnittebene ε gelegt. Sie schneidet den M OHRschen Kreis im Punkt B, dessen Abszisse die Normalspannung σ und dessen Ordinate die Schubspannung τ auf der Schnittebene ε sind. Daraus folgt auch die Bestimmung der Lage von P: Da auf einer horizontalen Ebene die Normalspannung σzz und die Schubspannung σzx wirkt (Abb. 6.4), legt man durch den Punkt A (in Abb. 6.4) eine horizontale Gerade, die den M OHRschen Kreis im Punkt P schneidet (Abb. 6.5). Mithilfe des M OHRschen Kreises und des Pols kann man diejenigen Ebenen finden, auf denen nur Normalspannungen (sog. Hauptspannungen) wirken, siehe Abbildung 6.6. Man beachte, dass die beiden Hauptspannungsrichtungen senkrecht zueinander sind. Ferner kann man mithilfe des M OHRschen Kreises diejenigen Ebenen finden, auf denen die Schubspannung maximal wird (Abb. 6.7), sowie diejenigen Ebenen, auf denen die sog. Spannungsneigung (stress obliquity) α = arctan |τ /σ| maximal wird (Abb. 6.8).
6.4 Spannungsfelder Wir haben bisher den Spannungszustand in einem Punkt betrachtet. Eine Verteilung von Spannungszust¨anden auf die Punkte eines K¨orpers nennt man ein Spannungs-
6.4 Spannungsfelder
75
τ P
σ2
σ xx
σ zz
σ1
σ 1
2
Abb. 6.6 Hauptspannungen σ1 und σ2 und Hauptspannungsrichtungen 1 und 2 im M OHRschen Diagramm
τ
α
τ P
P
τ max σ
Abb. 6.7 Ebenen mit maximaler Schubspannung
α
σ
Abb. 6.8 Ebenen mit maximaler Spannungsneigung
feld. Ein Spannungsfeld muss den Gleichgewichtsbedingungen der Kontinuumsmechanik gen¨ugen.1 1
F¨ur differenzierbare Spannungsfelder lauten die Gleichgewichtsbedingungen in kartesischen Koordinaten x, y, z: ∂σxx ∂σyx ∂σzx + + + gx = 0 , ∂x ∂y ∂z ∂σyy ∂σzy ∂σxy + + + gy = 0 , ∂x ∂y ∂z ∂σyz ∂σzz ∂σxz + + + gz = 0 . ∂x ∂y ∂z Dabei ist die Dichte und {gx , gy , gz } der Vektor der Massenkraft. F¨ur nichtdifferenzierbare Spannungsfelder muss man die sog. Sprungrelationen ber¨ucksichtigen. Im ∂v x z dynamischen Fall treten auf der rechten Seite die Tr¨agheitskr¨afte ∂v , ∂ty , ∂v hinzu; ∂t ∂t die Gleichungen dr¨ucken dann die Impulserhaltung aus.
76
6 Spannungen im Boden
Ein Spannungsfeld, das in der Geotechnik oft vorkommt, ist die Spannungsverteilung im unvorbelasteten Halbraum mit horizontaler Oberfl¨ache (Abb. 6.9). Dort sind die Spannungen σxx und σzz Hauptspannungen (insofern werden sie oft mit σx und σz symbolisiert) und wachsen linear mit der Tiefe z: σz = γz σx = σy = K0 γz τxy ≡ 0 ,
(6.2)
γ ist das spezifische Gewicht des Bodens. Auf den Koeffizienten K0 wird sp¨ater eingegangen.
z
σz=
σz
γz
σx
Abb. 6.9 Spannungen im Halbraum
Die Bestimmung von Spannungsverteilungen (Spannungsfeldern) ist eine der wichtigsten Aufgaben in der theoretischen Bodenmechanik. Dadurch kann man z.B. die Belastung auf eine Tunnelschale bestimmen. Im Allgemeinen ist diese Aufgabe sehr schwierig. Da sie statisch unbestimmt ist, erfordert ihre L¨osung die Kenntnis des Form¨anderungsverhaltens des Bodens, d.h. die Beziehung zwischen Spannungen und Dehnungen (sog. Stoffgesetz). Einige einfache Spannungsfelder werden gesondert behandelt.
6.5 Spannungsausbreitung Wird die Oberfl¨ache des Halbraumes (Gel¨andeoberkante, GOK) mit einer sog. Rechtecklast σ0 belastet (Abb. 6.10), so werden Schubspannungen im Untergrund mobilisiert, sodass sich die dadurch bedingten Vertikalspannungen (sog. Zusatzspan nungen) seitw¨ arts ausbreiten. Dabei wird ihre Intensit¨at kleiner, denn aus V = 0 folgt, dass σz dx = σ0 b = const. Es gilt nun, die Verteilung der von der Auflast σ0 verursachten Zusatzspannungen im Untergrund zu bestimmen. Diese Spannungsverteilung wird ben¨otigt, um die Setzung der GOK infolge dieser Belastung auszurechnen. Zur Bestimmung der gesuchten Spannungsverteilung wird in der Bodenmechanik u¨ blicherweise die Annahme getroffen, dass der Boden
6.5 Spannungsausbreitung
77 b
x
σo
z
σz (z1) z=z 1
σz (z2) z=z 2
Abb. 6.10 Spannungsausbreitung im Untergrund, ebenes Problem (d.h. es gelten dieselben Verh¨altnisse f¨ur alle y-Werte).
ein linear-elastisches isotropes Material ist. Man bedient sich dabei der L¨osung von B OUSSINESQ (1885) f¨ur die Spannungsverteilung infolge einer vertikalen Einzellast F , die auf den elastischen Halbraum wirkt (Kompressionsspannungen positiv), ν ist die P OISSON-Zahl: σxx σyy σxy σzx
3F x2 z 2 = + A(B − x C) 2π R5 2 3F y z 2 = + A(B − y C) 2π R5 3F xyz = σyx = − ACxy 2π R5 = Dx , σzy = Dy , σzz
, , , = Dz
,
mit R 2 = x2 + y 2 + z 2 = z 2 + r 2 , R2 − Rz − z 2 1 A : = (1 − 2ν) , B := 3 R3 (R + z) 2R + z 3F z 2 C:= 3 , D := . 2 R (R + z) 2π R5
,
In Zylinderkoordinaten sind diese Gleichungen einfacher: 1 − 2ν 3r2 z F − 5 σrr = − 2π R (R + z) R F (1 − 2ν) z 1 σθθ = − − 2π R3 R (R + z) 3 F 3z σzz = 2π R5 F 3rz 2 σrz = , σrθ = σθr = 0, R2 = r2 + z 2 2π R5
78
6 Spannungen im Boden
Durch Integration der L¨osung von B OUSSINESQ gewinnt man weitere L¨osungen. Dazu geh¨ort die Vertikalspannung σzz infolge einer vertikalen Linienlast p in yRichtung (Abb. 6.11) auf der GOK σzz =
z3 2p 2 π (x + z 2 )2
sowie die Vertikalspannung σzz unter der Ecke eines mit p belasteten Rechteckes mit den Grundrissabmessungen a und b, siehe Abb. 6.11 (S TEINBRENNER): 1 ab p abz 1 arctan + + , σzz = 2π zR R a2 + z 2 b2 + z 2 mit
R :=
a 2 + b2 + z 2
.
p
y
p x
a
b
z
y x z
Abb. 6.11 Linienlast (links) und Rechtecklast (rechts)
Wegen des angenommenen linear-elastischen Verhaltens des Bodens gilt das Super¨ positionsprinzip. Somit kann man durch Uberlagerung die Vertikalspannung an beliebiger Stelle von komplizierten Belastungsfl¨achen bestimmen (Abb. 6.12). Es sei betont, dass die Verwendung der B OUSSINESQ-L¨osung und ihrer Derivate (z.B. Formel von S TEINBRENNER) streng genommen unberechtigt ist, denn ihre Voraussetzung (linear-elastisches, isotropes Materialverhalten) trifft f¨ur Boden nicht zu. Man kann allenfalls argumentieren, dass die Verteilung von σzz nach der B OUSSINESQ-Gleichung unabh¨angig von den elastischen Stoffkonstanten E und ν ist.2 Letztendlich ist aber bisher kaum untersucht worden, wie realistisch die 2
Bei verschwindenden Massenkr¨aften und ebener Verformung linear-elastischer Stoffe mit Spannungsrandbedingungen sind die Spannungsfelder unabh¨angig von den elastischen Stoffkonstanten (siehe z.B. Y U .A. A MENSADE, Teorija Uprugosti (Elastizit¨atstheorie), Moskau 1976, Kap. 6).
6.6 Setzungsberechnung
79
F
A
E F
B C
A D
G
H G
J
I
J
N
B C K
L
E
M D H I
Abb. 6.12 Die Spannung unterhalb des Punktes B kann durch folgende Superposition von Rechtecklasten, die alle eine Ecke bei B haben, nach der Formel von S TEINBRENNER gefunden werden: (ABNF)+(BNEM)+(BMDC)+(BMIL)−(BKHM) +(AJLB)−(AGKB).
B OUSSINESQ-L¨osung ist.3 Daher ist eine u¨ bertriebene Genauigkeit bei der Anwendung dieser elastischen L¨osungen unn¨otig. Genauso wenig sind Modifikationen der L¨osung von B OUSSINESQ begr¨undet, wie z.B. die Gleichung von W ESTERGAARD, der von einem linear-elastischen anisotropen Materialverhalten (Dehnungsverhinderung in horizontaler Richtung) ausgeht.
6.6 Setzungsberechnung Die wichtigste Anwendung der Spannungsausbreitung nach B OUSSINESQ bzw. S TEINBRENNER ist die Setzungsberechnung. Wird der Baugrund durch ein Bauwerk belastet, so setzt er sich, und es gilt, die Setzung abzusch¨atzen. Dabei muss man beachten, dass Setzungen durch zweierlei Mechanismen zustande kommen k¨onnen: Kompression und Verdr¨angung (Abb. 6.13).
(a)
(b)
Abb. 6.13 Kompressions- (a) und Verdr¨angungssetzung (b)
3
Die Messung von Spannungen im Boden ist sehr schwierig.
80
6 Spannungen im Boden
Bei der Kompressionssetzung bewegen sich die Bodenpartikel ausschließlich nach unten. Dabei verringert sich das Porenvolumen. Bei der Verdr¨angungssetzung wird der Boden seitlich verdr¨angt, wobei die einzelnen Bodenelemente ihr Volumen beibehalten k¨onnen und lediglich ihre Form ver¨andern. Die relativ seltenen Verdr¨angungssetzungen treten bei sehr weichen, wasserges¨attigten, oberfl¨achennahen Bodenschichten auf und k¨onnen zur Zeit kaum rechnerisch erfasst werden. Wir beschr¨anken uns daher hier auf die Kompressionssetzung, die durch die eindimensionale Kompression der einzelnen Bodenelemente gekennzeichnet ist. Eindimensional“ ” bedeutet hier, dass die Verschiebungen der Bodenpartikel ausschließlich in senkrechter Richtung erfolgen. Die Bedingung der Eindimensionalit¨at ist umso besser erf¨ullt, je gr¨oßer die horizontale Ausdehnung der Oberfl¨achenlast im Vergleich zur Tiefe und Dicke der setzungsempfindlichen Schicht ist. Zur Berechnung der Kompressionssetzung betrachten wir die Situation in Abbildung 6.14.
z H
p
A
p z
σzz
Teilschicht 1
H
dz
Teilschicht 2 Teilschicht 3 starrer Fels
starrer Fels
Abb. 6.14 Zur Setzungsberechnung
z1 z2 z3
Abb. 6.15 Schichtunterteilung zur Setzungsberechnung
In der Tiefe 0 < z < H liegt eine setzungsempfindliche Bodenschicht an, darunter liegt Fels, der dermaßen steif ist, dass er als starr betrachtet werden kann. Gesucht ist die Setzung des Punktes A, daher berechnen wir (nach der Formel von S TEINBREN NER ) die Spannung σzz im Bereich 0 < z < H unterhalb des Punktes A. Bei dieser Spannung handelt es sich um eine Zusatzspannung infolge der Oberfl¨achenlast p. Diese Zusatzspannung kommt zur Spannung infolge Bodeneigengewicht (n¨amlich σ0 = γz) hinzu. Infolge der Zusatzspannung σzz erf¨ahrt jede Schicht mit der Dicke dz eine Stauchung4 ε und somit eine Setzung ds. Die Gesamtsetzung s ergibt sich als Integral (Summe) der Setzungen der einzelnen Schichten:
H s=
H ds =
0
ε dz
.
0
Die Stauchung ε ist abh¨angig von der Spannung σ (der Index zz wird hier einfachheitshalber weggelassen, σ ≡ σzz ). Die Abh¨angigkeit ε(σ) stellt das sog. Forma¨ nderungsverhalten des betrachteten Bodens bei eindimensionaler Kompression dar 4
Kompressionsdehnungen werden oft als Stauchungen bezeichnet.
6.6 Setzungsberechnung
81
und wird im n¨achsten Abschnitt n¨aher betrachtet. Zur Setzungsberechnung wird diese Integration wie folgt numerisch durchgef¨uhrt: 1. Man unterteilt die setzungsempfindliche Schicht in Teilschichten. In Abbildung 6.15 sind folgende Teilschichten gew¨ahlt: Schicht 1: 0 < z < z1 Schicht 2: z1 < z < z2 Schicht 3: z2 < z < z3 . 2. Mithilfe der Formel von S TEINBRENNER bestimmt man die Spannungen σ infolge Oberfl¨achenlast p in der jeweiligen Schichtmitte. 3. Aus den errechneten Spannungen und der Kenntnis des Form¨anderungsverhaltens des Bodens (s. n¨achster Abschnitt) bestimmt man die Stauchung ε jeder Teilschicht. Dabei nimmt man an, dass die f¨ur die Schichtmitte ermittelte Stauchung repr¨asentativ f¨ur die gesamte Teilschicht ist. 4. Die Gesamtsetzung s ergibt sich dann aus s= (εi Δzi ) . i
Die Summation erstreckt sich u¨ ber alle Teilschichten. Δzi ist dabei die Dicke der Teilschicht Nr. i. Bemerkungen: 1. W¨ahrend man bei der Ermittlung der Spannungsausbreitung (Spannungsverteilung) ein linear-elastisches Verhalten des Bodens zugrunde legt, ist es unumg¨anglich, dass bei der Bestimmung der daraus resultierenden Verformungen das nichtlineare Form¨anderungsverhalten des Bodens ber¨ucksichtigt wird (siehe Abschnitt 6.7). 2. Wegen der Unsicherheiten und Ungenauigkeiten sowohl bei der Spannungsverteilung als auch bei der Erfassung des Form¨anderungsverhaltens des Bodens ist die berechnete Setzung s ziemlich ungenau. Eine u¨ bertrieben genaue Durchf¨uhrung der Integration ist daher unangemessen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, eine große Anzahl von Teilschichten zu w¨ahlen. 3. Wenn die setzungsempfindlichen Schichten nicht durch eine starre“ Schicht von ” unten begrenzt sind, so braucht man die Spannungen σ aus Oberfl¨achenlast und die zugeh¨origen Stauchungen ε nur bis zu derjenigen Tiefe zu ber¨ucksichtigen, bei der σ auf ca. 20% der urspr¨unglichen Spannung σ0 infolge Bodeneigengewicht abgesunken ist (Abb. 6.16). Die Ber¨ucksichtigung tieferer Schichten tr¨agt n¨amlich kaum etwas zur Setzung s bei. 4. Man beachte, dass nach der Formel von S TEINBRENNER konstante Spannungsverteilungen ber¨ucksichtigt werden. Die tats¨achliche Spannungsverteilung an der Fundamentsohle ist jedoch nicht konstant. Sie h¨angt von der Krafteinleitung durch S¨aulen und W¨ande sowie von der Steifigkeit der Sohlplatte und des gesamten Bauwerks ab. Die Ermittlung dieser Verteilung stellt ein schwieriges Problem
82
6 Spannungen im Boden
z
σzz
σο=
z0
p
A
γz
σ =20%· γ z0
Abb. 6.16 Bei der Setzungsberechnung werden nur Schichten bis zur Tiefe z0 ber¨ucksichtigt, bei der die Spannung aus Oberfl¨achenlast (Zusatzspannung) ca. 20% der Vertikalspannung aus Bodeneigengewicht entspricht.
elastische Lösung
Abb. 6.17 Spannungsverteilung unterhalb eines starren Fundaments. Die Spannungsspitzen an den R¨andern werden durch plastisches Fließen abgebaut.
der Bauwerk-Boden-Wechselwirkung“ dar. Als Grenzfall soll die Spannungs” verteilung unterhalb eines starren Fundaments betrachtet werden (Abb. 6.17). Im Gegensatz dazu wird die konstante Spannungsverteilung durch ein sog. schlaffes Lastb¨undel realisiert. Dies ist ein Belastungsk¨orper, der u¨ berhaupt keine Biegesteifigkeit hat (z.B. eine Sandsch¨uttung). Man geht davon aus, dass die Setzung eines starren Fundaments ungef¨ahr 75 % der Setzung in der Mitte eines gleich großen schlaffen Lastb¨undels betr¨agt (Abb. 6.18).
s
0,75s
Abb. 6.18 Die Setzung eines starren Fundaments betr¨agt ca. 75% der Setzung in der Mitte eines schlaffen Lastb¨undels.
6.6 Setzungsberechnung
83
¨ 5. Einen Uberblick u¨ ber u¨ bliche mittlere Sohlpressungen von Fundamenten vermittelt die Tabelle 6.1. Tabelle 6.1 Beispiele f¨ur Sohlpressungen mittlere Bodenpressung aus Eigengewicht g, Nutzlast p, in kN/m2 Bauwerk g g+p 2-st¨ockiges Siedlungshaus 25-35 30-40 je Geschoss etwa 15-20 bei Verwendung von Leichtbeton je Geschoss etwa 12 (Keller und Dach z¨ahlen zusammen als 1 Geschoss) 4-st¨ockiges Wohn- oder B¨urohaus (massiv) 70-90 90-120 11-st¨ockiges Wohn- oder B¨urohaus (Stahlskelett) 140 20-st¨ockiges Wohn- oder B¨urohaus (Stahlskelett) 190 kleinere Lagerh¨auser, 3-4 Stockwerke 100-120 150-180 mittlerer Getreidesilo 100 250 großer Getreidesilo 150 350 Br¨uckenpfeiler 300-500 Schornstein 300 Wasserturm 300 Turm Neues Rathaus Berlin 300 Leuchtturm Unterweser 300 Alter Campanile San Marco 580 (100 kN/m2 = 1 kp/cm2 ; 1 kPa = 0,01 bar = 1 kN/m2 )
6. F¨ur grobe Absch¨atzungen nimmt man oft an, dass sich die Spannung unter einem Winkel von beispielsweise 45◦ nach unten ausbreitet, siehe Abbildung 6.19. Diese Annahme ist inkonsistent, denn sie liefert unterschiedliche Spannungsverp0 45°
b0
45°
σ0 b σ b=p0 b0
Abb. 6.19 Spannungsausbreitung unter 45◦
84
6 Spannungen im Boden
teilungen, wenn man die Belastungs߬ache gedanklich unterteilt, siehe Abb. 6.20.
45°
45°
σ0
Abb. 6.20 Bei der Annahme einer Spannungsausbreitung unter einem festen Winkel h¨angt die Spannungsverteilung von einer evtl. Unterteilung der Belastungsfl¨ache ab.
7. Aufgrund des N¨aherungscharakters der Berechnung kann man nicht erwarten, dass die berechneten Setzungen exakt mit den gemessenen u¨ bereinstimmen. ¨ W¨ahrend bei normal bis leicht u¨ berkonsolidiertem Ton eine gute Ubereinstimmung zu erwarten ist, k¨onnen die gemessenen Setzungen bei Sand, Schluff und stark u¨ berkonsolidiertem Ton das 0,5-Fache der berechneten Werte betragen. Bedingt durch die o¨ rtliche Variabilit¨at der Bodeneigenschaften sollten Abweichungen zwischen den berechneten und den tats¨achlichen Setzungen um bis zu einem Faktor 3 erwartet werden.5 8. Wird ein unges¨attigter Boden geflutet, so kann er eine sog. S¨attigungssetzung oder Sackung (collapse) erleiden.6 Diese ist auf den Wegfall der Kapillarkoh¨asion (s. Abschnitt 7.3 Koh¨asion“) zur¨uckzuf¨uhren und ist umso gr¨oßer, ” je lockerer der Boden ist und je st¨arker die urspr¨unglichen Kapillarkr¨afte sind. Ein lockerer sandiger Kies kann eine Sackung von einigen Prozenten erleiden. Besonders anf¨allig hinsichtlich S¨attigungssetzung ist L¨oss.7,8 9. Tonige B¨oden k¨onnen sich auch durch Schrumpfen infolge Wasserentzug setzen9 (vgl. Abb. 4.7). Wird der tonige Boden nicht von einer kapillarbrechenden nichtbindigen Schicht u¨ berlagert, so erfolgt der Wasserentzug durch Sonneneinstrahlung und Austrocknung. Aber auch B¨aume (insbesondere Laubb¨aume in niederschlagsarmen Perioden) k¨onnen dem Untergrund bis in eine Tiefe von 6 m 5 6 7
8 9
R. L ANCELLOTTA, Geotechnical Engineering, Balkema 1995, S. 376. A. K E´ ZDI, Handbuch der Bodenmechanik, Band 1, VEB Verlag f¨ur Bauwesen 1969, S. 220. In Ground Engineering (Febr. 1998) wird berichtet, dass eine sowjetische Fabrik f¨ur Atomreaktoren in Wolgodonsk auf L¨oss gegr¨undet wurde. Als der Grundwasserspiegel infolge der Errichtung einer Staustufe anstieg (1983), st¨urzte die Fabrik ein, und es waren Menschenopfer zu beklagen. V. F EESER, St. P ETH, A. KOCH, L¨oss-Sackung, Ursachen - experimentelle Bestimmung Berechnung - Prevention, Geotechnik 24/2 (2001) 107–116. H. P RINZ, Abriß der Ingenieurgeologie, 3. Auflage, Enke-Verlag 1997, S. 173; sowie R.J. C HANDLER, M.S. C RILLY, G. M ONTGOMERY-S MITH, A low cost method of assessing clay desiccation for low-rise buildings, Proc. Inst. Civ. Engng 92/2 (1992) 82–89.
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
85
und einem Umkreis von bis zu 15 m erhebliche Wassermengen entziehen und so zu Schrumpfsetzungen f¨uhren.
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression Die eindimensionale Kompression wird im Labor dadurch realisiert, dass man eine ¨ Bodenprobe in einem Gef¨aß mit unnachgiebigen seitlichen W¨anden (sog. Odometer) ¨ belastet (Abb. 6.21, 6.23). Beim Odometer nach ROWE wird die Auflast hydraulisch aufgebracht (Abb. 6.22).10 F
Dränage
Druck p
h
Bodenprobe Filter
¨ Abb. 6.21 Odometer (Prinzipskizze) zur Realisierung der eindimensionalen Kompression im Labor
Filter
Probe
Dränage
¨ Abb. 6.22 Odometer nach ROWE
¨ Abb. 6.23 Odometer 10
P.W. ROWE and L. BARDEN, A new consolidation cell, G´eotechnique 16/2 (1966) 162– 170.
86
6 Spannungen im Boden
Die Bodenprobe kann auf zweierlei Weisen belastet werden, die im Prinzip das gleiche Resultat liefern: Entweder wird der Probe eine Kraft (bzw. Spannung) aufgepr¨agt und man registriert die sich dabei einstellende Verschiebung (bzw. Dehnung), oder aber man pr¨agt der Probe eine Verschiebung Δh (bzw. Dehnung Δh/h0 ) auf und registriert die sich dabei einstellende Kraft (bzw. Spannung). Die Belastung (σ oder ε) wird in kleinen Portionen aufgebracht, sodass man als Ergebnis des Versuchs ei¨ ne Spannungs-Dehnungskurve erh¨alt. In Bezug auf den Odometerversuch wird diese Kurve auch Druck-Setzungs-Kurve“ genannt. Es sind verschiedene Auftragungen ” m¨oglich und u¨ blich. Auf der Ordinate wird die Dehnung (Stauchung) ε1 = Δh/h0 traditionell nach unten aufgetragen. Alternativ zur Dehnung kann man auch die Porenzahl e auftragen. Diese ist mit der Dehnung ε = Δh/h0 durch folgende Beziehung11 verkn¨upft: e = e0 − (1 + e0 )
Δh h0
.
(6.3)
Hierbei ist Δh die Setzung der Probe (positiv im Falle einer Kompression), und e0 ist die (zur Probenh¨ohe h0 geh¨orende) Anfangs-Porenzahl. Auf der Abszisse wird die Spannung σ entweder linear oder logarithmisch aufgetragen. In den Abbildungen 6.24, 6.25 und 6.26 werden typische Druck-Setzungs-Kurven gezeigt. 0
ε1 (%)
-.5
-1.0
-1.5
-2.0
0
100
200
300
400
500
σ1 (kPa)
¨ Abb. 6.24 Ergebnis eines Odometerversuchs mit Sand
Aus diesen Abbildungen werden zwei wesentliche Aspekte des Form¨anderungsverhaltens des Bodens ersichtlich: 11 12
v Sie folgt aus ΔVv = ΔhA und e = Vv0 −ΔV . A wird aus der Gleichung Vv0 + Vs = h0 A Vs bestimmt. Aus D.W. TAYLOR, Fundamentals of Soil Mechanics, Wiley 1966.
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
87
Abb. 6.25 Kompressionsdiagramm f¨ur Ton12
.55
e
.54
.53
.52
1
3
5
7
ln(σ1/σ0)
¨ Abb. 6.26 Ergebnis eines Odometerversuchs mit Sand (alternative Darstellung)
1. Die σ-ε-Kurve ist gekr¨ummt (d.h. nichtlinear). Dies bedeutet, dass zwischen σ und ε keine Proportionalit¨at besteht. Infolgedessen h¨angt ein Dehnungsinkrement Δε nicht nur vom zugeh¨origen Spannungsinkrement Δσ, sondern auch von der jeweiligen Ausgangsspannung σ0 ab (Abb. 6.27). Das Verh¨altnis Δσ/Δε wird als Steifemodul (oder Steifezahl) Es bezeichnet. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, den Steifemodul Es als eine Bodenkonstante (analog zum Elastizit¨atsmodul elastischer Stoffe) anzusehen. Tats¨achlich h¨angt
88
6 Spannungen im Boden
σ0
σ Δσ Δε
ε Abb. 6.27 Δε h¨angt nicht nur von Δσ, sondern auch von σ0 ab.
Es von σ0 und von Δσ ab.13 F¨ur die praktische Setzungsberechnung kann man die Beziehung zwischen σ und ε direkt aus einem ad hoc durchgef¨uhrten ¨ Odometerversuch entnehmen. Oft ist es n¨utzlich, einen analytischen Ausdruck f¨ur diese Beziehung zu haben. Man setzt hierzu dσ = −Cc−1 σde
(6.4)
an und erh¨alt daraus e = e0 − Cc ln
σ σ0
,
(6.5)
wobei e0 die zur Spannung σ0 zugeh¨orige Porenzahl und Cc der sog. Kompressionsbeiwert ist. Mit Cc = const nimmt man also an, dass die Beziehung zwischen e und σ im halblogarithmischen Diagramm (d.h. bei einer Auftragung von e u¨ ber ln σ) als Gerade dargestellt werden kann. Diese Annahme ist (f¨ur nicht allzu große Spannungsbereiche) einigermaßen realistisch. Aus Gleichung (6.3) und (6.4) erh¨alt man folgende Beziehung f¨ur den Steifemodul (aufgefasst als Tangentenmodul): Es =
1 + e0 σ Cc
.
Somit ist der Steifemodul Es direkt proportional zu σ. Oft wird auch davon ausgegangen, dass die Beziehung zwischen Es und σ durch ein Potenzgesetz (Es ∼ σ α ) wiedergegeben wird. Diese auf O HDE zur¨uckzuf¨uhrende Beziehung wird auch durch das Kompressionsgesetz von B UTTERFIELD14 wiedergegeben, 13
14
Der hier eingef¨uhrte Steifemodul Es ist ein sog. Sekantenmodul. F¨ur Δε → 0 l¨asst er sich als sog. Tangentenmodul definieren: Es := limΔε→0 (Δσ/Δε). Die Unterscheidung, ob Es als Tangenten- oder Sekantenmodul aufgefasst wird, sollte aus dem jeweiligen Kontext erfolgen. Der Steifemodul Es als Tangentenmodul h¨angt nur noch von der Spannung σ0 ab. R. B UTTERFIELD, A natural compression law for soils (an advance on e - log p ), G´eotechnique 29/2 (1979) 469–480.
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
89
¨ der darauf hinwies, dass die Ergebnisse von Odometerversuchen aufgetragen als Beziehung zwischen ln(1 + e) und ln σ sich eher an Geraden anschmiegen als die u¨ bliche Auftragung von e u¨ ber ln σ. 2. Bei Entlastung ergibt sich eine andere σ-ε-Kurve als f¨ur Belastung (Abb. 6.24). Dieser Sachverhalt konstituiert auch eine Nichtlinearit¨at des Materialverhaltens, die noch viel gravierender als die erstgenannte Nichtlinearit¨at (gekr¨ummte σ-εKurve) ist. Diese sog. inkrementelle Nichtlinearit¨at bedingt n¨amlich, dass man eigentlich die σ-ε-Kurve nicht einmal f¨ur kleine Spannungs- bzw. Dehnungsinkremente linearisieren darf, da das Bodenverhalten von der Deformationsrichtung abh¨angt. Sie bedingt auch, dass im Boden nach vollst¨andiger Entfernung der Spannung bleibende (sog. plastische) Verformungen verbleiben. Eine n¨ahere Untersuchung der hiermit aufgeworfenen Problematik ist Gegenstand der sog. Plastizit¨atstheorie und soll hier nicht weiter verfolgt werden. Das Stoffverhalten bei Entlastung kann ebenfalls durch eine Gerade im e-ln σ-Diagramm dargestellt werden σ e = e0 − Cs ln , σ0 wobei Cs der sog. Schwellbeiwert ist, siehe Tabelle 6.2.15 Tabelle 6.2 Typische Werte von Cc und Cs . Erdstoff Kiessand Feinsand, dicht Feinsand, locker Grobschluff toniger Schluff Kaolin-Ton Montmorillonit-Ton Torf
Cc 0,001 0,005 0,01 0,02 0,03-0,06 0,1 0,5 1,0
Cs 0,0001 0,0005 0,001 0,002 0,01-0,02 0,03 0,4 0,3
3. Bei Wiederbelastung verh¨alt sich das Material in etwa wie folgt: Solange die Spannung σ kleiner als die maximale Vorbelastung σv ist, erfolgt die Wiederbelastung entlang der Entlastungskurve (somit liegt also elastisches Verhalten vor), danach entlang der Fortsetzung der Erstbelastungskurve (Abb. 6.28). 4. Das erw¨ahnte elastische Verhalten bei Ent- und Wiederbelastung (solange σ < σv ist) gilt nur angen¨ahert. Tats¨achlich entsteht bei jedem Ent- und Wiederbelastungszyklus eine bleibende Setzung. Diese ist recht klein, akkumuliert sich aber bei großer Anzahl von Ent- und Wiederbelastungszyklen (sog. zyklische Belastung), wie aus Abbildung 6.29 ersichtlich ist. ¨ 5. Wie bereits erw¨ahnt, wird beim Odometerversuch die Belastung stufenweise aufgebracht. Bringt man die Spannung (Kraft) in Stufen auf, so stellt man fest, 15
Aus G. G UDEHUS, Bodenmechanik, Enke-Verlag 1981.
90
6 Spannungen im Boden
e
e
(a)
ln σ
(b)
ln σ
Abb. 6.28 Kompressionsdiagramm bei Erstbelastung, Entlastung und Wiederbelastung, (a) realistisch, (b) idealisiert
Abb. 6.29 Kompressionsdiagramm bei zyklischer Belastung
dass die Verformung nicht simultan mit der Spannung anw¨achst. Vielmehr kann die Verformung u¨ ber einen langen Zeitraum nach der Lastaufbringung anwachsen (siehe Abschnitt 11 Konsolidierung“). ” 6. Es ist interessant zu verfolgen, wie sich die horizontale Spannung σh im Ver¨ lauf eines Kompressionsversuches (Odometerversuches) entwickelt. Bei Erstbelastung ist σh proportional zur Vertikalspannung σ: σh = K0 σ. Bei Entlastung nimmt die Horizontalspannung viel langsamer als die Vertikalspannung ab (Abb. 6.30), es verbleibt also eine horizontale Verspannung im Boden. Sie kann durch Vibrationen abgebaut werden. 7. Wie aus Abbildung 6.25 ersichtlich, vermittelt die halblogarithmische Darstellung einer Spannungs-Dehnungskurve einen falschen Eindruck zur Steifigkeit. Die fast horizontale Anfangstangente in der halblogarithmischen Darstellung
6.7 Deformation bei eindimensionaler Kompression
91
σ
σh Abb. 6.30 Spannungspfad bei eindimensionaler Kompression mit Be- und Entlastung
vermittelt den (falschen!) Eindruck einer unendlich großen Steifigkeit. Dies sollte generell bei halb- und doppellogarithmischen Darstellungen beachtet werden. 6.7.1 Beispiel einer Setzungsberechnung Zwei T¨urme sollen nebeneinander gebaut werden. Der Baugrund besteht aus Schluff (γ = 20 kN/m3 , e = 0, 52, Cc = 0, 02), die Gr¨undungssohle liegt bei −2, 0 m unter GOK. Die mittlere Bodenpressung der T¨urme betr¨agt 340 kN/m2 . Gesucht sind die Setzungen der Punkte A und B. L¨osung: Von der Gr¨undungssohle z¨ahlt die Koordinate z nach unten, und von der GOK z¨ahlt die Koordinate z nach unten (z = z + 2 m). Zun¨achst unterteilen wir den Untergrund in einzelne Schichten, wie in Abb. 6.31 dargestellt. Durch die HerTabelle 6.3 Schichteinteilung f¨ur das Beispiel Schicht i 1 2 3 4 5 6
Tiefe Dicke Schichtmitte (m) di (m) bei z (m) 0ϕ (a)
(b)
Abb. 7.2 K¨orper auf schiefer Ebene
Die an einem K¨orper angreifende Normal- und Tangentialkraft N und T definieren durch ihr Verh¨altnis T /N die (Kraft)Neigung, die oft durch den sog. mobilisierten Reibungswinkel ϕm := arctan(T /N ) angegeben wird. Die aus T und N resultierende Kraft muss im Inneren des Reibungskegels“ (Abb. 7.3) liegen, was durch die ” Bedingung ϕm ≤ ϕ beschrieben wird.
7.2 Innere Reibung Sog. koh¨asionslose B¨oden beziehen ihre Scherfestigkeit aus der inneren Reibung. Dies bedeutet, dass f¨ur jede beliebige Schnittebene das Verh¨altnis von Schub- und Normalspannung beschr¨ankt ist:
104
7 Scherfestigkeit
τ ≤ tan ϕ σn
.
ϕ heißt Winkel der inneren Reibung“ oder kurz Reibungswinkel“. Der Sachverhalt ” ” kann anhand des M OHRschen Diagramms besonders deutlich dargestellt werden. Wie aus Abbildung 7.4 ersichtlich, kann man f¨ur jede beliebig orientierte Schnittebene die darauf wirkenden Schub- und Normalspannungen τ und σn aus dem M OHRschen Diagramm entnehmen. τ A
ϕ
ϕm N
0
ϕ
ϕm
τ σ
T
σn
Abb. 7.3 Reibungskegel und mobilisierter Reibungswinkel
Abb. 7.4 Spannungsneigung Diagramm
A’
im
τ -σ-
Die maximale (Spannungs)Neigung ϕm ergibt sich bei zwei bestimmten Schnittebenen und erscheint im M OHRschen Diagramm als die Neigung der Tangenten, die vom Ursprung an den M OHRschen Kreis gelegt werden. Sobald also der M OHRsche Kreis die um den Winkel ϕ geneigte Gerade 0A (die sog. Grenzgerade) tangiert, gibt es zwei Schnittebenen, auf denen die Spannungsneigung (bzw. der mobilisierte Reibungswinkel) den Reibungswinkel erreicht. Die auf diesen Ebenen wirkende Schubspannung τ hat ihr Maximum, n¨amlich die Scherfestigkeit τf , erreicht. Daher heißen diese Ebenen Gleitebenen (slip planes). Im betrachteten Material kann es keinen M OHRschen Kreis (bzw. keinen Spannungszustand) geben, der die Gerade 0A (bzw. 0A ) schneidet. Letzteres w¨urde n¨amlich bedeuten, dass es Schnittebenen g¨abe, auf denen τ > σn tan ϕ gelten w¨urde. Ein Spannungszustand, dessen M OHRscher Kreis die um den Winkel ϕ geneigte Gerade 0A tangiert (Abb. 7.5), heißt ein Grenzspannungszustand. Alle im betrachteten Material realisierbaren (einstellbaren) Spannungszust¨ande liegen (als M OHRsche Kreise) innerhalb des von den Geraden 0A und 0A begrenzten Bereiches. Wir wollen einen Grenzspannungszustand etwas n¨aher betrachten. M¨oge der Pol P die in Abbildung 7.6 eingetragene Lage haben. Dies bedeutet, dass die Gleitebenen die Richtung der Geraden PA und PB haben. Das Gleiten (bzw. der Bruch) ereignet sich also in Richtung dieser Geraden. Maßgebend f¨ur den Bruch ist also das Maximum des Verh¨altnisses von τ /σn und nicht etwa das Maximum von τ (das sich auf einer Schnittebene mit der Richtung PC ereignet). Betrachten wir nun die zum Grenzspannungszustand geh¨orenden Hauptspannungen σ1 und σ2 . Der M OHRsche
7.3 Koh¨asion
105 τ
τ A
C
A
0
ϕ ϕ
σ
ϕ ϕ
0
P
τf σ2
M
σ1
σ
B
A’
Abb. 7.5 Grenzspannungszustand und erlaubter Bereich f¨ur M OHRsche Kreise
Abb. 7.6 Grenzspannungszustand Hauptspannungen σ1 und σ2
mit
Kreis hat den Mittelpunkt bei σ = (σ1 + σ2 )/2 und den Radius (σ1 − σ2 )/2. Aus sin ϕ = BM/OM folgt dann σ1 − σ2 = sin ϕ σ1 + σ2
(7.1)
bzw. 1 + sin ϕ σ1 = σ2 1 − sin ϕ
.
(7.2)
Das Bruchkriterium nach M OHR besagt, dass der Bruch (bzw. Gleiten) eintritt, sobald die Bedingung τ = σn tan ϕ auf irgendeiner Schnittebene eintritt oder wenn die Hauptspannungen σ1 und σ2 die Bedingungen (7.1) bzw. (7.2) erf¨ullen. Man kann es auch so formulieren: Der Bruch tritt ein, wenn der M OHRsche Kreis die Grenzgerade OA tangiert. Dabei ist hier unter Bruch“ bzw. Versagen“ gemeint, dass das Material ” ” unf¨ahig ist, eine weitere Steigerung der Schubspannung zu ertragen. Der betrachtete K¨orper l¨asst sich dann bei konstanter Spannung weiter deformieren bzw. teilt sich in zwei H¨alften auf, die sich entlang einer Gleitebene gegeneinander verschieben. Es sei angemerkt, dass der hier besprochene Winkel der inneren Reibung nichts mit dem Reibungswinkel zu tun hat, der f¨ur den Kontakt zweier Bodenk¨orner (mikroskopisch betrachtet) maßgebend ist.
7.3 Koh¨asion Bei Stoffen mit innerer Reibung resultiert die Scherfestigkeit aus der effektiven Normalspannung. Diese wiederum ist eine Folge von a¨ ußeren Einwirkungen in der Gestalt von Oberfl¨achenlasten bzw. Massenkr¨aften auf den betrachteten K¨orper. Es gibt aber auch Feststoffe, die eine Scherfestigkeit besitzen, ohne dass sie durch eine a¨ ußere Last belastet werden. Deren Scherfestigkeit (die man Koh¨asion“ nennt) kann ” als Folge von inneren Spannungen (auch Binnendruck“ genannt) angesehen wer” den, die ohne a¨ ußere Einwirkung die einzelnen K¨orner gegeneinander pressen. Dies
106
7 Scherfestigkeit
ist der Fall bei unterk¨uhlten Fl¨ussigkeiten wie z.B. Stahl. Aus der urspr¨unglichen Schmelze wurden dort durch Abk¨uhlung nach und nach Kristalle gebildet. Deren Schrumpfen erzeugt eine riesige innere Spannung. Eine weitere Quelle von innerer Spannung ist die Kapillarit¨at (Abb. 7.7). Bei unvoll-
Abb. 7.7 Zur Erkl¨arung der inneren Spannung infolge Kapillarit¨at
st¨andiger S¨attigung stellen sich Wassermenisken in den Porenzwickeln zwischen benachbarten K¨ornern ein. Diese Menisken bewirken durch die Oberfl¨achenspannung, dass beide K¨orner gegeneinander gedr¨uckt werden.4 Die so erzeugte Normalspannung kann dann u¨ ber die Reibung eine Scherfestigkeit erzeugen (sog. Kapillarkoh¨asion oder scheinbare Koh¨asion). Die Kapillarkoh¨asion verschwindet, sobald die Bodenprobe entweder austrocknet (w = 0) oder voll ges¨attigt wird (w = wmax ). Deshalb heißt sie scheinbar“. Auch bei einigen Tonen (die man dispersiv nennt) ist ” die Koh¨asion eine Kapillarkoh¨asion und verschwindet, mehr oder weniger schnell, bei Wasserzutritt. Bei anderen Tonen wiederum soll die Koh¨asion eine Folge der elektrochemischen Anziehung der einzelnen K¨orner zueinander und daher best¨andig bei Wasserzutritt sein.5 Die Anwendung der M OHRschen Bruchtheorie bei Feststoffen wie Beton und Stahl ist vielleicht nicht exakt, jedoch instruktiv. Wir k¨onnen z.B. die einaxiale Druck- und Zugfestigkeit (σd und σz ) von Beton im M OHRschen Diagramm eintragen (Abb. 7.8). Es ergeben sich so zwei Kreise, deren gemeinsame Tangenten (Bruchgeraden) die σ-Achse am Punkt A schneiden. Dessen Abstand vom Ursprung 0 entspricht der inneren Spannung, die als hydrostatischer Druck angenommen wird. Dieser Druck wird zu den von außen aufgebrachten Spannungen addiert. Dieselbe Betrachtung l¨asst sich im Prinzip f¨ur die Druck- und Zugfestigkeit von Stahl anwenden. Da die Zugfestigkeit von Stahl nur geringf¨ugig kleiner als seine Druckfestigkeit ist, ergibt sich hierf¨ur ein viel gr¨oßerer innerer Druck pi und ein viel kleinerer Reibungswinkel (Abb. 7.9). Die wichtigsten Laborversuche zur Ermittlung der Scherfestigkeit von B¨oden sind der Rahmenscherversuch und der Triaxialversuch. Dar¨uber hinaus gibt es einige wei4 5
Siehe auch Kapitel 8 Unges¨attigte B¨oden“. ” Diese von T ERZAGHI vertretene Ansicht wird von S CHOFIELD angezweifelt. Siehe: A. S CHOFIELD, Disturbed Soil Properties and Geotechnical Design, Telford 2005. Siehe ferner Abschnitt 7.7.1.
7.4 Der Rahmenscherversuch
107
Abb. 7.8 M OHRsche Kreise f¨ur Betonfestigkeit
Abb. 7.9 M OHRsches Diagramm f¨ur Stahlfestigkeit
tere Versuche, wie den Kreisring-Scherversuch, den Biaxialversuch, den echten“ ” Triaxialversuch, die Laborfl¨ugelsonde u.a., die hier nicht behandelt werden.
7.4 Der Rahmenscherversuch Der Rahmenscherversuch (direct shear test) stammt von K REY und A. C ASAGRAN DE. Das Versuchsger¨at besteht aus einem Kasten (shear box), siehe Abb. 7.10 und 7.12.6 Der Kasten besteht aus zwei Rahmen, die aufeinandergestellt sind, und dient zur Aufnahme der Bodenprobe. Diese befindet sich je zur H¨alfte im oberen und unteren Rahmen. Eine vertikale Normalkraft N bewirkt einen Druck auf die Ebene, die die beiden Rahmen trennt. In dieser Ebene wird eine horizontale Kraft T auf einen 6
Ein a¨ hnliches Ger¨at wird in der Sch¨uttguttechnik unter dem Namen J ENIKE-Scherger¨at verwendet.
108
7 Scherfestigkeit N
T
d
s
Abb. 7.10 Prinzipskizze des Rahmenscherversuchs. Die Schubkraft T wirkt in der Ebene der Scherfuge, damit sie kein Kippmoment erzeugt.
Abb. 7.11 Angenommener Verlauf der erzwungenen Scherfuge
Abb. 7.12 Stand zur Durchf¨uhrung von Rahmenscherversuchen
der Rahmen aufgebracht, die schließlich den Bruch herbeif¨uhrt. Diese Scherkraft T wird allm¨ahlich gesteigert und bewirkt so eine Relativverschiebung (Scherweg) zwischen beiden Rahmen. Der bewegliche Rahmen (meist der untere) wird auf einem Schlitten gef¨uhrt. Der unbewegte Rahmen wird durch einen metallischen Arm festgehalten, und die Kraft, die hierzu erforderlich ist, wird u¨ ber einen Kraftmessring oder eine Kraftmessdose abgelesen. Die Vertikallast wird durch Gewichte u¨ ber ein Joch aufgebracht. Oberhalb und unterhalb der Probe liegen Filtersteine, durch welche
7.4 Der Rahmenscherversuch
109
Wasser aus der Probe entweichen kann. Der Scherweg wird u¨ ber einen Wegaufnehmer abgelesen, und die Zu- bzw. Abnahme der Probendicke w¨ahrend des Abschervorganges wird u¨ ber einen vertikalen Wegaufnehmer registriert. F¨ur die Versuchsdurchf¨uhrung gibt es zwei Varianten. Der Versuch kann weggesteuert (strain controlled, man gibt den Scherweg vor und registriert die dabei entstehende Scherkraft) oder kraftgesteuert (stress controlled, man gibt die Kraft vor und registriert den Scherweg) durchgef¨uhrt werden. Es gibt verschiedene Ausf¨uhrungen des Rahmenscherger¨ates. Alle sollen garantieren, dass die aufgebrachte Normalkraft auf die Scherfl¨ache der Probe wirkt und dass die Probe ihre Dicke frei ver¨andern kann. Bei einigen verbesserten Versionen sorgt man daf¨ur, dass die Kopfplatte nicht verkippen kann, sondern parallel gef¨uhrt wird. Abbildung 7.13 zeigt typische Versuchsergebnisse f¨ur dichten und lockeren Sand. Die dabei verwendeten Spannungen τ und σ ergeben sich aus den Kr¨aften T und N , die auf die Scherfl¨ache bezogen werden.
Abb. 7.13 Ergebnisse eines Rahmenscherversuchs mit lockerem und dichtem Sand
Durch die Versuchsapparatur wird in der Probe eine horizontale Scherfuge erzwungen. Es ist aber zu beachten, dass das Deformationsfeld innerhalb der Probe unbekannt bleibt. Deshalb wird die (aus der Scherkraft T und der Scherfl¨ache A berechnete) Schubspannung nicht u¨ ber eine Dehnung, sondern u¨ ber den Scherweg s aufgetragen, es handelt sich also nicht um eine Spannungs-Dehnungskurve. Abbildung 7.11 zeigt den angenommenen Verlauf der erzwungenen Scherfuge. Man beachte, dass ihre Dicke d unbekannt ist. Das tats¨achliche Deformationsfeld weicht erheblich von Abb. 7.11 ab. M ORGENSTERN und T CHALENKO haben Proben aus Ton im Rahmenscherger¨at abgeschert, anschließend durchgeschnitten und bei polarisier-
110
7 Scherfestigkeit
tem Licht fotografiert.7 Die erhaltenen Bilder (Abb. 7.14) zeigen ein kompliziertes Muster von Scherfugen, welches erheblich von einer sog. Einfachscherung (simple shear) nach Abb. 7.24 abweicht und bei der Ermittlung der Scherfestigkeit τf nicht ber¨ucksichtigt werden kann.
Abb. 7.14 Rahmenscherversuch, Probe durchgeschnitten und fotografiert mit polarisiertem Licht
Bei koh¨asionslosen B¨oden wird der Reibungswinkel aus dem Rahmenscherversuch und der Annahme horizontaler (d.h. in Richtung der angenommenen Scherfuge) Gleitebenen durch die Formel ϕ = arc tan 7
τ σ
max
Microscopic Structures in Kaolin Subjeted to Direct Shear, G´ eotechnique 17/4 (1967) 309– 328.
7.5 Der Triaxialversuch
111
ermittelt. Es gibt aber auch eine alternative Formel nach H ILL.6 Dabei wird (i) die Scherung ε12 in der Scherfuge nach Abbildung 7.11 als Maximalscherung und (ii) Koaxialit¨at zwischen Spannung und Deformation angenommen. Somit ist die Schubspannung τ = τ12 die maximale Schubspannung. Nach Abbildung 7.15 ergibt sich dann der Reibungswinkel φ als τ . φ = arc sin σ max
τ
τ ϕ φ σ
σ
Abb. 7.15 Reibungswinkel ϕ nach der herk¨ommlichen Interpretation des Rahmenscherversuchs und φ nach der Interpretation von H ILL
Offensichtlich ist φ = arcsin tan ϕ, z.B. f¨ur ϕ = 30◦ ist φ = 35, 26◦ .
7.5 Der Triaxialversuch Der Triaxialversuch wurde in die Bodenmechanik 1928 von E HRENBERG eingef¨uhrt.8 Er heißt zu Unrecht triaxial“, da bei ihm die Belastung axialsymmetrisch ” ist. Mit σ2 ≡ σ3 und ε2 ≡ ε3 gibt es bei ihm eigentlich nur zwei unabh¨angige Spannungsvariablen σ1 und σ2 und nur zwei Verformungsvariablen ε1 und ε2 . Die Bodenprobe ist zylindrisch, und ihre Manteloberfl¨ache wird durch eine Gummimembran bedeckt. Oben und unten wird sie durch je eine Endplatte begrenzt. Die so ausgestattete Probe befindet sich in einer Zelle, in der ein Fl¨ussigkeitsdruck aufgebracht wird. Dadurch wird die Probe in einen hydrostatischen Spannungszustand versetzt. Der Bruch wird u¨ ber eine axiale Belastung herbeigef¨uhrt, die u¨ ber einen vertikalen Kolben aufgebracht wird. Somit ist die kleinste Hauptspannung σ2 = σ3 auf der Probe gleich dem Fl¨ussigkeitsdruck, w¨ahrend sich die gr¨oßte Hauptspannung ¨ ist die Probe σ1 aus dem Fl¨ussigkeitsdruck und der Axialkraft ergibt. Ublicherweise wasserges¨attigt, sodass ihre Volumen¨anderung u¨ ber die Menge des ausgequetschten
8
Geschichtliches zum Triaxialversuch sowie moderne Entwicklungen siehe: V. F EESER, Das DLC-Triax-System. Ein methodischer Beitrag zur sedimentmechanischen Tonforschung. Bericht Nr. 71 des Geologisch-Pal¨aontologischen Instituts und Museum der Universit¨at Kiel, 1995, ISSN 0175-9302.
112
7 Scherfestigkeit
Wassers gemessen wird. Die axiale Belastung kann weg- oder kraftgesteuert aufgebracht werden.9 Die u¨ bliche Versuchsdurchf¨uhrung besteht darin, die Axialspannung σ1 bis zum Bruch zu erh¨ohen und die Seitenspannung konstant zu halten (sog. triaxialer Kompressionsversuch oder konventioneller Triaxialversuch). Es besteht aber auch die M¨oglichkeit, die Seitenspannung etwa dermaßen w¨ahrend des Versuchs zu ver¨andern, dass die Hauptspannungssumme konstant bleibt: σ1 + σ2 + σ3 = const. Der Triaxialversuch gestattet es im Prinzip, beliebige Spannungspfade im σ1 -σ2 -Raum zu realisieren. Dabei werden die zugeordneten Verformungspfade (ε1 - ε2 -Pfade) gemessen. Die Messung von ε1 erfolgt u¨ ber die Messung des Stempelvorschubs, w¨ahrend ε2 (die seitliche Dehnung) u¨ ber Umfangsmessbandagen erfolgt. Alternativ dazu kann die Volumen¨anderung der Probe Δεv = Δε1 + 2Δε2 und daraus Δε2 bestimmt werden. Die Messung der Volumen¨anderung erfolgt bei wasserges¨attigten Proben. Man misst dabei die w¨ahrend des Versuchs ausgequetschte Wassermenge. Verhindert man den Wasseraustritt (durch Schließung der entsprechenden Dr¨anageleitung), so erfolgt der Versuch undr¨aniert“, d.h. bei aufgezwun” gener Inkompressibilit¨at. Es gilt dann: Δεv = 0 bzw. Δε2 = Δε3 = −Δε1 /2. W¨ahrend eines undr¨anierten Versuchs ver¨andert sich der Druck der Porenfl¨ussigkeit (sog. Porendruck) und kann mithilfe eines Porendruckaufnehmers registriert werden. Eine Triaxialzelle einfacher Bauart ist in Abb. 7.16 abgebildet. Eine verbesserte Version stellt die Triaxialzelle nach B ISHOP und W ESLEY dar, bei der die Axialkraft hydraulisch aufgebracht wird, siehe Abb. 7.17. Optisch manifestiert sich der Bruch durch eine Scherfuge (bei dichten Proben) oder durch eine Ausbauchung (bei lockeren Proben), siehe Abbildungen 7.18 und 7.19. Eine seltene Variante ist, σ3 konstant zu halten und σ1 bis zum Bruch zu reduzieren (sog. triaxialer Extensionsversuch). Um die Vorg¨ange bei einer schnellen Deformation eines wasserges¨attigten Bodenk¨orpers zu simulieren, wenn also das Porenwasser keine Zeit hat zu entweichen, wird der triaxiale Kompressionsversuch bei konstantem Probenvolumen durchgef¨uhrt. Dies erreicht man entweder durch permanente Regulierung des Seitendrucks σ3 oder aber dadurch, dass man die Dr¨anageleitungen abschließt (sog. undr¨anierter Versuch). Das Ergebnis eines dr¨anierten Triaxialversuches sind zwei Kurven (Abb. 7.20): 1. Die Spannungs-Dehnungskurve. Auf der Ordinate wird die Spannung σ1 aufgetragen. Alternativ dazu kann der sog. Spannungsdeviator σ1 −σ2 bzw. die dimensionslosen Spannungsmaße σ1 /σ2 oder (σ1 −σ2 )/(σ1 +σ2 ) aufgetragen werden. Das letzte Maß entspricht dem Sinus des mobilisierten Reibungswinkels ϕm . Auf der Abszisse wird die Axialdehnung ε1 := Δh/h0 aufgetragen. h0 ist die Anfangsh¨ohe der Probe. Δh ist bei Kompression negativ, traditionsm¨aßig wird 9
In den meisten bodenmechanischen Labors hat sich f¨ur den Triaxialversuch die Wegsteuerung eingeb¨urgert. Es wird gemeinhin angenommen, dass weg- und kraftgesteuerte Versuche dieselbe Spannungs-Dehnungslinie (bis zum Peak) ergeben. D I P RISCO und I MPOSI MATO (Experimental analysis and theoretical interpretation of triaxial load controlled loose specimen collapses, Mechanics of Cohesive-Frictional Materials 2 (1997) 93–120) weisen jedoch darauf hin, dass bei kraftgesteuerten Versuchen eine lockere Probe erheblich fr¨uher versagen kann.
7.5 Der Triaxialversuch
113 Stempel
Gummi− membran Bodenprobe
Filterstein
Zelldruck
Dränage
Zelldruck
Dränage
Abb. 7.16 Einfache Triaxialzelle, links mit Probenendschmierung, rechts konventionelle Variante ohne Schmierung
Verschiebungsmessung Vorrichtung für Zugversuche Zylinder aus Plexiglas Probe
Zelldruck Rollmembran Kolben Kugelkäfig (Kugellager) Dränage bzw. Porendruckmessung Rollmembran Fußplatte Druckkammer Abb. 7.17 Triaxialzelle nach B ISHOP und W ESLEY
114
7 Scherfestigkeit
ϑ (a)
(b)
(c)
Abb. 7.18 Bruchformen dichter (a) und lockerer (b, c) Proben im triaxialen Kompressionsversuch. Die Fassbildung ergibt sich bei Schmierung der Probenenden.
Abb. 7.19 Triaxialprobe vor (links) und nach (rechts) dem Abscheren
aber ε1 als eine positive Gr¨oße aufgetragen. Alternativ dazu kann die sog. logarithmische Dehnung 1 := ln(h/h0 ) aufgetragen werden, wobei h die aktuelle Probenh¨ohe ist. Bei kleinen Dehnungen gilt jedoch hinreichend genau ε1 ≈ 1 . 2. Die Volumendehnungskurve. Auf der Ordinate wird die Volumendehnung εv := ΔV /V0 (positiv bei Volumenzunahme) und auf der Abszisse wird die Axialdehnung ε1 aufgetragen. Das Anwachsen von εv mit ε1 wird als Dilatanz (dilatancy) und das entsprechende Abfallen als Kontraktanz (contractancy) bezeichnet. Von besonderer Bedeutung ist das Maximum der Spannungs-Dehnungskurve. Bei lockeren Sandproben wird allm¨ahlich ein Plateau erreicht, w¨ahrend man bei dichten Proben nach dem Maximum (peak) ein Abfallen (sog. Entfestigung, softening) erh¨alt. Sobald nun dieses
7.5 Der Triaxialversuch
115
Abb. 7.20 Ergebnisse eines Triaxialversuches mit einer lockeren und mit einer dichten Sandprobe
Maximum erreicht worden ist, ist das Tragverm¨ogen der Probe ersch¨opft, d.h. sie kann keine Steigerung von σ1 ertragen. Der Grund daf¨ur ist, dass die Spannungsneigung bzw. der mobilisierte Reibungswinkel ϕm seinen maximal m¨oglichen Wert ϕ erreicht hat. Somit kann man aus einem Triaxialversuch mit einem koh¨asionslosen Boden (z.B. Sand) den Reibungswinkel ϕ bestimmen: σ 1 − σ2 . sin ϕ = σ1 + σ2 max ¨ Man beachte u¨ brigens die prinzipielle Ahnlichkeit der Abbildungen 7.13 und 7.20. Im Gegensatz zum Triaxialversuch wird aber beim Rahmenscherversuch keine Verformung (ε), sondern der Scherweg (s) aufgetragen, und der Reibungswinkel eines koh¨asionslosen Materials ergibt sich aus τ . tan ϕ = σ max Die M OHRschen Kreise f¨ur den Zustand voll mobilisierter Reibung beim Triaxialund Rahmenscherversuch sind in den Abbildungen 7.21 und 7.22 dargestellt. In Abbildung 7.21 haben die Geraden PA und PB die Richtungen derjenigen Ebenen, bei denen die Spannungsneigung τ /σ maximal ist, d.h. τ /σ = tan ϕ. Es sind also die Ebenen, auf denen sich das Versagen bzw. Gleiten abspielt. Ihre Neigung zur Horizontalen betr¨agt ϑ (vgl. Abb. 7.18). Da ϑ der Peripheriewinkel zum Zentriwinkel 90◦ + ϕ ist, hat er den Wert: ϑ = 45◦ + ϕ/2 . Der Reibungswinkel wird u¨ blicherweise als eine Bodenkonstante angesehen. Tats¨achlich h¨angt er vom mittleren Druckniveau (σ1 + σ2 + σ3 )/3 sowie von der Porenzahl e ab. Mit wachsendem Druckniveau nimmt der Reibungswinkel ab (Barotropie) und mit wachsendem e nimmt er ebenfalls ab (Pyknotropie).
116
7 Scherfestigkeit
τ
Gleitebene (Scherfuge) A
P
ϕ
σ2
90o+ ϕ
ϑ
σ1max
M
σ
B ϑ Gleitebene
Abb. 7.21 M OHRscher Kreis f¨ur den Peak-Zustand eines Triaxialversuches
τ
P
Richtung der minimalen Hauptspannung
ϕ ϕ
σ
Richtung der maximalen Hauptspannung Abb. 7.22 M OHRscher Kreis f¨ur den Peak-Zustand eines Rahmenscherversuches
7.6 Entfestigung und Restscherfestigkeit Bei dichtem Boden zeigt die Auftragung von τ /σ u¨ ber s aus dem Rahmenscherversuch bzw. die Auftragung von σ1 /σ2 u¨ ber ε1 aus dem Triaxialversuch ein Abfallen von dem Peak-Wert (Entfestigung). Wird die Abscherung bzw. Verformung der Probe fortgesetzt, so erreichen diese Kurven ein Plateau. Dann ist die Scherfestigkeit auf die sog. Restscherfestigkeit abgesunken. Gr¨oßen, die sich auf dieses Plateau beziehen, erhalten den Index r (residuell, residual). Der Restreibungswinkel ϕr wird definiert durch σ1 − σ 2 sin ϕr = σ1 + σ2 r bzw. durch
7.6 Entfestigung und Restscherfestigkeit
tan ϕr =
117
τ σ
. r
Beziehen sich hingegen die Komponenten σ1 und σ2 bzw. τ und σ auf den Peak, so spricht man vom Peak-Reibungswinkel ϕp , wobei der Index p oft ausgelassen wird. Es muss hinzugef¨ugt werden, dass man mit dem Rahmenscherversuch und dem Triaxialversuch kaum ein Plateau nach vorangegangener Entfestigung erreichen kann. Der Grund daf¨ur ist, dass der dazu erforderliche Scherweg zu groß ist bzw. dass die Probe bereits vor dem Plateau eine stark vom Zylinder abweichende Form erreicht hat (Abb. 7.18), sodass man aus der axialen Belastungskraft und Stempelverschiebung kaum auf die Spannung und Dehnung der Probe schließen kann.10 Deshalb darf man den Triaxialversuch nicht auswerten, sobald die Probe Formen, wie in Abb. 7.18 gezeigt, erlangt hat. Sobald die Restscherfestigkeit erreicht wird, h¨ort die Volumen¨anderung der Probe auf, die Probe wird nunmehr bei konstantem Volumen deformiert. Die sich dann einstellende Dichte nennt man kritische Dichte bzw. kritische Porenzahl ec . Zur Darstellung dieses Vorgangs ist es aufschlussreich, nicht den Verlauf der Volumendehnung, sondern den Verlauf der Porenzahl beim Triaxialversuch darzustellen (Abb. 7.23). Der residuelle Zustand ist also nichts anderes als der kritische Zustand. Daher wird ϕr oft auch als ϕc , der kritische Reibungswinkel bzw. der Reibungswinkel beim kritischen Zustand bezeichnet.11 Aus den Abbildungen 7.20 und 7.23 ist ersichtlich, dass beim Peak Dilatanz herrscht, w¨ahrend am residuellen Zustand die Dilatanz verschwindet. Man kann daraus schließen, dass der Unterschied zwischen dem Reibungswinkel am Peak ϕp und dem residuellen Reibungswinkel ϕr auf die Dilatanz zur¨uckzuf¨uhren ist. Dabei wird die Dila¨ tanz als die Auflockerung (Volumenzunahme) interpretiert, die bei der Uberwindung der Verzahnung (interlocking) auftritt. Das hier angesprochene Konzept von TAYLOR l¨asst sich anhand der Einfachscherung (simple shear, Abb. 7.24) verdeutlichen.12 Die Arbeit f¨ur die Scherung, dW = τ ds, betr¨agt am Peak τp ds = σ · tanϕp ds. Wenn man ’eigentliche’ Reibung und Dilatanz separat betrachtet, so hat man dW = σ · tanϕp · ds = σ · tanϕr · ds + σ · dh
.
Mit dem Dilatanzwinkel ψ, tanψ = dh/ds, erh¨alt man 10
11
12
Man beachte, dass weder Spannungen noch Dehnungen direkt gemessen werden k¨onnen. Man erh¨alt die Spannung aus der gemessenen Kraft durch σ = F/A. Die Dehnung erh¨alt man aus der gemessenen Verschiebung Δh durch ε = Δh/h0 . Voraussetzung dabei ist, dass sich die Probe homogen verformt, d.h. Spannung und Dehnung haben u¨ berall in der Probe denselben Wert. Versuche mit homogener Probenverformung heißen Elementversuche. Manche Autoren unterscheiden zwischen ϕr und ϕc mit der Begr¨undung, dass bei großen Scherungen Einzelk¨orner zerrieben werden k¨onnen bzw. pl¨attchenf¨ormige K¨orner sich parallel einrichten, sodass sich schlussendlich ein Reibungswinkel ϕr einstellt, der kleiner als der kritische Reibungswinkel ϕc ist. Einen sp¨ateren Versuch, die Rolle der Dilatanz bei der Scherfestigkeit von B¨oden zu verstehen, stellt die sog. Stress-dilatancy-Theorie von ROWE dar (Proc. R. Soc. Lond. A 269 (1962) 500-527).
118
7 Scherfestigkeit
c
Abb. 7.23 Ergebnisse eines Triaxialversuches mit einer anfangs lockeren und einer anfangs dichten Sandprobe
ds dh
ψ
σ τ
h
Abb. 7.24 Einfachscherung (dilatante Scherung)
dW = σ · tanϕp · ds = σ · tanϕr · ds + σ · tanψ · ds
.
Daraus folgt eine Beziehung zwischen den Reibungswinkeln ϕp , ϕr und dem Dilatanzwinkel ψ: tanϕp = tanϕr + tanψ
.
(7.3)
Man beachte, dass weder der Dilatanzwinkel13 noch der Peak-Reibungswinkel ϕp Bodenkonstanten sind. Mit wachsendem Druck wird die Dilatanz unterdr¨uckt (ψ 13
Der Dilatanzwinkel (manchmal auch Aufgleitwinkel“genannt) ψ := arctan(dh/ds) ist ” im Verlauf eines Rahmenscher- oder Triaxialversuchs variabel. Es ist aber oft die Rede von dem Dilatanzwinkel. Man meint dann den Dilatanzwinkel am Peak. Auch l¨asst sich der Ausdruck dh/ds nicht f¨ur beliebige Deformationen auswerten. F¨ur Triaxialversuche
7.7 Scherfestigkeit koh¨asiver B¨oden
119
wird kleiner), und somit wird nach Gleichung (7.3) auch ϕp kleiner. Hingegen ist der kritische Reibungswinkel ϕc eine echte, bodentypische Stoffkonstante.
7.7 Scherfestigkeit koh¨asiver B¨oden Zur Einf¨uhrung wollen wir die Scherfestigkeit koh¨asiver B¨oden anhand des Rahmenscherversuchs untersuchen. Bei koh¨asiven B¨oden spielt neben der aktuellen Normalspannung σ auch die sog. Vorbelastung σv eine Rolle. Sie ist die maximale Normalspannung, die die Probe je erfahren“ hat (d.h. unter welcher die Probe konsolidiert ” worden ist). Je nachdem, ob σv = σ oder σv > σ , unterscheidet man zwischen den sog. normalkonsolidierten und u¨ berkonsolidierten Proben: σv = σ : normalkonsolidiert σv > σ : u¨ berkonsolidiert. Tr¨agt man die Scherfestigkeit τf normalkonsolidierter Proben u¨ ber σ auf (Abb. 7.25), so erh¨alt man eine unter dem Winkel ϕs geneigte Gerade durch den Ursprung. Hingegen liegen die Scherfestigkeiten u¨ berkonsolidierter Proben nicht auf einer Geraden durch den Ursprung. Dazu betrachten wir Proben, die alle mit der Normalspannung σv vorbelastet worden sind und anschließend bei kleineren Normalspannungen abgeschert werden. Ihre Scherfestigkeiten liegen auf der Geraden AB in Abbildung 7.25. τf B A c
ϕ ϕ
0
ϕs k
σ
σv
Abb. 7.25 Scherfestigkeiten normal- und u¨ berkonsolidierter Tonproben nach dem Konzept von K REY und T IEDEMANN
Im Bereich 0 < σ < σv wird also die Scherfestigkeit τf durch folgende Gleichung beschrieben: τf = c + σ tan ϕ
.
(7.4)
nimmt man u.a. ψ := arctan(dεv /dε1 ), es gibt aber auch andere Definitionen, auf welche hier nicht eingegangen wird.
120
7 Scherfestigkeit
c heißt die Koh¨asion und stellt denjenigen Anteil der Scherfestigkeit dar, der unabh¨angig von der aktuellen Normalspannung ist.14 c ist proportional zu σv . Die Proportionalit¨atskonstante kann zu tan ϕk gesetzt werden (s. Abb. 7.25): c = σv tan ϕk
.
(7.5)
F¨ur normalkonsolidierte Proben (σ = σv ) folgt nun aus Gleichungen 7.4 und 7.5: τf = σ (tan ϕ + tan ϕk ) = σ tan ϕs
.
F¨ur den Winkel ϕs (sog. Winkel der Gesamtscherfestigkeit) gilt dann offensichtlich: tan ϕs = tan ϕ + tan ϕk
.
Die hier dargestellte Koh¨asion bezieht sich auf die Peak-Scherfestigkeit. Die Scherfestigkeit u¨ berkonsolidierter Proben f¨allt nach dem Peak ab. D.h. bei einer gegebenen Auflast σ findet sich die Peak-Festigkeit auf der Geraden AB (Abb. 7.25), wohingegen sich die Restscherfestigkeit auf der Geraden OB befindet.15, 16 Dadurch l¨asst sich erkl¨aren, warum stark u¨ berkonsolidierte B¨oden, die den Eindruck einer großen Scherfestigkeit vermitteln, eine wesentlich abgeminderte Scherfestigkeit aufweisen k¨onnen (oft entlang sog. Harnischbruchfl¨achen, Abb. 7.26).
Harnisch߬ ache
Abb. 7.26 In einem festen Ton wird ein steiler Einschnitt hergestellt. Entlang einer alten Harnischbruch߬ache (die im Voraus schwer zu entdecken ist) ist jedoch die Scherfestigkeit stark reduziert, sodass es zu einer Rutschung kommen kann.
Man muss also damit rechnen, dass bei anhaltender Scherdeformation die Koh¨asion infolge Bodenauflockerung abgebaut wird (denn eigentlich ist die Koh¨asion nicht ein Resultat der Vorbelastung, sondern der Verdichtung, die durch die Vorbelastung verursacht wird). Deshalb empfiehlt sich, f¨ur Erdstrukturen, die u¨ ber l¨angere Zeit standsicher sein sollen, beim Standsicherheitsnachweis die Koh¨asion vorsichtigerweise 14 15
16
Statt c und ϕ wird vielfach c und ϕ geschrieben, um anzudeuten, dass sich diese Gr¨oßen auf die effektiven Spannungen beziehen. Mit Ton erh¨alt man a¨ hnliche Spannungs-Dehnungskurven wie mit Sand (vgl. Abb. 7.13). Dabei verh¨alt sich u¨ berkonsolidierter Ton wie dichter Sand und normalkonsolidierter Ton wie lockerer Sand. Da die Gerade OB die Restfestigkeit angibt, ist ϕs nichts anderes als der kritische Reibungswinkel ϕc , ϕs ≡ ϕc .
7.7 Scherfestigkeit koh¨asiver B¨oden
121
erst gar nicht anzusetzen bzw. die Scherfestigkeit nur nach Maßgabe des Winkels ϕs (d.h. τf = σ tan ϕs ) anzusetzen.17 Hingegen ist die zun¨achst zur Verf¨ugung stehende Scherfestigkeit bei schneller Belastung wasserges¨attigter B¨oden nur durch Koh¨asion bedingt. Dies hat seinen Grund darin, dass die aufgebrachten Normalspannungen keine Reibungsfestigkeit hervorrufen k¨onnen, denn sie wirken zun¨achst nicht auf das Kornger¨ust, sondern auf das Porenwasser. Damit sie n¨amlich vom Kornger¨ust wahrgenommen“ werden, m¨ussen ” sie es komprimieren. Dazu muss aber das in den Poren eingeschlossene Wasser erst entweichen. Das Ausquetschen (sog. Dr¨anieren) des Wassers wiederum braucht (aufgrund seiner Viskosit¨at) eine erhebliche Zeit (siehe Abschnitt Konsolidierung“). ” Deshalb wird eine schnell“ aufgebrachte Normalspannung zun¨achst vom Poren” wasser getragen, und es steht nur diejenige Scherfestigkeit zur Verf¨ugung, die auch vor der schnellen Belastung verf¨ugbar war.18 Diese wird undr¨anierte Scherfestig” keit“ su oder undr¨anierte Koh¨asion“ cu genannt. Der Wert von cu kann anhand ” von Triaxialversuchen mit undr¨anierten wasserges¨attigten Proben ermittelt werden, die mit der vor der schnellen Belastung herrschenden Effektivspannung konsolidiert worden sind. Man erh¨alt daraus f¨ur den Bruchzustand M OHRsche Kreise, die von der (totalen!) Seitenspannung σ2 unabh¨angig sind (Abb. 7.27). Die undr¨anierte Scherfestigkeit su bzw. undr¨anierte Koh¨asion cu wird f¨ur den Nachweis der sog. Anfangstandfestigkeit herangezogen. Diese wird aufgrund von totalen Spannungen nachgewiesen. Entgegen einer gel¨aufigen Meinung ist cu keine Bodenkonstante, sondern gibt die Scherfestigkeit an, welche an einem bestimmten Ort aktuell (d.h. ohne weitere Konsolidierung) verf¨ugbar ist.
Abb. 7.27 M OHRsche Kreise im Bruchzustand von undr¨anierten wasserges¨attigten Proben im Triaxialversuch
17 18
Schon 1874 schrieb R ANKINE: friction is the only force which can be relied upon to produce permanent stability (Zitat aus A. S CHOFIELD, Disturbed Soil Properties). Eine Belastung ist dann schnell“ aufgebracht, wenn sie innerhalb einer Zeit erfolgt, welche ” erheblich k¨urzer als die Zeit ist, welche f¨ur etwa 50% Konsolidierung (siehe Kapitel 11) erforderlich ist.
122
7 Scherfestigkeit
7.7.1 Anmerkungen zur Koh¨asion Im Zusammenhang mit den Standsicherheitsnachweisen der Bodenmechanik ist die Koh¨asion eine wichtige Gr¨oße. Das im vorangegangenen Abschnitt vorgestellte Konzept von K REY und T IEDEMANN, dass n¨amlich die Koh¨asion proportional zur Vorbelastung ist, ist u¨ bersichtlich und instruktiv. Man muss aber bedenken, dass es nur eine N¨aherung darstellt. Eigentlich sollte statt der Geraden AB in Abb. 7.25 eine Linie genommen werden, die sich zum Ursprung hin kr¨ummt (Abb. 7.28). Die Natur, d.h. der physikalische Ursprung der Koh¨asion, ist kontrovers.19 Erkl¨arungen wurden herangezogen, die sich auf elektromagnetische Anziehungskr¨afte der oberfl¨achenaktiven Tonpartikel berufen. Eine wichtige Rolle hat dabei die Beobachtung gespielt, dass die Koh¨asion von den chemischen Eigenschaften des Porenfluids bzw. von den darin gel¨osten Stoffen abh¨angt. Ein großer Anteil der Koh¨asion von Schluff und Ton d¨urfte auf den Binnendruck zur¨uckzuf¨uhren sein, der durch die Kapillarbr¨ucken (Menisken) zwischen den einzelnen K¨ornern bedingt ist. Als scheinbare“ Koh¨asion verschwindet sie bei voller S¨attigung. ” Wenn die Koh¨asion g¨anzlich auf einen Binnendruck zur¨uckzuf¨uhren ist, so m¨usste sie bei verschwindenden effektiven Spannungen verschwinden. In diesem Fall m¨usste die Gerade AB in Abb. 7.25 durch eine gekr¨ummte Linie nach Abb. 7.28 er¨ setzt werden. Diese Abbildung weist markante Ahnlichkeit mit der sog. Critical state theory und dem Cam-Clay-Model auf, das von ROSCOE u.a. f¨ur normal bis leicht u¨ berkonsolidierten Ton eingef¨uhrt worden ist (siehe auch Abschnitt 16.3.2). Das Cam-Clay-Model bezieht sich nicht auf den Rahmenscherversuch, sondern auf den Triaxialversuch. Daher werden anstelle der Variablen τ und σ die Variablen q := σ1 − σ2 = σ1 − σ2 und p := 31 (σ1 + σ2 + σ3 ) = 13 (σ1 + 2σ2 ) verwendet, die eine a¨ hnliche physikalische Bedeutung haben. Die der Abb. 7.28 entsprechenden Kurven des Cam-Clay-Models werden in Abb. 7.29 gezeigt. Die dort dargestellte Gerade heißt critical state line, und ihre Neigung zur Abszisse ist ϕc , der sog. kritische Reibungswinkel. Man sieht also, dass der ’Reibungswinkel der Gesamtscherfestigkeit’ ϕs nichts anderes als der kritische Reibungswinkel ist. τf
B
A 0
σ
Abb. 7.28 Scherfestigkeit von u¨ berkonsoliertem Ton. Korrektur zu Abb. 7.25
19
Siehe z.B. M.J. H VORSLEV, Physical Components of the Shear Strength of Saturated Clays, ASCE Research Conference on Shear Strength of Cohesive Soils, Boulder/Colorado 1960.
7.7 Scherfestigkeit koh¨asiver B¨oden
123
q B
0
D
U
p
Abb. 7.29 Geometrischer Ort von Peak-Scherfestigkeiten qpeak nach dem Cam-Clay-Model. Die Scherfestigkeiten normalkonsolidierter Proben finden sich auf dem ausgezogenen geraden Teil der Linie OB (die sog. critical state line), w¨ahrend die Peak-Scherfestigkeiten von u¨ berkonsolidierten Proben sich auf dem ausgezogenen gekr¨ummten Teil von OB befinden. Man kann zum Zustand B gelangen, entweder mit einem dr¨anierten Triaxialversuch, der bei D startet, oder mit einem undr¨anierten Triaxialversuch, der bei U startet. Die Kurvenz¨uge DB und UB stellen sog. Spannungspfade dar.
Man sollte zwischen aufbereiteten und ungest¨orten Proben unterscheiden.20 Aufbereitete Proben werden gerne zu Laborversuchen herangezogen: Der Ton wird mit Wasser anger¨uhrt21 und unter der gew¨unschten Spannung konsolidiert. Im Gegensatz zu aufbereiteten Proben k¨onnen ungest¨orte Tonproben eine Koh¨asion aufweisen, die auf eine Zementierung der K¨orner zur¨uckzuf¨uhren ist. Man kann also zwischen folgenden Arten von Koh¨asion unterscheiden: ¨ Verzahnung (interlocking): Es handelt sich hierbei um einen Uberschuss an Scherfestigkeit, der auf die u¨ berkritische Verdichtung des Bodens zur¨uckzuf¨uhren ist und der mit zunehmender Scherung/Auflockerung verloren geht. Koh¨asion infolge Verzahnung ist keine Koh¨asion im strengen Sinne, denn es handelt sich hierbei um einen Scherfestigkeitsanteil, der bei σ = 0 verschwindet. Es ist lediglich eine – oft sinnvolle – Annahme, die gekr¨ummte τf (σ )-Kurve durch eine Gerade zu approximieren, die einen Achsenabschnitt c > 0 hat.22 In diesem Fall ist die Koh¨asion eine rechnerische Gr¨oße, die durch die Linearisierung einer gekr¨ummten τf (σ )-Kurve entsteht. Da die Linearisierung nur f¨ur einen beschr¨ankten σ -Bereich sinnvoll ist, ist die Angabe einer Koh¨asion nur f¨ur diesen Bereich g¨ultig. Kapillarit¨at: Bei unvollst¨andiger S¨attigung S, 0 < S < 1, erzeugen die Fl¨ussigkeitsmenisken einen Binnendruck, der (¨uber Reibung) eine Scherfestigkeit, die Kapillarkoh¨asion, verursacht. Zementierung: Darunter versteht man eine Verkittung, die die einzelnen K¨orner zusammenh¨alt. Sie kann z.B. durch Versinterung bei der Durchsickerung mit Porenwasser entstehen. Die Zementierung ist oft spr¨ode, d.h. sie wird schon bei geringer Verformung abgebaut. Durch die bei der Entnahme unvermeidli20 21 22
Siehe z.B. J. G RAHAM and E.C.C. L I, Comparison of Natural and Remolded Plastic Clay, Journal of Geotechnical Engineering, 111/7 (1985) 865–881. Dies sollte unter Vakuum geschehen, sonst verbleiben Luftbl¨aschen in der Probe. Siehe auch A. S CHOFIELD, Disturbed Soil Properties and Geotechnical Design, Telford 2005.
124
7 Scherfestigkeit
che St¨orung der Probe wird die Zementierung meist zerst¨ort. Sie bleibt also oft unerkannt und stellt eine stille Sicherheitsreserve dar. Elektrochemische Anziehung: Sie wird auf physikochemische Oberfl¨acheneffekte zur¨uckgef¨uhrt, die schwer durchschaubar sind. Daher ist ihre Bedeutung in der Bodenmechanik kontrovers.
7.8
¨ Durchfuhrungsvarianten des Triaxialversuches
Je nach Versuchsbedingungen unterscheidet man folgende drei Varianten (siehe auch DIN 18137): 1. konsolidierter, dr¨anierter Versuch (CD-Versuch) 2. konsolidierter, undr¨anierter Versuch (CU-Versuch) 3. unkonsolidierter, undr¨anierter Versuch (UU-Versuch). 7.8.1 Konsolidierungsphase Eine hydrostatische Belastung wird durch die Aufbringung des Zelldrucks σc bewerkstelligt. Aufgrund der Viskosit¨at des Wassers, das ausgequetscht werden muss, muss die Kompression (sog. Konsolidierung) u¨ ber eine l¨angere Zeit abgewartet werden (siehe Kapitel Konsolidierung“). Dabei wird mit der Zeit (etwa nach 1, 4, 9, 16, ” 25, . . . Minuten) die ausgequetschte Porenwassermenge ΔV abgelesen und in ein Diagramm nach Abb. 7.30 aufgetragen. Die Zeit t100 , die zur 100%-igen prim¨aren Konsolidierung erforderlich ist, ergibt sich aus dem Schnittpunkt der beiden dort eingetragenen Geraden.
Abb. 7.30 Zur Bestimmung der Konsolidierzeit t100
7.8
Durchf¨uhrungsvarianten des Triaxialversuches
125
7.8.2 CD-Versuch Beim CD-Versuch darf eine wasserges¨attigte Probe dr¨anieren und a¨ ndert somit w¨ahrend des Versuchs ihr Volumen nach Maßgabe der Dilatanz bzw. Kontraktanz des untersuchten Bodens. Beim CD-Versuch wird in der Probe zwangsl¨aufig ein (¨ortlich variabler) Porenwasserdruck aufgebaut, sodass dieser Versuch streng genommen kein Elementversuch ist. Wenn aber die Belastungs- bzw. Deformationsgeschwindigkeit hinreichend klein ist, so wird der Poren¨uberdruck recht bald dissipieren, sodass er insgesamt klein bleibt und die totalen Spannungen ann¨ahernd gleich den effektiven sind. Die maximale Vorschubgeschwindigkeit v1,max kann mit folgender empirischer Formel abgesch¨atzt werden:23
v1,max =
h ε1f 15 t100
.
Hierbei sind h die Probenh¨ohe, ε1f die erwartete Peak-Dehnung und t100 die Zeit bis zum Abschluss der prim¨aren Konsolidierung. F¨ur Proben mit 10 cm2 Querschnittsfl¨ache gelten ungef¨ahr die Werte nach Tabelle 7.1. Tabelle 7.1 Maximalwerte f¨ur die axiale Vorschubgeschwindigkeit f¨ur CD-Versuche in Abh¨angigkeit von der Plastizit¨atszahl Ip Ip (%) v1 ≤ 10 10 - 25 25 - 50 > 50
(mm/min) 0,010 0,005 0,002 0,001
Die seitliche Dehnung ε2 (≡ ε3 ) wird aus der Volumen¨anderung ΔV errechnet: ε2 = ε3 = (ΔV /V0 − ε1 )/2. ΔV ist das Volumen der aus der Probe ausgequetschten Wassermenge. Voraussetzung daf¨ur ist eine volle S¨attigung der Probe, welche durch back pressure erreicht wird, siehe Abschnitt 7.8.3. Man schert ab, bis das Maximum von σ1 bzw. ε1 = 20% erreicht wird. Die Auswertung erfolgt nach Abb. 7.31. In das dort dargestellte Diagramm (rechts) werden die aus den einzelnen Triaxialversuchen erhaltenen Punkte {σ1,max ; σ2 } eingetragen. Eine Ausgleichsgerade liefert α und b. Daraus folgt sin ϕ = tan α, c = b/ cos ϕ.24 Im Diagramm links ergibt sich die Grenzgerade als gemeinsame Tangente von (mindestens) zwei Grenz-Spannungskreisen. 23
24
Ein strenge Berechnung ist sehr kompliziert und kann nur unter Ber¨ucksichtigung des Stoffgesetzes und finiter Elemente erfolgen, siehe z.B. T.A. N EWTON et al., Selecting the rate of loading for drained stress path triaxial tests, G´eotechnique 47/5 (1997) 1063–1067. Einige Autoren versehen Gr¨oßen, die aus dem CD-Triaxialversuch ermittelt werden, mit einem Strich und schreiben ϕ , c , α , b anstelle von ϕ, c, α, b. Dieser unn¨otigen Komplikation wird in diesem Buch nicht gefolgt.
126
7 Scherfestigkeit σ1 −σ2 2
τ
ϕ
c
σ2
σ1p
α
b
σ
45◦
σ1 +σ2 2
Abb. 7.31 Zwei alternative Auswertungen von CD-Triaxialversuchen
7.8.3 CU-Versuch Die Probe muss ges¨attigt sein. Dies wird durch den sog. B-Test u¨ berpr¨uft: Bei voller S¨attigung muss eine Erh¨ohung des Zelldrucks Δσ2 eine genauso große Erh¨ohung des Porendrucks Δu nach sich ziehen, d.h. das Verh¨altnis B := Δu/Δσ2 muss (nahezu) gleich 1 sein.25 Unges¨attigte Proben k¨onnen dadurch ges¨attigt werden, dass ihr Porensystem mit einem sog. S¨attigungsdruck (back pressure) u0 beaufschlagt wird. Dadurch wird die allf¨allig eingeschlossene Luft in das Porenwasser gel¨ost. Vielfach wird vorher die Luft durch CO2 ersetzt, da dieses Gas viel l¨oslicher in Wasser ist. Selbstverst¨andlich muss auch der Zelldruck um denselben Betrag (u0 ) erh¨oht werden. Der erforderliche S¨attigungsdruck u0 betr¨agt u0 ≈ 5000
kN 1 − Sr · m2 Sr
,
wobei Sr der Ausgangs-S¨attigungsgrad ist. Die axiale Stauchungsgeschwindigkeit darf zehnmal gr¨oßer als nach Tabelle 7.1 gew¨ahlt werden. W¨ahrend der Abscherung wird der Porenwasserdruck u gemessen. Somit k¨onnen die effektiven Spannungen bestimmt werden: σ1 = σ1 − u
,
σ2 = σ2 − u
.
Ihre Auftragung in einem Diagramm ergibt den sog. effektiven Spannungspfad. Man beachte, dass beim CD-Versuch der Spannungspfad vorgegeben wird, w¨ahrend sich das Material beim CU-Versuch seinen Spannungspfad sozusagen selbst w¨ahlt. Insbesondere tritt das Maximum des σ1 /σ3 -Wertes nicht simultan mit dem Maximum von σ1 − σ2 auf. Die Auswertung erfolgt wie beim CD-Versuch, jedoch wird die Ausgleichsgerade als Umh¨ullende der effektiven Spannungspfade gew¨ahlt. 7.8.4 UU-Versuch Die Versuchsdurchf¨uhrung ist schnell (ε˙1 ≈ 1% pro Minute). Der Porendruck wird u¨ blicherweise nicht gemessen. Aufgezeichnet werden die Seitenspannung σ2 und 25
Man beachte, dass hier der Porendruck mit u gekennzeichnet wird.
7.9
Fehlerquellen beim Triaxialversuch
127
die maximale Axialspannung σ1 (bzw. die Axialspannung bei ε1 = 20%). Ihre Auftragung als M OHRsche Kreise nach Abb. 7.27 ergibt die sog. undr¨anierte Koh¨asion cu .
7.9
Fehlerquellen beim Triaxialversuch
Damit die Verformung der Probe m¨oglichst homogen (gleichm¨aßig) abl¨auft, muss die Reibung an der Kopf- und an der Fußplatte eliminiert werden. Deshalb werden die Probenendplatten mit einer d¨unnen Schmierschicht und einer d¨unnen Gummihaut bedeckt. Diese Maßnahme birgt aber den Nachteil, dass im Zuge der Belastung die Fettschicht zum Teil ausgequetscht und die Gummimembran komprimiert wird. Die gemessene Stempelverschiebung u1 entspricht dann nicht ganz der Probenverk¨urzung, sondern ein Teil davon wird zur Kompression der Fett- und Gummischichten aufgezehrt, was zum sog. bedding error f¨uhrt. Der Stempel muss durch die Zelle hindurchgef¨uhrt werden, ohne dass die Druckluft (bzw. das unter Druck stehende Zellwasser) entweichen kann. Die hierzu erforderliche Abdichtung bewirkt, dass der Stempel nicht reibungsfrei gef¨uhrt werden kann. Daher empfiehlt es sich, die Kraftmessung innerhalb der Zelle vorzunehmen. Auch beim Triaxialversuch muss der Stempel absolut parallel gef¨uhrt werden, damit es nicht zu einer Verkantung kommen kann. Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob man schlanke oder gedrungene Proben benutzen soll. Oft verwendet man ungeschmierte Probenenden, wodurch die seitliche Ausdehnung der Probe in der N¨ahe der Endplatten verhindert wird. Es kommt so zu einer fassf¨ormigen Verformung der Probe. Durch Verwendung schlanker Proben (H¨ohe:Durchmesser = 3:1) hofft man, in der Probenmitte einen nur geringen Einfluss der Probenenden zu erhalten. Wenn man aber eine m¨oglichst homogene Verformung der Probe anstrebt, w¨ahlt man gedrungene Proben (H¨ohe:Durchmesser = 1:1) bei Verwendung geschmierter Probenendplatten. Die Unterdr¨uckung der diversen Fehlerquellen ist schwierig. Folgende Punkte sind zu beachten: • gute und m¨oglichst reibungslose Stempelf¨uhrung • Elimination der Reibung an den Probenendplatten • Elimination des bedding errors infolge Schmierung der Endplatten, eventuell durch Messung der Verformung direkt an der Probe • Elimination des Einflusses der Gummimembran. Diese u¨ bt infolge ihrer Elastizit¨at eine Kraft auf das Kornger¨ust aus. Des Weiteren beeinflusst sie die Menge des ausgequetschten Porenwassers. Die o.a. Fehler k¨onnen, wenn u¨ berhaupt, nur n¨aherungsweise eliminiert werden.26 Alle diesbez¨uglichen Bem¨uhungen zielen darauf ab, eine m¨oglichst homogene Deformation zu erreichen. Diese l¨asst sich jedoch nicht erzwingen, und es zeigt sich, 26
¨ Eine Ubersicht u¨ ber die Triaxialversuchstechnik findet sich in Advanced Triaxial Testing ” of Soil and Rock“, ASTM, STP 977, 1988.
128
7 Scherfestigkeit
dass die Probe mit zunehmender Verformung immer inhomogener wird (Abb. 7.18). Es kommt (trotz Schmierung) zur Fassbildung oder zur Halb-Fassbildung (sog. Elefantenfuß). Es kann auch zur Bildung von Scherfugen kommen. Die inhomogene Deformation der Probe tritt durch allm¨ahliche Verst¨arkung von zuf¨alligen Anfangsinhomogenit¨aten auf. Als Anfangsinhomogenit¨at ist auch das Eigengewicht der Probe anzusehen, das bei kleinen Seitendr¨ucken starken Einfluss aus¨ubt und zu einer sofort einsetzenden Elefantenfußbildung f¨uhrt. Eine weitere Inhomogenit¨at stammt von der Probenoberfl¨ache. Zum Beispiel ist die Dichte eines Granulats in einem Beh¨alter mit glatten W¨anden an den R¨andern erheblich herabgesetzt. Die Inhomogenit¨at kann aber auch spontan eintreten. Mathematisch betrachtet liegt der Grund darin, dass die aufgepr¨agte Randverschiebung die Verformung der Probe nicht eindeutig vorschreibt. Irgendwann werden zwei (oder mehrere) Verformungen m¨oglich. Dieser Vorgang wird als Verzweigung (Bifurkation) bezeichnet. Es ist sinnlos, wird aber leider immer wieder gemacht, den Triaxialversuch nach aufgetretener deutlich inhomogener Verformung fortzusetzen. Bei inhomogen deformierten Proben sind n¨amlich Spannung und Deformation o¨ rtlich variable Gr¨oßen und daher mehr oder weniger unbekannt, denn sie lassen sich u¨ ber die integralen Messgr¨oßen (Stempelkraft, Zelldruck und Verschiebung des Probenrandes) nicht bestimmen.
7.10
Ergebnisse von Triaxialversuchen
Die u¨ blicherweise bei Triaxialversuchen realisierten Spannungspfade k¨onnen im dreidimensionalen Raum, der durch die drei Hauptspannungen σ1 , σ2 und σ3 aufgespannt wird (sog. Spannungsraum), dargestellt werden. σ1 ist die achsiale Normalspannung, w¨ahrend σ2 und σ3 die horizontalen Normalspannungen sind. Wegen der Achsialsymmetrie des konventionellen Triaxialversuches gilt σ2 ≡ σ3 . Daher lassen sich dessen Spannungspfade in einem zweidimensionalen Diagramm (bzw. Span” nungsraum“) darstellen, das von den Komponenten σ2 und σ1 bzw. σ3 und σ1 aufgespannt wird. In der Bodenmechanik wird gerne auch die sog. R ENDULIC-Ebene verwendet, welche von der σ1 -Achse und der Hauptdiagonale des Spannungsraumes aufgespannt wird, siehe Abb. 7.32. Meist wird zun¨achst isotrop belastet und anschließend bei konstantem Seitendruck (σ2 = σ3 = const) komprimiert (Pfad a). Der Pfad b entspricht einem sog. deviatorischen Versuch, bei dem die Hauptspannungssumme σ1 + σ2 + σ3 konstant bleibt. Die Pfade c und d stellen sog. Extensionsversuche dar. Dabei werden in der Probe keine Zugspannungen eingestellt (was ja bei koh¨asionslosen B¨oden unm¨oglich ist). Der Name Extension r¨uhrt lediglich daher, dass die Seitenspannung σ2 betragsm¨aßig gr¨oßer als die Axialspannung σ1 ist. Um solche Versuche durchzuf¨uhren, muss der Stempel mit der Kopfplatte zugfest angeschlossen werden. Betrachten wir jetzt die Spannungs-Dehnungskurve aus dem Spannungspfad a. Auf der Abszisse wird die Dehnung ε1 dargestellt (man verwendet entweder die sog. Ingenieurdehnung ε1 := Δu1 /h0 , wobei Δu1 die Stempelverschiebung und h0 die Anfangsh¨ohe der Probe ist, oder die logarithmische Dehnung 1 = ln(1 − ε1 )).
Ergebnisse von Triaxialversuchen
129
σ1
σ1
d
7.10
tan
σ1 = σ2 = σ3
zus
enz
Gr
σ3
a b
√ σ2 2
d
σ1
=
c Gren
σ2
σ2
=
zzus
σ3
tand
√
2σ2
Abb. 7.32 R ENDULIC-Ebene in r¨aumlicher (links) und ebener (rechts) Darstellung, a, b, c, d sind m¨ogliche Spannungspfade.
Sie unterscheiden sich voneinander erst bei gr¨oßeren Dehnungen, z.B. entspricht dem Wert ε1 = 10% die logarithmische Dehnung 1 = 9, 5%, und f¨ur ε1 = 20% erh¨alt man 1 = 18, 2%. Auf der Ordinate wird die Spannung eingetragen. Man stellt entweder σ1 oder den Spannungsdeviator σ1 − σ2 dar. Obwohl Kompressionsspannungen und Kompressionsdehnungen als negativ betrachtet werden, werden sie bei den zeichnerischen Darstellungen u¨ blicherweise als positive Gr¨oßen behandelt. Man beachte, dass je nach den verwendeten Spannungsgr¨oßen die Kr¨ummung der Spannungs-Dehnungskurve unterschiedlich ausf¨allt. In der Abbildung 7.33 sind die verschiedenen Auftragungen f¨ur einen konventionellen Triaxialversuch (Spannungspfad a in Abb. 7.32) mit dichtem Sand dargestellt. Aus dem Peak wird der Reibungswinkel ϕ abgelesen. Bei lockeren Proben und bei Proben aus weichen K¨ornern wird aber kein Peak erreicht, die SpannungsDehnungslinie w¨achst monoton an, bis aus technischen Gr¨unden der Versuch abgebrochen werden muss bzw. bis die Probe stark inhomogen geworden ist. Man geht dann oft pragmatisch“ vor und definiert als Peak den Zustand bei einer be” stimmten Dehnung, etwa bei ε1 = 20%. Man bestimmt dann als Reibungswin2 kel den Wert arcsin σσ11 −σ . Dieses Vorgehen ist jedoch willk¨urlich. Die +σ2 ε1 =20%
Spannungs-Dehnungslinien aus Abb. 7.33 lassen sich nicht durch eine einfache analytische Funktion (etwa σ1 = a(1 − e−bε1 )) approximieren. Der Hyperbelansatz nach KONDNER mit σ1 − σ 2 =
ε1 a + b ε1
schmiegt sich an die (σ1 −σ2 )-ε1 -Kurve recht gut an, hat jedoch den Nachteil, dass er ε1 keinen Peak aufweist. Die Parameter a und b lassen sich aus der Geraden = σ1 − σ2 a + b ε1 ablesen. Es ist interessant, die σ1 -ε1 -Kurven bei verschiedenen Seitenspannungen σ2 zu vergleichen. W¨urden die normierten Spannungen bei verschiedenen Druckniveaus
130
7 Scherfestigkeit
-σ2σ2[MPa] σσ1 1− (MPa)
.5 .4 .3 .2 .1
-σ22)/(σ )/(σ1+σ (σ1 (σ −1σ σ ) 1 + 2) 2
0
0
4
8
12
0
4
8
12
0
4
8
12
.75 .60 .45 .30 .15 0 6
/σ22 σσ11/σ
5 4 3 2 1
εε11 (%) [%] Abb. 7.33 Verschiedene Auftragungen der Ergebnisse von einem Triaxialversuch mit einer Probe aus Sand
σ2 zusammenfallen, so w¨urde dies bedeuten, dass die Steifigkeit dσ1 /dε1 proportional zum Druckniveau ist und dass der Reibungswinkel ϕ druckunabh¨angig ist. Tats¨achlich beobachtet man bei Sandproben, dass die Steifigkeit unterlinear mit dem Druckniveau w¨achst und dass der Reibungswinkel mit wachsendem Druckniveau kleiner wird (Abb. 7.34). Dieser Effekt wird als Barotropie bezeichnet. Abgesehen von der Spannungs-Dehnungslinie gewinnt man aus dem Triaxialversuch auch die Volumendehnungslinie. Sie hat den in Abb. 7.20 gezeigten typischen Verlauf. Abb. 7.35 zeigt Triaxialversuchsergebnisse f¨ur ein breites Spektrum von Lagerungsdichten (von locker“ bis dicht“). Den Einfluss der Dichte auf das Mate” ” rialverhalten nennt man Pyknotropie.
7.10
Ergebnisse von Triaxialversuchen
131
ee 53 0,53 0 0==0, 6 1000 kPa 800 kPa 600 kPa 500 kPa 400 kPa 300 kPa 200 kPa 100 kPa 50 kPa
σσ /σ2 1 /σ 1 2
5 4 3 2 1
0
4
8
12
0
4
8
12
[%] εεvv (%)
6 4 2 0
[%] εε11(%)
Abb. 7.34 Ergebnisse von Triaxialversuchen bei verschiedenen Seitendr¨ucken. e0 ist die anf¨angliche Porenzahl.
Die Volumendehnungskurven f¨ur dichten Sand aus Abb. 7.35 zeigen eine steigende Tendenz, d.h. die Probe lockert sich w¨ahrend des Versuchs auf. Da das Volumen einer Sandprobe nicht unbegrenzt wachsen kann, muss man erwarten, dass die Volumendehnung beschr¨ankt ist: Bei einer hinreichend großen Dehnung, die man allerdings experimentell wegen der einsetzenden Inhomogenit¨at nicht immer realisieren kann, wird asymptotisch ein Wert erreicht, der der sog. kritischen Dichte entspricht. Dann weist die Probe keine weitere Dilatanz (d.h. Volumenzunahme) auf. Auch die Spannungs-Dehnungslinie dichten Sandes weist bei fortgesetzter Verformung einen Abfall vom Peak auf und schmiegt sich einer horizontalen Asymptote an, die dem sog. Restreibungswinkel (oder residuellen Reibungswinkel) ϕr entspricht. Das Abfallen vom Peak wird als Entfestigung (softening) bezeichnet. Es ist zu betonen, dass Vorg¨ange, die sich jenseits des Peaks abspielen, wegen der unweigerlich einsetzenden Inhomogenit¨at der Verformung kaum durch Versuche mit homogen verformten Proben zu beobachten sind. Es handelt sich also eher um Schlussfolgerungen, die man indirekt gewinnen kann.
132
7 Scherfestigkeit
σσc0==100 100 kPa kPa 0.53 0.56 0.60 0.63 0.67 0.70 0.74
3
1
σ1σ/σ/σ2
2
4
2
1
0
4
8
12
0
4
8
12
εεvv (%) [%]
4
2
0
ε (%)
ε11 [%]
Abb. 7.35 Ergebnisse von Triaxialversuchen bei verschiedenen Ausgangsporenzahlen (s. Legende). σc = σ2 ist der konstante Zelldruck.
Abb. 7.36 Ergebnis von Belastung, Entlastung und Wiederbelastung beim Triaxialversuch
7.11
Verhalten von undr¨anierten Proben
133
Wenn man den Belastungssinn umkehrt und von der Belastung zur Entlastung u¨ bergeht, so stellt man fest, dass nach einem abgeschlossenen Belastungszyklus immer eine Restverformung ( plastische“ Verformung εpl , Abb. 7.36) verbleibt, un” abh¨angig davon, bei welchem Zustand die Entlastung vorgenommen wurde. Im Gegensatz zu Metallen existiert also bei B¨oden kein sog. elastischer Bereich, d.h. ein Spannungsbereich, innerhalb dessen die Verformungen elastisch (d.h. reversibel) sind. Bei der Durchf¨uhrung von wiederholter Ent- und Wiederbelastung stellt man i.A. eine allm¨ahliche Verdichtung der Probe fest. Das hierbei beobachtete sog. zyklische Verhalten von B¨oden ist recht kompliziert.
7.11
Verhalten von undr¨anierten Proben
Bei undr¨anierten Triaxialversuchen wird der Porendruck gemessen, sodass man aus den totalen Spannungen σ1 und σ2 durch Subtraktion des Porenwasserdrucks u die effektiven Spannungen bestimmen kann:27 σ1 = σ1 − u
,
σ2 = σ2 − u
.
Man beachte, dass bei σij und σij Kompression negativ, w¨ahrend (hier) beim Porendruck u Kompression positiv z¨ahlt. Bei undr¨anierten Versuchen tritt wegen der Inkompressibilit¨at des Wassers keine Volumendehnung auf (d.h. εv ≡ 0), daf¨ur ist aber der Verlauf der effektiven Spannungen von besonderem Interesse. Bei undr¨anierten triaxialen Kompressionsversuchen erh¨alt man, je nach Ausgangsspannung σ1 = σ2 = σ3 und Dichte, drei verschiedene Typen von Kurven. Die Spannungs-Dehnungskurven sind in Abb. 7.37, und die entsprechenden Spannungspfade sind in Abb. 7.38 dargestellt. Man beachte, dass die Kurven A und B jeweils ein Maximum (Peak) aufweisen. Kurve A f¨allt nach dem Peak auf einen asymptotischen (residuellen) Wert ab, w¨ahrend die Kurve B zun¨achst abf¨allt, um dann wieder zu wachsen. Kurve C w¨achst, und der Deviator σ1 − σ2 (≡ σ1 − σ2 ) weist bei ihr kein Maximum auf. Man beachte, dass bei den F¨allen B und C der Deviator σ1 − σ2 nicht monoton anw¨achst, w¨ahrend das Spannungsverh¨altnis σ1 /σ2 und der Sinus des mobilisierten Reibungswinkels sin ϕm = (σ1 − σ2 )/(σ1 + σ2 ) monoton wachsen und beschr¨ankt sind (siehe Abb. 7.37 und 7.38). F¨ur die Darstellung von Spannungspfaden mit Axialsymmetrie (d.h. σ2 ≡ σ3 ) wird oft ein leicht modifiziertes Koordinatensystem verwendet. Als Abszisse dient der hydrostatische Druckanteil p = (σ1 + σ2 + σ3 )/3 und als Ordinate der Spannungsdeviator q = σ1 −σ2 = σ1 −σ2 (Abb. 7.38). Gem¨aß der u¨ blichen Konvention werden Kompressionsspannungen in der grafischen Darstellung als positiv aufgetragen. Die Darstellung der Spannungspfade A, B und C im p -q-Diagramm findet sich in Abb. 7.39 (schematisch) und Abb. 7.40 (gemessen), wobei sich rechts die entsprechenden Spannungs-Dehnungslinien (identisch mit Abb. 7.37) finden. 27 29
Hier wird der Porendruck mit u gekennzeichnet. www.torsten-wichtmann.de
134
7 Scherfestigkeit σ1
C
σ2 Peak
B
A ε1 σ1
σ1
σ2
A,B,C
σ2
ε1
Abb. 7.37 Spannungs-Dehnungskurven bei undr¨anierten Triaxialversuchen σ1
C
σ2
σ1
B
u D
A
0
σ2
Abb. 7.38 Spannungspfade bei undr¨anierten Triaxialversuchen
Aus der Darstellung der Spannungspfade in Abb. 7.38 kann der Porendruck abgelesen werden, der sich w¨ahrend der triaxialen Kompression in der Probe aufbaut: Die strichlierte vertikale Gerade durch den Punkt D entspricht der totalen Seitenspannung σ2 (≡ σ3 ), die w¨ahrend der triaxialen Kompression konstant bleibt. Gem¨aß der Definition der effektiven Spannung σ2 = σ2 − u entspricht der Porendruck u der horizontalen Entfernung des jeweils betrachteten Punktes auf dem Spannungspfad von der strichlierten Gerade. Insofern erh¨alt man Kurven f¨ur die Entwicklung des Porendrucks mit der Dehnung ε1 , die in Abb. 7.41 dargestellt sind.
7.11
Verhalten von undr¨anierten Proben
q = σ1
135
q
σ2
f C
C
B
B M
u A
A
R
qr D
p
ε1
Abb. 7.39 Spannungspfade bei undr¨anierten Triaxialversuchen im q-p -Diagramm (schematisch)
Abb. 7.40 Undrainierte Triaxialversuche mit lockerem Sand.29 In den Kurven des linken Bildes ist zu beobachten, dass p zun¨achst abnimmt, dann aber wieder zunimmt. Den Umkehrpunkt bezeichnet man als Phasetransformation”.
Wovon h¨angt es ab, ob sich eine Probe nach dem Muster A, B oder C (siehe Abb. 7.39) verh¨alt? Versuche30,31 haben gezeigt, dass die Dichte (bzw. die Porenzahl e) in Kombination mit der Ausgangsspannung σ1 = σ2 maßgebend f¨ur das Probenverhalten ist. Die Verh¨altnisse lassen sich demnach in einem e-σ2 -Diagramm darstellen (Abb. 7.42): Bei ein und derselben Ausgangsspannung σ2 wird eine lockere Probe (A) Entfestigung aufweisen, eine dichtere Probe (B) wird zuerst Entfestigung und dann Verfestigung (in der angels¨achsischen Literatur limited flow) aufweisen, und ei30 31
G. C ASTRO, Liquefaction of Sands, Harvard Soil Mechanics Series No 81, Cambridge/Massachusetts 1969. J.-M. KONRAD, Minimum Undrained Strength versus Steady-State Strength of Sands, Journal of Geotechnical Engineering 116/6 (1990) 948–963.
136
7 Scherfestigkeit e
u
1 2
A
3
B
A B C
C
ε1
1 2 3 ln σ2
Abb. 7.41 Porendruckentwicklung bei un- Abb. 7.42 Bereiche mit unterschiedlichem Verhalten bei undr¨anierten Triaxialversuchen dr¨anierten Triaxialversuchen.
ne noch dichtere Probe (C) wird keine Entfestigung aufweisen. Die entsprechenden Bereiche werden durch die Linien 1 − 1, 2 − 2 und 3 − 3 abgegrenzt: Startet ein Versuch jenseits von 1 − 1, so entspricht er dem Typ A, startet er zwischen 1 − 1 und 2 − 2, so entspricht er dem Typ B. Startpunkte zwischen 2 − 2 und 3 − 3 f¨uhren zum Typ C. 7.11.1
Undr¨anierte zyklische Belastung
Wir betrachten eine wasserges¨attigte Probe bei undr¨anierter zyklischer Deformation bzw. Belastung. Tr¨agheitseffekte werden hierbei vernachl¨assigt, d.h. wir beschr¨anken uns auf langsame (quasistatische) Prozesse. Wie aus Abb. 7.39 ersichtlich, haben lockere Proben die Tendenz, p zu verringern und dementsprechend einen Porendruck aufzubauen, d.h. sie zeichnen sich durch ein kontraktantes Verhalten aus (obwohl das Volumen konstant bleibt). Bei zyklischer Deformation verringert sich bei jedem Zyklus der jeweils erreichte qWert (Abb. 7.43), und bei zyklischer Deviatorspannung q w¨achst mit jedem Zyklus die Dehnung (Abb. 7.44). Das Verhalten nach Abb. 7.44 wird nach C ASAGRAN DE zyklische Beweglichkeit oder zyklische Mobilit¨at (cyclic mobility) bezeichnet. Die zyklische Mobilit¨at stellt einen sog. inkrementellen Kollaps dar, denn bei jedem Spannungszyklus w¨achst die Dehnungsamplitude (Abb. 7.44). Der Spannungspfad nach Abb. 7.43 endet an einem Zustand, wo die effektiven Spannungen verschwinden. Man spricht dann von einer totalen Verfl¨ussigung oder Liquefaktion (liquefaction). Der Sprachgebrauch ist aber nicht ganz einheitlich, und man spricht ebenfalls von (partieller) Liquefaktion, wenn der Porendruck in einer Probe stark angewachsen und die effektiven Spannungen dementsprechend stark abgemindert worden sind.
7.12
¨ Verflussigung
Wasserges¨attigter lockerer Boden weist bei schneller (d.h. undr¨anierter) Belastung eine stark reduzierte bis verschwindende Festigkeit auf. Diese Eigenschaft kann zu
7.12
Ver߬ussigung
137
Abb. 7.43 Undr¨anierter zyklischer Triaxialversuch mit Feinsand, www.torsten-wichtmann.de
Abb. 7.44 Spannungs-Dehnungslinie bei zyklischer Belastung.
einem Versagen f¨uhren, das Verfl¨ussigung (liquefaction) genannt wird.32 Die reduzierte Festigkeit wasserges¨attigten Bodens kann durch Abb. 7.45 (vgl. auch Abb. 7.39) erkl¨art werden: Beim undr¨anierten Triaxialversuch ist der maximal erreichbare Spannungsdeviator (und somit die Festigkeit) viel kleiner als beim dr¨anierten Versuch. Die Verfl¨ussigung kann durch monotone und durch zyklische Belastung erreicht werden. Der erste Fall wird als statische und der zweite Fall als dynamische Verfl¨ussigung bezeichnet. Diese Bezeichnungen sind nicht ganz folgerichtig, denn in beiden F¨allen wird die Verfl¨ussigung durch quasistatische Belastung erreicht, d.h. dass Beschleunigung bzw. Tr¨agheit dabei keine Rolle spielen.
32
In der mechanischen Verfahrenstechnik heißt die Verfl¨ussigung Fluidisierung.
138
7 Scherfestigkeit
B
C A Abb. 7.45 Spannungspfade bei einem dr¨anierten (AB) und einem undr¨anierten (AC) Triaxialversuch. Beim undr¨anierten Triaxialversuch mit wasserges¨attigtem lockerem Boden ist die Scherfestigkeit viel geringer als beim dr¨anierten.
Es kann gezeigt werden, dass eine nur um 10◦ geneigte B¨oschung durch einen Zuwachs der Schubspannung von ca. 5% der Vertikalspannung durch statische Verfl¨ussigung versagen kann.33 Da die zyklische Belastung oft durch Erdbeben hervorgerufen wird, ist die Verfl¨ussigung eine der h¨aufigsten Schadensursachen bei Erdbeben (Abb. 7.46). Die durch Erdbeben induzierte Verfl¨ussigung wird seit dem Erdbeben von Niigata untersucht. Die japanische Stadt Niigata war 1955 durch einen Großbrand total zerst¨ort und dann wiederaufgebaut worden. Dennoch l¨oste ein Erdbeben 1964 riesige Zerst¨orungen durch Verfl¨ussigung aus. Ganze Geb¨aude sind in den Untergrund eingesunken (Abb. 1.7), w¨ahrend unterirdische Strukturen aufgeschwommen sind. Der Nachweis der Sicherheit gegen¨uber erdbebeninduzierter Verfl¨ussigung kann nach I SHIHARA34 wie folgt vorgenommen werden: Als kritische Spannungsamplitude (maximaler Spannungsdeviator im undr¨anierten Triaxialversuch oder maximale Schubspannung bei Scherung) σd wird diejenige Spannungsamplitude erachtet, die nach 20 Spannungszyklen zu einer Doppelamplitude (Abb. 7.44) von 5 % f¨uhrt. Diese kritische Spannungsamplitude wird als zyklische Festigkeit bezeichnet. Die sich stellende Frage ist nun, ob bei dem zu erwartenden Erdbeben die zyklische Festigkeit erreicht wird oder nicht. Die laborm¨aßige Bestimmung der zyklischen Festigkeit setzt voraus, dass Bodenproben mit der in situ Dichte untersucht werden. Dazu kommen entweder ungest¨orte Proben oder gest¨orte Proben, die im Labor mit der in situ Dichte eingebaut werden, 33
34
Siehe C. DI P RISCO, R. M ATIOTTI and R. N OVA, Theoretical investigation of the undrained stability of shallow submerged slopes, G´eotechnique 45/3 (1995) 479–496. Der Nachweis kann nicht experimentell, wohl aber mithilfe eines realistischen Stoffgesetzes erbracht werden. K. I SHIHARA, Liquefaction and flow during earthquakes, G´eotechnique 43/3 (1993) 351– 415.
7.12
Ver߬ussigung
139
Abb. 7.46 Schadensfall durch Bodenver߬ussigung zufolge eines Erdbebens in Caracas
infrage. Die relative Dichte De in situ kann entweder aus der SPT-Schlagzahl n30 u¨ ber die Formel 2 De , n30 ≈ (16 + 2, 3σv ) 100 ¨ wobei σv der effektive Uberlagerungsdruck in kN/m2 ist, oder aus dem Spitzendruck qs (in kN/m2 ) einer Drucksonde u¨ ber die Formel De ≈ 85 + 76 ln qs / σv abgesch¨atzt werden. Da ungest¨orte Proben aus koh¨asionslosem Boden kaum zu entnehmen sind (bzw. nur mit extremem Aufwand f¨ur Gefrieren im Untergrund oder Verf¨ullen des Porenraums mit Harz), kommt meist nur die zweite M¨oglichkeit infrage. Aber auch die Herstellung von lockeren Sandproben ist schwierig. Drei Verfahren k¨onnen herangezogen werden: (1) h¨andisches Verstreuen von feuchtem (w ≈ 5%) Sand, (2) Einbau von trockenem Sand mit verschwindender Fallh¨ohe mithilfe eines Trichters, (3) Einrieseln von trockenem Sand direkt an der Wasseroberfl¨ache, sodass er im Wasser um 2-3 cm absinkt und sedimentiert. Nach allen drei Verfahren wird anschließend der Porenraum mit CO2 -Gas freigesp¨ult und mit entl¨uftetem Wasser ges¨attigt. S¨attigungssetzungen sind dabei hinzunehmen. Ein ausgesprochen kontraktantes Verhalten kann nach der Methode (1) erreicht werden. Trotz des großen Aufwandes zur Probenherstellung zeigt sich, dass der ungest¨orte Sand in situ35 bei gleicher Dichte eine bis zu doppelt so große zyklische Festigkeit aufweist wie der k¨unstlich eingebaute. Der Grund daf¨ur ist noch nicht gekl¨art. 35
Bei relativen Dichten De zwischen 50 und 80 %.
140
7 Scherfestigkeit
Viel praktikabler erscheint daher die Absch¨atzung der Verfl¨ussigungsgefahr anhand von Sondierungen. Naturgem¨aß sind die Ergebnisse rein empirisch und haben keine weitergehende mechanische Begr¨undung. Mit der effektiven Vertikalspannung σv in situ in kN/m2 sowie dem Korndurchmesser d50 in mm ergibt sich folgende zyklische Festigkeit σd = (σ1 − σ2 )max aus der Schlagzahl n30 des SPT-Versuchs: F¨ur 0, 04 mm ≤ d50 ≤ 0, 6 mm: 0, 35 1, 7n30 σd + 0, 225 log10 = 0, 0676 , (7.6) 2σv 0, 1σv + 0, 7 d50 f¨ur 0, 6 mm ≤ d50 ≤ 1, 5 mm: σd = 0, 0676 2σv
1, 7 n30 0, 1σv + 0, 7
.
(7.7)
Ist die zyklische Festigkeit als Schubspannung τmax auszudr¨ucken, so darf man setzen τmax = σd /2. Die aus einem Erdbeben resultierende maximale Spannungsamplitude τmax,Erdb. l¨asst sich aus der erwarteten maximalen Horizontalbeschleunigung amax nach S EED und I DRISS wie folgt absch¨atzen: amax γr (1 − 0, 015z) z , (7.8) τmax,Erdbeben = σv g γ wobei g die Erdbeschleunigung, z die Tiefe in m, γr die Wichte des ges¨attigten Bodens und γ das Auftriebsraumgewicht des Bodens ist. Somit betr¨agt die Sicherheit gegen Verfl¨ussigung: τmax . ηv = τmax,Erdbeben ηv nimmt mit der Tiefe zu, man kann daher aus den Gleichungen 7.6, 7.7 und 7.8 absch¨atzen, bis zu welcher Tiefe Verfl¨ussigungsgefahr (ηv < 1) besteht. Eine verfl¨ussigte Schicht wird sich anschließend setzen, wobei das Wasser an einzelnen Stellen in Art von kleinen Vulkanen aus dem Boden entweicht (sand boils). Der hierf¨ur maßgebende Mechanismus ist noch nicht gekl¨art. Nach I SHIHARA h¨angt die Setzung von der maximalen Scherverformung γmax ab. γmax l¨asst sich durch die Beziehung γmax ≈ 1, 5 ε1 max mit der Verformung ε1 max im Triaxialversuch vergleichen. F¨ur ηv = 1 gilt (definitionsgem¨aß) 2 ε1 = 5%. Somit ist die Setzung abh¨angig von ηv .36
7.13 Einfluss der Geschwindigkeit Die aus den Fluiden bekannte Viskosit¨at bedeutet, dass der Widerstand gegen Scherung mit der Scherrate anw¨achst. F¨ur Feststoffe nimmt man oft an, dass die Geschwindigkeit der Deformation keine Rolle spielt (rate independence), was man auch 36
Siehe Diagramm in der Abbildung 16 der zitierten Arbeit von I SHIHARA.
7.13 Einfluss der Geschwindigkeit
141
¨ als Invarianz gegen¨uber Anderung der Zeitskala beschreiben kann. Das bedeutet, dass man dieselbe Spannungs-Dehnungskurve erh¨alt, unabh¨angig davon, wie schnell man eine Probe deformiert. Boden (und Fels) sind aber nur in erster N¨aherung geschwindigkeitsunabh¨angig (rate independent), und es gibt viele F¨alle, wo die Geschwindigkeitsabh¨angigkeit eine Rolle spielt. Dies bedeutet, dass die SpannungsDehnungskurve – etwa aus einem weggesteuerten Triaxialversuch – unterschiedlich ausf¨allt, je nachdem, ob man diesen Versuch mit der konstanten Deformationsrate ε˙0 oder mit einer anderen Rate ε˙ = ε˙0 durchf¨uhrt. Da jedoch die Unterschiede beider Kurven recht klein sind und vielleicht in der allgemeinen Streuung der Versuchsergebnisse untergehen w¨urden, ist es ratsam, einen Versuch durchzuf¨uhren, in dessen Verlauf die Deformationsrate sprunghaft von ε˙0 auf ε˙ ver¨andert wird. Dabei wird eine sprunghafte Ver¨anderung der Spannung von τ0 aud τ beobachtet (Abbildung 7.47): ε˙ ˙ = Iv τ0 ln Δτ = τ − τ0 = Iv τ0 Δ(lnε) , (7.9) ε˙0 wobei I v der sog. Viskosit¨atsindex oder Z¨ahigkeitsindex ist. Der Wert von Iv , und
τ ε = ε1
ε = ε0
ε=
ε0
Δτ
ε Abb. 7.47 Sprungversuche
somit die Bedeutung der Geschwindigkeitsabh¨angigkeit, ist bei Ton gr¨oßer als bei Sand, wie aus Tabelle 7.237 zu entnehmen ist. F¨ur Ton korreliert Iv gut mit dem Wassergehalt an der Fließgrenze wL : Iv [%] ≈ −7, 02 + 2, 55 ln(wL [%])
.
(7.10)
Anmerkungen:
37
K RIEG S., G OLDSCHEIDER M., Bodenviskosit¨at und ihr Einfluss auf das Tragverhalten von Pf¨ahlen, Bautechnik 75/10 (1998) 806–820.
142
7 Scherfestigkeit Tabelle 7.2 Typische Werte von Iv Sand Schluff mittelplastischer Ton ausgepr¨agt plastischer Ton organische Mudde
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05
1. Gleichung 7.9 wurde in dieser Form von L EINENKUGEL38 formuliert. Dabei steht τ f¨ur den Spannungsdeviator σ1 − σ2 bzw. f¨ur eine Schubspannung. Es ist aber realistischer,39 sie f¨ur das Verh¨altnis τ /σ zu formulieren, wobei σ die (effektive!) Normalspannung ist:40 τ τ τ τ0 τ0 ε˙ 0 Δ = − Δ (ln ε) ˙ = I ln . = I v v σ σ0 σ σ0 σ0 ε˙0 (7.11) Diese Gleichung erlaubt, das beschleunigte Kriechen von H¨angen bei Anstieg des Grundwassers zu beschreiben. Dabei werden n¨amlich die Schubspannungen nicht erh¨oht, sondern verkleinert, aber es vergr¨oßert sich das Verh¨altnis τ /σ . 2. Das logarithmische Viskosit¨atsgesetz (Gleichung 7.9) kann auch als Potenzgesetz formuliert werden. Da f¨ur kleine x angen¨ahert gilt: 1 + ln x ≈ x, kann man diese Gleichung wie folgt formulieren τ ε˙ = 1 + Iv ln = 1 + ln τ0 ε˙0
ε˙ ε˙0
I v
≈
ε˙ ε˙0
I v ,
(7.12)
wobei das Potenzgesetz τ =const ε˙α als Gesetz von N ORTON bzw. G LEN bekannt ist.41 3. Die Geschwindigkeitsabh¨angigkeit nach Gleichung (7.9) ist eng verkn¨upft mit Kriechen (Verformung bei konstanter Spannung) und Relaxation (Abfallen der Spannung bei verschwindender Verformung), vgl. Abb. 7.48. Allerdings lassen sich aus dieser Gleichung die entsprechenden Zeitfunktionen ε(t) und σ(t) nicht herleiten. Dazu m¨usste sie in ein allgemeines Stoffgesetz f¨ur Boden eingebaut werden, was bisher nicht auf zufriedenstellende Weise gelungen ist. Die Beobachtung zeigt, dass die Relaxation logarithmisch mit der Zeit voranschreitet, w¨ahrend das Kriechen zun¨achst mit abnehmender Rate abl¨auft (vgl. sekund¨are Konsolidierung, Abschnitt 11.2). Bei Gestalt¨anderung kann eine Kriechphase 38
39 40 41
H.J. L EINENKUGEL, Deformations- und Festigkeitsverhalten bindiger Erdstoffe. Experimentelle Ergebnisse und ihre physikalische Deutung, Ver¨offentlichungen des Instituts f¨ur Bodenmechanik und Felsmechanik der Universit¨at Fridericiana in Karslsruhe, 1976. M. G OLDSCHEIDER, Mechanik des Kriechens von B¨oschungen und H¨angen, geotechnik 37/4 (2014) 259–270. Man kann sie auch f¨ur (σ1 − σ2 )/(σ1 + σ2 ) formulieren. In der Glaziologie auch bekannt als Gesetz von W EERTMAN.
7.13 Einfluss der Geschwindigkeit . σ=0 . ε=0
Kriechen
ε=
.
co
ns
t.
≠
0
σ
143
Relaxation ε
Abb. 7.48 Kriechen und Relaxation
mit konstanter Rate und danach eine Phase mit beschleunigtem Kriechen folgen. Letztere f¨uhrt dann zum Bruch und d¨urfte nur auftreten, falls ϕmob > ϕc ist.42 4. Die Geschwindigkeitsabh¨angigkeit von Sand ist streng genommen etwas komplizierter, als durch Gleichung (7.9) beschrieben: Eine Erh¨ohung der Verformungsrate von ε˙0 auf ε˙ f¨uhrt unter Umst¨anden auf eine Verringerung der Spannung (rate softening), siehe Abb. 7.49.
Abb. 7.49 Geschwindigkeitsabh¨angigkeit von trockenem Feinsand.
42
S. K RIEG Viskoses Bodenverhalten von Mudden, Seeton und Klei, Ver¨offentlichungen des Institutes f¨ur Bodenmechanik und Felsmechanik der Universit¨at Fridericiana in Karlsruhe, 2000. W. F ELLIN, Absch¨atzung der Standsicherheit von ann¨ahernd unendlich langen Kriechh¨angen, geotechnik 34/1 (2011) 22–31.
144
7 Scherfestigkeit
5. Eine zu Gleichung 7.9 a¨ hnliche Beziehung wurde auch f¨ur die Kluftreibung im Fels durch D IETERICH und RUINA festgestellt.43 6. Gleichung 7.9 l¨asst sich auch auf Randwertprobleme anwenden. Wenn z.B. Q eine Belastung auf einen Pfahl ist und v die entsprechende Eindringgeschwindigkeit des Pfahls, so gilt: Q/Q0 ∝ ln(v/v0 ). Der hier beschriebene Einfluss der Geschwindigkeit und die hiermit verkn¨upfte Viskosit¨at werfen die Frage auf, ob B¨oden Feststoffe oder Fluide sind. Feststoffe sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Schubspannungen permanent aufnehmen k¨onnen. Bei B¨oden, insbesondere bei bindigen B¨oden, sind Schubspannungen mit Kriechen behaftet, was man ja bei kraftgesteuerten Versuchen beobachtet. Aus Gleichung (7.12) kann man sehen, dass die Beantwortung dieser Frage vom zugrunde gelegten Zeitmaßstab abh¨angt. Abbildung 10.1 stellt die grafische Auftragung dieser Gleichung f¨ur zwei verschiedene Maßst¨abe von ε˙ dar. Man ersieht daraus, dass sich je nach verwendetem Zeitmaßstab zwei verschiedene (scheinbare!) Fließspannungen τf ergeben. 7.13.1 Zur Geschichte der Gleichung 7.9 ¨ Aus mikroskopischen Uberlegungen heraus schloss P RANDTL auf eine logarithmische Abh¨angigkeit der Gleitreibungskraft von der Geschwindigkeit und erw¨ahnte Versuche, wo diese Beziehung f¨ur die Gleitreibung zwischen Messing und Glas sowie Leder und Eisen best¨atigt wurde.44 Eine a¨ hnliche Theorie wurde sp¨ater als rate process theory bekannt.45 Danach erfolgt das Kriechen durch thermisch aktivier¨ te Uberwindung von Energiebarrieren. F¨ur solche Prozesse gilt die Gleichung von A RRHENIUS: ε˙ ∼ exp(−Q/RT ), wo Q und R Konstanten sind46 und T die absolute Temperatur ist. Die Kriechrate w¨achst demnach mit der Temperatur.
43 44 45 46
A. RUINA, Slip Instability and State Variable Friction Laws, J. Geophys. Res. 88,B12 (Dec., 1983) 10359–10370. L. P RANDTL, Ein Gedankenmodell zur kinetischen Theorie der festen K¨orper, ZAMM 8/2 (1928) 85–106. S. G LASSTONE, K.J. L AIDLER, H. E YRING, The Theory of Rate Processes, McGraw-Hill, New York City 1941. R ist die Gaskonstante, R = 8, 314472 J/(mol·K).
8
Unges¨attigte B¨oden
Bei unges¨attigten B¨oden ist das Porenvolumen teils mit Wasser und teils mit Luft belegt. Obwohl sich die fl¨ussige und die gasf¨ormige Phase ber¨uhren, sind die darin herrschenden Dr¨ucke pw und pa nicht gleich. Ihr Unterschied, die sog. Saugspannung, ist durch Kapillarit¨at und Osmose bedingt. Bodenmechanisch relevant ist die Frage, wie pw und pa das mechanische Verhalten des Kornger¨usts beeinflussen. Dazu muss der Begriff der effektiven Spannung erweitert werden (Abschnitt 8.8).
8.1 Kapillarit¨at Die Kapillarit¨at wird durch Ph¨anomene an der Oberfl¨ache der einzelnen Phasen bedingt. Bei Fl¨ussigkeiten und koh¨asiven Feststoffen erfahren die Partikel am Rand eine nicht verschwindende Resultierende der molekularen Koh¨asionskr¨afte (Abb. 8.1), der Rand spielt also energetisch eine herausragende Rolle.
p
w
γ
pa
γ
Abb. 8.1 Molekulare Koh¨asionskr¨afte im Inneren und am Abb. 8.2 Luftblase im Wasser. γ wirkt wie eine Membran¨ spannung. (Ublicherweise bewegen sich Luftblasen nach Rand oben und haben keine Kugelform.)
Die diversen physikalischen Gr¨oßen (wie z.B. Dichte) a¨ ndern sich beim Durchschreiten des Randes nicht abrupt, sondern kontinuierlich, der Rand ist also ein d¨unner © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_8
146
8
Unges¨attigte B¨oden
¨ Ubergangsbereich. Fasst man hingegen den Rand als eine diskrete Fl¨ache auf, so muss man ihn als eigene Phase betrachten, die (nach G IBBS) zwar kein Volumen, ¨ der freien Energie F einer Fl¨ussigkeit wird jedoch eine Energie hat:1 Die Anderung gegeben durch: dF = −SdT − pdV + γdA
.
Hierbei sind S die Entropie, T die Temperatur, p der Druck, V das Volumen, A der Fl¨acheninhalt der Oberfl¨ache und γ die Ober- bzw. Grenzfl¨achenspannung der betrachteten Fl¨ussigkeit in Bezug auf die angrenzende Phase. γ kann auch aufgefasst werden als spezifische freie Oberfl¨achenenergie. Fasst man die Oberfl¨ache als d¨unne Membran auf, so ist γ die Membranzugspannung. Ist die Grenzfl¨ache Teil einer Kugel mit dem Radius r, so gilt die Gleichung von L APLACE, welche den Druckunterschied Δpkap zwischen den beiden Phasen angibt: Δpkap =
2γ r
.
(8.1)
¨ Man beachte, dass 2γ/r eine Druckdifferenz ist. Der Uberdruck Δpkap herrscht in der konvexen Phase, dementsprechend herrscht in der konkaven Phase ein relativer Unterdruck. Z.B. herrscht in einem Wassertropfen mit einem Durchmesser von 1 μm ¨ ein Uberdruck von ca. 3 bar. In der Bodenmechanik ist γ die Oberfl¨achenspannung f¨ur Grenzfl¨achen zwischen Luft und Wasser.2 Die Beziehung (8.1) bedingt, dass im Boden Wasserdruck und Luftdruck weder gleich noch unabh¨angig voneinander sind, sondern um den Betrag Δpkap differieren. Ist der Luftdruck gleich dem atmosph¨arischen Druck, so ist der Wasserdruck pw = 1 atm − Δpkap , es herrscht also im Wasser ein Unterdruck, d.h. eine Saugspannung.3 Daher heißt Δpkap := pa − pw die Saugspannung des Kornger¨usts bzw. Kapillarsaugspannung (matrix suction) und wird auch mit s bezeichnet. F¨uhrt man einen Schnitt durch eine Luftblase im Wasser (Abb. 8.2), so sieht man, dass Gleichgewicht nur dann herzustellen ist, wenn man die Oberfl¨achenspannung γ ber¨ucksichtigt. Man beachte, dass reines Wasser hohe Saugspannungen aufnehmen kann. Eigentlich aber sollte eine Fl¨ussigkeit beim Erreichen des Dampfdrucks verdampfen (Kavitation), sodass große Zugspannungen gar nicht auftreten d¨urften. Allerdings setzt Kavitation das Vorhandensein von Verdampfungskeimen voraus. Die Wahrscheinlichkeit hierf¨ur nimmt mit kleiner werdendem Volumen ab, sodass in kleinen Fl¨ussigkeitsbereichen Zugspannungen bis zur Gr¨oßenordnung der sog. molekularen Zerreißfestig1 2
3
Besondere Vorsicht ist daher bei der Mischungstheorie geboten, wo man u¨ blicherweise die diversen physikalischen Gr¨oßen u¨ ber die Phasenvolumina mittelt. γ ist temperaturabh¨angig, γ ≈ γ ∗ (1 − T /Tkrit )n , sodass f¨ur Tkrit γ = 0 gilt. Ferner muss man bei sehr kleinen Radien (r < 10−7 cm) die Beziehung γ ≈ γ0 (1 + const/r) ber¨ucksichtigen. ¨ Ubliche Druckeinheiten sind cm bzw. m Wassers¨aule (WS), Pa = N/m2 , psi = 2 lb/in , pF = ln(cmWS), bar, atm. Es gilt 100 kPa = 1 bar = 14, 5 psi = pF 3 ≈ 1 m WS. Auf mittlerer Seeh¨ohe ist 1 atm = 101, 3 kPa ≈ 1 bar.
8.1 Kapillarit¨at
147
keit auftreten k¨onnen. Letztere d¨urfte f¨ur Wasser von 20◦ C die Gr¨oßenordnung von 1000 bar haben. In Gleichung (8.1) ist r der Radius der kugelf¨ormigen Grenzfl¨ache zwischen Luft und Wasser. F¨ur allgemeine Fl¨achen ist Gleichung (8.1) zu ersetzen durch Δpkap = γ 1/r1 + 1/r2 , wobei r1 und r2 die Radien von zwei sich am betrachteten Punkt senkrecht schneidenden Schmiegkreisen sind. F¨ur Kapillaren mit Kreisquerschnitt ergibt sich r aus dem Radius r0 der Kapillaren und dem Randwinkel δ (Abb. 8.3). Letzterer stellt eine Materialeigenschaft dar und ergibt sich aus den Oberfl¨achenspannungen γaw , γas , γws (die Indizes geben die sich jeweils ber¨uhrenden Phasen an) nach der Gleichung von YOUNG: cosδ =
γas − γws . γaw
Eigentlich h¨angt δ von vielen Faktoren ab,4 sodass die Gleichung von YOUNG nur f¨ur einen einfachen Sonderfall gilt. Wie aus Abb. 8.3 ersichtlich, ergibt sich r aus: r = r0 /cosδ . Diese Beziehung gilt aber nur f¨ur d¨unne Kapillaren.5 F¨ur por¨ose Haufwerke ist r lediglich ein Mittelwert, der die geometrischen und materiellen Eigenschaften des Kornger¨ustes (in Bezug auf Wasser und Luft) widerspiegelt.
r δ
r0
Abb. 8.3 Fl¨ussigkeitsmeniskus in einer Kapillaren
4 5
H. S CHUBERT, Kapillarit¨at in por¨osen Feststoffsystemen, Springer 1982, Abschn. 2.3.2. Ebenda, Abschn. 4.3.2.
148
8
Unges¨attigte B¨oden
8.2 Osmotische Saugspannung Abgesehen von der Kapillarsaugspannung gibt es in einem ges¨attigten oder unges¨attigten Kornger¨ust eine weitere Saugspannung, falls das Porenwasser gel¨oste Salze enth¨alt (was in der Natur immer der Fall ist). Steht das salzhaltige Porenwasser mit einem Reservoir in Kontakt, das Wasser geringerer Salzkonzentration enth¨alt, so wird das sauberere Wasser in den Porenraum hineingesogen. Die hiermit verkn¨upfte Saugspannung wird als osmotisch bezeichnet. Die gel¨osten Salze diffundieren allm¨ahlich in das ’saubere’ Wasser hinein,6 und solange Konzentrationsunterschiede existieren, bleibt die osmotische Saugspannung bestehen. Der osmotische Druck posm wird durch das Gesetz von VAN ’ T H OFF wiedergegeben: posm · V = n · R · T . Hierbei ist n die Anzahl der Mole in der L¨osung. Der osmotische Druck ist also gleich dem Druck, den die gel¨oste Substanz als Gas nach Entfernung des L¨osungsmittels bei gleichen Werten von V und T aus¨uben w¨urde.
8.3 Filter Besonders subtil ist bei ges¨attigten und unges¨attigten B¨oden die Frage nach den Randbedingungen: Wird die totale Randspannung vorgegeben, dann ist es unklar, wie sie sich auf das Kornger¨ust und die Porenphasen aufteilt. Wird hingegen der Luftdruck vorgegeben, so wird auch der Porenwasserdruck (versetzt um den Betrag Δpkap nach der L APLACE-Gleichung) ver¨andert.7 Wie soll man aber gezielt auf den Luftdruck bzw. den Wasserdruck einwirken? Man bedient sich der sog. Filtersteine, die nur f¨ur Porenfluide (Luft und Wasser), jedoch nicht f¨ur K¨orner durchl¨assig sind. Insofern stellen sie f¨ur die K¨orner eine kinematische Randbedingung dar, w¨ahrend sie es erlauben, den Porenfluiden statische Randbedingungen aufzuerlegen. Zudem sind Grenzfl¨achen von Filtersteinen nur bedingt durchl¨assig: Grenzt ein wasserges¨attigter Filterstein gegen ein gr¨oberes unges¨attigtes Kornger¨ust oder gegen Luft ¨ an, so wird ein Uberdruck in der Luft kein Verdr¨angen des Wassers aus dem Fil¨ terstein bewirken, solange der Uberdruck kleiner als der sog. Lufteintrittswert (air ¨ entry value oder bubbling pressure) ist.8 Umgekehrt wird ein Uberdruck des Wassers am Filterstein kein Ausstr¨omen der Luft bewirken, solange er kleiner als der o.g. Schwellenwert ist.9 Will man nun den Unterdruck im Porenwasser (d.h. die kapillare Saugspannung) mit einem Druckaufnehmer messen, dessen Messprinzip auf 6 7
8 9
Sofern sie nicht daran gehindert werden, etwa durch elektrische Felder an den Oberfl¨achen der Feststoffpartikel. Auf diesem Sachverhalt beruht die sog. axis translation technique: Der Luftdruck wird so lange erh¨oht, bis auch der Wasserdruck in den positiven Bereich kommt und dadurch mit u¨ blichen Druckaufnehmern gemessen werden kann. Dies l¨asst sich mit der Gleichung von L APLACE erkl¨aren: Haben die Poren des Filters den Durchmesser r, so betr¨agt der Lufteintrittswert, d.h. der erforderliche Luft¨uberdruck 2γ/r . Darauf beruht das Prinzip der sog. Kapillarsperre, die zur Oberfl¨achenabdichtung von Deponien herangezogen wird.
8.4 Dampfdruck
149
der Aufw¨olbung einer Membran und deren elektronischen Aufzeichnung beruht, so muss man daf¨ur sorgen, dass die Membran nur von Wasser beaufschlagt wird. Dies erreicht man durch das Vorlagern eines wasserges¨attigten Filtersteines mit hohem Lufteintrittswert (Abb. 27.7). Die S¨attigung des Filtersteins erreicht man durch Lagern unter hohem Wasserdruck. Die hierauf beruhende Messmethode braucht eine Ansprechzeit von nur wenigen Minuten und kann sowohl im Labor als auch im Feld eingesetzt werden. Eine Messmethode der kapillaren Saugspannung im Labor stellt die sog. Druckplatte dar (pressure plate, ceramic plate), siehe Abb. 8.4.10 Sie basiert auf der sog. axis translation technique. Bodenprobe
p
Luft
. ............ .. .. . . ... . . ... ... . .. . . . ............. . ..
Filterstein
Wasser
Abb. 8.4 Druckplatte (Prinzip)
8.4 Dampfdruck Sowohl osmotische als auch kapillare Saugspannung beeinflussen den Dampfdruck, d.h. denjenigen Partialdruck des Dampfes, bei dem sich thermodynamisches Gleichgewicht zwischen Verdampfung und Kondensation einstellt. Um die maßgebenden physikalischen Effekte zu verstehen, betrachten wir Abb. 8.5. Bild 1 stellt eine mit Wasser gef¨ullte Schale in einem geschlossenen Raum dar. Nach Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts stellt sich im Gef¨aß der Dampfdruck des Wassers ein, d.h. die verdunstende Wassermenge steht im Gleichgewicht zur kondensierenden Wassermenge. Jetzt stellen wir in das Gef¨aß eine zweite Schale hinein, welche eine konzentrierte Salzl¨osung enth¨alt. Das gel¨oste Salz erniedrigt den Dampfdruck, d.h. dass beim vorgegebenen Dampfdruck mehr Wassermolek¨ule in die Salzl¨osung hineinkondensieren als verdampfen (wegen der osmotischen Saugspannung ist die Salzl¨osung ’begierig’ nach Wasser). Im thermodynamischen Gleichgewicht stellt 10
A.M. R IDLEY and W.K. W RAY, Suction measurement: A review of current theory and practices. In: A LONSO and D ELAGE (editors), Unsaturated Soils 3 (1996) 1293–1322.
150
8
Unges¨attigte B¨oden
1
2
3
4
5
6
Abb. 8.5 Wasserabsaugung durch Dampfdruckerniedrigung (“kapillare Kondensation“)
sich ein niedrigerer Dampfdruck ein, wobei das Wasser aus der ersten Schale verdunstet und in die zweite hineinwandert (Prinzip des Exsikkators). Der Dampfdruck des salzigen Wassers pv ist kleiner als der Dampfdruck des reinen Wassers p0v . Nach dem Gesetz von R AOULT ist das Verh¨altnis pv /p0v gleich dem Molenbruch11 νH2 O des Wassers. Mit der Dampfdruckerniedrigung geht eine Siedepunkterh¨ohung einher, die proportional zum Molenbruch des gel¨osten Stoffes ist. Genauso wie eine Salzl¨osung vermag auch eine durch Oberfl¨achenspannung gekr¨ummte Wasser-Luft-Grenzfl¨ache den Dampfdruck zu erniedrigen (Wassermolek¨ule haben es schwerer, durch eine gekr¨ummte Oberfl¨ache aus einem konvex gekr¨ummten Wasserbereich heraus zu verdampfen). Eine Kapillare bzw. ein por¨oser Stoff zapft also das Wasser aus der Schale (wie in den Bildern 4 bis 6 der Abbildung 8.5 dargestellt) ab. In beiden F¨allen entsteht durch die Verdampfung des Wassers in der Schale K¨alte, die gemessen werden kann. Auf diesem Prinzip beruht die Messung der Saugspannung mit sog. Psychrometern, welche die Verdampfungsk¨alte messen. Die theoretische Grundlage hierf¨ur stellt die K ELVIN-Gleichung dar, welche das Verh¨altnis des infolge Kapillarit¨at und/oder Osmose erniedrigten Dampfdrucks pv zum Dampfdruck p0v (ohne Kapillarit¨at bzw. Osmose) in Beziehung zur Saugspannung Δptot setzt: ln(p0v /pv ) = vΔptot /(RT ).
(8.2)
Hierbei sind v das Molvolumen des Wassers, R die Gaskonstante und T die absolute Temperatur. F¨ur Wasser von 20◦ C vereinfacht sich Gleichung (8.2) zu 11
Der Molenbruch (oder Stoffmengenanteil) gibt die Anzahl der Teilchen ni einer bestimmten Substanz i in Bezug auf die gesamte Teilchenanzahl an n : ν = ni /n. 1 Mol aus jeder Substanz enth¨alt L Teilchen, wobei L die L OSCHMIDTsche Zahl ist (L = 6, 025 · 1023 ). 1 Mol Wasser hat die Masse mH2 O = 18, 02 g, mO2 = 32, 0 g, mLuf t = 28, 95 g, mCO2 = 44, 01 g. Mischt man die Substanz i (Masse Mi ) mit der Substanz j (Masse Mj ), so ist der Molenbruch von i νi =
Mi /mi . (Mi /mi + Mj /mj )
8.5 Messung der Saugspannung
Δptot (KN/m2 ) = −135.055ln
151
p . p0
p/p0 ist u¨ brigens identisch zur relativen Feuchtigkeit (relative humidity). Man beachte, dass die totale Saugspannung Δptot sich aus der kapillaren und der osmotischen Saugspannung zusammensetzt: Δptot = Δpkap + Δposm .
8.5 Messung der Saugspannung Misst man die Saugspannung u¨ ber dem Dampfdruck, so misst man immer Δptot , w¨ahrend Aufnehmer, die in direktem Kontakt zum Wasser stehen, die kapillare Saug¨ von Messverfahren der Saugspannung finspannung Δpkap messen. Eine Ubersicht det sich bei R IDLEY und W RAY12 , woraus auch die Tabelle 8.1 entnommen wurde. Psychrometer stehen in Kontakt zur Bodenluft und messen die relative Feuchtigkeit und somit (¨uber Gleichung (8.2)) die totale Saugspannung. Man l¨asst ein Wassertr¨opfchen verdampfen und misst die damit verkn¨upfte Temperaturerniedrigung. Diese korreliert mit dem Dampfdruck des Porenwassers, d.h. mit ¨ der relativen Feuchtigkeit der Porenluft. Uber eine entsprechende Eichung (welche mit Salzl¨osungen vorgenommen wird) kann aus der Temperaturerniedrigung die relative Feuchtigkeit bestimmt werden. Die Temperaturmessung erfolgt mit Thermistoren, das sind w¨armeempfindliche elektrische Widerst¨ande. Es k¨onnen hierf¨ur auch Transistoren eingesetzt werden. Bei Thermoelementen (thermocouples) beruht das Messverfahren auf der thermoelektrischen Spannung (S EE BECK , P ELTIER ). Elektronen halten sich in verschiedenen Metallen mit unterschiedlicher ’Vorliebe’ auf. Bringt man zwei unterschiedliche Metalle in Kontakt, so baut sich (infolge des o.g. Effekts) eine temperaturabh¨angige elektrische Spannung zwischen ihnen auf. Werden zwei solche Kontakte unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt, so fließt ein Strom, welcher indikativ f¨ur den Temperaturunterschied ist. Filterpapier: Man bringt ein Filterpapier entweder in Kontakt oder in N¨ahe des feuchten Bodens. Das Filterpapier saugt (entweder direkt oder u¨ ber die Dampfphase) Wasser vom Boden ab. Der Wassergehalt des Filterpapiers im thermodynamischen Gleichgewicht ist indikativ f¨ur die Saugspannung des Bodens. Letztere kann u¨ ber eine entsprechende Eichung mit einem mittleren Fehler von 20 % bestimmt werden. Por¨oser Block (porous block): Der elektrische Widerstand eines por¨osen Blocks h¨angt von seinem Wassergehalt ab. Wird dieser Block im Kontakt zum Boden gebracht, so saugt er so lange von ihm Wasser ab, bis sich im Block dieselbe Kapillarsaugspannung wie im Boden eingestellt hat. 12
A.M. R IDLEY and W.K. W RAY, Suction measurement: A review of current theory and practices. In: A LONSO and D ELAGE (editors), Unsaturated Soils 3 (1996) 1293–1322.
152
8
Unges¨attigte B¨oden
Tensiometer: Das Wasser im Tensiometer steht u¨ ber einen Filterstein in Kontakt zum Porenwasser. Der Unterdruck (Sog) im Wasser kann nach verschiedenen Verfahren gemessen werden, z.B. mit einem Druckaufnehmer auf Membranbasis. Druck- bzw. Saugplatten (pressure and suction plates): Das Messprinzip ist dasselbe wie beim Tensiometer.
8.6 Transport von Wasser und Luft in unges¨attigten B¨oden 8.6.1 Diffusiver Transport Wasser und Luft k¨onnen u¨ ber Diffusion innerhalb der jeweils anderen Phase wandern. Betrachten wir z.B. eine wasserges¨attigte Bodenprobe, die seitlich undurchl¨assig eingefasst ist: Wenn sie oben und unten mit Luft unterschiedlichen Druckes (der den Lufteintrittswert nicht u¨ bersteigt) beaufschlagt wird, so setzt ein diffusiver Lufttransport durch das Porenwasser ein. Ebenso wird Dampf durch die Porenluft diffundieren, falls der Gradient des Dampfdrucks nicht verschwindet. Grenzt ein Gas an eine Fl¨ussigkeit, so dringt ein Teil des Gases in gel¨oster Form in die Fl¨ussigkeit ein. Der (Dampf)Druck des Gases p ist dann proportional zum Molenbruch ν des gel¨osten Gases (Gesetz von H ENRY): p = Kν. Die temperaturabh¨angige Stoffkonstante K heißt die H ENRYsche Konstante:13 Stoff H2 N2 O2 CO2 K (mbar) 7, 12 · 107 8, 68 · 107 4, 40 · 107 1, 67 · 106
8.6.2 Luftstr¨omung Sobald der Luftdruck den Lufteintrittswert u¨ bersteigt, dringt Luft (als eigene Phase, d.h. mit eigenem Volumenanteil) in einen urspr¨unglich wasserges¨attigten Boden ein. Dabei ist die Luftfront keine glatte Fl¨ache, sondern hat eine fraktale Form: Da breite Poren einen kleineren Lufteintrittswert haben, wird zun¨achst Porenwasser durch Luft aus ihnen verdr¨angt. Mehrere Fragen ergeben sich in diesem Zusammenhang: •
Bilden sich nach dem Eindringen der Luft (d.h. wenn die Saugspannung s den air entry value se [s. Abschnitt 8.7] u¨ bersteigt) durchg¨angige Kan¨ale, sodass sich ein station¨arer Luftstrom durch die Probe einstellen kann? • Ist der sich einstellende S¨attigungsgrad konstant u¨ ber die Probenh¨ohe verteilt? • Gibt es einen Lufttransport, der nicht durch Luftstr¨omung in durchg¨angigen Kan¨alen, sondern durch Wanderung von Luftbl¨aschen bewerkstelligt wird?
13
P.W. ATKINS, Physikalische Chemie, Verlag Chemie 1990.
8.6 Transport von Wasser und Luft in unges¨attigten B¨oden
153
Tabelle 8.1 Messverfahren f¨ur Saugspannungen Ger¨at
Modus
Bereich (kPa)
ungef¨ahre Zeit zur Einstellung von Gleichgewicht
Thermoelement total 100 - 7 500 Psychrometer Thermistor / Transistor total 100 - 71 000 Psychrometer Filterpapier Matrix30 - 30 000 (ber¨uhrend) saugspannung Filterpapier total 400 - 30 000 (nicht ber¨uhrend) Matrixpor¨oser Block 30 - 3 000 saugspannung Messung der Matrix0 - 300 W¨armeleitf¨ahigkeit saugspannung MatrixSaugplatte 0 - 90 saugspannung MatrixDruckplatte 0 - 1 500 saugspannung Standard Matrix0 - 100 Tensiometer saugspannung osmotisches Matrix0 - 1 500 Tensiometer saugspannung Imperial College Matrix0 - 1 800 Tensiometer saugspannung
Minuten Minuten 7 Tage 7 - 14 Tage Wochen Wochen Stunden Stunden Minuten Stunden Minuten
F¨ur Luftstr¨omung durch einen unges¨attigten Boden mit durchgehenden Luftkan¨alen setzt man das Gesetz von DARCY an: va = const · ∇pa . Ber¨ucksichtigung der Luftkompressibilit¨at (pa = κγa f¨ur adiabatische Kompression) f¨uhrt zur sog. porous media equation ∂a − const · Δ(γ+1 )=0 a ∂t
.
8.6.3 Wasserstr¨omung In diesem Abschnitt werden Saugspannungen als Dr¨ucke bezeichnet. Es wird dabei vorausgesetzt, dass sie mit dem jeweils richtigen Vorzeichen eingesetzt werden. Nun sind Kapillardruck und osmotischer Druck echte Dr¨ucke, die zum herk¨ommlichen“ ” hydrostatischen Druck p addiert werden. Die Energieh¨ohe lautet also:14 h=z+ 14
1 (p + pkap + posm ) γw
Die Geschwindigkeitsh¨ohe wird, wie u¨ blich, vernachl¨assigt.
(8.3)
154
8
Unges¨attigte B¨oden
bzw. h = z +hp , wobei hp die Druckh¨ohe (pressure head) ist. Es liegt nahe, das Gesetz von DARCY auch f¨ur die nach Gleichung (8.3) definierte Energieh¨ohe h anzusetzen. Man muss allerdings ber¨ucksichtigen, dass der hydraulische Radius (= benetzte Kornoberfl¨ache/Wasservolumen) und somit auch der Durchl¨assigkeitskoeffizient k vom S¨attigungsgrad abh¨angen. Die im DARCY-Gesetz v = −k∇h erw¨ahnte Filtergeschwindigkeit wird als die Wassergeschwindigkeit, gemittelt u¨ ber die gesamte Schnittfl¨ache, aufgefasst. Die Filtergeschwindigkeit v stellt also den volumetrischen Wasserdurchfluss (volumetric water flux) in m/s dar. Im Hinblick auf unges¨attigte B¨oden ist der hydrostatische Wasserdruck p bzw. die ihn bestimmende Gleichung dp = −γw dz fraglich: Ist die Wassers¨aule unterbrochen, so baut sich kein hydrostatischer Wasserdruck auf. Offensichtlich muss der S¨attigungsgrad S ein Mindestmaß Smin (von ca. 0, 85 − 0, 90) u¨ berschreiten, damit die Wasserphase kontinuierlich und die Gleichung dp = −γw dz anwendbar ist. Oft wird auf den sog. volumetrischen Wassergehalt θ := Vw /V Bezug genommen. Offensichtlich ist θ = nS, wobei n die Porosit¨at ist. Mit v = −k∇h und div v = −∂θ/∂t folgt die Gleichung von R ICHARDS: div(k∇h) =
∂θ ∂t
.
(8.4)
Aus Gleichung (8.4) folgt ∇h = ez + ∇hp , wobei ez der Einheitsvektor in zRichtung ist.15
8.7 Kapillardruckkurve Die sog. Kapillardruckkurve Δp(S) gibt die Saugspannung s := Δp = pa − pw in Abh¨angigkeit vom S¨attigungsgrad an (Abb. 8.6). Die u¨ blichen experimentellen Verfahren zur Bestimmung der Kapillardruckkurve eines Kornger¨ustes beruhen auf der Verdr¨angung entweder der Luft oder des Wassers aus dem Porenraum durch Anwendung von Druck auf den Probenrand. Der steile Anstieg der Entfeuchtungskurve auf den Wert se beruht auf der Tatsache, ¨ dass die Luft erst dann durch eine Offnung (Pore) des Durchmessers d = 2r passieren kann, wenn der Luft¨uberdruck den Wert se = 2γ/r (Eintrittskapillardruck, air entry value oder bubbling pressure) erreicht hat.
8.8 Effektive Spannungen in unges¨attigten B¨oden Wenn f¨ur Deformation und Festigkeit des Kornger¨usts die sog. effektive Spannung maßgebend sein soll, so muss man sich fragen, wie diese Spannung f¨ur unges¨attigte 15
Setzt man die Diffusionsbeziehung v = D∇θ mit θ = θ(hp ) an, so ist ∇θ = folgt dann aus Gleichung (8.4) die F OKKER -P LANCK-Gleichung: ∂θ dθ ∂k ∇hp = + div k . ∂z dhp ∂t
dθ ∇hp . dhp
Es
8.8 Effektive Spannungen in unges¨attigten B¨oden
155
s Entfeuchtung Befeuchtung
se 0
Sr
1
S
Abb. 8.6 Be- und Entfeuchtungskurven, Sr = Rests¨attigungsgrad, se = air entry value.
B¨oden definiert sein soll. Rein formal16 erh¨alt man den u¨ ber das Porenvolumen bzw. u¨ ber eine zuf¨allige Querschnittsfl¨ache im Porenbereich gemittelten Porendruck p = (1 − S)pa + Spw , wobei pa der Luftdruck und pw der Wasserdruck sind. H¨alt man an der f¨ur wasserges¨attigte B¨oden eingef¨uhrten Definition der effektiven Spannung im o.g. Sinn fest (was keineswegs zwingend ist), so erh¨alt man17 σ = σ − p = σ − (1 − S)pa − Spw = σ − pa + S(pa − pw ).
(8.5)
Drucknormalspannungen sind hier positiv einzusetzen, dementsprechend sind Saugspannungen negativ. pa − pw ist die totale Saugspannung. Anstelle von Gleichung (8.3) hat B ISHOP die Beziehung vorgeschlagen σ = σ − pa + χ · (pa − pw ),
0 ≤ χ ≤ 1,
wobei χ eine Funktion von S sein soll.18 Der Anteil σ − pa wird net stress genannt. Wie aus Bild 8.6 ersichtlich, l¨asst sich f¨ur die Entfeuchtungskurve die Beziehung zwischen S¨attigung S und die Sauspannung s ausdr¨ucken durch 1 f¨ur s < se (8.6) S= (se /s)γ f¨ur s > se . Einsetzen von Gleichung (8.6) in Gleichung (8.5) liefert eine Beziehung zwischen σ und s.19 16 17 18
19
Durch Mittelung u¨ ber die Porenfl¨ache in einem beliebigen Querschnitt und Verwendung des Satzes von D ELESSE, wonach Volumenporosit¨at = Fl¨achenporosit¨at ist. Einfachheitshalber werden keine Indizes angeschrieben. F¨ur S = 1 bekommt man mit χ = 1 die herk¨ommliche Definition der effektiven Spannung. Dies gilt auch f¨ur trockenen Boden, falls χ(S = 0) = 0 gesetzt wird. Diverse Ans¨atze f¨ur χ(S) mit einer Eigenschaft χ(0) = 0 und χ(1) = 1 k¨onnen daher herangezogen werden, wie χ = S oder χ = S(2 − S). N. K HALILI, M.H. K HABBAZ, A unique relationship for χ for the determination of the shear strength of unsaturated soils, G´eotechnique 48/5 (1998) 681–687.
156
8
Unges¨attigte B¨oden
Die S¨attigungssetzung, d.h. die pl¨otzliche Volumenabnahme eines Bodens bei Benetzung (vgl. S. 85), wird manchmal als Argument gegen die G¨ultigkeit von Gleichung (8.5) herangezogen: Eine Erh¨ohung der S¨attigung S (bzw. eine Verkleinerung der Saugspannung s) bringt eine Verkleinerung der effektiven Spannung mit sich, welche wiederum eine (wenn auch kleine) Volumenzunahme des Kornger¨usts bedingen sollte.
9 Felsmechanik
¨ Der Ubergang von Boden (’Lockergestein’) zu Fels (’Festgestein’) ist fließend und umfasst fels¨ahnliche B¨oden und weichen Fels (soft rock). Zum Beispiel variiert der Zustand von Ton mit abnehmendem Wassergehalt von einem Brei bis zu einem hart klingenden Gestein (Tonschiefer). Festgestein kann oft als ein Boden mit sehr hoher Koh¨asion betrachtet, seine Festigkeit kann mit den Parametern ϕ und c angegeben werden. Insofern ist der Unterschied zwischen Locker- und Festgestein in vielen Aspekten eher quantitativ als qualitativ. Folgende wesentliche Unterschiede k¨onnen aufgef¨uhrt werden: Felsgestein - Felsmasse: Fels ist oft zerkl¨uftet und daher ein Diskontinuum, man sollte dann zwischen der Festigkeit des intakten Gesteins (zwischen den Kl¨uften) und der von Kl¨uften durchsetzten Felsmasse unterscheiden. Spr¨od - duktil: Gestein weist oft ein spr¨odes Verhalten auf. Hingegen kann es sich bei extrem langsamer Verformung duktil verhalten. Elastischer Bereich: F¨ur sehr kleine Verformungen kann manches Gestein als elastisch betrachtet werden. Anisotropie: Bedingt durch ihre geologische Entstehungsgeschichte k¨onnen Gesteine (insbesondere Sedimentgesteine und metamorphe Gesteine) ausgepr¨agt anisotrop sein.
9.1 Scherfestigkeit von Festgestein Die Festigkeit von Festgestein wird anhand von einaxialen oder triaxialen Kompressionsversuchen ermittelt. Beim Triaxialversuch wird eine zylindrische Probe in axialer Richtung komprimiert, w¨ahrend die Seitenspannung σ2 = σ3 konstant gehalten wird. Beim einaxialen Versuch ist σ2 = σ3 = 0. Der Triaxialversuch wurde 1911 ´ f¨ur die Untersuchung von Felsproben eingef¨uhrt, sein Einsatz ´ AN durch VON K ARM in der Bodenmechanik erfolgte sp¨ater. Auf Felsproben werden Seitendr¨ucke bis zu
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_9
158
9 Felsmechanik
1000 MPa angewandt.1 Als Zellfluid wird u.a. Kerosin verwendet, welches bei hohen Dr¨ucken eine große Viskosit¨at entwickelt. Hohe Dr¨ucke machen die Verwendung besonderer Komponenten erforderlich.2 So k¨onnen z.B. O-Ringe aus Gummi bei hohen Dr¨ucken spr¨ode werden. Deshalb werden auch Gummimembrane durch d¨unne metallische H¨ulsen, etwa aus Kupfer, ersetzt. F¨ur Kompressionsversuche m¨ussen die Probenenden planparallel und glatt sein. Aufgrund von unterschiedlicher Verwitterung kann die Festigkeit eines Gesteinstyps (z.B. Granit) ganz unterschiedlich ausfallen, die Werte k¨onnen um Gr¨oßenordnungen differieren. In erster N¨aherung kann die Scherfestigkeit von Felsgestein (wie bei Boden) durch das Bruchkriterium von M OHR -C OULOMB angegeben werden: Bruch (Versagen) tritt ein, wenn die Schubspannung τ den Wert τf erreicht, wobei τf = c + σ tan ϕ
.
(9.1)
Dabei ist σ die Normalspannung, c die Koh¨asion und ϕ der Reibungswinkel, der f¨ur Festgestein zwischen 25◦ und 55◦ schwankt. Genauso wie f¨ur Boden ist Gleichung (9.1) eine N¨aherung, denn tats¨achlich w¨achst τf unterlinear mit σ an, was bedeutet, dass der Reibungswinkel ϕ druckabh¨angig ist und mit wachsender Normalspannung σ geringer wird. Auch die Form einer Felsprobe beinflusst ihre Scherfestigkeit: je schlanker die Probe, desto kleiner die Scherfestigkeit. Dies d¨urfte eine Folge der Reibung an den Probenenden sein.
9.2 Zugfestigkeit von Festgestein Die einaxiale Zugfestigkeit von Festgestein ist ca. 10 bis 20 Mal kleiner als die einaxiale Druckfestigkeit. Zu ihrer Bestimmung wird oft der sog. brasilianische Versuch herangezogen (Abb. 9.1), wo eine zylindrische Probe entlang von zwei Erzeugenden gedr¨uckt wird. F¨ur elastische Proben ergibt sich dabei eine ann¨ahernd konstante Zugspannung in einem ebenen Schnitt, der diese Erzeugenden enth¨alt. Daher versagt die Probe auf Zug. Die Zugfestigkeit ergibt sich ann¨ahernd zu F/(πrl) (F = Kraft). Weitere Versuche zur Ermittlung der Zugfestigkeit von Festgestein sind (i) der 4Punkte-Biegeversuch (schwierige Probenherstellung, Spannungskonzentration spielt eine Rolle), (ii) die rotierende Scheibe bzw. der Zentrifugalversuch nach M OHR, (iii) der direkte Zugversuch, bei welchem die Probenenden an die Pr¨ufmaschine geklebt werden, und (iv) der L UONG-Versuch (Abb. 9.2): Von den beiden Probenenden aus werden zwei konzentrische Kreisschlitze hergestellt, sodass bei Druckbeanspruchung im Zwischenbereich eine Zugspannung herrscht. Diese ist aber inhomogen 1
2
Auch wenn Fl¨ussigkeiten (also keine Gase) als Zellfluide verwendet werden, werden durch die hohen Dr¨ucke große Energien gespeichert, die sich bei defekten Apparaturen explosionsartig entladen k¨onnen. Zu den dazu relevanten Sicherheitsaspekten siehe: B.G. C OX, G. S AVILLE (eds.), High Pressure Safety Code. High Pressure Technol. Assoc. U.K. 1975. M.S. PATERSON and Teng-fong W ONG, Experimental Rock Deformation - The Brittle Field, Springer 2005.
9.4 Entfestigung
159
verteilt, sodass die Ergebnisse von der Probengeometrie abh¨angen. Interessanterweise ist die Reproduzierbarkeit bei diesen Versuchen recht gut, jedoch unterscheiden sich die mit den verschiedenen Versuchstypen ermittelten Zugfestigkeiten betr¨achtlich.3
F
r
l Abb. 9.1 Brasilianischer Versuch
Abb. 9.2 L UONG-Versuch f¨ur die Zugfestigkeit von Felsgestein4
9.3 Spr¨odes und duktiles Verhalten Je nachdem, ob die Verformung bis zum Versagen (die sog. Peak-Dehnung) klein oder groß ist, unterscheidet man zwischen spr¨odem und duktilem Verhalten. Betrachtet man die Peak-Dehnung als Ank¨undigung des Versagens, so ist das spr¨ode Versagen unangek¨undigt. Ein Gestein kann sich sowohl spr¨ode als auch duktil verhalten. Entscheidend daf¨ur sind die Geschwindigkeit der Deformation, die Temperatur und das Druckniveau.
9.4 Entfestigung Wie bei Boden geht auch bei Fels die Entfestigung mit Dilatanz einher, welche in der Felsmechanik meist als Auflockerung bezeichnet wird. Bei Fels kann die Entfestigung viel st¨arker als bei Boden sein, ihre Registrierung bereitet aber Schwierigkeiten. Bei weggesteuerten Pr¨ufmaschinen muss der Laststempel der bei Ent3 4
R. N OVA, Vortrag beim ALERT-Workshop, Aussois 2002. M.P. L UONG, Un nouvel essai pour la mesure de la r´esistance a` la traction, Revue Franc¸aise de G´eotechnique 34 (1986) 69–74.
160
9 Felsmechanik
festigung raschen Deformation der Probe nachfolgen. Genauso muss bei kraftgesteuerten Pr¨ufmaschinen die Last hinreichend schnell reduziert werden, damit das Versagen nicht beschleunigt wird. Da man die Geschwindigkeit, mit welcher die Probe nachgibt, nicht a priori kennt, muss der Versuch mit einer schnell reagierenden Regelung erfolgen. Die Steifigkeit der Pr¨ufmaschine spielt dabei auch eine Rolle und muss ber¨ucksichtigt werden: Bei einer weggesteuerten Pr¨ufmaschine entspricht ein Ausfahren des Stempels um den Betrag Δs nicht einer gleich großen Verk¨urzung der Probe, denn ein Teil dieser Verschiebung entspricht der Verformung des Rahmens der Pr¨ufmaschine. Dies ist schematisch in Abb. 9.3 gezeigt. Die Symbole cRahmen und cP robe bezeichnen die Steifigkeiten des Rahmens und der Probe. Bei Entfestigung ist cP robe < 0. Aus Δs = ΔsRahmen + ΔsP robe und cRahmen ΔsRahmen = cP robe ΔsP robe erh¨alt man cRahmen Δs. ΔsP robe = cP robe + cRahmen Damit ΔsP robe positiv ist, muss die Steifigkeit des Rahmens hinreichend groß sein: cRahmen > −cP robe
.
Dies ist bei den sog. steifen Pr¨ufmaschinen der Fall. F¨ur sehr spr¨oden Fels kann die Entfestigung so stark ausgepr¨agt sein, dass keine Pr¨ufmaschine steif genug ist.
Rahmen Rahmen
Stellglied
Stellglied
Felsprobe Kraftmessdose Felsprobe
Abb. 9.3 Prinzip und Idealisierung einer Pr¨ufmaschine
Daher muss man servo-kontrollierte Pr¨ufmaschinen heranziehen. Man sollte bedenken, dass jenseits des Peaks die Probe ungleichm¨aßig deformiert wird, sodass letztendlich die Spannungs- und Verformungsverteilungen in der Probe unbekannt sind, sodass man keine Information zur Spannungs-Dehnungskurve des Materials gewinnen kann.
9.5 Punktlastversuch Wenn aus kl¨uftigem Fels keine hinreichend große intakte Probe geborgen werden kann, dann wird die einaxiale Druckfestigkeit u¨ ber den Punktlastversuch gesch¨atzt:
9.6 Trenn߬achen und ihre Raumlage
161
Handgroße unregelm¨aßig geformte Felsst¨ucke werden in eine Presse eingespannt und gedr¨uckt (Abbildung 9.4).
F
a
Abb. 9.4 Punktlastversuch
F ist die Versagenlast und a der Abstand zwischen den beiden Angriffspunkten dieser Last. Der sog. Festigkeitsindex Is wird wie folgt definiert: Is :=
F a2
und dient der Klassifizierung von Fels. Die einaxiale Druckfestigkeit qu kann aus Is (Tabelle 9.1) gesch¨atzt werden. F¨ur Gesteine mit qu < 25 MPa ist der Punktlastversuch untauglich.
9.6 Trennfl¨achen und ihre Raumlage Trennfl¨achen sind Fl¨achen, quer zu welchen sich die Materialeigenschaften sprunghaft ver¨andern. Schichtgrenzen, Schieferungsebenen und Kl¨ufte sind u¨ bliche Trennfl¨achen. Im hinreichend kleinen Maßstab k¨onnen Trennfl¨achen als Ebenen betrachtet werden, ihre Raumlage wird durch zwei Winkel, das Streichen α und das Fallen β angegeben. Streichen α ist die Abweichung einer H¨ohenlinie von der Nordrichtung. Alternativ benutzt man die Abweichung αF der Falllinie von der Nordrichtung. β ist die Abweichung der Falllinie von der Horizontalen. Es gilt 0 ≤ αF ≤ 360◦ , 0 ≤ β ≤ 90◦ . F¨allt in einem x-y-z-Koordinatensystem die y-Richtung mit der Nordrichtung und die z-Achse mit der Vertikalen zusammen, so lautet der Normaleneinheitsvektor auf die Trennfl¨ache: ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ sin β cos α sin β sin αF n = ⎝ sin β cos αF ⎠ = ⎝ sin β sin α ⎠ . cos β cos β Trennfl¨achen k¨onnen mithilfe der sog. Lagenkugel angegeben werden (Abbildung 9.5). Die Raumlage einer Trennfl¨ache wird durch den Durchstoßpunkt ihrer Normalen mit der Kugeloberfl¨ache angegeben (letztere wird fl¨achentreu auf eine Ebene
162
9 Felsmechanik
projiziert)5 . Die Darstellung mit der Lagenkugel bietet keinerlei Vorteile gegen¨uber der analytischen Darstellung mit dem Vektor n.
Abb. 9.5 Darstellung der Orientierung von Trenn߬achen mittels Lagenkugel
9.7 Kluftreibung Die maximale Schubkraft Tf , die auf eine ebene Kluft angewandt werden kann, ist proportional zur Normalkraft N, Tf = μN , wobei der Koeffizient μ nach dem Gesetz von A MONTONS unabh¨angig von N und der makroskopischen Kontaktfl¨ache ist. Streng genommen w¨achst Tf unterlinear mit N an, was (unter Zugrundelegung der zugeh¨origen Normal- und Schubspannungen) durch Beziehungen der Form ¨ τf = c+μσ oder τf = μσ n beschrieben werden kann. Ubliche Werte von μ f¨ur Felskl¨ufte liegen zwischen 0,4 und 0,7. Die einzelnen Mineralbestandteile des Gesteins k¨onnen dabei kleinere Reibungskoeffizienten haben, z.B. 0,1- 0,2 f¨ur Quarz. Die Kluftrauigkeit beeinflusst den Reibungskoeffizienten6 , man muss aber ber¨ucksichtigen, dass sie durch Abrasion w¨ahrend der Relativverschiebung ver¨andert wird. Das dabei entstehende Pulver kann die Reibung erh¨ohen. Auf frisch gebildeten Scherfugen betr¨agt μ zwischen 0,6 und 1,0. Durch Benetzung der Kluft kann μ ver¨andert werden.
9.8 Anisotropie Viele Sediment- und metamorphe Gesteine sind anisotrop. Oft wird daf¨ur queranisotrope Elastizit¨at angesetzt (siehe Abschnitt 15.3.1). Bei Queranisotropie bleiben 5 6 7
Es handelt sich um die fl¨achentreue Azimutalprojektion nach L AMBERT, welche weder l¨angen- noch winkeltreu ist. M.S. PATERSON and Teng-fong W ONG, Experimental Rock Deformation - The Brittle Field, Springer 2005. Aus E. H OEK, P.K. K AISER, W.F. BAWDEN, Support of Underground Excavations in Hard Rock, Balkema 1995.
9.8 Anisotropie
163
Tabelle 9.1 Empirische Werte f¨ur die einaxiale Druckfestigkeit und Festigkeitsindizes7 Festigkeitsindex Absch¨atzung im Feld qu (MPa) > 250
Beispiele
Is (MPa) > 10
100 - 250
4 - 10
50 - 100
2-4
25 - 50
1-2
5 - 25 1-5
– –
kleine Bruchst¨ucke k¨onnen durch wiederholte Hammerschl¨age herausgel¨ost werden, hart klingender Fels Felsst¨ucke k¨onnen nur durch mehrere Hammerschl¨age zerlegt werden
Basalt, Diabas, Gneis, Granit, Quarzit
Amphibolit, Sandstein, Basalt, Gabbro, Gneis, Granodiorit, Kalkstein, Marmor, Rhyolit, Tuff Handst¨uck kann mit einem Kalkstein, Marmor, Phyllit, Hammerschlag zerlegt werden Sandstein, Schiefer bei hartem Schlag dringt die Schiefer, Kohle Picke des Geologenhammers um bis zu 5 mm in den Fels ein; Felsoberfl¨ache kann mit Messer geritzt werden schneidbar mit Messer Kreide, Mineralsalz zerf¨allt bei Hammerschl¨agen
Abb. 9.6 Queranisotropie bleibt bei Rotationen um Achsen senkrecht zur Schieferungsebene unentdeckbar.
Rotationen um Achsen, die senkrecht zur Schieferungsebene verlaufen, unentdeckbar (Abb. 9.6). Um die anisotrope Festigkeit von geschichtetem bzw. geschiefertem Fels zu erfassen, betrachtet man separat die Scherfestigkeitsparameter cl und ϕl in den Schieferungsebenen, wo die Scherfestigkeit gegeben ist durch τf l = cl + σ tan ϕl
.
(9.2)
164
9 Felsmechanik
Um zu pr¨ufen, ob ein Spannungszustand σ1 , σ2 , σ3 = σ2 zum Versagen f¨uhrt, muss man f¨ur alle Neigungen θ, 0◦ ≤ θ ≤ 360◦ die Schub- und Normalspannungen ausrechnen (Abb. 9.7). F¨ur θ = ϑ wird das Bruchkriterium τ = c + σ tan ϕ herangezogen und f¨ur θ = ϑ die Gleichung (9.2). Man erh¨alt so die in Abb. 9.8 dargestellte Abh¨angigkeit zwischen der Scherfestigkeit (σ1 − σ2 )f und ϑ. σ1 (σ1− σ2) f
σ2
theoretisch experimentell
ϑ
0°
Abb. 9.7 Die Festigkeit von geschieferten Proben h¨angt von der Neigung ϑ der Schieferung ab.
ϑ1
ϑ2
90°
ϑ
Abb. 9.8 Abh¨angigkeit der Scherfestigkeit von der Neigung der Schieferungsebene. F¨ur ϑ1 ≤ ϑ ≤ ϑ2 sind f¨ur die Festigkeit die Scherfestigkeitsparameter cl und ϕl maßgebend.
9.9 Bruchmechanik Risse k¨onnen die Spannungsverteilung dermaßen ver¨andern, dass es bei viel kleineren Spannungen zum Bruch kommt, als sie bei rissfreien K¨orpern dazu erforderlich w¨aren. Die Bedeutung und das Verhalten von Rissen werden von der Bruchmechanik untersucht.8 Risse und Kerben sind Spezialf¨alle von geometrischen Strukturen, welche die Spannungsverteilung beeinflussen und zu lokalen Spannungserh¨ohungen f¨uhren k¨onnen. So ist nach der linearen Elastizit¨atsheorie bei einer elliptischen Kerbe mit der Halbl¨ange (d.h. L¨ange der großen Halbachse) a und dem Kr¨ummungsradius r (Abb. 9.9) die Spannung um den Spannungskonzentrationsfaktor a σmax (9.3) =1+2 KT = σ0 r erh¨oht. F¨ur eine kreisf¨ormige Kerbe (a = r) liefert diese Gleichung KT = 3, in ¨ Ubereinstimmung mit der L¨osung von K IRSCH f¨ur die gelochte Scheibe (Gleichung 23.1). F¨ur einen spitzen Riss (r = 0) liefert die elastische Theorie σmax = ∞, was aber durch plastisches Fließen verhindert wird. 8
Siehe z.B. D. ROYLANCE, Introduction to Fracture Mechanics, web-based Modules on Mechanics of Materials, http://web.mit.edu, oder T.L. A NDERSON, Fracture Mechanics, Fundamentals and Applications, Taylor & Francis, Third Edition 2005.
9.9 Bruchmechanik
165
σo σ
r
σo
x
a
σo Abb. 9.9 Spannungserh¨ohung bei einer Kerbe
G RIFFITH hat eine Scheibe mit der Dicke t unter einer homogenen Zugspannung σ betrachtet. Die elastische Energiedichte 12 σ = 12 E2 = 12 σ 2 /E ist u¨ ber die Scheibe homogen verteilt. Wenn man jetzt einen Riss mit der Halbl¨ange a einf¨uhrt (Abb. 9.9), so a¨ ndert sich das Spannungsfeld in der Umgebung des Risses. An den Rissufern geht die Spannung auf Null zur¨uck, die in einem Gebiet von der Gr¨oßenordnung const·a2 gespeicherte elastische Energie U = const · a2 · t 12 σ 2 /E entl¨adt sich, und es fragt sich, ob sie ausreicht, um den Riss wachsen zu lassen. Wenn die Rissl¨ange a um den Betrag da anw¨achst, wird die Energie dU = const · a · tσ 2 /E da freigesetzt, und die Arbeit 2γtda muss zur Schaffung neuer Oberfl¨ache aufgebracht werden, wobei γ die Oberfl¨achenenergie ist.9 Der Riss (bzw. a) wird wachsen, wenn dU = 2γtda gilt, d.h. const · aσ 2 /E = 2γ. Mit der linearen Elastizit¨atstheorie kann der Wert der Konstanten zu π ausgerechnet werden, woraus schließlich folgt: 2γE σ = σf = . (9.4) πa Gleichung (9.4) gibt zu einer gegebenen Spannung σ die maximale Halbl¨ange a stabiler Risse an. Risse mit einer Halbl¨ange ≥ a werden√unter der gegebenen Spannung ’selbstt¨atig’ anwachsen. Die Beziehung σf ∼ 1/ a wird durch das Experiment best¨atigt, hingegen lassen sich die Zahlenwerte nach Gleichung (9.4) nur f¨ur sehr spr¨ode Stoffe best¨atigen. F¨ur duktilere Stoffe ist die entladene Dehnungsenergie dU/da zu modifizieren, was zur Gleichung f¨uhrt: Gc E . (9.5) σ = σf = πa Die Stoffkonstante Gc heißt ’kritische Dehnungsenergie-Entladungsrate’ (critical strain energy release rate) und l¨asst sich experimentell etwa anhand der Nachgiebig9
Randpartikel haben eine gr¨oßere Energie als Innenpartikel, insofern braucht man Energie, um eine Oberfl¨ache wachsen zu lassen, vgl. Kapitel 8 (Unges¨attigte B¨oden). Man beachte, dass die Oberfl¨achenenergie auch von dem Medium im Riss abh¨angt (etwa Luft oder Wasser), sie a¨ ndert sich also bei Benetzung.
166
9 Felsmechanik
keit bestimmen (compliance calibration): Man untersucht die Beziehung zwischen der angreifenden Kraft F und der Verschiebung s an einem gerissenen K¨orper. Mit der Nachgiebigkeit C := s/F erh¨alt man die gespeicherte elastische Energie zu U = 12 F s = 12 CF 2 . Beim Anwachsen des Risses um den Betrag da betr¨agt die entladene elastische Energie G=
1 dC dU = F2 . da 2 da
(9.6)
Nun misst man die Nachgiebigkeit (und somit auch die Ableitung dC/da) bei verschiedenen Rissl¨angen und registriert die Bruchkraft Fc und die zugeh¨orige Rissl¨ange 2ac . Somit ist der kritische Wert von G: 1 2 dC . (9.7) Gc = Fc 2 da a=ac
√ √ Der Wert KI := GE = ασ πa heißt ’Spannungsintensit¨atsfaktor’. Sein Wert beim Bruch, KIc , heißt ’Bruchz¨ahigkeit’ und kennzeichnet den Widerstand eines Materials gegen Bruch bzw. Rissausbreitung. Der Faktor α hat (je nach Geometrie) einen Wert von der Gr¨oßenordnung von 1.
9.10 Spr¨odbruch und plastisches Fließen Das Versagen (Kollaps) eines K¨orpers zeichnet sich makroskopisch durch eine horizontale Tangente (’Peak’) der Kraft-Verschiebungskurve bzw. der SpannungsDehnungskurve, d.h. durch verschwindende tangentiale Steifigkeit aus. Je nachdem, ob die zum Versagen f¨uhrende Verformung groß oder klein ist, unterscheidet man zwischen duktilem und spr¨odem Versagen. Letzteres kommt sozusagen ohne Vorank¨undigung (und ist daher besonders gef¨urchtet) und wird von einem starken Abfall der Kraft bzw. Spannung gefolgt (’Entfestigung’). Man geht davon aus, dass Spr¨odbruch (fracture) auf Rissausbreitung, wohingegen duktiles Versagen (auch ’plastisches Fließen’, yield) auf die Wanderung von sog. Versetzungen (dislocations) zur¨uckgeht. Ferner h¨angt Spr¨odbruch mit Zugspannungen und plastisches Fließen mit Schubspannungen zusammen. Folglich kommt Spr¨odbruch nur bei koh¨asiven Stoffen infrage und ist z.B. f¨ur koh¨asionslosen trockenen Sand irrelevant. Versetzungen sind elementare Verformungen, sie k¨onnen als ’Atome’ der Verformung angesehen werden. W¨ahrend sie f¨ur Kristallgitter spezielle Formen (sog. Stufen- und Schraubversetzungen) annehmen, sind sie f¨ur granulare Stoffe wie Sand einfache Kornumlagerungen. Plastisches Fließen ist mit großen Verformungen assoziiert und geht daher mit einer gewissen Mobilit¨at der Molek¨ule oder K¨orner einher. Wird diese Mobilit¨at durch starke Bindungen zwischen den Molek¨ulen oder K¨ornern (z.B. durch Zementierung von Sandk¨ornern) oder durch niedrige Temperatur eingeschr¨ankt, so kommt es bei einem Belastungsprozess zum Spr¨odbruch. Bei einem einachsigen Spannungszustand
9.10 Spr¨odbruch und plastisches Fließen
167
tritt Spr¨odbruch oder plastisches Fließen ein, je nachdem, ob die wachsende Spannung σ zuerst den Wert σf nach Gleichung (9.5) (fracture) oder die Fließgrenze σy (yield) erreicht. Sowohl σf als auch σy h¨angen von der Temperatur T ab und fallen f¨ur T = TDB (ductile-brittle transition temperature) zusammen (Abb. 9.10), sodass f¨ur T < TDB Spr¨odbruch und f¨ur T > TDB plastisches Fließen eintritt.10 σ
σf σy TDB
T
Abb. 9.10 Fließ- und Bruchspannung h¨angen von der Temperatur ab.
Fels und Metalle sind polykristalline Stoffe (Abb. 9.11), plastische Verformungen kommen durch die Wanderung von Versetzungen in den einzelnen Kristalliten (K¨ornern) zustande. Sowohl σf als auch √ σy wachsen mit kleiner werdendem Korndurchmesser d, es gilt σ = σ + k / d (Gesetz von H ALL -P ETCH) und y y0 y √ σf = kf / d. Fels manifestiert sich sowohl als duktiles wie auch als spr¨odes Material. W¨ahrend er sich bei den u¨ blichen Laborversuchen spr¨od verh¨alt, stellen Auffaltungen von Felsschichten (Abb. 1.35) in der Geologie duktiles Verhalten dar. Ob es zu spr¨odem oder zu duktilem Verhalten kommt, h¨angt nicht nur von der Temperatur, sondern auch vom Druckniveau und von der Verformungsgeschwindigkeit ab. Wenn man Triaxialversuche an einem Gestein unter verschiedenen Zelldr¨ucken betrachtet (Abb. 9.14), so stellt man fest, dass die Duktilit¨at mit wachsendem Druckniveau zunimmt. Letzteres beeinflusst auch das Bruchmuster (Abb. 9.12). Hinsichtlich der Ank¨undigung des Versagens (spr¨odes oder duktiles Verhalten) ist auch das Gesetz des japanischen Seismologen K. M OGI zu nennen, wonach die Versagensank¨undigung mit wachsender Inhomogenit¨at eines Materials w¨achst.12
10
11 12
Bei Pipelines in Sibirien breiteten sich Risse mit enormer Geschwindigkeit aus, als Rentiere ¨ beim Uberspringen dagegen angestoßen sind. Auch vermutet man, dass der lange Riss im Rumpf der ’Titanic’ durch Spr¨odbruch im kalten Polarwasser entstanden ist. M.S. PATERSON and Teng-fong W ONG, Experimental Rock Deformation - The Brittle Field, Springer 2005. Zitiert in D. S ORNETTE, Critical Phenomena in Natural Sciences, Springer 2000.
168
9 Felsmechanik
Abb. 9.11 D¨unnschliff von Sandstein. Man beachte, dass Sandstein durch langandauernden Druck aus Sand entsteht. Durch den hohen Druck an den Kornkontakten wird der Feststoff gel¨ost (solution creep), und die K¨orner r¨ucken viel enger zueinander (Druckkriechen, pressure creep), die Porosit¨at wird erheblich reduziert.
σ2 = 0 MPa
σ2 = 3.5MPa
σ2 = 35MPa
σ2 = 100MPa
Abb. 9.12 Bruchmuster von Marmorproben bei verschiedenen Seitendr¨ucken12
s
Abb. 9.13 disking
Core
9.11 Maßstabseffekt
169
0
0
Abb. 9.14 Spanungs-Dehnungskurven aus Triaxialversuchen an Marmor bei verschiedenen Seitendr¨ucken12
Bei verschwindendem Seitendruck tritt das sog. axiale Aufsplitten (axial splitting) auf (Abb. 9.12), was eine Art von Zugversagen ist und deswegen als paradox erscheint, weil makroskopisch betrachtet in der Probe keine Zugspannungen herrschen. Zur Erkl¨arung werden mikroskopische Fehlstellen herangezogen. Nimmt man diese Fehlstellen als kreis(zylinder)f¨ormig an, so kann man bei ebener Verformung die L¨osung von K IRSCH (Gleichung (23.1)) heranziehen. Man ersieht daraus, dass f¨ur ϑ = 0◦ und ϑ = 180◦ und f¨ur r = r0 gilt: σϑϑ = σzz,∞ (3K − 1), d.h. f¨ur K < 1/3 ist die Umfangsspannung σϑϑ negativ, d.h. Zug. Kleine Hohlr¨aume sind durch die k¨ornige Struktur von Fels (z.B. Granit) bedingt. Daher ist bei feink¨ornigen Felsen die Tendenz zu axial splitting weniger ausgepr¨agt. Man ersieht also, dass es zu Zugbr¨uchen kommen kann, auch wenn makroskopisch betrachtet nur Druckspannungen herrschen. Ein anderes Aufsplitten, das sog. core disking, tritt bei Felsproben auf, die aus großer Tiefe gezogen werden (Abb. 9.13).
9.11 Maßstabseffekt Man versteht darunter die Tatsache, dass die mechanischen Eigenschaften einer Felsprobe von der Probengr¨oße beeinflusst werden. Die Festigkeit einer Probe wird mit wachsender Probengr¨oße kleiner. Dieser Effekt ist bei inhomogener Spannungsverteilung ausgepr¨agter. Der Maßstabseffekt kann mit dem Konzept des sog. einfachen Stoffs nicht erfasst werden.13 Er wird auf kleine Defekte zur¨uckgef¨uhrt, welche einem Kontinuum eine innere Struktur aufpr¨agen. G RIFFITH (1921) und W EIBULL (1939) erkl¨arten den Maßstabseffekt mit der Annahme, dass die Wahrscheinlichkeit kleiner Defekte mit der Probengr¨oße zunimmt. 13
’Einfache Stoffe’ sind durch die Annahme definiert, dass die Spannung nur vom ersten Deformationsgradienten, hingegen nicht von h¨oheren Deformationsgradienten abh¨angt. Das mechanische Verhalten einfacher Stoffe kann durch Versuche mit homogener Probendeformation entdeckt werden.
170
9 Felsmechanik
Die innere Struktur von Fels zeigt sich bei Felsaufschl¨ussen. Die dort zu beobachtenden Muster sind selbst¨ahnlich in dem Sinne, dass Teile davon dem Ganzen a¨ hnlich sind. Dies ist auch der Grund, warum man aus der Betrachtung von Fotos von Felsaufschl¨ussen nicht auf ihre Gr¨oße schließen kann. Deswegen wird u¨ blicherweise ein Gegenstand bekannter Gr¨oße (z.B. Schl¨usselbund oder M¨unze) beigef¨ugt. Selbst¨ahnliche unregelm¨aßige Oberfl¨achen haben oft eine sog. fraktale Dimension. Dies hat folgende Bedeutung: Um eine fraktale Kurve bzw. eine fraktale Fl¨ache mit Quadraten bzw. W¨urfeln der Kantenl¨ange δ abzudecken, brauchen wir N Quadrate bzw. W¨urfel (Abb. 9.15). Offensichtlich h¨angt N von δ ab: N = N (δ). Je kleiner δ ist, desto gr¨oßer muss N sein. F¨ur nichtfraktale Kurven gilt N ∼ 1δ und f¨ur nichtfraktale Fl¨achen: N ∼ δ12 . Im Allgemeinen ist N ∼ δ1D , wo D (die sog. fraktale Dimension) f¨ur Fraktale keine ganze Zahl ist. Die L¨ange der fraktalen
N=9 δ
N=14 δ
Abb. 9.15 Die Anzahl N von Quadraten, die ben¨otigt werden, um die Kurve abzudecken, h¨angt von ihrer Kantenl¨ange δ ab.
Kurve ist L ≈ N δ = const · δ 1−D . Wenn man L (or N ) u¨ ber δ halblogarithmisch auftr¨agt, erh¨alt man eine Gerade. Aus ihrer Neigung ergibt sich D. Bruchfl¨achen von Fels sind fraktal.14 Der Maßstabseffekt wird auch bei Bodenproben beobachtet.15
9.12 Diskrete Modelle Die diskontinuierliche Natur von gekl¨uftetem Fels kann durch sog. diskrete Modelle ber¨ucksichtigt werden, welche jeden Kluftk¨orper separat betrachten. Die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Bl¨ocken wird relativ einfach angesetzt, ihre große Anzahl sowie die dreidimensionale Natur der betrachteten Probleme erfordern aber eine hohe Computerleistung. Die St¨arke dieser Modelle ist zugleich ihre Schw¨ache: 14
15
C. S CAVIA, The effect of scale on rock fracture toughness: a fractal approach, G´eotechnique 46/4 (1996) 683–693, C.E. K ROHN, Sandstone Fractal and Euclidean Pore Volume Distributions, J. of Geophys. Research 93/B4 (1988) 3286–3296. M.V.S. B ONALA, L.N. R EDDI, Fractal representation of soil cohesion, J. of Geotechn. and Geoenvironmental Eng. (Oct. 1999) 901–904.
9.13 Festigkeit der Felsmasse
171
Sie k¨onnen nur ad hoc, d.h. f¨ur konkrete Situationen angewandt werden und erlauben somit keine allgemeinen Aussagen.16 Man muss auch bedenken, dass die genaue Lage diskreter Kl¨ufte kaum a priori bekannt ist. Die einfachsten diskreten Modelle sind die Starrk¨orper-Bruchmechanismen (siehe Abschnitt 13.5). Eine weitere Entwicklung stellen die sog. discrete element methods (DEM)17 dar, welche durch folgende Merkmale charakterisiert sind: 1. Sie erlauben endliche Verschiebungen und Verdrehungen (einschließlich Auseinanderklaffungen) der einzelnen Bl¨ocke. 2. Sie sind mit Algorithmen ausgestattet, welche die Kontakte der einzelnen Bl¨ocke ermitteln. Solche Algorithmen ben¨otigen lange Rechenzeit, die mit dem Quadrat der Anzahl n der einzelnen Bl¨ocke anw¨achst. Durch Parzellierung des betrachteten Gebiets kann die Rechenzeit reduziert werden (proportional zu n). Die Kontakte zwischen den einzelnen Bl¨ocken k¨onnen starr oder nachgiebig sein (z.B. elastisch nach der H ERTZschen Pressung). Auch die Bl¨ocke k¨onnen starr oder deformierbar sein. In diesem Zusammenhang ist auch die sog. key block theory von S HI und G OODMAN zu nennen, die jedoch schwer nachzuvollziehen ist.
9.13 Festigkeit der Felsmasse Die Erfassung der Festigkeit von kl¨uftigem Fels im Rahmen einer mechanischen Analyse ist ein noch ungel¨ostes Problem. Man behilft sich mit empirischen Ans¨atzen, am weitesten verbreitet ist derjenige nach H OEK und B ROWN: Das Bruchkriterium wird als Beziehung zwischen der gr¨oßten und der kleinsten Hauptspannung σ1 und σ3 angegeben. Bei Boden ist die Umh¨ullende der M OHRschen Kreise beim Versagen in erster N¨aherung eine Gerade (Abb. 9.16), und das Bruchkriterium lautet: σ1 σ3 1 + sin ϕ +1 = · σc σc 1 − sin ϕ
,
wobei σc die einaxiale Druckfestigkeit ist (bei c > 0). F¨ur intakten Fels kann das Bruchkriterium (Abb. 9.17) formuliert werden durch die Gleichung σ3 σ1 σ3 = + mi +1 . (9.8) σci σci σci mi wird durch Anpassung an Ergebnisse von Triaxialversuchen bestimmt. Der Index i weist auf ’intakten Fels’ hin. Gleichung (9.8) entspricht einer gekr¨ummten 16
17
Auch bei der kinetischen Gastheorie werden individuelle Partikel betrachtet, allerdings darf man dort f¨ur sog. ergodische Systeme allgemeine makroskopisch-phenomenologische Aussagen treffen. P.A. C UNDALL and R.D. H ART, Numerical Modeling of Discontinua; R.D. H ART, An Introduction to Distinct Element Modeling for Rock Engineering. Beide in: Comprehensive Rock Engineering, Volume 2, Pergamon Press 1993, 231–243 und 245–261.
172
9 Felsmechanik τ
τ ϕ
c
c σ1
σc
σ3
σ
σ1
σc
σ3
σ
Abb. 9.16 Umh¨ullende der M OHRschen Abb. 9.17 Gekr¨ummte Umh¨ullende f¨ur intakten Fels Spannungskreise f¨ur koh¨asiven Boden
Umh¨ullenden der M OHRschen Kreise beim Versagen (man beachte, dass auch f¨ur B¨oden die M OHRsche Umh¨ullende streng genommen gekr¨ummt ist). H OEK und B ROWN haben folgende empirische Beziehung f¨ur kl¨uftigen Fels eingef¨uhrt: σ1 σ3 σ3 = + m +s , σci σci σci wobei m und s empirisch zu bestimmen sind und urspr¨unglich in Form von Tabellen oder Gleichungen angegeben wurden:18 gest¨orte Felsmasse RM R − 100 m = mi exp 14 RM R − 100 s = exp 6
ungest¨orte oder verzahnte Felsmasse RM R − 100 m = mi exp 28 RM R − 100 s = exp 9
Sp¨ater wurden m und s in Abh¨angigkeit des ’Geological Strength Index’ GSI und des ’Disturbance Factor’ D angegeben:19
18
19
RM R, rock mass rating, ist eine empirisch ermittelte Kennzahl, welche sich als Summe von Punkten ergibt, mit welchen diverse Felseigenschaften bewertet werden (siehe z.B. D. KOLYMBAS, Tunnelling and Tunnel Mechanics, Springer 2005). E H OEK, A brief history of the development of the Hoek-Brown failure criterion, www.rockscience.com.
9.13 Festigkeit der Felsmasse
173
a
σ1 σ3 σ3 = + m +s , σci σci σci GSI − 100 , m = m exp 28 − 14D GSI − 100 s = exp , 9 − 3D 1 1 GSI 20 a= + exp − − exp − 2 6 15 3
.
GSI und D werden aufgrund von Tabellen und Diagrammen bestimmt.20 Nach neueren Erkenntnissen ist das Bruchkriterium nach H OEK und B ROWN gut geeignet f¨ur duktile, jedoch nicht f¨ur spr¨ode Felsmasse.21 Die RMR-Werte werden auch f¨ur weitere Absch¨atzungen herangezogen. Zum Beispiel wird der Elastizit¨atsmodul einer Felsmasse durch folgende Beziehungen abgesch¨atzt: E (GPa) ≈ 2 · RM R − 100 f¨ur RM R > 50 , E (GPa) ≈ 10(RM R−10)/40 f¨ur RM R < 50 . Man beachte, dass solche empirischen Absch¨atzungen22 auf spezifischen Erfahrungen beruhen und daher nicht allgemein g¨ultig sind. F¨ur grobe Absch¨atzungen m¨ogen sie herangezogen werden, sie sollten aber immer mit dem Vorbehalt einer weiteren ¨ Uberpr¨ ufung verwendet werden. Die Beliebtheit des H OEK -B ROWN-Kriteriums beruht darauf, dass es eine halbwegs akzeptable Antwort auf die noch unbeantwortete Kernfrage der Felsmechanik, n¨amlich nach der Festigkeit kl¨uftiger Felsmasse, geben kann. Die weitverbreitete Verwendung dieses Kriteriums sollte jedoch nicht dar¨uber hinwegt¨auschen, dass es nicht auf einer rationalen Analyse beruht. Es wurde urspr¨unglich auf der Grundlage von Versuchen mit Betonquadern, thermisch behandeltem Marmor und kl¨uftigem Andesit entwickelt23 und stellt daher ein m¨oglicherweise n¨utzliches Werkzeug dar, das aber einen beschr¨ankten Anwendungsbereich hat und kaum nachvollziehbar ist.24 20 21 22
23 24
E. H OEK, C. C ARRANZA -T ORRES, B. C ORKUM, Hoek-Brown failure criterion – 2002 edition, www.rockscience.com. P.K. K AISER u.a., Underground works in hard rock tunnelling and mining, GeoEng, Melbourne 2000. Streng genommen beruht jede Absch¨atzung auf Empirie (Erfahrung). Man sollte aber zwischen rational nachvollziehbaren Absch¨atzungen (z.B. des Reibungswinkels aufgrund von Triaxialversuchen) und solchen, die nur auf Erfahrung beruhen und nicht u¨ berpr¨uft werden k¨onnen, unterscheiden. E. H OEK, Strength of jointed rock masses, 23rd Rankine Lecture, G´eotechnique 33/3 (1983) 187–223. ¨ C. E DELBRO, J. S J OBERG , E. N ORDLUND, A quantitative comparison of strength criteria for hard rock masses, Tunnelling and Underground Space Technology 22 (2006) 57–68.
174
9 Felsmechanik Tabelle 9.2 m- und s-Werte24
Fels Kalkstein, Marmor, Dolomit
Schiefer
Sandstein, Quarzit
magmatisch, feink¨ornig
magmatisch, grobk¨ornig
RMR 100 85 65 44 23 100 85 65 44 23 3 100 85 65 44 23 3 100 85 65 44 23 3 100 85 65 44 23 3
a ∞ 1 ...3m 1 ...3m 0.3 . . . 1 m 3 ... ∞ 1 ...3m 1 ...3m 0.3 . . . 1 m 3 . . . 50 cm < 5 cm ∞ 1 ...3m 1. . . 3 m 0.3 . . . 1 m 3 . . . 50 cm < 5 cm ∞ 1 ...3m 1 ...3m 0.3 . . . 1 m 3 . . . 50 cm < 5 cm ∞ 1 ...3m 1 ...3m 0.3 . . . 1 m 3 . . . 50 cm < 5 cm
m 7 3.5 0.7 0.14 0 10 5 1 0.2 0.05 0.01 15 7.5 1.5 0.3 0.08 0.015 17 8.5 1.7 0.34 0.09 0.017 25 12.5 2.5 0.5 0.13 0.025
s 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1·10−5 0 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1·10−5 0 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1·10−5 0 1 0.1 4·10−3 1·10−4 1·10−5 0
9.14 Quellen und Schwellen Quellen und Schwellen bezeichnet die Eigenschaft gewisser Mineralien, bei Wasseranlagerung ihr Volumen zu vergr¨oßern. Werden sie dabei behindert, so u¨ ben sie einen Druck, den sog. Quelldruck, aus. Man unterscheidet25 zwischen mechanischem, os¨ motischem, intrakristallinem und hydratationsbedingtem (z.B. Ubergang von Anhy26 drit zu Gips) Quellen. Die Unterscheidung aber betrifft lediglich den Mechanismus 25 26
H.H. E INSTEIN, Tunnelling in Difficult Ground - Swelling Behaviour and Identification of Swelling Rocks, Rock Mechanics and Rock Engineering 29/3 (1996) 113–124. F¨ur die Geotechnik ist ein weiterer Schwellmechanismus relevant, der bei kalkstabilisierten B¨oden auftreten kann. Bei Vorhandensein von Sulfaten kann es zur Bildung von Ettringit
9.14 Quellen und Schwellen
175
der Wasseranlagerung und nicht die Ph¨anomenologie des Quellvorgangs. So ist das mechanische“ Quellen gleichbedeutend mit dem Zur¨uckfedern des Kornger¨ustes ” bei Entlastung, w¨ahrend das physikochemisch bedingte Quellen auf die Begierigkeit gewisser Mineralien nach Wasser zur¨uckzuf¨uhren ist. Obwohl beide W¨orter, Quellen“ und Schwellen“, die Tendenz zur Volumenzunahme infolge Wasseran” ” lagerung bedeuten und daher Synonyme sind, wird manchmal das Wort Schwellen“ ” in Zusammenhang mit der Anhydrit→Gips-Umwandlung und das Wort Quellen“ in ” Zusammenhang mit Tonmineralien verwendet. ¨ Im Labor wird das Quellen haupts¨achlich im Odometerger¨ at (d.h. bei einachsialer Deformation) bei Wasserzutritt von oben und unten untersucht (sog. H UDER A MBERG-Versuch). L¨asst man die Spannung konstant, so dehnt sich die Probe mit der Zeit aus. Verhindert man hingegen die Ausdehnung, so w¨achst die Spannung mit der Zeit an. Im Labor kann der Schwelldruck Werte bis zu 2 MPa bei osmotischem, 100 MPabei intrakristallinem und 7 MPa bei der Hydratation von Anhydrit erreichen. Kompakter Anhydrit ist wasserundurchl¨assig und daher kaum schwellanf¨allig. Bei Gemischen aus Anhydrit und schwellanf¨alligem Tonschiefer quillt zun¨achst der Ton und verschafft so dem Wasser Zutritt, sodass anschließend auch der Anhydrit zum Quellen kommt. Oft treten zwei Mechanismen des Quellens hintereinander auf, z.B. zun¨achst infolge Hydratation und sp¨ater infolge Ettringitbildung. Es kann dadurch zun¨achst zu einer Verlangsamung und anschließend zu einer Beschleunigung der Volumenzunahme kommen. Wird die Verlangsamung als Zeichen f¨ur eine bevorstehende Beendigung des Schwellvorgangs fehlgedeutet und der Versuch abgebrochen, so wird das Schwellverm¨ogen erheblich untersch¨atzt. Selbst eine Versuchsdauer von zwei Jahren kann manchmal zu kurz sein, um das Schwellverm¨ogen richtig zu beurteilen. In Tunneln erfolgt die das Quellen veranlassende Wasserzufuhr durch das Auffahren wasserf¨uhrender Schichten bzw. durch den Eintrag von Niederschlagswasser u¨ ber die Portale. Die Luftfeuchtigkeit spielt dabei vermutlich nur eine geringe Rolle, daher leidet nur die Tunnelsohle unter Quellerscheinungen. Quelldehnungen erstrecken sich im Gebirge bis zu einer Tiefe unterhalb der Sohle, die in etwa dem Tunneldurchmesser entspricht. Sie k¨onnen mehrere Jahrzehnte andauern. In Summe k¨onnen sich Hebungen von mehreren Metern ergeben. Es sei hier angemerkt, dass z.B. beim Belchentunnel im Schweizer Jura schon w¨ahrend des Baus die Dr¨anage durch Schwellen zerst¨ort wurde. Abends eingelegte Sohlbewehrung musste am n¨achsten Morgen wieder herausgenommen werden, weil das schwellende Gebirge den Freiraum f¨ur die Betondeckung aufgezehrt hatte.
kommen, der bei Wasserzutritt stark quellen und aufweichen kann, siehe D. D ERMATAS, Ettringite-induced swelling in soils: State-of-the-art, Appl. Mech. Rev 48/10 (1995) 659– 673.
176
9 Felsmechanik
Die Anf¨alligkeit des Gesteins zum Quellen kann am treffendsten durch mineralogische Untersuchungen erkundet werden. Es gibt aber auch einige Hinweise27 daf¨ur. So k¨onnen Schrumpfrisse einen Hinweis auf m¨ogliches Schwellen geben. Ein Gestein mit reichem Tongehalt k¨onnte ebenfalls schwellanf¨allig sein. Ein 1-2 cm3 großes St¨uck aus ausgetrocknetem Tongestein kann in ein Wasserglas geworfen werden. Bei Vorhandensein von quellf¨ahigen Tonmineralien w¨urde man in den ersten 30 Sekunden ein Aufbersten beobachten. In Zusammenhang mit Quellen (bzw. Schwellen) wird oft in einem Atemzug das Quetschen (squeezing) genannt.28 Dies bezeichnet jedoch eine ausgepr¨agte Konvergenz im Tunnel, die durch das Kriechen von sog. druckhaftem Gebirge bedingt ist. Es ¨ handelt sich dabei um Gesteine geringer Festigkeit bei hohem Uberlagerungsdruck.
9.15 Felsmechanische Feldversuche Es werden Spannungen bzw. Dr¨ucke angewandt, und man misst die damit verkn¨upften Verschiebungen oder Verdrehungen, um daraus Schl¨usse auf die Steifigkeit bzw. Festigkeit der Felsmasse zu gewinnen. Dazu werden elastische L¨osungen oder empirische Beziehungen herangezogen. Abgesehen von den in situ Scher- und Triaxialversuchen beruhen die Feldversuche der Felsmechanik auf Hohlraumaufweitungen. Durch Vergleich der gemessenen Hohlraumaufweitungen mit elastischen L¨osungen gewinnt man Absch¨atzungen der Steifigkeiten. Werden plastische Deformationen erreicht, so versucht man aus den Messergebnissen auch die Scherfestigkeitsparameter zu gewinnen (zumindest ansatzweise). Scherversuch: Normal- und Schubkr¨afte werden mit Hydraulikzylindern aufgebracht. Ihre Wirklinien sollten sich in der Scherfuge schneiden, damit keine ¨ Kippmomente entstehen (Abb. 9.18). Ahnlich sind Triaxialversuche konzipiert (Abb. 9.19). Bohrlochaufweitung: Es gibt diverse Varianten, die verwendeten Namen sind un¨ einheitlich. Die zugrunde liegende Idee geht auf K OGLER (1934) zur¨uck und wurde sp¨ater von M E´ NARD weiterentwickelt, der den Namen Pressiometer gepr¨agt hat (siehe Abschnitt 22.6.5). Pressiometer werden in der Felsmechanik auch Dilatometer genannt.
27
28
30
International Society for Rock Mechanics, Commission on Swelling Rock. Suggested Methods for rapid field identification of swelling and slaking rocks, Int. J. Rock Mechanics Min. Sci. & Geomechanics Abstracts 31/5 (1994) 547–550. M. PANET, Two Case Histories of Tunnels through Squeezing Rocks, Rock Mech. & Rock Engineering 29/3 (1996) 155–164; siehe auch: G. M ESRI u.a., Meaning, measurement and field application of swelling pressure of clay shales, G´eotechnique 44/1 (1994) 129–145, insb. Abb. 9. Tunel, 9/2 (2000) 19.
9.15 Felsmechanische Feldversuche
177
Kopfplatte Rahmen scherfuge
Abb. 9.18 In situ Scherversuch
Abb. 9.19 Erkundungsstollen mit Triaxialversuch30
Abb. 9.20 TIWAG Radialpressen31
Flat jacks: Flache Druckkissen werden in Schlitze im Fels hineingelegt und mit M¨ortel eingebettet. Anschließend werden sie durch Anwendung von Druck aufgeweitet (Abb. 9.21). Druckkammer: Ein geschlossener Hohlraum im Fels wird mit Fl¨ussigkeit gef¨ullt. Nach Temperaturausgleich mit dem umgebenden Fels wird die Fl¨ussigkeit unter Druck gesetzt, und die resultierenden Verformungen werden gemessen. Radialpresse: Zwischen einem Stahlring und der Wand eines Tunnels bzw. Erkundungsstollens werden Druckkissen platziert. Die Hohlraumaufweitung wird unmittelbar vor bzw. hinter der Radialpresse gemessen.32 (Abb. 9.20, 9.22)
31 32
Beitr¨age zur Technikgeschichte Tirols, Sonderheft 1984, Innsbruck 1984. Viele Messergebnisse finden sich in G. S EEBER, Druckstollen und Drucksch¨achte, Enke in Georg Thieme Verlag 1999.
178
9 Felsmechanik
p
Abb. 9.21 Flat jack
Abb. 9.22 Quer- und L¨angsschnitt einer Radialpresse
10 Geodynamik
Die Geotechnik betrachtet mechanische Prozesse in der Erde bei relativ kleinem Maßstab. Es zeigt sich aber, dass man mit denselben Methoden a¨ hnliche Probleme in viel gr¨oßerem Maßstab behandeln kann, wie z.B. die Auffaltung von geologischen Schichten. Treibende Kraft f¨ur solche Bewegungen sind die sog. tektonischen Kr¨afte, deren Ursprung noch nicht gekl¨art ist. Bei geologischen Prozessen ist nicht nur der große geometrische Maßstab, sondern auch der Zeitmaßstab zu beachten. Gebirge falten sich auf, und Kontinente verschieben sich mit einer derart kleinen Geschwindigkeit, dass die Bewegungen nur u¨ ber riesige ( geologische“) Zeiten re” gistriert werden k¨onnen. Hierf¨ur hat M. R EINER in die Rheologie die sog. D EBO RAH -Zahl1 eingef¨ uhrt tr D= , (10.1) to wobei to die Beobachtungszeit und tr die Relaxationszeit ist, d.h. die Zeit, die ein Prozess braucht, um abzuklingen. Boden und Fels sind letztendlich viskose Stoffe, d.h. es besteht eine Beziehung zwischen den Spannungen und der Deformationsgeschwindigkeit. Allerdings ist diese Beziehung nicht linear, wie bei den newtonschen Fluiden, sondern logarithmisch: τ = τ0 + a ln ε˙ε˙0 . Daraus folgt eine exponentielle Beziehung zwischen der Deformationsgeschwindigkeit und der Spannung: ε˙ = Δε Δt ∼ exp(bτ ) τ ∼ ln Δt. Diese Beziehung t¨auscht eine Fließgrenze vor, d.h. eine Spannung, unterhalb derer praktisch keine Verformung auftritt. Wie man aus Abbildung 10.1 entnehmen kann, ist diese Fließgrenze abh¨angig vom Zeitmaßstab.
¨ Felsschichten 10.1 Sand als Modell fur Bei großen Dr¨ucken, wie sie in tieferen Schichten der Erdkruste vorherrschen, u¨ berwiegt bei Fels die Reibungsfestigkeit, wohingegen die Koh¨asion klein im Ver1
Nach dem Bibelzitat (Ri 5,5) Die Berge ergossen sich vor dem Herrn“. ”
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_10
180
10 Geodynamik ε˙ (%/a)
ε˙ (%/s)
1.5
3.0
1.0
2.0
0.5
1.0 σ (MN/m2 )
σ (MN/m2 ) 0.2
0.5
0.8
0.2
0.5
0.8
Abb. 10.1 Die Fließgrenze ist abh¨angig vom Zeitmaßstab
gleich zu den vorherrschenden Spannungen ist. Nach B YERLEE2 betr¨agt die Scherfestigkeit τf von Fels: τf = 0.85σn f¨ur σn < 2 kb, und τf = 0.5 + 0.6σn f¨ur σn > 2 kb. D.h., f¨ur σn = 2 kb (entsprechend einer Tiefe von 5 km) ergibt sich eine Scherfestigkeit τf = 1.7 · 105 kN/m2 , welche viel gr¨oßer als die Koh¨asion von Granit (von der Gr¨oßenordnung von 2 · 103 kN/m2 ) ist. Daher verhalten sich dicke Felsschichten wie koh¨asionsloser Sand und lassen sich mit sog. Sandbox-Modellen simulieren (Abb. 10.2).
Abb. 10.2 Simulation einer geologischen Auffaltung in der Sandbox3
2 3
J. B YERLEE, Friction of rocks, Pageoph 116 (1978) 615–626. Die visuelle Geschichte der Erde und des Lebens, Gerstenberg Verlag 2003.
10.2 Auffaltung
181
10.2 Auffaltung Ein Gesteinspaket kann als elastisch gebetteter Balken betrachtet werden.4 Wenn er gedr¨uckt wird, kann er ausknicken, und dies manifestiert sich als Auffaltung. Die maßgebende Differentialgleichung ist (vergleiche Gleichung (19.26)): EIy (4) + P y + kx = 0, wobei P die Knicklast und k der Bettungsmodul ist. Beim Schwimmen in einer Fl¨ussigkeit der Dichte γ ist k = γ (Abbildung 10.3). Allerdings ergeben sich daraus viel zu große Knicklasten. Selbst bei Vernachl¨assigung der Biegesteifig2 keit (EJ = 0) erh¨alt man mit dem Ansatz y = c sin 2π xl die Knicklast P = l2πγ . 2
l γ . Mit Dies entspricht f¨ur eine Schicht der Dicke h einer Druckspannung σ = 2hπ 3 l = 400 km (= doppelte L¨ange einer Synklinale), γ = 20 kN/m , h = 30 km erh¨alt man eine Druckspannung σ von 1, 7 · 108 kN/m2 , welche viel gr¨oßer als die Druckfestigkeit von Fels ist. Interessanterweise k¨onnen Trennfl¨achen (Kl¨ufte) die Bie-
Abb. 10.3 Auffaltung einer elastisch gebetteten Schicht5
gesteifigkeit einer Schicht reduzieren. Man vergleiche dazu aufeinander gestapelte Balken mit und ohne schubfeste Verbindung (Abbildungen 10.4 und 10.5).
b
Abb. 10.4 Gestapelte Balken ohne schubfeste Abb. 10.5 Gestapelte Balken mit schubfester Verbindung Verbindung
4 5
S MOLUCHOWSKI 1909, R AMBERG 1945, B IOT 1959. H. R AMBERG, O. S TEPHANSSON, Compression of floating elastic and viscous plates affected by gravity, a basis for discussing crustal buckling, Tectonophysics 1/1 (1964) 101–120.
182
10 Geodynamik
10.3 Starrk¨orperbruchmechanismen Die einzelnen Kontinentalplatten bewegen sich gegeneinander wie die Bl¨ocke bei Starrk¨orperbruchmechanismen (Abschnitt 13.5). Folgende Muster k¨onnen dabei auftreten (Abbildung 10.6): •
Die Platten gleiten gegeneinander entlang von Scherfugen, die in der Geologie ’Verwerfungen’ (faults) heißen (Abbildung 1.33). • Die Platten ’durchdringen’ sich; dies geschieht dadurch, dass die eine Platte nach unten, in den Erdmantel hinein, gedr¨uckt wird (sog. Subduktion, Abbildung 10.7), oder durch das Aufwerfen von sog. R¨ucken (ridges, Abbildung 10.8). • Die Platten klaffen auseinander durch Bildung von sog. Graben (Abbildung 10.9).
Abb. 10.6 Bruchmuster bei der Plattentektonik6
10.4 Scherfugen und Verwerfungen Bei Scherversagen lokalisiert sich die Verformung in d¨unnen Scherfugen (Abb. 10.10 und 10.11). Das Auftreten von Scherfugen ist ein Fall von sog. Musterbildung, Scherfugen sind in der Geologie von mikroskopischem bis zum makroskopischen Maßstab (z.B. die St. Andreas Verwerfung (fault), Abb. 1.30) zu beobachten. W¨ahrend 6 7 8 9
www.klett.de, 2016. www.wikipedia.com, 2016. www.klett.de, 2016. www.wissen.de, 2016.
10.4 Scherfugen und Verwerfungen
183
Abb. 10.7 Subduktion7
Abb. 10.8 Mittelozeanischer R¨ucken8
Abb. 10.9 Graben9
184
10 Geodynamik
in der Scherfuge eine (dilatante) Scherung stattfindet (Abb. 10.12), findet außerhalb der Scherfuge keine Verformung mehr statt, die durch die Scherfuge getrennten K¨orperteile verhalten sich wie starre K¨orper, die entlang der Scherfuge gegeneinander abgleiten. Da in den starren Bl¨ocken keine Verformung mehr stattfindet, a¨ ndert sich dort die Spannung nicht, und daher darf sich auch der Spannungsvektor t, der in der Trennfl¨ache zwischen Scherfuge und starrem Block wirkt, nicht mehr a¨ ndern. Die dies ausdr¨uckende Gleichung t˙ = T˙ n = 0
(10.2)
ist also maßgebend f¨ur das Auftreten von Scherfugen: Man dr¨uckt die Spannungsrate T˙ mithilfe des Stoffgesetzes aus, und sobald diese Gleichung eine L¨osung besitzt, kann eine Scherfuge auftreten. Es wurde hier die symbolische Schreibweise f¨ur den Spannungstensor T , den Spannungsvektor t und den Normaleneinheitsvektor n verwendet, wobei der Spannungstensor durch die Gleichung t = T n definiert ist.
Abb. 10.10 Im Zuge einer Belastung lokalisiert sich die Verformung (oft spontan) in d¨unne Scherfugen.
t=Tn ~ ~~ Scherung
Zug
Abb. 10.11 Oft ist eine Scherfuge mit Zugris- Abb. 10.12 Einfachscherung (dilatante Schesen kombiniert. Letztere treten nicht pl¨otzlich rung) in einer Scherfuge auf, sondern als allm¨ahlich wachsende Risse (sog. Riedel-Risse).
10.5 Abtragung von Bergen
185
10.5 Abtragung von Bergen Durch Verwitterung wird die Festigkeit bzw. die Koh¨osion von Festgestein abgebaut. Das verwitterte Material rieselt bergab mit der Rate S. Nach C ULLING10 wird angesetzt: ∂h S = −k . (10.3) ∂x Dabei beschreibt die Funktion h(x) die Form des Gel¨andes (H¨ohe der Gel¨andeoberkante). Durch Divergenzbildung (Massenerhaltung) erh¨alt man daraus: ∂2h ∂h =k 2 ∂t ∂x
.
(10.4)
Die L¨osung dieser Differentialgleichung beschreibt, wie sich ein urspr¨unglich vertikaler Gel¨andesprung der H¨ohe h0 mit der Zeit t entwickelt (Abbildung 10.13): x √ . (10.5) h(x, t) = h0 erf 2 kt
Abb. 10.13 Ein urspr¨unglich vertikaler Gel¨andesprung wird durch Erosion allm¨ahlich abgeflacht. Abfolge von Gel¨andeformen nach Gleichung (10.5).
10
W.E.H. C ULLING, Analytical theory of erosion, J. Geol. 68 (1960) 336–344.
11 Konsolidierung
¨ Wir betrachten eine wasserges¨attigte Bodenprobe in einem Odometerger¨ at. Die mechanische Situation kann durch Abbildung 11.1 schematisch dargestellt werden.
t0
Abb. 11.1 Schema zur Konsolidierung
Der Topf in Abbildung 11.1 enth¨alt Wasser (Porenwasser) und eine Feder, die hier stellvertretend f¨ur das Kornger¨ust steht. Die Spannungs-Dehnungsbeziehung der Feder bzw. des Kornger¨ustes ist nichtlinear, aber dies ist hier zun¨achst unwesentlich. ¨ Die kleine Offnung an der Kopfplatte steht in Abbildung 11.1 stellvertretend f¨ur die engen Porenkan¨ale der Bodenprobe. Nun wird die so dargestellte Bodenprobe“ be” lastet. Damit sich diese Belastung auf die Feder (Kornger¨ust) auswirkt, muss diese verk¨urzt werden. Dazu aber muss das Wasser entweichen. Da dieser Vorgang nur allm¨ahlich erfolgen kann, kann auch die Feder nur allm¨ahlich verk¨urzt werden. So wirkt die aufgebrachte Last zun¨achst nur auf das Porenwasser und ruft einen Anstieg des Porenwasserdruckes hervor, der dann allm¨ahlich abgebaut wird. Das Ausquetschen des Wassers geht mit einer Volumenverminderung der Probe einher. Wir gehen davon aus, dass diese Volumenverminderung nur einer Verminderung des Porenraums entspricht, d.h. sie kommt durch eine Umordnung der einzelnen K¨orner
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_11
188
11 Konsolidierung
zu einer dichteren Lagerung zustande, w¨ahrend das Volumen der einzelnen K¨orner nicht ver¨andert wird.
11.1
Wasserges¨attigter Boden als Zweiphasenstoff
Das bisher betrachtete mechanische Verhalten bezieht sich auf trockene oder dr¨anierte wasserges¨attigte B¨oden, wo der Porendruck verschwindet (bzw. gleich dem atmosph¨arischen Druck ist) und daher keine Rolle spielt. Im Allgemeinen aber stellt wasserges¨attigter Boden ein sog. Zweiphasenmedium dar, das aus einer festen Phase (Kornger¨ust, Index s) und einer fl¨ussigen Phase (Porenfluid, meist Porenwasser, Index w) besteht. Zur theoretischen Behandlung mehrphasiger Stoffe geht man von der Vorstellung aus, dass jede Phase den Raum voll ausf¨ullt, die fl¨ussige mit dem Volumenanteil n (Porosit¨at) und die feste mit dem Volumenanteil 1 − n. Feldgr¨oßen wie z.B. die Dichte werden jeder Phase zugeordnet und mit dem entsprechenden Index (s oder w) gekennzeichnet. Dabei muss man zwischen den partial“- und den wirk” ” lichen“ (oder wahren“) Feldgr¨oßen unterscheiden. Zum Beispiel ist ρs die Partial” dichte des Kornger¨usts, und ρs = 2, 7 g/cm3 ist die wirkliche oder wahre Dichte (Korndichte, etwa ρs = 2, 7 g/cm3 ).1 Man erh¨alt die Partialgr¨oßen aus den wirklichen Gr¨oßen durch Multiplikation mit dem entsprechenden Volumenanteil, z.B. ρs = (1 − n)ρs
.
(11.1)
Die Gesamtdichte des Gemischs ergibt sich als die Summe der Partialdichten der einzelnen Phasen: (11.2) ρ = ρs + ρw . Genauso l¨asst sich der auf ein Fl¨achenelement mit dem Einheitsnormalenvektor n wirkende Spannungsvektor t zerlegen in die Partialspannungsvektoren des Kornger¨usts und des Porenwassers: t = t s + tw
.
(11.3)
F¨ur die Partialspannung im Porenwasser gilt offensichtlich tw = npn bzw. pw = np, wobei p = pw die wirkliche Spannung im Porenwasser, d.h. der Porenwasserdruck ist. Die Partialspannung im Kornger¨ust betr¨agt dann σij,s = σij − npδij . Man beachte, dass der hydrostatische Druck p meist auch in den einzelnen K¨ornern wirkt. Somit u¨ bertr¨agt das Kornger¨ust den Anteil (1−n)p des Porendrucks. Sind die K¨orner inkompressibel (was f¨ur u¨ bliche B¨oden angenommen werden darf), so hat dieser Anteil keinen Einfluss auf das Verhalten des Kornger¨usts. Letzteres wird daher nur von der Differenz, der effektiven Spannung σij := σij,s − (1 − n)pδij = σij − pδij , beeinflusst ( Prinzip der effektiven Spannungen“). Stoffgesetze verkn¨upfen die Ver” 1
Je nachdem, ob wirkliche oder partielle Feldgr¨oßen gemeint sind, werden die Indizes w bzw. s hoch- oder tiefgestellt.
11.1
Wasserges¨attigter Boden als Zweiphasenstoff
189
formung des Kornger¨usts mit effektiven Spannungen.2 Man beachte, dass die Verformungsrate des Kornger¨usts mit dessen wahrer Geschwindigkeit verkn¨upft ist: s s + vj,i )/2. ε˙ij = (vi,j Zur analytischen oder numerischen L¨osung von Anfangsrandwertproblemen werden die Bilanzgleichungen f¨ur Masse und Impuls in Partialdichten und Partialspannungen formuliert. F¨ur den quasistatischen Fall (verschwindende Beschleunigung) lauten sie:3 Massenerhaltung Wasser:
∂t ρw + ∂i (ρw viw ) = 0 , −∂i pw +
(11.4)
− Ri = 0 ,
(11.5)
Massenerhaltung Kornger¨ust:
∂t ρs + ∂i (ρs vis ) = 0 ,
(11.6)
Impulserhaltung Kornger¨ust:
−∂j σij,s + ρs bsi + Ri = 0 .
(11.7)
Impulserhaltung Wasser:
ρw b w i
Hierbei bezeichnet das Symbol ∂ mit den Indizes t und i partielle Ableitungen nach s t und xi , bw i und bi sind die auf das Porenwasser bzw. auf das Korn wirkenden Massenkr¨afte (z.B. bti = bsi = gi , wobei gi der Vektor der Erdbeschleunigung ist), und Ri ist die Volumenkraft, mit welcher das Porenwasser auf das Kornger¨ust wirkt. Sie lautet: (11.8) Ri = −p∂i n + κ(viw − vis ) . Der zweite Term ist mit dem Gesetz von DARCY-G ERSEVANOV verkn¨upft, und es gilt ρw gn2 κ := , (11.9) k wobei k der Durchl¨assigkeitskoeffizient und g der Betrag der Erdbeschleunigung sind. Man beachte, dass die Bilanzgleichungen (11.5) bis (11.7) f¨ur die einzelnen Phasen dieselbe Struktur wie bei einphasigen Stoffen haben mit dem einzigen Unterschied, dass in den Impulsbilanzen Wechselwirkungskr¨afte Ri auftreten, welche beschreiben, wie die eine Phase auf die andere einwirkt. Die Ber¨ucksichtigung der Randbedingungen bei wasserges¨attigtem Boden erfordert besondere Sorgfalt. Zum Beispiel erlegt man u¨ ber einen starren Filterstein dem Kornger¨ust eine kinematische und dem Porenwasser eine statische Randbedingung auf. Wird eine totale Spannung als Randbedingung auferlegt, so muss man sich fragen, wie sie sich unter Kornger¨ust und Porenwasser aufteilt. Wegen der Viskosit¨at des Porenwassers (sie geht u¨ ber den Durchl¨assigkeitskoeffizienten k in die Berechnung 2
3
Insofern sind in den vorangehenden Abschnitten immer die effektiven Spannungen gemeint, auch wenn der Strich einfachheitshalber ausgelassen worden ist. Unter der Annahme trockenen bzw. dr¨anierten Bodens (d.h. p = 0) gilt σ = σ. Man spricht bei wasserges¨attigtem Boden von dr¨anierten Verh¨altnissen, wenn folgende Bedingungen erf¨ullt sind: (i) Der Rand (oder wenigstens Teile davon) ist wasserdurchl¨assig, und (ii) es ist gen¨ugend Zeit seit der Belastung verstrichen, damit Porenwasser¨uberdr¨ucke abgebaut werden und schließlich p = 0 gilt. Man beachte, dass hier Normalspannungen (entgegen der u¨ blichen Konvention in der Mechanik) und Porendr¨ucke bei Kompression als positiv angesetzt werden.
190
11 Konsolidierung
ein) spielt die Zeit eine Rolle, eine Belastung oder Verschiebung des Randes ist als Prozess in der Zeit vorzugeben. Da der Spannungszustand im Porenwasser als hydrostatisch angenommen wird,4 spielt daher noch die Kompressibilit¨at des Porenwassers eine Rolle. Bei Abwesenheit von Luftbl¨aschen (also bei voller S¨attigung) kann dieses f¨ur viele Anwendungen als inkompressibel angenommen werden. 11.1.1
Differentialgleichung fur¨ die Konsolidierung
Die f¨ur die Konsolidierung maßgebende Differentialgleichung wird aus der Massenerhaltung bzw. Massenbilanz der Bodenk¨orner und des Porenwassers, dem Gesetz von DARCY-G ERSEVANOV und einer Beziehung f¨ur die Kompressibilit¨at des Kornger¨ustes hergeleitet.5 Je nach Sonderfall werden dann spezielle Formen dieser Gleichung betrachtet. Die Massenerhaltung f¨ur das Kornger¨ust (Glg. 11.6) lautet: ∂ [(1 − n)ρs )] + ∇ · (ρs (1 − n)v s ) = 0 . ∂t F¨ur inkompressible K¨orner (ρs = const) erh¨alt man daraus: −
∂n + ∇ · ((1 − n)v s ) = 0 . ∂t
(11.10)
Die Massenerhaltung f¨ur das Porenwasser (Glg. 11.5) lautet: ∂ (nρw ) + ∇ · (nρw vw ) = 0 ∂t
(11.11)
bzw. (unter Vernachl¨assigung des Termes nv w · ∇ρw ) n
∂n ∂ρw + ρw + ρw ∇(nv w ) = 0 . ∂t ∂t
(11.12)
¨ Die Kompression des Porenwassers (etwa wegen Luftbl¨aschen) bewirkt eine Andew rung seiner Dichte ρ : ρw =
V˙ w mw mw ρ˙ w = − w2 V˙ = −ρw w w V V V
.
Mit der Kompressibilit¨at β des Porenwassers und dem Porendruck p lautet das Stoffgesetz f¨ur die Kompression des Porenwassers: V˙ w = −β p˙ Vw 4
5
.
Diese Annahme betrifft den gemittelten Spannungszustand im Porenwasser, mikroskopisch gibt es im str¨omenden Porenwasser durchaus Schubspannungen, die sich durch die DARCY-G ERSEVANOV-Wechselwirkung mit dem Kornger¨ust bemerkbar machen. R. L ANCELLOTTA, Geotechnical Engineering, Taylor & Francis, London and New York 2009.
11.1
Wasserges¨attigter Boden als Zweiphasenstoff
191
Somit erh¨alt man aus der Massenerhaltung des Porenwassers: ∂n + nβ p˙ + ∇(nv w ) = 0 . ∂t
(11.13)
Aus Gleichung (11.10) und (11.13) erh¨alt man: nβ p˙ + ∇ · [nv w + (1 − n)v s ] = 0
.
Nun ist (mit V˙ w = V˙ f¨ur inkompressible K¨orner) ∂n ∂ Vw V V˙ w − Vw V˙ V˙ V˙ = = − n = ε˙v (1 − n) = 2 ∂t ∂t V V V V
(11.14)
.
(11.15)
Das Gesetz von DARCY-G ERSEVANOV lautet: n(vw − vs ) = −k∇h
.
k ist die Durchl¨assigkeit. Durch Divergenzbildung erh¨alt man daraus: . ∇ · (nv w − nv s ) = −∇ · k∇h
(11.16)
Unter Beachtung von nv s = v s − (1 − n)v s , mit der Annahme k = const, durch Einsetzen von Gleichung (11.14) und mit ∇ · v s = −ε˙v erh¨alt man daraus: nβ p˙ − ε˙v = kΔh ,
(11.17)
wobei Δ der L APLACE-Operator ist. F¨ur β = 0 ( ρw = const) und mit h = p/γ w + z erh¨alt man daraus: ε˙v =
k Δp γw
.
(11.18)
Gem¨aß p = γ w z +u besteht der Porenwasserdruck p aus dem hydrostatischen Anteil γ w z und dem Porenwasser¨uberdruck u, daher ist Δp = Δu. Gleichungen von B IOT: F¨uhrt man in die Gleichgewichtsbedingung σij,j + bi = 0 das H OOKEsche Gesetz σij = λεkk + 2μεij mit εij = (wi,j + wj,i )/2, wobei wi die Verschiebung ist, und f¨ur die Volumenkraft bi die Str¨omungskraft bi = ∇u = u,i ein, so erh¨alt man zusammen mit Gleichung (11.18) ein System von vier Differentialgleichungen f¨ur die Variablen u, wi , i = 1, 2, 3. Bei einigen o¨ rtlich dreidimensionalen Problemen tritt der sog. M ANDEL -C RYEREffekt auf, bei welchem der Porenwasser¨uberdruck zun¨achst Werte aufnehmen kann, welche die aufgebrachte a¨ ußere Belastung p0 u¨ bersteigen. Dies ist z.B. der Fall bei einem Bodenstreifen der Breite 2a, der in z-Richtung unendlich ausgedehnt ist und nur in x-Richtung dr¨anieren kann (Abb. 11.2). ∂v s Nur eine o¨ rtliche Dimension z: Es gilt ε˙v = ε˙z = ∂zz . Der Index z wird fortan ausgelassen. Der L APLACE-Operator lautet Δp = ∂ 2 u/∂z 2 . Die dr¨anierte Oberfl¨ache der wasserges¨attigten Schicht wird mit der o¨ rtlich konstanten Spannung σ0 (t) belastet. Die effektive Spannung in der Tiefe z betr¨agt
192
11 Konsolidierung y
p p0 t=0 p0
undurchlässig
t=t 1>0 t=t 2 >t 1
z
2a
0
t= ∞
a
x
x
Abb. 11.2 Unendlich langer Streifen, der nur in x-Richtung dr¨anieren kann (links); pIsochronen (rechts)
σz = γz + σ0 − u
.
Mit dem linearen Stoffgesetz dε = −adσ erh¨alt man ∂σ0 ∂ε ∂u = −a − , ∂t ∂t ∂t
(11.19)
(11.20)
und f¨ur den Spezialfall σ˙ 0 = 0 erh¨alt man die Differentialgleichung ∂u k ∂u2 = ∂t aγ w ∂ 2 z
,
(11.21)
welche identisch mit der F OURIER-Differentialgleichung f¨ur W¨armeleitung und Difk fusion in einer Ortsdimension ist. Der Faktor wird als Konsolidierungsbeiwert a γw cv bezeichnet. Die Differentialgleichung (11.21) kann nach der Methode der Trennung der Variablen oder mit L APLACE-Transformationen gel¨ost werden. L¨osungen f¨ur u¨ bliche Anfangs- und Randbedingungen werden als unendliche Reihen dargestellt.6 Die durch das Ersetzen von ∂ 2 u/∂ 2 z durch Δu vorgenommene 3D-Verallgemeinerung der Gleichung (11.21) in der Form ∂u k(1 + e) = Δu ∂t aγw
(11.22)
ist unbegr¨undet und falsch. 6
Siehe D.W. TAYLOR, Fundamentals of Soil Mechanics, Wiley 1966; A. V ERRUIJT, Soil Mechanics, Delft University of Technology 2012, geo.verruijt.net/software/SoilMechBook2012.pdf; J. M ANDEL, Consolidation des ´ sols (Etude Mathematique), G´eotechnique 3/7 (1953) 287–299.
11.2 Ablauf der Konsolidierung
193
11.2 Ablauf der Konsolidierung Wir betrachten eine wasserges¨attigte bindige Bodenschicht der Dicke 2H, die beidseitig (d.h. nach oben und nach unten) dr¨anieren kann. Die Gel¨andeoberkante m¨oge durch eine unendlich“ ausgedehnte Oberfl¨achenlast p0 zum Zeitpunkt t = 0 belastet ” werden. Wie bereits erw¨ahnt, wird unmittelbar nach der Lastaufbringung nur das Po¨ renwasser belastet (es erf¨ahrt den Uberdruck u = p0 ), w¨ahrend das Kornger¨ust von der Auflast zun¨achst nichts merkt“ und insbesondere keine Setzung erleidet. Die ” anf¨angliche (d.h. zum Zeitpunkt t = t0 = 0) Verteilung des Poren¨uberdrucks ist in Abb. 11.3 gezeichnet. Wegen der Dr¨anage an den R¨andern der Schicht f¨allt dort der
p0
0 2H
t=t 0 t=t 1 t=t 2 t=t 3 t=t 4 t= ∞
bindige Schicht
u
z Abb. 11.3 Momentane Verteilungen des Porenwasser¨uberdrucks (Isochronen) bei der Konsolidierung einer bindigen Schicht
Poren¨uberdruck sofort (f¨ur t > 0) auf 0 ab. Sein Verlauf im Bereich 0 < z < 2H ist f¨ur verschiedene Zeitpunkte in Abb. 11.3 eingetragen. Erst f¨ur t → ∞ verschwindet der Poren¨uberdruck u¨ berall. Wir betrachten in Abbildung 11.4 eine Isochrone (d.h. eine Momentaufnahme) der Porendruckverteilung zu einem Zeitpunkt t1 > 0. Die Strecke BC entspricht demjenigen Anteil der Auflast p0 , der (in der betrachteten Teilschicht der Dicke dz) bereits auf das Kornger¨ust u¨ bertragen worden ist. Der zu diesem Zeitpunkt noch verbleibende Poren¨uberdruck entspricht der Strecke AB. Da wir ein lineares Drucksetzungsverhalten angenommen haben, verh¨alt sich die momentane Stauchung dieser Teilschicht zum Endwert wie die L¨angen BC zu AC. Es ist also μ(z) :=
BC ε(z, t1 ) = ε(z, ∞) AC
.
Die Zahl μ heißt Konsolidierungsverh¨altnis (consolidation ratio). Offenbar ist das u¨ ber die Schichtdicke 2H gemittelte Konsolidierungsverh¨altnis
194
11 Konsolidierung
p0
F A
dz
G C
B
D
u
E
z Abb. 11.4 Zur Definition des Konsolidierungsverh¨altnisses μ
1 μ := 2H
2H μ(z) dz 0
zugleich das Verh¨altnis der aktuellen Setzung s(t) zur Endsetzung s∞ der Schicht: μ(t) =
s(t) s∞
.
Geometrisch gesehen ist μ das Verh¨altnis der Fl¨ache FGED (grau in Abb. 11.4) zur Rechteckfl¨ache p0 2H. Aus der strengen L¨osung7 der Differentialgleichung (11.22) kann man μ als Funktion der Zeit t gewinnen. Mithilfe des durch Gleichung (11.22) k(1 + e) kann man die dimensionsloeingef¨uhrten Konsolidierungsbeiwertes cv = aγw se Zeit τ einf¨uhren τ :=
cv t H2
(11.23)
und μ als Funktion von τ darstellen (Abb. 11.5). 0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
τ
50%
100%
s(t) μ= s ∞
Abb. 11.5 Mittleres Konsolidierungsverh¨altnis μ bzw. Setzungsverh¨altnis s(t)/s∞ als Funktion der dimensionslosen Zeit τ 7
Die L¨osung erfolgt mit einem Separationsansatz und wird hier nicht n¨aher dargestellt.
11.2 Ablauf der Konsolidierung
195
Die Funktion μ(τ ) bzw. τ (μ), gewonnen aus der L¨osung der Differentialgleichung (11.22), wird als unendliche Reihe dargestellt, kann jedoch durch folgende analytische Funktionen approximiert werden: π 2 μ f¨ur μ < 0, 6 τ= 4 . (11.24) −0, 405[0, 21 + ln(1 − μ)] f¨ur μ > 0, 6 Genau genommen h¨angt die L¨osung von der Anfangsverteilung (f¨ur t = 0) des Poren¨uberdrucks u¨ ber z ab. Die durch Abbildung 11.5 bzw. durch Gleichung (11.23) angegebene Funktion gilt f¨ur eine lineare Anfangsverteilung (Abb. 11.6).
u
0 t=0 2H z
Abb. 11.6 Anfangsverteilungen des Porenwasser¨uberdrucks, f¨ur die die τ -μ-Beziehung durch Gleichung (11.24) angegeben werden kann
In der Praxis wird die Beziehung zwischen μ und τ anhand von Laborversuchen ¨ im Odometerger¨ at ermittelt. Da sie eine Beziehung zwischen dimensionslosen Variablen (μ und τ ) ist, gilt sie gleichsam f¨ur die Bodenschicht ( Prototyp“) und f¨ur ” die Laborprobe ( Modell“), sofern Letztere aus demselben Material wie die infrage ” kommende Bodenschicht besteht. Da die Laborproben viel d¨unner (¨ublicherweise 2H = 2 cm) als die Bodenschichten in natura sind, konsolidieren sie viel schneller. Ein bestimmter μ-Wert wird , wie erw¨ahnt, nach der dimensionslosen Zeit τ erreicht. Nun gilt cv t cv t τ= = H 2 Modell H 2 Prototyp bzw.
tPrototyp =
HPrototyp HModell
2 tModell
.
(11.25)
Dies bedeutet, dass die Konsolidierungszeit mit dem Quadrat der Schichtdicke anw¨achst. Eine Schicht, die nur einseitig durchl¨assig ist, kann als die H¨alfte einer fiktiven, beidseitig dr¨anierten Schicht betrachtet werden (Abb. 11.7). Man kann daher die L¨osung μ(τ ) aus einem beidseitig dr¨anierten Laborversuch heranziehen, sofern man nur HPrototyp = 2h in Gleichung (11.25) einsetzt, wobei h die Schichtdicke ist. Aus der theoretischen L¨osung weiß man, dass f¨ur μ = 50% die dimensionslose Zeit τ ungef¨ahr 0,2 betr¨agt (vgl. Abb. 11.5). Im Laborversuch wird hierzu die Zeit t50 gemessen. Nun kann man aus
196
11 Konsolidierung
h
bindige Schicht
t=t 0 t=t 1 t=t 2 t=t 3
t=∞
u
undurchlässig
z Abb. 11.7 Porendruck-Isochronen einer einseitig dr¨anierten Schicht
cv t50 ≈ 0, 2 H2 den Wert cv bestimmen: cv ≈ 0, 2H 2 /t50 . Es ist allerdings nicht immer einfach, aus dem Laborversuch t50 zu bestimmen, denn die experimentell ermittelte Zeitsetzungskurve weicht von der theoretischen Kurve ab infolge (i) der Sofortsetzung (die als Anliegesetzung interpretiert und/oder auf die Kompression von evtl. Gasblasen zur¨uckgef¨uhrt werden kann) und (ii) der sog. sekund¨aren Konsolidierung. Letztere ist ein Kriechvorgang (Kriechen = Anwachsen der Verformung bei konstanter Spannung), der durch die Z¨ahigkeit des Kornger¨ustes und nicht des Porenwassers bedingt ist. Die sekund¨are Konsolidierung erfolgt viel langsamer als die durch das Ausquetschen des Porenwassers bedingte sog. prim¨are Konsolidierung, welche durch die Gleichung (11.22) beschrieben wird, und ist haupts¨achlich bei weichen bindigen B¨oden von Bedeutung. Die Setzung infolge sekund¨arer Konsolidierung w¨achst in etwa logarithmisch mit der Zeit (Gesetz von B UISMAN). Die Sekund¨arsetzung l¨auft u¨ ber Jahrhunderte hinweg, deshalb heißt sie auch S¨akularsetzung. Der Name sekund¨are Setzung“ ist deswegen irref¨uhrend, weil er nahelegt, dass die be” trachtete Kriechverformung erst nach Abschluss der prim¨aren Konsolidierung“ (in” folge Ausquetschen des Wassers) einsetzt. Deshalb sollte man besser den Namen Kriechsetzung verwenden. Die Kriechsetzung bzw. -kompression f¨uhrt ebenfalls zu einer Verfestigung der Probe, so als ob die Probe durch eine Vorlast vorbelastet (¨uberkonsolidiert) worden w¨are. Abbildung 11.9 zeigt eine experimentell ermittelte und Abbildung 11.8 eine nach der Konsolidierungstheorie berechnete Zeitsetzungskurve. In beiden F¨allen ist die Zeit logarithmisch aufgetragen (sodass der Punkt t = 0 nicht dargestellt wird). Die theoretische Kurve (L¨osung der Differentialgleichung 11.22) erreicht (ca. ab τ ≈ 3) eine horizontale Asymptote, w¨ahrend die experimentell ermittelte Kurve infolge der sekund¨aren Konsolidierung eine geneigte Asymptote erreicht. Der Vergleich der Abbildungen 11.9 und 11.8 legt nahe, durch den Schnittpunkt bei-
11.2 Ablauf der Konsolidierung
197
ln 3,0
0%
ln τ
100% μ Abb. 11.8 Theoretische Zeitsetzungskurve f¨ur Prim¨arkonsolidierung
ln t
s 100%
Setzung Abb. 11.9 Experimentelle Zeitsetzungskurve
der Asymptoten in Abbildung 11.9 denjenigen Zeitpunkt zu definieren, bei dem die prim¨are Konsolidierung praktisch abgeschlossen ist. Spannungs-Dehnungsbeziehungen sind im Grunde genommen sinnlos f¨ur B¨oden, welche Kriechen aufweisen (gemeint ist hier das Kriechen des Kornger¨ustes und nicht die durch die Z¨ahigkeit des Porenwassers bedingte Setzungsverz¨ogerung). Es hat n¨amlich keinen Sinn, nach der Setzung infolge einer Belastung zu fragen, wenn diese Setzung mit der Zeit anw¨achst. Insofern ist auch die Auswertung von ¨ Odometerversuchen an B¨oden, die Kriechsetzungen aufweisen, nicht ganz eindeutig. ¨ Ublicherweise nimmt man zu jeder Laststufe diejenige Setzung, bei der die prim¨are Setzung in etwa abgeschlossen ist. Die daraus gewonnenen Steifezahlen und die damit ermittelten Bauwerkssetzungen k¨onnen aber nur so lange zutreffen, wie die Kriechsetzungen klein bleiben.
12 Erddruck
Erddruck ist die Kraft, die der Boden auf eine vorwiegend vertikale St¨utzkonstruktion aus¨ubt. Der Erddruck h¨angt stark von der Nachgiebigkeit und Steifigkeit der St¨utzkonstruktion ab, es liegt also eine Bauwerk-Boden-Wechselwirkung“ vor. Bisher ” existiert keine geschlossene Theorie zur Bestimmung des Erddrucks. Dies zeigt, um wieviel komplizierter das Verhalten des Bodens (oder eines beliebigen anderen Granulats) im Vergleich zum Verhalten eines Fluids (z.B. Wasser) ist, bei dem der Wasserdruck sich sehr leicht zu 12 γw h2 bestimmen l¨asst (siehe Abb. 12.1). Daher m¨ussen sich die Ingenieure mit einem komplizierten Regelwerk1 begn¨ugen, das sich teils auf Theorie und teils auf Erfahrung st¨utzt, oder sie m¨ussen zu aufwendigen numerischen Berechnungen greifen. s B
C G
1 h2 2 γw
h
h
E
E Q ϑ
ψ
Q
G ϑ ψ
A
Abb. 12.1 Wasserdruck auf eine Staumauer
Abb. 12.2 Erdkeil beim Bruchmechanismus zur Berechnung des Erddruckes nach C OU LOMB
F¨ur den Grenzfall allerdings, dass die St¨utzmauer sich hinreichend bewegt hat, sodass der gest¨utzte Boden versagt, l¨asst sich der Erddruck relativ einfach berech1
Siehe z.B. EAB, Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben“, 5. Auflage, Ernst & Sohn ” 2012.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_12
200
12 Erddruck
nen. Die Berechnung geht auf C OULOMB (1776) zur¨uck und markiert den Beginn der Bodenmechanik. C OULOMB hat das ebene Problem betrachtet und eine starre St¨utzkonstruktion mit glatter ebener Oberfl¨ache zugrunde gelegt. Infolgedessen ist der Erddruck E normal zur St¨utzwand gerichtet. C OULOMB ist davon ausgegangen, dass die St¨utzwand vom Erdreich weg bewegt wird, bis das gest¨utzte Erdreich bricht (bzw. versagt). Als Bruchmechanismus hat er eine ebene Gleitfuge angenommen, die unter dem (zun¨achst unbekannten) Winkel ϑ gegen die Horizontale geneigt ist (Abb. 12.2). Wir betrachten die Kr¨afte, die auf den Erdkeil ABC wirken. Der Boden wird als koh¨asionslos angenommen. Das Gewicht G des Erdkeils betr¨agt 12 γh2 / tan ϑ. Das Krafteck aus den Kraftvektoren E und G schließt mit der Schnittkraft Q, die um den Winkel ψ gegen die Gleitfl¨achennormale geneigt ist. Der Winkel ψ ist ein rechnerischer Reibungswinkel, der – zun¨achst – nicht identisch zum tats¨achlichen Reibungswinkel ϕ sein muss. ψ stellt also denjenigen Reibungswinkel dar, der erforderlich ist, damit am betrachteten Gleitkeil Gleichgewicht herrschen kann. E l¨asst sich aus dem Krafteck in Abh¨angigkeit von ϑ und ψ ausdr¨ucken: E=
1 2 tan(ϑ − ψ) γh 2 tan ϑ
.
(12.1)
Die Funktion E(ϑ, ψ) l¨asst sich durch Kurven E = const in der ϑ-ψ-Ebene darstellen (Abb. 12.3). 60°
ψ
2E = 0,1 γ h²
ψ = ϕ
2E = 0,3 γ h²
ψ
E
=
co ns t
2E = 0,5 γ h²
0°
0°
2E = 0,8 γ h²
ϑ
90°
Abb. 12.3 Kurven E(ϑ, ψ)=const nach Gleichung (12.1)
0°
90°
ϑ
Abb. 12.4 Zur Bestimmung des Erddruckes
Wenn nun in einem Boden mit dem Reibungswinkel ϕ Versagen eintritt, so stellt sich derjenige Erddruck E ein, dessen zugeh¨orige Kurve in Abb. 12.3 die Gerade ψ = ϕ tangiert (Abb. 12.4). W¨urde sich ein Erddruck einstellen, dessen Kurve die Gerade schneidet, so w¨urde das bedeuten, dass es Gleitfugen mit ψ > ϕ gibt, was unm¨oglich ist. Verliefe wiederum die Kurve des Erddrucks unterhalb der Geraden ψ = ϕ, so w¨are u¨ berall ψ < ϕ, was der Annahme widersprechen w¨urde, dass Versagen (d.h. der Fall ψ = ϕ) eingetreten ist. Tangieren der horizontalen Geraden ψ = ϕ bedeutet aber, dass der Gradient von E(ϑ, ψ) keine Komponente in ϑ-Richtung hat bzw. dass E ein Maximum ist:
12 Erddruck
201
∂E ∂ϑ
!
=0
.
(12.2)
ψ=ϕ
Aus Gleichung (12.1) und (12.2) l¨asst sich die Neigung der kritischen Gleitfuge zu ϑ = 45◦ + ϕ/2 und der maßgebende Erddruck (der sog. aktive Erddruck Ea , active earth pressure) zu 1 Ea = γh2 · Ka 2 mit dem sog. aktiven Erddruckkoeffizienten Ka = tan2 (45◦ − ϕ/2) =
1 − sin ϕ 1 + sin ϕ
(12.3)
ausrechnen. Gleichung (12.2) l¨asst sich auch so interpretieren, dass sich diejenige Gleitfuge einstellt, die den Erddruck zu einem Maximum macht. Diese Aussage wird oft als Prinzip (bzw. Hypothese) von C OULOMB genannt, es handelt sich jedoch nicht um ein eigenst¨andiges Prinzip, sondern um eine Folgerung, wie hier gezeigt wurde.2 Wenn die Wand rau ist, dann ist der Erddruck um den Wandreibungswinkel δ gegen die Wandnormale geneigt. Allerdings h¨angt die Richtung des Erddruckes von der Orientierung der Relativverschiebung zwischen St¨utzwand und Erdkeil ab. F¨ur die in Abbildung 12.2 dargestellte (¨ubliche) Kinematik erh¨alt man eine Erddruckneigung, wie in Abbildung 12.5 dargestellt.
β
G δ
E E
Q
ϕ Q
G
h
δ Ea
−α
Abb. 12.5 Infolge Wandreibung geneigter Abb. 12.6 Zur Bestimmung des Erddrucks Erddruck nach Gleichung (12.4)
Ferner kann die Wand um den Winkel α gegen die Vertikale geneigt sein, und das Gel¨ande kann um den Winkel β gegen die Horizontale geneigt sein (Abb. 12.6). Ea ist dann um den Winkel α − δ gegen die Horizontale geneigt. Die Horizontalkomponente Eah ergibt sich aus Eah = 21 γh2 Kah :3 2 3
¨ T. D IETRICH, U. A RSLAN, Uber die Coulombsche Erddrucktheorie und deren Rezeption in Mitteleuropa, Bauingenieur 64 (1989) 513-524. ¨ Glg. (12.4) und (12.6) werden in der Literatur P ONCELET bzw. M ULLER -B RESLAU zugeschrieben.
202
12 Erddruck
Kah =
cos2 (ϕ − α) 2 sin(ϕ + δ) · sin(ϕ − β) cos2 α 1 + cos(α − β) · cos(α + δ)
.
(12.4)
Der Wandreibungswinkel δ ist dabei positiv einzusetzen, wenn sich der Boden relativ zur Wand nach unten bewegt. Wird die St¨utzwand nicht vom Erdreich weg verschoben, sondern gegen das Erdreich gedr¨uckt, so stellt sich im Grenzfall der sog. passive Erddruck (passive earth pressure) oder Erdwiderstand Ep ein. Es l¨asst sich auf a¨ hnliche Weise herleiten, dass jetzt die kritische Neigung ϑ = 45◦ − ϕ/2 betr¨agt und dass Ep =
1 2 γh · Kp 2
,
mit Kp = tan2 (45◦ + ϕ/2) =
1 + sin ϕ 1 − sin ϕ
(12.5)
gilt. F¨ur α, β, δ = 0 gilt: Kph =
cos2 (α + ϕ) 2 sin(ϕ − δ) · sin(ϕ + β) 2 cos α 1 − cos(α + δ) · cos(α − β)
.
(12.6)
F¨ur ϕ > 30◦ liefert der Mechanismus mit einem Gleitkeil (und somit die Gleichung (12.5) bzw. (12.6)) zu große passive Erddr¨ucke. F¨ur ϕ > 30◦ sollten daher f¨ur Kph die von C AQUOT und K E´ RISEL aufgrund von Analysen von Gleitkreisen ermittelten Werte verwendet werden4 (siehe Tabelle 12.1 f¨ur den Spezialfall α = β = 0). F¨ur kompliziertere F¨alle sollten Bruchmechanismen mit mehreren Gleitfugen untersucht werden (siehe Abschnitt 13.5 Zusammengesetzte ” Starrk¨orper-Bruchmechanismen“). Bei unverschieblicher Wand ist der sog. Erdruhedruck (earth pressure at rest) E0 = 1 2 aherungs2 γh K0 anzusetzen. Der Erdruhedruckkoeffizient K0 wurde von JAKY n¨ weise durch Interpolation zwischen Ka und Kp zu K0 ≈ 1 − sin ϕ bestimmt. Man beachte, dass diese Formel nur f¨ur Erstbelastung gilt. Ist hingegen der Boden vorbelastet (σv > σ), so verbleibt nach der Entlastung bei verhinderter Seitenausdehnung ein Teil der Horizontalspannung als Verspannung im Boden zur¨uck (vgl. Abb. 6.30). F¨ur vorbelastete B¨oden setzt man oft K0 = (1 − sin ϕ)(σv /σ)α , mit α ≈ 0, 5, an. 4
Man kann die Ber¨ucksichtigung gekr¨ummter Gleitfugen umgehen und mit der Gleichung (12.6) arbeiten (welche ebene Gleitfugen zugrunde legt), wenn man ber¨ucksichtigt, dass (f¨ur α = β = 0) ebene Gleitfugen mit δ = ϕ/3 (bzw. 2/3ϕ) ungef¨ahr denselben Kp -Wert liefern wie gekr¨ummte Gleitfl¨achen f¨ur δ = ϕ/2 (bzw. δ = ϕ).
12.1 Ber¨ucksichtigung der Koh¨asion
203
Tabelle 12.1 Kph -Werte nach C AQUOT und K E´ RISEL f¨ur α = β = 0 δ/ϕ −2/3 −1/3 0 1/3 2/3
20◦ 2,72 2,38 2,04 1,70 1,33
25◦ 3,61 3,03 2,46 1,93 1,44
ϕ 30◦ 5,25 4,02 3,00 2,20 1,56
35◦ 8,00 5,55 3,70 2,50 1,68
40◦ 12,80 8,10 4,60 2,80 1,80
¨ 12.1 Berucksichtigung der Koh¨asion Wir betrachten die in Abbildung 12.2 dargestellte Situation (f¨ur δ = 0), setzen aber jetzt voraus, dass der Boden eine Koh¨asion c besitzt. Die auf der Gleitfuge wirkende Koh¨asionskraft C hat (pro laufendem Meter senkrecht zur Abbildung) den Betrag C = cl, wobei l = h/ sin ϑ die L¨ange der Gleitfuge ist. Aus dem in Abbildung 12.7 dargestellten Krafteck folgt nun f¨ur den Erddruck E: 1 1 2 tan(ϑ − ψ) − ch tan(ϑ − ψ) + . (12.7) E(ϑ, ψ) = γh 2 tan ϑ tan ϑ
E
ϑ ψ
Q G
ϑ
C
Abb. 12.7 Krafteck f¨ur die Situation nach Abb. 12.2 und koh¨asiven Boden
Die Bedingung ∂E/∂ϑ = 0 liefert (ebenso wie f¨ur koh¨asionslosen Boden) die kritische Gleitfuge f¨ur ϑ = 45◦ + ϕ/2. Somit erh¨alt man Ea =
1 2 γh Ka − 2ch Ka 2
,
(12.8)
mit Ka nach Gleichung (12.3). Entsprechend erh¨alt man Ep =
1 2 γh Kp + 2ch Kp 2
.
(12.9)
Wie erwartet, wird durch die Koh¨asion der aktive Erddruck vermindert und der passive Erddruck erh¨oht.
204
12 Erddruck
Aus Ea = 0 erh¨alt man aus Gleichung (12.8) die H¨ohe eines vertikalen Gel¨andesprungs, der ohne St¨utzung gerade noch stabil ist (sog. freie Standh¨ohe) zu h=
4c γ tan(45◦ − ϕ/2)
.
12.2 Erddruck infolge Auflasten Betrachten wir wieder die Situation nach Abbildung 12.2, wobei jetzt die Gel¨andeoberfl¨ache durch Auflasten belastet sein soll (Abb. 12.8). P
h
p
E
E ϑ
ϑ
Abb. 12.8 Zur Berechnung des Erddrucks bei belasteter Ober߬ache
Liegt eine Einzellast P (pro laufendem Meter) vor, die auf den durch ϑ bestimmten Erdkeil wirkt, so lautet der Erddruck als Funktion von ϑ und ψ (vgl. Gleichung (12.1)): E=
1 2 tan(ϑ − ψ) γh + P tan(ϑ − ψ) 2 tan ϑ
.
Die Gleichung ∂E/∂ϑ = 0 besitzt nunmehr keine L¨osung f¨ur ϑ = 45◦ + ϕ/2, insofern muss der Erddruck auf andere Weise z.B. nach dem Verfahren von C ULMANN (siehe unten) berechnet werden. Liegt hingegen eine konstante Fl¨achenlast vor, so erh¨alt man anstelle von Gleichung (12.1): 1 2 tan(ϑ − ψ) E= γh + ph . 2 tan ϑ In diesem Fall verschwindet ∂E/∂ϑ f¨ur ϑ = 45◦ + ϕ/2, und man erh¨alt 1 2 γh + ph Ka Ea = 2 sowie (in analoger Weise)
Ep =
1 2 γh + ph Kp 2
.
Ist p eine Verkehrslast, so liegt es i.Allg. auf der sicheren Seite, diese bei der Berechnung von Ep nicht zu ber¨ucksichtigen.
12.4 Grafische Verfahren
205
12.3 Verschiebungsabh¨angigkeit des Erddruckes Wie bereits dargelegt, h¨angt die Gr¨oße des Erddruckes von der Wandverschiebung s ab (Abb. 12.2). F¨ur s = 0 (absolut starre und unverschiebliche Wand) liegt der Erdruhedruck vor. Der aktive und der passive Erddruck sind Grenzf¨alle, siehe Abbildung 12.9. E Ep
E0 Ea sa
sp
s
Abb. 12.9 Abh¨angigkeit des Erddrucks von der Wandverschiebung s
Die Verschiebungen sa und sp , die zur Mobilisierung des aktiven und passiven Erddruckes erforderlich sind, betragen wenige Prozente der Wandh¨ohe, lassen sich aber nicht genauer quantifizieren. Man weiß nur, dass sp erheblich gr¨oßer als sa ist.
12.4 Grafische Verfahren Bei komplizierter Geometrie und Oberfl¨achenbelastung l¨asst sich die Gleichung ∂E/∂ϑ = 0 nicht analytisch l¨osen. Man kann dann numerisch vorgehen, indem man den Erddruck E f¨ur mehrere ϑ-Werte ausrechnet, um daraus das Maximum (Ea ) bzw. das Minimum (Ep ) abzulesen. F¨ur spezielle Verh¨altnisse f¨uhren die grafischen Verfahren nach C ULMANN bzw. E NGESSER schnell zum Ziel. 12.4.1 Verfahren von Culmann Ist die Gel¨andeoberfl¨ache uneben und durch vertikale Kr¨afte belastet, so ist das Verfahren von C ULMANN anwendbar. Es besteht darin, die Kraftecke um den Winkel 90◦ + ϕ (f¨ur den aktiven Fall) bzw. 90◦ − ϕ (f¨ur den passiven Fall) gegen den Uhrzeigersinn zu drehen. Hierzu tr¨agt man durch den Fußpunkt der St¨utzwand die sog. B¨oschungs- und Stellungslinien auf. Die B¨oschungslinie ist um den Winkel ϕ und die Stellungslinie um den Winkel 90◦ + α − δ − ϕ gegen die Horizontale geneigt (Abb. 12.10). F¨ur einen willk¨urlich festgelegten F¨acher von Gleitfugen (Pr¨ufgleitfl¨achen) werden die Gewichte Gi und die eventuell vorhandenen Auflasten Pi ermittelt und in einem
206
12 Erddruck
P1
α
Ea
P3
P2 G1
G2
G3
P4 G4
Ea
δ P1 +G1
P2 +G2
P3 +G3
nie gsli n u ch Bös ϕ
P4 +G4
ie in sl ng lu el St
90° + α − δ − ϕ
Abb. 12.10 Zum Verfahren von C ULMANN
geeigneten Kr¨aftemaßstab auf der B¨oschungslinie aufgetragen. Durch die Endpunkte der einzelnen Kr¨afte werden Parallelen zur Stellungslinie gelegt, die die entsprechende Gleitfuge schneiden. Die Schnittpunkte definieren die sog. E-Linie, deren Maximum (im selben Kr¨aftemaßstab) den aktiven Erddruck Ea festlegt. Um Ep zu bestimmen, erh¨alt die B¨oschungslinie die Neigung −ϕ und die Stellungslinie die Neigung 90◦ + α − δ + ϕ. Ep ergibt sich dann aus dem Minimum der E-Linie. 12.4.2 Verfahren von Engesser Das Verfahren von E NGESSER ist angebracht, sofern am Gleitkeil Koh¨asions- und Str¨omungskr¨afte sowie Auflasten mit horizontalen Komponenten angreifen. Man w¨ahlt einige Pr¨ufgleitfl¨achen und bestimmt die darauf angreifenden Kr¨afte. Zu deren Resultierende wird dann die jeweilige Gleitfugenresultierende Qi zugeschlagen. Die H¨ullkurve der so aufgetragenen Qi -Kr¨afte dient zur Bestimmung des Erddruckes nach Abbildung 12.11.
12.5
L¨osung von Rankine
Bei der L¨osung von C OULOMB ist die Bruchbedingung (d.h. die volle Mobilisierung der Reibungs- und Koh¨asionsfestigkeit) lediglich in einer d¨unnen Gleitfuge erf¨ullt. Man kann aber auch den Fall betrachten, dass die Bruchbedingung (auch Grenzbe” dingung“ genannt) in einem gr¨oßeren Bereich erf¨ullt ist, man spricht dann vom sog. Zonenbruch. Ist dies im koh¨asionslosen Boden hinter einer St¨utzmauer der Fall, so erh¨alt man ein Spannungsfeld, das zuerst von R ANKINE untersucht wurde. R ANKI NE gelang dadurch im Jahre 1857 ein anderer Zugang zum Erddruckproblem, seine
12.5
L¨osung von Rankine P1 Dränage G1
Ea
S1
δ
207
P3
P2
C1 C2 S4C3 S2 S3 ϕ ϕ
ϕ
Q Q2 3
C4
Ea
Q1 Q2
ϕ Q4
G1
P1
C1
Q1
P1 G1
G4
G3
G2
P4
Q3
Hüllkurve
C1
C2
Q4
S1
S1
G2
P2 S2
G3
P3
C3
ϕ
S3
G4
C4
Q1
S4
P4
Abb. 12.11 Bestimmung des aktiven Erddruckes nach dem Verfahren von E NGESSER. Man beachte, dass die Koh¨asionskr¨afte nicht addiert werden.
Erddrucktheorie ist aber nicht so allgemein anwendbar und wohl auch nicht so realistisch wie diejenige von C OULOMB. Die Konzentration der Deformation (sog. Lokalisierung) in d¨unnen Scherfugen ist n¨amlich ein stereotypes Muster, das vermutlich bei jedem Bruchvorgang auftritt. Wir betrachten ein unter dem Winkel β geneigtes Gel¨ande. Die Vertikalspannung pv auf b¨oschungsparallele Schnittfl¨achen betr¨agt pv = γz cos β
,
wie man aus Abbildung 12.12 ersehen kann. Wir wollen nun sehen, wie groß die zugeh¨orige b¨oschungsparallele Spannung pl ist. Zu ihrer Bestimmung ist die Kenntnis des gesamten Spannungszustands, die allein durch die Vorgabe von pv nicht gegeben ist, notwendig. Wir wollen aber sehen, innerhalb welcher Grenzen der Wert von pl schwanken kann. Dazu nehmen wir an, dass der Spannungszustand bekannt ist und durch den im M OHRschen Diagramm der Abbildung 12.13 eingetragenen Kreis dargestellt wird. Wir bestimmen zun¨achst den Pol P durch eine b¨oschungsparallele Gerade durch den Punkt, der die Spannung pv repr¨asentiert. Von P aus zeichnen wir eine vertikale
208
12 Erddruck
β
b cosβ
z pv b pl
Abb. 12.12 Die Vertikalspannung pv ergibt sich aus dem Gewicht γzb cos β dividiert durch die Breite b.
τ P pv 0
β
σ
pl Abb. 12.13 Zur Bestimmung der zu pv zugeh¨origen ( konjugierten“) Spannung pl ”
Gerade und gelangen so zum Spannungspunkt pl . Um einen Grenzwert f¨ur pl zu finden,5 treffen wir die zus¨atzliche Annahme, dass der betrachtete Spannungszustand ein Grenzspannungszustand ist, d.h. dass der Spannungskreis die unter ϕ geneigte Grenzgerade ber¨uhrt. Es gibt zwei Kreise, die dieser Bedingung (Grenzbedingung) gen¨ugen (Abb. 12.14). Um nun die Beziehung zwischen pv und pl herzuleiten, betrachten wir die Abbildung 12.15. Aus b/c = (d − p)/(d + p), d = m cos β, p = r2 − q 2 , r = m sin ϕ, q = m sin β folgt: (pl )min pv cos β − cos2 β − cos2 ϕ . = = pv (pl )max cos β + cos2 β − cos2 ϕ Somit ergibt sich der Erddruck auf eine vertikale St¨utzwand (Abb. 12.16) zu 1 2 cos β − cos2 β − cos2 ϕ (12.10) Ea = γh cos β 2 cos β + cos2 β − cos2 ϕ 5
Die Gr¨oße von pl entspricht der L¨ange der Geraden zwischen den Punkten 0 und pl (bzw. P ) im M OHRschen Diagramm der Abbildung 12.13.
12.5
L¨osung von Rankine
209
τ
A ϕ
0
Pp
B
β
Pv
Pa
σ
( p l )min
( p l )max
Abb. 12.14 Die zu pv geh¨origen Spannungen (pl )min und (pl )max
τ A ϕ 0
β
B
C
p
D q
r M
σ
OA = a OB = b OC = c OD = d OM= m MC= r DC = p DM= q
Abb. 12.15 Zur Herleitung der Beziehung zwischen c (= pv bzw. (pl )max ) und b (= (pl )min bzw. pv )
bzw.
1 2 cos β + cos2 β − cos2 ϕ Ep = γh cos β 2 cos β − cos2 β − cos2 ϕ
.
(12.11)
Das hier dargestellte Spannungsfeld kann herangezogen werden, um mithilfe des M OHRschen Kreises den Erddruck auf W¨anden mit komplizierter Geometrie (Abb. 12.16 rechts) zu ermitteln. F¨ur β = 0 reduzieren sich die Gleichungen (12.10) und (12.11) auf Ea,p = 12 γh2 Ka,p mit Ka,p nach C OULOMB. In der Tiefe z unterhalb der (m¨oglicherweise geneigten) Oberfl¨ache herrscht der Spannungszustand 1 + x tan2 β −x tan β σzz τzx = γz τxz σxx −x tan β x mit x := 12 (−B ±
2 2 ϕ B 2 − 4/ cos4 β) und B := 2 tan β−1−sin . cos2 ϕ
210
12 Erddruck β
Ea
Abb. 12.16 Zum Erddruck nach R ANKINE
Die Vorzeichen + bzw. − gelten f¨ur den aktiven bzw. den passiven Grenzfall.
12.6 Verteilung des Erddrucks Die Theorie von C OULOMB sagt nichts u¨ ber die Verteilung des Erddrucks aus, w¨ahrend R ANKINE von einer mit der Tiefe linear zunehmenden Erddruckverteilung ausgeht. In Anlehnung an diese Theorie wird bei St¨utzw¨anden, die in sich starr sind, eine mit der Tiefe linear zunehmende Verteilung des Erddrucks angenommen, wobei dieser auch nach C OULOMB berechnet sein kann:
E=
1 2 γh K = 2
h
e(z)dz → e(z) = γKz
.
0
Ist der gest¨utzte Boden aus mehreren b¨oschungsparallelen Schichten aufgebaut, so berechnet man f¨ur jede Tiefe z die effektive Vertikalspannung σz . Durch Multiplikation mit Kah erh¨alt man dann die effektive Horizontalspannung σx , welche identisch mit der Intensit¨at des Erddrucks an der betreffenden Stelle ist. Der Index h weist auf die Horizontalkomponente des Erddrucks hin. Somit ist Kah = Ka cos(α − δ)
,
Kph = Kp cos(α − δ) mit den Bezeichnungen nach Abbildung 12.6. Es ergeben sich somit Erddruckverteilungen, wie in Abbildung 12.17 dargestellt. Dieses Vorgehen entspricht einer Mischung der Theorien von C OULOMB und R ANKINE. Das geschilderte Vorgehen kann auch f¨ur den Fall einer konstanten Fl¨achenlast auf dem gest¨utzten Gel¨ande angewandt werden. Wird die Gel¨andeoberfl¨ache durch Einzellasten oder durch ungleichm¨aßige Fl¨achenlasten belastet, so l¨asst sich die daraus resultierende Erddruckverteilung kaum bestimmen. Die hierf¨ur in Normen vorgesehenen Bestimmungen (z.B. Abbildung 12.18) stellen lediglich sinnvolle Annahmen dar.
12.6 Verteilung des Erddrucks
211 0,0m
δ = 0°
Sand,ϕ = 30° γ =19 kN/m 3 −4,0 m Kies, ϕ = 40° γ =18 kN/m 3 −8,0 m
25,3 kN/m 2 16,5
32,2
Abb. 12.17 Verteilung des aktiven Erddrucks bei geschichtetem Boden. Man beachte den Sprung an der Schichtgrenze.
a p ϕ e = Ka pa b b
ϑ = 45° + ϕ 2
¨ Abb. 12.18 Ublicherweise angenommene Erddruckverteilung infolge einer begrenzten Auflast p
Viel schwieriger ist die Bestimmung der Verteilung des Erddrucks, wenn die St¨utzwand an verschiedenen Stellen gest¨utzt und verformbar ist. Das maßgebende Verhalten wird aus Abbildung 12.9 hergeleitet, wenn man sie nicht nur als global (f¨ur die gesamte St¨utzwand), sondern auch als lokal (f¨ur ein unmittelbar neben der Wand befindliches Bodenelement) g¨ultig h¨alt. Dies bedeutet, dass sich der Erddruck an Stellen, wo die Wand relativ nachgiebig ist, abbaut und sich dort aufbaut6 , wo die Wand (etwa infolge einer Aussteifung) unnachgiebig ist (Abb. 12.19).
6
In diesem Zusammenhang spricht man oft von einer Erddruckumlagerung“. ”
212
12 Erddruck
Steifen
Abb. 12.19 Zu erwartende Verteilung des Erddrucks auf einen Grabenverbau infolge Aussteifung
13 Standsicherheit von B¨oschungen
Im Gegensatz zu ruhenden Fluiden kann Boden geneigte Oberfl¨achen (B¨oschungen, slopes, oder Einschnitte, cuts) aufweisen. Offensichtlich h¨angt ihr Auftreten mit Schubspannungen, die im Boden (im Gegensatz zu ruhenden Fluiden) auftreten k¨onnen, zusammen. Durch Eingriffe (wie z.B. durch Belastung der B¨oschungskrone, Bodenabtragung vom B¨oschungsfuß oder durch Wassereinwirkungen) k¨onnen B¨oschungen ihre Standsicherheit verlieren. Die Standsicherheit von B¨oschungen wurde erstmals von C OLLIN 1846 untersucht. Er hat abgerutschte Einschnitte (sog. Gel¨andebr¨uche) an den Ufern von franz¨osischen Kan¨alen analysiert, die im u¨ berkonsolidierten Ton angelegt waren. Die Rutschungen haben sich zum Teil Jahre nach der Herstellung der Einschnitte ereignet. C OLLIN f¨uhrte auch die ersten Versuche zur Bestimmung der Scherfestigkeit von Ton durch.
13.1 Unendlich lange B¨oschung In der N¨ahe der Oberfl¨ache einer langen B¨oschung kann diese idealisiert als unendlich lang betrachtet werden. Demzufolge wirken in jeder vertikalen Ebene dieselben Spannungen (Abb. 13.1). F ist der Fl¨acheninhalt des K¨orpers ABCD. Sein Gewicht (pro laufendem Meter senkrecht zur Zeichenebene) ist G = γF . Die Gewichtskomponente γF sin β wirkt parallel zur Linie AB und stellt die sog. treibende Kraft (driving force) dar. Senkrecht dazu wirkt die Gewichtskomponente γF cos β, aufgrund derer in einem koh¨asionslosen Boden die Reibungskraft γF cos β tan ϕm als sog. haltende Kraft (resisting force) wirkt. ϕm ist der zum Gleichgewicht erforderliche Reibungswinkel (auch ϕerf genannt), w¨ahrend ϕ der tats¨achliche Reibungswinkel des Bodens ist (vgl. Abschnitt 7.4). Das Verh¨altnis der verf¨ugbaren haltenden zur treibenden Kraft betr¨agt η :=
tan ϕ tan β
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_13
214
13 Standsicherheit von B¨oschungen C
D G β B
β A
Abb. 13.1 Spannungen in einer unendlich langen B¨oschung. Die Spannungen, die auf die Schnittfl¨achen AD und BC wirken, tilgen sich gegenseitig.
Δh
Δl
β
Abb. 13.2 Hangparallele Grundwasserstr¨omung. Das hydraulische Gef¨alle i betr¨agt Δh/Δl = sin β.
und kann als Sicherheit (bzw. Sicherheitsfaktor, factor of safety) der B¨oschung betrachtet werden. Solange η > 1 ist, ist die B¨oschung standsicher. F¨ur η = 1 (sog. Grenzgleichgewicht) sind die Tragreserven ersch¨opft, und der Bruch steht unmittelbar bevor. Er manifestiert sich als Abgleiten entlang einer b¨oschungsparallelen Gleitfuge. Man ersieht daraus, dass ein koh¨asionsloser Boden nur bis zum Winkel β = ϕ abgeb¨oscht werden kann. Anmerkung
:
Da das spezifische Gewicht γ bzw. γ hierbei keine Rolle spielt, gilt dieses Ergebnis auch f¨ur B¨oschungen in ruhendem Wasser. Diese Aussage ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. B¨oschungen unterhalb der Wasseroberfl¨ache als auch wasserges¨attigte B¨oschungen u¨ ber Wasser k¨onnen durch eine kleine, aber schnelle Zusatzbelastung undr¨aniert verformt werden. Sind sie locker gelagert, so baut sich durch die behinderte Kontraktanz ein Porenwasserdruck auf. Dies f¨uhrt zu einer Verringerung bzw. einem Verschwinden der effektiven Spannungen, was dazu f¨uhrt, dass der Sand verfl¨ussigt wird. Es kann dadurch zu großen Rutschungen kommen.1 Die gr¨oßte bekannte Rutschung des Meeresbodens ereignete sich in pr¨ahistorischer Zeit in der Nordsee (Storegga-Rutschung) und l¨oste einen riesigen Tsunami aus.2 Bei hangparallelen Grundwasserstr¨omungen (Abb. 13.2) hingegen wirkt sich die Str¨omungskraft γw sin β als zus¨atzliche treibende Kraft aus. Der Sicherheitsfaktor betr¨agt jetzt η= 1 2
1 1 tan ϕ γ F cos β tan ϕ tan ϕ = ≈ · · γ F sin β + γw F sin β 1 + γw /γ tan β 2 tan β
,
Siehe auch K. V. T ERZAGHI und R.B. P ECK, Die Bodenmechanik in der Baupraxis, Springer 1961, Abschnitt 49. Die Storegga-Rutschung soll durch Schmelzen von urspr¨unglich festen eingelagerten Gashydraten ausgel¨ost worden sein.
13.2 Ebene Gleitfugen
215
d.h. die B¨oschung darf h¨ochstens die Steigung tan β ≈ 12 tan ϕ haben. Erfolgt die Grundwasserstr¨omung senkrecht zur Gel¨andeoberkante, so wirkt sich die Str¨omungskraft γw cos β haltend aus, und der Sicherheitsfaktor betr¨agt jetzt tan ϕ γw tan ϕ ≈2 . η = 1+ γ tan β tan β
13.2 Ebene Gleitfugen Bei endlichen B¨oschungen muss die Kinematik des Bruchvorganges (sog. Bruchmechanismus) n¨aher betrachtet werden. Meist erfolgt die Verformung in einer d¨unnen Scherzone (Gleitfuge), oberhalb derer die Erdmassen abgleiten. Die herabgleitenden Erdmassen zerfallen dabei in einzelne Teilk¨orper, die sich zun¨achst als starre K¨orper bewegen und anschließend deformiert werden. Der einfachste Bruchmechanismus ist eine ebene Gleitfuge durch den B¨oschungsfuß (toe), siehe Abbildung 13.3. F¨ur steile B¨oschungen ist er hinreichend realistisch. F¨ur flache B¨oschungen hingegen ist er nicht realistisch.
B
D
β
C
sin h/
h
Q
β ϑ
A
δ
G
ϕm
C 90°−ϑ G Q ϑ− ϕm
l
Abb. 13.3 Ebene Gleitfuge AD
Im Allgemeinen wird der betrachtete Erdkeil ABD nicht gerade abrutschen, d.h. entlang der Pr¨ufgleitfuge AD wird nicht die volle Festigkeit mobilisiert sein. Insofern setzen wir nur eine mobilisierte Koh¨asion cm an. Ferner ist die Schnittkraft Q nur um den mobilisierten Reibungswinkel ϕm gegen die Gleitfugennormale geneigt. Das Gewicht des untersuchten Erdkeils betr¨agt G=
sin(β − ϑ) 1 γlh 2 sin β
.
(13.1)
Die Koh¨asionskraft C betr¨agt C = cm l
.
(13.2)
216
13 Standsicherheit von B¨oschungen
Aus dem Krafteck folgt mit dem Sinussatz C sin(ϑ − ϕm ) = G cos ϕm
.
(13.3)
Einsetzen von Gleichung (13.1) und (13.2) in (13.3) liefert: cm 1 sin(ϑ − ϕm ) sin(β − ϑ) . = γh ϑ 2 cos ϕm sin β
(13.4)
Der Quotient (cm /γh)ϑ heißt Koh¨asionsfaktor (stability number). Der Index ϑ weist darauf hin, dass der Koh¨asionsfaktor nach Gleichung (13.4) f¨ur eine willk¨urliche Gleitfugenneigung ϑ ermittelt worden ist. Bei vorgegebenem ϕm -Wert gibt der Koh¨asionsfaktor diejenige Koh¨asion an, die erforderlich ist, damit ein Gel¨andesprung h – unter Zugrundelegung ebener Gleitfugen – gerade nicht abrutscht. Unter allen m¨oglichen Gleitfugenneigungen ist diejenige als maßgebend zu betrachten, die am anf¨alligsten ist, d.h. die die gr¨oßte Koh¨asion ben¨otigt. Es muss also diejenige Gleitfugenneigung gefunden werden, f¨ur welche der Koh¨asionsfaktor ein Maximum wird. Dies ist f¨ur ϑ=
β + ϕm 2
der Fall. Somit betr¨agt der maßgebende Koh¨asionsfaktor cm 1 − cos(β − ϕm ) = γh 4 sin β cos ϕm
.
(13.5)
Mithilfe von Gleichung (13.5) kann man f¨ur eine B¨oschung bei vorgegebenem ϕm den Koh¨asionsfaktor und somit die f¨ur die Sicherheit 1 (d.h. f¨ur bevorstehenden B¨oschungsbruch) erforderliche Koh¨asion cm ausrechnen.3 Das Verh¨altnis ηc der vorhandenen Koh¨asion c des betrachteten Bodens zur erforderlichen Koh¨asion cm kann als ein Sicherheitsmaß der B¨oschung betrachtet werden: ηc =
c cm
.
F¨ur ηc > 1 ist die B¨oschung als sicher anzusehen. Es bleibt nat¨urlich die Frage offen, welches Sicherheitsmaß zu fordern ist, um alle Unabw¨agbarkeiten abzudecken. Ferner ist zu ber¨ucksichtigen, dass durch Gleichung (13.5) (bei welcher interessanterweise der Winkel δ keine Rolle spielt) gekr¨ummte Gleitfl¨achen nicht ber¨ucksichtigt werden, was in der Tat f¨ur flache B¨oschungen unrealistisch ist. Man beachte, dass der Bruchzustand durch die beiden Scherfestigkeitsparameter ϕ und c bestimmt ist. Hier wurde davon ausgegangen, dass ϕ willk¨urlich auf einen Wert ϕm (≤ ϕ) fixiert wurde. Dementsprechend wurde nur cm mit ϑ variiert. 3
Man beachte, dass durch – willk¨urliche – Vorgabe eines Wertes ϕm (< ϕ) bereits eine Sicherheitsreserve in die Betrachtung eingebaut wird, sodass f¨ur ηc > 1 beide Bedingungen eingehalten werden: ϕm < ϕ und cm < c.
13.3 Gleitkreise im homogenen Boden
217
13.3 Gleitkreise im homogenen Boden Die Erfahrung zeigt, dass sich viele B¨oschungsbr¨uche als Gleiten auf gekr¨ummten Gleitfl¨achen abspielen (vgl. Abb. 13.5), die als Kreiszylinderabschnitte approximiert werden k¨onnen. Daher werden Gleitkreise (slip circles) anstelle von (oder besser: zus¨atzlich zu den) ebenen Gleitfl¨achen als m¨ogliche Bruchfl¨achen untersucht. Dabei steht die Lage des maßgebenden (d.h. des ung¨unstigsten) Gleitkreises nicht von vornherein fest, sondern muss erst gefunden werden. Hat das betrachtete Material nur Koh¨asion (ϕ = 0), so l¨asst sich f¨ur einen gegebenen Pr¨ufgleitkreis (Abb. 13.4) die Sicherheit η als das Verh¨altnis des haltenden zum treibenden Moment bestimmen. F¨ur einen untersuchten Gleitkreis l¨asst sich das Gewicht G der Gleitscholle und sein Hebelarm rs bestimmen. Das treibende Moment rs α r G
S c
l =r α
Abb. 13.4 Pr¨ufgleitkreis im koh¨asiven Boden (ϕ = 0). S ist der Schwerpunkt der Gleitscholle.
betr¨agt somit Grs . Im Gleichgewichtsfall wirkt diesem das betragsm¨aßig genauso große Moment infolge der mobilisierten Koh¨asion cm entgegen: cm lr = Grs
.
Daraus l¨asst sich die mobilisierte Koh¨asion cm ausrechnen. Das Verh¨altnis c/cm kann als die Sicherheit dieses Pr¨ufgleitkreises betrachtet werden. Alternativ dazu betrachtet man das Moment clr (d.h. das maximale mobilisierbare Moment infolge Koh¨asion) als das sog. haltende Moment und f¨uhrt als Sicherheit η das Verh¨altnis des haltenden zum treibenden Moment ein, was auf dasselbe Resultat hinausl¨auft: η=
c clr = Grs cm
.
Wohlgemerkt, die so ermittelte Sicherheit bezieht sich auf einen bestimmten Gleitkreis. Um die Sicherheit der B¨oschung schlechthin zu bestimmen, muss man streng genommen alle erdenklichen Gleitkreise untersuchen, um unter ihnen denjenigen
218
13 Standsicherheit von B¨oschungen
Abb. 13.5 Hangrutschung
auszusuchen, der die minimale Sicherheit ergibt. Praktisch und mit etwas Erfahrung kommt man durch die Untersuchung einiger Gleitkreise schnell zu einem ungef¨ahren Minimum, muss man doch bedenken, dass eine u¨ bertriebene Genauigkeit ungerechtfertigt ist (insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Koh¨asion c erfahrungsm¨aßig stark schwankt und daher nicht genau bestimmt werden kann). Hat der betrachtete Boden auch noch Reibung (ϕ = 0), so ergibt sich daraus die Schwierigkeit der Bestimmung des zugeh¨origen haltenden Moments. Diese Schwierigkeit resultiert aus der Unkenntnis der Verteilung der Normalspannungen (und somit der Reibungskr¨afte) entlang der Gleitfuge. Zwar l¨asst sich leicht einsehen, dass jede um den Winkel ϕ gegen die Gleitfl¨achennormale geneigte Kraft dQi (Abb. 13.6) den sog. Reibungskreis tangieren muss. Die Resultierende Q aller Kr¨afte dQi muss jedoch den Reibungskreis nicht tangieren. Im Zuge des hier betrachteten N¨aherungsverfahrens wollen wir aber annehmen, dass auch die Resultierende Q den Reibungskreis tangiert. Die Resultierende C m aller mobilisierten Koh¨asionskr¨afte hat die Richtung der Sekante AB, wie man aus dem Krafteck der Abbildung 13.7 entnehmen kann. Ihr Betrag ergibt sich aus Cm = AB · cm = 2r sin(ψ/2) · cm . Ihr Hebelarm rc bezogen auf das Zentrum Z des Gleitkreises l¨asst sich aus der Bedingung
! Cm rc = rcm ds = rcm rdψ = cm r2 ψ bestimmen. Daraus folgt: rc =
rψ 2 sin ψ2
.
13.3 Gleitkreise im homogenen Boden
r sin ϕ
219
Z
r
dQ i
ϕ
Abb. 13.6 Der Reibungskreis ist ein zum Gleitkreis (Radius r) konzentrischer Kreis mit dem Radius r sin ϕ. B ψ
cm Cm
cm
rc A
cm cm
cm
cm
cm
cm Cm
Abb. 13.7 Zur Gr¨oße und Lage der Resultierenden der mobilisierten Koh¨asionskr¨afte
Die Gewichtskraft G der Gleitscholle wird nach Gr¨oße und Lage numerisch oder zeichnerisch (etwa nach dem Seileckverfahren) bestimmt. Nun wird das Krafteck aus G, C m und Q betrachtet. Man beachte, dass C m zun¨achst nur nach der Richtung und Wirkungslinie, jedoch nicht betragsm¨aßig bekannt ist, da die mobilisierte Koh¨asion cm noch unbekannt ist. Die Richtung von Q liegt durch folgende Bedingungen fest: (i) Q geht durch den Schnittpunkt von G und C m , und (ii) Q tangiert den Reibungskreis. Somit kann das Krafteck gezeichnet und der Betrag von Cm bzw. cm bestimmt werden (Abb. 13.8). Als Sicherheit des untersuchten Gleitkreises kann man das Verh¨altnis c/cm betrachten. Zur Bestimmung der Sicherheit der betrachteten B¨oschung muss man die Gleitkreise (nach Zentrum und Radius) so lange variieren, bis das Minimum dieses Verh¨altnisses gefunden ist: ηc = (c/cm )min
.
220
13 Standsicherheit von B¨oschungen
r sin ϕ
Z
r Cm
G Q
G
Cm Q
Abb. 13.8 Bestimmung der mobilisierten Koh¨asionskraft Cm mithilfe des Reibungskreises
Bei steilen B¨oschungen und bei B¨oden mit großem Reibungswinkel geht der maßgebende Gleitkreis durch den B¨oschungsfuß.
13.4 Lamellenverfahren Durch eine Unterteilung des Gleitk¨orpers in einzelne vertikale Lamellen versucht man (insbesondere bei inhomogenem, d.h. geschichtetem Boden), die Verteilung von Normal- und Schubkr¨aften entlang der Gleitfuge n¨aherungsweise zu bestimmen. Es sind dadurch viele sog. Lamellenverfahren entstanden. Einige davon sind recht kompliziert, was aber keinen allzu großen Genauigkeitsgewinn vort¨auschen sollte. Der Grund daf¨ur liegt haupts¨achlich darin, dass die zwischen den einzelnen Lamellen wirkenden Kr¨afte kaum bestimmt werden k¨onnen. Daher werden bei den nachfolgend dargelegten Verfahren diese Kr¨afte außer Acht gelassen. Vergleichsrechnungen mit (wie auch immer angenommenen) Kr¨aften zwischen den Lamellen haben gezeigt, dass ihre Vernachl¨assigung in den meisten F¨allen statthaft ist. Beim Verfahren von F ELLENIUS wird das Gewicht Gi der i-ten Lamelle sowie eine evtl. vorhandene Auflast Pi in eine Normalkomponente Ni und eine Tangentialkomponente Ti aufgeteilt (Abb. 13.9). Betrachtet werden die Momente um Z. Die Normalkraft Ni = (Gi + Pi ) cos αi er¨ zeugt kein Moment, da ihr Hebelarm verschwindet. Uber die Reibung jedoch tr¨agt sie zu den haltenden Momenten bei. Ihre Summe ergibt sich aus Reibungs- und Koh¨asionskr¨aften zu bi r . (Gi + Pi ) cos αi tan ϕi + ci MH = cos αi Die treibenden Momente ergeben sich aus MT = (Gi + Pi ) sin αi r
.
13.4 Lamellenverfahren
221 Z Pi
r
bi
Ti
Gi
αi
Ni
αi
Pi Gi
Ti Ni
Abb. 13.9 Auf der Lamelle Nr. i wirkende Kr¨afte Pi und Gi und ihre Normalkomponente Ni und Schubkomponente Ti
Die Sicherheit des betrachteten Gleitkreises ergibt sich dann aus MH / MT 4 , und man erh¨alt die Sicherheit der betrachteten B¨oschung durch Variation der Gleitkreise zu: MH . η= MT min Falls der Gleitkreis ganz oder teilweise im Grundwasser verl¨auft, so muss man in den betreffenden Bodenpartien entweder totale Spannungen (infolge γr ) und Porenwasserdr¨ucke am Rand oder effektive Spannungen (infolge γ ) und eventuelle Str¨omungskr¨afte ber¨ucksichtigen. Um nach letzterer M¨oglichkeit vorzugehen, setzt man die resultierende Str¨omungskraft S durch den Schwerpunkt der durchstr¨omten Querschnittsfl¨ache. Ihre Richtung entspricht in etwa der Richtung des Grundwasserspiegels (Abb. 13.10).
s
Abb. 13.10 Zur Ber¨ucksichtigung der Str¨omungskraft
4
Diese Sicherheitsdefinition ist insofern nicht eindeutig, als man das Moment von Ti Kr¨aften mit αi < 0 entweder zu den haltenden Momenten oder – mit negativem Vorzeichen – zu den treibenden Momenten zuschlagen kann.
222
13 Standsicherheit von B¨oschungen
Nach dem Verfahren von B ISHOP5 wird das globale Momentengleichgewicht dadurch hergestellt, dass man die in der Gleitfuge wirkenden Schubspannungen (d.h. die sog. mobilisierte Scherfestigkeit τm ) gleich dem η1 -fachen der Scherfestigkeit ansetzt: τm =
1 1 [c + (σ − u) tan ϕ] = [c + σ tan ϕ] η η
.
Man erh¨alt6 so folgende implizite Gleichung zur Bestimmung von η: [ci bi + (Gi − ui bi ) tan ϕi ] /mi η= i i Gi sin αi
(13.6)
mit der Abk¨urzung mi := cos αi +
tan ϕi sin αi η
.
Da η in beiden Seiten der Gleichung (13.6) vorkommt, ist diese Gleichung implizit. Gleichungen der Gestalt x = f (x) k¨onnen iterativ z.B. nach dem Schema xi+1 = f (xi ) gel¨ost werden. Im Allgemeinen ergibt die F ELLENIUS-Methode kleinere Sicherheiten als die B ISHOP-Methode und liegt somit auf der sicheren Seite. Die Diskrepanz beider Methoden wird groß, wenn der Gleitkreis betr¨achtliche negative α-Winkel beinhaltet. Dann ergibt die B ISHOP-Methode zu große und ungenaue Sicherheitswerte, w¨ahrend die F ELLENIUS-Methode zu konservativ ist. Man sollte letztendlich bedenken, dass die so definierten Sicherheitswerte lediglich Rechengr¨oßen, aber keine physikalischen Variablen sind und daher nicht gemessen werden k¨onnen.7
13.5 Zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen Nach diesem Verfahren, das sehr vielseitig ist und zur Absch¨atzung der Standsicherheit beliebiger Strukturen (nicht nur von B¨oschungen) eingesetzt werden kann, werden Bruchmechanismen aus einzelnen starren Teilk¨orpern betrachtet. Die einzelnen Teilk¨orper bewegen sich gegeneinander entlang der gemeinsamen Gleitfugen. 5 6
7
Hier wird das vereinfachte B ISHOP-Verfahren betrachtet, bei dem die zwischen den Lamellen wirkenden Kr¨afte vernachl¨assigt werden. Die einfache, aber langwierige Herleitung kann z.B. bei D.F. M C C ARTHY, Essentials of Soil Mechanics and Foundations, Prentice Hall Career & Technology 1993, nachgelesen werden. Die Aussage Die B¨oschung x hat die Sicherheit y“ ist nicht u¨ berpr¨ufbar (bzw. falsifizier” bar) und ist somit keine wissenschaftliche Aussage. Dies erkl¨art, warum es auf dem Gebiet der Sicherheit von B¨oschungen und St¨utzkonstruktionen so viele alternative Nachweise gibt, die mitunter kaum nachvollziehbar und trotzdem sehr z¨ahlebig sind. Eine Nachweismethode kann allenfalls dann als empirisch best¨atigt gelten, wenn es sich herausstellt, dass alle B¨oschungen mit y > 1 standsicher waren und solche mit y < 1 versagt haben.
13.5 Zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen
223
Die Zerquetschung der Kanten wird dabei vernachl¨assigt. Sind die Gleitfugen Geraden (Ebenen), so erfahren die einzelnen Teilk¨orper reine Translationen.8 Die Geometrie der Bruchmechanismen wird nach M¨oglichkeit in Anlehnung an Feld- bzw. Laborbeobachtungen gew¨ahlt und so lange variiert, bis sich eine minimale Traglast bzw. Sicherheit ergibt. Zur Ermittlung der Traglast geht man dabei wie folgt vor: Indem man volle Mobilisierung der Scherfestigkeit an den Gleitfugen voraussetzt, legt man die Richtung der Gleitfugenkr¨afte fest und ermittelt ihren Betrag aus dem Kr¨aftegleichgewicht f¨ur jeden einzelnen Teilk¨orper. Man kann somit den Betrag einer Traglast (Bruchlast) ermitteln, die in vorgegebener Richtung auf einem der Teilk¨orper wirkt und den Bruch herbeif¨uhrt. Als Sicherheit betrachtet man dann etwa das Verh¨altnis der Traglast zu einer allf¨allig vorhandenen Last. Alternativ dazu kann man als Sicherheit das Verh¨altnis der Dissipationsleistung der Gleitfugenkr¨afte (bei voller Mobilisierung der Scherfestigkeit) zur Leistung der a¨ ußeren Kr¨afte (Lasten und Eigengewicht) betrachten. Damit die Scherfestigkeit voll mobilisiert wird, werden eine oder mehrere fiktive Lasten angesetzt, die den Bruch herbeif¨uhren sollen, oder aber es werden die Scherfestigkeitsparameter herabgesetzt. Das praktische Vorgehen kann am besten anhand des nachfolgenden Beispiels erl¨autert werden. Ein Nachteil der zusammengesetzten Starrk¨orper-Bruchmechanismen mit ebenen Gleitfugen ist, dass Momente und Kraft-Exzentrizit¨aten nicht ber¨ucksichtigt werden k¨onnen. 13.5.1 Beispiel B¨oschungsstandsicherheit Annahmen: B¨oschungh¨ohe h = 4, 0 m, Geometrie nach Abb. 13.11, ϕ = 30 ◦ , c = 5 kN/m2 , γ = 16 kN/m3 . F¨ur die Berechnung wird ein kinematisch m¨oglicher Starrk¨orper-Bruchmechanismus mit folgenden Koordinaten angenommen: Pkt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 x (m) 6,90 5,50 4,63 5,88 4,60 3,78 2,50 2,36 0,00 y (m) 4,00 4,00 2,84 1,68 -0,20 1,71 0,00 -1,10 0,00 Mit der nun festgelegten Geometrie kann der Geschwindigkeitsplan (Abb. 13.13) gezeichnet werden. Der Geschwindigkeitsplan ist die grafische Auftragung der Geschwindigkeiten der einzelnen starren K¨orper. Bei der hier betrachteten sog. einfachen kinematischen Kette sind alle Geschwindigkeiten festgelegt, sobald die Geschwindigkeit eines starren K¨orpers vorgegeben wird. Betrachten wir z.B. den Teilk¨orper 1 in Abbildung 13.11. Seine Geschwindigkeit v 1 muss parallel zur Gleitfuge 1-4 sein, ihr Betrag ist aber frei w¨ahlbar. Nachdem dieser willk¨urlich gew¨ahlt ist, l¨asst sich der Betrag der Geschwindigkeit v 2 bestimmen (ihre Richtung ist durch die 8
Es wurden auch zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen mit kreisf¨ormigen Gleitfugen betrachtet, die auch Rotationen der einzelnen Teilk¨orper und folglich auch angreifende Momente ber¨ucksichtigen (siehe M. G OLDSCHEIDER und G. G UDEHUS, Verbesserte Standsicherheitsnachweise. Vortr¨age der Baugrundtagung 1974 in Frankfurt/Main, S. 99–127), sie sind aber recht umst¨andlich in der Handhabung.
224
13 Standsicherheit von B¨oschungen Pl
1
2 1
3 h
6
C12
G2
C23
Q12
x
7
9 4
Q4
G4 C4
G3 C34
3
Q34
C3
C1 Q1
4
2
C2
Q23
y
G2
Q2
0
5
Q3
8
Abb. 13.11 Angenommener Bruchmechanismus
Gleitfuge 5-4 vorgegeben). Grafisch erfolgt dies durch die Zerlegung des Vektors v 1 in die Vektoren v 2 und v 12 (die Richtung von v 12 ist durch die Gleitfuge 4-3 vorgegeben). So k¨onnen nacheinander alle Geschwindigkeiten bestimmt werden. Die Willk¨ur bei der Festlegung des Betrages der Geschwindigkeit v 1 (und der dadurch festgelegten Betr¨age aller anderen Geschwindigkeiten) ist belanglos, da es nur auf die Verh¨altnisse der einzelnen Geschwindigkeitsbetr¨age zueinander ankommt. Zur Veranschaulichung sind in Abbildung 13.12 die verschobenen Starrk¨orper abgebildet. Die Zw¨angungen an den Eckpunkten 4, 5 und 8 werden vernachl¨assigt.
1
2
4
3
4
5 8
Zwängungen werden vernachlässigt
Abb. 13.12 Verschiebung der Starrk¨orper
13.5 Zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen
225
Die Geschwindigkeiten vi0 sind die Absolutgeschwindigkeiten der Starrk¨orper, vij sind Relativgeschwindigkeiten, die ein Beobachter auf K¨orper j f¨ur K¨orper i feststellt. Mit der abgek¨urzten Schreibweise vi := vi0 gilt vij = vi − vj
.
v4 v 34 v3
v 23
v2
v1
v 12 v 21 Abb. 13.13 Geschwindigkeitsplan
Die Koh¨asionskr¨afte C0i , die vom ruhenden Boden auf die Starrk¨orper wirken, werden im Folgenden kurz Ci genannt. Desgleichen schreiben wir f¨ur die Reibungskr¨afte Q0i , die vom ruhenden Boden auf die Starrk¨orper wirken, kurz Qi . Aus den Richtungen der Verschiebungen ergeben sich die Richtungen der Koh¨asionskr¨afte Cij . Die Koh¨asionskraft Cij wirkt von K¨orper i auf K¨orper j. Sie ist deshalb entgegengesetzt zur Relativgeschwindigkeit vij gerichtet, mit der sich K¨orper i gegen K¨orper j verschiebt. F¨ur die Trennfl¨achen zum ruhenden Boden haben die Koh¨asionskr¨afte Ci = C0i die Richtung von v0i = −vi0 = −vi . Die Reibungskraft Qij , mit welcher der K¨orper i auf den K¨orper j einwirkt, ist von der Fl¨achennormale um ϕ so geneigt, dass ihre Komponente in der Fl¨ache die Richtung vij hat. Diese Richtungen sind in Abbildung 13.11 dargestellt. Den Drehsinn von ϕ kann man sich wie folgt ermitteln: Man zeichne die Geschwindigkeit vij im K¨orper i und die Geschwindigkeit vji im K¨orper j ein (Abb. 13.14(a)). Diese beiden Vektoren drehen in dem dort angezeigten Sinn. ϕ dreht dann von der Fl¨achennormalen im entgegengesetzten Sinn (Abb. 13.14(b)). Die Betr¨age der Gewichtskr¨afte erhalten wir mit den Fl¨achen Ai der Starrk¨orper aus Gi = Ai γi zu G1 = 2, 85 · 16 = 45, 7 kN/m, G2 = 3, 19 · 16 = 51, 1 kN/m, G3 = 3, 09 · 16 = 49, 5 kN/m, G4 = 1, 38 · 16 = 22, 0 kN/m.
226
13 Standsicherheit von B¨oschungen
i ϕ vji
vij ϕ
j
(a)
(b)
Abb. 13.14 Zur Festlegung der Richtung der Reibungskr¨aft Qij . Hier sind abgebildet die Bl¨ocke Nummer 3 und 2 aus Abb. 13.11.
Die Betr¨age der Koh¨asionskr¨afte erhalten wir mit den L¨angen lij der Trennfugen aus Cij = lij cij zu C1 = 2, 53 · 5 = 12, 7 kN/m, C2 = 2, 27 · 5 = 11, 4 kN/m, C3 = 2, 41 · 5 = 12, 1 kN/m, C4 = 2, 60 · 5 = 13, 0 kN/m, C12 = 1, 71 · 5 = 8, 53 kN/m, C23 = 2, 08 · 5 = 10, 4 kN/m, C34 = 1, 11 · 5 = 5, 54 kN/m. Mit den errechneten Betr¨agen und den Richtungen der Kr¨afte aus Abbildung 13.11 k¨onnen wir die Kraftecke konstruieren. Hierzu beginnen wir mit dem K¨orper 4 (Abbildung 13.17). An diesem K¨orper greifen die bekannten Kr¨afte G4 , C4 , C34 sowie die unbekannten Q4 und Q34 an. Die Kr¨afte G4 , C4 , C34 werden gezeichnet und die Wirkungslinien von Q4 und Q34 so eingetragen, dass sich das Krafteck schließt (Abbildung 13.15). Das bedeutet, dass das Kr¨aftegleichgewicht erf¨ullt ist. So erhalten wir Q4 und Q34 .
Q 34 C 34 G4
Q4 50kN/m
C4
Abb. 13.15 Krafteck am K¨orper 4
13.5 Zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen
227
Betrachten wir nun das Kr¨aftegleichgewicht am K¨orper 3. Hier greifen als bekannte Kr¨afte an: G3 , C3 , C23 , C43 = −C34 , Q43 = −Q34 . Unbekannt sind wieder zwei Kr¨afte, n¨amlich Q3 und Q23 . Auf die gleiche Art wie f¨ur K¨orper 4 schließen wir das Krafteck (Abbildung 13.16).
Q 23
Q3
C3
Q 43
C 23 G3
50kN/m C 43
Abb. 13.16 Krafteck am K¨orper 3
Die Kraftecke k¨onnen fortlaufend in ein Bild gezeichnet werden. Es entsteht ein gesamter Kr¨afteplan, der durch die Traglast Pl geschlossen wird (Abbildung 13.17). Mit dieser Konstruktion erhalten wir den Betrag der Traglast Pl = 550 kN. Es gibt viele denkbare Sicherheitsdefinitionen. Alle sollen η = 1 im Bruchzustand und η > 1 f¨ur sichere Zust¨ande liefern. Eine m¨ogliche Sicherheitsdefinition ist η :=
Pl Pvorh
,
wobei Pl die Traglast (Grenzlast) und Pvorh die vorhandene Last (z.B. Verkehrslast, Aufsch¨uttung) ist. Eine andere Sicherheitsdefinition vergleicht die Leistung der a¨ ußeren Kr¨afte A und die Dissipationsleistung D der inneren Grenzzustand. Die Leistung der Kr¨afte im a¨ ußeren Kr¨afte ergibt sich zu A = G i · vvi = Gi vvi , wobei vvi die Vertikalkomponente der Geschwindigkeit vi ist: hier ein ganz anderer Wert f¨ur die Sicherheit: A = 45, 7 · 0, 92 + 51, 1 · 0, 79 + 49, 5 · 0, 30 − 22, 0 · 0, 31 = 90, 4 kNm/s
.
228
13 Standsicherheit von B¨oschungen
Q1
50kN/m
C1
Q2
Pl Q 12 C2
Q3 Q 23 G1 C12 G2 C23
Q 34
G3 C34 G4
Q4
C4
Abb. 13.17 Kr¨afteplan
C3
13.5 Zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen
229
Die Dissipationsleistung ergibt sich aus (Cij vij + Qij vij sin ϕij ) D=− (Cij · vij + Qij · vij ) =
.
Dabei wird u¨ ber alle Scherfugen summiert. F¨ur das betrachtete Beispiel ergibt sich so: D = 594 kNm/s . Daraus ergibt sich: η :=
D 594 = = 6, 6 A 90, 4
.
Hier wurde der Grenzzustand durch Einwirkung der Kraft Pl herbeigef¨uhrt. Es ist wichtig, dass die Leistung derjenigen Kraft, die den Grenzzustand herbeif¨uhrt, nicht in A ber¨ucksichtigt wird.9 Der Grenzzustand kann auch durch andere (fiktive) Einwirkungen herbeigef¨uhrt werden. Man kann z.B. fugenparallele Kr¨afte annehmen oder (was auf dasselbe hinausf¨uhrt) eine Reduktion des Reibungswinkels auf einer (oder allen) Scherfugen. Variiert man ϕ so lange, bis das Krafteck (bei Pl = 0) geschlossen wird, so erh¨alt man den erforderlichen Reibungswinkel ϕ = 11◦ . Es ergibt sich dann: ηϕ :=
tan ϕvorh tan 30◦ = = 2, 97 tan ϕerf tan 11◦
.
Eine Variation der Geometrie der Bruchk¨orper nach Abbildung 13.18 liefert folgende Ergebnisse: Variante 1 (ge¨anderte Punkte): Pkt 4 5 x (m) 6,25 4,81 y (m) 1,33 −0, 63 Ergebnisse: Pl η = D/A ϕerf 843 8,9 10 ◦
ηϕ 3,27
Variante 2 (ge¨anderte Punkte): Pkt 4 5 8 9 x (m) 5,68 4,50 2,46 1,50 y (m) 1,85 0,25 −0, 30 0,00 Ergebnisse: 9
Sonst w¨urde man nach dem Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten (d.h. Gleichgewichtsbedingung) D = A erhalten.
13 Standsicherheit von B¨oschungen
1
Va ria nte
Va ria nt e
2
230
Abb. 13.18 Variation der Bruchk¨orper
Pl η = D/A ϕerf ηϕ 192 3,3 14,5◦ 2,32 Man erh¨alt hiermit eine noch kleinere Sicherheit. Die Variation sollte so lange durchgef¨uhrt werden, bis das absolute Minimum der Sicherheit ermittelt worden ist. Man beachte, dass nach unterschiedlichen Definitionen ermittelte Sicherheiten nicht miteinander vergleichbar sind. Die Gleit- bzw. Scherfugen sind d¨unne Zonen von Einfachscherung. Manche Autoren betrachten die darin stattfindende Scherung als dilatant. Die Relativgeschwindigkeit der beiden Bl¨ocke dies- und jenseits der Scherfuge ist dann nicht parallel zu ihr. Man sollte aber beachten, dass der Dilatanzwinkel keine Bodenkonstante ist, sondern sich mit der Scherung entwickelt und schließlich verschwindet (bei erreichen des kritischen Zustands). Es macht daher wenig Sinn, denselben Dilatanzwinkel (= 0) an mehreren Scherfugen anzusetzen. Vielmehr sollte man davon ausgehen, dass die Verschiebungen bei jeder Scherfuge hinreichend angewachsen sind, so dass sich u¨ berall der kritische Zustand eingestellt hat.
13.6 Erdrutsche Rutschungen von gr¨oßerem Ausmaß werden Massenbewegungen oder Erdrutsche10 (landslides) genannt. Bergregionen werden immer wieder von Erdrutschen heimgesucht. Obwohl genaue Statistiken kaum vorliegen, ist der j¨ahrlich verursachte wirtschaftliche Schaden sehr betr¨achtlich, und es sind immer wieder Menschenleben zu beklagen (siehe Tabelle 13.1). 10
Beeindruckende Bilder von Erdrutschen werden vom Erosion Control Engineering Lab der Tokyo University of Agriculture and Technology auf der Internetseite http://www.tuat.ac.jp/∼sabo/ angeboten.
13.6 Erdrutsche
231 Tabelle 13.1 Gr¨oßere Erdrutsch-Katastrophen Jahr 1596 1596 1669 1881 1893 1962 1963 1970 1985 1987
Ort Schwaz Hofgastein Salzburg Elm, Schweiz Verdalen, Norwegen Huascaran, Peru Vaiont-Talsperre, Italien Huascaran, Peru Stava, Italien Val Pola, Italien
Unfalltote 140 147 250 115 112 ca. 5.000 >2.000 ca. 18.000 269 30
Die Mechanismen der Erdrutsche sind nicht einheitlich. Man spricht von Bergst¨urzen ¨ (rock fall), Uberrollen (toppling), Abgleiten (slides), Ausbreitung (spread), siehe Abb. 13.19, wobei eine klare Abgrenzung und mechanisch fundierte Unterscheidung noch aussteht. Das abrutschende Material kann nass (sog. Muren) bis trocken sein, und es kann Geschwindigkeiten bis zu 50 m/s erlangen. In diesem Fall spricht man von Sturz- oder Schuttstr¨omen oder Gesteinslawinen (rock avalanches).
Abb. 13.19 Diverse Versagensformen von nat¨urlichen B¨oschungen
Erdrutsche k¨onnen ausgel¨ost werden durch • • • • • •
Regenf¨alle Schneeschmelzen Frost-Tau-Wechsel Erdbeben, Vulkaneruptionen Ausrodung k¨unstliche Einschnitte
232
13 Standsicherheit von B¨oschungen
• Ersch¨utterungen • Durchsickerung aus Stauseen oder undichten Wasserleitungen • Auswaschen von Ionen (beim sog. Quickton). Maßnahmen zur Vermeidung von Erdrutschen sind11 •
Dr¨anagemaßnahmen (Abb. 13.2012 ), sie sollen ung¨unstig wirkende Str¨omungskr¨afte von der gef¨ahrdeten B¨oschung fernhalten; • B¨oschungsbegradigung (Abflachung); • Beschwerung des stabilisierenden Gleitkreisfußes durch Erdauflast; • St¨utzkonstruktionen (Abb. 13.2113 ) wie St¨utzw¨ande, Verankerungen und dergleichen. Sie sind nur bei kleinmaßst¨ablichen B¨oschungen m¨oglich. Dar¨uber hinaus werden in gef¨ahrdeten Gebieten Fr¨uhwarnsysteme installiert wie z.B. Extensometer, Verschiebungsspione, Neigungsmesser u.¨a. Versiegelung von Rissen
Q
Dränage− Längs− graben schlitz
Brunnen
ungen Dränagebohr
Fußdränagen
Abb. 13.20 Dr¨anagemaßnahmen zur Stabilisierung von B¨oschungen
Als Schutz gegen herabfallende Felsbrocken k¨onnen flexible Z¨aune und Netze (rockfall fences, Abb. 13.22, 13.23, 13.24) verwendet werden. Flexible Steinschlagschutzsysteme mit speziellen D¨ampfungsvorrichtungen k¨onnen Fallenergien von bis zu 8000 kJ auffangen. 11
12 13
Siehe Landslides, Investigation and Mitigation“, Special Report 247, Transportation Re” search Board, National Research Council, National Academy Press, Washington D.C. 1996. Aus R.D. H OLTZ, R.L. S CHUSTER, Stabilization of Soil Slopes. In: Landslides, Investi” gation and Mitigation“, Special Report 247, 439–473. Aus D.C. W YLLIE, N.I. N ORRISH, Stabilization of Rock Slopes. In: Landslides, Investi” gation and Mitigation“, Special Report 247, 1996, 474–504.
13.6 Erdrutsche
233
bewehrte Betonverdübelung
Anker
ϕ ϕ
Ankerbalken
Spritzbeton Dränagerohr Verstopfen einer Höhle mit Beton
Abb. 13.21 St¨utzmaßnahmen f¨ur Felsb¨oschungen
Abb. 13.22 Schutznetze k¨onnen auch Muren auffangen (Fa. Geobrugg).
234
13 Standsicherheit von B¨oschungen
Abb. 13.23 Schutznetz (Fa. Geobrugg)
Abb. 13.24 Steinschlag am Grimselpass
13.7 Mobilisierung der Scherfestigkeit Wie bereits gezeigt, wird die Standsicherheit von B¨oschungen und St¨utzw¨anden (sowie auch von Fundamenten, s. n¨achstes Kapitel) meistens nach folgendem Muster nachgewiesen: Es wird ein Bruchmechanismus (d.h. eine Kinematik f¨ur das Bruchereignis) betrachtet, nach welchem ein (oder mehrere) starrer Teilk¨orper sich herausbildet, der entlang von diskreten Gleitfugen herabgleitet. Der Standsicherheitsnachweis wird nun erbracht, indem man (f¨ur diesen und alle a¨ hnlichen Mechanismen) nachweist, dass die Scherfestigkeit, die entlang der Gleitfuge(n) verf¨ugbar ist, ausreicht, um dem Herabgleiten zu widerstehen. Man muss aber beachten, dass die Scherfes-
13.7 Mobilisierung der Scherfestigkeit
235
tigkeit nicht sofort da ist, sondern erst durch eine Verschiebung bzw. Verformung mobilisiert wird. Abb. 7.13 zeigt, dass die Scherfestigkeit (d.h. der Peak der Schubspannung) erst nach einer Verschiebung, sp , erreicht wird. Ferner sieht man aus die¨ ser Abbildung, dass nach Uberschreitung der Peak-Verschiebung die Schubspannung abfallen kann (sog. Entfestigung, softening). Je nach Stoff und vorherrschender Normalspannung k¨onnen Peak-Verschiebung und Entfestigung verschieden stark sein. Dies ist f¨ur den Nachweis der Standsicherheit von besonderer Wichtigkeit: Duktiler – spr¨oder Bruch: Je nachdem, ob sp klein oder groß ist, unterscheidet man zwischen spr¨odem und duktilem Bruch. Die dem Bruch vorangehende Verformung bzw. Verschiebung sp wird oft als Ank¨undigung bzw. Warnung vor dem Bruch interpretiert und anhand von Messungen verfolgt (vgl. Beobachtungsmethode, Abschnitt 27.1). Je kleiner sp ist, d.h. je spr¨oder das Material ist, desto weniger k¨undigt sich der Bruch an. Progressiver Bruch: Bei den o.g. Standsicherheitsnachweisen wird vorausgesetzt, dass die Scherfestigkeit bei allen Punkten entlang der Gleitfuge gleichzeitig erreicht wird. Dies ist aber lediglich eine Annahme, die nicht unbedingt erf¨ullt sein muss. Es kann also sein, dass an einigen Stellen die Scherfestigkeit bereits erreicht worden ist, w¨ahrend dies an anderen Stellen noch nicht der Fall ist. Bei weiterem Anwachsen der Verschiebungen k¨onnen dann einige Punkte die Scherfestigkeit erreichen, w¨ahrend sie an anderen Punkten aufgrund von Entfestigung bereits abgefallen ist. Insofern kann es zum Bruch kommen (man spricht vom sog. progressiven Bruch), obwohl der Ansatz der vollen Scherfestigkeit u¨ berall entlang der Gleitfuge(n) eine hinreichende Sicherheit vort¨auscht. Daher sollten Standsicherheitsnachweise mit Bedacht gef¨uhrt werden, und erforderlichenfalls darf nur die Restscherfestigkeit angesetzt werden.
14 Grundbruch
Vertikal belastete Fundamente haben eine beschr¨ankte Tragf¨ahigkeit. Tr¨agt man die Last P u¨ ber der Verschiebung s auf (Abb. 14.1), stellt man bei der Bruch- bzw. Grenzlast PB (limit load, ultimate bearing capacity) eine horizontale Tangente fest, die den sog. Grundbruch markiert. P PB
P
s
s
Abb. 14.1 Kraft-Verschiebungs-Diagramm bei Vertikalbelastung eines Fundamentes
Der Grundbruch ist mit verschiedenen Mechanismen verkn¨upft, die auch eine Absch¨atzung der Grundbruchlast erlauben.
14.1 Gleitkreis im Boden ohne Reibung Der einfachste Bruchmechanismus ist ein Gleitkreis, wie in Abbildung 14.2 dargestellt. F¨ur einen Boden ohne Reibung (ϕ = 0) wollen wir die auf einen Gleitkreis wirkenden haltenden und treibenden Momente n¨aher betrachten (Abb. 14.2 rechts). Wenn b die Breite der Fl¨achenlast p und α der Zentriwinkel des Gleitkreises ist, dann ist der Radius des Gleitkreises
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_14
238
14 Grundbruch p
α
r
b
l
Abb. 14.2 Gleitkreis als Bruchmechanismus f¨ur Grundbruch
b
r=
sin
α 2
.
Das (maximal m¨ogliche) haltende Moment betr¨agt MH = crl = cr2 α. Das treibende Moment betr¨agt MT = 12 pb2 . Somit betr¨agt die Sicherheit η :=
MH 4c α/2 = MT p sin2 (α/2)
.
(14.1)
η wird zum Minimum f¨ur α ≈ 132, 6◦ (man erh¨alt dieses Ergebnis aus dη/dα = 0). Einsetzen dieses Wertes in Gleichung (14.1) ergibt, dass der Grundbruch bei p = pB = 5, 5c eintritt.
14.2 Zusammengesetzte Starrk¨orper-Bruchmechanismen Die Optimierung eines zusammengesetzten Starrk¨orper-Bruchmechanismus nach Abbildung 14.3 in einem reibungslosen Boden ergibt die kleinste Grundbruchsicherheit f¨ur die Winkel ϑ1 = 45◦ und ϑ2 = 57◦ . Die Fl¨achenlast p beim Grundbruch ergibt sich hiermit zu p = pB = 5, 3c
.
14.3 Zonenbruch nach Prandtl P RANDTL hat ein Spannungsfeld im Grenzzustand (sog. Zonenbruch) unterhalb einer konstanten Fl¨achenlast bestimmt. Daraus ergibt sich die Bruchlast (bzw. Grenzlast) in einem Boden ohne Reibung zu pB = (2 + π)c ≈ 5, 14c
.
(14.2)
14.3 Zonenbruch nach Prandtl
239 p
ϑ1
ϑ2
ϑ2
ϑ1
Abb. 14.3 Starrk¨orper-Bruchmechanismus f¨ur Grundbruch in einem Boden ohne Reibung
F¨ur den Fall eines gewichtslosen Bodens mit Koh¨asion und Reibung hat P RANDTL aus einem Zonenbruch folgende Bruchlast ausgerechnet: pB =
c Kp eπ tan ϕ − 1 tan ϕ
(14.3)
mit Kp := (1 + sin ϕ)/(1 − sin ϕ). Gleichung (14.3) kann in der Form pB = cNc geschrieben werden, wobei Nc ein sog. Tragf¨ahigkeitsbeiwert ist.
b
p
b
q
t Abb. 14.4 Die Einbindetiefe t wird u¨ ber eine Fl¨achenlast q = γt ber¨ucksichtigt.
Um das Eigengewicht γ des Bodens (was f¨ur den Fall ϕ > 0 erforderlich ist) sowie eine evtl. vorhandene vertikale Spannung q in der Tiefe der Fundamentsohle zu ber¨ucksichtigen (vgl. Abb. 14.4), werden zwei weitere Terme eingef¨uhrt, sodass Gleichung (14.3) folgende Gestalt annimmt: pB = cNc + qNd + γbNb
(14.4)
mit b Nd0 Nc0 Nb0
= Fundamentbreite, = eπ tan ϕ Kp , = (Nd0 − 1)/ tan ϕ, = (Nd0 − 1) tan ϕ.
Bemerkungen: 1. F¨ur Nd0 = 1 (d.h. ϕ = 0) ist Nc0 = 5, 14 . 2. Die Spannung q (Abb. 14.4) kann die Vertikalspannung q = γ1 d aus dem Eigengewicht des Bodens in der Tiefe der Fundamentsohle (Einbindetiefe d) sein.
240
14 Grundbruch
3. Statt Nb wird oft 12 Nγ geschrieben. 4. Die hier aufgef¨uhrte Absch¨atzung der Traglast eines Fundamentes setzt homogenen Boden voraus. Liegt in geringer Tiefe unterhalb der Fundamentsohle Fels an, so kann sich der Bruchmechanismus bzw. der Zonenbruch nicht entwickeln, sodass die Traglast gr¨oßer als nach Gleichung (14.4) ausf¨allt. 5. Gleichung (14.4) gilt f¨ur ein Streifenfundament der Breite b (ebenes Problem). F¨ur Rechteck- und Kreisfundamente sowie f¨ur geneigtes Gel¨ande bzw. geneigte Sohle m¨ussen Abminderungsfaktoren ber¨ucksichtigt werden: Nb = Nb0 · νb · ib · λb · ξb , Nd = Nd0 · νd · id · λd · ξd , Nc = Nc0 · νc · ic · λc · ξc
mit:
ν i λ ξ
: : : :
(14.5)
Formbeiwerte Lastneigungsbeiwerte Gel¨andeneigungsbeiwerte Sohlneigungsbeiwerte. Tabelle 14.1 Formbeiwerte f¨ur den Grundbruch νb
Rechteck, a ≥ b 1 − 0, 3 Kreis
0,7
νd
νc (ϕ > 0) νc (ϕ = 0)
b b b νd Nd0 − 1 1 + sin ϕ 1 + 0, 2 a a Nd0 − 1 a 1 + sin ϕ
νd Nd0 − 1 Nd0 − 1
1,2
Sind Gel¨andeoberfl¨ache und Sohle horizontal, so ist λ = ξ = 1. F¨ur geneigtes Gel¨ande und Sohle k¨onnen die Beiwerte λ und ξ der DIN 4017 entnommen werden. 6. Eine Einzellast als Bruchlast (Traglast) ergibt sich f¨ur ein Rechteckfundament mit den Seiten a und b aus: PB = abpB
.
(14.6)
7. Greift die Einzellast exzentrisch an (Abb. 14.5), so sind in den Gleichungen (14.4) und (14.6) die Fundamentabmessungen a und b durch die Gr¨oßen a = a − 2ea , b = b − 2eb zu ersetzen. ea und eb sind dabei die Exzentrizit¨aten in a- und b-Richtung.
14.4 Schr¨age Lasten
241 e
P
Abb. 14.5 Exzentrische Last
14.4 Schr¨age Lasten Wir betrachten den Fall, dass die Fundamentlast P eine Vertikalkomponente V und eine Horizontalkomponente H hat. Es ist einleuchtend, dass die vertikale Traglast VB von der aktuellen Horizontallast H und die horizontale Traglast HB von der aktuellen Vertikallast V abh¨angen. Der geometrische Ort aller Traglastkombinationen (Grenzzustand) kann experimentell ermittelt und in einem V -H-Diagramm (sog. Interaktionsdiagramm) eingetragen werden, siehe Abbildung 14.6.
H
=
μV
H/VBO
V
P H
~0,12
1
V/VBO
Abb. 14.6 Grenzzustandskurve als Interaktionsdiagramm zwischen Horizontal- und Vertikallast. VB0 ist die vertikale Traglast bei H = 0.
EP
Abb. 14.7 Passiver Erddruck bei schr¨ag belastetem Fundament
Die dort eingetragene Kurve gilt sowohl f¨ur dichten als auch f¨ur lockeren Sand und ist unabh¨angig von der Belastungsvorgeschichte. Sie kann etwa durch die Beziehung H0 V0 V0 =μ 1− (14.7) VB0 VB0 VB0 approximiert werden, die sich f¨ur kleine HB - (bzw. VB )-Werte an die lineare Beziehung H = μV anschmiegt, wobei μ der Reibungskoeffizient Fundament-Boden ist. Man beachte, dass Gleichung (14.7) f¨ur Fundamente ohne Einbindung gilt und dass f¨ur eingebundene Fundamente auch der passive Erddruck ber¨ucksichtigt werden muss (Abb. 14.7). Die aus Interaktionsdiagrammen hergeleiteten Lastneigungsbeiwerte k¨onnen der DIN 4017 entnommen werden.
15
Nachweis der Standsicherheit
In diesem Kapitel werden die theoretischen Grundlagen f¨ur die Nachweise der Standsicherheit, wie sie in den Kapiteln 13 und 14 eingef¨uhrt worden sind, betrachtet. In Kapitel 7 wurde die Scherfestigkeit von homogenen (d.h. gleichm¨aßig) deformierten Bodenproben betrachtet. In Bezug auf Strukturen der Geotechnik (z.B. Einschnitte, St¨utzw¨ande usw.) gibt es sog. Grenzzust¨ande, bei denen die Schubspannungen an so vielen Stellen die Scherfestigkeit erreicht haben, dass die gesamte Konstruktion versagt. Der Ingenieur muss mit dem sog. Nachweis der Standsicherheit nachweisen, dass der Gebrauchszustand hinreichend entfernt von einem Grenzzustand ist. Die theoretischen Grundlagen f¨ur diesen Nachweis bilden die sogenanten Kollapstheoreme (oder Traglasttheoreme). Falls der betrachtete Boden die sog. Normalit¨atsbedingungen (siehe Abschnitt 16.3.2) erf¨ullt, so liefern die Kollapstheoreme Schranken f¨ur die Traglast, d.h. f¨ur diejenige Last, welche das betrachtete System zum Versagen bringt. Allerdings ist die Normalit¨atsbedingung bei dilatanten bzw. kontraktanten B¨oden nicht erf¨ullt, sodass die mit den Kollapstheoremen berechneten Traglasten lediglich Absch¨atzungen der wahren Traglast sind, die sowohl auf der sicheren als auch auf der unsicheren Seite liegen k¨onnen. Die verbleibende Unsicherheit wird mit einem hinreichend großen Sicherheitsfaktor abgedeckt (vgl. Kapitel 30).
15.1 Kollapstheoreme Betrachten wir die Absch¨atzungen der Traglast eines Streifenfundamentes bei reibungslosem Boden (aus Kapitel 13). Die drei betrachteten Verfahren liefern verschiedene Werte: Gleitkreis: pB = 5, 5c, Starrk¨orper-Bruchmechanismus: pB = 5, 3c, Zonenbruch nach P RANDTL: pB = 5, 14c . Angesichts dieser Vielfalt fragt man sich, wo die wahre Traglast liegt. Eine Antwort liefern die sog. Kollapstheoreme der Plastomechanik, die es erlauben, anhand © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_15
244
15
Nachweis der Standsicherheit
von o.g. L¨osungen die wahre Traglast einzugrenzen. Zu ihrer Einf¨uhrung werden die Begriffe des ’statisch zul¨assigen Spannungsfeldes’ und des ’kinematisch zul¨assigen Geschwindigkeitsfeldes’ ben¨otigt. Ein statisch zul¨assiges Spannungsfeld erf¨ullt die statischen Randbedingungen und die Gleichgewichtsbedingungen, und es verletzt nicht die Grenzbedingung f (σij ) ≤ 0 1 . Ein kinematisch zul¨assiges Geschwindigkeitsfeld erf¨ullt die kinematischen Randbedingungen sowie die allf¨alligen inneren Zwangsbedingungen (z.B. Volumenkonstanz). In Zusammenhang mit den Kollapstheoremen kann man einen Bruchmechanismus als ein kinematisch zul¨assiges Geschwindigkeitsfeld ansehen. Statisches Kollapstheorem: Ein K¨orper versagt nicht, wenn (mindestens) ein zul¨assiges Spannungsfeld existiert. Umkehrung des statischen Kollapstheorems: Ein K¨orper versagt, wenn kein zul¨assiges Spannungsfeld existiert. Kinematisches Kollapstheorem: Ein K¨orper versagt, wenn ein Bruchmechanismus existiert, bei dem die Leistung A der a¨ ußeren Kr¨afte (z.B. Gewicht und ¨ Oberfl¨achenlasten) die Dissipationsleistung D zur Uberwindung der Scherfestigkeit u¨ bersteigt, d.h. wenn gilt: A > D. Dabei ist
X · vdV + p · vdS, A = A(X, p) = V S
l l D= σij ε˙ij dV + σij nj δvi dS0 V
S0
mit X: Volumenkraft (z.B. infolge Gravitation) v: Geschwindigkeit p: Fl¨achenlast auf der K¨orperoberfl¨ache V : Volumen S: Oberfl¨ache S0 : innere Oberfl¨ache von Diskontinuit¨aten (Scherfugen) nj : Normaleneinheitsvektor auf Diskontinuit¨aten δvi : Geschwindigkeitssprung an Diskontinuit¨aten 1 ∂vi ∂vj , Deformationsgeschwindigkeitsgradient ε˙ij : + 2 ∂xj ∂xi l l σij : σij ist nicht die aktuelle Spannung, sondern eine Spannung, die die Grenzbedingung f (σij ) = 0 erf¨ullt. Um dies zu erreichen, werden die a¨ ußeren Lasten X und p auf die fiktiven Werte X ∗ und p∗ erh¨oht, sodass gilt: A(X ∗ , p∗ ) = D. Umkehrung des kinematischen Kollapstheorems: Ein K¨orper versagt nicht, wenn f¨ur alle Bruchmechanismen A < D gilt. 1
Die Gleichung f = 0 charakterisiert den lokalen Grenzzustand. Z.B. ist die Grenzbedingung f¨ur ein Reibungsmaterial nach M OHR -C OULOMB gegeben durch Gleichung (7.1) bzw. f = (σ1 + σ2 ) sin ϕ − (σ1 − σ2 ) = 0.
15.2 Konstruktion von Spannungsfeldern
245
Bemerkungen: 1. Die Kollapstheoreme erlauben Aussagen u¨ ber den Kollaps (Versagen) eines K¨orpers ohne Kenntnis des tats¨achlichen Spannungs- bzw. Geschwindigkeitsfeldes. Sie begn¨ugen sich mit zul¨assigen“ Feldern, die zwar die Rand-, Gleich” gewichts- und Grenzbedingung nicht verletzen, ansonsten aber frei w¨ahlbar und daher relativ einfach zu bestimmen sind. Zur Anwendung der Kollapstheoreme (nicht der Umkehrungen) gen¨ugt es, jeweils ein statisch bzw. kinematisch zul¨assiges Feld zu finden. 2. Die Umkehrungen der Kollapstheoreme verlangen die Untersuchung aller (also unendlich vieler) zul¨assiger Felder, sie sind also mit Abstand nicht so aussagekr¨aftig wie die Kollapstheoreme selbst. Zur praktischen Anwendung braucht man jedoch nicht unendlich viele Felder zu untersuchen. Mit etwas Erfahrung kommt man zum Ziel, wenn man nur einige Felder untersucht hat. 3. Die G¨ultigkeit der Kollapstheoreme ist an eine Stoffeigenschaft gekn¨upft, die das plastische Fließen (d.h. die Verformungen im Grenzzustand) der betreffenden Stoffe charakterisiert und Normalit¨atsbedingung“ heißt, siehe Abschnitt ” 15.3.2. Man geht davon aus, dass die Normalit¨atsbedingung f¨ur B¨oden ohne Reibung erf¨ullt ist. Somit sind die Kollapstheoreme streng genommen nur bei rein koh¨asiven B¨oden bzw. bei undr¨anierten Verh¨altnissen zur Ermittlung der Anfangsstandsicherheit (d.h. wenn die Festigkeit allein durch cu gegeben ist) anwendbar. 4. Das statische Kollapstheorem heißt auch Untere-Schranken-Theorem“ (lower ” bound theorem), weil es erlaubt, die Traglast von unten (also von der sicheren Seite) einzugrenzen. Nach dem statischen Kollapstheorem tut ein Material sein ” Bestes“, um die ihm auferlegten Lasten zu tragen. 5. Das kinematische Kollapstheorem heißt auch Obere-Schranken-Theorem“ (up” per bound theorem), weil es erlaubt, die Traglast von oben (also von der unsicheren Seite) einzugrenzen. Es besagt, dass der Bruch eintreten wird, wenn er eintreten kann. Die Anwendung des kinematischen Kollapstheorems ist besonders einfach bei Betrachtung von zusammengesetzten Starrk¨orper-Bruchmechanismen (siehe Abschnitt 13.5). Bei unserem Beispiel (B¨oschung in reibungslosem Boden) wurden die L¨osungen pB = 5, 5c und pB = 5, 3c aus Bruchmechanismen bestimmt und stellen nach dem kinematischen Kollapstheorem obere Schranken f¨ur die tats¨achliche Traglast dar. Die L¨osung pB = 5, 14c wurde aus einem Spannungsfeld ermittelt und stellt nach dem statischen Kollapstheorem eine untere Schranke f¨ur die tats¨achliche Traglast dar.
15.2 Konstruktion von Spannungsfeldern Unter Konstruktion“ versteht man hier die analytische, numerische oder grafische ” Bestimmung von Spannungsfeldern, die zwar den Gleichgewichts- und statischen Randbedingungen gen¨ugen und die Grenzbedingung f (σij ) ≤ 0 erf¨ullen, ansonsten jedoch recht willk¨urlich sein k¨onnen. Ihre N¨utzlichkeit erhellt aus dem statischen
246
15
Nachweis der Standsicherheit
Kollapstheorem: Solche Spannungsfelder erlauben es, Traglasten abzusch¨atzen. Falls das betrachtete Material die Normalit¨atsbedingung erf¨ullt, liegen diese Absch¨atzungen sogar auf der sicheren Seite. Bei Problemen mit ebener Verformung wird oft die Spannung σyy nicht betrachtet, und man beschr¨ankt sich zur Angabe des Spannungszustandes auf die Komponenten σx := σxx , σz := σzz und τ := σxz . Zur Konstruktion der Spannungsfelder gibt es verschiedene Methoden. Man beachte, dass die Gleichgewichtsbedingungen2 ∂σx ∂τ + =0 ∂x ∂z
,
∂τ ∂σz + =0 ∂x ∂z
zur Bestimmung der drei Felder σx (x, z), σz (x, z), τ (x, z) nicht ausreichen und eine dritte Gleichung (sog. Schließungsgleichung) ben¨otigt wird. Nimmt man hierf¨ur das Stoffgesetz, d.h. die Spannungs-Dehnungsbeziehung f¨ur das betrachtete Material, so kann man das betrachtete Anfangsrandwertproblem nur numerisch, etwa mit der Methode der finiten Elemente, l¨osen. Da dies sehr aufwendig ist, zieht man f¨ur N¨aherungsl¨osungen einfachere Schließungsgleichungen heran. Man kann z.B. annehmen, dass u¨ berall in einem bestimmten Bereich die Grenzbedingung f (σx , σz , τ ) = 0 erf¨ullt ist (sog. Zonenbruch). Einsetzen dieser Beziehung in die Gleichgewichtsbedingungen f¨uhrt zu einem System von zwei entkoppelten Differentialgleichungen, das ’hyperbolisch’ ist und somit die Betrachtung der sog. Charakteristiken erlaubt. Es zeigt sich, dass die Charakteristiken mit den Gleitlinien zusammenfallen. Das sind Linien in der Richtung derjenigen Schnittebenen, auf welchen die freigelegten Schub- und Normalspannungen τ und σ die Grenzbedingung τ = c + σ tan ϕ erf¨ullen. Gibt man die Spannungsverteilung auf dem Rand3 vor, so kann man die daraus resultierenden Spannungen im Inneren des K¨orpers leicht berechnen. Man weiß n¨amlich, dass bestimmte aus den Randspannungen berechenbare Gr¨oßen (die sog. R IEMANN-Invarianten) auf den Charakteristiken konstant bleiben. Man kann somit verfolgen, wie sich die Randspannungen in das Innere des K¨orpers ’ausbreiten’. Das mathematisch recht aufwendige Charakteristikenverfahren wird hier nicht weiter verfolgt.4 Einfacher als nach dem Charakteristikenverfahren lassen sich Spannungsfelder unter Heranziehung von sog. Spannungsdiskontinuit¨aten konstruieren. Quer durch eine Spannungsdiskontinuit¨at d¨urfen die darauf wirkenden Schub- und Normalspannungen τn und σn keinen Sprung erleiden, wohl aber die dazugeh¨orige tangentiale 2
Eigentlich lautet die zweite Gleichung bei Ber¨ucksichtigung des Eigengewichts ∂τ ∂σz + =γ ∂x ∂z
3 4
.
Durch die Substitution σz := σz + γz erh¨alt man jedoch die hier angegebene Gleichung. Dieser darf nicht mit einer Gleitlinie zusammenfallen. R. N OVA, Plastizit¨atstheoretische Behandlung geotechnischer Probleme. In: Grundbau Taschenbuch, 6. Auflage, Teil 1, Ernst und Sohn 2001, S. 307–346. Ferner A. S CHOFIELD, P. W ROTH, Critical State Soil Mechanics, Mc Graw-Hill 1968. Sowie V.V. S OKOLOVSKI, Statics of Granular Media, Pergamon 1965.
15.2 Konstruktion von Spannungsfeldern
σn
247
τn
σ +t σ −t Abb. 15.1 Quer durch eine Spannungsdiskontinuit¨at bleiben τn und σn konstant, σt kann einen Sprung erleiden. p q
τ c
P Spannungs− diskontinuität
q
p σ
Abb. 15.2 F¨ur die hier angenommene senkrechte Diskontinuit¨at ergibt sich: p = q + 4c.
Normalspannung σt (Abb. 15.1). Eine einfache Anwendung ergibt sich f¨ur den Fall eines breiten Laststreifens, der auf einen reibungs- und gewichtslosen koh¨asiven Boden wirkt (Abb. 15.2). Nimmt man eine senkrechte Diskontinuit¨at durch den Punkt P an und nimmt man ferner an, dass sowohl unterhalb von p als auch unterhalb von q Grenzzustand herrscht, so folgt, dass rechts die kleinste Hauptspannung q und die gr¨oßte q + 2c ist. Letztere f¨allt mit der kleinsten Hauptspannung links zusammen, sodass die gr¨oßte Hauptspannung rechts p = q + 4c betr¨agt. Somit l¨asst sich die Grenzlast p absch¨atzen. Etwas h¨ohere Werte f¨ur p erh¨alt man, wenn man mehrere Spannungsdiskontinuit¨aten durch den Punkt P annimmt.
16
Stoffgesetze und Simulationen
¨ die Geotechnik 16.1 Bedeutung von Stoffgesetzen fur Mathematische Simulation von Bauprozessen und sonstigen Abl¨aufen ist ein weitverbreitetes Mittel, um die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit von geplanten Baumaßnahmen nachzuweisen bzw. um sie zu optimieren oder um aufgetretene Sch¨aden zu analysieren. Man bedient sich dabei der Bilanzgleichungen der Mechanik, welche die Erhaltung von Masse und Impuls ausdr¨ucken.1 Allerdings reichen diese Gleichungen nur f¨ur besonders einfache Ausnahmef¨alle aus, die sog. statisch bestimmten Systeme, die in der Geotechnik kaum vorkommen. Man ben¨otigt daher weitere Gleichungen, welche das Form¨anderungsverhalten des Bodens mathematisch beschreiben. Solche Gleichungen heißen Stoffgesetze oder Stoffbeziehungen (constitutive equations). Von einem Stoffgesetz f¨ur Boden erwartet man, dass es die Spannungs-Dehnungskurven f¨ur alle erdenklichen Versuchsbedingun¨ gen (z.B. Odometerversuche und Triaxialversuche mit Be-, Ent- und Wiederbelastungen, undr¨anierte Triaxialversuche usw.) wiedergibt. Dies ist allerdings eine Maximalforderung, die angesichts der Komplexit¨at des Bodenverhaltens kaum erf¨ullt werden kann. Im Gegensatz zu den Bilanzgleichungen, welche physikalische Prinzipien exakt ausdr¨ucken, k¨onnen Stoffgesetze das mechanische Verhalten des Bodens nur n¨aherungsweise beschreiben. Insbesondere lassen sich Stoffgesetze nicht aus u¨ bergeordneten Prinzipien herleiten, denn sie dr¨ucken ja das Spezielle aus, das diesen Stoff (etwa Gummi) von jenem (etwa Sand) unterscheidet. Daher sind die vielf¨altigen f¨ur Boden vorgeschlagenen Stoffgesetze eher als mathematische Konstruktionen zu betrachten, die mehr oder weniger gelungen sein k¨onnen.
1
Die Energieerhaltung spielt in der Bodenmechanik eine untergeordnete Rolle, denn die meisten Prozesse sind dissipativ. Die in W¨arme umgewandelte (dissipierte) Arbeit l¨asst sich u¨ blicherweise kaum messen.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_16
250
16
Stoffgesetze und Simulationen
16.2 Kontinuierliche und diskrete K¨orper Die Stoffgesetze der Bodenmechanik sind im Rahmen der Kontinuumsmechanik formuliert, d.h. der Boden wird als Kontinuum abstrahiert, die K¨orner und alle ihre Eigenschaften werden als kontinuierlich verschmiert angenommen, und man arbeitet mit stetigen Ortsfunktionen, die auch Felder genannt werden (z.B. Verschiebungsfeld, Spannungsfeld u.¨a.). Dies hat den Vorteil, dass man den leistungsf¨ahigen mathematischen Apparat der Infinitesimalrechnung anwenden kann. In Zusammenhang mit der hohen Leistung moderner Computer ist neuerdings die Alternative aufgekommen, den Boden als Anh¨aufung vieler (etwa kugelf¨ormiger) K¨orner zu betrachten, welche als einzelne K¨orper in der Berechnung ber¨ucksichtigt werden (discrete element method, DEM). Die Wechselwirkung zwischen den K¨ornern wird durch den Ansatz fiktiver Federn und D¨ampfer ber¨ucksichtigt, und man gewinnt dadurch beeindruckende Ergebnisse, die als Kornverschiebungen ui und Kr¨afte Pi zwischen den K¨ornern dargestellt werden. Daraus lassen sich Volumenmittelwerte f¨ur Spannungen 1 und Dehnungen (Verschiebungsgradienten) errechnen: σij = Pi xj (Pi ist V eine auf den Rand des betrachteten Volumens V angreifende Kraft, xj ist der Orts∂ui 1 ui xj . Die vektor und ui ist die Verschiebung ihres Angriffspunktes), = ∂xj V Realit¨atsn¨ahe der Ergebnisse h¨angt von der Festlegung der mikroskopischen Wechselwirkungsparameter (Federkonstanten usw.) ab, die nicht direkt gemessen werden k¨onnen, sondern nur durch Anpassung an makroskopische Beziehungen (gemessene Spannungs-Dehnungsbeziehungen) mittelbar bestimmt werden k¨onnen. Diese Anpassung ist umst¨andlich und nicht notwendigerweise eindeutig, was den Wert von diskreten Berechnungen relativiert.
16.3 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen Stoffgesetze sind mathematische Beziehungen zwischen Spannungen σij und Dehnungen εkl . Der irreversible Charakter der Bodendeformation erlaubt es nicht, diese Beziehungen als Funktionen σij = σij (εkl ) bzw. εkl = εkl (σij ) darzustellen. Dies w¨urde n¨amlich implizieren, dass σij (bzw. εkl ) nicht von der Geschichte von εkl (bzw. σij ) abh¨angt. Der Einfluss der Geschichte ist aber ein wesentliches Merkmal des Form¨anderungsverhaltens von Boden, was man z.B. anhand von Fußspuren im Sand erkennen kann (die Verformung bleibt, obwohl die Belastung vorbeigezogen ist). Eine M¨oglichkeit, geschichtsabh¨angige Beziehungen mathematisch zu beschreiben, ergibt sich dann, wenn wir nicht σij mit εkl funktional verkn¨upfen, sondern die zugeh¨origen Inkremente dσij und dεkl . Eine Beziehung dσij = dσij (dεkl ) ist dann geschichtsabh¨angig, wenn sie nichtintegrabel ist. Dies kann man am Beispiel folgender inkrementeller Beziehung sehen: 2dx : f¨ur dx > 0 dy = dx + |dx| = , (16.1) 0 : f¨ur dx < 0
16.3 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen
251
welche f¨ur einen x-Wert unterschiedliche y-Werte ergibt, je nachdem, welche die Geschichte von x war: Geschichte 1: x w¨achst von x = 0 nach x = 5 (dx > 0). Geschichte 2: x w¨achst von x = 0 nach x = 10 (dx > 0) und f¨allt dann von x = 10 auf x = 5 (dx < 0). Ausgehend von y(x = 0) = 0 erh¨alt man f¨ur die Geschichte 1 den Wert y(x = 5) = 10 und f¨ur die Geschichte 2 den Wert y(x = 5) = 20. Wir halten also fest, dass Stoffgesetze f¨ur Boden nicht finit (z.B. σij = σij (εkl )), sondern inkrementell (z.B. dσij = dσij (dεkl )) formuliert sein m¨ussen. Alternativ zu den Inkrementen (Differentialen) dσij und dεkl kann man die Raten σ˙ ij = dσij /dt und ε˙kl = dεkl /dt verwenden. Die in Raten formulierten Stoffgesetze (z.B. σ˙ ij = σ˙ ij (ε˙kl )) heißen auch Entwicklungsgleichungen (evolution equations). Die Tatsache, dass die Steifigkeit2 von der Spannung σij abh¨angt, f¨uhrt dazu, dass Stoffgesetze die Form σ˙ ij = σ˙ ij (σkl , ε˙mn ) haben. Die Irreversibilit¨at der Bodenverformung ist damit verkn¨upft, dass die Steifigkeit σ˙ ij /ε˙kl nicht denselben Wert bei Belastung und Entlastung hat. Dies bedingt, dass σ˙ ij (σkl , ε˙mn ) = −σ˙ ij (σkl , −ε˙mn ) gelten muss, d.h. die Funktion σ˙ ij (σkl , ε˙mn ) muss nichtlinear in ε˙mn sein (sog. inkrementelle Nichtlinearit¨at). F¨ur die Realisierung solcher Stoffgesetze gibt es das elastoplastische und das hypoplastische Modell. 16.3.1 Lineare Elastizit¨at Ein Material heißt elastisch, wenn die Spannung als Funktion der Deformation angegeben werden kann. Dies bedeutet, dass die Deformationsgeschichte f¨ur die aktuelle Spannung irrelevant ist. Ein Material heißt linear-elastisch, wenn die Beziehung zwischen Spannung und Deformation linear ist. F¨ur ein linear-elastisches isotropes Material wird die Spannungs-Dehnungsbeziehung durch das Gesetz von H OOKE angegeben, wo zwei Materialparameter vorkommen. Daf¨ur kann man z.B. die L AM E´ Parameter λ und μ nehmen. Damit lautet das H OOKEsche Gesetz wie folgt: σij = λεkk δij + 2μεij
(16.2)
bzw. εij = −
λσkk 1 δij + σij 2μ(3λ + 2μ) 2μ
.
Hierbei ist δij das K RONECKER-Symbol (δij = 0 f¨ur i = j, δij = 1 f¨ur i = j), und es sind die Indexschreibweise und die Summationskonvention benutzt worden. Ausgeschrieben lautet das H OOKEsche Gesetz: ⎛
⎞ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ σ11 σ12 σ13 100 ε11 ε12 ε13 ⎝ σ21 σ22 σ23 ⎠ = λ(ε11 + ε22 + ε33 ) · ⎝ 0 1 0 ⎠ + 2μ · ⎝ ε21 ε22 ε23 ⎠ σ31 σ32 σ33 ε31 ε32 ε33 001 2
Als Steifigkeit wird die Gr¨oße dσij /dεkl bzw. σ˙ ij /ε˙kl bezeichnet.
252
16
Stoffgesetze und Simulationen
oder, in etwas abgek¨urzter Schreibweise: σij = λ
3
εkk · δij + 2μ · εij
.
k=1
Nach der Summationskonvention wird das Summenzeichen ausgelassen, und es wird u¨ ber doppelt angeschriebenen Indizes (hier: k) automatisch summiert: εkk = ε11 + ε22 + ε33 . Die Gr¨oße μ wird auch als Schubmodul G (μ ≡ G) bezeichnet. Man kann das H OO KEsche Gesetz auch mit den Gr¨ oßen G und ν anschreiben, wobei ν das P OISSONVerh¨altnis ist: σij = 2G εij +
ν εkk δij 1 − 2ν
bzw.
εij =
1 2G
σij −
ν σkk δij 1+ν
.
Das H OOKEsche Gesetz kann auch mit dem Elastizit¨atsmodul (YOUNG’s modulus E) und dem P OISSON-Verh¨altnis ν ausgedr¨uckt werden: σij =
E νE εij + εkk δij 1+ν (1 + ν) · (1 − 2ν)
bzw. 1 [(1 + ν)σij − νσkk δij ] . E Folgende Beziehungen gelten zwischen den verschiedenen Gr¨oßen: εij =
λ 2(λ + μ) μ(2μ + 3λ) E= λ+μ ν=
, ,
νE , (1 + ν)(1 − 2ν) E μ≡G= . 2(1 + ν) λ=
Auch der Kompressionsmodul B bzw. K wird oft als Materialparameter verwendet: B≡K=
E 3(1 − 2ν)
.
Manche Autoren schreiben Spannung und Verformung als 6-komponentige Vektoren an. Wegen der Symmetrie (σij = σji , εij = εji ) werden die Komponenten σ21 usw. ausgelassen, weil sie identisch zu σ12 usw. sind. Das H OOKEsche Gesetz lautet dann: ⎛ ⎞ ⎞ ⎛ ⎞⎛ ε11 1 −ν −ν 0 0 0 σ11 ⎜ε ⎟ ⎜ −ν 1 −ν ⎟⎜σ ⎟ 0 0 0 ⎜ 22 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 22 ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎟⎜ 1 ⎜ −ν −ν 1 0 0 0 ⎜ ε33 ⎟ ⎟ ⎜ σ33 ⎟ ⎜ ⎟= ⎜ ⎟ . ⎟⎜ ⎜ ε12 ⎟ E ⎜ 0 0 0 2(1 + ν) ⎟ ⎜ σ12 ⎟ 0 0 ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎟⎜ ⎝ ε23 ⎠ ⎝ 0 0 0 ⎠ ⎝ σ23 ⎠ 0 2(1 + ν) 0 0 0 0 0 2(1 + ν) ε13 σ13
16.3 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen
253
Das H OOKEsche Gesetz ist u¨ berhaupt das einfachste Stoffgesetz f¨ur Feststoffe. F¨ur einige Randwertprobleme erlaubt es daher strenge analytische L¨osungen, die gerne als Referenzl¨osungen herangezogen werden. Man muss sich aber stets vor Augen halten, dass es viele Geomaterialien gibt, auch Festgesteine, f¨ur welche eine lineare Beziehung zwischen Spannung und Verformung selbst f¨ur relativ kleine Dehnungen nicht existiert. Die Anpassung einer linearen Beziehung an eine nichtlineare Kurve kann dann recht willk¨urlich ausfallen. Queranisotropie (cross-anisotropy) liegt vor z.B. bei stark u¨ berkonsolidiertem Ton (parallele Anordnung der Pl¨attchen), bei geschichteten Sedimentgesteinen und bei geschieferten Metamorphgesteinen. Das mechanische Verhalten von queranisotropen Stoffen a¨ ndert sich nicht (bleibt also mechanisch unentdeckbar) bei Rotation um einen Vektor n, der senkrecht zu den Pl¨attchen (bei u¨ berkonsolidiertem Ton) oder zu den Schieferungsebenen (bei metamorphen Gesteinen) steht. Bei Queranisotropie hat das linear elastische Stoffgesetz 5 voneinander unabh¨angige Stoffkonstanten. Wie beim isotropen Fall kommen hierzu unterschiedliche Formulierungen infrage. Angaben in der Literatur beziehen sich meist auf spezielle Ausrichtungen von n bzgl. des zugrunde gelegten Koordinatensystems.3 16.3.2 Elastoplastische Stoffgesetze Die Verformung (Dehnung) wird in einen elastischen und einen plastischen Anteil aufgespalten: εij = εeij +εpij . Eine sog. Fließfunktion f (σij , εpij ) wird so eingef¨uhrt, dass die Gleichung f = 0 die sog. Fließfl¨ache definiert, welche den sog. elastischen Bereich einschließt. Sog. ideale Plastizit¨at liegt vor, wenn f nicht von εpij abh¨angt, w¨ahrend die Abh¨angigkeit der Funktion f von εpij die sog. Verfestigung konstituiert. Mithilfe der Fließfunktion l¨asst sich Belastung wie folgt definieren: f =0
∂f dσij > 0 , ∂σij
und
w¨ahrend Entlastung ist gegeben f¨ur f ψ gilt. Hingegen darf sie f¨ur undr¨anierten Ton angenommen werden, denn dort gilt ϕ = ψ (= 0). Da die Fl¨achen f = 0 und g = 0 Hauptbestandteile von elastoplastischen Modellen sind, sind ihre geometrischen Darstellungen im dreidimensionalen Hauptspannungsraum die prim¨are (und oft einzige) Beschreibung dieser Modelle.5 Von besonderer Bedeutung im Hauptspannungsraum sind die Hauptraumdiagonale, d.h. die Gerade σ1 = σ2 = σ3 ,6 sowie die Ebenen senkrecht dazu, die sog. Deviatorebenen. Spannungstensoren k¨onnen als Vektoren im Hauptspannungsraum dargestellt werden. Die Aufteilung eines Tensors in hydrostatischen und deviatorischen Anteil, ∗ , wird im Hauptspannungsraum dargestellt durch die Aufspalσij = 13 σkk δij + σij tung in einen Teil in Richtung der Hauptraumdiagonalen, den hydrostatischen Anteil, und einen Anteil senkrecht dazu, den deviatorischen Anteil. Letzterer kann mit 4 5
6
D.h., dass er die Fließfl¨ache mitschleppt. Darstellungen im Hauptspannungsraum sind eigentlich nur f¨ur Prozesse sinnvoll, bei denen die Schubspannungen best¨andig verschwinden, also nur f¨ur sog. Quaderverformungen (rectilinear extensions). σ1 , σ2 , σ3 sind die Hauptspannungen.
16.3 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen
255
Schubspannungen verkn¨upft werden. Die Tatsache, dass die Scherfestigkeit mit dem hydrostatischen Spannungsanteil zunimmt (verm¨oge der Reibung), bedingt, dass die Fließfl¨ache sich mit wachsendem hydrostatischen Anteil aufweitet, sie wird daher oft wie ein Kegel dargestellt.7 Da ein Kegel eine offene Fl¨ache ist, wird der elastische Bereich durch eine sog. Kappe abgeschlossen. Sie ist derjenige Teil der Fließfl¨ache, der durch Volumenverkleinerung (Verdichtung, z.B. bei o¨ dometrischer Kompression) aufgeweitet wird. Einige gebr¨auchliche elastoplastische Stoffgesetze f¨ur Boden sind: Cam-Clay: Die Cam-Clay-Theorie ist das erste elastoplastische Modell, das f¨ur Boden (normal bis leicht u¨ berkonsolidierten Ton) konzipiert wurde. Zun¨achst wurde sie nur zur Interpretation von Ergebnissen von Triaxialversuchen aufgestellt, deshalb kamen in den urspr¨unglichen Versionen nur die Verformungsvariablen εq := 23 (ε1 − ε3 ) und εv := ε1 + 2ε3 sowie die Spannungsvariablen q := σ1 − σ3 und p := 13 (σ1 + 2σ3 ) vor.8 Dabei ist ε1 die Dehnung in axialer Richtung und ε2 ≡ ε3 die Dehnung in radialer Richtung. Die Verallgemeinerung auf allgemeine Spannungs- und Verformungstensoren erfolgt dadurch, dass man die o.g. Variablen als Invarianten interpretiert: εv :=εkk = ε11 + ε22 + ε33 ; 2 ∗ ∗ εik εki εq := √ 6 q:=
3 ∗ ∗ σ σ 2 ik ki
p=
mit
mit
1 1 σkk = (σ11 + σ22 + σ33 ) 3 3 1 ε∗ij = εij − εkk δij 3
1 ∗ σij = σij − σkk δij 3
,
,
.
Es wird f = g angesetzt, der Kegel-Anteil der Fließfl¨ache wird gegeben durch q = M p, wobei M mit dem Reibungswinkel ϕc beim kritischen Zustand in Bezug gebracht wird durch M = 6 sinϕc /(3 − sinϕc ).9 Die Kappe wird gegeben durch eine Ellipse im q-p-Raum: q 2 − M 2 [p(pc − p)] = 0, wobei pc die Konsolidierspannung10 ist und als Verfestigungsparameter dient, indem sie mit der plastischen Volumendehnung in Bezug gebracht wird durch p˙ c = pc
1+e p ε˙ λ−κ v
.
λ und κ sind Stoffparameter, die durch Anpassung von hydrostatischer Erstbelastung und Entlastung an die Beziehungen e = e0 − λ ln(p/p0 ) und 7 8 9 10
Die Erzeugende dieses Kegels muss nicht notwendigerweise ein Kreis sein. Die Faktoren 23 und 13 sind dazu da, damit der Ausdruck pεv + qεq identisch ist mit σ1 ε1 + σ2 ε2 + σ3 ε3 (= Verformungsarbeit pro Volumeneinheit). Beim sog. kritischen Zustand wird die Probe deformiert, aber die Spannung und das Probenvolumen bleiben konstant. Es wird hydrostatische Konsolidierung vorausgesetzt.
256
16
Stoffgesetze und Simulationen
e = e1 − κ ln(p/p1 ) gewonnen werden. Innerhalb der Fließfl¨ache finden nur elastische Verformungen statt: ε˙ev =
κ p˙ (1 + e)p
;
ε˙eq =
κ 2 1+ν · · p˙ 9 1 − ν (1 + e)p
.
ν ist die P OISSON-Zahl. Elastoplastizit¨at mit Grenzbedingung nach M OHR -C OULOMB : Der Kegel-Teil der Fließfl¨ache lautet (σmax − σmin ) = (σmax + σmin ) · sinϕ + 2 c cosϕ
,
wobei σmax und σmin die maximale und die minimale Hauptspannung sind. Eine Kappe ist nicht definiert, das Stoffgesetz ist daher unvollst¨andig und z.B. f¨ur o¨ dometrische Kompression insofern nicht geeignet, als es nur elastische Zusammendr¨uckung voraussagt. Innerhalb der Fließfl¨ache wird linear-elastisches Verhalten angenommen. 16.3.3 Hypoplastische Stoffgesetze Ein Stoffgesetz σ˙ ij = σ˙ ij (σkl , ε˙mn ), das linear in ε˙mn ist, kann auch in der Form σ˙ ij = Mijmn ε˙mn dargestellt werden, wobei die Steifigkeitsmatrix Mijmn von σkl abh¨angen kann. Nun weiß man, dass bei irreversibler Verformung die Steifigkeit von der Richtung der Verformung abh¨angt, d.h. von ε˙0mn := ε˙mn /|ε˙mn |. Die n¨achstliegende Erweiterung eines Stoffgesetzes ist daher: σ˙ ij = (Mijmn + Nij ε˙0mn )ε˙mn
.
(16.6)
Dabei h¨angen Mijmn und Nij von der Spannung σij ab. Gleichung (16.6) kann auch in folgender Form geschrieben werden: σ˙ ij = Mijmn ε˙mn + Nij |ε˙mn | , √ wobei |ε˙mn | = ε˙mn ε˙mn ist und als Norm oder Betrag von ε˙mn bezeichnet wird. Der Term Mijmn ε˙mn stellt eine tensorwertige Funktion von σkl und ε˙mn dar, die linear in ε˙mn ist. Der Term Nij stellt eine tensorwertige Funktion von σkl dar. In der Literatur zur Hypoplastizit¨at wird oft die sog. symbolische √ Notation anstatt der Komponentenschreibweise verwendet: T = σij , D = ε˙ij , trD 2 = |ε˙mn |. Als ˚ verwendet, denn man kann zeigen, dass T˙ Spannungsrate wird nicht T˙ , sondern T 11 ˚ eine objektive Spannungsrate darstellen keine objektive Gr¨oße ist, wohingegen T ˙ ˚ soll. Der Unterschied zwischen T und T macht zahlenm¨aßig wenig aus, daher wird er hier nicht weiter verfolgt, obwohl er Gegenstand vieler Diskussionen ist. Es gibt verschiedene Versionen von hypoplastischen Stoffgesetzen, die sich durch
11
Zum Begriff der Objektivit¨at siehe den n¨achsten Abschnitt.
16.3 Mathematische Struktur von Stoffgesetzen
257
Verbesserungen bestehender Versionen ergeben.12 Dadurch, dass sie auf die Begriffe von Fließfl¨achen und plastischem Potential sowie ihrer Entwicklungen im Spannungsraum verzichten, zeichnen sich hypoplastische Stoffgesetze durch Einfachheit aus, die sich auch in ihrer Kalibrierung und FEM-Implementierung niederschl¨agt. Insbesondere sind hypoplastische Stoffgesetze nicht auf einen elastischen Bereich angewiesen, den es ja f¨ur B¨oden nicht gibt. Barodesie Das Stoffgesetz wird als Raten- oder Entwicklungsgleichung formuliert, d.h. es gibt die Spannungsrate σ˙ ij (bzw. das Spannungsinkrement Δσij ) in Abh¨angigkeit der Verformungsrate ε˙ij (bzw. des Verformungsinkrements Δεij ) an. Dies ist erforderlich, um irreversible Verformungen beschreiben zu k¨onnen, und ist sowohl bei Hypoplastizit¨at als auch bei der Plastizit¨atstheorie der Fall. In der Begriffswelt der Barodesie kommen aber keine Fließfl¨achen, plastischen Potentiale, Konsistenzregel, Normalit¨atsbedingung und dergleichen vor. Vielmehr spielt der Begriff eines proportionalen Pfades eine grundlegende Rolle. Es erleichtert das Verst¨andnis, den dreidimensionalen Hauptspannungsraum zu betrachten. Ein proportionaler Spannungspfad stellt sich darin als eine Gerade durch den Nullpunkt dar. Ein Zuwachs der Spannung entlang eines proportionalen Spannungspfades erfolgt in der Richtung der Spannung: Δσij = const · σij
bzw.
σ˙ ij = const · σij
(16.7)
Es werden folgende Begriffe verwendet: σij : Spannungstensor, σ := |σij |: Betrag bzw. euklidische Norm des Spannungstensors 0 σij = σij /σ: normierter Spannungstensor ε˙ij : Stretching-Tensor, ε˙ := |ε˙ij |: Betrag bzw. euklidische Norm des StretchingTensors ε˙0ij := ε˙ij /|ε˙ij |: Richtung des Stretching-Tensors δ =tr(ε˙0ij ). δ, die Spur bzw. erste Invariante von ε˙0ij , ist das Verh¨altnis der volumetrischen zur Gesamtverformungsrate und ist somit ein geeignetes Maß f¨ur die Dilatanz rij : Richtung eines proportionalen Spannungspfads, r := |rij |: Betrag bzw. euklidische Norm des Richtungstensors 0 = rij /r: normierter Richtungstensor. rij 0 0 F¨ur proportionale Spannungspfade gilt rij = σij . Somit l¨asst sich ein Stoffgesetz f¨ur proportionale Spannungspfade in folgender Form schreiben: 0 σ˙ ij = h · f · rij · ε˙
(16.8)
Der skalare Faktor h = h(σ) ber¨ucksichtigt das bekannte Anwachsen der Steifigkeit mit wachsendem Druck bzw. wachsender Spannung σ. Der skalare Faktor f h¨angt von der Porenzahl ab. Die Richtung eines proportionalen Spannungspfades h¨angt 12
D. Kolymbas und G. Medicus, Genealogy of Hypoplasticity and Barodesy, International Journal for Numerical and Analytical Methods in Geomechanics, doi:10.1002/nag.2546.
258
16
Stoffgesetze und Simulationen
von ε˙0ij ab und muss f¨ur volumenverkleinernde Deformationen (δ < 0) nur Druck¨ spannungen (f¨ur koh¨asionslose B¨oden) ergeben. Dies f¨uhrt mit einer Uberlegung, die hier ausgelassen wird, zur folgenden Beziehung: rij = − exp(aε˙0ij ),
(16.9)
wobei a von der Dilatanz abh¨angt. Wenn man nun ein Stoffgesetz sucht, das nicht nur f¨ur proportionale, sondern auch f¨ur allgemeine Spannungspfade gilt, so muss man zur Gleichung (16.8) einen Term addieren, der umso kleiner wird, je mehr sich 0 der Spannungspfad einem proportionalen Spannungspfad anschmiegt, d.h. f¨ur σij → 0 rij . Das ist offensichtlich der Fall f¨ur den Ansatz 0 0 0 + g · (σij − rij )] · ε˙ σ˙ ij = h · [f · rij
= h · [f ·
0 rij
+g·
0 σij ]
· ε˙ ,
(16.10) (16.11)
der die endg¨ultige Struktur eines barodetischen Stoffgesetzes angibt. Die skalaren Gr¨oßen f und g h¨angen von der Porenzahl e und von der Dilatanz δ ab und folgen aus der Betrachtung von Grenzzust¨anden, welche ja durch σ˙ ij = 0 definiert sind. 0 0 Aus σ˙ ij = h · (f rij + g σij ) · ε˙ = 0 folgt daher f¨ur Grenzzust¨ande: f + g = 0. Nun treten Grenzzust¨ande entweder als peak einer σ-ε-Kurve oder als kritische Zust¨ande auf. D.h., bei ihnen gilt entweder: δ > 0 und e < ec (peak-Grenzzustand) oder: δ = 0 und e = ec (kritischer Grenzzustand),
wobei ec = ec (σ, . . .) die kritische Porenzahl ist. Beide Alternativen k¨onnen durch den Ansatz f +g = δ +c·(ec −e) ber¨ucksichtigt werden, der f¨ur Grenzzust¨ande verschwindet. c ist dabei eine Stoffkonstante. Eine m¨ogliche Aufteilung dieses Ansatzes ist f = δ + c · ec
(16.12)
g = −c · ec
(16.13)
Mit einer geeigneten Spezifikation des Steifigkeitsfaktors h(σ) und der Beziehung ec = ec (σ, . . .) liegt nun das barodetische Gesetz vollst¨andig vor. Letztere Beziehung ist die sog. critical state line. Ihre experimentelle Bestimmung f¨ur Sand erweist sich noch als schwierig. Als Grundlage f¨ur die Barodesie dient eine Beziehung, die G OLDSCHEIDER aus Versuchen mit einem sog. echten Triaxialger¨at hergeleitet hat: proportionale Dehnungspfade f¨uhren asymptotisch zu proportionalen Spannungspfaden.
16.4 Anforderungen an Stoffgesetze 1. Stoffgesetze sollten f¨ur allgemeine Verformungen und nicht ausschließlich f¨ur eine spezielle Beanspruchung (z.B. o¨ dometrische Verformung) ausgelegt sein.
16.5 Erg¨anzende Betrachtungen zu Stoffgesetzen
259
2. Stoffgesetze sollten kalibrierbar sein. Insbesondere sollte man mit einem Stoffgesetz Elementversuche berechnen, d.h. vorhersagen k¨onnen (ohne Zuhilfenahme eines Finite-Element-Programms).13 Dazu muss aber das Stoffgesetz an ein spezielles Material angepasst werden. Dies erfolgt durch Festlegung der Stoffkonstanten, die als freie Parameter in das Stoffgesetz eingebaut sind. Wenn man die numerische Simulation (Berechnung) von Elementversuchen als das ’direkte’ Problem ansieht, so stellt die Kalibrierung eines Stoffgesetzes, d.h. die zahlenm¨aßige Festlegung der Stoffkonstanten anhand von Versuchsergebnissen, ein sog. inverses Problem dar. Inverse Probleme zeichnen sich oft dadurch aus, dass kleine Variationen der Eingabedaten große Ver¨anderung bei den Ergebnissen hervorrufen. Die Schwierigkeit der Kalibrierung steigt unverh¨altnism¨aßig mit der Komplexit¨at eines Stoffgesetzes, und es fehlt nicht an Stoffgesetzen, die schier unkalibrierbar (und damit eigentlich unbrauchbar) sind. Zur Kalibrierung von Stoffgesetzen braucht man sog. Elementversuche. Das sind Laborversuche, bei denen Verformung und Spannung konstant u¨ ber die Probe verteilt sind, man spricht auch von homogener Verformung. Nur unter dieser Bedingung l¨asst sich n¨amlich aus den resultierenden Randkr¨aften auf die Spannung in der Probe und aus der Randverschiebung auf die Verformung der Probe schließen. Die Homogenit¨at der Probenverformung l¨asst sich durch geeignete Vorkehrungen erm¨oglichen (wie z.B. durch Schmierung der Probenenden), jedoch nicht erzwingen. Die Bezeichnung ’Elementversuch’ r¨uhrt von der Tatsache her, dass bei homogener Verformung derselbe Spannungs- und Verformungszustand in jedem infinitesimal kleinen Element der Probe herrscht. 3. Stoffgesetze m¨ussen objektiv sein: Stoffgesetze sind Beziehungen zwischen Spannungs- und Deformationstensoren bzw. ihrer zeitlichen Raten. Bei der Formulierung solcher Beziehungen sollte man darauf achten, dass sie nicht von der (willk¨urlichen!) Wahl des Koordinatensystems bzw. des Bezugssystems abh¨angig sind. Die hieraus resultierenden Regeln14 sind subtil. Beispiele f¨ur nichtobjektive Stoffgesetze sind: (i) σij = const · ε11 · εij und (ii) σij = const · t · εij . Beim Stoffgesetz (i) erscheint die Dehnungskomponente ε11 , welche von der willk¨urlichen Wahl des Koordinatensystems abh¨angt, beim Stoffgesetz (ii) erscheint die Zeit t, welche von der willk¨urlichen Wahl des Zeitnullpunktes abh¨angt.
16.5 Erg¨anzende Betrachtungen zu Stoffgesetzen Die Vielfalt des mechanischen Verhaltens von B¨oden, die enormen Schwierigkeiten bei seiner mathematischen Modellierung sowie ihre zentrale Bedeutung bei der numerischen Simulation machen Stoffgesetze zu einem faszinierenden Forschungs13 14
Finite-Element-Programme braucht man erst dann heranzuziehen, wenn man Anfangsrandwertprobleme mit nichthomogener Spannungs- und Verformungsverteilung l¨osen will. C.A. T RUESDELL und W. N OLL, The Non-linear Field Theories of Mechanics, Encyclopedia of Physics, Vol. IIIc, Springer 1965.
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16
Stoffgesetze und Simulationen
gebiet, f¨ur welches ein zunehmendes Interesse nicht nur im Bauingenieurwesen, sondern auch im Bergbau, in der Geologie und in der Physik aufkommt. Folgende Gesichtspunkte sind von Interesse: Zeitabh¨angigkeit: Zeitabh¨angige Effekte wie Kriechen, Relaxation, Viskosit¨at und Altern werden durch sog. ratenunabh¨angige (rate independent) Stoffgesetze wie z.B. das H OOKEsche Gesetz und die elastoplastischen Stoffgesetze nicht erfasst. Dies bedeutet, dass nach diesen Stoffgesetzen die Verformungen simultan mit den Spannungen auftreten und mit der Zeit nicht ver¨andert werden. Ratenunabh¨angigkeit ist eine Idealisierung, die streng genommen f¨ur keinen realen Stoff zutrifft. Zur Ber¨ucksichtigung von ratenunabh¨angigen Ph¨anomenen darf die absolute Zeit t aus Objektivit¨atsgr¨unden nicht im Stoffgesetz explizit erscheinen, es k¨onnen aber Zeitableitungen von Spannung und Verformung auftreten sowie Stoffkonstanten, welche die Dimension der Zeit haben. Die mathematische Modellierung des plastischen und ratenunabh¨angigen Stoffverhaltens erweist sich als besonders schwierig. Invertierbarkeit: Ein inkrementelles Stoffgesetz dσij = dσij (dεkl ) liefert bei Vorgabe aller Komponenten von dεkl die zugeh¨origen Komponenten dσij . Entsprechend liefert die inverse Beziehung dεij = dεij (dσkl ) die Komponenten von dεij . Es fragt sich nun, ob diese Beziehungen invertierbar sind. Die Frage nach der Invertierbarkeit kann auch dann gestellt werden, wenn von den 6 voneinander unabh¨angigen Dehnungsinkrementen nur n < 6 vorgegeben werden und dazu noch die komplement¨aren 6 − n Spannungsinkremente, wenn also etwa dσ11 , dε22 , dσ33 , dσ12 , dε13 , dε23 vorgegeben werden und daraus dε11 , dσ22 , dε33 , dε12 , dσ13 , dσ23 berechnet werden sollen. Das Stoffgesetz sollte dann die jeweils dazugeh¨origen Spannungs- bzw. Verformungsinkremente eindeutig liefern. Es l¨asst sich zeigen, dass Stoffgesetze nur dann in diesem Sinn eindeutig invertierbar sind, wenn die Bedingung dσij dεij > 0
(16.14)
gilt. Diese Bedingung verlangt, dass das zu jedem dεkl zugeh¨orige Spannungsinkrement dσij dermaßen sein soll, dass ihr Skalarprodukt, das sog. second order work, dσij dεij positiv ist. Ein ratenunabh¨angiges Stoffgesetz dσij = dσij (dεkl ) l¨asst sich auch in der Form dσij = Mijkl dεkl schreiben, wobei Mijkl von der Spannung σij und von der Richtung dε0kl := dεkl /|dεkl | abh¨angen kann. Bei Positivit¨at von dσij dεij ist die Matrix Mijkl positiv definit. Die hier angeprochene Invertierbarkeit wird auch ’Kontrollierbarkeit’ (controllability) genannt.15 Elementversuche: Um Spannungs-Dehnungs-Beziehungen aus Laborversuchen zu gewinnen, ben¨otigt man sog. Elementversuche, d.h. Versuche mit homogener (gleichm¨aßiger bzw. konstanter) Verteilung von Spannungen und Dehnungen in 15
R. N OVA, Controllability of the incremental response of soil specimen subjected to arbitrary loading programmes, Journal of the Mechanical Behavior of Materials, 1994, 5, 193 – 202
16.5 Erg¨anzende Betrachtungen zu Stoffgesetzen
261
der Probe, denn nur bei solchen Versuchen kann man aus einer gemessenen Kraft auf die Spannung in der Probe und vor einer gemessenen Randverschiebung auf die Dehnung in der Probe schließen. Die damit verkn¨upfte Frage ist nach der eindeutigen L¨osbarkeit eines Randwertproblems, bei welchem am Rand der Probe Verschiebungen bzw. Spannungen vorgegeben werden. Wenn die vorgegebenen Verschiebungen lineare Ortsfunktionen und die Spannungen konstant sind, dann ist die Dehnung in der Probe homogen bzw. konstant. Die Frage ist, ob nebst dieser trivialen L¨osung des Randwertproblems noch eine weitere L¨osung existiert, bzw. ob es eine Verzweigung (Bifurkation) des L¨osungsprozesses gibt. Es l¨asst sich nun zeigen, dass eine eindeutige L¨osung des Randwertproblems gegeben ist, wenn das Stoffgesetz so aufgebaut ist, dass die Spannungsinkremente f¨ur zwei verschiedene Dehnungsinkremente dε und d¯ ε die Bedingung [dσij (dε) − dσij (d¯ ε)](dεij − d¯ εij ) > 0
(16.15)
erf¨ullen. Man hat lange versucht, die Homogenit¨at der Verformung etwa durch Schmierung der Probenenden und durch Verwendung gedrungener Proben zu erm¨oglichen. Man erh¨alt so Verformungen, die nach Augenschein zun¨achst homogen sind und dann (abrupt oder allm¨ahlich) inhomogen werden. Die Inhomogenit¨at manifestiert sich meist als eine (oder mehrere) d¨unne Scherfugen, die Verformung konzentriert (lokalisiert) sich dabei in d¨unne Bereiche, wo Einfachscherung herrscht. Strenggenommen lassen sich aber nicht alle Randverschiebungen vorgeben (man denke an geschmierte bzw. glatte Probenbeh¨altnisse), so dass Elementversuche eigentlich eine Fiktion sind, die – wenn u¨ berhaupt – nur n¨aherungsweise erreicht werden kann. Große Verformungen: F¨ur die Verformung gibt es verschiedene Definitionen bzw. Maße. Definiert man εij u¨ ber das Verschiebungsfeld ui , so erh¨alt man den im Verschiebungsgradienten nichtlinearen Ausdruck εij = 12 (ui,j + uj,i − uk,i uk,j ).16 Die sog. geometrische Linearisierung εij ≈ 12 (ui,j + uj,i ) ist nur f¨ur ’kleine’ Verschiebungsgradienten bzw. f¨ur ’kleine’ Verformungen zul¨assig. Die Ber¨ucksichtigung von nichtlinearen Termen in der sog. Theorie großer Verformungen f¨uhrt zu mathematisch aufwendigen Ausdr¨ucken. In der Geotechnik treten viele Probleme mit großen Verformungen auf (Erdrutsche, Penetration von Sonden, Pf¨ahlen u.¨a.). Sie k¨onnen mit inkrementellen Stoffgesetzen ohne Heranziehung der Theorie großer Verformungen behandelt werden, falls man die Verformung in hinreichend kleinen Schritten aufbringt und die Bezugskonfiguration entsprechend aktualisiert. Hypoplastische Stoffgesetze werden oft als Beziehungen zwischen der Spannungsrate σ˙ ij und der Verformungsrate ε˙kl angegeben. Streng genommen sollte anstelle von ε˙kl die Verzerrungsgeschwindigkeit dkl geschrieben werden, die sich aus dem Geschwindigkeitsfeld vi durch dij = 12 (vi,j + vj,i ) ergibt. dij kann nicht als Zeitableitung irgendeines Verformungstensors betrachtet werden 16
Die Schreibweise ui,j bedeutet ∂ui /∂xj .
262
16
Stoffgesetze und Simulationen
(mit Ausnahme der logarithmischen Dehnung, welche aber nur f¨ur Quaderverformungen17 ein sinnvolles Verformungsmaß ist). Demnach gilt die Beziehung dij = ε˙ij nur n¨aherungsweise. ¨ Entfestigung: Ublicherweise setzt bereits vor dem Peak eine inhomogene Verformung der Probe ein, sodass Versuchsergebnisse u¨ ber Spannungen und Dehnungen jenseits des Peaks wenig vertrauensw¨urdig sind. Die numerische L¨osung von Problemen, wo Entfestigung auftritt, erweist sich als schwierig und vom (willk¨urlich gew¨ahlten) Finite-Element-Netz abh¨angig. Thermodynamische Konsistenz: Die klassische Thermodynamik ist aus der Betrachtung eines speziellen Stoffgesetzes erwachsen, n¨amlich der Beziehung zwischen Druck p und Volumen V eines idealen Gases und der Beobachtung, dass die Kompressibilit¨at des Gases davon abh¨angt, ob man die Kompression adiabatisch oder isotherm durchf¨uhrt. Wesentliche Aussagen der Thermodynamik sind der 1. Hauptsatz (Energieerhaltung) und der 2. Hauptsatz (Entropieproduktion), von welchem viele (und nicht unbedingt kongruente) Fassungen existieren. In Zusammenhang mit Stoffgesetzen f¨ur andere Feststoffe (z.B. Boden) erhebt sich die Frage, inwiefern man aus der Thermodynamik Einschr¨ankungen herleiten kann bzw. Stoffgesetze dahingehend u¨ berpr¨ufen kann, ob sie nicht gegen die Regeln der Thermodynamik verstoßen. Es zeigt sich aber, dass thermodynami¨ sche Uberlegungen nicht sehr hilfreich sind, denn sie beziehen sich auf zyklische Prozesse (sog. Kreisprozesse), bei denen die bisher vorgeschlagenen Stoffgesetze ohnehin versagen. Es gelingt allenfalls, thermodynamische Potentiale so zu konstruieren, dass man daraus einige g¨angige Stoffgesetze ableiten kann. Dies mag eine interessante Ein¨ubung in den Formalismus der Thermodynamik sein, bringt jedoch die Forschung auf dem Gebiet der Stoffgesetze kaum weiter. Implementierung in FEM-Programmen: Randwertprobleme werden heute nach der Methode der finiten Elemente numerisch gel¨ost. Dabei wird die Gleichgewichtsbedingung nicht an jedem Punkt des betrachteten Kontinuums erf¨ullt, sondern nur an einigen wenigen sog. Knotenpunkten. Die auf jeden Knotenpunkt aus dem umgebenden Kontinuum einwirkenden Kr¨afte resultieren aus Massenkr¨aften (z.B. Gravitation) und sonstigen ’¨außeren’ Kr¨aften sowie aus der Verformung des Kontinuums (sog. innere Kr¨afte). Sie werden dadurch (n¨aherungsweise) erfasst, dass man das Verschiebungsfeld zwischen den einzelnen Knotenpunkten mithilfe von sog. Ansatzfunktionen annimmt, deren freie Parameter die (zun¨achst unbekannten) Knotenpunktverschiebungen sind. Man erh¨alt so das (nicht unbedingt lineare) Gleichungssystem y(x) = 0, wobei x der Vektor der Knotenverschiebungen und y der Vektor der sog. KnotenUngleichgewichtskr¨afte ist. Die Ungleichgewichtskr¨afte resultieren aus der Differenz zwischen den a¨ ußeren und den inneren Kr¨aften, sie sollen im Gleichgewichtsfall verschwinden. F¨ur die L¨osung des Gleichungssystems y(x) = 0 gibt es zwei Strategien:
17
D.h. f¨ur Bewegungen ohne Hauptachsendrehung.
16.5 Erg¨anzende Betrachtungen zu Stoffgesetzen
263
Implizite Methode: Es wird das iterative Verfahren nach N EWTON angewandt: −1 ∂yi xi+1 = xi + y(xi ). ∂yi /∂xj ist die sog. (globale) Steifigkeits∂xj matrix, deren numerische Aufstellung rechenintensiv ist. Daf¨ur ist die Konvergenz recht schnell. Explizite Methode: Die zeitaufwendige Aufstellung der Steifigkeitsmatrix wird vermieden, es werden langsamere Iterationsverfahren angewandt wie z.B. das Verfahren von JACOBI: xi+1 = xi + const · y(xi ). Meist18 wird die sog. dynamische Relaxation angewandt: Man geht davon aus, dass eine nichtverschwindende Ungleichgewichtskraft den betreffenden Knotenpunkt beschleunigt, sodass er eine Schwingung vollzieht. Die Differentialgleichung lautet a¨ x + bx˙ + y(x) = 0. Ersetzen von x ¨ und x˙ durch die entsprechenden Differenzenquotienten, x ¨ ≈ (xi+1 − 2xi + xi−1 )/h2 , x˙ ≈ (xi+1 − xi−1 )/(2h), f¨uhrt zu einem expliziten Gleichungssystem f¨ur xi+1 . Iteration f¨uhrt schließlich zur L¨osung, welche die Gleichung y(x) = 0 erf¨ullt. Eine D¨ampfung (hier repr¨asentiert durch den Term bx) ˙ ist von ausschlaggebender Bedeutung, denn ohne sie w¨urden die Knotenpunkte best¨andig weiterschwingen. Oft wird eine fiktive D¨ampfung angesetzt, die mit der tats¨achlichen Viskosit¨at des Materials nichts zu tun haben muss. Eine geschickte Wahl der D¨ampfung f¨uhrt zu einer schnellen Konvergenz, es gibt aber kaum Regeln f¨ur ihre Festlegung, und sie muss durch Probieren gefunden werden. Es liegen kaum Vergleiche vor, welche die Vorz¨uge der expliziten und der impliziten Methode gegeneinander ausloten. Die beiden Verfahren zugrunde liegende komplizierte Numerik setzt die (recht willk¨urliche) Festlegung vieler Steuerungsparameter voraus, und dies f¨uhrt dazu, dass ein Problem unterschiedliche L¨osungen erh¨alt, je nachdem, mit welchem Programm, welchen Steuerungsparametern, welchem Computer und welchem Stoffgesetz gearbeitet worden ist. Von ausschlaggebender Bedeutung ist das Stoffgesetz und die ihm zugrunde liegende Kalibrierung. Eine weitere offene Frage bezieht sich auf das Ausgangsspannungsfeld, das sich selten eindeutig bestimmen l¨asst. Die Einstellung zu Ergebnissen von FEM-Berechnungen in der Geotechnik ist ganz unterschiedlich und reicht vom unkritischen Vertrauen bis hin zu absolutem Misstrauen. Leider gibt es noch ganz wenige F¨alle, wo echte FEM-Voraussagen unterschiedlicher Ingenieure anhand von Feldmessungen u¨ berpr¨uft werden konnten (vgl. Abschnitt 22.7). Einfache Stoffe – h¨ohere Kontinua: Den meisten Stoffgesetzen liegt die Annahme des sog. einfachen Stoffs zugrunde, nach welcher nur der erste Deformationsgradient19 und seine Geschichte f¨ur die aktuelle Spannung an einem Punkt des Kontinuums maßgebend ist. Dies impliziert, dass Elementversuche f¨ur die Kalibrierung eines Stoffgesetzes ausreichend sind und dass der Stoff keine innere L¨ange 18 19
So in FLAC und ABAQUS EXPLICIT. C.A. T RUESDELL und W. N OLL, The Non-linear Field Theories of Mechanics, Encyclopedia of Physics, Vol. IIIc, Springer 1965.
264
16
Stoffgesetze und Simulationen
aufweist. Demzufolge w¨urden zwei Triaxialversuche an geometrisch a¨ hnlichen Proben unterschiedlicher Gr¨oße (etwa mit den Durchmessern 10 cm und 100 cm) aus demselben Material und mit denselben Randbedingungen (d.h. mit demselben Seitendruck) identische Spannungs-Dehnungskurven ergeben. Dies trifft in der Realit¨at nicht ganz zu, ein gewisser Maßstabeffekt ist immer zu beobachten, insbesondere bei Fels. Bestes Stoffgesetz: Die Vielfalt der vorgeschlagenen Stoffgesetze f¨uhrt zur berechtigten Frage, welches denn das beste sei. Es gibt mehrere Gr¨unde daf¨ur, dass diese Frage nicht allgemein beantwortet werden kann. Denn die vielen Elementver¨ suche (Odometerversuche, Triaxialversuche usw.) k¨onnen durch die einzelnen Stoffgesetze unterschiedlich gut simuliert werden, und es gibt kein objektives Maß f¨ur eine Gesamtbeurteilung eines Stoffgesetzes. Ferner kann es sein, dass ein Stoffgesetz mehrere Elementversuche gut beschreibt, allerdings um den Preis einer extremen Komplexit¨at im mathematischen Aufbau und in der Kalibrierung. Es gibt kein objektives Maß, um Komplexit¨at gegen G¨ute der Simulation aufzurechnen. Gerade weil keine pauschale Bewertung m¨oglich ist, muss man bei der jeweiligen Wahl eines Stoffgesetzes f¨ur eine konkrete Aufgabe besondere Vorsicht walten lassen. T ERZAGHI20 mahnt, nicht zu hohe Erwartungen auf die Genauigkeit von Berechnungsergebnissen zu setzen und trotzdem die Theorie zu achten: . . . the illusion that everything connected with engineering should and can be computed . . . . In soil mechanics the accuracy of computed results never exceeds that of a crude estimate, and the principal function of theory consists in teaching us what and how to observe . . . Angesichts der verwirrenden Vielfalt an Stoffgesetzen und numerischen L¨osungsverfahren f¨ur Anfangsrandwertprobleme sowie deren Anwendungsparameter (Bestimmung der Stoffparameter, Diskretisierung, Ansatzfunktionen, Abbruchkriterien u.¨a.) sollten Ergebnisse numerischer Simulationen kritisch betrachtet, aber nicht verdammt werden. Die numerische Simulation ist n¨amlich ein Weg, der das Bestreben manifestiert, kausale Zusammenh¨ange zu verstehen. Die kritische Betrachtung wird helfen, die besseren Verfahren herauszuw¨ahlen. Dies aber setzt voraus, dass (i) Simulationsergebnisse dokumentiert21 werden und (ii) dass an konkreten Objekten Messwerte aufgrund der Simulationen vorausgesagt und mit tats¨achlichen Messergebnissen verglichen werden.
20 21
K.v. T ERZAGHI, Relation between soil mechanics and foundation engineering, Proceed. Intern. Conf. SMFE, Vol.III, 1936, 13–18. Das Kriterium f¨ur die Vollst¨andigkeit einer Dokumentation ist, dass sie ein Nachvollziehen der numerischen Simulation durch einen Dritten erlaubt.
¨ 16.6 Mechanische Ahnlichkeit, Dimensionsanalyse und Modellversuche
265
¨ 16.6 Mechanische Ahnlichkeit, Dimensionsanalyse und Modellversuche Es ist oft zweckm¨aßig, die maßgebenden Variablen eines Systems zu dimensionslosen Variablen zusammenzufassen. Dies bringt folgende Vorteile: Erstens ist ihre Anzahl geringer als bei den urspr¨unglichen Variablen, und zweitens haben diese ¨ Variablen bei Ahnlichkeit den gleichen Wert. Dies ist n¨amlich die Definition von ¨ mechanischer Ahnlichkeit: Sie liegt vor, wenn alle dimensionslosen Variablen eines Problems denselben Wert haben. Eine mathematische Beziehung zwischen den dimensionslosen Variablen beschreibt nicht nur ein Problem, sondern eine Klasse von a¨ hnlichen Problemen. So kann man z.B. die Verformung einer Konstruktion (’Prototyp’) dadurch analysieren, dass man sie in geometrisch verkleinertem Maßstab (’Modell’) nachbaut und sie dann im Labor untersucht. Man nennt dieses Vorgehen auch ’physikalische Simulation’. Mit ihrer Hilfe k¨onnen z.B. numerische Simulationen u¨ berpr¨uft oder kalibriert werden. Aus dem Satz der urspr¨unglichen Variablen l¨asst sich immer ein Satz von dimensionslosen Variablen bilden (sog. Π-Theorem, VASCHY 1892, B UCKINGHAM 1914). Dies ist eine Folge der Forderung, dass physikalische Gesetze invariant gegen¨uber ¨ Anderungen der Maßeinheiten sein sollen (z.B. gilt die Formel Kraft = Masse × Beschleunigung, egal ob man die Beschleunigung in m/s2 oder ft/s2 angibt). Die Einf¨uhrung dimensionsloser Variablen kann anhand folgender Beispiele erl¨autert werden: Mathematisches Pendel: Es wird eine Beziehung zwischen der Frequenz ω, der Pendell¨ange l, der Pendelmasse m und der Erdbeschleunigung g von der Form F (ω, l, m, g) = 0 gesucht. Wir sehen, dass sich mit der Masse m keine dimensionslose Variable bilden l¨asst, daher ist m keine Variable des Problems. Die 2 einzige dimensionslose Variable, die sich bilden l¨asst, ist Π := ωg l . Daraus folgt, dass die gesuchte Beziehung die Form F1 (Π) = 0 hat, woraus wieder um Π=const bzw. ω =const· g/l folgt. Der Wert der Konstanten l¨asst sich aus einem Versuch ermitteln. Durchl¨assigkeit: Ein Beispiel einer nichtdimensionsreinen Formel ist die Formel 2 . Solche Formeln sind nur von H AZEN f¨ur die Durchl¨assigkeit: k = 0, 01 · D10 sinnvoll, wenn die Einheiten der Variablen angegeben werden. Z.B. ist in obiger Formel D10 in mm und k in m/s ausgedr¨uckt. Es ist jedoch leicht, mithilfe der Dimensionsanalyse eine dimensionsechte Formel aufzustellen. Man beachte, dass die Durchl¨assigkeit k(:= v/i) nicht nur vom Material, sondern auch von der maßgebenden Erdbeschleunigung g abh¨angt, da der Druck in mWS gemessen wird (auf dem Mond hat k einen anderen Wert als auf der Erdoberfl¨ache!). Rein auf das Material bezogen ist die Gr¨oße k¯ := v/∇p = k/γw . Nun ist k¯ abh¨angig von einem wirksamen Korndurchmesser Dw (der einen geeigneten, repr¨asentativen Durchmesser eines Porenkanals charakterisiert) sowie von der Z¨ahigkeit μ kμ des Fluids: Aus F (k/γw , μ, Dw ) = 0 folgt mit Π = : F1 (Π) = 0. 2 γw Dw 2 Daraus folgt Π=const bzw. k=const ×Dw γw /μ (vgl. Gleichung (5.7)).
266
16
Stoffgesetze und Simulationen
Sanduhr: Aus Erfahrung weiß man, dass die Auslaufgeschwindigkeit v aus einem Sandbeh¨alter nicht von der F¨ullh¨ohe h abh¨angt (deswegen wird Sand bei Sanduhren verwendet). Die gesuchte Beziehung hat daher die Form F (d, v, g) = 0, wobei d der Durchmesser des Auslaufs und g die Erdbeschleunigung ist. Mit Π = v 2 /(dg) hat √ die Beziehung die Form F1 (Π) = 0. Daraus folgt Π=const bzw. v=const× d · g. F¨ur den Durchfluss Q (= Sandvolumen pro Zeiteinheit) πd2 · v = c1 · d5/2 . folgt dann: Q = 4 ¨ Ahnlichkeit bei Konsolidierung: Bei der eindimensionalen Konsolidierung lautet der Ansatz aller signifikanten Gr¨oßen: F (s, d, k/γw , δp, Es , t) = 0. Daraus ergeben sich folgende dimensionslose Variablen: Π1 = s/d;
Π2 =
k · t · Es ; γ w · d2
Π3 =
δp Es
.
Dabei sind δp die Belastung, s die Setzung und d die Dicke der Schicht. Falls im Modell und Prototyp das gleiche Material mit der gleichen Belastung untersucht werden, so folgt aus Π2M odell = Π2P rototyp : t t = . d2 M odell d2 P rototyp 16.6.1 Zentrifugen Zentrifugen erm¨oglichen Modellversuche bei erh¨ohter Massenkraft. Je nach Radius r und Drehgeschwindigkeit ω kann die Zentrifugalbeschleunigung ω 2 r die Erdbeschleunigung um ein Vielfaches u¨ berschreiten. Ein Modellversuch in der Zentrifuge ist z.B. dann sinnvoll, wenn man die Stabilit¨at einer B¨oschung in koh¨asivem Boden untersuchen will. Aus der theoretischen Analyse (bzw. aus dem Π-Theorem) weiß man, dass die dimensionslose Zahl γh c eine Rolle spielt und daher im Prototyp und im Modell u¨ bereinstimmen soll. Verkleinert man nun den geometrischen Maßstab um den Faktor 1/N , d.h. hM = hP /N (hM = H¨ohe des Gel¨andesprungs im Modell, hP = H¨ohe des Gel¨andesprungs im Prototyp), so muss man entweder c ebenfalls um den Faktor 1/N verkleinern oder γ um den Faktor N erh¨ohen. Die Koh¨asion zu verkleinern, ist schwierig und bedeutet, dass man mit einem anderen Material als in der Natur zu tun hat, das wom¨oglich ganz andere Eigenschaften hinsichtlich Dilatanz, Steifigkeit usw. hat. Deshalb ist es vorteilhaft, die Massenkraft g in einer Zentrifuge zu erh¨ohen.22 Fehler entstehen bei Zentrifugenversuchen erstens durch die Korioliskr¨afte (falls beim Versuch radiale Geschwindigkeiten auftreten) und zweitens durch die Tatsache, dass die Massenkraft nicht homogen ist, sondern mit dem Radius r zunimmt. Auch kann die oft erforderliche starke Miniaturisierung der Bauprozesse Probleme aufwerfen. 22
Z.B. hat die Zentrifuge der Ruhr-Universit¨at Bochum eine Nutzlast von 2000 kg und eine maximale Beschleunigung von 250 g.
¨ 16.6 Mechanische Ahnlichkeit, Dimensionsanalyse und Modellversuche
267
16.6.2 Π-Theorem Ein physikalisches Problem m¨oge durch n Variablen x1 , x2 , . . . xn beschrieben werden. Jede Variable xi wird dargestellt als Produkt einer dimensionslosen Zahl ξi und einiger Potenzen von Grundeinheiten: xi = ξi E1ei1 E2ei2 . . . Ekeik
.
k ist die Anzahl der Grundeinheiten, die in diesem Problem vorkommen. Anstelle der n dimensionsbehafteten Variablen x1 , x2 , . . . xn wollen wir nun die dimensionslosen Variablen Π1 , Π2 , . . . einf¨uhren. Jede dimensionslose Variable wird als Produkt von Potenzen der Variablen xi gebildet: xp11 · xp22 · . . . · xpnn = ξ1p1 · E1e11 p1 · E2e12 p1 · . . . · Eke1k p1 × ξ2p2 · E1e21 p2 · E2e22 p2 · . . . · Eke2k p2 × ... ξnpn · E1en1 pn · E2en2 pn · . . . · Ekenk pn
.
Da die neuen Variablen dimensionslos sein sollen, muss gelten: e11 p1 + e21 p2 + . . . + en1 pn = 0
,
e12 p1 + e22 p2 + . . . + en2 pn = 0
,
... e1k p1 + e2k p2 + . . . + enk pn = 0
.
Es liegt also ein homogenes System aus k Gleichungen mit n Unbekannten vor. Ein solches System hat m linear unabh¨angige L¨osungsvektoren: ⎞ p1 ⎜ p2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ , ⎝ .. ⎠ ⎛
pn
1
⎞ p1 ⎜ p2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ , ⎝ .. ⎠ ⎛
pn
2
⎞ p1 ⎜ p2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ , ⎝ .. ⎠ ⎛
...
pn
m
und jeder dieser Vektoren bestimmt eine dimensionslose Variable Πi . Es gibt also m verschiedene dimensionslose Variablen. Die Anzahl m folgt aus dem Rang r des Gleichungssystems. r wird dadurch definiert, dass keine nichtverschwindende Unterdeterminante r +1-ter Ordnung existiert. Es ist dann m = n−r. Praktisch werden die dimensionslosen Variablen Πi durch Probieren bestimmt, wobei es i. Allg. viele verschiedene S¨atze von dimensionslosen Parametern gibt. Die Wahl des g¨unstigsten Satzes h¨angt vom Geschick ab. Die gew¨ahlten Parameter sollten bei physikalisch sinnvollen Beziehungen m¨oglichst gut miteinander korrelieren. ¨ Mechanische Ahnlichkeit liegt vor, wenn alle dimensionslosen Variablen Πi sowohl im Prototyp als auch im Modell denselben Wert haben. Bei den meisten Modellversuchen l¨asst sich diese Forderung nicht streng erf¨ullen.
17
Bodendynamik
Die Bodendynamik befasst sich mit der Ausbreitung und Auswirkung von Ersch¨utterungen im Boden. Da Ersch¨utterungen sich als Wellen ausbreiten, soll zun¨achst dieser Begriff betrachtet werden. Die damit verkn¨upften mathematischen Methoden sind Bauingenieuren wenig gel¨aufig und erschweren oft den Zugang, daher wird nachfolgend dezidiert darauf eingegangen.1
17.1 Wellen – mathematische Grundlagen Obwohl Wellen in fast allen Bereichen von Wissenschaft und Technik große Bedeutung haben, kann man sie nicht pr¨azise definieren.2 Vage gesagt liegen Wellen vor, wenn irgendeine Konfiguration (bzw. ein sog. Signal) in einem kontinuierlichen Medium wandert. Sie kann dabei Ver¨anderungen erleiden, muss aber als solche erkennbar bleiben. Die einfachste Differentialgleichung f¨ur Wellen ist ϕt +c0 ϕx = 0.3 Ihre L¨osung ist eine in Richtung x (falls c0 > 0) wandernde Welle ϕ = f (x − c0 t). Der Fall ϕt + c(ϕ)ϕx = 0 ist komplizierter, denn er f¨uhrt u.U. zu diskontinuierlichen L¨osungen (sog. wandernde Diskontinuit¨atsfl¨achen oder Stoßfronten), die auch als schwache L¨osungen bezeichnet werden. Mechanische Wellen kommen in deformierbaren Stoffen vor. Sofern die damit verkn¨upften Verschiebungen und Verformungen klein sind, darf man geometrische Nichtlinearit¨aten sowie thermische und viskose Effekte vernachl¨assigen. Bei linearem Stoffgesetz hat man dann lineare Wellen. In Bezug auf Fluide spricht man von 1
2 3
Da die Bodendynamik sehr umfangreich ist, dient dieses Kapitel nur einer ersten Orientierung. Interessierte Leser m¨ogen weitergehende Literatur nachschlagen, wie J.D. ACHEN BACH , Wave propagation in elastic solids, American Elsevier 1973; K.F. G RAFF, Wave Motion in Elastic Solids, Dover 1975; J.A. S TUDER, J. L AUE, M.G. KOLLER, Bodendynamik. Grundlagen, Kennziffern, Probleme und L¨osungsans¨atze, Springer 1997; B.M. DAS, Principles of Soil Dynamics, PWS-KENT Publ. Co. 1993; C. V RETTOS, Bodendynamik, Grundbau-Taschenbuch, 7. Auflage, Ernst & Sohn 2008, 451–500. G. B. W ITHAM, Linear and Nonlinear Waves, J. Wiley & Sons 1973. Es bedeutet hier ϕt := ∂ϕ/∂t und ϕx := ∂ϕ/∂x.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_17
270
17
Bodendynamik
sog. akustischen Wellen. Mechanische Wellen h¨angen mit der Tatsache zusammen, dass Kontinua die F¨ahigkeit haben, Energie und Impuls zu transportieren. Im Gegensatz zur Mechanik der starren K¨orper ist dieser Transport nicht mit der Bewegung einer diskreten Masse (wie z.B. bei einem Geschoss) verbunden. Jede Belastung oder Verschiebung am Rand eines K¨orpers, sei sie noch so langsam, teilt sich u¨ ber Wellen in das K¨orperinnere mit. Bei den sog. quasistatischen Prozessen werden Wellen außer Acht gelassen, und man nimmt an, dass der Endzustand, der nach D¨ampfung aller Wellen und Schwingungen eintritt, sich simultan mit der Einwirkung einstellt. Ist die aufgepr¨agte Randverschiebung schneller als die Wellengeschwindigkeit, so kommt die Steifigkeit des K¨orpers gar nicht erst zum Tragen, der K¨orper setzt der aufprallenden Masse nur seine Tr¨agheit entgegen und verh¨alt sich somit wie eine ideale Fl¨ussigkeit (sog. transsonischer Stoß). 17.1.1 Singul¨are Fl¨achen Der Begriff der Welle ist eng verkn¨upft mit der Ausbreitung (Bewegung) von nichtmateriellen Fl¨achen. Als solche kann man z.B. Fl¨achen gleicher Phase, insbesondere eine Wellenfront, ansehen. Oft sind solche Fl¨achen mit Diskontinuit¨aten (Unstetigkeiten) verkn¨upft, d.h. bestimmte Feldgr¨oßen erleiden quer durch diese Fl¨achen einen Sprung. Diskontinuit¨atsfl¨achen heißen auch singul¨are Fl¨achen“. Man kann ” zeigen, dass eine Diskontinuit¨atsfl¨ache sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegen (ausbreiten) muss, wenn die dazu normale Komponente der Partikelgeschwindigkeit quer durch diese Fl¨ache einen Sprung aufweist. Diskontinuit¨atsfl¨achen k¨onnen sich zwangsl¨aufig ergeben bei Ber¨ucksichtigung von Nichtlinearit¨aten oder bei bestimmten Anfangs- bzw. Randbedingungen. Deshalb definieren manche Autoren Wellen schlechthin als wandernde Diskontinuit¨atsfl¨achen.4 Der Sprung einer Feldgr¨oße x quer durch eine Diskontinuit¨atsfl¨ache wird mit [x] ¨ bezeichnet. Ublicherweise wird die Feldgr¨oße am Ufer, das in der Ausbreitungsrichtung liegt, mit +, die andere mit − bezeichnet. Somit ist [x] = x+ − x− . Folgende Diskontinuit¨atsfl¨achen kommen beispielsweise vor: Wirbelschicht (vortex sheet): Die Tangentialkomponente der Geschwindigkeit erleidet einen Sprung [x] ˙ = 0, jedoch nicht die Normalkomponente x˙ n , [x˙ n ] = 0. Die Wirbelschicht ist eng verkn¨upft mit der Gleitfl¨ache (slip surface) nach H ELMHOLTZ bzw. mit der Versetzung (dislocation) nach VOLTERRA. Stoßfront (shock surface) bzw. Verdichtunggsstoß (nach R IEMANN): Hier ist die Normalgeschwindigkeit unstetig, [x˙ n ] = 0. In Bezug auf die Bewegung x = χ(X, t) liegt eine Singularit¨atsfl¨ache S n-ter Ordnung vor, wenn die n-te Ableitung von χ quer durch S einen Sprung aufweist, w¨ahrend die niedrigeren Ableitungen stetig sind. Singularit¨aten 0. und 1. Ordnung heißen stark“, w¨ahrend Singularit¨aten h¨oherer Ordnung schwach“heißen. ” ” Durch Erhaltungsgleichungen werden Bedingungen an die Spr¨unge gestellt. Die Bedingung von S TOKES -C HRISTOFFEL lautet: 4
Siehe z.B. C. T RUESDELL and R. T OUPIN, The Classical Field Theories, Encyclopedia of Physics, Volume III/1, Springer 1960, Abschnitt 194A.
17.1 Wellen – mathematische Grundlagen
271
[ρ(x˙ n − un )] = 0 ,
(17.1)
wobei x˙ n die Partikelgeschwindikeit und un die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Diskontinuit¨atsfl¨ache (beide in Richtung ihrer Normalen) sind. Diese Gleichung dr¨uckt die Massenbilanz quer durch eine Diskontinuit¨at aus. Die Impulsbilanz quer durch eine Diskontinuit¨atsfl¨ache lautet: ˙ − x) ˙ · n + Tn] = 0. [ρx(u
(17.2)
Hierbei sind u die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Diskontinuit¨at, n ihr Normaleneinheitsvektor, ρ die Dichte, T die C AUCHY-Spannung. 17.1.2 Kinematische Wellen Folgende Differentialgleichung beschreibt eindimensionale Konvektionsvorg¨ange: ut = −vux ,
−∞ < x < ∞,
0 ct . Transmission und Reflexion Es soll die Auswirkung einer pl¨otzlichen Ver¨anderung der sonst als konstant betrachteten Stabeigenschaften (Querschnitt A und Elastizit¨atsmodul E) untersucht werden. Ausgehend vom allgemeinen Ansatz f¨ur das Verschiebungsfeld u = ϕ(x − ct) + ψ(x + ct) erhalten wir ε= und v=
∂u = ϕ (x − ct) + ψ (x + ct) ∂x
∂u = −cϕ (x − ct) + cψ (x + ct) ∂t
(17.17)
.
(17.18)
Wir setzen nun εϕ := ϕ (x − ct), εψ := ψ (x + ct),
vϕ := −cϕ (x − ct) = −cεϕ ,
(17.19)
vψ := cψ (x + ct)
(17.20)
= cεψ ,
sodass ε = ε ϕ + εψ ,
v = vϕ + vψ = −c(εϕ − εψ )
(17.21)
gilt, und f¨uhren die innere Kraft F (Druck positiv) ein: F := −Aσ = −AEε = Fϕ + Fψ
(17.22)
AE mit Fϕ = −AEεϕ = AE c vϕ und Fψ = −AEεψ = − c vψ . Der Quotient AE/c wird als Impedanz Z bezeichnet, Z = AE c = Ac. Man kann also schreiben: Fϕ = Zvϕ , Fψ = −Zvψ bzw.:
17.1 Wellen – mathematische Grundlagen
275
1 (Fϕ − Fψ ) . Z An der Stelle x = xa soll sich nun die Impedanz sprunghaft ver¨andern: v = vϕ + vψ =
Bereich 1: Bereich 2:
x < xa x > xa
(17.23)
,
Z = Z1
,
F = F1
,
v = v1 (17.24)
,
Z = Z2
,
F = F2
,
v = v2 (17.25)
Die Gleichungen (17.24) und (17.25) k¨onnen mithilfe von (17.22) und (17.23) wie folgt formuliert werden: Fϕ1 + Fψ1 = Fϕ2 + Fψ2 , 1 1 (Fϕ1 − Fψ1 ) = (Fϕ2 − Fψ2 ) Z1 Z2
(17.26) .
(17.27)
Sie verkn¨upfen die auf die Diskontinuit¨at zulaufenden Kr¨afte Fϕ1 und Fψ2 mit den von der Diskontinuit¨at weglaufenden Kr¨aften Fϕ2 und Fψ1 . (17.26) und (17.27) k¨onnen auch wie folgt formuliert werden: Fψ1 = a11 Fϕ1 + a12 Fψ2 Fϕ2 = a21 Fϕ1 + a22 Fψ2 mit den Reflexionskoeffizienten Z 2 − Z1 , a11 = Z2 + Z1 und den Transmissionskoeffizienten 2Z1 a12 = , Z2 + Z1
a22 =
a21 =
,
(17.28)
,
(17.29)
Z1 − Z 2 Z1 + Z2
(17.30)
2Z2 Z1 + Z2
.
(17.31)
Wenn man (17.26) und (17.27) mithilfe der Geschwindigkeiten ausdr¨uckt, erh¨alt man folgende Beziehungen: vψ1 = b11 vϕ1 + b12 vψ2 vϕ2 = b21 vϕ1 + b22 vψ2 mit den Reflexionskoeffizienten Z 1 − Z2 , b11 = Z1 + Z2 und den Transmissionskoeffizienten 2Z2 b12 = = a21 , Z2 + Z1
b22 =
b21 =
,
(17.32)
,
(17.33)
Z 2 − Z1 Z1 + Z2
(17.34)
2Z1 = a12 Z1 + Z2
.
(17.35)
Folgende Grenzf¨alle k¨onnen betrachtet werden: Freies Stabende: Z2 = 0 → a11 = −1, b11 = 1. Man erh¨alt hiermit: Fψ1 = −Fϕ1 , vψ1 = vϕ1 , d.h. die am freien Stabende reflektierte Welle tr¨agt die gleiche Geschwindigkeit, aber die entgegengesetzte Kraft (bzw. Dehnung). Starres Stabende: Z2 = ∞ → a11 = 1, b11 = −1, woraus folgt: Fψ1 = Fϕ1 , vψ1 = −vϕ1 , d.h. die Kraft (bzw. die Dehnung) kehrt mit demselben Vorzeichen zur¨uck, w¨ahrend die Geschwindigkeit eine Vorzeichenumkehrung erleidet.
276
17
Bodendynamik
Dynamische Steifigkeit eines Stabs Betrachten wir einen halbunendlichen Stab, auf dessen Ende die Kraft F (t) = F0 exp(iωt) wirkt. Gesucht ist die Beziehung zwischen der Kraft F (t) und der Verschiebung u0 (t) des Stabendes, wobei das Verh¨altnis F/u als Steifigkeit bezeichnet wird. Die L¨osung der Wellengleichung lautet bekanntlich u(x, t) = ϕ(x − ct). Der zweite Term ψ(x + ct) entf¨allt hier, da keine Wellen von rechts (d.h. von x = ∞) ankommen. Die L¨osung nimmt hier die konkrete Gestalt u= u0 exp [ − ik(x − ct)] mit k := ω/c an. Es ist F (t) = AEε(x = 0, t) = AE ∂u ∂x x=0 = AEkiu(t). Somit ist die komplexe Steifigkeit K in diesem Fall rein imagin¨ar K :=
F (t) = iAEk = iωρcA, u(t)
(17.36)
was eine Phasenverschiebung zwischen F (t) und u(t) um 90◦ andeutet. Das Ergebnis ist genau so, als ob die Kraft F (t) auf einen viskosen D¨ampfer wirken w¨urde. F¨ur kompliziertere Verh¨altnisse (inhomogener halbunendlicher Stab bzw. halbunendlicher Stab mit variablem Querschnitt) ist K eine komplexe Zahl: ¯ + iωC K=K
.
(17.37)
Der inhomogene Stab kann also dynamisch a¨ quivalent durch eine Feder (Federkon¯ und einen D¨ampfer der Viskosit¨at C ersetzt werden. stante K) Wenn wir also einen Stab abschneiden und den rechten Teil durch einen viskosen D¨ampfer der Viskosit¨at ρcA ersetzen, dann ’merkt’ der linke Teil davon nichts (d.h. keine Reflexion, volle Transmission). Dieser eindimensionale Sachverhalt l¨asst sich f¨ur r¨aumliche Trennfl¨achen verallgemeinern. Man kann das Medium auf der einen Seite einer Trennfl¨ache durch viskose D¨ampfer mit der Viskosit¨at ρc pro Fl¨acheneinheit ersetzen. Das Medium auf der anderen Seite ’merkt’ dann nichts davon. Anwendungen: Abschirmung von Wellen, Simulation des Randes bei FEM. Elastischer Stab mit Mantelreibung Der elastische Stab kann als Modell f¨ur einen Pfahl dienen, sofern die Bettung im Boden in geeigneter Weise ber¨ucksichtigt wird. Wenn man f¨ur die Mantelreibung ein viskoelastisches Verhalten ansetzt: τm = ku + η u˙
,
(17.38)
so erh¨alt man aus der Impulsbilanz- (bzw. Gleichgewichts-)Gleichung: ∂2u 1 ∂2u ∂u − bu = 0 − 2 2 −a 2 ∂x c ∂t ∂t Hierbei sind a=
ηU EA
,
b=
kU EA
,
.
(17.39)
17.1 Wellen – mathematische Grundlagen
277
wobei U der Umfang und A der Fl¨acheninhalt des Pfahlquerschnitts sind. Gleichung ¨ (17.39) heißt Telegrafengleichung, da sie auch f¨ur die Ubertragung von elektrischen Signalen in Telegrafenleitungen maßgebend ist. Durch den Ansatz 2 ac t u(x, t) (17.40) w(x, t) = exp 2 kann sie in folgende Form gebracht werden: ∂2w 1 ∂2w − 2 2 + κw = 0 2 ∂x c ∂t
,
(17.41)
mit κ := b − (a2 c2 /4). Der Sonderfall κ = 0 beschreibt sog. relativ unverzerrte Wellen. Die L¨osung der Differentialgleichung (17.41) lautet: −ac2 t [ϕ(x − ct) + ψ(x + ct)] . (17.42) u(x, t) = exp 2 Nach dieser L¨osung nimmt die Wellenamplitude mit der Zeit ab. Im allgemeinen Fall (κ = 0) hat jedoch (17.41) keine L¨osung der Form w = ϕ(x − ct) + ψ(x + ct). Dann erweist sich der Ansatz w = ϕ(x − γt) mit γ = c als brauchbar. Eingesetzt in (17.41) liefert er: κc2 ϕ + 2 ϕ=0 . (17.43) c − γ2 Mit Ω 2 := κc2 /(c2 − γ 2 ) erh¨alt man (falls Ω 2 > 0 ist) L¨osungen der Form ϕ = C sin [Ω(x − γt)] + D cos [Ω(x − γt)]
.
(17.44)
Es handelt sich hierbei um harmonische Wellen der Frequenz ω = Ωγ, die mit der Geschwindigkeit γ ω γ = c√ (17.45) ω 2 + κc2 wandern. Die Tatsache, dass die Wellengeschwindigkeit γ von der Frequenz ω abh¨angt, wird Dispersion genannt. Eine allgemeinere L¨osung der Differentialgleichung (17.43) hat die Gestalt w(x, t) = exp(αi(x − γt)) und h¨angt – genauso wie (17.44) – vom Parameter γ ab. Diese L¨osung kann mit einem Faktor A(γ) multipliziert werden. Verm¨oge der Linearit¨at der Differentialgleichung (17.43) ist das Integral u¨ ber γ ebenfalls eine L¨osung. Dies deutet darauf hin, dass das Problem mit der Methode der F OURIER-Transformation behandelt werden kann. Ein anf¨angliches Signal (etwa ein Rechteckimpuls) kann nach F OURIER in harmonische Signale zerlegt werden, die mit unterschiedlichen Wellengeschwindigkeiten im Stab wandern. Dadurch wird das urspr¨ungliche Signal verzerrt.10 10
Zum Aufprall auf einen Stab unter Ber¨ucksichtigung der Querkontraktion siehe J.D. ACHENBACH, Wave propagation in elastic solids, American Elsevier 1973, S. 344 ff
278
17
Bodendynamik
17.1.4 Wellen in endlichen K¨orpern Die o¨ rtlich eindimensionale Wellen-Differentialgleichung c2 uxx = utt charakterisiert Ausbreitungsvorg¨ange, die sich in unendlich ausgedehnten K¨orpern abspielen. In K¨orpern von beschr¨ankter Ausdehnung werden die Wellen an den R¨andern reflektiert, sodass die Anwendung der o.g. L¨osung zwar m¨oglich, aber sehr kompliziert ist. Man geht deshalb dazu u¨ ber, spezielle L¨osungen zu suchen, die die jeweils vorliegenden Randbedingungen erf¨ullen. Man kann z.B. bei einem Stab die Anfangsverteilung u(x, t = 0) der Verschiebung sowie die Verschiebungen an den R¨andern x = 0 und x = l als Funktionen der Zeit angeben. Bei K¨orpern mit beschr¨ankter Ausdehnung spricht man oft nicht von Wellen, sondern von Schwingungen (sog. stehende Wellen) von Systemen mit unendlich vielen Freiheitsgraden. Die L¨osungen von Anfangs-Randwertproblemen basieren auf dem sog. Separationsansatz (Trennung der Variablen). Der Separationsansatz ist nur anwendbar, wenn alle Anfangsund Randwertbedingungen bis auf eine homogen sind. Ist dies nicht der Fall, so kann man die L¨osungen von solchen Randbedingungen superponieren, die diese Forderungen erf¨ullen. Der Separationsansatz gelingt – wenn u¨ berhaupt – nur in jeweils bestimmten Koordinatensystemen. Wenn ein K¨orper vorliegt, der in einer Richtung eine endliche Dimension hat, w¨ahrend er in den anderen Richtungen unendlich ausgestreckt ist (z.B. eine Schicht), so finden an den R¨andern Reflexionen statt, und Wellen k¨onnen sich nur in der unendlich ausgedehnten Richtung ausbreiten. Man spricht dann von Wellenleitern (wave guides). Stab mit harmonischer Erregung Wir betrachten einen Stab mit der L¨angskoordinate x, 0 ≤ x ≤ l. Bei x = 0 m¨oge die harmonische Erregung P (t) = P0 eiΩt wirken. Die Randbedingungen sind also: x = 0 : P0 eiΩt = −EA ∂u (17.46) ∂x x=0 x=l: u=0 . (17.47) Mit c2 = E/ und kl = Ωl/c lautet die L¨osung der Differentialgleichung (17.15): u=
1 eik(l−x) − e−ik(l−x) iΩt P0 l · · e EAi Ωl/c eikl + e−ikl
F¨ur x = 0 erh¨alt man mit tan α = u(0, t) =
P0 l EA ustat
×
.
1 eiα −e−iα i eiα +e−iα :
tan(Ωl/c) × Ωl/c dyn. Vergr¨oßerungsfaktor A
eiΩt .
(17.48)
Aus den Eigenschaften der Tangensfunktion folgt: |A| = ∞
f¨ur Ω = ωn = (2n − 1)
πc 2l
,
(17.49)
17.1 Wellen – mathematische Grundlagen
279
d.h. die dynamische Vergr¨oßerung wird unendlich, wenn die Erregerfrequenz Ω mit einer der Eigenfrequenzen ωn zusammenf¨allt. Im vorliegenden Fall ist die Steifigkeit K = P0 eiΩt /u(0) reell: K=
ΩcA tan(Ωl/c)
.
Offensichtlich ist K frequenzabh¨angig und verschwindet f¨ur Ω = ωn . In Anwendung dieser Gleichungen kann man Resonanzversuche (resonant column tests, RC-tests) durchf¨uhren, um den Elastizit¨atsmodul E zu bestimmen: Man steigert die Erregerfrequenz f = Ω/(2π) allm¨ahlich, bis man die erste Eigenfrequenz erwischt hat. Dann gilt E/ c = . f = f1 = 4l 4l Dies f¨uhrt zu E = 16l2 f12 . In a¨ hnlicher Weise kann man auf das obere Ende einer Bodens¨aule mit Kreis- oder Ringquerschnitt eine harmonische Dreherregung aufbringen. Man leitet dadurch Scherwellen in die Probe ein. Aus der ersten (niedrigsten) Resonanzfrequenz f1 l¨asst sich dann der Schubmodul errechnen: G = 16l2 f12 . 17.1.5 Elastische Wellen im Vollraum (body waves) Die Herleitung in diesem Abschnitt ist aus dem Buch Elastizit¨atstheorie“ von ” L ANDAU und L IFSCHITZ (Akademieverlag, Berlin 1966) entnommen. Die Bewegungsgleichung lautet ∂σik ¨ ui = . ∂xk Einsetzen des Stoffgesetzes nach H OOKE ergibt ¨ u=
E E Δu + grad div u 2(1 + ν) 2(1 + ν)(1 − 2ν)
Mit cp :=
E(1 − ν) = (1 + ν)(1 − 2ν)
cs :=
(17.50)
λ + 2G ρ
(17.51)
und
.
E = 2(1 + ν)
G ρ
(17.52)
erh¨alt man aus (17.50): ¨ = c2s Δu + (c2p − c2s ) grad div u u
.
(17.53)
280
17
Bodendynamik
Das Verschiebungsfeld u kann aufgespaltet werden in ein isochores (volumentreues) Feld ut , div ut = 0 und ein rotationsfreies Feld ul , rot ul = 0:11 Es folgt damit: u = ul + u t
.
(17.54)
Mit ut = rot x, ul = grad y folgt die obige Aufspaltung, da bekanntlich gilt div rot x = 0 und rot grad y = 0, woraus dann folgt ¨ l − c2l Δul = 0 , u
(17.55)
¨ t − c2t Δut = 0 u
(17.56)
und .
(17.55) und (17.56) beschreiben Longitudinal- (bzw. Kompressions-) und Transversalwellen (bzw. Scherwellen). Andere Namen f¨ur Longitudinalwellen sind wirbelfreie bzw. Prim¨ar- bzw. P-Wellen. Die Transversalwellen heißen auch dilatationsfreie bzw. Sekund¨ar- bzw. S-Wellen. Tabelle 17.1 Typische Werte f¨ur cs f¨ur kleine Scheramplituden (γ0 ≤ 10−5 ) Material cs (m/s) weicher Ton, lockerer Sand ≤150 mittelsteifer Ton 250 steifer Ton, dichter Sand 350 harter Ton, sehr dichter Sand 450 weicher Fels 600 verwitterter Fels 1000 Fels >1500
Eine andere Form der Wellengleichungen im Vollraum ist: Δεv = Δ rot u =
1 ∂ 2 εv c2p ∂t2
,
1 ∂ 2 rot u c2s ∂t2
(17.57) .
(17.58)
Die zweite Gleichung ist vektoriell und entspricht drei skalaren Gleichungen. Es ∂2 ∂2 ∂2 bedeuten: Δ := + + , εv = εx + εy + εz (Volumendehnung). ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 Im Vollraum gibt es nur P- und S-Wellen. Alle anderen Wellen folgen aus speziellen Randbedingungen. 11
Diese Aufspaltung ist gleichbedeutend mit der Tatsache, dass ein Vektorfeld u immer darstellbar ist als Summe aus dem Rotor eines anderen Vektorfeldes x und aus dem Gradienten eines Skalarfeldes y, u = rot x + grad y, denn bekanntlich gilt div rot x = 0 und rot grad y = 0 (Fundamentalsatz der Vektoranalysis, s. A. S OMMERFELD, Mechanik der deformierbaren Medien, § 20.)
17.1 Wellen – mathematische Grundlagen
281
Harmonische L¨osungen der 3D-Wellengleichung Die L¨osung f¨ur die P-Welle lautet:
l·x εv = ikAp exp iω t ∓ cp
.
(17.59)
Dabei ist x der Ortsvektor und l ein Einheitsvektor mit lx2 + ly2 + lz2 = 1. Wenn die Komponenten lx , ly , lz reell sind, dann k¨onnen sie als Richtungskosinus der Ausbreitungsrichtung der Welle interpretiert werden. Aus Gleichung (17.59) folgen die drei Gleichungen f¨ur die Verschiebungen: ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ lx ux s ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ u = up = uy = Ap ly exp iω t − (17.60) cp uz lz mit s := l · x. Die L¨osung f¨ur die S-Welle lautet mit w := rot u: i m·x w = h As exp iω t ∓ 2 cs
.
(17.61)
m ist ein Einheitsvektor (|m| = 1), der senkrecht zum Vektor As steht (m · As = 0). Mit s := m · x = mx x + my y + mz z erh¨alt man aus (17.61) drei Gleichungen f¨ur die Verschiebungen: ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ mz Asy − my Asz ux s ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ u = us = uy = mx Asz − mz Asx exp iω t − . (17.62) cs uz my Asx − mx Asy As ×m
Folglich ist die Bewegung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung m. Ist sie horizontal bzw. vertikal, spricht man von einer SH- bzw. SV-Welle. Es ist denkbar, dass eine der Komponenten der Vektoren l und m gr¨oßer als 1 ist. Dann muss eine andere Komponente imagin¨ar sein, damit die Bedingung l · l = 1 bzw. m · m = 1 gewahrt wird. In diesem Fall k¨onnen die Komponenten von l bzw. m nicht als Richtungskosinus interpretiert werden. Die hiermit verkn¨upften Wellen haben jedoch eine physikalische Bedeutung: √ Betrachten wir z.B. den Fall lx = 1 + α2 (α reell), ly = 0. Dann folgt: lz = ±iα. Gleichung (17.59) l¨asst sich dann wie folgt schreiben: x √ εv = ikAp exp iω(t ∓ ) · exp(∓az) (17.63) cp / 1 + α 2 mit a := αω/cp . Gleichung (17.63) stellt eine Welle dar, die unabh¨angig von y ist. Sie hat die Phasengeschwindigkeit cx = cp /lx , und die Amplitude w¨achst oder f¨allt mit der Tiefe z, je nach dem Vorzeichen von α. Eine solche Form haben alle Oberfl¨achenwellen (z.B. R AYLEIGH -, L OVE - und S TONELEY-Wellen).
282
17
Bodendynamik
17.1.6 Rayleigh-Wellen Im Vollraum breiten sich S- und P-Wellen unabh¨angig voneinander aus. Dagegen bedingt die Spannungsfreiheit an der Oberfl¨ache eines Halbraums eine Kopplung zwischen beiden Wellentypen. Das Resultat nennt man eine R AYLEIGH-Welle. Wir untersuchen sog. monochromatische, ebene (uy ≡ 0) Wellen folgenden Typs u = u0 ei(kx−ωt) f (z)
,
(17.64)
wobei z die H¨ohenkoordinate ist und |f (z)| mit wachsender Tiefe (d.h. f¨ur z → −∞) abklingt.12 ω die Gleichung Nach einiger Rechnung13 erh¨alt man mit ξ := cs k c2s c2t 6 4 2 (17.65) ξ − 8ξ + 8ξ 3 − 2 2 − 16 1 − 2 = 0 . cp cl Aus Gleichung (17.64) sieht man, dass cR := ω/k die Ausbreitungsgeschwindigkeit der R AYLEIGH-Welle ist. ξ ist somit das Verh¨altnis cR /cs . Man ersieht aus Gleichung (17.65), dass ξ nur vom Verh¨altnis cs /cp bzw. von der P OISSON-Zahl ν abh¨angt, da c2s 1 − 2ν = 2 cp 2(1 − ν) gilt14 . Gleichung (17.65) besitzt nur eine reelle positive Wurzel, die als Funktion von ν dargestellt werden kann. Ihr Wert legt die Ausbreitungsgeschwindigkeit cR bzw. die Proportionalit¨at zwischen Wellenzahl k = 1/λR ( λR ist die Wellenl¨ange) und Frequenz ω fest: Je gr¨oßer die Frequenz, desto gr¨oßer ist die Wellenzahl bzw. kleiner die Wellenl¨ange. Die Abh¨angigkeit der Wellenl¨ange von der Frequenz wird Dispersion genannt. Das Abklingen der Amplituden a und b mit der Tiefe z erfolgt exponentiell. Mit wachsender Frequenz nimmt also die ‘Eindringtiefe’ einer R AYLEIGH-Welle ab ( Skin-Effekt“). ” R AYLEIGH-Wellen spielen sich in einer kleinen Tiefe von der Oberfl¨ache ab (praktisch z ≤ 1, 5λR ) und breiten sich entlang der Oberfl¨ache mit einer Geschwindigkeit cR < cs , cp aus. Das Verh¨altnis cR /cs ist nur von der P OISSON-Zahl ν abh¨angig. Da diese f¨ur B¨oden zwischen 0,25 und 0,5 schwankt, hat man im Mittel cR ≈ 0, 94cs .
17.2 Erdbeben Dieser Abschnitt basiert gr¨oßtenteils auf dem sehr empfehlenswerten Buch Geo” technical Earthquake Engineering“ von S.L. K RAMER (Prentice Hall Verlag 1996). 12 13 14
F¨ur k 2 −
ω cl/t
2
< 0 w¨urde man L¨osungen erhalten, die hinsichtlich z periodisch sind.
Siehe z.B. L.D. L ANDAU und E.M. L IFSCHITZ, Elastizit¨atstheorie, Akademie Verlag Berlin 1966. Man k¨onnte diese Gleichung zur Messung von ν heranziehen. Sie ist aber hierf¨ur unzuverl¨assig.
17.2 Erdbeben
283
Erdbeben sind die bedeutendsten Naturkatastrophen. So forderte das Erdbeben von Messina/Italien (1908) 83.000 Opfer, von Kanto/Japan (1923) 99.000 Opfer und von Kobe/Japan (1995, Hyogo-Ken Nanbu“-Erdbeben) 5.300 Opfer. Erdbeben entfalten ” ihre zerst¨orerische Wirkung u¨ ber Grundersch¨utterung (ground shaking), Bodenverfl¨ussigung (liquefaction), Tsunamis und Seiches: Auf offener See k¨onnen Wasserwellen mit Wellenl¨angen von mehreren hundert Metern (Tsunamis) auftreten. Sie haben riesige Reichweiten und k¨onnen wegen ihrer geringen H¨ohe (¨ublicherweise weniger als 1 m) kaum entdeckt werden. In K¨ustenn¨ahe k¨onnen sie aufgeh¨oht werden, sodass sie fast vertikale Wasserschwalle bilden und große Zerst¨orungen anrichten k¨onnen.15 Seiches sind Wasserwellen in abgeschlossenen Becken, z.B. Seen. Ferner k¨onnen durch Erdbeben ausgel¨oste Erdrutsche Verkehrsverbindungen und Versorgungsleitungen (lifelines) besch¨adigen. Dies f¨uhrt dazu, dass Rettungsmaßnahmen nach Erdbeben (z.B. Brandbek¨ampfung) erschwert werden. 17.2.1 Aufbau der Erde und Plattentektonik
Tabelle 17.2 Aufbau der Erde Abschnitt Kruste
Mantel oberer
unterer Kern
a¨ ußerer
innerer
Dicke Beschaffenheit 25. . .70 km unterhalb Konti- basaltisch; in Kontinenten u¨ berlagert nenten von granitischer Schicht 5 km unterhalb Ozeanen Mohorovicic-Diskontinuit¨at 650 km halbgeschmolzenes Gestein: Feststoff bei kurzzeitiger Beanspruchung, Fluid bei langsamer Beanspruchung 2230 km im unteren Mantel keine Erdbebenherde 2250 km fl¨ussiges Eisen; keine Transmission von S-Wellen Gutenberg - Diskontinuit¨at 1150 km fest, sehr dicht; Nickel-Eisen
Der Aufbau der Erde ist in Tabelle 17.2 dargestellt. Schon im 17. Jahrhundert ¨ der K¨ustenform und Geologie von bemerkten Wissenschaftler16 die Ahnlichkeit S¨udamerika und Afrika sowie von Indien und Australien. TAYLOR (1910) und W EGENER (1915) formulierten die Theorie der Kontinentalverschiebung (continental drift). Danach bestand das Festland vor 200 Mio Jahren aus nur einem Kontinent ( Pangaea“). Erst in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts konnte ein welt” weites Netz von Seismografen nachweisen, dass die meisten Erdbeben entlang der 15 16
Das Tohoku Pacific Offshore Erdbeben am 11.03.2011 hatte die Magnitude 9, 0 und verursachte Tsunamis mit Wellenh¨ohen bis zu 12 m. Darunter auch Francis BACON.
284
17
Bodendynamik
Ber¨uhrungslinien von Kontinentalplatten stattfinden. Somit ist die Erdkruste in ca. 14 große und viele kleinere relativ starre Platten aufgeteilt. Die Platten bewegen sich (vermutlich angetrieben durch thermische Konvektionsstr¨ome des unteren Erdmantels) teils kontinuierlich (aseismische Deformation, Geschwindigkeiten von 2 bis 20 cm/Jahr) und teils abrupt (seismische Deformation). Die sich ber¨uhrenden Platten k¨onnen •
auseinandergehen. Bei divergierenden Plattengrenzen (Abb. 17.1, z.B. mittelozeanische R¨ucken) steigt basaltisches Magma auf, es kommt zur Ozeanbodenspreizung. Eine Spreizung kann auch innerhalb von Kontinentalplatten stattfinden. Es kommt so zu den sog. intrakontinentalen Gr¨aben (z.B. ostafrikanischer Graben, Rheingraben), welche als die erste Phase der Ozeanbildung angesehen werden. • sich zueinander bewegen. So verschwindet“ die eine ins Erdinnere (Subduktion, ” Abb. 17.1), falls sie eine d¨unne ozeanische Platte ist. Die aufreitende Kontinentalplatte wird zu Gebirgen vom Kordilleren- oder Andentyp aufgefaltet. In der abtauchenden Grenze zwischen ozeanischer und Kontinentalplatte kommt es zu Erdbeben mit tiefen (320 bis 720 km) Hypozentren (sog. B ENIOFF-Zone). Treffen zwei dickere Kontinentalplatten aufeinander, so falten sie sich zu Gebirgen auf (Alpen, Himalaya). • sich aneinander bewegen. Dies f¨uhrt zu Verwerfungen (faults), die auch intrakontinentale Scherzonen heißen (z.B. San Andreas Verwerfung in Kalifornien, Abb. 1.33). Erdbeben erfolgen auch im Inneren und nicht am Rande von Platten (intraplate earthquakes), z.B. das Tangsham-Erdbeben in China (1976) mit ca. 700.000 Toten. Durch Verformung wird elastische Energie gespeichert. Ihre Entladung f¨uhrt zu Erdbeben. Die Entladungen erfolgen in mehreren Portionen, was zu Vorl¨auferbeben und/oder Nachbeben f¨uhrt. Erdbeben ben¨otigen lange Zeit zur Akkumulation elastischer Energie. Daher sind Erdbeben umso wahrscheinlicher, je l¨anger eine Ruhephase andauert.
Ozean
Kontinentalplatte Su bd uk tio n
Magma
Abb. 17.1 Aufspaltung und Subduktion
17.2 Erdbeben
285
Die Quelle eines Erdbebens heißt Erdbebenherd (focus, hypocenter), das sog. Epizentrum (epicenter) befindet sich auf der Erdoberfl¨ache oberhalb des Herdes. Die Entfernung des Epizentrums von einem Seismografen wird durch Laufzeitmessung (Zeit zwischen Ankunft der P- und S-Wellen) gemessen. Aus tp = l/cp und ts = l/cs folgt t p − ts l= 1 . (17.66) 1 cp − cs ¨ Ubliche Wellengeschwindigkeiten f¨ur Festgestein sind cp ≈ 3...8 km/s und cs ≈ 2...5 km/s. Messungen von mehreren Seismografen f¨uhren zur Bestimmung der Lage des Epizentrums bzw. des Herdes. Die Kenntnis von cp - und cs -Werten spielt dabei eine große Rolle. 17.2.2 St¨arke von Erdbeben Erdbeben k¨onnen kaum mit einer einzigen Maßzahl beschrieben werden. Aus pragmatischen Gr¨unden wurden aber diverse Maßzahlen vorgeschlagen: Intensit¨at: Verschiedene Skalen beziehen sich auf Auswirkungen von Erdbeben. Die Festlegung erfolgt durch Befragung von Zeugen. Die Intensit¨at am Epizentrum ist ein Maß f¨ur die St¨arke eines Erdbebens. Magnitude bezieht sich auf objektive Messwerte. Es gibt verschiedene Definitionen: Lokale Magnitude nach Richter: ML := log10 (smax ). Dabei ist smax die maximale Verschiebung (in μm), registriert von einem W OOD -A NDERSONSeismometer, das 100 km vom Epizentrum entfernt ist. ML ist ein geeignetes Maß f¨ur seichte Erdbeben mit epizentrischer Entfernung bis 600 km. Oberfl¨achenwellen-Magnitude: Bei großer epizentrischer Entfernung sind Pund S-Wellen ged¨ampft, sodass die R AYLEIGH-Welle dominiert. Daher bezieht sich die Oberfl¨achenwellen-Magnitude Ms nach G UTENBERG und R ICHTER auf R AYLEIGH-Wellen mit Periode von ca. 20 sec: Ms := log10 smax + 1, 66 log10 Δ + 2, 0, smax ist die maximale Bodenverschiebung (in μm), nicht auf einen speziellen Seismografen bezogen. Δ ist die Epizentralentfernung, gemessen als Zentriwinkel (in Grad) auf einem Großkreis der Erdoberfl¨ache. Ms ist f¨ur mittlere bis starke seichte Erdbeben (Herdtiefe ≤ 70 km) mit großer Epizentralentfernung (> 1000 km) geeignet. K¨orperwellenmagnitude: Bei Erdbebenwellen großer Herdtiefe ist der Anteil an Oberfl¨achenwellen unbedeutend. Die K¨orperwellenmagnitude mb nach G UTENBERG bezieht sich auf die Verschiebungsamplitude A in (μm) und Periode T (¨ublicherweise ca. 1 sec.) der ersten Zyklen von P-Wellen: mb := logA − log T + 0, 01Δ + 5, 9 .
(17.67)
Dauermagnitude: MD bezieht sich auf die Totaldauer eines Erdbebens. 10 M0 − 10, 7. Sie bezieht sich auf die DissiMomentenmagnitude: Mw := log1,5 pationsarbeit beim Bruch (seismic moment): M0 = τf As. Dabei ist τf die
286
17
Bodendynamik
Festigkeit des Gesteins, A die Bruchfl¨ache und s die gegenseitige Verschiebung der aneinander reibenden Bruchfl¨achen. Die ausgel¨oste Energie E eines Erdbebens korreliert mit Ms nach G UTENBERG und R ICHTER: log E = 11, 8 + 1, 5Ms , wobei E in erg gemessen wird. 17.2.3 Seismografen W¨ahrend die st¨andig stattfindenden mikroseismischen Ersch¨utterungen kaum wahrnehmbar sind, kann die starke Ersch¨utterung des Untergrundes (sog. strong motion) Sch¨aden hervorrufen. Ihre messtechnische Registrierung ist schwierig, da man ja keinen ruhenden Bezugspunkt hat. Es werden sog. Seismografen dazu herangezogen, welche im Prinzip einfache Schwinger sind. Die Erd- bzw. Widerlagerbewegung u(t) f¨uhrt zu einer Relativbewegung x(t) des Schwingers. Wenn auf ihn die zeitabh¨angige Kraft f (t) einwirkt, ist die maßgebende Differentialgleichung inhomogen: m¨ x + cx˙ + kx = f (t),
(17.68)
sodass zur homogenen L¨osung (ged¨ampfte freie Schwingung) die partikul¨are L¨osung xp (t) hinzukommt: x(t) = e−ξωt [A cos(ωd t) + B sin(ωd t)] + xp (t)
(17.69)
mit dem D¨ampfungsverh¨altnis (damping ratio) ξ = c/ccr , ccr = 2mω. Harmonische Erregung Bei der sog. Sinuserregung (bzw. harmonischer Erregung) f = f0 sin(Ωt) lautet xp (t): f0 [(k − mΩ 2 ) sin Ωt − cΩ cos Ωt] . (17.70) xp (t) = (k − mΩ 2 )2 + C 2 Ω 2 Man beachte, dass xp (t) harmonisch mit der Frequenz Ω ist, w¨ahrend die homogene L¨osung die Frequenz ω hat. Da Letztere bald abklingt, lautet die L¨osung praktisch: x(t) ≈ xp (t) =
f0 k
1 · " · sin(Ωt − ϕ) (17.71) 2 2 2 Ω2 + 4ξ 1− Ω 2 2 ω ω statische Auslenkung xs dynamischer Vergr¨oßerungsfaktor A
mit der Phasenverschiebung ϕ: tan ϕ =
2ξ(Ω/ω) 1 − (Ω/ω)2
.
(17.72)
17.2 Erdbeben
287
Der dynamische Vergr¨oßerungsfaktor A ist eine Funktion von ξ und Ω/ω (Abb. 17.2). Man unterscheidet folgende Bereiche: Ω/ω ∼ 1, 50 : A < ∞. F¨ur Ω/ω → ∞ folgt sogar A → 0. Es u¨ berwiegt die x Tr¨agheit, und es gilt x ≈ f0 /(mΩ 2 ). Dieser Fall (d.h. m¨ kx + cx) ˙ liegt bei einer weichen Lagerung vor (z.B. ’biegsame’ 1. Etage oder ’weiche’ Bodenschicht an der Erdoberfl¨ache). 1 − 2ξ 2 ≈ Ω/ω ≈ 1 : Resonanz. Das Maximum von A liegt f¨ u r Ω/ω = 2 1 vor: Amax = 1/(2ξ 1 − ξ ). Im Falle der Resonanz betr¨agt die Amplitude xmax = f0 /(k2ξ). Daraus l¨asst sich ξ experimentell bestimmen. Die Phasenverschiebung zwischen Erregung und Systemantwort betr¨agt bei Resonanz 90◦ .
3
2.5
ξ=0
2 A
1.5
1
ξ=0.2 ξ=0.5 ξ=1
0.5
0 0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
Ω/ω
Abb. 17.2 Dynamischer Vergr¨oßerungsfaktor in Abh¨angigkeit von Ω/ω und ξ
Quadratische Erregung Die sog. quadratische Erregung ist außer bei rotierenden Unwuchten auch f¨ur Schwingungen infolge Verschiebung des Widerlagers relevant. Wenn die Widerlagerverschiebung u(t) ist, so ist die Gesamtverschiebung des Schwingers x(t) + u(t). Die Differentialgleichung lautet dann
288
17
Bodendynamik
m(¨ u+x ¨) + cx˙ + kx = 0
(17.73)
m¨ x + cx˙ + kx = −m¨ u.
(17.74)
bzw. F¨ur eine harmonische Bewegung des Widerlagers u0 = u0 sin(Ωt) erh¨alt man aus (17.74) m¨ x + cx˙ + kx = mu0 Ω 2 sin Ωt. Da die Amplitude der Erregung mit dem Quadrat von Ω w¨achst, heißt sie quadratische“ Erregung. Die partikul¨are L¨osung ” lautet: 2 Ω xp (t) = u0 A sin(Ωt − ϕ) = x0 · sin(Ωt − ϕ) . (17.75) ω Die Auftragung der Gr¨oße x0 /u0 u¨ ber Ω/ω stellt das Response-Spektrum der Relativverschiebung x0 /u0 des einfachen Schwingers infolge einer harmonischen Erregung des Widerlagers dar. Ist die Erregung nichtharmonisch, so kann sie nach F OURIER zerlegt werden, und die L¨osung kann aus den einzelnen L¨osungen f¨ur einfache Schwinger nach Gleichung (17.75) zusammengesetzt werden. Abstimmung F¨ur die Auswertung eines Seismogramms wird der Einschwingvorgang vernachl¨assigt. Mit dem Abstimmungsverh¨altnis (tuning ratio) β := Ω/ω kann man u(t) aus x(t) berechnen. Man w¨ahlt dazu einen Bereich, wo der Vergr¨oßerungsfaktor A als Funktion von Ω/ω relativ flach verl¨auft, damit der Einfluss von Ω m¨oglichst klein ist. Die maximale Amplitude von x, u, und u ¨ kann als Funktion von β und ξ angegeben werden: xmax β2 = , (17.76) umax (1 − β 2 )2 + (2ξβ)2 xmax 1 = 2 u ¨max ω (1 − β 2 )2 + (2ξβ)2
.
(17.77)
Aus (17.76) folgt, dass f¨ur große β-Werte (d.h. Ω ω) xmax ≈ umax gilt. Aus (17.77) folgt, dass f¨ur kleine β-Werte (z.B. Ω < 0.5ω f¨ur ξ ≈ 0, 6) ¨max /ω 2 gilt. Je nach Abstimmung und D¨ampfung zeigen also Seismoxmax ≈ u grafe entweder die Bodenverschiebung oder die Bodenbeschleunigung (Abb. 17.3) ¨ an. Ublicherweise werden drei Seismografen in allen Raumrichtungen aufgestellt, was zum vollen Verschiebungsvektor f¨uhrt. Kippschwingungen werden dabei vernachl¨assigt. Seismometer (bzw. Geophone) messen nicht die Verschiebung, sondern die Geschwindigkeit, Beschleunigungsaufnehmer (accelerometer) messen die Beschleunigung durch Registrierung von Tr¨agheitskr¨aften (piezoelektrisch oder mit Kraftmessdosen). Wegen der hohen Frequenzen werden Abtastraten von 200 bis 1000 Messungen pro Sekunde verwendet. Die Messdaten m¨ussen von Fehlern bzw. St¨orungen (z.B. durch Verkehrsersch¨utterungen u.¨a.) bereinigt werden. Einige Seismografen werden erst durch eine hinreichend starke Ersch¨utterung aktiviert. Die dadurch nicht registrierte Ausl¨osebeschleunigung von z.B. 0,001g f¨uhrt durch zweifache Integration zu einem Fehler von 440 cm in der Verschiebung (sog. baseline
17.2 Erdbeben
289
error). Zur genauen Datenanalyse werden Aufzeichnungen von mehreren Seismografen ausgewertet. Dazu unterh¨alt man lokale und u¨ berregionale Netze von Seismografen.
Abb. 17.3 Aufzeichnung der Beschleunigung des Erdbebens von Athen/Griechenland am 07.09.1999 (aus: www.gein.noa.gr, 14.12.1999)
17.2.4 Charakterisierung der Bodenbewegung Mit verschiedenen Parametern und Spektren wird versucht, komplizierte Bodenbewegung (ground motion) zu charakterisieren. Integration (z.B. zur Bestimmung von x(t) aus x ¨(t)) hat gl¨attende Wirkung. Hochfrequente Anteile k¨onnen durch Integration weggegl¨attet werden. Durch F OURIER-Transformationen kann man Zeitfunktio¨ Funktionen im Frequenzbereich sind: nen im Frequenzbereich angeben.17 Ubliche Amplituden-Spektren: Amplituden als Funktion von ω (bzw. f bzw. T ). Leistungsspektrum (power spectrum, spectral density) : F OURIER-Transformation der Autokorrelation R. Diese ist durch R := E{x(t + τ )x(t)} definiert.18 Bei sog. station¨aren Prozessen h¨angt R nur von τ ab. Response-Spektren: Maximale Auslenkung eines einfachen Schwingers als Funktion der Erregerfrequenz Ω. 17
18
Periodische Funktionen sind durch F OURIER-Reihen darstellbar: x(t) = a1 sin ω0 t + a2 sin 2ω0 t+a3 sin 3ω0 t+.... Die Koeffizienten a1 , a2 , ... bilden das F OURIER-Spektrum. ¨ Ubergang ins Kontinuum f¨uhrt zu stetigen Funktionen a(ω). Diese erh¨alt man durch F OURIER-Transformation, mit deren Hilfe man aus einer Funktion x(t) eine Funktion X(ω) gewinnen kann: ∞ 1 x(t)eiωt dt . X(ω) := √ 2π −∞ Als unabh¨angige Variablen der F OURIER-transformierten Funktion dienen die Kreisfrequenz ω bzw. die Frequenz f = ω/2π, oder die Periode T = 2π/ω. E{x(t)} ist der Erwartungswert eines Zufallsprozesses x(t). Siehe z.B. A. PAPOULIS, Probability, Random Variables and Stochastic Processes, McGraw-Hill 1965.
290
17
Bodendynamik
Folgende Parameter werden u¨ blicherweise zur Charakterisierung der Bodenbewegung bei einem Erdbeben herangezogen: Beschleunigungs-Peak: Maximale Horizontalbeschleunigung (peak horizontal acceleration, PHA). Diese Gr¨oße korreliert gut mit der Erdbebenintensit¨at. Die maximale Vertikalbeschleunigung (peak vertical acceleration, PVA) hat eine geringere Bedeutung, da vertikale Tr¨agheitskr¨afte meist harmlos sind. F¨ur große Epizentralentfernungen gilt: PVA< 23 PHA. In der N¨ahe der Epizentren von starken Erdbeben gilt: PVA> 23 PHA. Es sind aber auch PVA-Werte > 1g gemessen worden. Die maximale Beschleunigung sagt ohne Angabe der Erdbebendauer wenig u¨ ber die Destruktivit¨at eines Bebens aus. Geschwindigkeits-Peak: maximale Horizontalgeschwindigkeit (PHV), wichtig f¨ur Strukturen mit niedrigen Eigenfrequenzen. Verschiebungs-Peak: nicht gebr¨auchlich, da fehleranf¨allig. Dominierende Periode (predominant period) Tp : Maximum des Amplitudenspektrums, wird manchmal durch vmax /amax angegeben, da f¨ur harmonische Signale gilt: vmax /amax = T /2π. Bandbreite (bandwidth): Diese Gr¨oße gibt Antwort auf die Frage Wie stark streut ” die Amplitude um ihren Maximalwert (bei Tp )?“. Dauer: Td korreliert mit der Anzahl der Belastungszyklen und ist indikativ f¨ur die ¨ Destruktivit¨at eines Erdbebens. Der Ubergang von der mikroseismischen Aktivit¨at zur strong motion l¨asst sich aber kaum bestimmen. Td 1 rms acceleration: arms := [a(t)]2 dt . Td 0
∞ π [a(t)]2 dt . Arias intensity: Ia := 2g 0 Die Seismologen versuchen, Erdbebenparameter vorauszusagen. Dies f¨uhrt zu empirischen Beziehungen in Abh¨angigkeit der Erdbebenmagnitude M und der Epizentraloder Herdentfernung R. Die Angabe von R ist aber problematisch, weil der Erdbebenherd nicht punktf¨ormig ist. Erdbebenwellen werden geometrisch ged¨ampft (sog. Abstrahld¨ampfung): Die Amplituden von K¨ orperwellen (P- und S-Wellen) sinken mit 1/R ab, R AYLEIGH-Wellen √ klingen mit 1/ R ab. Dazu kommt eine Abminderung durch Materiald¨ampfung (exponentiell mit R). 17.2.5 Gef¨ahrdung durch Erdbeben F¨ur das Bauen in Erdbebengebieten braucht man Entwurfsgrundlagen f¨ur die erwartete Bodenersch¨utterung. Diese wird umso gr¨oßer angesetzt, je sicherheitsrelevanter das geplante Bauwerk ist (z.B. Kernkraftwerk). Zur Absch¨atzung der Gef¨ahrdung durch Erdbeben (seismic hazard analysis) muss man sich ein Bild u¨ ber m¨ogliche Erdbebenquellen verschaffen. Man geht dabei deterministisch oder probabilistisch vor. Die vorhandene Datenbasis ist aber gering, denn es gibt nur rezente seismische Aufzeichnungen. a¨ ltere Erdbebenquellen werden durch geologische Untersuchungen vermutet (Pal¨aoseismologie). Dabei ist es wichtig, Verwerfungen aufzufinden durch
17.2 Erdbeben
291
• geologische Untersuchung von Aufschl¨ussen und Bohrungen; • geologische Karten und geomorphologische Hinweise; • Luftbildaufnahmen. Durch sog. Lineale (lineaments, z.B. linienf¨ormige Vegetationsbegrenzungen u.¨a.) kann man auf geologische St¨orungen schließen; • geophysikalische Methoden. Man unterscheidet zwischen aktiven und inaktiven Verwerfungen. Letztere werden dadurch definiert, dass in den letzten X Jahren keine Relativverschiebungen stattgefunden haben. Dabei ist die Definition von X (z.B. 10.000 oder 35.000 Jahre) willk¨urlich. Folgende Definitionen von Erdbeben wurden zur Gefahrenabsch¨atzung vorgeschlagen: maximum credible earthquake (MCE), design basis shutdown earthquake, safe shutdown earthquake (SSE), maximum probable earthquake (MPE), operating basis earthquake, seismic safety evaluation earthquake. Die jeweils zugrunde liegenden Definitionen sind aber recht willk¨urlich und daher umstritten. Das Committee on Seismic Risk of the Earthquake Engineering Institute (USA) hat empfohlen, irref¨uhrende Begriffe wie MCE und MPE nicht zu verwenden. In letzter Zeit versucht man eine probabilistische Gefahrenabsch¨atzung vorzunehmen (probabilistic seismic hazard analysis, PSHA) durch Absch¨atzung der Wahrscheinlichkeiten f¨ur die Lage des Erdbebenherdes, Magnitude und Zeitpunkt eines Erdbebens. Lage des Erdbebenherdes: durch geologische Erw¨agungen schließt man auf einen punktf¨ormigen Herd (z.B. an einem Vulkan) oder auf eine fl¨achenhafte Quelle (z.B. Verwerfung) oder ein r¨aumlich ausgedehntes Gebiet. Magnitude: Die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Magnituden wird u¨ ber die J¨ahrlichkeit (mean annual rate of exceedance) λm angegeben. λm gibt an, wieviele Erdbeben mit einer Magnitude gr¨oßer als m j¨ahrlich zu erwarten sind. Reziproker Wert von λm : Wiederkehrzeit (return period) TR = 1/λm . Das empirische Gesetz von G UTENBERG -R ICHTER (Abb. 17.4) lautet: log λm = a − bm. Diese Gleichung basiert auf beschr¨anktem Datenumfang und hat auch den Nachteil, dass sie endliche Wiederkehrzeiten f¨ur beliebig große Magnituden gibt. Deshalb sind verbesserte Beziehungen vorgeschlagen worden. Zeitpunkt: Die Zeitpunkte von Erdbebenereignissen werden nach der P OISSONVerteilung (random points in time) beschrieben. Mit der mittleren Erdbebenfrequenz (bzw. J¨ahrlichkeit) λ ergibt sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich in einem n Zeitintervall t gerade n Erdbeben ereignen, nach P OISSON zu: (λt) e−λt /n! . Somit betr¨agt die Wahrscheinlichkeit, dass sich im Zeitintervall t mindestens ein Erdbeben der Magnitude m ereignet, 1 − e−λm t . Die P OISSON-Verteilung ist maßgebend, wenn die Anzahl von Erdbeben in einem Intervall unkorreliert zur Anzahl von Erdbeben in einem anderen Intervall ist und wenn f¨ur kurze Zeitintervalle gilt, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens proportional zur L¨ange des Zeitintervalles ist. Die P OISSON-Verteilung widerspricht der Theorie der allm¨ahlichen Speicherung von elastischer Energie, welche aber nicht erwiesen ist.
292
17
Bodendynamik
Abb. 17.4 G UTENBERG -R ICHTER-Gesetz
Unter Ber¨ucksichtigung des Abklingens von Erdbebenwellen mit der Entfernung kann man aus o.g. Verteilungen die Wahrscheinlichkeit f¨ur das Auftreten eines Erdbebens einer bestimmten Magnitude an einem bestimmten Ort ausrechnen. ¨ Erdbeben 17.2.6 Bemessung von Konstruktionen fur Die Konstruktion wird als ein Schwinger mit mehreren Freiheitsgraden betrachtet. Ist das System linear, so kann es mithilfe einer Modalanalyse in einzelne unabh¨angige Oszillatoren mit jeweils charakteristischen Eigenfrequenzen ωi zerlegt werden. Dazu werden die Schwingungen von Systemen mit mehreren Freiheitsgraden betrachtet. M¨oge die potentielle und die kinetische Energie eines Systems von n verallgemeinerten Koordinaten xi abh¨angen. Letztere sind Gr¨oßen, die die Lage eines Systems vollst¨andig charakterisieren, und m¨ussen nicht unbedingt mit kartesischen Koordinaten zusammenfallen. Dann lautet die Bewegungsgleichung des Systems mij x ¨j + kij xj = 0
.
(17.78)
Dabei wurde die Summationskonvention vorausgesetzt. F¨ur elastische Systeme ist kij die (nach dem Satz von M AXWELL) symmetrische Steifigkeitsmatrix K. Wenn K positiv definit ist, dann ist die Gleichgewichtslage des Systems stabil. Die Komponenten der ebenfalls symmetrischen Massenmatrix M = mij haben nicht immer eine anschauliche Bedeutung. Bestimmen lassen sie sich dadurch, dass man die kinetische Energie des Systems in der Form 12 mij x˙ i x˙ j anschreibt.19 19
Z.B. betrachte man einen Massenpunkt mit der Masse m, der an zwei Federn befestigt ist, die in der Ruhelage im Winkel α zueinander stehen. Als verallgemeinerte Koordinaten x1 und x2 m¨ogen die Verl¨angerungen der beiden Federn betrachtet werden. Die Komponenten der Matrix mij lauten dann wie folgt: m11 = m22 = m , m12 = m21 = 21 m cos α.
17.2 Erdbeben
293
Wir suchen L¨osungen des Differentialgleichungssystems (17.78) der Form xj (t) = aj eiωt und erhalten hiermit das homogene lineare Gleichungssystem
2 (17.79) −ω mij + kij aj = 0 f¨ur die Unbekannten aj .20 Notwendig f¨ur die Existenz nichttrivialer L¨osungen ist das Verschwinden der Determinante |kij − ω 2 mij |, was einer Gleichung n-ten Grades in ω 2 (sog. charakteristische Gleichung) entspricht.21 Deren L¨osungen ωα heißen Eigenfrequenzen des Systems. Wenn man die Eigenvektoren so normiert, dass xTi Mxj = 1 bzw. xin Mnm xjm = δij gilt, kann man durch die Transformation x = Xy
bzw.
xi = Xij yj
(17.80)
von den Koordinaten x in die Koordinaten y u¨ bergehen. Durch diese sog. Hauptachsentransformation erh¨alt man aus dem Differentialgleichungssystem (17.78) die Bewegungsgleichungen in entkoppelter Form: y¨1 + ω12 y1 = 0 y¨2 + ω22 y2 = 0 .. . 2 y¨n + ωn yn = 0
.
Die Koordinaten yi heißen Normal- bzw. Hauptkoordinaten. Wir betrachten jetzt eine a¨ ußere Erregung fi (t), ¨j + kij xj = fi (t) mij x
bzw. M¨ x + Kx = f (t)
.
Durch die Hauptachsentransformation erh¨alt man daraus y¨1 + ω12 y1 = ϕ1 y¨2 + ω22 y2 = ϕ2 .. . y¨n + ωn2 yn = ϕn bzw. 20
21
Das Gleichungssystem (17.79) heißt allgemeine Eigenwertaufgabe und hat die Form −1 (A − ω 2 B)x = 0 . Diese kann durchMultiplikation mit speziel B in die bekannte le Eigenwertaufgabe u¨ berf¨uhrt werden: B−1 A − ω 2 1 x = C − ω 2 1 x = 0. Die direkte Berechnung der Eigenwerte (durch L¨osung der charakteristischen Gleichung) und der Eigenvektoren ist recht aufw¨andig. Man bedient sich daher numerischer Verfahren, ¨ wie z.B. das Iterationsverfahren von V. M ISES (s. z.B. R. Z URM UHL Matrizen, Springer 1992): Ausgehend von einem beliebigen Vektor x0 iteriert man nach dem Schema xk = Cxk−1 = Ck x0 . F¨ur k → ∞ konvergiert der Quotient ( R AYLEIGH-Quotient“) ” k) R(xk ) := xkx·(Cx gegen den dominierenden (d.h. betragsgr¨oßten) Eigenwert ω1 , und xk k ·xk gegen den zugeh¨origen Eigenvektor.
294
17
Bodendynamik
¨ + diag ωi2 y = ϕ . y Man kann somit die Systemantwort y(t) aus einer gegebenen Erregung f (t) bzw. ϕ(t) berechnen. f (t) liegt aber nicht vor, daher wird entweder f (t) k¨unstlich erzeugt (durch Betrachtung eines Zufallsprozesses, der durch Filter und Skalierung an die o¨ rtlichen Gegebenheiten irgendwie angepasst wird), oder man n¨utzt die Entkoppelung des Systems aus. Anhand von bereits bestehenden Bauwerken und Erdbebenaufzeichnungen an einem Ort werden dann registrierte maximale Geschwindigkeiten (vmax )i u¨ ber die entsprechenden Frequenzen ωi aufgetragen, woraus man dann eine (diskrete) Kurve (vmax )i = f (ωi ) gewinnt. Interpolation zwischen den diskreten Werten liefert dann eine kontinuierliche Kurve vmax = f (ω), das sog. Response Spectrum. Daraus erh¨alt man die Maximalgeschwindigkeiten der einzelnen Moden der geplanten Konstruktion. Allerdings liefert dieses Vorgehen keine Information u¨ ber Phasenverschiebungen zwischen den einzelnen Moden. Man darf also aus Glei chung (17.80) nicht etwa folgern (x˙ i )max = j Xij (y˙ j )max , denn die Maxima der einzelnen Moden treten nicht gleichzeitig auf. Die euklidische Norm f¨uhrt zu einer optimalen Absch¨atzung von (x˙ i )max : [Xij (y˙ j )max ]2 . (x˙ i )max ≈ j
F¨ur nichtlineare Probleme ist die hier dargestellte Modalanalyse und das auf ihr beruhende Response Spectrum nicht durchf¨uhrbar. Dann ist man auf die direkte Integration der Bewegungsgleichungen f¨ur (wie auch immer festzulegende) Erregung aus Erdbeben angewiesen. Eine vereinfachte Dimensionierung von Bauwerken f¨ur Erdbeben erfolgt mit sog. quasistatischen Methoden. Dabei werden die Lasten mit Faktoren erh¨oht und das Verhalten der Bauwerke durch sog. Duktilit¨ats- und Wichtigkeitsfaktoren angepasst. ¨ B¨oschungen und Stutzw¨ ande Die Wirkung von Erdbeben auf B¨oschungen und St¨utzw¨ande wird u.a. mit quasistatischen Methoden ber¨ucksichtigt.22 Insofern f¨ur den statischen Fall kinematische Nachweise durch Betrachtung von potentiellen Bruchk¨orpern vorgenommen werden, wird f¨ur den Fall eines Erdbebens zur Erdbeschleunigung g auch noch die Erdbebenbeschleunigung a als zus¨atzliche Volumenkraft angesetzt. Insbesondere die horizontale Komponente von a, n¨amlich ah = kh g, kann die Standsicherheit von B¨oschungen wie auch den Erddruck auf eine St¨utzwand erheblich beeintr¨achtigen. In Bezug auf St¨utzw¨ande spricht man vom Verfahren nach M ONONOBE -O KABE. Man muss aber auch ber¨ucksichtigen, dass die Erdbebenbeschleunigung nur f¨ur eine kurze Zeit wirkt. Sie kann die Standsicherheit einer B¨oschung auf einen Wert η < 1 bringen, dies allerdings nur f¨ur kurze Zeit. Dies hat zur Folge, dass der betrachtete Erdkeil (oder Gleitkreis) etwas abrutscht, was aber nicht zu einem totalen Versagen 22
Außer der direkten Ersch¨utterung durch das Erdbeben sollte aber auch die Gef¨ahrdung durch Verfl¨ussigung des Bodens untersucht werden, siehe Abschnitt 7.12.
17.3 Messtechnische Ger¨ate
295
f¨uhren muss. Um die K¨urze der Einwirkungsdauer von Erdbeben zu ber¨ucksichtigen, wird daher nicht die volle erwartete Erdbebenbeschleunigung angesetzt, sondern ein Teil davon (z.B. 50%). Ist der Zeitverlauf der Erdbebenbeschleunigung irgendwie vorgegeben, so kann man die treibende Beschleunigung u¨ ber die Zeit, f¨ur welche η < 1 gilt, zweimal integrieren und erh¨alt die Verschiebung des Gleitblocks (Verfahren von N EWMARK). Offensichtlich h¨angt diese stark vom zugrunde gelegten (ungewissen!) Zeitverlauf ab. Eine weitere Annahme dieses Verfahrens ist, dass f¨ur den Bodenwiderstand entlang der Gleitfuge starr-idealplastisches Verhalten gilt. Andere Verfahren lassen diese Annahme fallen und ber¨ucksichtigen zudem, dass der Gleitk¨orper nicht starr ist, was allerdings nicht ohne weitere Annahmen zu erreichen ist.23
17.3 Messtechnische Ger¨ate Folgende Ger¨ate werden f¨ur bodendynamische Messungen u¨ blicherweise eingesetzt:24 Gleichstrom-Messger¨ate dienen zur Messung von Spannungen, Str¨omen und Widerst¨anden unter Ausnutzung der Ohm’schen Gesetze. Wechselstrom-Messger¨ate geben entweder den Effektiv-Wert oder den Peak-Wert oder einen anderen n¨aher zu kennzeichnenden Wert der zeitlich variablen Messgr¨oße an. Galvanometer sind Gleichstrom-Messger¨ate, die sehr schnell und empfindlich auf rasch ver¨anderliche Messgr¨oßen reagieren. Erfolgt die Anzeige u¨ ber Lichtreflexion an beweglichen Spiegeln, k¨onnen sie Frequenzen von bis zu einigen KHz messen. Oszilloskop: Ein Kathodenstrahl-Oszilloskop kann sehr vielf¨altig eingesetzt werden. Ein Elektronenstrahl erzeugt einen Lichtpunkt auf eine phosphorbedeckte Oberfl¨ache. Da er durch Spannungsfelder in x- und y-Richtung abgelenkt werden kann, kann er Schwingungsprozesse als L ISSAJOUSsche Figuren darstellen. Legt man auf der x-Achse eine s¨agezahnf¨ormige Wechselspannung an, so erh¨alt man Bilder von Zeitfunktionen y(t). Bandger¨ate: Sie erlauben die Aufzeichnung und Reproduktion von Signalen zur weiteren Bearbeitung. F¨ur die Aufnahme/Wiedergabe gibt es zwei Verfahren: Beim sog. direkten Verfahren entsteht bei der Wiedergabe die Zeitableitung x(t) ˙ des Eingabesignals x(t). F¨ur die Bodendynamik kommt fast ausschließlich das frequenzmodulierte Verfahren infrage. Relative Wegaufnehmer erlauben die Messung der Relativverschiebung. Sie werden auch LVDT (linearly variable differential transformer) genannt. Sie basieren auf dem Induktionsprinzip: Eine Spule, die in einem Magnetfeld bewegt wird, induziert eine Spannung, die proportional zur Geschwindigkeit ist. Ihre 23 24
Siehe z.B. S.L. K RAMER, Geotechnical Earthquake Engineering, Prentice Hall 1996. Der Leser kann N¨aheres bei F.E. R ICHART, R.D. W OODS, J.R. H ALL, Vibrations of Soils and Foundations, Prentice-Hall Inc. 1970, nachschlagen.
296
17
Bodendynamik
Frequenzempfindlichkeit ist auf ca. 10% der Frequenz der Anregungsspannung beschr¨ankt. Letztere variiert u¨ blicherweise zwischen 60 und 2400 Hz. Optische Wegaufnehmer sind anwendbar bei Frequenzen bis u¨ ber 5 kHz. Geschwindigkeitsaufnehmer messen die Amplitude der Relativgeschwindigkeit. Auch sie beruhen auf dem Induktionsprinzip. Ein D¨ampfungsmaß von 0,6 soll angestrebt werden, damit die Amplitude der Relativgeschwindigkeit ungef¨ahr gleich der Amplitude der Absolutgeschwindigkeit ist. Unter Umst¨anden ist die Kapazit¨at des Verbindungskabels zwischen Aufnehmer und Messger¨at zu ber¨ucksichtigen. Beschleunigungsaufnehmer: W¨ahrend bei Geschwindigkeitsaufnehmern eine niedrige Eigenfrequenz ben¨otigt wird, soll man bei Beschleunigungsaufnehmern eine hohe Eigenfrequenz anstreben. Das Verh¨altnis der Amplitude der absoluten Beschleunigung des Aufnehmers zur Amplitude der Beschleunigung des zu ¨ messenden Objekts hat den Wert von ca. 1 f¨ur ω ≈ Ω. Ublicherweise werden f¨ur Beschleunigungsaufnehmer piezometrische Quarze verwendet, deren Ladung proportional zum aufgebrachten mechanischen Druck ist. Im Gegensatz zu den Geschwindigkeitsaufnehmern spielt die Kabell¨ange bei der Kalibrierung der Beschleunigungsaufnehmer eine große Rolle. Mit Verst¨arkern kann man schwache Signale verst¨arken. Dabei entsteht Rauschen, das m¨oglichst unterdr¨uckt werden soll. 17.3.1 Feldversuche Crosshole- und Downhole-Versuche werden herangezogen, wenn man ein genaues Tiefenprofil des Schubmoduls und der Querdehnzahl ben¨otigt. Dies ist bei dynamisch sehr empfindlichen oder sicherheitsrelevanten Bauwerken der Fall. Crosshole-Versuch: In benachbarten Bohrl¨ochern, deren Entfernung nicht gr¨oßer als ca. 5 m sein sollte, wird durch (gut ausgekeilte) Geschwindigkeitsaufnehmer die Laufzeit von Schallwellen gemessen. Letztere werden durch Schl¨age (oder sonstige Anregung) in einem Bohrloch erzeugt. Man erh¨alt daraus die Geschwindigkeit cs der S-Wellen. Durch Variation der Tiefenlage z der Aufnehmer erh¨alt man das Tiefenprofil cs (z). Downhole-Versuch: Es handelt sich um eine billigere Variante des CrossholeVersuchs. Es wird nur ein Bohrloch f¨ur die Aufnehmer verwendet, und die Wellen werden nicht in einem Bohrloch erzeugt, sondern in einem Betonw¨urfel von ca. 0,50 m Kantenl¨ange, der an der Gel¨andeoberfl¨ache eingegossen wird. Methode der harmonischen Oberfl¨achenschwingung: An der Erdoberfl¨ache wird eine harmonische Last Q0 sin(2πf t) eingeleitet. Durch Verschieben eines Geophons werden zwei hintereinanderfolgende Punkte lokalisiert, die in Phase schwingen. Ihr Abstand λR ist die Wellenl¨ange der R AYLEIGH-Welle. Die zugeh¨orige Wellengeschwindigkeit ist cR = λR · f. Wenn man eine typische P OISSON-Zahl f¨ur B¨oden zugrundelegt, so erh¨alt man die Geschwindigkeit einer S-Welle zu cs ≈ cR /0, 94. Man geht davon aus, dass die so ermittelte cs Geschwindigkeit typisch f¨ur die Bodenverh¨altnisse in der Tiefe z ≈ 1/3 λR ist.
17.4 Verhalten des Bodens bei dynamischer Beanspruchung
297
Mit einer anderen Erregerfrequenz f ∗ erh¨alt man den Wert Vs∗ , der die Bodenverh¨altnisse in der Tiefe z ∗ repr¨asentiert. Man kann so das Profil cs (z) ohne Bohrung erhalten. Diese Methode wird auch R AYLEIGH-Dispersionsmessung genannt, weil man die Dispersionskurve cR = cR (f ) misst. Spektralanalyse von Oberfl¨achenwellen: Durch Hammerschl¨age werden St¨oße auf die GOK in variabler Entfernung von zwei Geophonen eingeleitet. Es wird somit die Dispersionskurve cR (ω) der R AYLEIGH-Wellen hergestellt. Seismocone: Es handelt sich um eine Drucksonde mit eingebautem Geschwindigkeitsaufnehmer. W¨ahrend der Sondierung werden auch die S-Wellen aufgezeichnet, die an der Erdoberfl¨ache durch Hammerschl¨age eingeleitet werden.
17.4 Verhalten des Bodens bei dynamischer Beanspruchung Die dynamische Belastung des Bodens hat i.Allg. folgende Besonderheiten: Sie ist zyklisch (d.h. wiederholt) und schnell (sodass Tr¨agheitskr¨afte von Bedeutung sind). Daher ist sie bei wasserges¨attigten B¨oden undr¨aniert (mit der Ausnahme von stark durchl¨assigen B¨oden). Quellen dynamischer Belastung sind Erdbeben, rotierende Maschinen, Seewellen und andere Ersch¨utterungen, siehe Tabelle 17.3. Tabelle 17.3 Quellen dynamischer Belastungen. Rotierende Maschinen schnelle bzw. sehr schnelle Belastung (Frequenz > 100 Hz) Zyklen i.Allg. 10 bis 15 tausende Steuerung weggesteuert kraftgesteuert Verformungen groß (γ bis zu 10−2 ) sehr klein (γ < 10−5 ) Erregung breites Frequenzspek- harmonisch oder fasttrum harmonisch Frequenz
Erdbeben 0,5 bis 10 Hz
Seewellen sehr langsame Belastung (0,05 bis 0,1 Hz) hunderte spannungsgesteuert bis zu γ = 10−2 fast-harmonisch
Das Spannungs-Dehnungs-Verhalten des Bodens bei Scherverformungen ist dadurch charakterisiert, dass die tangentiale Steifigkeit dτ /dγ nicht konstant ist, sondern mit wachsender Verformung abnimmt (Abb. 17.5). Dar¨uber hinaus ist die Steifigkeit bei Entlastung gr¨oßer als bei Belastung, sodass bei zyklischer Verformung die τ -γ-Kurve eine Schleife bildet (Abb. 17.6). Es ist nicht zwingend, dass diese Schleife geschlossen ist. D.h., zyklische Spannungen sind nicht unbedingt mit zyklischen Verformungen verkn¨upft. In der Bodendynamik wird jedoch durchweg angenommen, dass die Schleifen geschlossen sind. Dieser Zustand soll sich nach einigen Lastwechseln einstellen. Aber auch dann liegt ein stark nichtlineares Verhalten vor, das die Anwendung von linearen Differentialgleichungen hinf¨allig macht. Man behilft sich wie folgt: Die τ -γ-Schleife wird durch eine
298
17
τ
GA
B
1
Bodendynamik
GB
1
G
A
γA
γ
γB
γ
Abb. 17.5 Der Sekanten-Schubmodul G := Δτ /Δγ ist verformungs- bzw. spannungsabh¨angig. Dasselbe gilt f¨ur den tangentialen Schubmodul dτ /dγ.
Ellipse ersetzt, die sich dann ergibt, wenn man eine lineare τ -γ-Beziehung und eine linear-viskose D¨ampfung hat. τ
τ
G0 1
γ0
γ
γ
(b)
(a)
Abb. 17.6 Beobachtete τ -γ-Kurve bei zyklischer Belastung (a). Durch die Beziehung (17.81) approximierte τ -γ-Kurve (b).
Man ersetzt also die nichtlineare τ -γ-Beziehung durch τ = Kγ + C γ. ˙
(17.81)
Dieses Vorgehen l¨asst sich auch so darstellen, dass man in der Beziehung τ = Kγ die Steifigkeit K durch eine komplexe Steifigkeit K ∗ ersetzt. Dies l¨asst sich aus der Tatsache erkl¨aren, dass die L¨osungsans¨atze der betrachteten Differentialgleichungen die allgemeine Form γ = γ0 exp(iωt) haben. Somit schreibt man anstelle obiger Gleichung: C τ = Kγ + Ciωγ = K 1 + iω γ = K ∗γ (17.82) K mit
17.4 Verhalten des Bodens bei dynamischer Beanspruchung
299
ˆ K ∗ = K(1 + i2ξ)
. (17.83) ˆ Die durch die Gr¨oße ξ eingef¨uhrte D¨ampfung ist nicht von viskoser Natur. Sie stellt eine Dissipationsquelle dar, die aus der geschwindigkeitsunabh¨angigen Plastizit¨at des Bodens herr¨uhrt. Somit ist ξˆ (im Gegensatz zu ξ) frequenzunabh¨angig. ξˆ beschreibt die pro Zyklus dissipierte Arbeit ΔE. ΔE ist die Fl¨ache der Schleife im 1 ΔE ˆ τ -γ-Diagramm. Mit E := 12 τ0 γ0 erh¨alt man ξˆ = 4π E . Mithin ist ξ von der Amplitude γ0 abh¨angig. Mit diesem Kunstgriff hat man die Irreversibilit¨at der τ -γ-Kurve so dargestellt, dass die linearen Differentialgleichungen, welche die Schwingung beschreiben, ihre G¨ultigkeit beibehalten. Man muss aber auch noch der Tatsache Rechnung tragen, dass die τ -γ-Kurve nichtlinear (d.h. gekr¨ummt) ist. Hierzu wird sie durch die Gerade τ = Gγ approximiert, wobei G ein sog. Sekantenmodul ist: G := τ /γ. Die Nichtlinearit¨at bedingt, dass G von der Amplitude γ abh¨angt. Die Abh¨angigkeit von der Amplitude l¨asst sich wie folgt einstufen: γ0 < 10−5 : 10−5 < γ0 < 10−3 γ0 > 10−3 :
Man darf den Boden als ein linear-elastisches Material betrachten. ξˆ ≈ 0, 03 : Das hysteretische Verhalten ist betr¨achtlich, wobei G0 und ξˆ stark von γ0 abh¨angen. Auch die Anzahl der Zyklen k¨onnte hier eine Rolle spielen. Die lineare-hysteretische Approximation ist nicht mehr anwendbar.
Die materielle (d.h. frequenzabh¨angige) Viskosit¨at soll einen vernachl¨assigbaren Einfluss haben. Der Anfangsschubmodul G0 h¨angt von der mittleren effektiven ¨ Spannung σ0 := 31 (σ1 + σ2 + σ3 ), von der Porenzahl e, von dem Uberkonsolidierungsverh¨altnis OCR sowie von Kapillarspannungen ab. F¨ur Ton hat man die empirische Beziehung G0 ≈ 1500 · cu , bzw. (3 − e)2 G0 (in kPa) ≈ A σ0 (in kPa) · (OCR)κ1 (17.84) 1+e mit A = 3000 ± 1000 und κ1 abh¨angig vom Plastizit¨atsindex Ip , siehe nachfolgende Tabelle. Ip (%) 0 20 40 60 80 >100 κ1 0 0,18 0,30 0,41 0,48 0,50 F¨ur Sand hat man die empirische Beziehung:
√ G0 = 1000 · κ2 σ0
,
wobei G0 und σ0 in kPa gemessen werden und κ ein empirischer Faktor ist: Lagerung κ2 locker 8 dicht 12 sehr dicht 16 sehr dicht + Kies 30-40
(17.85)
18 ¨ Flachgrundungen
18.1 Anforderungen Durch einen geeigneten Entwurf der Gr¨undung soll gew¨ahrleistet werden, dass • •
eine hinreichend große Sicherheit gegen Grundbruch vorhanden ist, die Setzungen (und somit auch Setzungsunterschiede und Verkippung) hinreichend klein bleiben.
Wie aus der Grundbruchformel bekannt, nimmt die Grundbruchlast quadratisch mit der Breite b eines Fundamentes zu. Somit w¨achst auch die Sicherheit gegen Bruch (bei vorgegebener Last) quadratisch mit der Fundamentbreite b. Bei vorgegebener Last wird auch die Setzung kleiner mit wachsender Fundamentbreite. Durch geeignete Wahl der Fundamentbreite k¨onnen also die o.g. Forderungen erf¨ullt werden. Im Allgemeinen ist die daraus resultierende erforderliche Fundamentbreite gr¨oßer als die Breite des zu st¨utzenden Bauteils (S¨aule bzw. Wand). Insofern ergeben sich die Fundamente als Verbreiterung nach Abbildung 18.1.
Abb. 18.1 M¨ogliche Formen von Fundamenten (Einzelfundamente bzw. Streifenfundamente)
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_18
302
18 Flachgr¨undungen
¨ 18.2 Grundungsarten Bei gutem Baugrund erfolgt die Lasteinleitung vom Bauwerk in den Untergrund in geringer Tiefe unterhalb der Gel¨andeoberfl¨ache als sog. Flachgr¨undung. Infrage kommen Einzelfundament (spread footing): zur Gr¨undung von Einzelst¨utzen; Streifenfundament (wall footing): zur Gr¨undung von W¨anden; ¨ Plattengrundung: Dadurch k¨onnen niedrige Sohlpressungen (bei schlechtem Baugrund) erreicht werden. Eine Plattengr¨undung wird auch zur Abdichtung ge¨ gen Grundwasser und zur Ubertragung großer Horizontalkr¨afte herangezogen oder wenn Einzelfundamente bei einem engen St¨utzenraster unwirtschaftlich werden. Bei Plattengr¨undungen sind Setzungsunterschiede geringer als bei aufgel¨osten Gr¨undungen. Im Vergleich zu Plattengr¨undungen muss man bei Einzelund Streifenfundamenten erh¨ohte Kosten f¨ur Schalung und Bewehrungsf¨uhrung hinnehmen. Durch ihre r¨aumlichen Tragreserven kann eine Platte o¨ rtliche Fehlstellen im Baugrund eher u¨ berbr¨ucken. Gr¨undungsbalken sind Streifenfundamente, die durch einzelne St¨utzen belastet werden. Im Gegensatz zu Streifenfundamenten erhalten sie eine L¨angsbewehrung. Bei schlechtem Baugrund kann man entweder die Lasten in tiefere, tragf¨ahigere Schichten einleiten (Tiefgr¨undungen bzw. Pfahlgr¨undungen) oder aber den Boden austauschen bzw. verbessern (durch Verdichtung, Injektionen u.¨a.). Bei gutem Baugrund machen die Gr¨undungskosten (f¨ur Aushub und Fundamente) 10 bis 30% der Rohbausumme aus.1 Dieser Anteil erh¨oht sich bei umfangreichen Baugrubensicherungen und bei Tiefgr¨undungen. Sch¨aden infolge mangelhafter Gr¨undung sind schwer zu beheben.
18.3 Zul¨assige Bodenpressungen Gepr¨agt durch das Vorgehen im Hochbau sind Bauingenieure gewohnt, mithilfe von zul¨assigen Spannungen σzul zu dimensionieren. Daher hat es sich auch im Grundbau eingeb¨urgert, von zul¨assigen Bodenpressungen“ zu sprechen. Streng genommen ist ” jedoch dieser Begriff untauglich, denn hier ist σzul keine Stoffkonstante, sondern h¨angt von der Geometrie des Fundamentes ab. Um dies einzusehen, betrachten wir die beiden eingangs erw¨ahnten Forderungen nach ausreichender Sicherheit gegen Grundbruch und hinreichend kleinen Setzungen: Grundbruchsicherheit: Wie aus der Grundbruchformel ersichtlich, w¨achst die mittlere Grundbruch-Sohlpressung (d.h. Grundbruchlast dividiert durch Breite) mit der Breite b an. Mit anderen Worten, wenn ein Fundament der Breite b1 bei der mittleren Sohlpressung p die Grundbruchsicherheit η1 aufweist, so w¨urde ein Fundament der Breite b2 (> b1 ) die Grundbruchsicherheit η2 > η1 haben. Wird eine konstante 1
Siehe H. BALDAUF, U. T IMM, Betonkonstruktionen im Tiefbau, Ernst & Sohn, Berlin 1988, Abschnitt Gr¨undungen“. ”
18.4 Gr¨undungstiefe
303
Grundbruchsicherheit gefordert, so w¨achst die zul¨assige Bodenpressung“ mit der ” Breite (Abb. 18.2 ). Zulässige Boden− pressung a
b
Abb. 18.2 Das linke Fundament hat eine b kleinere Grundbruchsicherheit und erleidet eiAbb. 18.3 Zul¨assige Bodenpressung in ne kleinere Setzung als das rechte. Abh¨angigkeit von der Fundamentbreite b (a) bei vorgegebener Grundbruchsicherheit, (b) bei Einhaltung einer zul¨assigen Setzung.
Kleine Setzungen: Ist die mittlere Sohlpressung vorgegeben, so w¨achst die Setzung mit der Fundamentbreite. Ist also eine Setzung vorgegeben, so verringert sich die zul¨assige Bodenpressung“ mit der Fundamentbreite (Abb. 18.3). ” Man ersieht daraus, dass die zul¨assige Bodenpressung“ keine Bodenkonstante ist ” und dass sie (bei Vorgabe einer zul¨assigen Setzung und einer einzuhaltenden Grundbruchsicherheit) allenfalls in Bezug auf eine bestimmte Fundamentbreite angegeben werden kann.
¨ 18.4 Grundungstiefe Die Fundamentsohle sollte unterhalb 1. 2. 3. 4.
des Mutterbodens (Humus) der Frosttiefe von Schichten großer Volumenschwankung infolge Be- und Entfeuchtung von Weichschichten wie z.B. lockere Auff¨ullungen, Torf u.¨a.
liegen. Die Frosttiefe sollte insbesonders bei der Gr¨undung von Außenw¨anden beachtet werden, wohingegen unterhalb der Innenr¨aume eines Bauwerks mit geringerem oder mit keinem Frost zu rechnen ist. Bei Gr¨undungen am fließenden Wasser sollte die Gr¨undungstiefe hinreichend groß sein, damit es nicht zur Untersp¨ulung (Auskolken) kommt. F¨ur die hierzu erforderliche Tiefe gibt es nur stark divergierende Erfahrungsregeln. Gr¨undungen auf lockerem Sand sind setzungsgef¨ahrdet, insbesondere bei Einwirkung von Ersch¨utterungen. Bei Gr¨undungen auf L¨oss sollte die Gefahr der S¨attigungssetzung (siehe Abschnitt 6.6) ber¨ucksichtigt werden. In ariden und semiariden Regionen gibt es sog. expansive B¨oden, die bei Wasserzugabe quellen. Kann man diese nicht unterbinden, so sollte man Hohlr¨aume, in die der Boden hineinquellen kann (Abb. 18.4), oder eine Pfahlgr¨undung vorsehen.
304
18 Flachgr¨undungen
Abb. 18.4 Gr¨undung mit Hohlr¨aumen bei expansiven B¨oden
Sofern die Steifigkeit des Bodens mit wachsender Tiefe zunimmt, kann man die Setzung dadurch reduzieren, dass man die Gr¨undungssohle tiefer legt.
18.5 Sohldruckverteilung Die Sohldruckverteilung h¨angt nicht nur von den Eigenschaften des Bodens, sondern auch von der Steifigkeit und Belastung des Fundamentes ab. Sie h¨angt also von der Wechselwirkung zwischen Boden und Fundament ab (soil-structure interaction). Die Bestimmung der Sohldruckverteilung ist ein schwieriges Problem und kann nur approximativ gel¨ost werden. Die hiermit verkn¨upfte Unsicherheit wirkt sich nicht sehr negativ aus, denn die Fundamente werden meist stark u¨ berdimensioniert. Zudem f¨uhren o¨ rtliche Versagen des Fundamentes nicht zu katastrophalen Ereignissen, denn die hiermit verkn¨upfte ¨ Anderung des Sohldrucks hat nicht die Tendenz, das Versagen zu verst¨arken.
18.6 Das Spannungstrapez-Verfahren Die primitivste Annahme zur Sohldruckverteilung ist, dass sie geradlinig (linear) ist. Bei einem Rechteckfundament (Breite b, L¨ange a > b) erh¨alt man aus den Gleichgewichtsbedingungen V = 0 und M = 0 (Abb. 18.5): F¨ur e ≤ b/6 : σl,r = P/(ab) · (1 ∓ 6e/b) , F¨ur e > b/6 liegt eine sog. klaffende Fuge vor. Es ist dann: P 4 . σr = · 3 a(b − 2e) Der Bereich e < b/6 heißt der Kern eines Streifenfundamentes. Wenn die Last P innerhalb des Kernes angreift, gibt es keine klaffende Fuge (Abb. 18.5). Lineare Spannungsverteilungen d¨urfen bei gedrungenen Fundamenten (Einzelfundamente, Streifenfundamente in Querrichtung) angesetzt werden.
18.7 Elastische L¨osungen e
305 P
e
P c
σl
σr
σr b
3c
klaffende Fuge Abb. 18.5 Geradlinige Sohldruckverteilung (Spannungstrapez-Verfahren), klaffende Fuge bei großer Exzentrizit¨at e
18.7 Elastische L¨osungen 18.7.1 Steifezahlverfahren Wir nehmen an, dass der Boden elastisch reagiert und betrachten (ebenes Problem) die Einsenkung y(x) der Bodenoberfl¨ache (bzw. Fundamentsohle) infolge der Streckenlast (Sohldruck) q(x). Das Problem wird dadurch diskretisiert, dass wir nur die Einsenkungen yi an den Stellen xi (i = 1, 2, 3, . . .) betrachten. Sie werden durch die Lasten n qj := q(xj )Δx hervorgerufen. Hierbei ist Δx = xj+1 − xj , und es gilt yi = j=1 αij qj . αij ist die Einsenkung an der Stelle xi infolge einer Einheitslast an der Stelle xj . Die Koeffizienten αij k¨onnen durch konventionelle Setzungsberechnungen (daher der Name ’Steifezahlverfahren’ bzw. ’Steifemodulverfahren’) unter Ber¨ucksichtigung einer eventuellen Bodenschichtung ermittelt werden. Sie erlauben, die diskretisierte Einsenkung yi durch die diskretisierte Streckenlast qj auszudr¨ucken. Hiermit kann nun die Balkenbiegungs-Differentialgleichung EJy (4) (x) = −q(x)
(18.1)
numerisch (z.B. nach dem Differenzenverfahren) gel¨ost werden. Das Steifezahlverfahren ist sehr aufwendig, wobei der hohe Aufwand nicht unbedingt mit erh¨ohter Genauigkeit belohnt wird: Abgesehen von Diskretisierungsfehlern hat man einen kaum absch¨atzbaren Fehler aus der Zugrundelegung linear-elastischen Verhaltens, das ja f¨ur Boden unrealistisch ist. 18.7.2 Elastische Bettung Ein weiteres, etwas einfacheres Verfahren, das sog. Bettungszahlverfahren, geht von einer noch einschneidenderen Annahme aus: Es wird angenommen, dass die Einsenkung der Bodenoberfl¨ache an der Stelle x keinen Beitrag aus der Belastung an Stellen x = x enth¨alt. Bildlich gesprochen wird der Boden durch ein System von unendlich d¨unnen, voneinander entkoppelten Federn ersetzt (Abb. 18.6). Man gelangt so zu der Beziehung
306
18 Flachgr¨undungen
q =k·y
,
wobei die Proportionalit¨atskonstante k der Bettungsmodul“ oder Bettungszahl (sub” grade modulus) heißt. Diese Annahme geht auf W INKLER (1876) zur¨uck. Nichtlineare Bettung liegt vor, wenn k von der Auslenkung y abh¨angt: k = k(y). Setzt
x y
Abb. 18.6 Elastisch gebetteter Balken (Modell)
man in die Differentialgleichung (18.1) q = ky ein, so erh¨alt man die Gleichung des gebetteten Balkens2 EJy (4) = −ky mit der allgemeinen L¨osung3 x x x/L x x −x/L e e y(x) = K1 cos + K2 sin + K3 cos + K4 sin (18.2) L L L L " urzung L wird elastische L¨ange“ genannt. Die Integratiund L := 4 4EJ k . Die Abk¨ ” onskonstanten K1 , K2 , K3 , K4 werden aus den Randbedingungen bestimmt. Sonderfall 1: Unendlich“ langer Balken.4 Es ist zweckm¨aßig, die symmetrische ” H¨alfte x ≥ 0 zu betrachten. F¨ur x → ∞ muss die Auslenkung verschwinden, folglich ist K1 = K2 = 0. Aus Symmetriegr¨unden muss an der Position x = 0 der Einzellast P die Setzungsmulde eine horizontale Tangente haben, folglich ist K3 = K4 . Die Querkraft bei x = 0 muss betragsm¨aßig gleich P/2 sein: EJy (3) = P/2, folglich ist K3 = P/(2Lk). Somit lautet die L¨osung y=
x x P −x/L cos + sin e 2Lk L L
.
(18.3)
F¨ur x > 34 πL ist y < 0, der Balken hebt sich von der Gel¨andeoberkante ab. Die hier zugrunde gelegte Gleichung geht davon aus, dass auch Zugkr¨afte zwischen Balken und Boden u¨ bertragen werden k¨onnen, was nicht realistisch ist. Insofern 2 3 4
Das Eigengewicht des Balkens wird hier vernachl¨assigt. x x (C1 sin L + C2 cos Dieselbe L¨osung kann auch in der Form sinh L x x x cosh L (C3 sin L + C4 cos L ) dargestellt werden. Siehe R. L ANCELLOTTA, Geotechnical Engineering, Balkema 1995, S. 385.
x ) L
+
18.7 Elastische L¨osungen
307
gilt Gleichung (18.3) nur n¨aherungsweise und ist nur f¨ur kleine |x| relevant. Das Biegemoment bei x = 0 betr¨agt nach Gleichung (18.3) M (x = 0) = P L/4
,
es ist also umso gr¨oßer, je steifer der Balken und je weicher die Unterlage ist. Sonderfall 2: Balken der L¨ange l mit Einzellast P in der Mitte (Abb. 18.7). Aus der L¨osung (18.2) ergibt sich die Sohldruckverteilung p(x) und das Biegemoment M (x). Insbesondere interessieren • Sohldruck in der Mitte p0 = κ0 · P/l • Sohldruck am Rand p1 = κ1 · P/l • Moment in der Mitte M0 = κM · P l/8 l/L κ0 κ1 κM
0 1,00 1,00 1,00
1,0 1,01 0,98 1,00
2,0 1,18 0,73 0,92
3,0 1,64 0,10 0,74
π 1,71 0 0,70
F¨ur l > πL hebt sich der Balken an den Enden ab. Sonderfall 3: Platte mit Einzellast in der Mitte5 . Die maximale Biegezugspannung σ ergibt sich an der Unterseite der Platte: 3 Eh 0, 275 σ= − 0, 436 . P (1 + μ) ln h2 kb4 Dabei sind: h : Plattendicke E : Elastizit¨atsmodul μ : Querdehnzahl (μ ≈ 1/6) k : Bettungsmodul (Kraft/L¨ange3 ) P = pr2 π; p = Fl¨achenlast, r=! Radius der Lastfl¨ache 1, 6r2 + h2 − 0, 675h f¨ur r < 1, 724h b= r f¨ur r > 1, 724h . Weitere F¨alle finden sich bei H AHN6 . Man beachte, dass der Bettungsmodul keine Stoffeigenschaft, sondern eine Systemeigenschaft ist. Die nachfolgend angef¨ugten Angaben von T ERZAGHI und P ECK stellen bestenfalls grobe Richtwerte dar: 5 6
J. E ISENMANN, G. L EYKAUF, Bau von Verkehrsfl¨achen. In: Beton-Kalender 1987, Teil II, Ernst & Sohn. J. H AHN, Durchlauftr¨ager, Rahmen, Platten und Balken auf elastischer Bettung, 14. Auflage, Werner Verlag 1985.
308
18 Flachgr¨undungen
Sand: k (MN/m) = α
(b + 0, 3)2 , b =Fundamentbreite in m b
Lagerung locker mittel dicht
α 10 40 160
Konsistenz steif sehr steif hart
k (MN/m) 5 10 20
Ton :
P
p1 p0
l Abb. 18.7 Elastisch gebetteter Balken, Bodenreaktionen nach dem Bettungsmodulverfahren
Wie erw¨ahnt, l¨asst die W INKLERsche Annahme q = k · y die Wechselwirkung von zwei nebeneinander liegenden Federn“ außer Acht. Ein in dieser Hinsicht verbes” serter Ansatz ist die Bettung nach PASTERNAK7 q(x) = k1 y(x) − k2 y (x)
.
Man beachte, dass wegen der erforderlichen Symmetrie bei der Substitution x → −x die erste Ableitung, d.h. y (x), nicht ber¨ucksichtigt wird. Der Bettungsansatz q = ky stellt lediglich eine N¨aherung dar, denn er vernachl¨assigt die Koppelung nebeneinander liegender Federn. Es gibt aber F¨alle, wo der Bettungsansatz exakt stimmt: 7
J.S. H ORVATH, Beam-Column-Analogy Model for Soil-Structure Interaction Analysis, Journal of Geotechnical Engineering 119/2 (1993) 358–364.
18.10 Stabilit¨at von T¨urmen auf weichem Baugrund
309
•
Gr¨undung im Wasser (z.B. schwimmende Eisscholle). Hier ist der hydrostatische Auftrieb p proportional zur Wassertiefe y. • F¨ur einen inkompressiblen elastischen Halbraum (ν = 1/2), bei welchem der Elastizit¨atsmodul E linear mit der Tiefe z zunimmt, E(z) = 3mz, gilt nach G IBSON8 f¨ur ebene Verformung bzw. f¨ur Axialsymmetrie: q = 2my.
18.8 Starres Fundament auf elastischem Halbraum F¨ur ein starres Fundament auf elastischem Halbraum kann die Sohldruckverteilung nach der Elastizit¨atstheorie ausgerechnet werden. F¨ur ein Rechteckfundament mit den Seitenl¨angen a und b und der Belastung P lautet sie p(x, y) =
1 4P · abπ 2 2 2 1 − (2x/a) · 1 − (2y/b)
,
und f¨ur ein Streifenfundament der Breite b, das von einer Streckenlast q belastet wird, lautet sie 1 2q · p(x) = 2 . bπ x 1− b/2 Am Rand x = ±b/2 wird die Spannung unendlich (Abb. 6.17). Man geht davon aus, dass diese Spannungsspitzen durch plastisches Fließen abgebaut werden.
18.9 Vergleich der Berechnungsverfahren Mit dem Steifezahlverfahren k¨onnen elastische L¨osungen gut approximiert werden. Man achte hierzu auf eine hinreichend dichte Diskretisierung.9 Insofern k¨onnen die Spannungsspitzen unter den R¨andern steifer Fundamente vorhergesagt werden, was beim Bettungszahlverfahren nicht der Fall ist und zur schlechten Absch¨atzung der Biegemomente f¨uhrt. Bei großen Randlasten steifer Fundamente werden die Spannungsspitzen ziemlich treffend vom Spannungstrapez-Verfahren wiedergegeben.
¨ 18.10 Stabilit¨at von Turmen auf weichem Baugrund Bei T¨urmen (d.h. schlanken und hohen Bauwerken) kann eine weiche Bettung zu Instabilit¨at und Kippen f¨uhren, ohne dass es zum Grundbruch (d.h. zur Ersch¨opfung der Tragf¨ahigkeit des Bodens) kommt. Wir betrachten eine leicht ausgelenkte Gleichgewichtslage des Turms (Abb. 18.8). 8 9
R.E. G IBSON, Some results concernig displacements and stresses in a non-homogenous elastic half-space, G´eotechnique 17/1 (1967) 58–67. U. S MOLTCZYK, D. N ETZEL, Fl¨achengr¨undungen, Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn 1992, S. 34 ff.
310
18 Flachgr¨undungen
ϑ
G hs
x Abb. 18.8 Elastisch gebetteter Turm
Sei ϑ der (kleine!) Kippwinkel und hs die Schwerpunkth¨ohe. Das Gewicht G erzeugt das kippende Moment M1 = G · hs · sin ϑ ≈ G · hs · ϑ. Durch die verkippte Lage erh¨oht sich die Bettungsreaktion um Δσ. Es gilt: Δσ = k · x · tan ϑ ≈ k · x · ϑ
.
Der hier verwendete Bettungsmodul k gibt die Sohlpressung σ pro Eindr¨uckung x an. Die Zusatzspannung Δσ erzeugt das haltende Moment
x2 dA = ϑ · k · J. M2 = ϑ · k Um den Turm von der vertikalen Lage auszulenken, ben¨otigt man das Kippmoment k · ϑ · J − G · hs · ϑ = (k · J − G · hs ) · ϑ
,
(18.4)
wobei h1 (k J − Ghs ) die Drehsteifigkeit des Turms ist. Offensichtlich ist der Turm instabil, wenn diese Steifigkeit verschwindet, d.h. wenn k J − Ghs = 0 gilt. Dann n¨amlich w¨urde der Turm bei Einwirkung einer noch so kleinen Horizontalkraft verkippen. Wenn man die mittlere Setzung s des Turms durch G/(k A) darstellt, so erh¨alt man schließlich die kritische Schwerpunkth¨ohe zu J . s·A Der hier dargestellte Stabilit¨atsfall ist selten maßgebend. Viel gef¨ahrlicher als der Stabilit¨atsverlust durch Verkippung ist eine ungleichm¨aßige Belastung des Gel¨andes (Abb. 18.9). hs =
18.11 Einzelfundamente
Abb. 18.9 Verkippung von T¨urmen infolge un¨ gleichm¨aßiger Belastung des Bodens bzw. Uberlappung der Druckbereiche (Holsten-Tor in L¨ubeck)
311
Abb. 18.10 Pilzfundament
Als Maßnahmen gegen Verkippen k¨onnen Tiefgr¨undungen, Pilzfundamente (Abb. 18.10) oder Nachstellvorrichtungen, wie Druckkissen und Pressen,10 herangezogen werden. Eine Methode zur R¨uckstellung gekippter T¨urme besteht darin, aus dem Fundamentbereich kontrolliert Boden zu entziehen. Diese Methode wurde beim Pisa-Turm (Abb. 1.2) angewandt.
18.11 Einzelfundamente Einzelfundamente k¨onnen unbewehrt bleiben, sofern ihre H¨ohe h hinreichend groß ist, um eine Lastausbreitung ohne nennenswerte Biegezugspannungen an der Fundamentunterseite zu gew¨ahren (Abb. 18.11). Dazu soll die Zahl n hinreichend groß sein. Die Grenzwerte f¨ur n werden in Abh¨angigkeit der Bodenpressung σ und der Betonqualit¨at angegeben11 und schwanken zwischen 1 und 2. Bei unbewehrten Fundamenten wird keine Sauberkeitsschicht ben¨otigt. Bei bewehrten Fundamenten kann die H¨ohe h viel niedriger gehalten werden, die wesentliche Bewehrungsanordnung geht aus Abbildung 18.12 hervor.12 Eine Sauberkeitsschicht ist vorzusehen. Wenn die erforderliche schlaffe Bewehrung zu aufwendig wird, oder zur Erreichung von Rissefreiheit bei aggressivem Grundwasser kann die Fundamentbewehrung vorgespannt werden. 10 11 12
U. S MOLTCZYK, Unterfangungen und Unterfahrungen, Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 2, Ernst & Sohn 1991, 81–102. Siehe H. BALDAUF, U. T IMM, Betonkonstruktionen im Tiefbau, Ernst & Sohn, Berlin 1988, S. 67. N¨aheres zur Bewehrung von Fundamenten siehe z.B. H. BALDAUF, U. T IMM, Betonkonstruktionen im Tiefbau, ferner F. L EONHARDT, Vorlesungen u¨ ber Massivbau, Dritter Teil, 3. Auflage, Springer 1977, S. 213 ff.
312
18 Flachgr¨undungen
V 1
n
n
h
1
hm σ Abb. 18.11 Unbewehrtes Einzelfundament
Abb. 18.12 Bewehrung von Fundamenten
Der Nachweis gegen Durchstanzen13 (punching) wird a¨ hnlich wie bei Pilzdecken gef¨uhrt und soll sicherstellen, dass die Schubspannungen an der Verbindungsstelle St¨utze-Fundament nicht gr¨oßer als die Scherfestigkeit des Betons sind. Dazu wird bei St¨utzen mit Rechteckquerschnitt a · b (a ≤ b) der Durchmesser d einer fl¨achengleichen St¨utze mit Kreisquerschnitt (d = 4ab/π) zugrunde gelegt. Mit den Bezeichnungen (Abb. 18.13) hm : mittlere Nutzh¨ohe, Mittel aus beiden Bewehrungsrichtungen (Abb. 18.12) V : Vertikallast der St¨utze (ohne Fundamenteigengewicht) σ0 : mittlere Sohlpressung (ohne Fundamenteigengewicht) dR = d + hm u = dR π: Umfang des mittleren Schnittes im Stanzkegel dK = d + 2hm : Durchmesser des Stanzkegels in der H¨ohe hm lassen sich folgende Gleichungen ausschreiben:
d
hm h
45°
dR dk b
σ0
Abb. 18.13 Zum Nachweis der Sicherheit gegen Durchstanzen
13
Siehe vorerw¨ahntes Buch von BALDAUF, T IMM, sowie R. L ANCELLOTTA, Geotechnical Engineering, Balkema 1995, S. 376ff.
18.12 Plattengr¨undungen
313 πd2
Die zu u¨ bertragende Querkraft betr¨agt Q = V − σ0 4K und erzeugt im Fundament die mittlere Schubspannung τ = uhQm , die nach den Regeln des Stahlbetonbaus ohne bzw. mit Bewehrung aufgenommen werden muss. F¨ur Betonstahl 420/500, Festigkeitsklasse des Betons mindestens B25, σ0 ≤ 1.000 kN/m2 und d ≥ h gew¨ahrleistet die N¨aherungsformel von L EONHARDT Sicherheit gegen Durchstanzen: h≥
b−d +2
150 σ0
,
h, b, d in m, σ0 in kN/m2 . Der Durchstanznachweis ist meist maßgeblich f¨ur die Fundamentdicke. K¨ocher- oder Becherfundamente (Abb. 18.14) dienen zur Gr¨undung von Fertigteilst¨utzen. Bei exzentrischen Lasten (bzw. Biegemoment und Normalkraft) sollte man das Fundament asymmetrisch ausbilden, damit die Resultierende der Sohlpressung im Kern verbleibt (Abb. 18.15). M V
b 3
Abb. 18.14 K¨ocherfundament zur Aufnahme von Fertigteilst¨utzen
Res.
b
Abb. 18.15 Asymmetrisches Fundament bei exzentrischer Belastung
Bei großem Setzungsunterschied benachbarter Geb¨audeteile (etwa infolge unterschiedlicher Baugrundverh¨altnisse oder infolge unterschiedlicher Belastung) sind entweder Bewegungsfugen (sog. Setzungsfugen, Abb. 18.16) vorzusehen oder alle Geb¨audeteile auf einer biegesteifen Platte zu gr¨unden. Doppelst¨utzen bzw. -w¨ande an Dehnfugen sind auf einem Fundament zu gr¨unden (Abb. 18.17).
¨ 18.12 Plattengrundungen Die Ausf¨uhrungen f¨ur Plattengr¨undungen (auch Gr¨undungsplatten“ genannt) gel” ten sinngem¨aß auch f¨ur Gr¨undungsbalken. Berechnet werden sie nach dem Steife¨ modul- oder nach dem Bettungsmodulverfahren. Um die Steifigkeit des Uberbaus zu ber¨ucksichtigen, nimmt man einen idealisierten Ersatzbalken an. Die Steifigkeit wird aber dadurch oft u¨ bersch¨atzt, denn tats¨achlich wird sie durch Betonkriechen und
314
18 Flachgr¨undungen
Bewegungsfuge
Sand
Fels
Abb. 18.16 Bewegungsfuge (Setzungsfuge) bei unterschiedlicher Setzung
Abb. 18.17 Doppelst¨utzen werden auf einem Fundament gegr¨undet
Rissebildung reduziert. Der Sohldruck konzentriert sich umso mehr unterhalb der Lastangriffspunkte (St¨utzen), je biegeweicher die Platte ist. Dadurch werden auch die Biegemomente der Platte reduziert. Man kann sich diesen Umstand zunutze machen, indem man weiche Einlagen (sog. Polster) nach Abbildung 18.18 vorsieht. Bei der Bemessung aufgehender W¨ande sollte man biegesteife Verbindungen zur
Polster Abb. 18.18 Durch Einlage von weichen Polstern (z.B. aus Styropor) konzentriert sich die Sohlpressung unterhalb der St¨utzen und verringern sich die Feldmomente der Platte.
Gr¨undungsplatte m¨oglichst vermeiden, da sie die Platte kaum entlasten und große Zw¨angungen der W¨ande nach sich ziehen.
¨ 18.13 Abdichtung von Grundungen Die Abdichtung von Gr¨undungen erfolgt entweder durch a¨ ußere Hautabdichtungen (fr¨uher Bitumenschicht, daher die Bezeichnung schwarze Wanne“) oder durch was” serundurchl¨assigen Beton (sog. weiße Wanne). Letzterer ist ein Beton, bei dem durch Bewehrung und Fertigung besondere Vorkehrungen zur Rissbeschr¨ankung getroffen werden.
18.14 Membrangr¨undungen
315
¨ 18.14 Membrangrundungen Bei Fl¨ussigkeitstanks wird nur die seitliche Wand auf einem Ringfundament bzw. Ringbankett gegr¨undet, w¨ahrend am Tankboden die Fl¨ussigkeit u¨ ber eine Dichtungsmembran und ein verdichtetes Bett aus Kiessand direkt auf den Boden wirkt (Abb. 18.19).14 Gepr¨uft werden solche Tanks durch eine Wasserf¨ullung auf das 1,1-fache der Gebrauchslast. Die Wasserf¨ullung sollte solange einwirken, bis die damit verbundenen Setzungen abgeklungen sind. Die Sicherheit gegen Grundbruch ist nachzuweisen.
Folie
Bankett 10 cm Bitukies
Auffüllung
Kiessand, verdichtet
Schotterbett Abb. 18.19 Prinzipskizze zur Membrangr¨undung
14
U. S MOLTCZYK, D. N ETZEL, Flachgr¨undungen, Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn 1992, S. 54ff.
19 ¨ Pfahlgrundungen
19.1 Pfahltypen ¨ Wegen der großen Vielfalt ist eine systematische Ubersicht der verschiedenen Pfahltypen schwierig.1 Sie variieren auch von Land zu Land. Bohrpf¨ahle: Es wird in ein fertiges Bohrloch hinein betoniert. Falls erforderlich, wird das Bohrloch mit einer Verrohrung oder durch den Druck einer Fl¨ussigkeit gest¨utzt. Schr¨agpf¨ahle sind immer verrohrt herzustellen. Zur Vermeidung eines hydraulischen Sohlaufbruchs soll im Bohrloch ein Wasserstand aufrechterhalten werden, der h¨oher als der umgebende Grundwasserspiegel ist. Das Betonieren erfordert besondere Sorgfalt. In der Luft erfolgt Freifallbetonieren: Der frische Beton wird in einen Trichter hineingegeben und durch ein 2 m langes Sch¨uttrohr in das Bohrloch so gef¨uhrt, dass er nicht durch den Bewehrungskorb f¨allt und dort gesiebt wird. Beim Betonieren unter Wasser (oder Suspension) darf der Beton nie durch das Wasser rieseln. Deswegen wird der Beton durch ein Rohr (tremie pipe) gef¨uhrt, dessen unteres Ende sich stets im bereits eingebrachten Beton befindet (sog. Kontraktor-Verfahren). Der Beton wird in das zun¨achst mit Wasser gef¨ullte Rohr hineingegeben, worin ein luftgef¨ullter Ball der Trennung zwischen Beton und Wasser dient. Um einer allm¨ahlichen Verschlechterung des umgebenden Bodens (Nachbr¨uche, Aufweichung) vorzubeugen, sollten Bohren und Betonieren am selben Tag erfolgen. Falls der Boden weich ist (Ic < 0, 25 bzw. cu < 10 kN/m2 ), kann der frische Beton durch eine im Boden verbleibende metallische H¨ulse gest¨utzt werden. Durch das Betonieren kommen u.U. sehr hohe S¨aulen aus Frischbeton zustande. Bei durchl¨assigem Boden und niedrigem Grundwasserspiegel kann der Zementleim durch den hydrostatischen Druck in die Poren des umgebenden Bodens hineinsickern.2 Die verbleibenden Zuschlagstoffe k¨onnen sich dann dermaßen 1 2
In den Empfehlungen des Arbeitskreises Pf¨ahle“ EA-Pf¨ahle, 2. Auflage, Bild 2.1, Ernst & ” Sohn 2012, findet sich ein brauchbarer Versuch einer Klassifikation. Deswegen sollte der Frischbeton stabil‘ sein, d.h. ein ausreichendes Wasserr¨uckhaltever’ m¨ogen aufweisen.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_19
318
19 Pfahlgr¨undungen
mit dem Bewehrungskorb und der Verrohrung verzahnen, dass beim Ziehen der Verrohrung auch der Bewehrungskorb nach oben kommt. Eine Abhilfe besteht darin, zun¨achst nur die unteren ca. 2 m zu betonieren und die Verrohrung entsprechend zu ziehen. Dadurch wird der Bewehrungskorb im Boden verankert. Anschließend wird der restliche Pfahl betoniert. Verdr¨angungspf¨ahle: Zur Herstellung des Bohrlochs wird der Boden nicht ausgehoben, sondern im Wesentlichen zur Seite verdr¨angt (Abb. 19.5, 19.8). Schneckenbohrpf¨ahle werden mit durchgehender Schnecke hergestellt (continuous auger piles). Die Abk¨urzung SOB steht f¨ur Schneckenortbetonpfahl“ ” und ist eine Produktbezeichnung. Es handelt sich um Ortbetonpf¨ahle, die mit durchgehender Hohlbohrschnecke hergestellt werden (Abb. 19.1, 19.2, 19.3). Die maximale Tiefe betr¨agt ca. 30 m, und der maximale Durchmesser 1 m. SOB-Pf¨ahle sind als Gr¨undungspf¨ahle und bei Pfahlw¨anden einsetzbar. Damit w¨ahrend des Bohrens nicht zu viel Boden gef¨ordert wird, ist die Eindringgeschwindigkeit mit der Rotation der Schnecke abzustimmen. Beim Ziehen w¨ahrend des Betonierens sollte sich die Schnecke im gleichen Sinn wie beim Bohren drehen bzw. ohne Drehung gezogen werden. Ein großes Drehmoment (bis zu 500 kNm) ist erforderlich. In der Regel erfolgt nur eine obere Anschlussbewehrung. Erforderlichenfalls ist ein Bewehrungskorb nach Ziehen der Schnecke durch R¨utteln oder mithilfe eines Stahltr¨agers einbringbar.
Abb. 19.1 Herstellung von SOB-Pf¨ahlen
19.1 Pfahltypen
319
Seelen− rohr
Verlorene Spitze
(a)
(b)
(c)
Abb. 19.2 Herstellung eines SOB-Pfahls (Verfahren 1). (a) Bohren mit Endlos-Schnecke, (b) Einpressen von Betonm¨ortel bei gleichzeitigem Herausdrehen der Schnecke, (c) Einbringen des Bewehrungskorbes
Beton Seelen− rohr
Verlorene Spitze
(a)
(b)
(c)
Abb. 19.3 Herstellung eines SOB-Pfahls (Verfahren 2). (a) Bohren mit Endlos-Schnecke, (b) Einbringen des Bewehrungskorbes im Schutze des Seelenrohrs, (c) Ziehen der Bohrschnecke und Betonieren
Verrohrte SOB-Pf¨ahle (sog. Doppelkopfbohrverfahren) unterscheiden sich von den u¨ blichen Bohrpf¨ahlen dadurch, dass die durchgehende Schnecke ein kontinuierliches Bohren sowie das anschließende Betonieren erlaubt. Sie erlauben daher eine hohe Produktivit¨at und lassen sich auch sehr nahe an bestehenden W¨anden ( Vor-der-Wand-Pf¨ahle“) herstellen. Beim Doppel” kopfbohren dreht sich eine endlose“ Schnecke innerhalb einer Verrohrung, ” die sich gegenl¨aufig dreht. Der am M¨akler gef¨uhrte Bohrschlitten tr¨agt beide Drehantriebe.
320
19 Pfahlgr¨undungen
Abb. 19.4 Herstellung eines Bohrpfahls. Hier wird zus¨atzlich zum Drehteller (gelbes Rohr mit L¨ochern) eine angebaute Verrohrungsmaschine mit einem sog. Drehtisch angewandt (Fa. Bauer).
Abb. 19.5 Herstellung eines Verdr¨angungsbohrpfahls. Man achte auf den Schaft der Schnecke, der nach oben breiter wird und somit den Boden zur Seite verdr¨angt (Fa. Bauer).
19.1 Pfahltypen
321
Fertigrammpf¨ahle sind Verdr¨angungspf¨ahle. Je nach Pfahlmaterial unterscheidet man: ¨ Rammpf¨ahle aus Holz. Ubliche L¨angen bis 23 m. Holzpf¨ahle haben nur noch historische Bedeutung, sie werden heute kaum noch verwendet. Sie k¨onnen Jahrhunderte u¨ berdauern, wenn sie best¨andig unterhalb des Grundwasserspiegels bleiben. Bei Absenkung des Grundwasserspiegels k¨onnen sie schnell verrotten, insbesondere durch Pilzbefall. Rammpf¨ahle aus Stahlbeton haben quadratische oder Kreisquerschnitte. Die Biegemomente ergeben sich aus Lagerung bzw. Aufh¨angung beim Transport. ¨ Ubliche L¨angen sind 6 bis 15 m. Abgesehen von den relativ leicht erfassbaren Lastf¨allen (Abheben vom Formboden, Transport, Lagerung, Aufrichten an der Ramme) entstehen beim Rammen kaum berechenbare Druck-, Querzug- und Zugspannungen. Daher ist eine gute Betonqualit¨at von mindestens C50/60 erforderlich sowie eine enge B¨ugelbewehrung am Kopf und am Fuß. Der Fuß ist meist stumpf, es kann aber auch eine Stahlspitze verwendet werden. Rammpf¨ahle aus Stahl bestehen aus Rohrprofilen oder zusammengeschweißten Walzprofilen. Untersuchungen von bis zu 40 Jahren alten Stahlpf¨ahlen ergaben, dass keine Korrosionsgefahr besteht, wenn der Pfahl in gewachsenen Boden eingerammt worden ist. Stahlpf¨ahle in Auff¨ullungen hingegen sind korrosionsgef¨ahrdet und sollen beschichtet werden. Pf¨ahle, die dem Meerwasser oder Wasser mit pH > 9, 5 bzw. pH < 4 ausgesetzt werden, sind ebenfalls korrosionsgef¨ahrdet.3 Die Mantelreibung von Stahlrammpf¨ahlen d¨urfte mit der Zeit infolge Korrosion anwachsen. Rammpf¨ahle aus Gusseisen werden auch als Duktilpf¨ahle bezeichnet (Abb. 19.6). Die einzelnen 5 bis 6 m langen Rohrabschnitte aus duktilem (d.h. nicht spr¨odem) Gusseisen4 werden durch einfache Muffen miteinander verbunden und mit schnellschlagenden Hydraulikh¨ammern (800 Schl¨age geringer Energie pro Minute), die an Baggern montiert sind, in beliebige Tiefe gerammt. Bei 118 mm k¨onnen Gebrauchslasten von 350 bis 500 kN, bei 170 mm Gebrauchslasten bis 900 kN erreicht werden.5 Die Ersch¨utterungen beim Rammen sind unwesentlich, aber die L¨armbel¨astigung ist betr¨achtlich. Bei Gusseisen stellt Korrosion kein Problem dar. Die Tragf¨ahigkeit von Rammpf¨ahlen ist auch vom Rammverfahren abh¨angig. Mit Freifallb¨ar eingerammte Pf¨ahle k¨onnen bis zu 40% h¨ohere Tragf¨ahigkeit haben als mit Vibrationsb¨ar gerammte.6 Rammpf¨ahle k¨onnen durch Kupplungen verl¨angert werden.
3 4 5 6
J.E. B OWLES, , Foundation Analysis and Design, Mc Graw-Hill 1984. Hergestellt nach dem Schleudergussverfahren, Elastizit¨atsmodul E ≈ 165.000 N/mm2 , Druckfestigkeit 900 N/mm2 , Zugfestigkeit 420 N/mm2 . Angaben Fa. Bilfinger & Berger. B. M AZURKIEWICZ, Einfluss von Rammger¨aten auf die Tragf¨ahigkeit von Stahlbetonpf¨ahlen, Symposium Pfahlgr¨undungen“, Darmstadt 1986, S. 31–36. ”
322
19 Pfahlgr¨undungen
Abb. 19.6 Duktilpf¨ahle: Rammpf¨ahle aus duktilem Gusseisen
Ortbetonrammpf¨ahle: Eine unten abgeschlossene Verrohrung (Vortreibrohr) wird in den Boden hineingerammt und beim Betonieren wieder herausgezogen. Man unterscheidet zwischen Innenrohrrammung (Franki-Pfahl): Der sog. Franki-Pfahl wurde 1908 in Belgien eingef¨uhrt. Ein Vortreibrohr wird auf der Gel¨andeoberkante aufgesetzt, und in seinem unteren Ende wird ein wasserdichter Pfropfen aus erdfeuchtem Beton hergestellt, auf welchen mit einem Fallgewicht geschlagen wird. Der Pfropfen nimmt durch Verspannung das Vortreibrohr mit. Bei Erreichung der Solltiefe wird das Vortreibrohr festgehalten und der Pfropfen ausgestampft. Dabei bildet sich ein erweiterter Pfahlfuß, dessen Volumen maßgebend f¨ur die Tragf¨ahigkeit ist. Danach erfolgt das Einbringen des Bewehrungskorbes und das Betonieren (Abb. 19.7). Es werden Tiefen bis 30 m erreicht. Die Durchmesser variieren zwischen 42 und 71 cm. Kopframmung (z.B. Simplexpfahl): Am Fuß des Rammrohres ist eine Stahlplatte mit einem Dichtungsband wasserdicht befestigt. Die Rammung erfolgt am Kopf mit einem Hydraulik- oder Dieselb¨ar. Schraubpf¨ahle: Dazu geh¨oren der Atlas und der Fundexpfahl. Ein Rohr wird unten durch einen Schraubenfl¨ugel abgeschlossen. Mit Drehung und Anpressdruck wird es in den Boden hineingeschraubt und dann mit Beton (evtl. auch Bewehrung) gef¨ullt. Verpresste Verdr¨angungspf¨ahle: W¨ahrend des Einbringens werden sie mit M¨ortel verpresst. Erfolgt das Einbringen durch Rammen, spricht man von Ver-
19.1 Pfahltypen
323
(a)
(b)
(c)
(d)
Abb. 19.7 Herstellung eines Franki-Pfahls. (a) Vortreibrohr ansetzen, Propfenbeton einf¨ullen und ausstampfen, (b) Einrammen des Vortreibrohrs durch Innenrammung mit Fallb¨ar, (c) Ausbildung des Pfahlfußes durch Ausrammen des Pfropfenbetons, (d) Einbau des Bewehrungskorbes, Schaftherstellung durch Stampfen des abschnittsweise eingebrachten Betons und Ziehen des Rohres
Abb. 19.8 Bohrger¨at f¨ur Vollverdr¨angungspf¨ahle. Die obere (im Bild: rechts), kleinere Schnecke bezweckt, evtl. in das Bohrloch hineingefallenen Boden zur Seite zu verdr¨angen.
324
19 Pfahlgr¨undungen
pressm¨ortelpf¨ahlen (sog. VM- oder MV-Pf¨ahle), erfolgt das Einbringen durch Vibrieren (R¨utteln), spricht man von R¨uttelinjektionspf¨ahlen (RI-Pf¨ahle). An einem H-Profil oder an einem Stahlrohr wird unten ein Pfahlschuh angeschweißt. Am Pfahlschaft wird ein Verpressrohr montiert, das bis zum unteren Ende des Pfahls reicht. Der vom Pfahlschuh freiger¨aumte Hohlraum wird w¨ahrend des Einbringens fortlaufend mit Zementm¨ortel injiziert. Der frische M¨ortel unterbindet die Mantelreibung w¨ahrend des Einbringens und erh¨oht den Kraftschluss, wenn er abgebunden ist. Verpresspf¨ahle werden vorwiegend als Zugpf¨ahle (auch Ankerpf¨ahle genannt) zur Auftriebssicherung herangezogen. Mikropf¨ahle (auch ’Wurzelpf¨ahle’ genannt) werden haupts¨achlich als Zugpf¨ahle (zur Auftriebssicherung) eingesetzt, aber auch wenn Ersch¨utterungen zu vermeiden sind, bei beengten Arbeitsr¨aumen (z.B. bei Kellerr¨aumen f¨ur Nachgr¨undungen, Abb. 19.9), wenn schwere Bohrhindernisse (Beton, Steine, Stahl) zu erwarten sind und bei Gr¨undungsarbeiten, die nur minimale Setzungen zulassen.7 Mikropf¨ahle werden meist mit einem Betonstahlstab mit Gewinde ( GE” WI“-Stab) bewehrt.
Abb. 19.9 Mikropf¨ahle: Einsatz in beengten Arbeitsverh¨altnissen
¨ Pfahl¨ahnliche Grundungsk¨ orper: Dazu geh¨oren die Betonr¨uttels¨aulen (BRS). Ihr Schaftdurchmesser betr¨agt u¨ blicherweise 30 bis 50 cm, die aufnehmbaren Lasten liegen im Bereich von 400 bis 1000 kN. Die Herstellung erfolgt durch Tiefenr¨uttler mit angebauter Betonleitung. Durch das Einbringen des R¨uttlers wird der Boden verdr¨angt und verdichtet. Beim Ziehen des R¨uttlers wird Beton eingepumpt. W¨ahrend bei der Schaftherstellung ein geringf¨ugiger Beton¨uberdruck ¨ daf¨ur gen¨ugt, ist bei der Fußherstellung der Beton mit einem Uberdruck ≥ 5 bar zu pumpen. Die Arbeitsleistung betr¨agt 200 bis 400 stgm/Tag. Betonr¨uttels¨aulen 7
www.kellergrundbau.de/de/mikropfaehle.html.
19.2 Bohren zur Herstellung von Pf¨ahlen
325
sind in der Regel unarmiert. Ein Bewehrungskorb (meist als Anschlussbewehrung) kann in den frischen Beton einger¨uttelt werden. Eine Variante davon sind die verm¨ortelten Stopfs¨aulen (siehe auch Abschnitt 20.2.2). Durch einen Schleusenr¨uttler werden Zuschlagstoffe (Schotter, Kies) und Suspension (Wasser mit Zement und Bentonit) in den Boden eingebracht. Der Durchmesser von verm¨ortelten Stopfs¨aulen betr¨agt maximal 1,20 m, die Gebrauchslasten sind ca. 350 bis 600 kN. Manchmal erhalten Pf¨ahle einen aufgeweiteten Fuß (Abb. 19.13). Je nachdem, ob die Pf¨ahle in festen Untergrund einbinden oder nicht, unterscheidet man zwischen Spitzendruckpf¨ahlen und schwimmenden Pf¨ahlen bzw. Reibungspf¨ahlen.
19.2 Bohren zur Herstellung von Pf¨ahlen Das Bohren umfasst das L¨osen des Bodens, F¨ordern des Bohrguts und St¨utzung der Bohrlochwand und -sohle und erfolgt mit folgenden Methoden: Greifbohrverfahren: Der Boden wird durch ein Schlagwerkzeug (Meißel, Stoßb¨uchse, Schlaggreifer), das an einem Seil bzw. Gest¨ange h¨angt, gel¨ost. Abwechselnd zum L¨osen erfolgt die F¨orderung des Bohrguts mit demselben oder mit ausgewechseltem Werkzeug, z.B. mit Greifer (Abb. 19.10), Schlammb¨uchse, Kiespumpe, Kastenbohrer (Abb. 19.12). Je nach dem Mechanismus f¨ur das ¨ Schließen und Offnen des Greifers unterscheidet man zwischen Seilgreifern (die Kraft f¨ur das Schließen wird durch Ziehen aufgebracht und ist somit durch das Gewicht des Greifers beschr¨ankt) und Hydraulikgreifern, bei welchen die Schließkraft durch Hydraulikzylinder aufgebracht wird. Drehbohrverfahren: Es bringt erheblich gr¨oßere Leistung gegen¨uber dem Greifbohrverfahren. Gedreht wird eine lange ( endlose“) oder eine kurze Schnecke ” oder ein Bohreimer, und dadurch wird der Boden gel¨ost. Das Bohrgut wird mit demselben Werkzeug gef¨ordert (Abb. 19.4, 19.11). Dessen Entleerung erfolgt durch Abschleudern bzw. Abstreifen der Schnecke. Bei Verwendung von kurzen Schnecken wird das Drehmoment u¨ ber eine torsionssteife Stange, die KellyStange, u¨ bertragen. Der Anpressdruck wurde fr¨uher allein durch das Gewicht der Kelly-Stange aufgebracht, heute wird der an der Bohrlafette gef¨uhrte Drehantrieb (Abb. 19.14) nach unten gedr¨uckt. Um den zeitraubenden An- und Abbau der einzelnen Stangenabschnitte zu vermeiden, werden teleskopierbare Stangen ¨ verwendet. Ubliche Bohrtiefe 40 bis 50 m, Bohrdurchmesser bis ca. 3 m. ¨ Bohren mit Spulhilfe: Dreh- und Greiferbohren erfolgen ohne Sp¨ulhilfe. Letztere wird relativ selten f¨ur Pfahlbohrungen herangezogen. Bei ihr wird das Bohrgut durch einen Fl¨ussigkeitsstrom gef¨ordert. Als Fl¨ussigkeit wird Wasser, dem evtl. auch Tonmehl beigemischt wird, verwendet. Der ansteigende Sp¨ulstrom befindet sich entweder innerhalb ( Linkssp¨ulung“ bzw. indirekte Sp¨ulung“) oder außer” ” halb ( Rechtssp¨ulung“ bzw. direkte Sp¨ulung“) des Hohlgest¨anges. Je nachdem, ” ” ob der mit Bohrklein befrachtete Wasserstrom durch eine Saugpumpe oder durch
326
19 Pfahlgr¨undungen
Abb. 19.10 Greifer
Abb. 19.11 Bohrschnecke gef¨ullt mit bindigem Boden. Dieser wird durch Abstreifen entfernt.
Einblasen von Luft erzeugt wird, unterscheidet man zwischen Saugbohrverfahren und Lufthebebohrverfahren (Abb. 19.16). Saugbohrverfahren: Der Unterdruck wird durch eine Kreiselpumpe erzeugt. Lufthebebohrverfahren: Der F¨orderstrom wird durch das Einblasen von Luft erzeugt (Mammutpumpe). Das Luft-Wasser-Gemisch ist leichter und steigt daher nach oben. Das Gemisch aus Wasser und (bis zu 10%) Bohrgut wird in einen Sp¨ulteich eingeleitet, wo sich das Bohrgut absetzt. Das Lufthebeverfahren wird auch zur Reinigung der Sohle von Bohrpf¨ahlen eingesetzt. 19.2.1 Verrohrung Falls die Bohrlochwand nicht standfest ist, muss sie durch Verrohrung oder mit einer Fl¨ussigkeit (siehe auch Abschnitt 22.6) gest¨utzt werden. Unverrohrte Bohrl¨ocher m¨ussen im oberen Bereich durch ein Schutzrohr gesichert werden. Als Verrohrung (casing) verwendet man Stahlrohre (Abb. 19.15), die unten mit einem Schneidschuh versehen sind. Die einzelnen Rohrsch¨usse sind doppelwandig und haben L¨angen zwischen 2 und 6 m. Beim Einbringen der Verrohrung muss eine Mantelreibung von 10 bis 50 kN/m2 u¨ berwunden werden. Dazu wird die Verrohrung
19.2 Bohren zur Herstellung von Pf¨ahlen
327
Abb. 19.12 Kastenbohrer mit Drehboden (Fa. Bauer): Bei Drehung im Uhrzeigersinn wird Material aufgenommen. Bei gegenseitiger Drehung schließt sich der Einlass. Der hohle Sektor soll eine Kolbenwirkung in wassergef¨ullten Bohrl¨ochern vermeiden. Auch Bohreimer oder Schappe genannt.
Abb. 19.13 Fußaufschneider (Fa. Bauer)
328
19 Pfahlgr¨undungen
Abb. 19.15 Bolzen zur Verbindung des Drehtellers mit Abb. 19.14 Drehantrieb mit Dreh- der Verrohrung. Da sie oft in einer H¨ohe von mehreren teller und Bohrschnecke (Fa. Bau- Metern u¨ ber GOK bet¨atigt werden m¨ussen, werden aus Sicherheitsgr¨unden fernbediente Bolzen eingesetzt. er) Saugpumpe
Druckluft
Bohrgut
Bohrgut Spülteich
Spülteich
Durchlass− ventil
Förderstrom
Förderstrom
Bohrgestänge
Bohrgestänge
Bohrkopf
Bohrkopf
(a)
(b)
Abb. 19.16 Sp¨ulbohrverfahren. (a) Saugbohrverfahren, (b) Lufthebebohrverfahren. Der Sp¨ulteich dient auch der Aufrechterhaltung eines hydrostatischen Drucks in der Bohrlochsohle.
nicht nur nach unten gepresst, sondern auch gedreht, wodurch die vertikale Reibungskraft verringert wird. Dies geschieht beim Drehbohrverfahren mit einer Verrohrungsmaschine, die die erforderliche Anpressung und das Torsionsmoment u¨ ber den sog. Drehteller (oscillator) aufbringt. Eine Verrohrungsmaschine als Baggeranbauger¨at (Abb. 19.4 unten) wird herangezogen: • •
beim Greifbohrverfahren zur Unterst¨utzung des Drehtellers (falls erforderlich)
19.3 Vertikales Tragverhalten
•
329
beim Ziehen der Verrohrung (viel effektiver als Drehteller).
In wenig standfesten B¨oden ist ein hinreichendes Voreilmaß (mindestens 0, 5) der Verrohrung erforderlich. Dadurch soll eine Auflockerung des Bodens infolge Sohleintrieb vermieden werden. In festen bindigen B¨oden ist eine Voreilung nicht zwingend erforderlich, die Verrohrung muss jedoch dem Bohrfortschritt unmittelbar folgen. Das Eintreiben der Verrohrung ist oft zeitraubender als der eigentliche Bohrvorgang und somit f¨ur die Bruttobohrzeit maßgebend. 19.2.2 Bohrhindernisse Findlinge werden mit Rollen- oder Kreuzmeißeln zerkleinert oder durch Sprengungen beseitigt. Wenn die Findlinge in lockerem Boden lose eingelagert sind, dann lassen sie sich nicht meißeln. Beim Versuch, sie zu meißeln, kann man Hohlr¨aume ausbrechen. Als Gegenmaßnahme kann man sie im umliegenden Boden durch Injektion fixieren.8 19.2.3 Setzungen beim Bohren Beim Bohren unterhalb des Grundwasserspiegels kommt es beim Ziehen des Bohrers zu einem Unterdruck durch die Sogwirkung. Bei relativ undurchl¨assigen B¨oden (z.B. bei schluffigem Sand mit k < 10−4 m/s) kann dies zu lokalen hydraulischen Grundbr¨uchen und damit verkn¨upftem Bodenentzug aus der Umgebung des Pfahls f¨uhren. Ein Vorauseilen der Verrohrung von 1-2 m kann diesen Effekt nicht verhindern. Bei der Herstellung von Bohrpfahlw¨anden kann der Bodenentzug zu Sch¨aden von Nachbargeb¨auden f¨uhren. Daher sollte die Ziehgeschwindigkeit des Bohrers nicht allzu groß sein, zumindest bei Beginn des Ziehens.
19.3 Vertikales Tragverhalten Nach der vorherrschenden Vorstellung existiert f¨ur jeden Pfahl eine Grenzlast, bei deren Erreichen der Pfahl – theoretisch – unbegrenzt in den Untergrund einsinkt. Den meisten Versuchen zufolge steigt die Pfahlkraft monoton (wenn auch mit fallender Tendenz) mit wachsender Eindr¨uckung des Pfahls in den Untergrund (Abb. 19.17). 19.3.1 Ermittlung der Pfahlkraft von Bohrpf¨ahlen aus Erfahrungswerten Die Pfahlkraft Q wird aufgespalten in Anteile aus Pfahlfuß bzw. Pfahlspitze Qs und Pfahlmantel Qm .9 Beide Anteile werden als Funktion der Pfahlkopfsetzung s,10 8 9 10
K.D. K LUCKERT, Beispiele von Sch¨aden und Sanierungen an Großbohrungen, 13. Veder Kolloquium, Graz 1998. Anstelle von Pfahlkraft Q“ spricht man in den neuen Normen von Pfahlwiderstand R“. ” ” Wenn man die elastische Zusammendr¨uckung des Pfahls ber¨ucksichtigt, so ist es streng genommen inkorrekt, die Mobilisierung der Mantelreibung und des Spitzen-
330
19 Pfahlgr¨undungen Qg
Pfahlkraft Q
Pfahlkopfsetzung s
Abb. 19.17 Kraft-Setzungs-Kurve eines Pfahls und Definition der Grenzlast Qg
des Pfahldurchmessers d (gegebenenfalls ist zu unterscheiden zwischen dem Pfahlschaftdurchmesser d und dem Pfahlfußdurchmesser dF ) und der Bodeneigenschaften angesetzt. Die Bodeneigenschaften werden entweder mit der Schlagzahl n10 der Rammsonde oder mit der Schlagzahl n30 aus dem SPT-Versuch (mit n10 ≈ 0, 6n30 ) oder mit dem Sondierspitzendruck qs (Abschnitt 26.5) oder mit der undr¨anierten Koh¨asion cu angegeben. F¨ur Fels zieht man die einaxiale Druckfestigkeit qu heran. Es wird also angesetzt: Q = Qs (s, d, Bodeneigenschaften) + Qm (s, d, Bodeneigenschaften)
.
Ferner wird Qs proportional zur Fußfl¨ache AF und Qm proportional zur Mantelfl¨ache Am angesetzt. Offensichtlich ist f¨ur kreiszylindrische Bohrpf¨ahle AF =
π 2 d 4
,
Am = πdl
,
l ist dabei die H¨ohe (L¨ange) der tragenden Mantelfl¨ache. Man hat also Q=
πd2F σs (s, d, Bodeneig.) + πd τmi (s, d, Bodeneig.)li 4 i
.
σs ist der (mittlere) Pfahlspitzendruck und τm die (mittlere) Mantelreibung. τm ist eine Schubspannung. Das Summationszeichen weist darauf hin, dass gegebenenfalls u¨ ber mehrere Schichten mit der jeweiligen Dicke li zu summieren ist. Die Funktionen σs (. . .) und τm (. . .) werden mit empirischen Formeln (also aus Erfahrung) andrucks in Abh¨angigkeit von der Pfahlkopfverschiebung anzugeben. F¨ur Einzelheiten sei auf I. F EDDERSEN, Die Ber¨ucksichtigung realistischer Reibungswiderst¨ande bei Fahrbahnen, Gr¨undungsplatten und Pf¨ahlen durch den Ansatz polygonaler ScherkraftScherverschiebungskurven, Bautechnik 57/12 (1980) 408–413, und G. D IERSSEN, LastVerschiebungs-Beziehung in Anker- und Pfahlk¨opfen unter der eigenen Verformung des Tragglieds, Geotechnik 11/4 (1988) 93–197, verwiesen.
19.3 Vertikales Tragverhalten
331
gegeben.11 Die u.a. Formeln sind nicht dimensionsecht, qs , qu und cu sind in MN/m2 einzusetzen, σs und τmg ergeben sich ebenso in MN/m2 . Spitzendruck: σs h¨angt vom Verh¨altnis s/d ab, erreicht seinen Maximalwert bei s/d = 0, 10 und bleibt dann f¨ur gr¨oßere s/d-Werte konstant. F¨ur 0 < s/d < 0, 10 gilt: s s s σs = 0, 5 n10 , qs , σs = 0, 5 σs = 17 3 cu . (19.1) d d d Mantelreibung: Man kann annehmen, dass τm linear mit der Pfahlkopfsetzung s von 0 auf den Grenzwert τmg ansteigt. τmg wird sch¨atzugsweise bei sg ≤ 3 cm erreicht. τmg = min[0, 008n10 ; 0, 12] τmg = min[0, 008qs ; 0, 12] τmg = min[0, 3cu ; 0, 06]
(19.2) (19.3) (19.4)
Weitere empirische Bemessungsformeln finden sich im Guide to Cone Penetration Testing for Geotechnical Engineering.12 Einbindung im Fels: F¨ur Pf¨ahle, die in Fels einbinden, k¨onnen die Grenzwerte σsg und τmg in Abh¨angigkeit von der einaxialen Druckfestigkeit qu des Gesteins wie folgt angegeben werden: √ √ σsg = 2, 24 qu , τmg = 0, 11 qu . (19.5) Bei der Mantelreibung τmg ist zu pr¨ufen, ob die erwarteten Setzungen u¨ berhaupt ausreichen, um sie zu mobilisieren. Die im Vergleich zu der Festigkeit von Vollkernen kleinere Festigkeit des Gebirgsverbandes ist hier bereits ber¨ucksichtigt. Man beachte jedoch, dass diese Werte nur gelten, wenn kein offenes oder mit leicht verformbaren Material gef¨ulltes Trennfl¨achengef¨uge vorhanden ist. Ferner wird vorausgesetzt, dass der Pfahl mindestens um den halben Durchmesser, jedoch nicht weniger als 0,5 m in den Fels einbindet, dass die r¨aumliche Orientierung der Felsoberfl¨ache und des Trennfl¨achengef¨uges keine Brucherscheinungen beg¨unstigt und dass die Festigkeit nicht infolge des Bohrvorgangs abgemindert wird. Bei Pf¨ahlen mit Felseinbindung erwartet man i.Allg. keine großen Setzungen.13 Beispiel: Man ermittle die Q(s)-Kurve f¨ur einen 10 m langen Bohrpfahl mit Durchmesser d = 0, 88 m. Untergrund: In einer Tiefe von 0 bis 6 m ist n10 = 8 und im Bereich zwischen 6 und 10 m ist n10 = 22. 11 12 13
Die Gleichungen (19.1), (19.2), (19.3), (19.4), (19.5) basieren auf Zahlenwerten aus a¨ lteren deutschen Normen und stellen lediglich konservative Absch¨atzungen dar. www.greggdrilling.com Es wurden jedoch auch hierf¨ur Pfahlkopfsetzungen von bis zu 10 cm beobachtet, siehe H.W. KORECK Tragf¨ahigkeit von Bohrpf¨ahlen im Fels. In: Beitr¨age zur Felsmechanik, Schriftenreihe des Lehrstuhls und Pr¨ufungsamts f¨ur Grundbau, Boden- und Felsmechanik der TU M¨unchen, Heft 10, 1987.
332
19 Pfahlgr¨undungen
√ Der maximale Wert f¨ur σs ist σsg = 0, 5 · 0, 10 · n10 = 0, 158n10 . Mit den Gleichungen (19.1) und (19.2) und mit s in cm erh¨alt man (Abb. 19.18) s π0, 882 min 0, 5 ; 0, 158 · 22 + Q(s) = 4 88 s + min ; 1 0, 88π min [0, 008 · 8 ; 0, 12] · 6 + s3 ; 1 0, 88π min [0, 008 · 22 ; 0, 12] · 4 . + min 3
1
2
3
4
5
Q (MN)
2 4 6 8 10 12 s (cm) Abb. 19.18 Empirisch ermittelte Q(s)-Kurve f¨ur das Beispiel
19.3.2 Mantelreibung Zwischen Pfahloberfl¨ache und Erdreich wirkt je nach Relativverschiebung eine Schubspannung τm , die Mantelreibung genannt wird. Bewegt sich der Pfahl relativ zum Erdreich nach unten, so wirkt die Mantelreibung nach oben und erh¨oht somit die Tragf¨ahigkeit des Pfahles. Es kommt aber auch vor, dass noch nicht auskonsolidierte weiche bindige Schichten sich im Verlauf der Zeit setzen. Diese und gegebenenfalls dar¨uber liegende Schichten k¨onnen dann auf den Pfahl mit einer nach unten gerichteten Mantelreibung, der sog. negativen Mantelreibung (downdrag) wirken, die den Pfahl zus¨atzlich belastet. F¨ur den Grenzwert (d.h. den maximal erreichbaren Wert) τmg der Mantelreibung (genauer: der Mantelschubspannung) kann man ansetzen:14 τmg = σh tan δ
.
σh ist die effektive Horizontalspannung und δ ist der Reibungswinkel zwischen Pfahl und Erdreich (Wandreibungswinkel). 14
Manchmal setzt man auch eine Adh¨asion an: τmg = σh tan δ + ca .
19.3 Vertikales Tragverhalten
333
Oft setzt man die Horizontalspannung σh proportional zur effektiven Vertikalspannung an, σh = Kσz mit K = const und σz = γz bei Boden u¨ ber dem Grundwasser, ohne Auflast. Man erh¨alt dann: τmg = K tan δ σz = βσz mit β := K tan δ. Setzt man δ = ϕ (rauer Mantel) und K = K0 = 1 − sin ϕ, erh¨alt man β = (1 − sin ϕ) tan ϕ. Der so bestimmte β-Faktor variiert wenig mit ϕ (f¨ur 25◦ ≤ ϕ ≤ 45◦ schwankt β im Bereich 0, 24 ≤ β ≤ 0, 30) und kann hinreichend genau mit β ≈ 0, 25 approximiert werden. Anmerkung : Der Ansatz σz = γz ist an einer reibungsbehafteten vertikalen Wand streng genommen nicht korrekt, denn die Gleichgewichtsbedingung in vertikaler ∂σ ∂τ Richtung lautet ∂zz + ∂x = γ. Wegen der Wandreibung verschwindet der zweite Summand links nicht. Daher gilt die Beziehung dσz = γdz nicht. Man kann das Problem beheben, indem man eine d¨unne Scherzone entlang der Wand ansetzt, innerhalb derer die vertikalen Schubspannungen abgebaut werden. Es ergibt sich dadurch eine geringf¨ugige Abminderung der resultierenden Reibungskraft. Wenn die zu erwartenden Setzungen nicht hinreichend groß sind, wird keine negative Mantelreibung mobilisiert. Bei nicht voll auskonsolidierten Weichschichten, in denen die Setzungen nur noch wenige mm im Jahr betragen, braucht daher keine negative Mantelreibung angesetzt zu werden. Nach B JERRUM u.a.15 kann die negative Mantelreibung durch eine 1 mm dicke Bitumenschicht auf ca. 10% reduziert werden. Zum Schutz des Bitumens beim Rammen empfehlen sie die Verwendung eines verbreiterten Pfahlschuhs und die Auff¨ullung des dadurch entstehenden Spalts mit Bentonitsuspension. Eine Literatur¨ubersicht zur Abminderung der negativen Mantelreibung geben P OULOS und DAVIS16 an. Wenn die negative Mantelreibung die Pfahltragf¨ahigkeit u¨ bersteigt, wird der Pfahl dermaßen in den Boden hineingedr¨uckt, dass – zumindest im unteren Pfahlbereich – die Pfahlsetzung doch gr¨oßer als die Setzung des umgebenden Bodens ist und dadurch eine positive Mantelreibung mobilisiert wird.17 Der Punkt, unterhalb dessen die Mantelreibung positiv ist, heißt neutraler Punkt.
19.3.3 Mantelverpressung Bei Bohrpf¨ahlen kann die Mantelreibung durch Mantelverpressung erh¨oht werden. F¨ur jede Verpressstelle wird u¨ blicherweise eine eigene Zuleitung aus einem d¨unnen Kunststoffrohr mit Manschette vorgesehen. Die einzelnen Zuleitungen werden am Bewehrungskorb befestigt (etwa eine Verpressstelle pro ca. 4 m2 Mantelfl¨ache).18 15 16 17 18
L. B JERRUM,, I.J. J OHANNESSEN,, O. E IDE Reduction of negative skin friction on steel piles to rock. Proc. 7th Int. Conf. SMFE Mexico, Bd. 2, 1969, S. 27–34. H.G. P OULOS, E.H. DAVIS Pile Foundation Analysis and Design, John Wiley and Sons, New York 1978. W. BAUMGARTL, Ein einfaches Modell f¨ur negative Mantelreibung. Symposium Pfahl” gr¨undungen“, 1986 in Darmstadt. H-G. S CHMIDT Großbohrpf¨ahle mit Mantelverpressung, Bautechnik 73/3 (1996) 169–174.
334
19 Pfahlgr¨undungen
Die Betondeckung der Manschetten wird mit hohem Wasserdruck aufgesprengt. Dies sollte dann erfolgen, wenn der Pfahlbeton gerade zu erh¨arten beginnt. Die ei¨ gentliche Mantelverpressung kann sp¨ater erfolgen. Ubliche Werte sind 2 MPa Verpressdruck und 100 kg Verpressleim pro Manschette. Sollte die Injektion an einigen Stellen misslingen, so kann von außen verpresst werden. Es wird nicht erwartet, dass das Injektionsgut wie bei der Niederdruckinjektion in die Poren des Bodens eindringt. Vielmehr soll der Boden senkrecht zur kleinsten Hauptspannung aufgebrochen werden, sodass diese Spannung bleibend vergr¨oßert wird. Tats¨achlich erfolgt dieses Aufbrechen entlang der Mantelfl¨ache, die ja die gr¨oßte Entspannung bei der Herstellung des Bohrpfahls erf¨ahrt. Die Erh¨ohung der Pfahltragf¨ahigkeit kommt haupts¨achlich durch die Erh¨ohung der auf den Pfahlmantel wirkenden Horizontalspannung zustande. Letztere ist aber keinesfalls mit dem Verpressdruck identisch. Generell kann durch die Mantelverpressung ein erheblicher Zuwachs (zwischen 50 und 100%) der Mantelreibung erwartet werden. Die Tragf¨ahigkeit mantelverpresster Bohrpf¨ahle kann nur anhand von Probebelastungen festgestellt werden. 19.3.4 Zugpf¨ahle Zugpf¨ahle tragen nur u¨ ber Mantelreibung. Sie versagen entweder bei Erreichen der Grenzmantelreibung oder durch Herausziehen eines sie umgebenden Erdkegels. Die Traglast eines Zugpfahls kann also nicht gr¨oßer, aber durchaus geringer als das Gewicht eines Erdkegels um den Pfahl herum sein. Da bei Erreichen der Grenzlast keine Reserven vorhanden sind, sind f¨ur Zugpf¨ahle h¨ohere Sicherheiten vorgeschrieben. 19.3.5 Schwell- und Wechselbelastung Gemeint sind zyklische Pfahllasten von der Art Q±ΔQ, wobei der Lastwechsel ΔQ wiederholt aufgebracht wird. F¨ur ΔQ > Q liegt Wechselbelastung, sonst Schwellbelastung vor. Die u¨ blicherweise auftretenden Schwellbelastungen mit ΔQ ≤ 0, 5Q beeintr¨achtigen kaum das Tragverhalten von Pf¨ahlen. Bei voller Schwellbeanspruchung (ΔQ ≈ Q) ist jedoch mit einer Abnahme der Mantelreibung zu rechnen. Aufgrund von Versuchen in sandigen B¨oden empfiehlt K ORECK19 die in der Tabelle 19.1 angegebenen Abminderungsfaktoren f¨ur Reibungspf¨ahle. Auch im Offshore-Bereich liegen Erfahrungen zu der Auswirkung von Schwellund Wechselbelastung vor. Man geht davon aus, dass das Tragverhalten beeintr¨achtigt wird, sobald die zyklisch ver¨anderte Pfahlkraft ΔQ den Wert 0, 7Qg (f¨ur Spitzendruckpf¨ahle) bzw. 0, 3Qg (f¨ur schwimmende Pf¨ahle, d.h. f¨ur Pf¨ahle, die haupts¨achlich u¨ ber Mantelreibung tragen) u¨ berschreitet. Messungen ergaben jedoch, dass die zyklischen Lasten oft erheblich u¨ bersch¨atzt werden. 19.3.6 Nachweise Der Nachweis der Tragf¨ahigkeit erfolgt dadurch, dass man nachweist, dass die Pfahlkraft hinreichend kleiner als die Grenzlast Qg ist: Q ≤ Qg /η. Bei a¨ lteren Normen 19
H.W. KORECK, Zyklisch axial belastete Pf¨ahle, Geotechnik 8/2 (1985).
19.4 Horizontales Tragverhalten
335
Tabelle 19.1 Empfehlung von KORECK f¨ur zyklisch belastete Reibungspf¨ahle Belastungsart zykl Qg /stat Qg Wechselbelastung Lastwechsel > 10.000 0,2 Lastwechsel < 10.000 0,4 Schwellbelastung Lastwechsel > 100.000 0,5 Lastwechsel < 100.000 0,8
wurde die Sicherheit η f¨ur jeden Lastfall vorgegeben. Die neueren Normen enthalten hierf¨ur viele Einzelbestimmungen, die hier nicht wiedergegeben werden. Die Gebrauchstauglichkeit wird dadurch nachgewiesen, dass man zeigt, dass eine allf¨allig vorgegebene Setzung szul (etwa in Verbindung mit bestehenden Bauwerken oder bei der Herstellung von Br¨ucken mit freiem Vorbau) nicht u¨ berschritten wird Qvorh ≤ Q(szul )
.
(19.6)
19.4 Horizontales Tragverhalten 19.4.1 Seitliche Pfahlbelastung Wird ein Pfahl infolge Querbelastung seitlich ausgelenkt, so weckt er im Boden Reaktionskr¨afte (Abb. 19.19). Da das zugrunde liegende dreidimensionale mechanische Problem noch ungel¨ost ist, versucht man, mit dem sog. Bettungsmodulverfahren approximative L¨osungen zu bekommen. x0 H
H x(z)
z
αl
p(z)
l
Abb. 19.19 Seitlich belasteter Pfahl
Abb. 19.20 Starrer Pfahl mit horizontaler Belastung
Die auf den Pfahl einwirkenden Bodenkr¨afte werden als eine Streckenlast p(z) aufgefasst. Bei jeder Tiefe z wird p(z) proportional zur Pfahlauslenkung x(z) angesetzt:
336
19 Pfahlgr¨undungen
p = kx
.
k heißt Bettungsmodul und hat die Dimension Kraft/L¨ange2 . Wenn sich auch der Boden bewegt, so ist f¨ur x die Relativverschiebung zwischen Pfahl und Boden einzusetzen. Gelegentlich wird nicht die Streckenlast p, sondern die Horizontalspannung σh als proportional zur Auslenkung angesetzt, σh = k ∗ x. Die Proportionalit¨atskonstante k ∗ wird ebenfalls Bettungsmodul genannt. Sie hat aber dann die Dimension Kraft/L¨ange3 . Beide Ans¨atze lassen sich ineinander u¨ berf¨uhren mit p = σh d, wo d der Durchmesser bzw. die Breite des Pfahls ist. Es ist also k = k ∗ d. Der Bettungsmodul nichtbindiger B¨oden w¨achst mit der Tiefe.20 T ERZAGHI empfiehlt, bei Sand Es bzw. k linear mit der Tiefe zunehmend anzusetzen:21 k = kR z und kR empirisch u¨ ber den Sondierspitzendruck qs zu bestimmen (siehe Tabelle 19.2). Unterhalb des Grundwasser-Spiegels ist kR auf 0, 6kR herabzusetzen. F¨ur bindige B¨oden empfiehlt S HERIF einen u¨ ber die Tiefe konstanten Bettungsmodul (siehe Tabelle 19.3).
Tabelle 19.2 kR -Faktoren nach T ERZAGHI
Tabelle 19.3 Bettungsmodule bindiger B¨oden nach S HERIF
qs ( MN/m2 ) kR (MN/m3 ) 5-10 2 10-15 6,5 >15 18
Konsistenz k (MN/m2 ) steif 8 halbfest 16 fest 32 bzw. k = 160 · cu
F¨ur die nachfolgenden Berechnungen wird ein u¨ ber die Tiefe konstanter Bettungsmodul angesetzt. Unter der Einwirkung der Horizontallast H (es wird hier angenommen, dass diese an der Erdoberfl¨ache angreift) und der Streckenlast p(z) wird der Pfahl nach Maßgabe der Balkenbiegungs-Differentialgleichung ausgelenkt:
EI
d4 x = −kx dz 4
.
(19.7)
Die allgemeine L¨osung lautet: 20
21
Siehe auch J. Wiesmann, Bemessungsverfahren f¨ur horizontal belastete Pf¨ahle - Untersuchungen zur Anwendbarkeit der p-y-Methode. Mitteilung aus dem Fachgebiet Grundbau und Bodenmechanik, herausgegeben von W. R IECHWIEN, Universit¨at Duisburg-Essen, VGE-Verlag 2007. W.E. S CHULTZE,, K. S IMMER, Grundbau (Band 2), Teubner 1978, S. 330.
19.4 Horizontales Tragverhalten
337
x(z) = sinh ζ(C1 sin ζ + C2 cos ζ) + cosh ζ(C3 sin ζ + C4 cos ζ) (19.8) mit L := 4 4 EI/k (elastische L¨ange) und ζ := z/L . Die vier freien Konstanten C1 , C2 , C3 , C4 werden unter Ber¨ucksichtigung der vier Randbedingungen festgelegt, welche die Lagerung des Pfahls beschreiben. Nehmen wir an, der Pfahl sei an seinem unteren Ende (d.h. bei z = l) frei aufgelagert, d.h. M (l) = 0, Q(l) = 0. Am oberen Ende soll gelten: M (0) = 0, Q(0) = −H. Ausgehend von den bekannten Beziehungen EIx = −M und EIx = −Q haben wir also: x (l) = 0 ,
x (l) = 0 ,
x (0) = 0 ,
x (0) = H/(EI)
.
(19.9)
Einsetzen der Randbedingungen ergibt ein lineares Gleichungssystem f¨ur C1 , C2 , C3 , C4 . Mit λ := l/L lautet die L¨osung22 : 2H sinh λ cos ζ cosh(λ − ζ) − sin λ cosh ζ cos(λ − ζ) , kL sinh2 λ − sin2 λ sinh λ sin ζ sinh(λ − ζ) − sin λ sinh ζ sin(λ − ζ) M = −HL . sinh2 λ − sin2 λ x=
(19.10) (19.11)
Demnach betr¨agt die Horizontalverschiebung am Kopf (z = 0): x0 := x(z = 0) =
2H sinh λ cosh λ − sin λ cos λ kL sinh2 λ − sin2 λ
.
(19.12)
Es herrscht also ein lineares Kraft-Verschiebungsgesetz, und die Proportionalit¨atskonstante ist (sofern man von der L-Abh¨angigkeit von λ absieht) proportional zu k 3/4 . Ebenfalls unter Außerachtlassung der Ausdr¨ucke mit λ erweist sich das Biegemoment als proportional zu LH bzw. proportional zu k 1/4 . Man ersieht daraus, dass der Wert von k sich bei der Bestimmung von x0 st¨arker bemerkbar macht als bei der Bestimmung des maßgebenden Biegemomentes. Deswegen kommt es nicht sehr auf die Genauigkeit von k an. Soll hingegen die Verschiebung oder die Verdrehung des Pfahlkopfs berechnet werden, ist k mithilfe einer Probebelastung zu bestimmen.23 In Abb. 19.21 links ist die dimensionslose Pfahlkopfverschiebung x0 kL/H u¨ ber der Schlankheit“λ nach (19.12) aufgetragen. Das mithilfe von (19.11) berechnete di” mensionslose maximale Biegemoment |M |max /HL ist u¨ ber λ im Abb. 19.21 rechts aufgetragen. F¨ur den Fall, dass der Pfahlkopf unverdrehbar mit der Kopfplatte verbunden ist, lauten die Randbedingungen: 22 23
M. H ETENYI, Beams on elastic foundations, Ann Arbor/Michigan, University of Michigan Press 1946. Die Ermittlung von k aus Probebelastungen ist allerdings problematisch, da aus der Bettungstheorie ein lineares Kraft-Verschiebungsgesetz resultiert, wohingegen Probebelastungen i.d.R. nichtlineare Kraft-Verschiebungsbeziehungen ergeben. Aus demselben Grund erscheint die Bestimmung der Verteilung des Bettungsmoduls u¨ ber die Tiefe durch Probebelastungen fraglich.
338
19 Pfahlgr¨undungen
Abb. 19.21 Dimensionslose Auftragung der horizontalen Nachgiebigkeit des Pfahlkopfs nach Gleichung (19.12) (a) und des nach Gleichung (19.11) berechneten maximalen Biegemomentes |M |max (b) eines am Pfahlkopf gelenkig angeschlossenen Pfahls
x (l) = 0 ,
x (l) = 0 ,
x (0) = 0
,
x (0) = H/(EI)
.
Anstelle der Gleichungen (19.10) und (19.11) treten dann folgende Gleichungen als L¨osung der Differentialgleichung (19.7) auf x=
H A+B+C kL sinh λ cosh λ + sin λ cos λ
mit A = sinh λ[cosh(λ − ζ) sin ζ + sinh(λ − ζ) cos ζ]
,
B = − sin λ[cosh ζ sin(λ − ζ) + sinh ζ cos(λ − ζ)]
,
C = 2 cosh ζ cos ζ und M = −HL
D+E+F sinh λ cosh λ + sin λ cos λ
,
(19.13)
mit D = sinh λ[cosh(λ − ζ) sin ζ − sinh(λ − ζ) cos ζ] , E = − sin λ[cosh ζ sin(λ − ζ) − sinh ζ cos(λ − ζ)] , F = −2 cosh ζ cos ζ
.
Die Horizontalverschiebung am Kopf betr¨agt dann: x0 := x(z = 0) =
cosh2 λ + cos2 λ H kL sinh λ cosh λ + sin λ cos λ
.
(19.14)
19.4 Horizontales Tragverhalten
339
F¨ur EI = ∞ liegt ein starrer Pfahl vor (solch ein Pfahl wird auch gedrungen“ ” bzw. kurz“ genannt.24 Hierf¨ur l¨asst sich die Streckenlast aus den beiden Gleichun” gen ΣH = 0 und ΣM = 0 ermitteln. Der Drehpunkt des starren Pfahls liegt in der Tiefe αl (Abb. 19.20). F¨ur den Fall u¨ ber die Tiefe konstanter Bettung, k = const, ergibt sich aus diesen Gleichungen: α=
2 3
,
H=
kl x0 4
,
Mmax =
4 Hl 27
.
F¨ur eine mit der Tiefe linear zunehmende Bettung k = kR z ergibt sich: α=
3 4
,
H=
kR l2 x0 18
,
Mmax = 0, 26Hl
,
also ebenfalls ein lineares Kraft-Verschiebungsgesetz. Betrachtet man einen unendlich langen Pfahl (d.h. ersetzt man die o.g. Randbedingungen M (l) = 0, Q(l) = 0 durch die Randbedingungen M (∞) = 0, Q(∞) = 0), so vereinfacht sich die mathematische L¨osung erheblich. Falls an der Gel¨andeoberfl¨ache außer der Horizontalkraft H auch noch ein Biegemoment M0 wirkt, erh¨alt man f¨ur k =const: 2H −ζ 2M0 e cos ζ + 2 e−ζ (cos ζ − sin ζ) , Lk L k M = −HLe−ζ sin ζ − M0 e−ζ (cos ζ + sin ζ)
x=
(vgl. ged¨ampfte Schwingung). Man kann diese L¨osung f¨ur schlanke Pf¨ahle mit l ≥ 3L heranziehen und begeht dabei einen geringen Fehler (≤ 4%). 19.4.2 Grenzlast von horizontal belasteten Pf¨ahlen Das Anwachsen von p mit x ist dadurch beschr¨ankt, dass bei Erreichen eines bestimmten Grenzwertes von p, des sog. Fließdrucks pf , der Boden um den Pfahl fließt bzw. der Pfahl den Boden durchpfl¨ugt. p bleibt dann bei weiterem Anwachsen von x konstant. Die Gr¨oße des Fließdrucks pf und seine Verteilung u¨ ber die Tiefe z sind nicht genau bekannt. R ANDOLPH und H OULSBY25 erhalten aus einer analytischen Berechnung pf ≈ 10 cu d
.
(19.15)
Dieser Wert wird in der N¨ahe der Oberfl¨ache reduziert, da dort der Boden auch nach oben ausweichen kann. Man kann in Anlehnung an die Erddrucktheorie annehmen, dass pf = 2cu d f¨ur z = 0, und dass der volle Wert erst in der Tiefe 3d erreicht wird. 24 25
Ein Pfahl wird starr“ genannt bei 0 < λ < 1, gedrungen“ bei 1 < λ < 5 und schlank“ ” ” ” bei λ > 5, mit λ = l/L. W.K.G. F LEMMING, A.J. W ELTMAN, M.F. R ANDOLPH, W.K. E LSON, Piling Engineering, 2nd edition, Blackie 1992, S. 146.
340
19 Pfahlgr¨undungen
Unter der Annahme, dass u¨ berall im Boden der Fließdruck erreicht ist, kann man die Grenzlast Hg aus den Gleichungen ΣH = 0 und ΣM = 0 ermitteln. F¨ur einen Pfahl, der u¨ ber der Gel¨andeoberkante um die L¨ange a herausragt und mit der L¨ange l in den Boden einbindet, ergibt sich mit u¨ ber die Tiefe konstantem Fließdruck: $ # a 2 a 1 a + + −2 −1 Hg = lpf 2 l l 2 l 1 l − pf l 2 . Mmax = Hg a + 3 18 Der im oberen Bereich verminderte Fließdruck kann dadurch ber¨ucksichtigt werden, dass l um den Betrag 1, 5d verringert und a um denselben Betrag vergr¨oßert wird.26 Um den Fließdruck zu ber¨ucksichtigen, nimmt G UDEHUS27 vereinfachend eine bi” lineare“ Beziehung p = Min (kx, pf ) an. Berechnungen mit dem bilinearen Ansatz k¨onnen nur numerisch durchgef¨uhrt werden.28 Die Schwierigkeit liegt darin, dass man nicht a priori weiß, in welchen Bereichen die lineare Bettung p = kx und in welchen Bereichen der Fließdruck p = pf herrscht. Ein iteratives Verfahren f¨uhrt aber rasch zur L¨osung. Man berechnet dabei zun¨achst den Fall durchgehend linearer Bettung, bestimmt also die Biegelinie x(z), und u¨ berall wo x > pf /k ist, wird in einem nachfolgenden Berechnungsgang p = pf gesetzt. ¨ 19.4.3 Verdubelung kriechender H¨ange Mit ann¨ahernd horizontal belasteten Pf¨ahlen k¨onnen kriechende H¨ange verd¨ubelt werden. Dadurch kann die Kriechgeschwindigkeit erheblich reduziert werden. Zur Dimensionierung geht man davon aus, dass eine feste Scholle der Dicke hG auf einer d¨unnen, aufgeweichten Gleitfuge gleitet, die – ebenso wie der Hang – um den Winkel β geneigt ist (Abb. 19.22). Man nimmt ferner an, dass das Material in der Gleitfuge viskos ist, in dem Sinn dass eine Ver¨anderung der Kriechgeschwindigkeit von v0 auf v1 eine Ver¨anderung Δτ der auf der Gleitfuge wirkenden Schubspannung τ bedingt: Δτ = τ0 Iv ln
v1 v0
.
(19.16)
Iv ist ein bodentypischer Z¨ahigkeitsindex. Werden D¨ubel eingebaut, so erhalten sie mit zunehmender Hangverschiebung eine wachsende Horizontalkraft. Dadurch 26
27 28
Verwandt dazu ist das Verfahren nach B LUM zur Ermittlung der Grenzlast von Dalben. Dalben sind Pf¨ahle, deren oberes Ende aus der Wasseroberfl¨ache herausragt. Sie werden in H¨afen und Seewasserstraßen eingesetzt, um Schiffsst¨oße aufzufangen (Anfahrdalben). Siehe Empfehlungen des Ausschusses f¨ur Ufereinfassungen (EAU) 2012. Berlin, Ernst & Sohn 1985. G. G UDEHUS, Seitendruck auf Pf¨ahlen in tonigen B¨oden, Geotechnik 7/2 (1984). W. S CHWARZ, Verd¨ubelung toniger B¨oden, Ver¨offentlichungen des Inst. f. Bodenmechanik und Felsmechanik der Universit¨at Karlsruhe, Heft 105, 1987.
19.4 Horizontales Tragverhalten
341
hG
Gleitfuge
τ v
ho hu
β Abb. 19.22 Verd¨ubelung kriechender H¨ange
wird die Schubspannung τ in der Gleitfuge allm¨ahlich reduziert, was wiederum nach obiger Gleichung eine wesentliche Verringerung der Kriechgeschwindigkeit nach sich zieht. Unter Zugrundelegung des bilinearen Ansatzes p = Min(kx, pf ) hat S CHWARZ28 ein Verfahren zur Dimensionierung der D¨ubel ausgearbeitet. Man kommt dabei ohne die im Abschnitt Ber¨ucksichtigung der nichtlinearen Bettung“ ” angegebene Iteration nicht aus. Hier soll lediglich der Sonderfall der linearen Bettung (p = kx) betrachtet werden. Ferner wird hier angenommen, dass der Bettungsmodul oberhalb und unterhalb der Gleitfuge gleich ist. Nehmen wir an, dass die Gleitscholle die Grundfl¨ache b × l, die Neigung β, die Tiefe hG und die Wichte γ hat. Sie m¨oge zun¨achst mit der Geschwindigkeit v0 kriechen, und es sei das Ziel der Verd¨ubelung, diese Geschwindigkeit auf ein ertr¨agliches Maß v1 zu reduzieren. Um dies zu erreichen, muss der Anteil Δτ (nach Gleichung 19.16) der in der Tiefe der Gleitfuge talw¨arts treibenden Schubspannung τ0 = γhG sin β cos β von den D¨ubeln u¨ bernommen werden. Dies geschieht u¨ ber die Querkraft Qs der D¨ubel in der Tiefe der Gleitfuge: Δτ =
erf Qs bl
.
(19.17)
Es soll nun ein D¨ubelquerschnitt gew¨ahlt werden. Ferner sollen die Einbindel¨angen des D¨ubels in der Gleitscholle (ho ) und in dem festen Untergrund (hu ) bestimmt werden. ho ist durch die Tiefe der Gleitscholle begrenzt (ho ≤ hG ). Oft w¨ahlt man ho < hG , um den oberen Bereich des Baugrundes nicht zu beeintr¨achtigen. Die von einem D¨ubel u¨ bertragene Querkraft Qs wird mithilfe der Differentialgleichung (19.7) ermittelt. Man betrachte dazu Abb. 19.23. Die obere Scholle hat sich seit dem Zeitpunkt der Verd¨ubelung um den Betrag w verschoben. Die L¨osung f¨ur xo (oben) und xu (unten) lautet entsprechend (19.8):
342
19 Pfahlgr¨undungen w
ho zo zu hu
Streckenlast
Biegelinie
Abb. 19.23 Biegelinie und Streckenlast auf einen D¨ubel
zo xo = sinh Lo
zo zo + C2 cos C1 sin Lo Lo
zo + cosh Lo
zo zo + C4 cos C3 sin Lo Lo
+w
(19.18) zu xu = sinh Lu
zu zu C5 sin + C6 cos Lu Lu
zu + cosh Lu
zu zu C7 sin + C8 cos Lu Lu
mit Lo := 4 4 EI/ko und Lu := 4 4 EI/ku . Die Integrationskonstanten C1 bis C8 bestimmen sich aus den Randbedingungen M = 0 und Q = 0 an den Pfahlenden ¨ ¨ sowie den vier Ubergangsbedingungen eines stetigen Ubergangs von x, x , Q, M an der Stelle z = 0. Man erh¨alt f¨ur Lo = Lu = L die L¨osung in der Form29 ho ho w , Qs = EI 3 · q . (19.19) L L hu Aus Gleichung (19.19) sieht man, dass Qs mit der Hangverschiebung w w¨achst, d.h. der D¨ubel packt“ erst mit wachsender Verschiebung. Die Reduktion der Kriechge” schwindigkeit von v0 auf v1 ben¨otigt deshalb die Zeit blτ0 Iv L3 v0 t1 = −1 . (19.20) nEIqv0 v1 Aus Gleichung (19.20) folgt, dass innerhalb der Bremszeit t1 der Hang sich noch um den Betrag v0 t1 v 0 (19.21) ln w 1 = v0 v1 v1 − 1 29
Die Funktionen q angegeben.
ho ho , L hu
und m
ho ho , L hu
sind in der erw¨ahnten Arbeit von S CHWARZ
19.4 Horizontales Tragverhalten
343
verschiebt. Daraus l¨asst sich das in der Dimensionierung der Verd¨ubelung eingehende Geschwindigkeitsverh¨altnis dermaßen bestimmen, dass innerhalb einer vorgegebenen Zeit t1 der Hang um ein vorgegebenes, ertr¨agliches Maß w1 kriecht. Die erforderliche Anzahl n der D¨ubel ergibt sich aus erf n = erf Qs /Qs . Die n D¨ubel sind u¨ ber der Grundfl¨ache des Kriechhanges geeignet zu verteilen. Vorzugsweise sollte man sie entlang von m¨oglichst talw¨arts liegenden H¨ohenlinien vertei2l len. Quer zur Kriechrichtung sollte der D¨ubelabstand den Wert nicht (l/hG ) + 1 u¨ berschreiten. Die D¨ubelbewehrung sollte nach Maßgabe der Querkraft und des maximalen Biegemomentes dimensioniert werden. Mmax ergibt sich ebenfalls aus der L¨osung (19.18) in der Form ho ho w , . (19.22) Mmax = EI 2 · m L L hu 19.4.4 Knicken von axial belasteten Pf¨ahlen Der Einfluss der seitlichen Bettung auf die Knicklast soll anhand eines linear gebetteten, oben und unten gelenkig gelagerten Pfahls der L¨ange l untersucht werden. Die Balkenbiegungs-Differentialgleichung lautet: EIx = −M
.
(19.23)
Das Biegemoment M bestimmt sich aus
z z M = Px +
p(z )dz dz + M (0) − Q(0) · z − P · x(0)
,
(19.24)
0 0
mit p(z) = kx(z). Zweimalige Differentiation nach z liefert M = P x + kx
,
(19.25)
woraus schließlich folgt: EIx(4) + P x + kx = 0
.
(19.26)
Die Randbedingungen lauten x(0) = x (0) = x(l) = x (l) = 0. Mit dem L¨osungsansatz x(z) = C sin(nπz/l) ergibt sich dann die kritische Last (Knicklast) Pk in Abh¨angigkeit von λ := l/L und n (n = 1, 2, 3 . . .): 2 √ λ 1 nπ 2 Pk = k EI 2 + . (19.27) nπ 2 λ Man muss also f¨ur eine gegebene Schlankheit“ λ diejenige ganze Zahl n suchen, ” welche Pk zum Minimum macht (Abb. 19.24). Stattdessen kann man die Ungleichung
344
19 Pfahlgr¨undungen
Abb. 19.24 Dimensionslose Knicklast Pk in Abh¨angigkeit von der Schlankheit λ und n (nach Gleichung 19.27)
√ Pk ≥ 2 k EI
(19.28) √ benutzen, zumal f¨ur hinreichend große λ-Werte ziemlich genau minPk ≈ 2 k EI gilt.30 Man erh¨alt so einen Wert, der meistens erheblich gr¨oßer als die Knicklast eines seitlich ungest¨utzten Stabes ist. F¨ur einen Holzpfahl d = 20 cm, E = 103 kN/cm2 , I = πd4 /64 = 7854 cm4 , i = d/4 = 5 cm, l = sk = 7 m, λ = sk /i = 140, ω = 5, 88 erh¨alt man bei Vernachl¨assigung der Bodenst¨utzung eine zul¨assige Kraft von Pzul =
kN F 314 cm2 σzul = 1, 0 = 53, 4 kN ω 5, 88 cm2
.
3
Hingegen betr¨agt die Knicklast eines im Torf (k/d = 5 MN/m ) gebetteten Stabs: √ kN kN Pk = 2 k EI = 2 0, 1 · 103 · 7854 cm4 = 1, 77 MN . 2 cm cm2 F¨ur diesen Pfahl betr¨agt die zul¨assige Belastung 150 bis 300 kN. Die hier aufgef¨uhrte Untersuchung ist stark vereinfacht, da ideales Knicken (d.h. ohne Anfangsimperfektionen) betrachtet wurde. Herstellungsbedingt weicht die Mittellinie von Pf¨ahlen fast immer von einer Geraden ab, was bei der Ermittlung der Knicklast ber¨ucksichtigt werden sollte.31 Man verlangt den Nachweis der Knicksicherheit f¨ur einen seitlich ungest¨utzten Pfahl nur, falls cu ≤ 15 kN/m2 ist. 30 31
W. S CHNELL, G. C ZERWENKA, Einf¨uhrung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. Bibliographisches Institut Mannheim, Band 2, 1970. I. S OVINC, Buckling of piles with initial curvature, 10th Int. Conf. SMFE, Stockholm 1981, Proceedings Vol. 2, S. 851–856.
19.5 Statische Probebelastung
345
Bei Pf¨ahlen, die u¨ ber die Bodenoberfl¨ache hinausragen, soll die Knicksicherheit nachgewiesen werden. Wenn l0 die Einbindel¨ange des Pfahls im Boden, h die L¨ange des freistehenden Pfahls und L die elastische L¨ange ist, so kann (sofern l0 > 1, 5L ist) die Knickl¨ange lk nach S CHIEL32 wie folgt abgesch¨atzt werden: – Pfahlkopf eingespannt, senkrecht zur Achse unverschieblich: lk ≈ 12 (h + L), – Pfahlkopf gelenkig, senkrecht zur Achse unverschieblich: lk ≈ √12 (h + L), – Pfahlkopf eingespannt, senkrecht zur Achse verschieblich: lk ≈ h + L, – Pfahlkopf gelenkig, senkrecht zur Achse verschieblich: lk ≈ 2(h + L).
19.5 Statische Probebelastung
Verschiebung am Pfahlkopf in mm
Die Probebelastung dient der direkten Ermittlung des Kraft-Setzungsverhaltens und der Grenzlast von Pf¨ahlen. Im Vergleich zu Erfahrungswerten liefert sie zuverl¨assigere Ergebnisse, ist aber teuer. Der hohe Aufwand kann sich lohnen, da sich meist gr¨oßere Tragf¨ahigkeiten als nach den Erfahrungswerten ergeben. 2 0 -2 -4 -6 -8 -10 -12 -14 -16 -18
0
2000
4000
6000
8000
10000
12000
Last am Pfahlkopf in kN Abb. 19.25 Kraft-Verschiebungs-Kurve aus einer Pfahlprobebelastung im Sand
Die Grenzlast Qg im Sinne einer vertikalen Tangente (dQ/ds = 0) wird fast nie erreicht. Auch l¨asst sich die ermittelte Q(s)-Kurve kaum auf Qg extrapolieren.33 Man nimmt daher als Qg den maximal erreichten Q-Wert an. 32
33
¨ W. S CHENCK, U. S MOLTCZYK, W. L ACHLER , Pfahlroste. In: Grundbau Taschenbuch 3. Aufl., Teil 2, Berlin, Ernst & Sohn 1982, S. 572–600, sowie W.G.K. F LEMING, A.J. W ELTMAN, M.F. R ANDOLPH, W.K. E LSON, Piling Engineering, 2nd edition, Blackie 1992, S. 146. Diverse Extrapolationsmethoden, wie diejenige nach C HIN (Ground Engineering, January 2004, 22–26), sind mangels Messung von Qg nicht u¨ berpr¨ufbar und daher wenig sinnvoll.
346
19 Pfahlgr¨undungen
Die Belastung wird mit Hydraulikzylindern in Stufen aufgebracht, und es werden mehrere Entlastungen vorgenommen (Abb. 19.25). Gemessen werden die Kraft (¨uber Kraftmessdosen) und die Pfahlkopfverschiebung (etwa mit Pr¨azisionsnivellierger¨aten). Es gibt keine einheitliche Vorschrift f¨ur das Belastungsprogramm sowie f¨ur die Dauer jeder Laststufe. Dies ist deswegen misslich, weil bei jeder Laststufe Kriechen eintritt, dessen Beendigung selten abgewartet werden kann. Es liegen verschiedene Vorschl¨age vor. Danach soll z.B. jede Laststufe solange dauern, bis die Kriechgeschwindigkeit auf einen bestimmten Wert (z.B. 0,25 mm/h) abgesunken ist. Alternativ dazu kann man eine feste Einwirkungsdauer f¨ur jede Laststufe vereinbaren. Eine andere M¨oglichkeit ist es, die Probebelastung weggesteuert, d.h. mit einer konstanten Geschwindigkeit s˙ = s˙0 durchzuf¨uhren. Die dabei gewonnene Kurve Q0 (s) bezieht sich auf die Geschwindigkeit s˙0 , man kann aber daraus die bei einer Geschwindigkeit s˙1 zu erwartende Pfahlkraft Q1 mit folgender Gleichung absch¨atzen: s˙1 . (19.29) Q1 = Q0 1 + Iv ln s˙0 Als Widerlager werden an Verpressankern oder Zugpf¨ahlen befestigte Belastungskronen eingesetzt (Abb. 19.26). Totlasten werden nur noch f¨ur geringe Belastungen (bis ca. 1500 kN) verwendet. Die Zugkr¨afte sollen in hinreichender Entfernung vom Pfahl in den Boden eingeleitet werden, damit kein Kraftkurzschluss entsteht (Abb. 19.27). Eine separate Messung der Mantelreibung und des Spit-
Abb. 19.26 Widerlagerkrone mit Verpressankern
zendrucks erlaubt, die Messergebnisse auf Pf¨ahle mit anderen Durchmessern und
19.5 Statische Probebelastung
347
Kraftmessdose Hydraulikzylinder
≥3m ≥3m
Abb. 19.27 Verankertes Joch zur statischen Pfahlprobebelastung
L¨angen zu u¨ bertragen. Vielfach probiert man durch Druckbelastung die Summe aus Spitzendruck und Mantelreibung (Qsg + Qmg ) und durch nachfolgende Zugbelastung die Mantelreibung Qmg zu ermitteln. Die Messung des Spitzendrucks erfolgt u¨ ber vollfl¨achige hydraulische bzw. elektronische Druckmesskissen. Die Differenz zwischen Gesamtpfahlkraft und Spitzendruck ergibt einen integralen Wert f¨ur die Mantelreibungskraft. Die Verteilung der Mantelreibungskraft u¨ ber die Tiefe kann u¨ ber die Messung der Axialdehnung erfolgen. Letztere kann durch Extensometer oder durch Dehnungsmesselemente gemessen werden.34 Diese k¨onnen direkt an der L¨angsbewehrung oder an speziellen Stahlteilen geklebt werden, die am Bewehrungs¨ korb montiert werden. Zur Ubertragung der Dehnungen in Spannungen wird der EModul des Pfahls ben¨otigt, der aber schwanken kann (zwischen 15.000 N/mm2 und 40.000 N/mm2 ). Er f¨allt in den oberen 2 bis 3 m des Pfahls geringer aus und h¨angt auch stark von der Qualit¨at und dem Alter des Betons ab. Bestimmt wird er anhand von Probew¨urfeln oder Bohrkernen oder durch Messung der Dehnung direkt an einem freien Pfahlabschnitt. Die Erh¨ohung des E-Moduls vom Beton durch die L¨angsbewehrung und durch Querdehnungsbehinderung durch Wendelbewehrung ist dabei zu ber¨ucksichtigen. Das Kriechen des Betons ist bei Pf¨ahlen, die j¨unger als 4 bis 6 Wochen sind, ebenfalls zu ber¨ucksichtigen. Die aufwendige Konstruktion der Widerlagerkrone wird bei Verwendung einer im Pfahl eingebauten Presse (bzw. Druckkissen) hinf¨allig (z.B. O STERBERG-Presse). Der obere Teil des Pfahls dient dann als Widerlager f¨ur den unteren und umgekehrt. Offensichtlich ist die Belastung nur so lange durchf¨uhrbar, wie weder der obere noch der untere Teil ihre Grenzlast erreicht haben.
34
Wird an der Tiefe z1 die Dehnung ε1 und an der Tiefe z2 die Dehnung ε2 gemessen, so betr¨agt die mittlere Mantelreibung im Bereich z1 < z < z2 : τ¯m = (ε1 − ε2 )EA/(πds) mit A = πd2 /4, d = Pfahldurchmesser, s = z2 − z1 .
348
19 Pfahlgr¨undungen
¨ 19.6 Dynamische Pfahlprufung Der Gedanke, dass die Pfahltragf¨ahigkeit mit dem Rammfortschritt (d.h. mit der Frage, ob sich ein Pfahl leicht oder schwer einrammen l¨asst) korreliert, hat sich in zahlreichen Rammformeln niedergeschlagen. Im Gegensatz zu den Rammformeln, die auf Energiebilanzierungen beruhen, betrachten die moderneren dynamischen Pfahlpr¨ufmethoden (dynamic pile testing – DPT) den Vorgang als Wellenausbreitungsproblem. In der praktischen Durchf¨uhrung wird der Pfahl stoßartig belastet, und die Geschwindigkeit und Dehnung am Pfahlkopf werden als Funktionen der Zeit aufgezeichnet. Die Auswertung dieser Signale soll dann Aufschluss u¨ ber die Tragf¨ahigkeit des Pfahls geben. Der wesentliche Vorteil der dynamischen Verfahren ist der Verzicht auf die Totlast bzw. auf das verankerte Widerlager. Die Belastung wird durch Fallgewichte von bis zu 20 t oder durch pneumatische Hammer aufgebracht. Letztere sind Prallmassen, die vermittels Druckluft und einer Sollbruchstelle auf den Pfahlkopf geschleudert werden (Abb. 19.28).
Abb. 19.28 Pneumatische Hammer zur dynamischen Pfahlpr¨ufung
19.6.1 Rammformeln Die einfachste Rammformel entsteht durch Gleichsetzung der kinetischen Energie des Rammb¨aren (mit der Masse mA und der Aufprallgeschwingigkeit V ) 12 mA V 2 (bzw. mA gh) und der Arbeit, die geleistet werden muss, damit der Pfahl infolge eines
19.6 Dynamische Pfahlpr¨ufung
349
Rammschlages um die L¨ange s in den Boden eindringt. Letzere betr¨agt Qs, sofern man den Bodenwiderstand Q als ideal-plastisch annimmt (d.h. es wird angenommen, dass er sofort mobilisiert wird und nicht erst mit wachsender Verschiebung, wie etwa bei einer elastischen Feder, zunimmt). Aus mA gh = Qs folgt also Q = mAsgh . Diese Formel kann durch folgende Korrekturen verbessert werden: Die Energie des Rammb¨aren wird dadurch reduziert, dass er nicht vollkommen frei f¨allt, sondern z.B. am M¨akler reibt bzw. die Windentrommel zieht. Daher wird mA gh durch ηmA gh ersetzt. η betr¨agt ca. 0, 7. F¨ur Dampfhammer ist η ≈ 0, 9. Ein Teil der Energie des Rammb¨aren wird aufgebracht, um den Pfahl elastisch um den Betrag s0 zusammenzudr¨ucken. Dieser Energieanteil betr¨agt Ee = 21 Qs0 , also bei u¨ berwiegendem l Q2 . Man hat also: Spitzenwiderstand ist Ee = 12 AE 1 1 l ηmA gh = Qs + Qs0 = Qs + Q2 2 2 AE
.
(19.30)
Daraus erh¨alt man Q=
2ηmA gh ηmA gh = 1 2 s + 2 s0 s + s + 2ηmA ghl/(AE)
.
s soll als Mittelwert einer Serie von 10 Schl¨agen bestimmt werden. Rammformeln k¨onnen brauchbare Ergebnisse liefern, sofern die Pfahlspitze in Sand ist. 19.6.2 CAPWAP-Verfahren Der Pfahl wird zwecks einer numerischen Behandlung des Problems durch diskrete Federn und Massen ersetzt (Abb. 19.29). Die Bettung am Mantel und an der Spitze wird durch Funktionsans¨atze modelliert, die zun¨achst freie Koeffizienten enthalten. Am Pfahlkopf werden die Geschwindigkeit v (¨uber einen Geschwindigkeitsaufnehmer) und die Dehnung ε (mit Dehnungsmessstreifen) als Funktion der Zeit gemessen. Aus ε folgt die Kraft F = σA = EεA, wobei A die Querschnittsfl¨ache des Pfahls ist. Die bei einer Stoßbelastung aufgezeichneten Kurven F (t) und v(t) k¨onnen wahlweise als Input bzw. Output des Systems betrachtet werden (Abb. 19.30). Mit dem CAse Pile Wave Analysis Program kann aus dem Input ein numerischer Output berechnet werden. Man variiert nun die freien Koeffizienten so lange, bis die Abweichung zwischen numerischem und gemessenem Output m¨oglichst klein wird. Die so erhaltenen Koeffizienten legen die Q(s)-Kurve des Pfahles fest. Die Eindeutigkeit der L¨osung kann allerdings nicht garantiert werden. 19.6.3 Verfahren von Kolymbas Nach einem vom Verfasser entwickelten Verfahren kann die Pfahltraglast Q aus der Aufzeichnung der Geschwindigkeit am Pfahlkopf wie folgt ermittelt werden.35 Seien 35
D. KOLYMBAS, Vereinfachte Absch¨atzung der Pfahltragf¨ahigkeit aufgrund dynamischer Belastung, Geotechnik 12/2 (1989) 62–66; J. G RABE und U. S CHULER, Auswertung von dynamischen Pfahlpr¨ufungen nach verschiedenen Verfahren, Geotechnik 14/1 (1991) 37– 41.
350
19 Pfahlgr¨undungen
Abb. 19.29 Ersetzung des Pfahls durch ein diskretes Modell aus Massen, Federn, D¨ampfern und Reibungselementen
Abb. 19.30 Aufzeichnungen der Kraft und der Geschwindigkeit am Pfahlkopf
v1 und v2 die beiden ersten Maxima der v(t)-Kurve (Abb. 19.30). Sei ferner Z := AE/c = Ac (mit der Wellengeschwindigkeit c und der Dichte ) die Impedanz des Pfahlquerschnitts. Dann gilt n¨aherungsweise 1 . (19.31) Q g ≈ Z v1 − v 2 2 Gegebenenfalls ist eine Korrektur zur Ber¨ucksichtigung der Viskosit¨at des Bodens vorzunehmen: Wenn bei der statischen Probebelastung die Grenzlast mit einer Ein-
19.7 Gruppenwirkung
351
sinkgeschwindigkeit v0 verkn¨upft ist (etwa v0 ≈ 1 mm/h), so l¨asst sie sich wie folgt absch¨atzen: 1 v1 Q g ≈ Z v1 − v 2 1 − Iv ln . (19.32) 2 v0 ¨ 19.6.4 Integrit¨atsprufung Im Gegensatz zur dynamischen Tragf¨ahigkeitsbestimmung kommt die dynamische Integrit¨atspr¨ufung mit einem kleinen Stoß (z.B. Schlag mit einem Hammer von Hand) aus. Hat der Pfahl eine u¨ ber die Tiefe l konstante Impedanz, so erscheint die erste Reflexion eines relativ scharfen Eingabe-Signals wieder am Pfahlkopf nach der Zeit 2l/c. Dabei wird die Auswirkung der Dispersion vernachl¨assigt. Liegt jedoch irgendwo zwischen Kopf und Spitze eine Impedanzver¨anderung (z.B. eine Verengung) vor, so erscheint der am Impedanzwechsel reflektierte Wellenanteil fr¨uher am Pfahlkopf. Eine Einschn¨urung kann somit lokalisiert werden, ihre L¨ange jedoch kaum. Mehrere Diskontinuit¨aten hintereinander k¨onnen nicht festgestellt werden. Die Grenzen der Interpretierbarkeit liegen z.Z. bei Tiefen von 15 bis 20 m. Eine alternative Integrit¨atspr¨ufung besteht darin, in zwei einbetonierte Rohrleitungen je einen akustischen Sender und Empf¨anger einzuf¨uhren (double-hole test). Aus der Interpretation der Messsignale kann man auf die Integrit¨at des Bohrpfahls schließen.36 Werden Fehlstellen entdeckt, so m¨ussen Zusatzpf¨ahle gesetzt werden, oder die bestehenden Pf¨ahle m¨ussen ausgebohrt werden.
19.7 Gruppenwirkung Die Lastabtragung und die Setzungen einer Pfahlgruppe k¨onnen kaum auf der Grundlage des Last-Setzungsverhaltens eines Einzelpfahls vorhergesagt werden. Grund daf¨ur ist die gegenseitige Beeinflussung u¨ ber den umgebenden Boden. Man vermutet, dass Gruppenwirkung vorliegt, wenn die Pfahlachsabst¨ande aa kleiner als ca. 3 bis 8 d sind. Eine Pfahlgruppe soll auch als Flachgr¨undung betrachtet werden, die in der Tiefe der Pfahlspitzen liegt. Ihre Fl¨ache wird durch die Achsen der Randpf¨ahle zuz¨uglich eines Streifens der Breite 3d festgelegt. Nebst den Nachweisen f¨ur den Einzelpfahl sollen also auch die Nachweise f¨ur diese fiktive Flachgr¨undung durchgef¨uhrt werden (d.h. Setzungsnachweis; Grundbruch ist meistens nicht maßgebend). Bei Rammpf¨ahlen und sonstigen Verdr¨angungspf¨ahlen wird die Tragf¨ahigkeit des Einzelpfahls durch Gruppenwirkung erh¨oht (wegen Verspannung des umgebenden Bodens). Es kann aber durch das Rammen auch dazu kommen, dass Nachbarpf¨ahle angehoben werden und so den Kraftschluss am Fuß verlieren. Durch das Rammen wird der Boden haupts¨achlich seitlich verdr¨angt. Um das seitliche Ausweichen des 36
W.G.K. F LEMING, A.J. W ELTMAN, M.F. R ANDOLPH, W.K. E LSON, Piling Engineering, 2nd edition, Blackie 1992, S. 146.
352
19 Pfahlgr¨undungen
Bodens zu erm¨oglichen, sollen Pfahlgruppen von innen nach außen gerammt werden (d.h. erst die Innenpf¨ahle, dann die Außenpf¨ahle). Bei Kaikonstruktionen sind zuerst die Pf¨ahle und dann die Spundwand zu rammen. Hinsichtlich der Mantelreibung muss man ber¨ucksichtigen, dass der von der Pfahlgruppe eingeschlossene Boden von den Pf¨ahlen mitgenommen wird und somit keine Mantelreibung auf die Pf¨ahle aus¨ubt. In diesem Fall ist die Pfahlgruppe als ein einziger fiktiver Pfahl aufzufassen (Abb. 19.31). Dessen Grenzmantelreibungskraft Qmg
Abb. 19.31 Fiktive Pf¨ahle, die Pfahlgruppen umfassen
ergibt sich aus der Integration der Bodenfestigkeit u¨ ber der umh¨ullenden Mantelfl¨ache U :
Qmg = (σh · tan ϕ + c)dU . F¨ur die Ermittlung des Spitzendruckes Qs ist die Querschnittsfl¨ache des fiktiven Pfahls zugrunde zu legen. Es ergibt sich so die Pfahlkraft Q = Qm + Qs und insbesondere ihr Grenzwert (Traglast) Qg = Qmg +Qsg . Grundlage f¨ur die Bemessung ist das Minimum zwischen nQg (n = Anzahl der Pf¨ahle, Qg = Grenzlast des Einzelpfahls) und Qg . Bei Zugpf¨ahlen entf¨allt der Spitzendruck (Q = Qm ). Die Grenzlast der Pfahlgruppe ergibt sich als das Minimum von nQg und Qg + G, wobei Qg die Grenzlast des Einzelpfahls und Qg die Grenzlast des fiktiven umh¨ullenden Pfahls ist. G ist das Gewicht der von den Pf¨ahlen eingeschlossenen Bodenmasse (einschließlich Pfahlgewicht).
¨ 19.8 Pfahlplatten-Grundungen Auf Stahlbetonplatten gegr¨undete schwere Bauwerke (z.B. Hochh¨auser) k¨onnen große Setzungen erleiden, wenn sie z.B. in dicken Schichten aus u¨ berkonsolidiertem
19.8 Pfahlplatten-Gr¨undungen
353
Ton gegr¨undet werden. Eine Abhilfe besteht darin, einen Anteil der Lasten in Pf¨ahle einzuleiten. Es entstehen dadurch die sog. Pfahlplatten-Gr¨undungen (pile rafts),37,38 die im Vergleich zu Plattengr¨undungen kleinere Setzungen hervorrufen. Fr¨uher waren Pfahlgr¨undungen so zu bemessen, dass die Kr¨afte aus dem Bauwerk allein durch die Pf¨ahle auf den Baugrund u¨ bertragen werden. Grund f¨ur diese Vorschrift ist die Tatsache, dass die Steifigkeiten (d.h. die Kraft-VerschiebungsBeziehungen) der Pf¨ahle und der Platte im Allgemeinen ungenau bekannt sind, sodass man a priori kaum absch¨atzen kann, welchen Lastanteil die Platte und welchen Anteil die Pf¨ahle u¨ bernehmen. Die Anordnung der Pf¨ahle wird an die Gewichtsverteilung auf die Sohlplatte angepasst (z.B. tiefere Pf¨ahle unterhalb des Geb¨audekerns). Dadurch wird die Beanspruchung der Platte minimiert, und es ergeben sich wirtschaftlichere Gr¨undungen.
37 38
W.G.K. F LEMING, A.J. W ELTMAN, M.F. R ANDOLPH, W.K. E LSON, Piling Engineering, 2nd edition, Blackie 1992, S. 205. Th. R ICHTER u.a., Wirtschaftlich optimierte Hochhausgr¨undungen im Berliner Sand, Baugrundtagung 1996, Berlin, S. 129–146.
20 Baugrundverbesserung
Baugrundverbesserung wird vorgenommen, um die Steifigkeit und Festigkeit des Baugrunds zu erh¨ohen oder um seine Durchl¨assigkeit zu verringern. Diese Ziele lassen sich durch Verdichtung und/oder durch Beimischung von geeigneten Substanzen erreichen. Die Methoden zur Baugrundverbesserung sind: • Bodenaustausch • Tiefenverdichtung • Konsolidierung • Injektionen • Bodenverm¨ortelung • Vereisung. Man beachte, dass eine strenge Gliederung nicht m¨oglich ist. So kann z.B. die Hochdruckinjektion sowohl zu den Injektionen als auch zur Bodenverm¨ortelung gez¨ahlt werden.
20.1 Bodenaustausch Die einfachste Baugrundverbesserung erfolgt durch Entfernen der wenig tragf¨ahigen Schichten (z.B. Torf) und ihren Ersatz durch besseren Boden (z.B. Sand oder Kies). Die durch den Aushub entstehende Baugrube muss geeignet abgeb¨oscht oder durch eine St¨utzwand gesichert werden. Unter Wasser kann mit dem Sp¨ul- oder Nassbaggerverfahren bis zu einer Tiefe von ca. 35 m ausgehoben werden. Erfolgt der Einbau des besseren Bodens im Trockenen, so wird dieser in Lagen von 20 bis 30 cm Dicke bei nichtbindigen B¨oden und 10 bis 20 cm bei bindigen B¨oden eingebaut und verdichtet.1 Die Verdichtung der einzelnen Schichten erfolgt durch 1
Bei zu großen Dicken der einzelnen Lagen kann man zwar an ihrer Oberfl¨ache vielleicht eine hinreichende Verdichtung messen (etwa nach den Ersatzverfahren), diese ist jedoch nicht konstant u¨ ber die Lagendicke verteilt.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_20
356
20 Baugrundverbesserung
statischen Druck (Glattwalze), durch Kneten (Schaffußwalze, Abb. 20.1), durch Schlagen (Bodenstampfer) oder durch Schwingungen (R¨uttelplatte, R¨uttelwalze), ¨ siehe Abb. 20.2. Die Anzahl der Uberg¨ ange richtet sich nach der erforderlichen Verdichtung und wird durch Probieren festgelegt. Erfolgt der Einbau im Wasser (etwa durch Einsp¨ulen), so kann der eingebaute Boden nach den Methoden der Tiefenverdichtung (siehe Abschnitt 20.2, Seite 360) verdichtet werden. Bodenaustausch f¨ur Linienbauwerke kann im Schutze von schrittweise vorgetriebenen K¨asten erfolgen.2 Die nachfolgend aufgef¨uhrten Methoden (Wassergehalt nach P ROCTOR, Plattendruckversuch) f¨ur den Einbau von Boden im Trockenen weden genauso angewandt bei der Herstellung von kontrollierten Aufsch¨uttungen und D¨ammen (sog. Erdbau).
Abb. 20.1 Glattwalze (links) und Schaffußwalze (rechts)
20.1.1 Optimaler Wassergehalt nach Proctor Bei vorgegebener Verdichtungsarbeit h¨angt der Verdichtungserfolg bei bindigen B¨oden (ausgedr¨uckt etwa durch das Trockenraumgewicht γd ) vom Wassergehalt ab. Ist der Boden zu nass, so verhindert das Porenwasser eine optimale Verdichtung. Ist er zu trocken, so wirkt sich die Kapillarkoh¨asion hinderlich im Hinblick auf die Verdichtung aus. Dieser Sachverhalt l¨asst sich durch Auftragung von γd u¨ ber w darstellen (Abb. 20.3). Um eine solche Auftragung zu gewinnen, muss man einen Boden bei verschiedenen Wassergehalten unter Aufwendung derselben Arbeit verdichten. Die Verdichtungsarbeit wird im Labor durch Fallgewichte aufgebracht und wurde nach P ROCTOR so festgelegt (25 Schl¨age durch ein Gewicht von 24,9 N, das aus einer H¨ohe von 30,5 cm f¨allt), dass sie in etwa der Verdichtungsarbeit von u¨ blichen Verdichtungsger¨aten im Feld entspricht. Bei dem sog. modifizierten P ROCTOR-Versuch wird eine 4,5-fache Verdichtungsarbeit aufgewandt, um die schwereren Verdichtungsger¨ate zu simulieren. 2
Z.B. das ’Kastenaustauschverfahren’ der Fa. M¨obius.
20.1 Bodenaustausch
357
Abb. 20.2 R¨uttelstampfer (links) und R¨uttelplatte (rechts)
γd
γd toniger Sand
γ d,max
Ton
w
wopt Abb. 20.3 P ROCTOR-Kurve. Die strichlierte Kurve gilt f¨ur S = 100% bzw. w = wmax und stellt die Beziehung γd = γs /(1 + wγs /γw ) dar.
wopt
w
Abb. 20.4 P ROCTOR-Kurven verschiedener B¨oden
Je weniger Feinanteile ein Boden hat, desto gr¨oßer f¨allt γd,max aus und desto steiler ist die P ROCTOR-Kurve (Abb. 20.4). F¨ur normal aktive Tone betr¨agt die S¨attigung beim optimalen Wassergehalt Sr = 80 bis 85%, und es gilt wopt ≈ wL /2
bzw. wopt ≈ wp − (2 bis 4)% .
Je ungleichm¨aßiger die Kornverteilungskurve ist, desto gr¨oßer ist die erzielbare Verdichtung.
358
20 Baugrundverbesserung
Je nach Bauvorhaben verlangt man eine x%-ige Proctorverdichtung (z.B. auf γd = 95%γd,max ). Vor Ort wird die erreichte Dichte nach der Wasserersatzmethode festgestellt. Bei geeigneter Eichung k¨onnen auch Isotopen-Sonden verwendet werden, deren Messprinzip auf der Absorption von γ-Strahlen beruht. Neuere Entwicklungen (sog. fl¨achendeckende dynamische Verdichtungskontrolle) laufen darauf hinaus, die Bewegung der Vibrationswalze on line zu analysieren, um sofortige Hinweise auf Stellen mit mangelhafter Verdichtung zu erhalten. Bei rolligen B¨oden (Sand und Kies ohne bindige Anteile) ist die Durchf¨uhrung des P ROCTOR-Versuches sinnlos, denn die erreichte Dichte h¨angt nicht vom Wassergehalt ab. In der Praxis wird jedoch oft auch bei diesen B¨oden von der Proctordichte“ ” gesprochen. Gemeint ist die Dichte, die man bei Anwendung der Verdichtungsarbeit nach P ROCTOR ungeachtet des Wassergehalts erh¨alt. Oft ist es vorteilhaft, den Boden etwas nasser als wopt einzubauen, d.h. bei wopt +1% bis 3%. Dadurch wird der eingebaute Boden duktiler (d.h. deformiert sich, ohne Risse zu bilden), und es werden Setzungen bei S¨attigung vermieden. 20.1.2 Plattendruckversuch R¨uckschl¨usse auf das Tragverhalten bzw. auf die Verdichtung oberfl¨achennaher Schichten kann man durch den Plattendruckversuch (plate load test) erhalten. Dabei wird eine Stahlplatte von d = 300 (bzw. 600, bzw. 762) mm durch eine Hydraulikpresse in den Boden eingedr¨uckt. Als Widerlager dient z.B. ein beladener LKW oder Bagger (Abb. 20.5). Es erfolgt eine Be-, Ent- und Wiederbelastung. Die mittlere Pressung σ wird u¨ ber der Eindringung s aufgetragen. Es ergibt sich dabei ¨ eine Drucksetzungslinie σ(s), welche derjenigen aus dem Odometerversuch a¨ hnelt (Abb. 6.24). Man belastet bis σmax nach Tabelle 20.1. Wird smax schon vorher erreicht, so wird die zugeh¨orige Spannung als σmax betrachtet. Als Verformungsmodul wird oft die Gr¨oße EV := Δσ/Δ(s/d) definiert. Δσ wird zwischen den Punkten 0, 3 · σmax und 0, 7 · σmax genommen. Aus der Erst- und Wiederbelastung werden die Werte EV 1 und EV 2 genommen. Aus ihnen bzw. aus ihrem Verh¨altnis werden R¨uckschl¨usse auf die Tragf¨ahigkeit der eingebauten Bodenschicht gewonnen. Nach DIN 18134 wird durch die Messpunkte der Erst- und Wiederbelastung jeweils ein Regressionspolynom s = a0 + a1 σ + a2 σ 2 gelegt. Der Verformungsmodul ergibt sich dann aus EV = 0, 75 · d · (a1 + a2 σmax )−1 . Tabelle 20.1 Richtwerte zur Festlegung von σmax nach DIN 18134 d (mm) σmax (MN/m2 ) smax (mm) 300 0, 50 5 600 0, 25 8 762 0, 20 13
Beim dynamischen Lastplattenversuch erfolgt die Krafteinleitung nicht u¨ ber ein statisches Widerlager, sondern durch den Aufprall eines Fallgewichtes. Der geringe
20.1 Bodenaustausch
359
Abb. 20.5 Plattendruckversuch
Zeitaufwand und die einfache Handhabung erlauben eine schnellere Verdichtungskontrolle. Gemessen wird die Setzung der Lastplatte infolge von drei Messst¨oßen. Die Messung erfolgt elektronisch durch zweimalige Zeitintegration der Beschleunigung. Daraus schließt man u¨ ber empirische Korrelationen auf den Modul Ev . 20.1.3 Beimischen von Kalk Hat der einzubauende Boden einen zu großen Wassergehalt, so kann Kalk beigemischt werden (Abb. 20.6). Bei Kalk ist zu unterscheiden zwischen Kalziumoxid (CaO, Feinkalk, ’FK’), Kalziumhydroxid Ca(OH)2 , Kalkhydrat, ’KH’ und hochhydraulischem Kalk (’HHK’). 1000 g CaO reagieren mit 320 g H2 O und ergeben 1320 g Ca(OH)2 + W¨arme. Somit wird durch das Beimischen von Feinkalk der Wassergehalt eines zu nassen Bodens durch Bindung und durch Verdunstung reduziert, sodass man anschließend eine gute Verdichtung erreichen kann (sog. Bodenverbesserung). Neben dieser Sofortreaktion werden durch Langzeitreaktion (sog. puzzolanische bzw. hydraulische Reaktion) die Steifigkeit, Festigkeit und Volumenbest¨andigkeit des Bodens erh¨oht (sog. Bodenverfestigung). Die gesamte Verringerung des Wassergehalts l¨asst sich wie folgt absch¨atzen: Feinkalk: das 2-fache des Kalkgewichtes Kalkhydrat: das 1-fache des Kalkgewichtes. Feinkalk und Kalkhydrat sind f¨ur feink¨ornige B¨oden geeignet, bei grobk¨ornigen B¨oden wird HHK verwendet. Art und Menge des Kalkes werden anhand einer Eig¨ nungspr¨ufung gew¨ahlt. Ubliche Werte sind in Tabelle 20.2 angef¨uhrt. W¨ahrend und nach dem Einbau und der Verdichtung des Bodens ist seitlich oder von unten eindringendes Wasser fernzuhalten, Niederschlagswasser darf auf dem Planum nicht stehenbleiben. Wegen der Staubentwicklung (insbesondere bei Wind) ist das Personal w¨ahrend des Kalkeinbaus mit Atem- und Gesichtsschutz zu versehen.
360
20 Baugrundverbesserung
Tabelle 20.2 Kalkmenge in Gewichts-% bezogen auf das Tockengewicht des Bodens. Kalkmenge in Gew.-% Anwendungsart FK KH HHK Bodenverbesserung 2 bis 4 2 bis 5 2 bis 8 Bodenverfestigung 4 bis 6 4 bis 8 4 bis 12
Abb. 20.6 Kalkstabilisierung (Austrag und Einmischung)
20.2 Tiefenverdichtung Die Tiefenverdichtung erfolgt durch Einleitung von Vibrationen bzw. Ersch¨utterungen in nichtbindigen Boden. Flankierend hinzu kommt die Zugabe von Fremdmaterial. Folgende Verfahren k¨onnen herangezogen werden: ¨ 20.2.1 Rutteldruckverdichtung Dieses Verfahren ist geeignet zur Verdichtung koh¨asionsloser B¨oden mit einem Schluffanteil < 5% in Tiefen von 4 bis 25 m. Es werden relative Dichten von 75 bis 90% erreicht. Ein torpedof¨ormiger vibrierender R¨uttler (Abb. 20.7, 20.8, 20.9, 20.10) dringt durch sein Eigengewicht und mithilfe von Wassersp¨ulung in den Boden ein. Anschließend wird er – bei Drosselung der Wasserzugabe – stufenweise nach oben gezogen. Durch die Vibrationen wird der Boden verdichtet, sodass sich auf der Oberfl¨ache um den R¨uttler ein Trichter bildet. Um das Fehlvolumen auszugleichen, wird in diesen Trichter Zugabematerial (z.B. Kies) eingef¨ullt. Der Durch-
20.2 Tiefenverdichtung
361
Abb. 20.7 Tiefenr¨uttler der Firma Bauer Spezialtiefbau
messer des verdichteten Bodenzylinders ist umso kleiner, je feinsandiger der Boden und je steiler seine Kornverteilungskurve ist. Um große Fl¨achen zu verdichten, wird der Tiefenr¨uttler in ein Grundrissraster aus gleichseitigen Dreiecken eingesetzt. Der Rasterabstand liegt u¨ blicherweise zwischen 1,5 und 3 m und sollte durch Versuche optimiert werden. Die oberste Bodenschicht von ca. 1 m Dicke wird durch den Tiefenr¨uttler nicht gut verdichtet und sollte daher entweder nachverdichtet oder abgetragen werden. ¨ 20.2.2 Ruttelstopfverdichtung, Schotters¨aulen, Sands¨aulen Im Gegensatz zur R¨utteldruckverdichtung ist die R¨uttelstopfverdichtung auch bei B¨oden mit gr¨oßerem Schluff- und Tonanteil anwendbar. Der Tiefenr¨uttler ist hier mit einer Schleuse versehen, durch welche beim Hochziehen grobk¨orniges Material (Kies, Schotter, Split) unter Zugabe von Druckluft abgelassen werden kann, Abb. 20.11.3 Durch erneutes Absenken des R¨uttlers wird das nachgef¨ullte Material verdichtet und seitlich verdr¨angt. Es entstehen so Schotters¨aulen (stone columns) mit 3
L¨asst sich der anstehende Boden mit dem R¨uttler schlecht erbohren, so k¨onnen L¨ocher vorgebohrt werden.
362
20 Baugrundverbesserung
Abb. 20.8 R¨utteldruckverdichtung
Abb. 20.9 R¨utteldruckverdichtung
Durchmessern zwischen 0,6 und 1,0 m, ihr u¨ blicher Rasterabstand liegt zwischen 1 und 3 m. Jede Stopf- oder Schotters¨aule wird durch den umliegenden Boden seitlich gest¨utzt. Deshalb sollte dieser nicht zu weich (bzw. breiig) sein. Auch organische B¨oden (z.B. Torf), die sich mit der Zeit zersetzen, sind hierzu ungeeignet. Eine Variante der Stopfs¨aule, die sog. verm¨ortelte Stopfs¨aule, entsteht dadurch, dass man u¨ ber Injektionsleitungen am Tiefenr¨uttler w¨ahrend des Stopfens Zementsuspension einpresst. Bei den sog. Betonr¨uttels¨aulen wird u¨ ber ein Betonrohr und eine Betonpumpe Beton zugegeben (Abb. 20.12). Zur seitlichen St¨utzung des Frischbetons sollte der umliegende Boden nicht zu weich sein (cu ≥ 15 kN/m2 ). Die so entstehenden verfestigten Stopfs¨aulen k¨onnen als unbewehrte Pf¨ahle angesehen werden. Ihre Tragf¨ahigkeiten liegen bei ca. 350 bis 400 kN (verm¨ortelte R¨uttels¨aulen) bzw. bei ca. 600 kN (Betonr¨uttels¨aulen).
20.2 Tiefenverdichtung
363
Abb. 20.10 R¨utteldruckverdichtung
Abb. 20.11 R¨uttelstopfverdichtung
364
20 Baugrundverbesserung
Abb. 20.12 Ausgegrabene Betonr¨uttels¨aulen
Um das Tragverhalten, insbesondere die Setzungen, von B¨oden abzusch¨atzen, die mit Schotters¨aulen ert¨uchtigt worden sind, benutzt man Berechnungsverfahren4 , die insofern unrealistisch sind, als sie f¨ur den Boden linear-elastisches Verhalten zugrunde legen. Feldmessungen5 zeigen jedoch, dass die auf dem Verfahren von P RIEBE beruhenden Absch¨atzungen der Setzungen von Schichten mit Stopfs¨aulen meist auf der sicheren Seite liegen, d.h. zu große Setzungen ergeben. Die Verbesserung der Gesamtsteifigkeit einer Schicht (und somit die Setzungsreduktion) durch die Herstellung von Schotters¨aulen ist nicht allzu groß, also nicht etwa um eine Gr¨oßenordnung, sondern beschr¨ankt sich nur auf ein geringes Mehrfaches der urspr¨unglichen Steifigkeit. Eine Variante der R¨uttelstopfverdichtung besteht im Einmischen von ungel¨oschtem Kalk in Tonb¨oden. Dies erfolgt u¨ ber Schneckenbohrer, wobei man beim Ziehen Kalk durch Preßluftleitungen aus den Schraubenbl¨attern einbl¨ast. Durch das Abbinden des Wassers erh¨ohen sich die Festigkeit und die Durchl¨assigkeit des Gemisches, sodass die entstehenden S¨aulen auch als Vertikaldrains wirken.6 Wie erw¨ahnt, bleiben Schotters¨aulen unwirksam, wenn der umgebende Boden so weich ist, dass er sie nicht st¨utzen kann. In solchen F¨allen k¨onnen die geokunststoffummantelten Sands¨aulen (geotextile coated columns, GCC) angewandt werden (Abb. 20.13). Ihre u¨ blichen Durchmesser sind 0,6 – 1,5 m, sie werden in Rastern von 1 – 3 m eingebaut. Gef¨ullt werden sie mit gleichk¨ornigem Sand, die Ummantelung erfolgt mit Polyestergewebe, evtl. mit Vlies. F¨ur ihren Einbau gibt es zwei Verfahren: 4
5
6
H. P RIEBE, Absch¨atzung des Setzungsverhaltens eines durch Stopfverdichtung verbesserten Baugrundes, Bautechnik 53/5 (1976) 160–162, sowie H.B. P OOROOSHASB, G.G. M EYERHOF, Analysis of Behavior of Stone Columns and Lime Columns, Computers and Geotechnics, 20/1 (1997) 47–70. G. C HAMBOSSE, K. K IRSCH, Beitrag zum Entwicklungsstand der Baugrundverbesserung. In: Schriftenreihe des Lehrstuhls und Pr¨ufamtes f¨ur Grundbau, Bodenmechanik und Felsmechanik der T.U. M¨unchen, Heft 21, 1995, S. 411–426. U. S MOLTCZYK, K. H ILMER, Baugrundverbesserung, Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 2, 1991, S. 1–54.
20.2 Tiefenverdichtung
365
Bodenersatzverfahren: Im Schutz einer Verrohrung werden Bohrl¨ocher mit Greifern ausgehoben. Der (unten vern¨ahte) Geokunststoffschlauch wird in das Bohrloch eingelegt und mit Sand gef¨ullt. Sein Durchmesser ist um ca. 10 cm gr¨oßer als der Innendurchmesser der Verrohrung. Durch die entsprechende Vergr¨oßerung des Schlauchs nach dem Ziehen der Verrohrung wird der Bodenwiderstand aktiviert. Verdr¨angungsverfahren: Die Verrohrung ist unten mit einem Verschluss (oder mit einer verlorenen Spitze) abgeschlossen, der sich beim Ziehen o¨ ffnet. Der Geo¨ kunststoffschlauch (diesmal ohne Ubermaß) wird in die abgeteufte Verrohrung eingelegt und verf¨ullt (Abb. 20.13). Das Verdr¨angungsverfahren ist schneller und daher wirtschaftlicher.
Abb. 20.13 Herstellung einer geokunststoffummantelten S¨aule nach dem Verdr¨angungsverfahren (Photo: Fa. M¨obius)
Um ein nennenswertes Kriechen des Geokunststoffes zu vermeiden, soll er nur bis ca. 30% der Reißfestigkeit belastet werden. Die Zugspannung σk im Geokunststoff ergibt sich aus der Kesselformel σk ·d = σr ·r, wobei d die Dicke des Geokunststoffes und r der Radius der S¨aule ist. Die wirksame Radialspannung σr kann angesetzt werden zu σr = K0 σz − p, wobei σz die Vertikalspannung in der S¨aule (σz = σ0 + γz), K0 der Erdruhedruckbeiwert des Sandes und p der vom umgebenden Boden ausge¨ubte Druck ist. Einfachheitshalber kann f¨ur p der Erdruhedruck im umgebenden Boden angesetzt werden.7 7
Will man die Verschiebungsabh¨angigkeit von p ber¨ucksichtigen, so muss man die Formeln f¨ur die Hohlraumaufweitung aus der Plastizit¨atstheorie anwenden.
366
20 Baugrundverbesserung
¨ Die Vertikalspannung σ0 am Kopf der S¨aule ergibt sich aus dem Uberbau, der i.d.R. ¨ ein aufgesch¨utteter Damm samt Verkehrslast ist. Das Gewicht aus dem Uberbau geht gr¨oßtenteils in die (steiferen) Sands¨aulen und zu einem kleineren Teil in den weichen Boden. Diese Lastkonzentration in den S¨aulen erfolgt durch Gew¨olbewirkung in der Aufsch¨uttung.8 Weder Schotter- noch Sands¨aulen bewirken eine unmittelbare Verdichtung des anliegenden Bodens. Diese setzt erst mit der Konsolidierung ein, die durch die o.g. S¨aulen (die als Vertikaldrains wirken) beg¨unstigt wird. 20.2.3 Dynamische Intensivverdichtung Dieses Verfahren arbeitet mit Fallmassen bzw. Fallplatten aus Stahl oder Stahlbeton von 20 bis 200 t, die aus Fallh¨ohen von 5 bis 30 m in einem Rasterabstand von 5 bis 15 m mehrmals fallengelassen werden (Abb. 20.14).
Abb. 20.14 Dynamische Intensivverdichtung (Dubai International Airport)
Es ist bei nichtbindigen B¨oden, aber auch bei tonigen Schluffen, organischen B¨oden, M¨ulldeponien und sogar auch unter Wasser einsetzbar. Durch den Aufprall entstehen starke Ersch¨utterungen, die benachbarte Geb¨aude beeintr¨achtigen k¨onnen. Daher sollte ein Sicherheitsabstand von 10 bis 50 m eingehalten werden. Ferner sollte man beachten, dass wasserges¨attigte B¨oden durch die Ersch¨utterungen verfl¨ussigt werden k¨onnen, wodurch es zu Rutschungen und anderen Sch¨aden kommen kann. Auch sollte man zum Abbau der entstehenden Porenwasser¨uberdr¨ucke Pappdrains 8
Verschiedene Modelle hierf¨ur wurden zusammengefasst in: C. H EITZ, Zur Gew¨olbeausbildung in punktf¨ormig gelagerten Erdk¨orpern. In: Schriftenreihe Geotechnik, Universit¨at Kassel, Heft 18, September 2005.
20.3 Konsolidierung durch Vorbelastung
367
in den Boden einbauen und hinreichend lange Ruhepausen zwischen den einzelnen Verdichtungsphasen einlegen. Die Verdichtungstiefe t betr¨agt nach B EINE9 t(m) = (0, 1 . . . 0, 3) G(kN) · h(m) , wobei G das Fallgewicht und h die Fallh¨ohe ist. Es wurde berichtet, dass mit einem Fallgewicht von 150 kN Setzungen von 80 cm im Bauschutt und 2,0 m im Hausm¨ull erreicht worden sind. Die Verdichtungstiefe betrug ca. 7 m. 20.2.4 Sprengverdichtung Wasserges¨attigte lockere Sande k¨onnen durch Sprengungen verdichtet werden. Die Sprengladungen k¨onnen auf der Bodenoberfl¨ache (auch unter Wasser) oder besser in Bohrl¨ocher platziert werden. Durch die Sprengersch¨utterung wird der Boden zeitweilig verfl¨ussigt (Einsinkgefahr von Mensch und Bohrger¨at!) und anschließend dr¨aniert und verdichtet. Oft tritt das ausweichende Wasser in Form von sprudelnden Quellen aus der Gel¨andeoberfl¨ache hervor.
20.3 Konsolidierung durch Vorbelastung Weiche bindige Schichten k¨onnen durch vor¨ubergehende Aufsch¨uttungen konsoli¨ diert werden. Die erforderliche Einwirkzeit t folgt aus Odometerversuchen und dem ¨ Ahnlichkeitsgesetz tF eld = tLabor
hF eld hLabor
2 ,
wobei h die Schichtdicke ist. Danach k¨onnen sich sehr lange Einwirkzeiten (mehrere Jahre) ergeben, die aber in der Praxis k¨urzer ausfallen k¨onnen, falls in der betreffenden Tonschicht d¨unne Einlagerungen aus Feinsand vorhanden sind. Der Grundbruch setzt der H¨ohe der Aufsch¨uttung eine Grenze (γh ≤ 5, 1cu ). 20.3.1 Vertikaldrains Um die Konsolidierungszeit zu verk¨urzen, werden vertikale Dr¨anagen eingesetzt. Dadurch werden nicht nur die Dr¨anagewege (und damit auch die Konsolidierzeit) verk¨urzt, sondern es wird auch die Tatsache ausgen¨utzt, dass die Durchl¨assigkeit bindiger B¨oden in horizontaler Richtung oft erheblich gr¨oßer als in vertikaler Richtung ist. Sands¨aulen als Vertikaldrains haben den Nachteil, dass sie durch die Auflast abgeschert und somit unterbrochen werden k¨onnen. Heutzutage verwendet man Flachdrains aus Kunststoff (evtl. mit Pappe umh¨ullt), Dochtdrains und Rohrdrains 9
R.A. B EINE, Theoretische Grundlagen und neuere Forschungsergebnisse der dynamischen Intensivverdichtung, Seminar u¨ ber Tiefenverdichtung, Ruhruniversit¨at Bochum 18/19.03.1985, zitiert im Abschnitt Grundbau“, Beton-Kalender 1994. ”
368
20 Baugrundverbesserung
aus Vlies. Flachdrains werden in Rollen geliefert und in den Boden eingestochen (Abb. 20.16). Zur Absch¨atzung der Konsolidierungszeiten wird u¨ blicherweise das zylindersymmetrische Problem der Konsolidierung betrachtet. Die Dr¨anage in vertikaler Richtung und die Setzung des Bodens werden dabei vernachl¨assigt, was eine starke Vereinfachung darstellt.10 ch ist der Konsolidierungsbeiwert (siehe Seite 194) unter Ber¨ucksichtigung der horizontalen Durchl¨assigkeit kh . Die Randbedingungen werden unter Ber¨ucksichtigung von Abbildung 20.15 wie folgt gew¨ahlt: Der Drain a a r z
2r2 undurchlässig
2r1
Abb. 20.15 Zum zylindersymmetrischen Problem des Vertikaldrains
mit dem Radius r1 ist von einer Bodens¨aule mit dem Radius r2 = a/2 umgeben. Bei r = r2 findet keine Wasserstr¨omung statt. F¨ur Drains mit rechteckigem Querschnitt ab w¨ahlt man r1 als den Radius eines fl¨achengleichen Kreises (r1 = ab/π). n = r2 /r1 ist das Einbauverh¨altnis. Als Randbedingung bei z = 0 kann man entweder konstante Vertikalverschiebung oder konstante Vertikallast vorgeben. Beide Bedingungen wirken sich ann¨ahernd gleich aus, sofern n > 5 und der Zeitfaktor Tr = ch t/a2 > 0, 1 ist. Das mittlere Konsolidierungsverh¨altnis μ = s(t)/s∞ lautet demnach: Tr μ = 1 − exp −8 F (n) mit F (n) :=
n2 3n2 − 1 ln(n) − n2 − 1 4n2
.
Die zugrunde gelegte Bodendurchl¨assigkeit in horizontaler Richtung kann durch Schmierung an der Drainoberfl¨ache bzw. durch Verstopfung des Vertikaldrains ver10
R.A. BARRON: Consolidation of Fine-Grained Soils by Drain Wells, Transactions ASCE ¨ 113 (1948) 718–742. Eine Ubersicht und ein Vergleich von vielen L¨osungsans¨atzen findet sich in J.P. M AGNAN, Th´eorie et Pratique des Drains Verticaux. Technique et Documentation – Lavoisier, Paris 1983.
20.4 Injektionen
369
f¨alscht werden. Bei sehr langen und schmalen Vertikaldrains kann die Dr¨anagewirkung durch die beschr¨ankte vertikale Leitf¨ahigkeit beeintr¨achtigt werden. Bei D¨ammen k¨onnen Drains auch in horizontaler Richtung verlegt werden. Ein neues Verfahren besteht darin, vertikale Schlitze anzulegen, die mit Sand gef¨ullt werden.11 Typische Abmessungen sind 25 cm Breite und z.B. 7 m Tiefe. In der Schlitzsohle werden Entw¨asserungsrohre platziert, die an Pumpen angeschlossen werden. Bei Abdichtung der Schlitzoberkante kann man dadurch eine Vakuumentw¨asserung herbeif¨uhren.
Abb. 20.16 Einbau von Vertikaldrains, Fa. M¨obius
20.4 Injektionen Injektionen (grouting) sind Verpressungen von abbindenden Fl¨ussigkeiten wie z.B. Zementsuspensionen in den Untergrund. Je nach Bodendurchl¨assigkeit, Viskosit¨at des Injektionsguts, F¨ordermenge und -druck bilden sich verschiedene Muster des Eindringens in den Boden. Man unterscheidet: Niederdruckinjektionen: Das Injektionsgut breitet sich in den Poren aus und dringt dadurch in den Boden ein, ohne das Kornger¨ust zu beeintr¨achtigen. In homoge-
11
Siehe Ground Engineering, Febr. 1998.
370
20 Baugrundverbesserung
nem Boden und bei punktf¨ormigem Austritt aus dem Verpressrohr nimmt der injizierte Bodenbereich eine kugelf¨ormige Gestalt an.12 Hebungsinjektionen: Der Boden wird durch das Einpressen aufgesprengt. Dieser Vorgang sollte bei den konventionellen Niederdruckinjektionen vermieden werden, da das Injektionsgut dann unkontrolliert abfließen kann. Neuerdings wird er aber unter kontrollierten Bedingungen gezielt eingesetzt ( Soilfrac“-Verfahren), ” um Setzungen von Bauwerken r¨uckg¨angig zu machen (Abschnitt 20.4.3). ¨ Dusenstrahlverfahren (DSV): Das Injektionsgut wird durch eine D¨use (daher auch D¨usenstrahlverfahren“) mit Dr¨ucken von 300 bis 600 bar injiziert. Dabei zerst¨ort ” es die urspr¨ungliche Bodenstruktur und kann sich mit dem anstehenden Boden durchmischen. Compaction Grouting: Ein M¨ortel wird mit einem Druck von bis zu 50 bar in sandige bis schluffige B¨oden eingepresst. Dabei dringt er nicht in die Poren ein, sondern presst den Boden vor sich hin. Dadurch k¨onnen Bauwerkssetzungen r¨uckg¨angig gemacht werden. Sieht man vom D¨usenstrahlverfahren (das eher als Bodenverm¨ortelung anzusehen ist) ab, so lassen sich die Injektionen auch unterteilen in Penetrationsinjektionen und Crackinjektionen. Bei jeder Injektionsmaßnahme muss der Ingenieur Art und Menge des Injektionsguts, Verpressdruck und Abstand der Injektionsbohrungen und -austritts¨offnungen festlegen. Zementsuspensionen k¨onnen auch ohne Verpressen eingebracht werden: Der Boden wird ausgefr¨ast, mit Zementsuspension versetzt und wieder eingebaut. 20.4.1 Niederdruckinjektionen Da das Kornger¨ust bei der Niederdruckinjektion nicht besch¨adigt wird, beh¨alt es ¨ seine Festigkeit w¨ahrend des Verpressens. Ublicherweise wird u¨ ber Manschettenrohre (tube a manchette) mit Doppelpackern verpresst (Abb. 20.17). Es handelt sich dabei um Rohre oder Schl¨auche mit seitlichen Austritts¨offnungen (z.B. alle 30 cm), u¨ ber welche eine Gummimanschette als Ventil u¨ bergest¨ulpt ist. Diese Rohre bzw. Schl¨auche werden entweder in den Boden einger¨uttelt oder in vorgefertigte Bohrl¨ocher hineingestellt. Das Einr¨utteln sollte nur bei feineren Sanden vorgenommen werden, die sich beim R¨utteln gut verdichten lassen, andernfalls kann das Injektionsgut entlang des Rohres nach oben fließen. Am unteren Ende der einger¨uttelten Rohre wird eine quadratische Stahlplatte montiert, die im Boden verbleibt. Unterhalb von ihr bildet sich eine Spitze aus mitgef¨uhrtem Boden. Werden die Injektionsrohre in vorgefertigte Bohrl¨ocher gestellt, so wird der Ringspalt zwischen Manschettenrohr und Bohrlochwand mit einer Zement-Ton-Suspension ( Mantelmischung“, ca. ” 250 kg Zement pro m3 ) gef¨ullt, damit das Injektionsgut nicht nach oben entweichen 12
Wenn das Injektionsgut eine geringere Viskosit¨at als das umgebende Fluid hat (z.B. Wasser gegen Erd¨ol oder Luft gegen Wasser), dann ist eine kugelf¨ormige Front instabil, und es bilden sich fraktale Finger“ von Injektionsgut, die in das umgebende Porenfluid hineinrei” chen, siehe J. F EDER, Fractals, Plenum Press, New York and London 1989.
20.4 Injektionen
371
kann. Verpresst wird i.Allg. zuerst durch die unteren und dann durch die oberen Manschetten. Injektionsgutzufuhr über Verpressrohr Mantelmischung Packer austretendes Injektionsgut Packer Manschettenrohr
Abb. 20.17 Manschettenrohr und Doppelpacker. Das Injektionsgut o¨ ffnet aufgrund seines Druckes die Manschette, sprengt die Mantelmischung auf und dringt in den umliegenden Boden ein. Der Doppelpacker besteht aus zwei Packern, deren Funktion ist, das Manschettenrohr oben und unten so anzuschließen, dass das von oben eingepresste Injektionsgut nur in diesem Bereich u¨ ber die ge¨offnete Manschette ausgepresst werden kann.
Der Druck, der erforderlich ist, um das Volumen Q je Zeiteinheit in einen homogenen Boden einzupressen, l¨asst sich bei fl¨ussigen (chemischen) Injektionsmitteln, die als N EWTON-Fluide angenommen werden k¨onnen, wie folgt absch¨atzen: Wir betrachten eine kugelf¨ormige Quelle mit dem Radius r0 (als r0 kann n¨aherungsweise der Innenradius der Injektionslanze genommen werden). Der bereits mit Injektionsgut gef¨ullte Bodenbereich sei kugelf¨ormig und habe den Radius R (Abb. 20.18). Die Radialgeschwindigkeit v des Injektionsgutes in der Entfernung r folgt aus Q = 4πr2 v. Die Einpressrate Q richtet sich nach dem Soll-Einpressvolumen V und der Gelierzeit tG (Abb. 20.24): Q > V /tG . Mit v = ki i = −ki /γi · dp/dr erh¨alt man
R p 0 − p∞ = − r0
γi Q dp = · ki 4π
R
dr γi Q = · r2 ki 4π
1 1 − ro R
≈
Qγi .(20.1) 4πki r0
r0
Hierbei sind γi das spezifische Gewicht des Injektionsgutes und ki die Durchl¨assigkeit des Bodens in Bezug auf das Injektionsgut. Mit dem Verh¨altnis der Z¨ahigkeiten des Injektionsgutes und des Wassers μi /μw gilt (vgl. Gleichung (5.7)) μw γ i ki = k , μi γ w wobei k die Durchl¨assigkeit f¨ur Wasser ist. Man beachte dabei, dass μi mit der Zeit anw¨achst (vgl. Abb. 20.24). In Gleichung (20.1) ist p∞ der Druck im umgebenden
372
20 Baugrundverbesserung
Abb. 20.18 Zur Herleitung der Gleichung (20.1)
Porenwasser. Eigentlich nimmt dieser Druck (bei ruhendem Grundwasser) linear mit der Tiefe zu, wurde aber hier n¨aherungsweise als o¨ rtlich konstant angesetzt. Wird in eine bestehende Grundwasserstr¨omung (Filtergeschwindigkeit v∞ ) hineininjiziert, so wird das gesamte Injektionsgut konvektiv fortgeschleppt, sofern Q < v∞ 4πr02 gilt. Bei der Festlegung des Injektionsdrucks an der Injektionspumpe muss man auch den hydrostatischen Druckzuwachs sowie die hydrodynamischen Druckverluste in der Injektionslanze und in den Zuleitungsschl¨auchen (z.B. 2 bis 6 bar auf 100 m) ¨ ber¨ucksichtigen. Ublicherweise werden Dr¨ucke an der Pumpe von ca. (2 bis 3)γh bzw. zwischen 2 und 30 bar gew¨ahlt. An der Pumpstation sollten der Verpressdruck und die Verpressmenge in Abh¨angigkeit von der Zeit aufgezeichnet werden. Starke Druckspitzen (d.h. Anstieg des ¨ Drucks mit anschließendem pl¨otzlichen Abfall) deuten auf das Offnen von Kl¨uften oder Aufreißen des Bodens hin. Letzteres hat ein unkontrolliertes Abfließen des Injektionsguts zur Folge und sollte durch on-line Kontrolle des Drucks vermieden werden. Eine anf¨angliche Druckspitze deutet auf das Aufsprengen der Mantelmischung hin. Auch danach d¨urfte ein großer Teil des Verpressdrucks daf¨ur aufgewendet werden, um die Fließwiderst¨ande an der Manschette und an der Mantelmischung zu u¨ berwinden. Damit die Injektionsschl¨auche nicht aufplatzen, sollten Druckspitzen zum Aufreißen der Mantelmischung einen Wert von ca. 50 bar nicht u¨ bersteigen. Eine hinreichende Homogenit¨at des Bodens ist zum Gelingen der Niederdruckinjektion erforderlich. Bei Vorhandensein von grobk¨ornigen Schichten kann n¨amlich das Injektionsgut unkontrolliert abfließen.
20.4 Injektionen
373
20.4.2 Felsinjektionen Niederdruckinjektionen im Fels werden zur Abdichtung von Kl¨uften (z.B. Injektionsvorh¨ange unterhalb von Staud¨ammen) herangezogen.13 Es wird von Bohrl¨ochern aus injiziert. Ist die Bohrlochwand stabil, so wird von unten nach oben injiziert. Das Injektionsgut tritt vom unteren Ende eines Injektionsrohrs aus, wobei ein aufblasbarer Packer verhindert, dass es nach oben fließt. Bei instabiler Bohrlochwand wird von oben nach unten injiziert: Nach Fertigstellung einer Injektionsstufe wird die Bohrung nach unten fortgesetzt. ¨ Ublicherweise ist der Porenraum von Fels viel kleiner als derjenige von Boden. W¨ahrend z.B. in 1 m3 Boden 300 l Porenraum vorhanden sein k¨onnen, kann das Porenvolumen bei 1 m3 Fels nur 0,1 bis 0,4 l betragen. Allerdings sind die Poren (Kl¨ufte) beim Fels viel unregelm¨aßiger, und dies macht die Injektionsmaßnahmen schwierig. Es muss n¨amlich verhindert werden, dass das Injektionsmittel unkontrolliert in die weit ge¨offneten Kl¨ufte abfließt, ohne in die d¨unnen Kl¨ufte hineinzugelangen. Andererseits muss das Injektionsgut in die Kl¨ufte eindringen; dazu sollen d¨unne Kl¨ufte durch den Injektionsdruck durchaus ge¨offnet werden (claquage). Dies kann erreicht werden durch • Verwendung dickfl¨ussiger Injektionsmittel • Beschr¨ankung der Injektionsmenge (d.h. des Volumens V von Injektionsmittel pro steigendem Meter Bohrloch) • Beschr¨ankung des Injektionsdrucks p. L OMBARDI empfiehlt, relativ dickfl¨ussige Injektionsmittel zu verwenden und Betonverfl¨ussiger beizumischen. Ferner empfiehlt er, V dort zu beschr¨anken, wo eine große Injektionsgutaufnahme bei niedrigem Druck zu verzeichnen ist, und p dort zu beschr¨anken, wo das Injektionsgut nur schwer eindringt. Ein zu hoher Injektionsdruck kann den Fels aufreißen (hydraulic fracturing). Bei feinen Kl¨uften bei mehr ¨ als 5 bis 10 m Uberlagerung ist jedoch die Gefahr des Aufreißens gering (wegen des raschen Druckabbaus), sodass man bei geringen Injektionsgutaufnahmen den Injektionsdruck bis 40 bar steigern kann. F¨ur p < pmax und V < Vmax empfiehlt L OMBARDI, das Produkt p·V (sog. Grout Intensity Number, GIN) konstant zu halten (Abb. 20.19). 20.4.3 Hebungsinjektionen (soil fracturing) Bei hinreichend hohem Druck sprengt das Injektionsgut den umliegenden Boden auf. Man geht davon aus, dass sich dadurch Risse senkrecht zur kleinsten Hauptspannung bilden. Ist die kleinste Hauptspannung horizontal, so werden durch die Injektion vertikale Risse aufgesprengt und mit Injektionsgut verf¨ullt. Dabei wird der Boden in 13
G. L OMBARDI, D. D EERE, Grouting design and control using the GIN principle, Intern. Water Power & Dam Construction, June 1993, 6. H1, sowie ISRM Commission on Rock Grouting, Int. J. Rock Mech. Min. Sci. & Geomech. Abstr. 33/8 (1996) 803–847, ferner: F.-K. E WERT, GIN principle revisited, Intern. Water Power & Dam Construction, October 1997, 33-36.
374
20 Baugrundverbesserung p (bar) 40
hyperbolas pV=const. 30
20 2 10 1
V 50
100
150
200
300 (l pro lfdm Bohrloch)
Abb. 20.19 Zum GIN-Konzept von L OMBARDI. Injektionspfad 1 entspricht weit ge¨offneten Kl¨uften, w¨ahrend Pfad 2 bei sehr engen Kl¨uften zu beobachten ist.
horizontaler Richtung um das Injektionsrohr herum verspannt, sodass nunmehr die kleinste Hauptspannung in vertikaler Richtung wirkt.14 So kommt es, dass in einem nachfolgenden Verpressvorgang horizontale Risse aufgeweitet und verf¨ullt werden. Dadurch erreicht man gezielte Hebungen der Gel¨andeoberkante und evtl. darauf vorhandener Bauwerke.15 Diese Hebungen m¨ussen laufend kontrolliert werden, was mit einem Schlauchwaagensystem erreicht werden kann. Eine Variante besteht darin, expandierende Harze zu injizieren (z.B. URETEK). Sie entwickeln Dr¨ucke bis 100 bar und k¨onnen so Fundamente heben. ¨ 20.4.4 Dusenstrahlverfahren Das D¨usenstrahlverfahren (DSV) ist unter mehreren Namen bekannt, die z.T. Firmennamen sind, wie z.B. jet-grouting, Soilcrete, Hochdruckinjektion (HDI). Es besteht darin, das Injektionsgut unter hohem Druck (300 bis 600 bar an der Pumpe) durch D¨usen mit Strahlgeschwindigkeiten bis zu 400 m/s zu injizieren. Zuerst wird das Gest¨ange unter Sp¨ulhilfe in den Boden gebohrt. Anschließend wird es aus dem Boden langsam (0,1 bis 0,5 m/min) herausgezogen, wobei zugleich injiziert wird (Abb. 20.20). Injizierte S¨aulen entstehen, wenn beim Ziehen das Gest¨ange auch gedreht wird, ansonsten entstehen injizierte Scheiben. Man unterscheidet folgende Varianten:16 Einfachverfahren: Aus einer D¨use wird eine Zementsuspension17 gespritzt. Durch diesen Strahl wird der Boden aufgefr¨ast und zugleich die Zementsuspension beigegeben. Der R¨uckfluss aus Suspension und gel¨ostem Boden wird entlang des 14 15
16 17
¨ Diese ist ja durch den Uberlagerungsdruck γz beschr¨ankt. E.W. R AABE, K. E STERS, Injektionstechniken zur Stillsetzung und zum R¨uckstellen von Bauwerkssetzungen. In: Baugrundtagung 1986, S. 337-366. Das Verfahren wird auch compensation grouting genannt. Sie werden auch als Simplex“, Duplex“ und Triplex“ bezeichnet. ” ” ” Eventuell mit geringen Bentonitzus¨atzen zur besseren Pumpbarkeit.
20.4 Injektionen
375
Abb. 20.20 Zum D¨usenstrahlverfahren
Gest¨anges nach oben gef¨ordert und muss entsorgt werden. Bindige B¨oden werden dabei weitgehend mitgerissen und durch die abbindende Suspension ersetzt. Nichtbindige B¨oden werden nur zum Teil mitgerissen. Der Rest wird mit der Suspension vermischt und verbleibt im Boden. Das Einfachverfahren eignet sich vor allem f¨ur geringe Tiefen und horizontale Hochdruckinjektionen. Zweifachverfahren: Der Suspensionsstrahl (Druck 300 bar bis 600 bar) wird zum Zweck der besseren B¨undelung mit Luft (Druck 5 bis 6 bar) ummantelt. Im Vergleich zum Einfachverfahren k¨onnen damit gr¨oßere Durchmesser und gr¨oßere Tiefen erreicht werden. Dreifachverfahren: Das Auffr¨asen des Bodens erfolgt durch einen luftummantelten Wasserstrahl (Druck 300 bis 600 bar). Durch eine tiefer gelegene D¨use wird in den entstandenen Hohlraum Zementsuspension mit 15 bis 40 bar Druck hineingespritzt. Das Verfahren ist besonders geeignet f¨ur Geb¨audeunterfangungen. Das D¨usenstrahlverfahren wird f¨ur Bodenverbesserung (auch unter bestehenden Bauwerken), Unterfangungen, aber auch f¨ur Dichtw¨ande, Sohlabdichtungen, Schirminjektionen im Tunnelbau und zur Herstellung von Schachtw¨anden herangezogen. Zur Herstellung von tragenden S¨aulen (Pf¨ahlen) werden Tiefen bis ca. 30 m erreicht, zur Herstellung von Dichtw¨anden erreicht man Tiefen bis 40 m (wobei f¨ur Tiefen > 10 m die Vertikalit¨at nachzuweisen ist). Das Verfahren kann bei allen B¨oden angewandt werden mit Ausnahme von B¨oden mit Steinen u¨ ber 0,3 m Durchmesser. Da man keine M¨oglichkeit der visuellen Kontrolle hat, sind Hochdruckinjektionen (wie u¨ berhaupt Injektionen) schwierig. Die Qualit¨atsbeurteilung, insbesondere die Kontrolle des Durchmessers der enstandenen S¨aule, kann durch Freilegung erfolgen (Abb. 20.22). Zur Qualit¨ats¨uberwachung werden der Druck und der Injektionsmittelverbrauch aufgezeichnet, und der R¨uckfluss wird hinsichtlich Kontinuit¨at und Zusammensetzung beobachtet. Sein Volumen sollte in etwa dem verpressten Volumen entsprechen. Bei inhomogenen B¨oden besteht die Gefahr, dass das Injektionsgut unkontrolliert entweicht. Aufgrund seines hohen Druckes kann es dann zu Hebungen der Gel¨andeoberfl¨ache f¨uhren. Diese k¨onnen durch Entlastungsbohrungen vermie-
376
20 Baugrundverbesserung
Abb. 20.21 Anwendungsbereiche von Injektionsverfahren nach K UTZNER
den werden. Ein von der Fa. Bilfinger+Berger entwickeltes Verfahren besteht darin, in eine Lanze, die parallel zur Injektionslanze verl¨auft, ein Hydrophon zu installieren. Durch Analyse des Signals, das vom D¨usenstrahl erzeugt wird, kann auf den Durchmesser der DSV-S¨aule geschlossen werden. Bei einem anderen Verfahren analysiert man den zeitlichen Verlauf der durch das Abbinden des Zements entstehenden Erw¨armung und versucht daraus auf den S¨aulendurchmesser zu schließen. Der R¨uckfluss kann bis zu 100% des injizierten Suspensionsvolumens betragen. Er wird in provisorische Auffangbecken eingeleitet, wo er abbindet (Abb. 20.23). Es entsteht ein alkalischer Bauschutt von geringer Festigkeit, der entsorgt werden muss. 20.4.5 Injektionsmittel Es gibt im Wesentlichen Zementsuspensionen und L¨osungen (chemische Injektionen). Zur Wahl des geeigneten Injektionsmittels m¨ussen seine Fließeigenschaften sowie die Porendurchmesser des zu injizierenden Bodens ber¨ucksichtigt werden, siehe Abbildung 20.21.18 D¨unnfl¨ussige Injektionsmittel (L¨osungen) verhalten sich wie N EWTON-Fluide, w¨ahrend dickfl¨ussige Injektionsmittel (Suspensionen) sog. B INGHAM-Stoffe sind, d.h. sie fließen nur, wenn die Schubspannung gr¨oßer als die sog. Fließgrenze (oder Koh¨asion) τf ist. Bei vorgegebenem Injektionsdruck und Boden ist die N EWTONsche Z¨ahigkeit μ maßgebend f¨ur die Fließrate Q der Injektion (siehe Gleichung 20.1), w¨ahrend die Fließgrenze τf maßgebend f¨ur die Reichweite der Injektion ist (siehe Gleichung 22.1). Im Einzelnen werden folgende Injektionsmittel verwendet: 18
C. K UTZNER, Injektionen im Baugrund. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1991.
20.4 Injektionen
377
Abb. 20.22 Freigelegte D¨usenstrahls¨aulen, hergestellt in geschichteten B¨oden aus Kiesen und Sanden (Foto Fa. Bilfinger+Berger)
Abb. 20.23 D¨usenstrahlinjektion zur Herstellung einer Injektionssohle. Der Vorlaufgraben sowie das Auffangbecken (hinten) f¨ur den R¨uckfluss sind erkennbar.
378
20 Baugrundverbesserung
Zementsuspensionen: Der Zementanteil schwankt zwischen 100 und 500 kg pro m3 Mischung. Zur Verhinderung der Sedimentation beim Transport wird Bentonit (10 bis 60 kg/m3 ) beigegeben. Dadurch verbessert sich auch die Abdichtungswirkung, wobei die Festigkeit geringf¨ugig vermindert wird. Neuerdings werden sog. Ultrafeinzemente mit Korndurchmessern zwischen 1 und 20 μm verwendet, sie sind allerdings teurer als Normzement. Damit k¨onnen auch Mittelsande mit bis zu 30% Feinsandanteil verpresst werden.19 Ultrafeinzemente ben¨otigen mehr Anmachwasser (W/Z=5-8), h¨ohere Mischintensit¨aten und liefern h¨ohere Festigkeiten als konventionelle Zemente. Zur Herstellung einer homogenen und klumpenfreien Suspension sind hochtourige Spezialmischer erforderlich. Verpresst wird mit Kolbenpumpen. Zur Abbindebeschleunigung werden die u¨ blichen Zusatzstoffe beigegeben. Zur Verf¨ullung von Karstkavernen bei str¨omendem Wasser wird bis zu 10% Wasserglas zugegeben. Ton-/Zement-Gemische mit niedrigem Wassergehalt werden als Pasten bezeichnet. Bei Kontakten mit Chloriden, Sulfaten, Braunkohle sollte man auf die Widerstandsf¨ahigkeit des verwendeten Zementes achten. Chemische Injektionen: Das J OOSTEN-Verfahren ist ein sog. Zweiphasen-Verfahren: Zun¨achst wird konzentriertes Wasserglas (Natrium-Silikat), anschließend Chlorkalzium verpresst. Die Abbindereaktion erfolgt dann schlagartig. Bei den Einphasen-Verfahren wird Wasserglas mit H¨arter (sog. Reaktiv, NaHCO3 bzw. Kochsalz u.a.) injiziert, durch das Abbinden entsteht ein sog. Weichgel. Hartgele entstehen mit organischen H¨artern (Ester) und sind heute wegen Umweltbelastung durch Schwermetalle nicht zugelassen. Das Abbinden manifestiert sich als Erh¨ohung der Viskosit¨at und l¨auft allm¨ahlich, zun¨achst langsam ¨ und dann schnell ab (Abb. 20.24). Ublicherweise werden Gelierzeiten, die auch von der Temperatur abh¨angig sind, von 30 bis 60 Minuten eingestellt. Die Injek-
Abb. 20.24 Viskosit¨atsentwicklung von Silikatl¨osungen
tion sollte vor dem Abbinden (Gelieren) abgeschlossen sein. Das abgebundene 19
Die Kriterien f¨ur die Injizierbarkeit eines Bodens mit Ultrafeinzement sind nicht sehr aussagekr¨aftig. Es empfiehlt sich daher, die Eignung durch Modellversuche nachzuweisen. Man sollte dabei die radiale Ausbreitung des Injektionsguts ber¨ucksichtigen.
20.5 Bodenverm¨ortelung
379
Injektionsmittel heißt Gel. Das Gel scheidet eine Fl¨ussigkeit (Wasser und Natronlauge) aus, wodurch sich sein Volumen verringert. Je nach Rezeptur wird eine unterschiedliche Festigkeit des injizierten Bodens erreicht. Weichgele f¨ur tiefliegende Injektionssohlen erh¨alt man etwa nach der Rezeptur 80% Wasser, 18% Wasserglas, 2% Natrium-Aluminat.20 Die Festigkeit injizierter B¨oden wird mit einaxialen Druckversuchen gepr¨uft. Bei chemischen Injektionsmitteln ist sie stark von der Belastungsgeschwindigkeit abh¨angig. Gegebenenfalls sollten daher auch Kriechversuche durchgef¨uhrt werden. Andere chemische Injektionsmittel sind Kunstharze, Polyacrylate, Sch¨aume und Emulsionen (z.B. Bitumenemulsionen). Polyurethane sind ZweikomponentenKunstharze. Bei Kontakt mit Wasser reagieren sie unter Bildung von CO2 , was zu einer Aufsch¨aumung f¨uhrt. Aus 1 Liter Gemisch entstehen bei ungehinderter Aufsch¨aumung 12 Liter Polyurethanschaum. Die Aush¨artezeit ist sehr rasch (30 s bis 3 min). Dabei sind ausgeh¨artete Polyurethansch¨aume duktil, d.h. sie k¨onnen deformiert werden, ohne zu reißen oder von den Flanken abgel¨ost zu werden.
20.5 Bodenverm¨ortelung Hierbei werden (wie bei Injektionen) abbindende Substanzen dem Boden beigemischt. Im Gegensatz zu der erdbaum¨aßigen Bodenstabilisierung mit Kalk (vgl. 20.1.3) erfolgt hierbei die Beimischung abbindender Substanzen u¨ ber die Tiefe, daher lautet der englische Name dieses Verfahrens deep mixing method oder in situ soil mixing.21 Im Gegensatz zu den (hiermit eng verwandten) Injektionen erfolgt die Vermischung mit dem anstehenden Boden vermittels mechanischer R¨uhrwerkzeuge. Folgende Gesichtspunkte sind von Interesse: Bindemittel: Kalk (gel¨oscht oder ungel¨oscht), Zement. Ungel¨oschter Kalk kann die Durchl¨assigkeit des Bodens um den Faktor 1000 erh¨ohen, es entstehen dadurch vertikale Drains. Scherfestigkeit: Die erzielte Scherfestigkeit h¨angt von dem Bindemittelanteil des fertigen Gemisches und dem Grad und der Homogenit¨at der Durchmischung ab und kann somit u¨ ber die Tiefe variieren. Laborversuche ergeben i.Allg. h¨ohere Werte, als im Feld erzielt werden k¨onnen. Geometrie: Es werden S¨aulen mit Durchmessern zwischen 0,6 m und ¿ 3,5 m und Tiefen bis zu 50 m verm¨ortelt. Wirtschaftlicher sind große S¨aulendurchmesser, 20
21
Das so erhaltene Gel ist nicht toxisch, aufgrund seines stark basischen Charakters bewirkt es aber ein Ausf¨allen von im Grundwasser gel¨osten Stoffen. Es kommt dadurch zu einer F¨arbung des Grundwassers in der unmittelbaren Umgebung des injizierten Bodens. Deshalb werden tiefliegende Injektionssohlen mit Weichgel nicht immer zugelassen. Deep soil mixing, DSM, ist ein Firmenname und bezeichnet eine spezielle Variante des Nassverfahrens. Sie zeichnet sich aus durch Anwendung in festen bzw. dichten inhomogenen B¨oden mit robusten Mischwerkzeugen.
380
20 Baugrundverbesserung
hiermit werden Tiefen bis zu 12 m erreicht. Die S¨aulen werden in Rastern angeordnet und k¨onnen u¨ berschnitten sein. Mischverfahren: Das Bindemittel wird entweder trocken mit Unterst¨utzung von Druckluft (Trockenverfahren) oder bereits mit Wasser angesetzt (Nassverfahren) beigegeben.22 Im letzten Fall wird das Bindemittel aus D¨usen verpresst. Als Mischwerkzeuge dienen Schnecken oder Paddel mit bis zu ca. 1 m Durchmesser, die an rotierenden Schaften montiert sind. Diese werden meist in Gruppen von zwei bis vier gegenl¨aufig rotierenden Einheiten angeordnet. F¨ur seichte Anwendungen (shallow soil mixing) werden Mischger¨ate in Form von Schneckenbohrern mit Durchmessern bis zu ca. 4 m verwendet. Die Wahl zwischen Trockenund Nassverfahren richtet sich nach folgenden Kriterien: Trockenverfahren: – Wassergehalt des Ausgangsbodens 60-200% – Zementbeimischung 100-300 kg/m3 – Zielfestigkeit 0,15-0,50 MPa – billiger Nassverfahren: – Zementbeimischung 100-500 kg/m3 – Zielfestigkeit 0,3-15 MPa – gleichm¨aßiger, zuverl¨assiger. Die tiefe Bodenverm¨ortelung ist ein sehr wirtschaftliches und daher beliebtes Bauverfahren. Die Entwicklung von Varianten ist rasant und f¨uhrt zu einer verwirrenden Vielfalt von Verfahrens- und Firmennamen. Nach dem CSM-Verfahren (cutter soil mixing, Abb. 20.27, 20.28 und 20.29) der Firmen Bauer und Soletanche-Bachy werden bis zu 25 m tiefe Schlitze gestochen. Der Boden wird aber nicht ausgehoben, sondern an Ort und Stelle durch Zugabe von Zementsuspension verm¨ortelt. Wichtig ist dabei, dass das Boden-SuspensionGemisch bis zum Abbinden stabil bleibt, sodass sich der Boden nicht absetzt.
20.6 Bodenvereisung Durch W¨armeentzug kann das Porenwasser gefrieren, sodass der so entstehende vereiste Boden eine große Festigkeit aufweist (in etwa wie Magerbeton). Die Festigkeitszunahme ist reversibel und auf die Zeit des Gefrierens beschr¨ankt, daher eignet sich das Verfahren nur f¨ur provisorische Bauhilfsmaßnahmen, etwa f¨ur Unterfangungen oder im Tunnelbau (Abb. 20.30). Das Gefrieren des Grundwassers misslingt, wenn es mit Geschwindigkeiten gr¨oßer als ca. 2 m pro Tag fließt. Gel¨oste Stoffe k¨onnen die Eigenschaften des Grundwassers hinsichtlich Gefrierens beeintr¨achtigen. Auch muss der Feinkornanteil des Bodens im Hinblick auf evtl. Frosthebungen untersucht werden. Damit der gefrorene Boden eine nennenswerte Festigkeit erlangt, muss er einen S¨attigungsgrad von mindestens 0,50 bis 0,70 aufweisen. Liegt der 22
M. T OPOLNICKI, In-situ Soil Mixing. In: Ground Improvement, M. M OSELEY and K. H IRSCH (ed.), Spon Press 2004.
20.6 Bodenvereisung
381
Abb. 20.25 Zur Bodenverm¨ortelung. Rechts: Mischpaddel, im Vordergrund: ausgegrabener verm¨ortelter Boden. (Foto: Fa. Bauer)
Abb. 20.26 Bodenverm¨ortelung
382
20 Baugrundverbesserung
Abb. 20.27 Fr¨ase f¨ur CSM-Verfahren (Foto: Fa. Bauer)
Abb. 20.28 Tr¨agereinbau (Foto: Fa. Bauer)
Abb. 20.29 Ausgegrabene CSM-Schlitzwand
S¨attigungsgrad darunter, so muss Wasser zugegeben werden. Dies erfolgt entweder durch Aufstauen des Grundwasserspiegels oder durch Verrieselung in den Untergrund. Letztere gelingt leichter bei nichtbindigen B¨oden, wobei zur R¨uckhaltung des zugegebenen Wassers seine Viskosit¨at durch Additive erh¨oht werden kann. Ein typischer Zeitbedarf f¨ur die Anreicherung des Wassergehalts eines zu gefrierenden Bodens ist 2 bis 3 Wochen. Der K¨altetr¨ager23 wird durch ein inneres Rohr aus Polyurethan oder Kupfer zugeleitet. Im Ringraum zwischen a¨ ußerem und innerem Rohr fließt er zur¨uck. Das a¨ ußere Rohr besteht aus Stahl. Die Gefrierrohre werden entweder in den Boden hineingebohrt oder in vorgefertigte Bohrl¨ocher hineingestellt. Die Bohrgenauigkeit (Querabweichung pro L¨ange) liegt bei ca. 1-2%. Beim Gefrieren mit Lauge wird zun¨achst die 23
Man unterscheidet zwischen dem K¨altemittel, das durch seine Kondensation und Verdampfung die K¨alte erzeugt, und dem K¨altetr¨ager, der durch seine Zirkulation in den Gefrierrohren W¨arme aus dem Boden entzieht.
20.6 Bodenvereisung
383
Dichtigkeit der Gefrierrohre durch Abdr¨ucken mit Wasser u¨ berpr¨uft. Als K¨altetr¨ager werden entweder Salzl¨osungen von Chlormagnesium bzw. Chlorkalzium ( Sole“ ” oder Lauge“) mit einer Temperatur von −20◦ bis −35◦ oder fl¨ussiger Stickstoff mit ” einer Temperatur von −196◦ verwendet. Letzterer wird nicht in das K¨uhlaggregat r¨uckgeleitet, sondern verdampft. Wegen Erstickungsgefahr soll der Sauerstoffgehalt der Luft mit Sauerstoffw¨achtern kontrolliert werden, und man sollte fl¨ussigen Stickstoff nicht f¨ur geschlossene R¨aume (z.B. Tunnel) heranziehen. Da fl¨ussiger Stickstoff viel k¨alter ist, ist die Gefrierzeit nur ca. 1/5 derjenigen bei Verwendung von Sole. Allerdings ist fl¨ussiger Stickstoff aus Kostengr¨unden nur bei kleineren Projekten (bis zu 200 m3 gefrorenen Bodens) und nur f¨ur einige Tage anwendbar. Er wird auch zum schnellen Gefrieren herangezogen, wobei die anschließende Erhaltung des ¨ Frostk¨orpers mit Lauge vorgenommen wird. Zur Uberpr¨ ufung des Gefrierfortschrittes werden Temperaturaufnehmer (etwa einer pro 15 bis 30 m3 Frostk¨orper) in den Boden eingebracht. Die Lage des Frostk¨orpers kann mit Ultraschall bestimmt werden. Evtl. Gel¨andehebungen infolge Frost m¨ussen kontrolliert werden. Die Festigkeit des gefrorenen Bodens nimmt mit zunehmendem Feinanteil ab. Gefrorener Boden kriecht (Anwachsen der Verformung bei konstanter Spannung), wobei die Tendenz zum Kriechen mit wachsender Ausnutzung der Festigkeit zunimmt. Das Kriechen d¨urfte belanglos sein, wenn man hohe Sicherheiten einh¨alt, um die Verformungen klein zu halten und so die Gefrierrohre zu schonen. Man beachte, dass durch die Relaxation die Festigkeit des gefrorenen Bodens mit der Zeit abgebaut werden kann, sodass die Belastung auf St¨utzkonstruktionen mit der Zeit anwachsen kann.
Abb. 20.30 Bodenvereisung f¨ur Tunnelvortrieb
20.6.1 Frosthebungen Die Adh¨asionskr¨afte an den Kornoberfl¨achen bewirken eine Gefrierpunkterniedrigung. Folglich erfolgt das Gefrieren des Porenwassers in feinporigen B¨oden nicht
384
20 Baugrundverbesserung
gleichm¨aßig. Vielmehr kommt es zur Bildung von Eisadern und Eislinsen. Solche Eislinsen ziehen das Wasser an und k¨onnen betr¨achtlich wachsen, wenn Wassernachschub von der Oberfl¨ache her oder u¨ ber den Kapillarsaum aus dem Grundwasser gegeben ist. Eislinsen k¨onnen Bodenhebungen verursachen. Nach ihrem Auftauen f¨uhren sie zum Aufweichen des Bodens. Ein (strenges) Kriterium f¨ur die Anf¨alligkeit des Bodens hinsichtlich Frosthebungen wurde von C ASAGRANDE aufgestellt (Abb. 20.31), weitere Kriterien werden von K E´ ZDI24 erw¨ahnt, siehe auch Abb. 20.32.
Abb. 20.31 Frostempfindlichkeitsklassen nach ZTVE-StB94. F1: nicht frostempfindlich, F2: gering bis mittel frostempfindlich, F3: sehr frostempfindlich
Abb. 20.32 Frostgef¨ahrdete B¨oden nach C ASAGRANDE
24
A. K E´ ZDI, Handbuch der Bodenmechanik, Band 2, VEB Verlag f¨ur Bauwesen, Berlin 1970, S. 238ff.
21 Grundwasserhaltung
Um w¨ahrend des Bauzustandes im Bereich des Grundwassers arbeiten zu k¨onnen, werden verschiedene Maßnahmen zur Grundwasserhaltung ergriffen: Absperren: durch Dichtw¨ande, Injektionsk¨orper (insbesondere Sohlinjektionen), Bodenvereisung. Eine Absperrung von der Seite und von unten wird als Trogbauweise bezeichnet. Erfolgt die Absperrung im fließenden Grundwasser, so m¨ussen u.U. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Grundwasserkommunikation ergriffen werden, andernfalls kann es zum Grundwasseraufstau (nasse Keller!) kommen. Bei großen absperrenden Maßnahmen (z.B. Linienbauwerke) sollte die ver¨anderte Lage des Grundwasserspiegels durch eine dreidimensionale Str¨omungsberechnung im Voraus ermittelt werden. ¨ Ublicherweise wird die Grundwassersperre im Untergrund ohne Sichtkontrolle hergestellt und kann daher misslingen. Die Ortung von Leckagen gelingt kaum (wenn u¨ berhaupt, dann anhand der Messungen von Temperaturdifferenzen).1 Absenken: durch sog. offene Grundwasserhaltung oder durch Brunnen. Absenken des Grundwaserspiegels kann Setzungen hervorrufen. Durch die einsetzende Grundwasserstr¨omung k¨onnen Kontaminationen mobil werden. Verdr¨angen: durch Druckluft.
21.1 Dichtw¨ande, Schmalw¨ande Zur Absperrung des Grundwasserflusses in horizontaler Richtung eignen sich vertikale Dichtw¨ande (vertical cutoff walls) unterschiedlicher Bauart, wie z.B. Bohrpfahlw¨ande2 , Schlitzw¨ande und schlossgedichtete Spundw¨ande. Speziell zur Ab1
2
M. AUFLEGER, Verteilte faseroptische Temperaturmessungen im Wasserbau. Berichte des Lehrstuhls und der Versuchsanstalt f¨ur Wasserbau und Wasserwirtschaft, Nr. 89, TU M¨unchen 2000. ¨ Uber m¨ogliche Undichtigkeiten u¨ berschnittener Bohrpfahlw¨ande siehe W. K RAJEWSKI, Wechselwirkung von Baugrundaufschluss und Bauwerksentwurf – Erfahrungen beim Bau einer Talsperre im Mittelgebirge, 12. Christian Veder Kolloquium, Graz 1997, S. 59–73.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_21
386
21 Grundwasserhaltung
dichtung werden sog. Schmalw¨ande (vibrating beam cutoff walls) hergestellt. Diese haben Nenndicken zwischen 8 und 10 cm und u¨ bliche Tiefen zwischen 8 und 20 m. Bei gr¨oßeren Tiefen ist der dichte Anschluss der einzelnen Wandabschnitte aneinander problematisch. Zu ihrer Herstellung werden Stahlprofile in den Boden einger¨uttelt (einvibriert). Beim Ziehen wird der Hohlraum mit einer erh¨artenden Masse aus Bentonit, Bindemittel (Zement), F¨uller (z.B. Flugasche) und Wasser verpresst (Abb. 21.1). Die Schmalwandmasse ist relativ undurchl¨assig (k ≈ 10−8 m/s), sodass f¨ur sorgf¨altig hergestellte Schmalw¨ande eine Durchl¨assigkeit (sog. Systemdurchl¨assigkeit) von k ≈ 10−7 m/s angesetzt werden darf. Die Erosionssicherheit wird im Labor daran beurteilt, dass die Schmalwand einen hinreichend großen Druckgradienten (etwa bis i ≈ 200) aufnehmen kann. Zur kontrollierten Abdichtung gef¨ahrlicher Altlasten ist es auch denkbar, zwei parallele Schmalw¨ande (sog. Doppelwand) zu installieren und den Zwischenbereich mit Querschotten in Kammern zu unterteilen. Die Dichtigkeit jeder Kammer ist mithilfe von Probeabsenkungen durch Brunnen kontrollierbar.
Abb. 21.1 Schmalwandherstellung
21.2 Injektionssohlen Zur Herstellung wasserdichter Baugruben kann man die vertikale Abdichtung durch eine 1 bis 2 m dicke Injektionsschicht in der Sohle abschließen, ohne das Grundwasser in der Umgebung abzusenken.
21.2 Injektionssohlen
387
Die erreichte Abdichtung ist nicht 100%ig. Oft kann man aber den Wasserandrang auf ein ertr¨agliches Maß reduzieren.3 Das Restwasser wird abgepumpt und muss entsorgt werden.4 Oft versucht man, eine erfolgreiche Sohlabdichtung vor dem Aushub mit einem Pumpversuch zu u¨ berpr¨ufen. Dazu werden Brunnen abgeteuft (dieselben, die nachher f¨ur das Lenzen verwendet werden), und das in der Baugrube befindliche Grundwasser wird abgepumpt. Bei einer dichten Baugrube sollte sich nur das Volumen n V abpumpen lassen, wobei V das Volumen des wasserges¨attigten Bodens in der Baugrube und n die effektive Porosit¨at ist. Weitere Indikatoren einer erfolgreichen Abdichtung sind (i) die Zeit, welche erforderlich ist zum Wiederanstieg des Grundwasserspiegels nach Abstellen des Pumpens; dazu braucht man Grundwasserbeobachtungspegel (mindestens drei pro Baugrube), und (ii) der Grundwasserspiegel außerhalb des Troges darf beim Abpumpen nicht merklich (d.h. mehr als einige dm) abgesenkt werden. Eventuelle Leckstellen k¨onnen unter Umst¨anden thermisch geortet werden. Man nutzt dabei die Tatsache aus, dass das Grundwasser im Bereich der Injektionssohlen erw¨armt wird (durch die Hydratationsw¨arme bei DSV-Sohlen wird das Wasser auf 80◦ C erw¨armt). Das durch eine Leckage einstr¨omende Grundwasser ¨ ufung ist hingegen mit einer Temperatur von ca. 10◦ C wesentlich k¨alter. Die Uberpr¨ der Dichtigkeit durch Abpumpen vor dem Aushub kann misslingen, es kann zu einer Undichtigkeit durch einen lokalen hydraulischen Sohlaufbruch kommen, der durch den Bodenaushub ausgel¨ost wird. Es gibt hochliegende und tiefliegende Injektionssohlen. Injektionssohlen werden von der urspr¨unglichen Gel¨andeoberkannte aus nach Herstellung der seitlichen Baugrubenumschließung hergestellt. 21.2.1 Hochliegende Injektionssohlen Hochliegende Injektionssohlen werden mit dem D¨usenstrahlverfahren hergestellt (jet grout pile slab) und m¨ussen (wie Unterwasserbetonsohlen) mit Zugpf¨ahlen nach unten verankert werden (Abb. 21.2, 21.3). Sie sind (genauso wie Unterwasserbetonsohlen) riskante Baumaßnahmen und m¨ussen sorgf¨altig durchgef¨uhrt werden. Die Injektionen werden von einem Erdplanum oberhalb des Grundwasserspiegels aus vorgenommen, und die Injektionssohle wird mit Ramminjektionspf¨ahlen oder mit sog. GEWI-Pf¨ahlen verankert. Diese bestehen aus Gewindest¨aben5 , die in Bohrl¨ocher abgelassen werden. Der Ringspalt wird anschließend mit Zementm¨ortel verf¨ullt. Dadurch entsteht der Kraftschluss zum umliegenden Boden und zur Injektionssohle. Nach der Herstellung und Verankerung der Sohle wird die Baugrube gelenzt und ausgehoben. Falls Setzungen in der Nachbarschaft vermieden werden sollen, 3 4 5
Bei den Baugruben in Berlin ist ein Wasserandrang von maximal 5 l pro Sekunde und 1000 m2 Grundrissfl¨ache zul¨assig. In Berlin verlangt man daf¨ur Einleitungsgeb¨uhren von 1,5 pro m3 . Die gebr¨auchliche Abk¨urzung GEWI ist eigentlich ein Firmenname f¨ur Betonstahl mit Gewinderippen. F¨ur die vorliegende Anwendung ist das Gewinde unn¨otig. Daher wird trotz des Sprachgebrauchs normaler (gerippter) Betonstahl verwendet. Sind gr¨oßere Stahldurchmesser erforderlich, die nicht als Betonstahl erh¨altlich sind, so muss man GEWI-St¨abe verwenden.
388
21 Grundwasserhaltung
muss der Kopfbereich der St¨utzwand fr¨uhestm¨oglich verankert werden. Oberhalb der (¨ublicherweise 1,0 bis 1,7 m dicken) DSV-Sohle wird eine ca. 1,5 m dicke Sandschicht belassen. Diese verhindert ein Aussp¨ulen von Sand bei eventuellen Undichtigkeiten der DSV-Sohle und erm¨oglicht das Anlegen von Pumpens¨umpfen. Die Zuganker (GEWI-Pf¨ahle) werden in einem Rasterabstand von 2,5 bis 3 m gesetzt. Bedingt durch ihre Verankerungsl¨ange in der DSV-Sohle und der zwischen Stahl und Zementm¨ortel u¨ bertragbaren Mantelreibung von ca. 1500 kN/m2 ist ihre Traglast auf ca. 500 kN beschr¨ankt. Die Einbindel¨ange in den darunter liegenden Boden richtet sich nach Maßgabe der Auftriebssicherheit: Das Gewicht der mitgezogenen Bodens¨aule (Abb. 21.2e), erh¨oht um die Mantelreibung, die auf die umh¨ullende Mantelfl¨ache der Ankergruppe wirkt, soll hinreichend gr¨oßer sein als der auf der Sohlenunterkante wirkende Wasserdruck (abz¨uglich des Gewichts aus DSVSohle und daraufliegender Sandschicht). Es ergeben sich so Verankerungsl¨angen la ≈ 1, 4 Δh, wobei Δh der Wasser¨uberdruck (in mWS) an der Sohlunterkante ist. Auf die DSV-Sohle wirken die geneigten Erddruckkr¨afte E, die Ankerzugkr¨afte, der Wasser¨uberdruck und ihr Gewicht. Sie entspricht hinsichtlich Festigkeit einem Beton B5 und wird als Bauteil aus unbewehrtem Beton dimensioniert, d.h. der Stich der St¨utzlinie6 darf nicht gr¨oßer als 0, 3 hDSV sein, wobei hDSV die Dicke der DSVSohle ist. Gegebenenfalls kann man die Injektionssohle als Sohlgew¨olbe ausf¨uhren. 21.2.2 Tiefliegende Injektionssohlen Tiefliegende Injektionssohlen (Abb. 21.4) werden u¨ blicherweise mit Weichgel und Verpressdr¨ucken zwischen 7 und 10 bar hergestellt. Zur Einbringung der Injektionsrohre wird nach dem Sp¨ulbohrverfahren gebohrt. Zur Sp¨ulung wird die Mantelmischung herangezogen. Die Injektionsrohre werden in die Bohrl¨ocher h¨andisch eingef¨uhrt. Es handelt sich dabei um Schl¨auche (Durchmesser 18mm), an deren unterem Ende ein Rohr mit einem Ventil montiert ist. Die tiefliegenden Injektionssohlen m¨ussen eine hinreichende Auflast durch Bodeneigengewicht haben. Dort, wo die (billigeren) Niederdruckinjektionen nicht durchf¨uhrbar sind, werden sie durch (die teureren) Hochdruck-(D¨usenstrahl-)Injektionen ersetzt. Die Tiefenlage der Injektionssohle bestimmt sich nach Maßgabe einer hinreichenden Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch (Auftriebssicherheit). Hierzu darf der auf die Fl¨ache AA (Abb. 21.5) von unten nach oben wirkende η-fache Wasserdruck p = (h3 + x − h1 )γw nicht gr¨oßer als das Gesamtgewicht werden, das von oben nach unten auf die Fl¨ache AA wirkt. Daraus folgt x≥
ηγw (h3 − h1 ) − γh4 − γi h2 + γr (h2 + h4 ) γr − ηγw
.
Dabei sind γ das Feuchtraumgewicht, γr das Raumgewicht des ges¨attigten Erdstoffs und γi (≈ γr ) das Raumgewicht des injizierten Bodens. Die Sicherheit η wird meist zu 1,1 gesetzt. Der Wasserstand h4 betr¨agt u¨ blicherweise 0,5 bis 1 m. F¨ur tiefliegende 6
St¨utzlinie ist diejenige Kurve, die die Angriffspunkte der resultierenden Schnittkraft durch jeden Querschnitt verbindet.
21.2 Injektionssohlen
389
Schlitzwand oder Bohrpfahlwand
(a)
(b)
DSV−Sohle
DSV − Sohle
GEWI−Stab
(d)
(c)
Schlitzwand oder Bohrpfahlwand Q E
E
Sandauflage als Belastung Stützlinie DSV−Sohle Zuganker
la
Mitwirkendes Bodengewicht ϕ
ϕ
(e)
Abb. 21.2 Hochliegende Injektionssohle, Stadien der Herstellung
390
21 Grundwasserhaltung
Abb. 21.3 Hochliegende Injektionssohle (Baustelle B96, Berlin, Fa. Bauer)
Ringdränage zur Restwasserhaltung Schlitzwand oder Bohrpfahlwand Injektionsanker Injektionssohle
Abb. 21.4 R¨uckverankerte Schlitzwand/Bohrpfahlwand mit tiefliegender Injektionssohle (Prospekt Fa. Br¨uckner Grundbau)
21.3 Unterwasserbetonsohlen
391
Injektionssohlen werden Injektionsmittel mit geringer Festigkeit gew¨ahlt (Gele), da es hierbei haupts¨achlich um Abdichtung und nicht um Festigkeit geht. Die Injektionslanzen werden im Grundriss auf ein Raster von gleichseitigen Dreiecken angeordnet. Der Rasterabstand sollte einerseits m¨oglichst groß sein, um den Bohraufwand zu minimieren, andererseits m¨oglichst klein, um den Injektionsaufwand zu minimieren. Das Optimum findet sich bei Rasterabst¨anden zwischen 1,2 und 1,6 m. Die Sohlabdichtung kann misslingen, wenn die Injektionslanzen von ihrer Soll-Lage abweichen. Dies kann z.B. durch Findlinge hervorgerufen werden, die das relativ schlanke Bohrgest¨ange umleiten k¨onnen, ohne sich beim Bohren sonst bemerkbar zu machen.
21.3 Unterwasserbetonsohlen Die u¨ blicherweise 1,2 bis 1,5 m dicken Unterwasserbetonsohlen (Abb. 21.6) sind in ihrer statischen Wirkung vergleichbar mit den hochliegenden Injektionssohlen, ihre Herstellung ist jedoch verschieden. Zun¨achst wird der Boden durch Nassaushub bzw. -baggerung (meist von Pontons aus, Abb. 21.7) ausgehoben. Anschließend werden die Zuganker als GEWI-Pf¨ahle oder Ramminjektionspf¨ahle (RI-Pf¨ahle) (ebenfalls von Pontons oder Br¨ucken aus) gesetzt.7 Die Sohle wird danach unter Wasser (unter der Aufsicht von Tauchern, Abb. 21.8, 21.9) betoniert. Ihre Grundlage (Feinplanie) muss mit Langstielbaggern geebnet werden. Man beachte, dass eine Profilierung der Sohle (Herstellung von Erhebungen und Vertiefungen) schwierig ist und die Heranziehung von St¨utzkonstruktionen erfordert. Lokale Vertiefungen k¨onnen eine maximale Neigung von nur 5 bis 6% erhalten. Die betonierte Sohle ist eine ebene Fl¨ache mit einer Toleranz von ±10 cm. Um Zw¨angungen und Risse zu vermeiden, sollen die Betonierabschnitte eine maximale L¨ange von 50 bis 60 m haben. Die Achillesferse dieses Bauverfahrens ist der dichte Anschluss der Sohle an die vertikalen St¨utzw¨ande, die vorher ges¨aubert werden sollten. Zum Betonieren m¨ussen große Betonmengen (etwa 100 bis 150 m3 pro h) geliefert werden, was ein logistisches Problem darstellt. Nach Herstellung und Abbinden der Betonsohle wird gelenzt. Man beachte, dass das gelenzte Trogwasser wegen des Kontaktes zur Betonsohle einen erh¨ohten pH-Wert hat und daher zur Entsorgung neutralisiert werden muss. Ab Baugrubentiefen von ca. 20 m sind Injektionssohlen zu riskant. Daher ist dort Unterwasserbeton vorzuziehen. Unterwasserbetonsohlen bleiben in der Regel unbewehrt. Bedingt durch den Nassaushub l¨asst sich nicht mehr als eine Ankerlage f¨ur die seitliche Baugrubensicherung einbauen.
7
Dabei k¨onnen die vertikalen St¨utzw¨ande Verformungen erleiden, s. A. H ETTLER, K. B OR CHERT , Herstellungsbedingte Verformungen bei tiefen Baugruben, Baugrundtagung 2010, DGGT, S. 35–42.
392
21 Grundwasserhaltung
h1 h3
h4 x
tiefliegende Injektionssohle
h2 A
A p
Abb. 21.5 Tiefliegende Injektionssohle. Definitionen zum Nachweis der Auftriebssicherheit
1. 2. 3. 4.
Herstellung der Baugrubenw¨ande und Verankerung von einer Voraushubebene Unterwasseraushub der Baugrube Einbau des Unterwasserbetons im Kontraktorverfahren Lenzen der Baugrube nach Abbinden des Betons
Abb. 21.6 Herstellungsablauf einer wasserundurchl¨assigen Baugrubenumschließung mit verankerter Unterwasserbetonsohle (Prospekt Fa. Br¨uckner Grundbau)
21.4 Wasserhaltung durch Brunnen
393
Abb. 21.7 M¨aklerger¨at f¨ur RI-Pf¨ahle, Baustelle am Hauptbahnhof in Berlin
Abb. 21.8 Unterwasserbetonsohle: Betonieren, Kontrolle durch Taucher
21.4 Wasserhaltung durch Brunnen Mithilfe eines Brunnens kann der Grundwasserspiegel lokal (etwa in einem Bohrloch) abgesenkt werden. Das umgebende Grundwasser wird dabei mit abgesenkt und fließt – angetrieben von der Schwerkraft – (daher die Bezeichnung gravitation¨are“ ” Grundwasserhaltung) dem Brunnen zu. Die Absch¨atzung der Wassermenge Q, die einer Baugrube mit der L¨ange a und der Breite b zufließt, erfolgt u¨ blicherweise mithilfe von Gleichung (5.22). Hierzu kann die Baugrube als Brunnen mit fl¨achengleichem Kreisquerschnitt und dem Radius r0 = ab/π betrachtet werden (Abb. 21.10). F¨ur z wird die urspr¨ungliche (ungest¨orte) Grundwasserh¨ohe H und f¨ur z0 die Grundwasserh¨ohe h an der Baugrube eingesetzt. F¨ur r wird die sog. Reichweite R des Brunnens nach S ICHARDT eingesetzt: R [m] = 3.000(H [m] − h [m]) k[m/s]. Diese empirische Gleichung ist
394
21 Grundwasserhaltung
Abb. 21.9 Herstellung der Unterwasserbetonsohle beim Innkraftwerk in Langkampfen
dimensionsunecht und wohl kaum u¨ berpr¨ufbar. Zudem d¨urfte sie unrealistisch sein, da R mit der Zeit anw¨achst. Da aber in der Brunnenformel nur der Logarithmus von R eingeht, kommt es auf die Genauigkeit von R nicht sehr an. Die tats¨achlichen Brunnen werden um die Baugrube angeordnet und haben in Summe die F¨orderrate Q.
H R
h
Abb. 21.10 Zur Absch¨atzung der einer Baugrube zufließenden Wassermenge
Die Brunnen bestehen aus (z.B. geschlitzten) Filterrohren, die in Bohrl¨ochern platziert werden. Der Ringspalt wird mit Filterkies verf¨ullt, d.h. einem Kies, der die Filterkriterien gegen¨uber dem anstehenden Boden erf¨ullt. Im Grundriss werden die Brunnen um die Baugrube herum verteilt oder (bei Platzmangel) in der Baugrube angeordnet. Dies erfolgt entweder im Arbeitsraum zwischen der Verbauwand und dem Bauwerk oder im Grundriss des Bauwerks, wobei die Durchf¨uhrung durch die
21.4 Wasserhaltung durch Brunnen
395
Bauwerkssohle u¨ ber einen sog. Brunnentopf erfolgt. Folgende Brunnenarten werden verwendet: Tiefbrunnen: Die Bohrl¨ocher haben einen Durchmesser von 0,4 bis 1,5 m. Es werden elektrisch betriebene Unterwasserpumpen verwendet, die sich in den Brunnen befinden und das Wasser beliebig hoch dr¨ucken k¨onnen. Zum Beispiel wird das Grundwasser bei Braunkohle-Tagebaubetrieben durch gestaffelte Tiefbrunnen um bis zu 600 m abgesenkt. Vakuumkleinfilterbrunnen: Hierbei wird das Wasser mit Kreiselpumpen angesaugt, daher k¨onnen nur Absenkungen bis ca. 4 m erreicht werden (sog. Flachhaltungen). Es werden mehrere Brunnen an eine gemeinsame Saugleitung angeschlossen (Abb. 21.11). Einfache Vakuumkleinfilterbrunnen werden auch als well points bezeichnet. Bei entsprechend undurchl¨assigem Boden bzw. bei Abdichtung der Bodenoberfl¨ache mit Folien kann man durch Anwendung von Unterdruck den Boden stabilisieren (sog. Vakuumverfahren). Dies geschieht dadurch, dass der Porendruck abnimmt und die effektiven Spannungen dementsprechend zunehmen. Vakuum-Tiefbrunnen: Er ist anwendbar bei beliebiger Tiefe zur Stabilisierung von weichen bindigen B¨oden und zur Entspannung von Wasserdruck (Abb. 21.12). Luft
Saugleitung
Wasser
Filter
Aufsatzrohr Tonabdichtung Filtermaterial
Pumpe
Filterrohr Spülspitze
Abb. 21.11 Vakuumkleinfilterbrunnen
Abb. 21.12 Vakuum-Tiefbrunnen
Schluckbrunnen: Sie werden herangezogen, wenn man Wasser in den Untergrund einleiten will (Abb. 21.13). In der Praxis kann die rechnerische Versickerungsmenge nur zu ca. 50% erreicht werden, da die Durchl¨assigkeit des Brunnens und des Bodens um den Brunnen durch Verstopfungen und Verockerung abgemindert wird.8
8
Siehe: P. A RZ, H.G. S CHMIDT, J. S EITZ, S. S EMPRICH: Grundbau, Betonkalender 1994, Ernst & Sohn, Berlin, Abschnitt 7.3.
396
21 Grundwasserhaltung Q
Abb. 21.13 Schluckbrunnen
21.5 Senkkasten, Caissons Beispiele f¨ur das Verdr¨angen des Grundwassers durch Druckluft finden sich beim Tunnelvortrieb unter dem Grundwasserspiegel und bei pneumatischen Senkk¨asten (Caissons). Ein Senkkasten ist ein vorgefertigter Kasten, der auf die Gel¨andeoberfl¨ache aufgesetzt wird. Durch Ausgraben werden lokale Grundbr¨uche hervorgerufen, wodurch der Kasten allm¨ahlich abgesenkt wird. Die Mantelreibung wird durch einen mit Bentonitsuspension gef¨ullten Ringspalt reduziert (Abb. 21.14 und 21.15). Unterhalb des Grundwasserspiegels erfolgt der Erdaushub in einer Arbeitskammer, welche unter erh¨ohtem Luftdruck gehalten wird. Personal und Material werden u¨ ber Schleusen in die Arbeitskammer transportiert. Menschen, die unter Druckluft arbeiten, m¨ussen aus Gesundheitsgr¨unden Ein- und Ausschleusungszeiten einhalten. Schleuse
Ringgraben
Schachtrohr
Arbeitskammer Schneide
Abb. 21.14 Pneumatischer Senkkasten
Abb. 21.15 Mit gef¨ullter Ringspalt
Bentonitsuspension
22 ¨ Sicherung von Gel¨andesprungen
Gel¨andespr¨unge werden entweder frei abgeb¨oscht oder aber durch St¨utzkonstruktionen (retaining structures) gesichert.1 Diese k¨onnen unterteilt werden in: ¨ Stutzmauern: Der Erdruck wird u¨ ber die Sohle der St¨utzmauer (retaining wall) in den Untergrund abgetragen (Abb. 22.1, 22.3). ¨ Stutzw¨ ande: Der auf die St¨utzwand ausge¨ubte Erddruck wird durch Streben, Steifen, Anker und/oder Erdwiderstand aufgenommen (Abb. 22.2). Dazu geh¨oren Spundw¨ande, Tr¨agerbohlw¨ande, Bohrpfahlw¨ande und Schlitzw¨ande sowie auch W¨ande aus verm¨orteltem Boden (siehe Abschnitte 20.4.4 und 20.5).
(a)
(b)
Abb. 22.1 St¨utzmauern, (a) Gewichtsmauer, (b) Winkelst¨utzmauer. Die strichlierten Linien deuten darauf hin, dass St¨utzmauern in den Boden einbinden. Da sie aber oft entlang von Verkehrslinien gebaut werden und dort immer wieder Gr¨aben zur Leitungsverlegung aufgerissen werden, ist es ein Gebot der Sicherheit, die st¨utzende Einbindung zu vernachl¨assigen.
Verbundkonstruktionen: Dazu geh¨oren W¨ande aus bewehrter Erde, Nagelw¨ande, Raumgitter-St¨utzmauern (dies sind St¨utzmauern, die durch Aufeinanderstapeln 1
Siehe auch M. N USSBAUMER, P.-A. VON W OLFFERSDORFF, Retaining structures and excavated slopes, Proceedings of the XIV Intern. Conf. SMFE, Hamburg 1997, sowie M. P ULLER, Deep excavations, a practical manual, 2nd edition, Thomas Telford, London 2003.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_22
398
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Abb. 22.2 St¨utzw¨ande (im Boden eingespannt, durch Steife bzw. Anker gest¨utzt)
Abb. 22.3 Bau einer Winkelst¨utzmauer. F¨ur den Bau muss der zu st¨utzende Hang angeschnitten und provisorisch (hier mit einer Nagelwand) gest¨utzt werden.
von Betonfertigteilen, Baumst¨ammen und anderen K¨orpern entstehen) u.a. (Abb. 22.4, 22.5, 22.6, 29.8).
¨ 22.1 Stutzmauern Bei Gewichtsmauern (gravity walls) werden die Gleitsicherheit durch Sohlreibung und die Kippsicherheit dadurch erreicht, dass die Resultierende aus st¨andigen Einwirkungen im Kern der Sohle wirkt (Abb. 22.7 und Abb. 22.8). Gewichtsmauern k¨onnen auf Beton-Streifenfundamenten gegr¨undet werden und bestehen aus unbewehrtem Beton, Mauerwerk (masonry) u.¨a. oder aus Gabionen (Drahtschotterk¨orbe, gabions). Durch eine Anschr¨agung (Abb. 22.9) kann der ak-
22.1 St¨utzmauern
399
Abb. 22.4 Herstellung einer Wand aus bewehrter Erde
Abb. 22.5 Raumgitter-St¨utzmauern
Abb. 22.6 Krainerwand
Abb. 22.7 Gekippte St¨utzmauer
400
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
E
G
R
E G
R
Kern
Abb. 22.8 Die Resultierende aus Erddruck Abb. 22.9 Durch Anschr¨agung wird der Erdund Eigengewicht (bzw. ihre Reaktionskraft) druck reduziert. soll im Kern angreifen.
A
E ϕ B
C
Abb. 22.10 Der Erdkeil ABC kann als Bestandteil der Winkelst¨utzmauer aufgefasst werden. Es ergibt sich somit eine fiktive Gewichtsmauer (rechts).
Abb. 22.11 Der Boden oberhalb des Sporns kann als Bestandteil der Winkelst¨utzmauer aufgefasst werden. Es ergibt sich somit eine fiktive Gewichtsmauer (rechts).
22.1 St¨utzmauern
401
tive Erddruck erheblich herabgesetzt werden. Bei alten St¨utzmauern aus Naturstein k¨undigt sich das Versagen oft durch allm¨ahliches Ausbauchen an. Bei Winkelst¨utzmauern (cantilever wall) kann die Beurteilung der Kippsicherheit a¨ hnlich wie bei Schwergewichtsmauern erfolgen, wenn man den Bodenkeil ABC (Abb. 22.10) als Bestandteil der St¨utzmauer auffasst. Zur Berechnung des Erddrucks auf die so entstehende fiktive St¨utzmauer ist dann δ = ϕ zu setzen. Vielfach wird auch der u¨ ber dem Sporn befindliche Boden als Bestandteil der Mauer aufgefasst (Abb. 22.11). Dann wird der aktive Erddruck parallel zur Gel¨andeoberfl¨ache angesetzt. Außer dem Kippsicherheitsnachweis wird u¨ blicherweise auch der Gleitsicherheitsnachweis gef¨uhrt. Dabei wird nachgewiesen, dass die Horizontalkomponente des Erddrucks kleiner als V tan δs ist. V ist die durch die Sohle u¨ bertragene Vertikalkraft, und δs ist der Sohlreibungswinkel. Ein evtl. vorhandener passiver Erddruck wird dabei sicherheitshalber vernachl¨assigt. Außer den Nachweisen der Kipp- und Gleitsicherheit muss auch die Sicherheit gegen Grundbruch (bei schr¨ager und exzentrischer Last) nachgewiesen werden. Dieser Nachweis schließt die beiden erstgenannten Nachweise ein. Zur Bemessung einer Winkelst¨utzmauer muss das Biegemoment an der Stelle B (Abb. 22.10) berechnet werden. Der hierzu auf die Fl¨ache AB anzusetzende Erddruck ist umstritten.2 Sicherheitshalber sollte man den Erdruhedruck ansetzen. Sehr wichtig ist die Entw¨asserung von St¨utzmauern2 , damit sich kein Wasserdruck hinter der St¨utzmauer einstellen kann (Abb. 22.12).
Filtermaterial
Sammler
Abb. 22.12 Dr¨anage von St¨utzmauern (Beispiel)
St¨utzmauern werden nach ihrer Herstellung hinterf¨ullt, deshalb heißen sie auch backfilled walls. 2
U. S MOLTCZYK, St¨utzmauern, Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn 1992, S. 653–678.
402
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
22.2 Grabenverbau Gr¨aben und Baugruben in standfestem Boden d¨urfen nur bis zu einer Tiefe von 1,25 m ungest¨utzt senkrecht abgeb¨oscht werden.3 Zum Verbau von Gr¨aben k¨onnen Bohlen verwendet werden, die waagrecht oder senkrecht angeordnet werden. Der waagrechte Grabenverbau (Abb. 22.13) wird bei nicht zu breiten und nicht zu tiefen Gr¨aben (bis 3 m Tiefe) herangezogen, wenn die zahlreichen Steifen das Arbeiten im Graben nicht sehr behindern. Der senkrechte Grabenverbau (Abb. 22.14) ist bei
Bohlen
Brustholz Steife bzw. Kanalstrebe Abb. 22.13 Waagrechter Grabenverbau
Gurtholz bzw. Gurtträger
Steife bzw. Kanalstrebe
Abb. 22.14 Senkrechter Grabenverbau
weniger standfestem Boden bzw. wenn ein großer freier Arbeitsraum ben¨otigt wird, 3
Siehe auch A. W EISSENBACH, Baugrubensicherung, Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn 1992, S. 379–491.
22.3 Tr¨agerbohlwand
403
vorzuziehen. Anstelle von Holzbohlen k¨onnen Kanaldielen aus Stahl verwendet werden. Letztere sind leichte Spundwandprofile (siehe Abschnitt Spundw¨ande“). ” Zum Grabenverbau werden heute meistens fertige Verbaueinheiten herangezogen, bestehend aus abgestrebten Stahlverbauplatten, die in den Untergrund durch Ausgraben abgesenkt werden (Abb. 22.15).
Abb. 22.15 Grabenverbau-Element (trench box)
22.3 Tr¨agerbohlwand ¨ Ahnlich wie beim horizontalen Grabenverbau wird der Boden durch horizontal angeordnete Bohlen (horizontal lagging) gest¨utzt, die an vertikalen I-, IPB- oder ][Tr¨agern (soldier piles) anliegen (Abb. 22.16, 22.17, 22.18). ][-Profile werden mit Vorliebe bei r¨uckverankerten St¨utzw¨anden verwendet, denn sie erlauben das Verlegen von Verpressankern (eventuell mit versenkten Ankerk¨opfen) zwischen den beiden ]-Tr¨agern. Sie werden mit Bindeblechen konfektioniert an die Baustelle geliefert. Aufgrund ihrer ersten Anwendung beim Bau der Berliner U-Bahn wird die Tr¨agerbohlwand auch als Berliner Verbau“ (Berlin wall) bezeichnet.4 Sie ist ei” ne wirtschaftliche Verbauart. Die vertikalen Tr¨ager werden in den Untergrund eingerammt oder einger¨uttelt. Sind Ersch¨utterungen und Ger¨ausche zu vermeiden oder bei harten Schichten, k¨onnen die Tr¨ager in vorgebohrte L¨ocher gesetzt werden. Der verbleibende Raum kann mit Sand oder sonstigem Material verf¨ullt werden. Der Einbau einer Bohlenlage darf nur um 0,5 bis 1 m hinter dem Aushub hinken. Die einzelnen Vertikaltr¨ager werden durch horizontale Gurte (walings) aus I- oder ][-Profilen verbunden, an die die Steifen bzw. Anker anschließen. 4 6
Es gibt auch den Namen Essener Verbau“. ” ¨ Die Sicherungslatten wurden in Abb. 22.16 der Ubersichtlichkeit halber nicht eingezeichnet.
404
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen Bohle Keil
Sicherungs− latte
Abb. 22.16 Tr¨agerbohlwand
Abb. 22.17 Verkeilung der Bohlen bei einer Tr¨agerbohlwand.6
Abb. 22.18 Tr¨agerbohlwand
22.4 Stahlspundw¨ande Stahlspundw¨ande (steel sheet piles) bestehen aus Stahlprofilen mit großem Tr¨agheitsmoment, die mit sog. Schl¨ossern (interlocks) verbunden sind (Abb. 22.19, 22.22, 22.24). Sie werden im Schloss nebeneinander in den Boden gerammt, vibriert oder eingepresst und durch Anker bzw. Steifen abgest¨utzt, die u¨ ber Gurte auf die einzelnen Spundwandbohlen wirken.7 Die Gurte werden auf angeschweißte Konsolen aufgelegt oder aufgeh¨angt. Bei Stahlspundbohlen unterscheidet man zwischen ZBohlen (Abb. 22.23) und U-Bohlen (Regelprofilform ist bei U-Bohlen die schubfest verriegelte Doppelbohle). Bei Spundw¨anden sind folgende Aspekte von Wichtigkeit: 7
Alternativ zu den Gurten kann jede zweite Bohle (im Tal) einzeln verankert werden. Dann werden die Bohlen mit einem Zugband oben miteinander verbunden.
22.4 Stahlspundw¨ande
405
Abb. 22.19 Querschnitt durch eine Spundwand
Einbringen durch Rammen: Die Rammkraft muss den Fußwiderstand und die Mantelreibung sowie die Schlossreibung u¨ berwinden (Abb. 22.20). Es entsteht dabei ein Kippmoment, das zur sog. Voreilung f¨uhrt. Die wirksamste GegenR Voreilen
S S M M M S F F F
Abb. 22.20 Kr¨afte beim Rammen: R: Rammkraft, F : Fußwiderstand, M : Mantelreibung, S: Schlossreibung
maßnahme ist eine gestaffelte Rammung. Dabei werden mehrere Bohleneinheiten auf Teiltiefen gebracht und r¨uckw¨artsschreitend auf volle Tiefe oder auf eine weitere Teiltiefe gerammt. So ist im zweiten Durchgang die Schlossreibung beidseitig wirksam, und das Kippmoment bleibt aus. Weitere Gegenmaßnahmen sind eine exzentrische Einleitung der Rammschl¨age, Erzeugung von Gegenmomenten durch Seilzug u.a.8 Das Rammen erfolgt durch Fallh¨ammer9 , die jeweils mit Seilzug, Druckluft, Dampf, Hydraulik oder Dieselexplosionen gehoben werden. Das Fallen erfolgt 8 9
Arcelor Mittal, Stahlspundw¨ande, Gesamtkatalog, www.arcelormittal.com/spundwand. Fallh¨ammer werden auch Fallb¨aren genannt.
406
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
entweder frei oder zus¨atzlich (’doppelwirkend’), beschleunigt durch Druckluft, Dampf u.s.w. (sog. Schnellschlagh¨ammer). Dieselbetriebene Explosionsrammen liefern hohe Einzelschlagenergien bei geringer Schlagzahl, druckluftbetriebene Schnellschlagb¨aren liefern geringe Einzelschlagenergien bei hoher Schlagzahl. Einbringen durch Vibration: Vibrationsrammen eignet sich bei nicht allzu dichten nichtbindigen B¨oden mit abgerundeten K¨ornern. Sie bieten den Vorteil niedriger Ger¨auschentwicklung. Vibrationsb¨aren k¨onnen freireitend oder an M¨aklern gef¨uhrt eingesetzt werden. Hydraulische Vibratoren erm¨oglichen eine stufenlose Regelung der Frequenz und somit eine Anpassung an die Bodenverh¨altnisse. Moderne Ger¨ate erlauben Ein- und Ausschwingen bei gleichbleibender Frequenz (durch Ver¨anderung der Exzentrizit¨at der Unwucht). Dadurch wird die Resonanzfrequenz (und somit eine St¨orung der Nachbarschaft) vermieden. Einbringen mit Spundwandpresse: Sind L¨arm und Ersch¨utterungen nicht zugelassen, so k¨onnen freireitende oder vom Kran abgelassene Spundwandpressen herangezogen werden. Von einer Spundwandpresse werden mehrere benachbarte Bohlen durch Greifer einzeln zug- und druckfest gepackt. Mit dem Eindringen der einzelnen Bohlen steht zunehmend deren Mantelreibung als Reaktionskraft f¨ur das Einpressen weiterer Bohlen zur Verf¨ugung. Rammhilfen: Zur Herabsetzung des Rammwiderstandes k¨onnen Rammhilfen herangezogen werden. Dazu geh¨oren Druckluft (bei nichtbindigen B¨oden, insbesondere unter Wasser), Niederdruckwasser (5 bis 20 bar Druck, bis 1000 l/min Wasser) und Hochdruckwasser (250 bis 500 bar, 30 bis 60 l/min). Vereinzelt werden auch Lockerungsbohrungen oder Lockerungssprengungen bzw. Schocksprengungen in eigens daf¨ur abgeteuften Bohrl¨ochern vorgenommen. In schwierigen B¨oden empfiehlt sich eine Proberammung. Wiedergewinnung: Wiedergewinnung (withdraw) und Wiederverwendung ist bei S270 GR und bei dickwandigen Profilen einfacher als bei S240 GP. Es ist wichtig f¨ur die Wiederverwendung, dass die Schl¨osser beim Rammen nicht zerst¨ort werden. Mithilfe von elektronischen Schlosssprungdetektoren kann gepr¨uft werden, ob die Bohlen im Schloss bleiben. Dichtung: Wegen des erforderlichen Spielraumes sind Schlossverbindungen nicht wasserdicht, k¨onnen aber mit der Zeit durch Verkrustung bzw. Ablagerung von Feinteilen eine gewisse Dichtigkeit erlangen. Um Spundw¨ande abzudichten, werden die Schl¨osser mit einem Dichtungsmittel verf¨ullt. Zwar wird dieses beim Abteufen durch Rammen und insbesondere beim Vibrieren (wo es zu einer Erw¨armung und folglich zur Verfl¨ussigung des Dichtungsmittels kommt) teilweise ausgequetscht, jedoch verbleibt u¨ blicherweise gen¨ugend Dichtungsmittel, um die Dichtigkeit zu gew¨ahrleisten. Schlossverf¨ullungen auf bitumin¨oser Basis werden f¨ur tempor¨are Zwecke (mehrfach verwendete Spundbohlen) herangezogen. F¨ur permanente Abdichtung werden die Schl¨osser werkseitig mit Dichtungen aus Polyurethan versehen. Dieses ist alterungs- und witterungsbest¨andig, dauerelastisch sowie best¨andig gegen Wasser, Seewasser, normale Abw¨asser, ¨ zahlreiche S¨auren und Laugen. Die Bohlen sollten dann vormineralische Ole, zugsweise schlagend eingebracht werden. Die erreichte Dichtigkeit wird anhand des sog. Schlosssickerwiderstandes ρ angegeben,
22.4 Stahlspundw¨ande
407
q=ρ
1 Δp , γw
wobei Δp der Druckunterschied beidseitig der Spundwand und q die Sickermenge in m3 /s pro laufendem Meter Schloss ist. Je nach Abdichtung erreicht man ρ-Werte zwischen 10−7 und 10−10 m/s. Oft werden Spundwandbohlen als Doppel- oder Dreifachbohlen eingebracht. Die gemeinsamen Schl¨osser k¨onnen verschweißt werden. Die F¨adelschl¨osser k¨onnen nach dem Aushub von der Luftseite verschweißt werden. Es wird dadurch eine maximale Dichtigkeit erreicht. Korrosion: Auf der Erdseite einer gerammten Spundwand ist normalerweise kein Korrosionsschutz erforderlich, da die Sauerstoffzufuhr eingeschr¨ankt bzw. unterbunden ist. Auf der Luftseite ist die Korrosion abh¨angig von aggressiven Bestandteilen der Luft oder der Niederschl¨age. Auf der Wasserseite h¨angt die Korrosion ebenfalls von evtl. aggressiven Bedingungen ab. Im u¨ blichen S¨ußwasser rechnet man mit einer mittleren Schw¨achung von 0,02 mm pro Jahr (mittlere Korrosionsrate 0,03 mm/a in der Niedrigwasserzone), w¨ahrend im Seewasser mit erheblich h¨oheren Werten gerechnet werden muss. Bemessungswerte f¨ur Dickenverluste im Seewasser k¨onnen E35 der EAU 2004 entnommen werden. Hier sind die Zonen im Bereich des Mittelwassers sowie die Spritzwasserzonen besonders gef¨ahrdet. Zum Korrosionsschutz muss man einerseits ausreichende Profildicken w¨ahlen, andererseits kann man die Nutzungsdauer durch Beschichtungen und Feuerverzinkung verl¨angern. Auch kathodischer Korrosionsschutz mit Fremdstrom oder Opferanoden kann sinnvoll sein. Berechnung: Man beachte, dass das Widerstandsmoment (section modulus) einer U-Bohle nach Abb. 22.19 davon abh¨angt, ob die Schl¨osser schubfest miteinander verbunden (verpresst oder verschweißt) sind oder nicht (Abb. 22.21). Je
Abb. 22.21 Normal- und Schubspannungsverteilung bei schubfester (a) und nichtschubfester (b) Schlossverbindung
nachdem, ob die Schl¨osser schubfest verriegelt sind oder nicht, unterscheidet sich das aufnehmbare Biegemoment um einen Faktor von ca. 2. Den Nachteil des kleinen aufnehmbaren Biegemomentes bei nichtverschweißten Schl¨ossern kann man durch Verwendung von sog. Z-Profilen umgehen. Oft ist aber die Beanspruchung durch das R¨utteln bzw. Rammen (etwa in einen Kiesboden) f¨ur die Profilwahl maßgebend, sodass ein st¨arkeres Profil als nach statischen
408
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Abb. 22.22 Spundwand und Tr¨agerbohlwand (Baustelle Unterinntaltrasse)
Abb. 22.23 Z-Spundwandprofil
Abb. 22.24 HZ-Spundwand Unterinntaltrasse)
(Baustelle
Erfordernissen gew¨ahlt werden muss (siehe Tabelle 22.1). Bei gr¨oßeren Projekten k¨onnen Spundwandhersteller (im Wesentlichen A RCELOR M ITTAL und H OESCH S PUNDWAND UND P ROFIL GmbH) Profildicken auf ein gew¨unschtes Maß walzen.10 Stahlspundw¨ande werden als tempor¨are W¨ande haupts¨achlich dann eingesetzt, wenn offenes Wasser abgehalten werden muss bzw. wenn das Grundwasser nicht abgesenkt werden darf. Als Dauerbauwerke sind sie Regell¨osungen als Uferw¨ande in Binnen- und Seehafenbau, Br¨uckenwiderlager, St¨utzwand neben 10
Rammfibel f¨ur Stahlspundbohlen. ProfilARBED, L-4009 Esch/Alzette, Luxemburg 2001.
22.5 Bohrpfahlw¨ande
409
Straßen- und Eisenbahnlinien, als Dichtseele in Deichen und D¨ammen und bei vielen anderen Bauwerksarten. Tabelle 22.1 Rammtechnisch erforderliche Spundwandprofile je nach Bodenfestigkeit. Letztere wird anhand von n30 aus SPT beurteilt. SPT n30 0 – 10 11 – 20 21 – 25 26 – 30 31 – 35 36 – 40 41 – 45 46 – 50 51 – 60 61 – 70 71 – 80 81 – 140
Widerstandsmoment Wel,y (cm3 /m) Stahl mit Stahl mit niedriger hoher Streckgrenze Streckgrenze 500 500 1000 1000 1300 1300 2300 2300 3000 3000 4000 4000
22.5 Bohrpfahlw¨ande Bohrpfahlw¨ande (bored pile walls) bestehen aus aneinander gereihten Bohrpf¨ahlen (Abb. 22.25). Bei der aufgel¨osten Wand (Abb. 22.27, 22.29) wird der Zwischenraum
(a)
(b)
(c) Abb. 22.25 Bohrpfahlw¨ande, (a) aufgel¨ost, (b) tangierend, (c) u¨ berschnitten
410
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Abb. 22.26 Bohrschablone f¨ur Bohrpfahlwand
Abb. 22.27 Bohrpfahlwand
22.5 Bohrpfahlw¨ande
411
Abb. 22.28 Tangierende Bohrpfahlwand
mit Spritz- oder Ortbeton ausgefacht. Die Ausfachung kann entweder bewehrt und auf Biegung berechnet oder unbewehrt unter Ber¨ucksichtigung der Gew¨olbewirkung ausgef¨uhrt werden. Tangierende Pf¨ahle (Abb. 22.28, contiguous pile wall) erhalten konstruktiv einen Abstand von 2 bis 5 cm, je nach Bodenart. Bei der u¨ berschnittenen ¨ Wand (secant piles) betr¨agt das Ausmaß der Uberschneidung 10 bis 20% des Pfahldurchmessers. Die Prim¨arpf¨ahle haben statisch nur ausfachende Wirkung, sie k¨onnen daher mit Beton geringer G¨ute hergestellt werden und bleiben unbewehrt.11 Die Sekund¨arpf¨ahle werden nur wenige Tage sp¨ater hergestellt, solange der Beton der Prim¨arpf¨ahle noch nicht ganz ausgeh¨artet ist. Sie werden bewehrt und mit Beton C20/25 hergestellt.12 Auch u¨ berschnittene Bohrpfahlw¨ande k¨onnen sich als undicht erweisen.13 Eine Genauigkeit der Vertikalit¨at von bis zu 0,5% kann erreicht 11 12 13
Erforderlichenfalls k¨onnen Prim¨arpf¨ahle mit Stahlprofilen verst¨arkt werden, um die Steifigkeit der Wand zu erh¨ohen. Auch Betone C25/30, C30/37, C45/55 kommen infrage. W. K RAJEWSKI, Wechselwirkung von Baugrubenaufschluss und Bauwerksentwurf - Erfahrungen beim Bau der Talsperre im Mittelgebirge, 12. Christian Veder Kolloquium, Graz 1997, S. 59–73.
412
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Abb. 22.29 Aufgel¨oste Bohrpfahlwand
werden. Bohrpfahlw¨ande sind verformungsarm: Die Horizontalverschiebung einer r¨uckverankerten Bohrpfahlwand betr¨agt ca. 0,1 bis 0,2% der freien Wandh¨ohe. Die Herstellung einer Bohrpfahlwand ist ersch¨utterungsarm und schonend, da die Bohrpf¨ahle in der Regel verrohrt hergestellt werden. Ferner kann eine Bohrpfahlwand in das geplante Bauwerk integriert werden. Sie ist teurer als der Berliner Verbau und der Spundwandverbau und in etwa gleich teuer wie eine Schlitzwand. Die einzelnen Pf¨ahle werden nach den Regeln der Pfahltechnik hergestellt (siehe Abschnitt Bohr” pf¨ahle“).
22.6 Schlitzw¨ande Schlitzw¨ande (diaphragm walls) sind W¨ande, die im Untergrund hergestellt werden.14 Die Herstellung erfolgt abschnittsweise, die einzelnen Abschnitte (Lamellen, panels) werden nacheinander ausgehoben, bewehrt und betoniert. Nach dem Aushub der Baugrube k¨onnen Schlitzw¨ande als St¨utzw¨ande wirken, dar¨uber hinaus k¨onnen sie als Tiefgr¨undung vertikale Lasten in den tieferen Untergrund einleiten sowie als Dichtw¨ande wirken. Sie sind a¨ hnlich verformungsarm wie Pfahlw¨ande, k¨onnen aber bis zu Tiefen von 150 m hergestellt werden. Die Wanddicken schwanken zwischen 14
T. T RIANTAFYLLIDIS, Planung und Bauausf¨uhrung im Spezialtiefbau, Teil 1: Schlitzwandund Dichtwandtechnik, Ernst & Sohn 2004.
22.6 Schlitzw¨ande
413
0,4 und 2 m. Im Unterschied zu den Pfahlw¨anden brauchen sie allerdings eine umfangreichere Baustelleneinrichtung, sodass f¨ur kleinere Projekte mit geringeren Tiefen Pfahlw¨ande vorteilhafter sind. Folgende Aspekte sind von Wichtigkeit: 22.6.1 L¨osen des Bodens Entweder durch Greifer (Abb. 22.30, 22.34) oder durch Fr¨ase (fraise, auch Hydrofr¨ase genannt, Abb. 1.45). Mit Fr¨asen werden heute Tiefen u¨ ber 100 m erreicht. Dabei wird der Boden durch Schneidr¨ader gel¨ost, die sich um horizontale oder vertikale Achsen drehen, und hydraulisch mit der St¨utzfl¨ussigkeit gef¨ordert. W¨ahrend Greifer aufgrund ihres geringen Platzbedarfs und der g¨unstigen Baustelleneinrichtung f¨ur kleine Wandfl¨achen (bis zu 5.000 m2 ) preisg¨unstig sind, bieten die Fr¨asen eine sehr hohe Leistung (auch im Fels bis qu = 150 N/mm2 ), ersch¨utterungsfreie Arbeitsweise und hohe Genauigkeit hinsichtlich der Vertikalit¨at (bis zu 0,5%). Zur Herstellung einer 7 m langen Lamelle sind drei Fr¨asenstiche zu je 2,80 m L¨ange erforderlich. Findlinge (Abb. 22.31) k¨onnen Probleme bereiten. Die Greifer k¨onnen entweder als Tiefl¨offel von einem Bagger aus betrieben werden (Tiefe bis ca. 9 m) oder frei an einem Seil h¨angen, oder mithilfe einer teleskopierbaren ¨ Stange (sog. Kelly-Stange) bis ca. 30 m gef¨uhrt werden. Das Offnen und Schließen des Greifers kann entweder durch ein Seil oder durch eine Hydraulik-Vorrichtung bewerkstelligt werden. Im ersteren Fall ist die Seilzugkraft durch das Gewicht des Greifers beschr¨ankt. Greifer arbeiten nicht kontinuierlich, bei großen Tiefen haben sie lange Fahrzeiten (sog. Spielzeiten). Daher sind die kontinuierlicharbeitenden Fr¨asen bei Tiefen > 50 m wirtschaftlicher. Durch eingebaute elektronische Kontrollinstrumente haben Greifer inzwischen eine a¨ hnlich gute Herstellgenauigkeit wie Fr¨asen erlangt, sodass man damit Schlitzw¨ande mit Tiefen u¨ ber 100 m herstellen kann.
Abb. 22.30 Schlitzwandgreifer
Abb. 22.31 Granit-Findling bei der Baustelle am Hauptbahnhof (Berlin)
414
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
22.6.2 Wandherstellung Beim Zweiphasen-Verfahren wird w¨ahrend des Aushubs der Schlitz durch eine nicht erh¨artende Bentonit-Suspension oder Polymer-Fl¨ussigkeit gest¨utzt. Nach Erreichen der Endtiefe und evtl. Einsetzen des Bewehrungskorbs (Abb. 22.33) wird nach dem Kontraktorverfahren (tremie pipe) betoniert, wobei die St¨utzfl¨ussigkeit durch den eingebrachten Beton von unten nach oben verdr¨angt wird.
Abb. 22.32 Leitwand f¨ur Schlitzwand, Gestaltung der Ecke (rechts)
Das Einphasen-Verfahren wird vorwiegend f¨ur Dichtungsschlitzw¨ande eingesetzt. Dabei dient als St¨utzfl¨ussigkeit eine langsam erh¨artende Suspension auf Zementbasis, die nicht ausgetauscht wird. 22.6.3 Einphasen-Schlitzwand mit eingestellter Spundwand Es werden hierbei Spundwandprofile zur Bewehrung in Einphasen-Schlitzw¨ande eingestellt (Abb. 22.35). Da die Dichtwirkung von der Einphasen-Masse herbeigef¨uhrt wird, ist eine Schlossf¨uhrung der Spundwandprofile nicht notwendig. Sie werden daher oft u¨ berlappend eingestellt. Die Spundwandprofile brauchen nur bis zur statisch erforderlichen Tiefe (zum Aufnehmen des Erddrucks nach dem Aushub der Baugrube) eingestellt zu werden, w¨ahrend die Schlitzwand zur Erzielung der Abdichtung oft tiefer sein muss (etwa bis zu einer undurchl¨assigen Schicht). Einphasen-
22.6 Schlitzw¨ande
Abb. 22.33 Schlitzwandherstellung: Einbau des Bewehrungskorbs f¨ur die Unterf¨uhrung am Lehrter Bahnhof (jetzt ’Hauptbahnhof’), Berlin 1997
415
Abb. 22.34 Schlitzwandgreifer
Schlitzw¨ande mit eingestellter Spundwand sind ca. 50 % billiger, aber auch biegeweicher als bewehrte Zweiphasen-Schlitzw¨ande. Im Vergleich zu Spundw¨anden bieten sie den Vorteil, dass sie ersch¨utterungsfrei hergestellt werden k¨onnen. Zudem k¨onnen die Spundwandprofile nach rein statischen Erfordernissen (und nicht zur Stabilit¨at beim Einr¨utteln) dimensioniert werden. Nach dem Aushub der Baugrube soll der luftseitig an der Spundwand erh¨artete M¨ortel entfernt werden, da er sonst frei herabfallen kann (Unfallgefahr). 22.6.4 Leitwand Die Leitwand (guide wall) ist ca. 1,5 m tief und 0,2 m dick (Abb. 22.32). Sie dient der F¨uhrung der Aushubwerkzeuge, der Aufnahme des Erddrucks im oberen Schlitzbereich und der besseren Kontrolle des St¨utzfl¨ussigkeitsspiegels. Sie ist eine Bauhilfsmaßnahme und wird nach Fertigstellung der Wand abgebaut. ¨ ussigkeit ¨ 22.6.5 Stutzfl Bentonit ist ein Tonmineral mit hohem Anteil an Montmorillonit. Er wird in den USA, in Deutschland und in Griechenland als Kalzium-Bentonit abgebaut und zu Natrium-Bentonit verarbeitet. Die erste St¨utzung eines Schlitzes mit BentonitSuspension erfolgte 1945 in den USA. St¨utzsuspensionen beim Zweiphasen-Verfahren sind Bentonit-Wasser-Gemische mit einem Bentonitanteil von 3 bis 4 Gew.%. F¨ur
416
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen Erdschlitz mit Stützflüssigkeit/Dichtmasse Injektionsanker Spundwand
Sand
Restwasserhaltung (Brunnen)
Kies und Steine Schluff Ton Sande
Abb. 22.35 R¨uckverankerte, in Erdschlitz eingestellte Spundwand, Einbindung in einen Stauer (Fa. Br¨uckner Grundbau)
Einphasen-Dichtw¨ande benutzt man beispielsweise folgende Rezepturen f¨ur 1 m3 Suspension: 20 bis 40 kg Na-Bentonit 150 bis 200 kg Ca-Bentonit 150 bis 200 kg Zement 150 bis 200 kg Zement ca. 900 kg Wasser ca. 900 kg Wasser 3 γ ≈ 11, 2 kN/m γ ≈ 12, 4 kN/m3 Die Bentonit-Suspension ist bodenmechanisch gesehen ein Ton mit extrem hohem Wassergehalt und einer sehr geringen Koh¨asion, welche als Fließgrenze“ τf be” zeichnet wird.15 F¨ur τ < τf verh¨alt sich die Suspension wie ein Feststoff, w¨ahrend f¨ur τ > τf sie wie ein N EWTON-Fluid fließt. Solche Stoffe heißen B INGHAM-Stoffe. Polymersuspensionen haben ein nichtlineares Viskosit¨atsverhalten: Ihre Viskosit¨at h¨angt von der Schergeschwindigkeit ab. Die Dichte der Suspension F ergibt sich aus dem Trockentongehalt gB (Masse des Tons pro Volumeneinheit Suspension) und der Dichte SB des Tonminerals (SB = 2, 60 bis 2,84 g/cm3 f¨ur Bentonit): 15
• • • •
Bei sehr großer und schneller Scherverformung verschwindet diese Koh¨asion und wird erst nach einer gewissen Ruhezeit wieder aufgebaut. Diese Eigenschaft wird Thixotropie“ ” genannt. τf h¨angt vom Typ und Mischungsverh¨altnis des Bentonits sowie vom Chemismus des Wassers, dem Alter der Mischung und der Temperatur ab. Gemessen wird τf mit Marsch-Trichter (Ausfließzeit aus einem genormten Trichter) Kugelharfe (Einsinken von verschieden schweren Kugeln) Kasumeter (an einem Gef¨aß ist ein horizontales Auslaufrohr montiert. Es wird diejenige Fallh¨ohe im Gef¨aß registriert, bei welcher die Suspension nicht mehr fließt, sondern tropft) Rheometer (wie sonst u¨ blich in Rheologie).
22.6 Schlitzw¨ande
417
F = g B + 1 −
gB SB
w
.
w = 1, 0 g/cm3 ist dabei die Dichte des Wassers. Somit ist die Suspension schwerer als Wasser, und F schwankt u¨ blicherweise zwischen 1,03 und 1,20 g/cm3 . Ihre St¨utzwirkung r¨uhrt aber nicht nur daher, sondern ist hydrodynamischer Natur: Durch ¨ das Niveau des Suspensionsspiegels wird im Schlitz ein Uberdruck im Vergleich zum umgebenden Grundwasser aufrechterhalten. Dadurch fließt die Suspension in den Boden ein und u¨ bt dort eine st¨utzende Str¨omungskraft aus. Diese betr¨agt iγF und ist daher umso gr¨oßer, je gr¨oßer das hydraulische Gef¨alle i ist. Es gilt daher, den ¨ Uberdruck Δp in einer m¨oglichst kurzen Strecke abzubauen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Poren des Bodens in der Umgebung des Schlitzes durch die hochviskose Suspension praktisch verstopft werden. Die dann auf das Kornger¨ust ausge¨ubte Str¨omungskraft l¨asst sich wie folgt leicht absch¨atzen. Wir betrachten eine idealisierte Pore als zylindrisches Rohr mit der L¨ange Δs und dem Durchmesser d (Abb. 22.36). Das Rohr ist mit Suspension gef¨ullt, auf welche der Druck Δp wirkt. Die τf
p1
p2 d
Abb. 22.36 Idealisierte Pore.
resultierende Kraft Δpπd2 /4 muss den Fließwiderstand Δsπdτf u¨ berwinden. Aus Δsπdτf = Δpπd2 /4 folgt: Δs = dΔp/(4τf ). Aus Versuchen erh¨alt man d ≈ 2d10 , somit ist die Eindringtiefe Δs ≈
d10 Δp 2τf
.
(22.1)
Aus Gleichung (22.1) folgt, dass f¨ur feink¨ornige B¨oden (d10 klein) und hinreichend hohen τf -Werten16 Δs gegen 0 geht: Es bildet sich auf der Wandoberfl¨ache ein praktisch undurchl¨assiger Filterkuchen, der wie eine undurchl¨assige Membran wirkt. ¨ Diese Membran nimmt den Uberdruck der Suspension auf und u¨ bt ihn auf das anliegende Kornger¨ust aus. Damit sich aber diese Membran bildet, wird eine Str¨omung der Suspension in den Boden hinein vorausgesetzt. Ist eine wasserges¨attigte Sandlinse von undurchl¨assigem Material eingeschlossen (Abb. 22.37), so kann diese Str¨omung nicht stattfinden, der Sand kann von der Suspension nicht gest¨utzt werden und l¨auft in den Schlitz aus. Die horizontale Str¨omungskraft soll die K¨orner hinreichend stark gegen das Erdreich dr¨ucken, damit sie nicht herabfallen. Betrachten wir ein Bodenelement mit der Dicke Δs, der H¨ohe Δh und der Breite Δb. Sein Gewicht unter Auftrieb ist (γr − γf )ΔsΔhΔb = (1 − n)(γs − γf )ΔsΔhΔb. Die Anpresskraft F = ΔpΔhΔb 16
¨ Ublicherweise schwankt τf zwischen 10 und 70 N/m2 .
418
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
betr¨agt nach Gleichung (22.1) (2τf Δs/d10 ) · ΔhΔb. Die nach oben gerichtete haltende Kraft F tan ϕ soll gr¨oßer als das o.g. Gewicht sein. Daraus folgt die Bedingung f¨ur die Sicherheit gegen das Herausfallen von Einzelk¨ornern oder Korngruppen: τf ≥ (1 − n)(γs − γf )
d10 (2) tan ϕ
.
Der Faktor 2 wird sicherheitshalber ausgelassen, tan ϕ kann um einen weiteren Sicherheitsfaktor reduziert werden.
undurchlässiger Boden
Sandlinse
Abb. 22.37 Die St¨utzung durch Suspension wird unwirksam, wenn sich keine Str¨omung einstellen kann.
Ein Nachteil der Bentonit-Suspension ist, dass sie sich von der Oberfl¨ache der Bewehrung und von Dichtungsfugen nicht verdr¨angen l¨asst und somit das Haften zwischen Beton und Bewehrung und die Dichtigkeit der Fugen beeintr¨achtigt. Die Aufbereitung, Bevorratung und Entsorgung der St¨utzfl¨ussigkeit ist ein wichtiger und aufwendiger Teil der Schlitzwandherstellung. Zur Aufbereitung ist eine innige Mischung des Bentonits mit dem Wasser erforderlich. Durchlaufmischer k¨onnen große Mengen an Suspension in kurzer Zeit aufbereiten. Eine Bevorratung des 2 bis 2,5-fachen Schlitzwandvolumens ist erforderlich, um bei pl¨otzlichem Suspensionsverlust einem Schlitzeinsturz vorzubeugen. Zur Entsorgung ist eine Trennung von Suspension und Aushubmaterial erforderlich. Durch R¨uttelsiebe und Zyklone k¨onnen in Entsandungsanlagen Korngr¨oßen bis 0,06 mm abgetrennt werden, aufwendigere Anlagen (mehrere Zyklons¨atze, Zentrifugen) k¨onnen Korngr¨oßen bis 0,01 mm abtrennen. Dazu sind Baustelleneinrichtungsfl¨achen von ca. 500 m2 erforderlich (Abb. 22.38). 22.6.6 Fugen Damit benachbarte Schlitzwandelemente m¨oglichst dicht aneinander anschließen, ¨ werden besondere Fugen ausgebildet. Ublich ist ein sog. Abschalrohr aus Stahl,
22.6 Schlitzw¨ande
419
Abb. 22.38 Entsandungsanlage (Fa. Bauer)
das gezogen wird, wenn der angrenzende Beton noch jung, aber bereits abgebunden ist (Abb. 22.39). Weitere Fugenkonstruktionen finden sich in Abb. 22.40. Einen ausbetoniert Stützflüssigkeit
Schritt i
Schritt i+1
Abb. 22.39 Abschalrohr zur Trennung der einzelnen Wandabschnitte
dichten Anschluss von Schlitzwandlamellen kann man bei gefr¨asten Schlitzw¨anden erreichen, wenn die Abschnitte zwischen den ausbetonierten sog. Prim¨arlamellen nachtr¨aglich und u¨ berlappend gefr¨ast werden (sog. Sekund¨arlamellen). 22.6.7 Dichtigkeit Durch die fehlende Horizontalbewehrung quer durch die einzelnen Schlitzwandlamellen sind Schlitzw¨ande (genauso wie Bohrpfahlw¨ande) nicht absolut dicht. Somit fallen sie weder in die Kategorie vollst¨andig trocken“ (z.B. als Kellerw¨ande f¨ur ” Lager- und Aufenthaltsr¨aume) noch in die Kategorie weitgehend trocken“ (z.B. f¨ur ”
420
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen vorher
Suspension
nachher
dummy
vorher
Fugenband Suspension
nachher
Abb. 22.40 M¨ogliche Fugen von Schlitzwandlamellen
Abb. 22.41 Abschalbohle zum Einsetzen eines Fugenbands in den Beton (siehe auch Abb. 22.40)
tempor¨are Zufluchtsr¨aume). Allerdings k¨onnen Schlitzw¨ande und Pfahlw¨ande bei sachgerechter Herstellung der Kategorie kapillare Durchfeuchtung“ (Tiefgaragen ” oder Tunnel ohne Frostgef¨ahrdung) zugeordnet werden. Diese Kategorie zeichnet sich durch einzelne feuchte Stellen mit stehenden Wassertropfen ( Schweißperlen“), ” jedoch ohne rinnendes oder tropfendes Wasser aus (d.h. die Durchfeuchtung sollte kleiner als die Verdunstung sein). Undichtigkeiten bei St¨utzw¨anden k¨onnen große Probleme bei anliegender Bebauung verursachen, wenn das austretende Grundwasser den gest¨utzten Boden wegsp¨ult. Es kann dadurch zu Hohlr¨aumen kommen, die einst¨urzen k¨onnen. Schlitzw¨ande, die als Dichtungsw¨ande im Boden verbleiben und nicht als St¨utzw¨ande wirken, k¨onnen Systemdurchl¨assigkeiten von 10−7 bis 10−9 m/s haben.
22.6 Schlitzw¨ande
421
22.6.8 Standsicherheit bei der Herstellung Die von der Suspension ausge¨ubte st¨utzende Kraft soll verhindern, dass ein Erdkeil in den Schlitz hineinrutscht (Abb. 22.42). Falls sich ein membranartiger Filterku¨ chen bildet, ergibt sich die St¨utzkraft aus der Resultierenden des Uberdrucks Δp, der auf die Fl¨ache ABED wirkt (Abb. 22.42 und 22.43). Man beachte, dass entsprechend der Gleichung (22.1) die Δs-Verteilung affin zur Δp-Verteilung ist. Es ist nachzuweisen, dass die aufgrund des Suspensions¨uberdrucks (Abb. 22.43 rechts) vorhandene St¨utzkraft gr¨oßer als die erforderliche St¨utzkraft E ist. Letztere ist der Erddruck, der zur St¨utzung des Erdkeils ABCDEF (in Abb. 22.42) erforderlich wird. Der maßgebende (maximale) Erddruck ergibt sich durch Variation des Winkels ϑ (Abb. 22.42). Man muss allerdings bedenken, dass wegen der endlichen L¨ange BE ein r¨aumliches Erddruckproblem vorliegt. Hierf¨ur liegen mehrere Ans¨atze, aber kein allgemein anerkanntes Verfahren vor. Ein vereinfachtes Vorgehen f¨ur die Ermittlung von E besteht darin, das Kr¨aftegleichgewicht am Erdkeil ABCDEF zu betrachten. Das Krafteck ist in Abbildung 22.44 eingetragen. Die gleitfugenparallele Kraft S ergibt sich durch die Reibung an den Stirnfl¨achen ABC und DEF (Abb. 22.42). F¨ur einen koh¨asionslosen Boden errechnet sie sich aus der linear mit der Tiefe z zuF E
C B
D
ϑ A
Abb. 22.42 Erdkeil, der von der St¨utzkraft der Suspension am Abrutschen gehindert werden soll Membran aus Filterkuchen Δp γ f (h 1
B
C
Verlauf
E
G
h2)
Q
S E h1
ϕ
h2
ϑ A γ f h1
γw h2
γf h1
Q
ϑ ϕ
G S ϑ
γw h2
¨ Abb. 22.43 Verteilung des Uberdrucks Δp
Abb. 22.44 Krafteck aus den am Erdkeil ABC angreifenden Kr¨aften
422
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
nehmenden Horizontalspannung K0 γz mit K0 = 1 − sin ϕ. F¨ur einen homogenen Boden ergibt sich so mit h = AB: S=
1 K0 γh3 tan ϕ 3 tan ϑ
.
Die Variation u¨ ber ϑ erfolgt numerisch. Werden in der N¨ahe der Schlitzwand Lasten in den Untergrund eingeleitet, so m¨ussen sie bei der Ermittlung von E ber¨ucksichtigt werden.17
¨ 22.7 Statische Berechnung von Stutzw¨ anden Durch die statische Berechnung ist nachzuweisen, dass das Erdreich hinreichend gest¨utzt ist (sog. a¨ ußere Standsicherheit). Ferner dient sie der Bemessung der St¨utzwand und der weiteren St¨utzelemente (Anker, Steifen). Es liegt hier ein kompliziertes Problem der Bauwerk-Boden-Wechselwirkung vor. Der aktive und der passive Erddruck sind lediglich Grenzf¨alle, die sich bei ausreichender Bewegung der Wand einstellen. Ein weiterer Grenzfall ist der Erdruhedruck, der eine absolut unverschiebliche und unbiegsame St¨utzwand voraussetzt. Zust¨ande zwischen diesen Grenzf¨allen sind meist schwer bzw. kaum zu erfassen. Dies spiegelt sich auch in den komplizierten Bemessungsregeln wider.18 Die schlechte Treffsicherheit von Berechnungen manifestiert sich in den stark divergierenden rechnerischen Voraussagen verschiedener Autoren (Abb. 22.45).19 Nachfolgend werden einige einfache Berechnungsans¨atze pr¨asentiert, die auf den Konzepten des aktiven und passiven Erddrucks beruhen. Erddruckkoeffizienten werden nach der Theorie von C OULOMB berechnet. Der dazu erforderliche Reibungswinkel folgt aus Versuchen oder aus konservativen Absch¨atzungen in Tabellen, falls der anstehende Boden sich in die vorgegebenen Bodengruppen einordnen l¨asst. Der ebenfalls erforderliche Wandreibungswinkel δ ist schwer bestimmbar und wird u¨ blicherweise zu 23 ϕ angesetzt. F¨ur Schlitzw¨ande und bentonitgest¨utzte Bohrpfahlw¨ande wird δ = ϕ2 angesetzt, da zwischen Beton und Erdreich Bentonit-Suspension verbleibt und die Reibung herabsetzt. Diese Absch¨atzungen wurden durch Anpassung des Erddrucks nach C OULOMB an gemessene Werte gewonnen. St¨utzw¨ande mit sehr kleinem Querschnitt (etwa Spundw¨ande) u¨ ben an ihrer Unterseite fast keine Sohlpressung aus. Man sollte daher δ dermaßen bestimmen, dass die Gleichgewichtsbedingung V = 0 nicht verletzt wird. Bei nichtbindigen B¨oden darf man eine Kapillarkoh¨asion von c ≈ 2 kN/m2 ansetzen, sofern sie weder u¨ berflutet noch ausgetrocknet werden k¨onnen. Mit einer Fl¨achenlast 17 18 19
Siehe M. S TOCKER, B. WALZ, Pfahlw¨ande, Schlitzw¨ande, Dichtw¨ande, GrundbauTaschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn 1992, S. 493–531. Siehe z.B. EAB Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben“ der Deutschen Gesell” schaft f¨ur Geotechnik, 5. Auflage, Ernst & Sohn 2013. F¨ur eine ausgiebig instrumentierte Versuchsspundwand bei Hochstetten wurden 43 Voraussagen aus 13 L¨andern eingereicht. Siehe P.-A. VON W OLFFERSDORFF, Feldversuch an einer Spundwand in Sandboden: Versuchsergebnisse und Prognosen, Geotechnik 17/2 (1994) 73–83.
22.7 Statische Berechnung von St¨utzw¨anden
423
Abb. 22.45 Prognosen f¨ur den Erddruck, das Biegemoment und die Verschiebung einer Spundwand in Hochstetten
von p = 10 kN/m2 kann man f¨ur einfache F¨alle typische Belastungen auf Baustellen erfassen. Lastannahmen f¨ur Bagger u.¨a. in Abh¨angigkeit ihrer Entfernung von der St¨utzwand finden sich in der EAB.17,20 Eine ungest¨utzte St¨utzwand (Abb. 22.46a) verschiebt sich (unter Vernachl¨assigung der Eigenverformung) unter der Einwirkung des Erddrucks, wie in Abbildung 22.46b dargestellt. Die dabei mobilisierte Erddruckverteilung ist in Abbildung 22.46c angedeutet. Um das Momentengleichgewicht zu erf¨ullen, muss sich die Wand unterhalb eines Drehpunktes (bzw. Belastungsnullpunktes) nach rechts bewegen, um so die resultierende Kraft C zu mobilisieren. Nun wird nach B LUM angenommen, dass der 20
Siehe auch: A. W EISSENBACH, Baugrubensicherung, Grundbau-Taschenbuch, Vierte Auflage, Teil 3, Ernst & Sohn 1992, S. 379–491.
424
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen p
ruck r Erdd aktive
ruck r Erdd aktive
h
passiver Erddruck (a)
(b)
C
t C
(d)
(c)
Abb. 22.46 Ungest¨utzte (bzw. unverankerte) St¨utzwand
linear mit der Tiefe zunehmende Erddruck bis zum Angriffspunkt der Kraft C wirkt. Von links nach rechts wird eine linear mit der Tiefe zunehmende Verteilung des um den Faktor ηP = 1, 5 abgeminderten passiven Erddrucks angesetzt. Dadurch soll ber¨ucksichtigt werden, dass der passive Erddruck erst bei relativ großen Verschiebungen (die hier kaum vorliegen) mobilisiert wird. Momentengleichgewicht um den Angriffspunkt von C liefert eine kubische Gleichung zur Bestimmung der Einbindetiefe t. Die so ermittelte Tiefe t muss um ca. 20% erh¨oht werden, damit die Kraft C (die eigentlich keine Einzellast ist) aufgenommen werden kann. Ungest¨utzte W¨ande werden nur bei kleinen Gel¨andespr¨ungen herangezogen (bis ca. 4 m H¨ohe), die erforderliche Einbindetiefe betr¨agt ca. 80% der gest¨utzten H¨ohe. Bei gr¨oßeren Gel¨andespr¨ungen und bei Wasserdruck werden gest¨utzte W¨ande verwendet. Die St¨utzung erfolgt durch Streben oder Steifen (struts, braces, Abb. 22.48) oder Anker (anchors, tie-backs). Einfach gest¨utzte W¨ande sind in Abbildung 22.47 dargestellt. Hier sind die Bedingungen f¨ur die Einstellung des aktiven Erddrucks nicht mehr gegeben. Auch die Verteilung des Erddrucks ist nicht linear mit der Tiefe zunehmend, sondern eher wie in Abbildung 22.47 angegeben. In der Literatur gibt es
(a)
(b)
(c)
Abb. 22.47 Einfach gest¨utzte Wand, (a) Schnitt durch die Baugrube, (b) verformte Wand, (c) Verteilung des Erddrucks
22.7 Statische Berechnung von St¨utzw¨anden
425
Abb. 22.48 Mit Streben gest¨utzte St¨utzw¨ande
viele Fallunterscheidungen und Vorschl¨age, wie man die Erddruckverteilung approximieren kann. Die meisten davon sind recht un¨ubersichtlich und schwer nachvollziehbar. Eine einfache Approximation besteht darin, den Erddruck hinter der Wand als konstant anzusetzen (Abb. 22.49). eh A h
t
K ph γ t η p
Abb. 22.49 Angenommene Verteilung des Erddrucks auf eine einfach gest¨utzte (bzw. verankerte) Wand. A f¨ur eine Steifenkraft bzw. f¨ur die Horizontalkomponente einer Ankerkraft.
Die konstante Erddrucklast eh wird dermaßen festgelegt, dass ihre Resultierende eh (h + t) gleich dem Erddruck 12 γ(h + t)2 K ist. Wenn man bereit ist, Verschiebungen des Wandkopfs zuzulassen, w¨ahlt man K = Kah . Will man hingegen weitgehende Unverschieblichkeit des Wandkopfs, so w¨ahlt man K = K0 (Erdruhedruck). Auch dazwischenliegende Werte werden verwendet. Die statische Bemessung soll die erforderliche Tiefe t, die erforderliche Steifen- bzw. Ankerkraft A sowie die Beanspruchung derWand durch Biegemomente liefern. Die Einbindetiefe t folgt aus der Bedingung M = 0 um den Angriffspunkt der Anker- bzw. St¨utzkraft A. A folgt aus der Bedingung H = 0. Die Momentenlinie ist in Abb. 22.50a dargestellt. Dieser Fall heißt im Boden frei aufgelagerte Wand“. Vergr¨oßert man die Einbinde”
426
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
C
(a) Frei aufgelagert
(b) Vollständig eingespannt
Abb. 22.50 Momentenlinien f¨ur die F¨alle freie Auflagerung“ (a) und eingespannt“ (b). Es ” ” wurde jeweils auch die verformte Lage der Wand dargestellt.
tiefe t der Wand, so wird sich diese unterhalb eines Punktes P nach rechts bewegen und einen Erdwiderstand wecken, der vereinfacht durch die Ersatzkraft C dargestellt werden kann (Abb. 22.50b). Als Folge verringert sich das Feldmoment (Abb. 22.50b). Dieser Fall heißt im Boden eingespannte Wand“. W¨ahlt man die Tiefe t ” dermaßen, dass die Verschiebung des Angriffspunktes von A verschwindet, so erh¨alt man den Fall im Boden voll eingespannte Wand“. Messungen21 zeigen, dass der ” tats¨achliche Erdwiderstand in der Baugrubensohle kleiner als angenommen ausf¨allt, sodass die Einspannung“ im Boden nicht wie erwartet eintritt. ” H¨ohere W¨ande erhalten mehrere Anker- bzw. Steifenlagen. Auch hier wird die Erddruckresultierende im Bereich zwischen aktivem Erddruck und Erdruhedruck gew¨ahlt, je nachdem, ob man Verschiebungen der Wand zul¨asst oder nicht. Hinsichtlich der Verteilung des gew¨ahlten Erddrucks l¨asst sich sagen, dass die in der Literatur angegebenen Vorschriften meist irrelevant sind, da man die tats¨achliche Verteilung durch geeignetes Vorspannen der Anker erzwingen kann. Wichtig ist, dass man die Zwischenbauzust¨ande (Abb. 22.51) ber¨ucksichtigt. Insbesondere bei der tiefsten Ankerlage ist zu ber¨ucksichtigen, dass diese erst nach dem Endaushub gesetzt werden kann. Bei Tr¨agerbohlw¨anden und aufgel¨osten Bohrpfahlw¨anden muss man ber¨ucksichtigen, dass sie unterhalb der Baugrubensohle nicht durchg¨angig sind (Abb. 22.52). Insofern wird kein aktiver Erddruck in diesem Bereich angesetzt, und der abgeminderte passive Erddruck ist nur in dem Maße anzusetzen, das den vertikalen Tr¨agern entspricht. Es liegt hier wieder das Problem des r¨aumlichen passiven Erddrucks vor. Offensichtlich ist der u¨ ber die Bohltr¨ager aufbringbare passive Erddruck kleiner als der passive Erddruck, den eine durchgehende Wand aus¨uben w¨urde. Der Abminderungsfaktor wurde durch Versuche ermittelt und in Abh¨angigkeit von b/t (Abb. 22.52) und ϕ tabelliert.22
21
A. W EISSENBACH, P. G OLLUB, Neue Erkenntnisse u¨ ber mehrfach verankerte Ortbetonw¨ande, Bautechnik 72/12 (1995) 781–799. Siehe auch T. T RIANTAFYLLIDIS, Neue Er-
22.7 Statische Berechnung von St¨utzw¨anden
1
427
2
3
5
6
4
7
Abb. 22.51 Zwischenbauzust¨ande einer mehrfach verankerten St¨utzwand
t b
a
b
a
b
Abb. 22.52 Einbindung einer Tr¨agerbohlwand in die Baugrubensohle
¨ 22.7.1 Berucksichtigung des Grundwassers, hydraulischer Grundbruch Ein evtl. vorhandener Wasserdruck muss als Belastung auf die St¨utzwand ber¨ucksichtigt werden. Bei Grundwasserstr¨omung beeintr¨achtigt die Str¨omungskraft die effektiven Spannungen und hat somit einen Einfluss nicht nur auf den Erddruck, sondern auch auf die Steifigkeit (z.B. des Erdwiderlagers). Dar¨uber hinaus kann eine nach oben gerichtete Str¨omungskraft einen sog. hydraulischen Grundbruch verursa-
22
kenntnisse aus Messungen an tiefen Baugruben am Potsdamer Platz in Berlin, Bautechnik 75/3 (1998) 133–154. Siehe EAB oder Abschnitt Baugrubensicherung“ im Grundbau-Taschenbuch. ”
428
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
chen. Die station¨are Grundwasserstr¨omung um eine dichte St¨utzwand wird durch die Potentialnetze der Abb. 22.53 beschrieben. Die Unterschiede beider Netze ergeben
Abb. 22.53 Grundwasserstr¨omungen um eine St¨utzwand. Die unterschiedlichen Str¨omungsbilder ergeben sich aus den Randbedingungen (Zufluss von rechts bzw. von oben).
sich aus den unterschiedlichen Randbedingungen, die in den Bildern nicht immer zu erkennen sind. Im Bild links erfolgt die Speisung der Grundwasserstr¨omung von rechts, w¨ahrend sie im Bild rechts von oben erfolgt. F¨ur vereinfachte Berechnungen wird oft das rechte Str¨omungsnetz angenommen, und es wird die Stromlinie betrachtet, welche die St¨utzwand tangiert. Absch¨atzung des aufw¨arts gerichteten Gradienten Es fragt sich, wie die Energieh¨ohe entlang dieser Stromlinie abgebaut wird. Der vielfach angenommene gleichm¨aßige Abbau, d.h. i ≈ Δh/(L¨ange der benetzten St¨utzwand) ist nur im Spezialfall berechtigt. Ein anderer, weit verbreiteter Ansatz 23 beruht auf der Potentialstr¨omung um eine halbunendliche Das Po√ d¨unne Wand. 24 + iy. Unter tential ist der Realteil der komplexen Funktion F = A z mit z = x √ Verwendung von Polarkoordinaten lautet die Potentialfunktion: Φ = A r cos(ϕ/2). Bei der abw¨arts gerichteten Str¨omung an der erdseitigen St¨utzwand (L¨ange l1 ) be√ √ tr¨agt demnach der Potentialabbau: Δh1 = A l1 cos 0 = A l1 . Der Potentialabbau ΔhF bei der Umstr¨omung des St¨utzwandfußes verschwindet (wegen r = 0, √ unendlich d¨unne St¨utzwand): ΔhF = A 0(cos 0◦ − cos 180◦ ) = 0. Bei der aufw¨arts gerichteten Str¨omung an der luftseitigen St¨utzwand (L¨ange l2 ) ist der Po√ √ ◦ = −A l cos 180 = A l . Die tentialabbau: Δh 2 2√ √ 2 √ Summe dieser Verluste ergibt: √ Δh = A l1 + A l2 , daher ist A = Δh/( l1 + l2 ). Somit stellt die Gr¨oße 23 24
Nach B ENT H ANSEN . Siehe z.B. L. P RANDTL, Str¨omungslehre, Vieweg 1965.
22.7 Statische Berechnung von St¨utzw¨anden
429
Δh2 Δh =√ l2 l1 l2 + l2
(22.2)
den u¨ ber l2 gemittelten aufw¨arts gerichteten Gradienten dar. Der Austrittsgradient an der Baugrubensohle l¨asst sich analytisch berechnen, i = − dΦ dr , und ergibt sich als die H¨alfte des gemittelten Gradienten: Δh A 1 iGOK = √ = · √ 2 2 l2 l1 l2 + l2
.
(22.3)
Dass der Austrittsgradient kleiner als der gemittelte Gradient ist, bedeutet, dass es unterhalb der Baugrubensohle Stellen gibt, wo der Wasser¨uberdruck h¨oher als das Auftriebsgewicht des dar¨uberliegenden Bodens ist. Also kann der hydraulische Grundbruch bereits bei kleineren Austrittsgradienten eintreten, dann aber nicht ausgehend von der Gel¨andeoberkannte (als sog. r¨uckschreitende Erosion), sondern als Aufw¨artsbewegung eines endlichen Bodenk¨orpers. T ERZAGHI empiehlt, hierf¨ur einen Bodenk¨orper der H¨ohe l1 und der Breite l1 /2 am Fuß der St¨utzwand zu betrachten und nachzupr¨ufen, ob die nach unten gerichteten Kr¨afte gr¨oßer als die nach oben gerichteten sind. Allerdings erweist sich die hier dargestellte Ermittlung der aufw¨arts gerichteten Gradienten als unzureichend. Grund ist, dass hier ein in allen Richtungen unendlich ausgedehntes Str¨omungsfeld betrachtet wurde, was nicht der Realit¨at entspricht. Tats¨achlich h¨angt die Potentialverteilung stark von den jeweiligen Randbedingungen ab. Es kommt haupts¨achlich auf die Breite der Baugrube an. Es sollte also auf jeden Fall das Potentialnetz (manuel oder numerisch) ermittelt werden. Einfluss der Baugrubenbreite Um die Bedeutung der Baugrubenbreite zu zeigen, betrachten wir vereinfachend einen Fall, wo die Randbedingungen in einer endlichen Entfernung von der St¨utzwand vorgegeben sind (Abb. 22.54 links). BC und DC sollen vorgegebene W¨ande, also Stromlinien, sein. Die Symmetrieachse AB wirkt wie eine undurchl¨assige Wand, ist also auch eine Stromlinie. Diese Situation kann als Str¨omung durch ein U-Rohr vereinfacht werden (Abb. 22.54 rechts). Kontinuit¨at bedingt, dass v¯l bl = v¯r br , wobei v¯l und v¯b die u¨ ber die Querschnitte gemittelten Geschwindigkeiten sind. Im linken und im rechten Rohr herrschen die mittleren Gradienten ¯il und ¯ir , es werden dort die Energieh¨ohen Δhl und Δhr abgebaut. Es gilt also k ¯il¯bl = k ¯ir ¯br
¯ ¯ir = ¯il bl ¯br
·
F¨ur das gesamte Gef¨alle i gilt: Δhl + Δhr Δhr Δhl Δhr Δhl + = + = ll + lr ll + lr ll + lr ll (1 + lr /ll ) lr (1 + ll /lr ) l l l l l r l r + ¯ir = ¯il + ¯ir ≈ ¯il ll + l r ll + lr l l
i≈
(22.4)
430
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen br D
vr
bl
Δh A
lr
vl ll
B
C
Abb. 22.54 Umstr¨omung einer St¨utzwand und vereinfachtes Modell dazu
mit l := ll + lr . Einsetzen von Gleichung (22.4) liefert i=
Δh ¯ ll ¯ bl lr ¯ br ll ¯ lr = il + il · = ir · + ir l l br l bl l l
·
Es folgen daraus die mittleren Gef¨alle rechts und links: ¯il =
Δh , ll + bbrl lr
¯ir =
Δh + lr
br bl l l
.
(22.5)
F¨ur br → ∞ (bzw. f¨ur bl /br → 0) erh¨alt man daraus, dass die gesamte Energieh¨ohe Δh links abgebaut wird (¯il = Δh/ll , ¯ir = 0) und nur f¨ur br → ∞ und bl → ∞ erh¨alt man ¯il = ¯ir = Δh/l, d.h. gleichm¨aßigen Potentialabbau. Die Tatsache, dass f¨ur schmale Baugruben (bl /br → 0) fast die gesamte Energieh¨ohe Δh auf der Seite der Baugrube abgebaut wird, ist praktisch relevant, denn sie impliziert (i) erh¨ohten Wasserdruck auf die St¨utzwand und (ii) erh¨ohte Gefahr des hydraulischen Grundbruchs in der Baugrube.25 Dieselbe Problematik tritt auch bei 3D-Geometrien (Ecken) auf. Nachweis des hydraulischen Grundbruchs Man betrachtet die auf den K¨orper ABCD (Abbildung 22.55) wirkenden Kr¨afte: das (ges¨attigte) Gewicht G und die Resultierende aus den Wasserdr¨ucken unten (pu ) und oben (po ). Letztere werden aus dem Potentialnetz ermittelt. Die Reibung an den Seitenfl¨achen AC und BD ist schwierig zu erfassen und d¨urfte wegen der kleinen effektiven Spannungen gering sein. Ihre Vernachl¨assigung liegt auf der sicheren Seite. ¨ Uberwiegt das nach unten gerichtete Gewicht, so kommt es nicht zum hydraulischen Grundbruch. 25
N¨aheres siehe M. Z IEGLER et al., Der hydraulische Grundbruch – Bemessungsdiagramme zur Ermittlung der erforderlichen Einbindetiefe, Bautechnik 86/9 (2009) 529–541; R. L ANCELLOTTA R., Geotechnical Engineering, Balkema, Rotterdam 1995, S. 85–86.
22.8 Anker
431
po C
D G
l1 A
B pu
Abb. 22.55 ’Terzaghi-K¨orper’ zum Nachweis des hydraulischen Grundbruchs. po und pu sind Wasserdr¨ucke, die u¨ ber die L¨ange AB bzw. CD gemittelt sind.
22.8 Anker Anker (ground anchors, tiebacks) dienen zur r¨uckw¨artigen St¨utzung einer Wand, ohne dass der Betrieb in der Baugrube durch Steifen behindert wird. Dar¨uber hinaus werden sie zur Sicherung gegen Auftrieb, zur Aufnahme von Zugkr¨aften bei Seilbr¨ucken, Seilbahnen u.¨a. eingesetzt. Verpressanker im Fels wurden erstmalig 1934 in Algerien eingesetzt. Zur Krafteinleitung in den Boden verwendete man fr¨uher Ankerplatten oder Ankersch¨achte (Abb. 22.56). Der Verpressanker wurde erfunden,
Abb. 22.56 Krafteinleitung in den Boden u¨ ber Ankerplatte oder Schacht
als man die Anbohrung eines Ankerschachtes verfehlt hatte.26 Er besteht aus einem 26
Baustelle Bayerischer Rundfunk 1958.
432
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Stahlzugglied (tendon), das in ein Bohrloch eingef¨uhrt wird. In seinem Ende wird durch Verf¨ullen und nachtr¨agliches Verpressen des Ringspalts mit Zementm¨ortel der Kraftschluss mit dem Erdreich hergestellt. Am oberen Ende wird der Anker u¨ ber eine Kopfplatte, die auf der St¨utzwand oder einem entsprechenden Gurt anliegt, vorgespannt (Abb. 22.57). Ankerbohrungen: Zur Ankerherstellung werden Bohrl¨ocher (bis zu 100 m L¨ange) gebohrt. Folgende Bohrverfahren werden eingesetzt:27 • Verdr¨angungsbohrverfahren mit Bohrh¨ammern • Rotationssp¨ulbohrverfahren • Schneckenbohrverfahren Folgende Tagesleistungen f¨ur fertige Anker (L¨ange ≤ 30 m) k¨onnen erreicht werden: Bohrdurchmesser Tagesleistung mm m 89 200 133 - 178 100 - 150 250 70 - 100 Das Bohrloch wird erforderlichenfalls durch eine Verrohrung gest¨utzt. Bei den sog. selbstbohrenden Ankern wird das Bohrgest¨ange bzw. Bohrrohr im Boden belassen und dient als Stahlzugglied. Verpressen: Zun¨achst wird das Bohrloch mit Zementm¨ortel verf¨ullt,28 bis dieser aus dem Bohrlochmund austritt. Anschließend wird der Anker eingef¨uhrt, und die Verrohrung wird um die vorgesehene L¨ange der Verpressstrecke (¨ublicherweise 4 bis 10 m) zur¨uckgezogen. Danach wird der Zementm¨ortel mit Druck zwischen 5 und 15 bar beaufschlagt (’verpresst’). Der zwischen Verpressstrecke und Bohrlochmund verbliebene Zementm¨ortel wird mit Wasser ausgesp¨ult, und die restliche Verrohrung wird gezogen. Zur Erh¨ohung der Tragf¨ahigkeit von Ankern in bindigen B¨oden (um bis zu 30 %) k¨onnen ab einem Tag nach dem Verpressen Nachverpressungen vorgenommen werden. Dabei wird Zementm¨ortel durch eigens daf¨ur anmontierte Zuleitungen verpresst. Alternativ dazu k¨onnen Expansionsbindemittel verwendet werden, bei welchen durch Kristallwachstum Volumenzunahmen von bis zu 20 % bzw. Druckzunahmen bis 2 bar hervorgerufen werden.29
27
28 29
Siehe auch: G. DAUSCH, K.D. K LUCKERT, Aktueller Stand der Ankertechnik, Beitr¨age zum 16. Christian Veder Kolloquium, Graz 2001, S. 1–24; L. W ICHTER, W. M EINIGER, Verankerungen und Vernagelungen im Grundbau, Ernst & Sohn, 2000; P.P. X ANTHAKOS, Ground Anchors and Anchored Structures, Wiley 1991. Das F¨ullvolumen u¨ bersteigt das theoretische Volumen des Bohrlochs um 50 bis 200 %. A. M ANGSTL u.a., Untersuchung der Kraft¨ubertragung von Verpressk¨orpern aus dem Expansionsbindemittel CIMEX 15, Beitr¨age zum 16. Christian Veder Kolloquium, Graz 2001.
22.8 Anker
433
Bei Ankerbohrungen gegen dr¨uckendes Grundwasser besteht (insb. bei gleichf¨ormigen Sanden) die Gefahr des Bodenentzugs,30 diese sollten m¨oglichst vermieden werden. Es sind dort Verdr¨angungsbohrverfahren mit Rammen vorzuziehen bzw. ist der R¨uckfluss aus dem Bohrloch zu minimieren. Beim Verpressen der Anker sollte man auf m¨ogliche Hebungen der Gel¨andeoberkante achten. Dies ist insbesonders dann wichtig, wenn man unterhalb von Bauwerken verpresst. Zum Setzen von Ankern unterhalb von fremden Grundst¨ucken ist ein Gestattungsvertrag erforderlich.
Ankerkopf Übergangsrohr Spannelement
freie
Anke
rläng
Bohrloch
Abdichtung Ankerplatte
e Verp
ress
strec
Auflager
ke Ankerende
Stahlzugglied im Hüllrohr Verpresskörper
Abb. 22.57 Prinzipskizze eines Verpressankers
Abb. 22.58 Mit Permanentankern gesicherter Einschnitt 30
Es kann dadurch zu Setzungen (etwa 0,5 cm pro Ankerlage) von Nachbarbebauung kommen.
434
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Immer o¨ fter m¨ussen Tempor¨aranker nach Verf¨ullung der Baugrube entfernt werden, um die Nutzung des Nachbargrundst¨ucks nicht zu beeintr¨achtigen. Daher sind mehrere Verfahren zur Herstellung von r¨uckbaubaren Verpressankern entwickelt worden.31 Ein einfaches Verfahren besteht darin, den Verpressk¨orper durch die Z¨undung einer Sprengschnur zu zerst¨oren. Diese wird in ein daf¨ur vorgesehenes und einzementiertes Rohr eingef¨uhrt. Alternativ dazu kann man den Verpressk¨orper durch Ziehen eines Spreizkegels aufsprengen. Auch Umlenkschlaufen, Kupplungsmuffen und Sollbruchstellen werden herangezogen. Nicht vorgespannte (sog. schlaffe) Anker (passive anchors, dead anchors) packen (d.h. werden statisch wirksam) erst nach einer Wandverschiebung von einigen Zentimetern. Es ist wichtig, dass die planm¨aßige freie Stahll¨ange Lf ree eingehalten wird. Wird n¨amlich der Ringspalt vom Ankerende bis Ankerkopf mit M¨ortel verf¨ullt, so wirkt die Vorspannkraft nicht auf den Baugrund, sondern auf den Verpressk¨orper (es erfolgt ein Kurzschluss“ der Kraft), und der Anker bleibt erdstatisch unwirksam. ” Man unterscheidet zwischen Tempor¨ar- (Nutzungsdauer ≤ 2 Jahre) und Permanentankern (Nutzungsdauer > 2 Jahre, Abb. 22.58). Bei den letzteren sind die Korrosionsschutzmaßnahmen viel aufwendiger, denn es wird verlangt, dass das gesamte Stahlzugglied von mindestens einer ununterbrochenen abdichtenden Schutzschicht umschlossen ist.32 Der alkalische Zementm¨ortel bietet einen guten Korrosionsschutz, sofern er rissfrei bleibt. Dies ist aber schwierig, denn der Stahl wird bei der Vorspannung stark gedehnt, w¨ahrend der spr¨ode Zementstein dabei Risse erleidet. Daher muss es in einem dehnbaren gerippten Rohr eingeschlossen sein. Eine l¨uckenlose Umh¨ullung des Ankers mit abdichtendem Schutzmaterial kann durch Messung des elektrischen Widerstandes zwischen Anker und Boden nachgewiesen werden, denn das Wasser im Boden w¨urde aufgrund seiner Leitf¨ahigkeit den elektrischen Widerstand verkleinern. Der Widerstand sollte bei einer angelegten Gleichspannung von 500 V gr¨oßer als 0,1 MΩ sein. Die Traglast FK , d.h. die maximale Kraft, die der Anker auf das Erdreich u¨ bertragen kann, h¨angt von der Kraft¨ubertragungsl¨ange (=Verpressstrecke) Lf ixed (sie w¨achst ungef¨ahr linear mit Lf ixed ) und dem Durchmesser des Verpressk¨orpers, ferner von Mantelreibung und Adh¨asion zwischen Verpressk¨orper und Baugrund sowie von evtl. Nachverpressungen ab. Die u¨ blichen Ankervorspannkr¨afte liegen zwischen 100 und 1000 kN. Das Tragverm¨ogen von Ankern wird anhand von System-, Eignungs- und Abnahmepr¨ufungen nachgewiesen. Die Systempr¨ufung entscheidet u¨ ber die grunds¨atzliche Eignung eines neuen Ankertyps,33 die Eignungspr¨ufung entscheidet, ob der betreffende Ankertyp f¨ur die vorliegenden Baugrundverh¨altnisse geeignet ist, und durch 31 32 33
Beitr¨age zum 16. Christian Veder Kolloquium, Graz 2001. Die Verwendung von Edelstahl w¨are sinnlos, weil dieser nicht geeignet f¨ur Vorspannung ist und letztendlich auch rostet. Die Systempr¨ufung wird durch die Untersuchungspr¨ufung ersetzt, bei welcher der Herausziehwiderstand in Abh¨angigkeit von den Baugrundbedingungen und den Baustoffen untersucht wird.
22.8 Anker
435
die Abnahmepr¨ufung soll die Tragf¨ahigkeit jedes einzelnen Ankers nachgewiesen werden.
Abb. 22.59 Ankerpr¨ufung
Man unterscheidet zwischen der Grenzkraft des Verpressk¨orpers (diejenige Kraft, die ein Kriechmaß von (s2 − s1 )/ log(t2 /t1 ) = 2 mm erzeugt) und der Grenzkraft des Stahlzuggliedes. Unmittelbar nach dem Vorspannen ist die Gebrauchskraft identisch mit der Vorspannkraft, sie kann sich aber aufgrund von Verschiebungen bzw. Kriechen ver¨andern. Bei der Ankerpr¨ufung werden Ausziehkr¨afte am Ankerkopf aufgebracht, und die zugeh¨origen Verschiebungen werden registriert (Abb. 22.59). Die Pr¨uflast wird stufenweise erh¨oht, wobei nach jeder Stufe eine Entlastung vorgenommen wird. Aus der gesamten Verschiebung s erh¨alt man so den elastischen (sel ) und den bleibenden (sbl ) Anteil (s = sel + sbl ) f¨ur jede Laststufe. Die Beziehung zwischen Pr¨uflast und Verschiebung ist nicht eindeutig. Vielmehr w¨achst mit der Zeit die Verschiebung (insbesondere bei bindigen B¨oden) bei konstanter Last. Daher sind f¨ur jede Laststufe Mindestbeobachtungszeiten vorgeschrieben. Die freie Stahll¨ange Lf ree wird aus der elastischen Steifigkeit des Ankers ΔFP /Δsel (Abb. 22.60), dem Elastizit¨atsmodul E und der Querschnittsfl¨ache As des Stahlzuggliedes bestimmt: Lf ree =
Δsel EAs ΔFP
.
Da die Krafteintragung u¨ ber den Verpressk¨orper nicht punktf¨ormig ist, ist die FP sel -Linie am Anfang leicht gekr¨ummt (Abb. 22.60). Der Verlauf der Ankerkraft in Abh¨angigkeit der Ankerkopfverschiebung bei der beschriebenen Ankerpr¨ufung wird in Abb. 22.61a dargestellt. Die horizontalen Kurvenabschnitte beschreiben die Kriechphasen. Bei der britischen Pr¨ufmethode (Abb. 22.61b) wird die jeweils erreichte Pfahlkopfverschiebung konstant gehalten, und es wird der zeitliche Abfahl der Ankerkraft (Relaxation) registriert. Die franz¨osische Pr¨ufmethode (Abb. 22.61c) entspricht der deutschen (Abb. 22.61a), d.h. es wird das Kriechen registriert, es werden jedoch keine Entlastungen vorgenommen.
436
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Abb. 22.60 Elastische und plastische Verschiebungen eines Ankers in Abh¨angigkeit von der Pr¨uflast F
F
F vertikale Abschnitte (Relaxation)
(a)
s
(b)
s
(c)
s
Abb. 22.61 Deutsche, britische und franz¨osiche Ankerpr¨ufmethoden
Das Stahlzugglied ist ein Rundstab. Bei gr¨oßeren Ankerl¨angen sind Stahllitzen (strands) einfacher in der Handhabung, weil sie in Rollen angeliefert werden k¨onnen. Zudem haben Litzen h¨ohere Festigkeit als Stabstahl. Die u¨ blicherweise eingesetzte Spanndrahtlitze 0,6”, St 1570/1770, Nenndurchmesser 15,3 mm, bestehend aus 7 kaltgezogenen Einzeldr¨ahten, kann eine Last von 125 kN aufnehmen. Die vom Verpressk¨orper auf den Baugrund u¨ bertragbare Grenzkraft kann nicht im Voraus berechnet, sondern nur nachtr¨aglich durch Pr¨ufung ermittelt werden. F¨ur Absch¨atzungen liegen Erfahrungswerte nach O STERMAYER34 vor. F¨ur rollige B¨oden ist sie unabh¨angig vom Durchmesser d des Verpressk¨orpers. Deshalb gibt O STER ¨ MAYER Erfahrungswerte f¨ ur d zwischen 100 und 150 mm und Uberlagerung ≥ 4m in Abh¨angigkeit von der Krafteintragungsl¨ange, der Dichte, der Ungleichf¨ormigkeit und der Kornfraktion an. F¨ur bindige B¨oden und f¨ur Fels ist die Grenzkraft proportional zu d, daher gibt O STERMAYER die mittlere Grenzmantelreibung τmg in Abh¨angigkeit der Boden- bzw. Felsart sowie der Krafteintragungsl¨ange an.
34
H. O STERMAYER, Verpressanker, Grundbau-Taschenbuch, 5. Auflage, Teil 2, Ernst & Sohn 1996, S. 137–178. Siehe auch L. W ICHTER, W. M EINIGER, Verankerungen und Vernagelungen im Grundbau, Ernst & Sohn 2000.
22.8 Anker
437
Liegen zwei Verpressk¨orper zu nahe aneinander, wird ihre Grenzkraft (bei Gebrauchskr¨aften bis 700 kN) durch gegenseitige Beeinflussung (’Gruppenwirkung’) reduziert. Daher sollte ein Mindestabstand von 1,5 m nicht unterschritten werden. Die erforderliche L¨ange eines Ankers bestimmt sich durch den Nachweis des Abgleitens an der tiefen Gleitfuge (Abb. 22.62). Die tiefe Gleitfuge verbindet den
Ea
l
ϕ
G
tiefe Gleitfuge
Q ϕ
1 E ηp p
ge
fu
t lei
fe
Ea
G
G
tie
Q
ϕerf
1 E ηp p
Abb. 22.62 Bruchmechanismus und Kr¨afte beim Abgleiten an der tiefen Gleitfuge. Unten: Gleichgewicht der Kr¨afte, die am rechten Bruchk¨orper angreifen, und Ermittlung von ϕerf .
Wandfußpunkt35 mit dem theoretischen Angriffspunkt der Ankerkraft. Dieser wird u¨ blicherweise in der Mitte des Verpressk¨orpers angesetzt. Man geht davon aus, dass die Wand mit einem Teil des gest¨utzten Bodens samt Anker entlang der tiefen Gleitfuge abgleiten kann. Sind die Lage und L¨ange des Ankers richtig gew¨ahlt, so verm¨ogen der abgeminderte Erdwiderstand Ep /ηP und die Bodenreaktionskraft Q (zuz¨uglich einer evtl. vorhandenen Koh¨asionskraft) den aktiven Erddruck Ea auf¨ zunehmen. Ublicherweise wird hierzu der Nachweis nach K RANZ gef¨uhrt, obwohl er mechanisch unbegr¨undet ist. Danach36 wird eine sog. m¨ogliche Ankerkraft ermittelt, was aber irref¨uhrend ist, da die Ankerkraft eine innere Kraft im betrachteten starren Gleitk¨orper und daher irrelevant f¨ur die Gleitsicherheit ist. Ein korrekter Nachweis kann durch Vergleich des zum Grenzgleichgewicht erforderlichen Reibungswinkels ϕerf an der tiefen Gleitfuge zum dort vorhandenen Reibungswinkel 35
36
In der Literatur wurde oft die Meinung vertreten, dass die tiefe Gleitfuge nicht vom unteren Ende, sondern vom Belastungsnullpunkt der Wand ausgehen sollte. Dies ist unbegr¨undet, und man r¨uckt davon ab (siehe vorerw¨ahnte Arbeit von W EISSENBACH und G OLLUB). Siehe z.B. Artikel Grundbau“ im Betonkalender 1994. ”
438
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
ug
e
(etwa η = tan ϕvorh / tan ϕerf , Abb. 22.62) oder nach der Methode der Starrk¨orperBruchmechanismen37 gef¨uhrt werden. Bei mehrfach verankerten W¨anden muss jede einzelne Gleitfuge untersucht werden, wobei die freigeschnittenen Ankerkr¨afte ber¨ucksichtigt werden m¨ussen (siehe Abb. 22.63).
G
Ea
tie
fe
G
le
itf
Ea
A
ϕerf
G 1 E p
ηp
Q
ϕerf 1 E A p
ηp
Abb. 22.63 Tiefe Gleitfuge zum Ankerkrafteinleitungspunkt der oberen Ankerlage. Die tiefere Ankerlage wird freigeschnitten, dabei wird die Ankerkraft A freigelegt.
22.9 Bewehrte Erde Wird ein Bodenelement in eine Richtung gedr¨uckt, so h¨angt seine Steifigkeit und Festigkeit davon ab, ob die Seitenausdehnung behindert ist oder nicht. Man verglei¨ che dazu die Spannungs-Dehnungslinien eines Odometerversuchs (total verhinderte Seitendehnung) und eines konventionellen Triaxialversuchs (freie Seitenausdehnung), siehe Abb. 22.64. ¨ Nun kann die Seitenausdehnung nicht nur durch a¨ ußere St¨utzung (wie beim Odometerversuch), sondern auch durch zugfeste Einlagen partiell verhindert werden. Dieser Sachverhalt wird bei der sog. bewehrten Erde seit den 60er Jahren wieder ausgenutzt, nachdem sie bereits beim Bau der Ziggurat (Pyramiden in Mesopotamien), von den Chinesen und R¨omern verwendet wurde.38 Das Agar-Quf Ziggurat n¨ordlich von Bagdad wurde mit Tonziegeln gebaut, die mit geflochtenen Schilfmatten bewehrt wurden. Die Schilfmatten wurden alle 0,5 bis 2 m in Betten aus Kiessand eingelegt. In der Neuzeit erfolgt die Bodenbewehrung durch Streifen aus galvanisiertem Stahl oder Geokunststoffen (Abb. 22.65). Aufsch¨uttungen, D¨amme und St¨utzmauern aus bewehrter Erde bieten eine Reihe von Vorteilen: 37 38
M. G OLDSCHEIDER und D. KOLYMBAS, Berechnung der Standsicherheit verankerter St¨utzw¨ande, Geotechnik 3/3 (1980) 93–105 und Geotechnik 3/4 (1980) 156–164. Siehe Supplement u¨ ber Reinforced Soil“ im Ground Engineering, March 1996. ”
22.10 Nagelw¨ande σ1
439 Ödometer σ1 , ε 1
Triaxial
ε1
¨ Abb. 22.64 σ1 -ε1 -Linien beim Odometerversuch (verhinderte Seitenausdehnung) und beim Triaxialversuch (freie Seitenausdehnung)
•
Preiswert im Vergleich zu Stahlbetonkonstruktionen. Der Preisvorteil von 30 bis 40% folgt nicht nur aus den geringeren Materialkosten (es darf u.U. Aushubmaterial verwendet werden), sondern auch aus der kurzen Einbauzeit. • Aufgrund ihrer Biegsamkeit kann die bewehrte Erde Setzungsunterschiede schadlos aufnehmen. Daher ist sie geeignet zum Bauen auf weichem Boden. Insbesondere kann durch Bewehrung der Unterlage eine hohe Aufsch¨uttung ohne Grundbruchgefahr aufgebracht werden. • Die Seitenw¨ande von St¨utzkonstruktionen aus bewehrter Erde k¨onnen begr¨unt werden. St¨utzkonstruktionen aus bewehrter Erde haben als einzige das Kobe-Erdbeben 1995 schadlos u¨ berstanden. 22.9.1 Faserbewehrter Boden Sandige B¨oden werden beim Einbau mit Kunststofffasern in Gewichtsanteilen von ca. 0,1 - 0,4 % versetzt. Die Fasern sind gleichm¨aßig in alle Richtungen verteilt (sog. ungerichtete Bewehrung) und sind entweder ’endlos’ (Verfahren TEXSOL) oder haben eine L¨ange von 10 - 20 cm (Verfahren FILASOL). Die Bewehrung mit Fasern erh¨oht die Koh¨asion und die Duktilit¨at (Peak-Dehnung) des Bodens. Die Koh¨asion w¨achst in etwa linear mit dem Faseranteil und wird anhand von Probebelastungen in situ (Plattendruckversuch an einer B¨oschungskante) bestimmt. Der gemessene Wert wird um den Faktor 1/4, 4 reduziert, um die Zeitstandfestigkeit, Besch¨adigungen beim Einbau und Verdichtung u.s.w. abzudecken. Scharfkantige Brechkornfraktionen sind nicht geeignet, da sie beim Einbau die Fasern zerst¨oren k¨onnen. Faserbewehrter Boden kann begr¨unt werden.
22.10 Nagelw¨ande Einschnitte und B¨oschungen k¨onnen durch den Einbau von zugfesten Rundst¨aben (N¨ageln, nails) stabilisiert werden. Die Herstellung einer vernagelten Wand zur Si-
440
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Abb. 22.65 Mit Geokunstoffen gesicherter Gel¨andesprung
cherung eines Einschnitts erfolgt dadurch, dass der Aushub lagenweise vorgenommen wird. Bei jedem Aushub (von i.Allg. 1 - 1,5 m Tiefe) wird das freigelegte Erdreich mit bewehrtem Spritzbeton in einer Dicke von 10 bis 25 cm gesichert (deshalb heißt eine vernagelte Wand auch Spritzbetonwand“). Danach werden die N¨agel ein” gebaut. Sie bestehen meist aus Gewindestahl mit Durchmessern zwischen 20 und 28 mm. Die Vernagelungsdichte betr¨agt ca. 1 Nagel pro m2 . Die L¨ange der N¨agel betr¨agt u¨ blicherweise 50 bis 70 % der Gel¨andesprungh¨ohe H.39 Die N¨agel werden entweder unverrohrt eingebracht oder in vorgefertigte Bohrl¨ocher hineingesetzt. Der Ringspalt zwischen Nagel und Bohrlochwand wird durchgehend mit Zementm¨ortel verf¨ullt.40 Anschließend wird die n¨achste Lage ausgehoben und in a¨ hnlicher Weise ¨ gesichert. Vernagelte W¨ande weisen Ahnlichkeiten sowohl zu verankerten W¨anden als auch zur sog. bewehrten Erde auf. Der Unterschied zu den Verpressankern besteht darin, dass letztere nur im Kopf- und Fußbereich kraftschl¨ussig mit dem Erdreich verbunden und meist vorgespannt sind. Sie sind daher aufwendiger in der Herstellung. Bei der bewehrten Erde wird, genau wie bei einer vernagelten Wand, der Boden mit zugfesten Einlagen ert¨uchtigt. W¨ahrend aber die Vernagelung im gewachsenen Boden vorgenommen wird, werden die Einlagen bei der bewehrten Erde in gesch¨utteten Boden eingesetzt. Das Profil einer Nagelwand ist in Abb. 22.67 dargestellt. Der vertikale Nagelabstand a sollte zwischen 1 und 1,5 m gew¨ahlt werden, 39 40
CLOUTERRE empfiehlt 0,5 - 0,7 H f¨ur gerammte N¨agel (1 - 2 N¨agel pro m2 und 0,8 1,2 H f¨ur in Bohrl¨ocher eingesetzte und verpresste N¨agel, 1 Nagel pro 2,5 - 6 m2 ). Enth¨alt das Gestein offene Kl¨ufte, so kann der M¨ortel darin verschwinden. Um dies zu vermeiden, werden die N¨agel mit H¨ullen aus Geotextil eingefasst.
22.10 Nagelw¨ande
441
ferner sollte die Bedingung a < h/5 eingehalten werden. Der horizontale Nagelabstand sollte ebenfalls zwischen 1 und 1,5 m liegen.
Abb. 22.66 Nagelwand
β a h α
F ε
ρ
D
C
Ea
B l
Abb. 22.67 Profil einer vernagelten A Wand. Die Nagelneigung ε liegt u¨ blicherweise zwischen 5◦ und 15◦ . Abb. 22.68 Starrk¨orper-Bruchmechanismus einer wird zwischen −20◦ und 10◦ gew¨ahlt. vernagelten Wand Eine Neigung α > 0 wirkt sich statisch g¨unstig aus.
442
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
Nagelw¨ande k¨onnen keinen Wasserdruck aufnehmen. Daher sollten Dr¨anagebohrungen vorgesehen werden, die schwach nach oben geneigt sind. Sie sollten eine Dichte von mindestens einer Dr¨anagebohrung pro 50 m2 Wand haben. Ferner sollten an der Wand Dr¨anage¨offnungen vorgesehen werden, eine pro 10 m2 Wand. Bei allen Dr¨anagemaßnahmen sollte ein Aussp¨ulen von Feinstanteilen des Bodens durch Filter verhindert werden.41 Verl¨auft das Gel¨ande oberhalb der Krone der Nagelwand in etwa horizontal, so sind Niederschlagsw¨asser mit Gr¨aben zu fassen und abzuleiten. Einsickern sollte mit Folien oder sonstigen Abdeckungen verhindert werden. Weitere Hinweise und Empfehlungen aus dem franz¨osischen Projekt CLOUTERRE sind: •
Die horizontalen und vertikalen Verschiebungen einer Nagelwand sind ann¨ahrend gleich und betragen ca. 1-4 der H¨ohe H des Gel¨andesprungs. Diese Verschiebungen beeinflussen einen Bereich der Breite von ca. (0,8-1,5) ·H · (1 − tan α). • Geneigte Nagelw¨ande (α > 0) sind stabiler als senkrechte und sollten daher angestrebt werden. Es wird auch empfohlen, Bermen anzulegen. • Die Verteilung der Nagell¨angen u¨ ber die H¨ohe der Nagelwand wird unterschiedlich gehandhabt. Es werden (i) konstante, (ii) mit der Tiefe abnehmende und (iii) mit der Tiefe zunehmende Nagell¨angen herangezogen. Die Ans¨atze von CLOUTERRE hinsichtlich der D¨ubelwirkung von N¨ageln bleiben f¨ur rollige B¨oden unanwendbar, da hierf¨ur kein Ansatz f¨ur den Fließdruck pf (vgl. Abschnitt 19.4.2) bekannt ist. Weitere konstruktive Hinweise zur Vernagelung finden sich in Soil nailing – best practice guidance.42 43 ¨ G ASSLER hat durch Modellversuche im Labor nachgewiesen, dass das Versagen einer Nagelwand meist als ein Starrk¨orper-Bruchmechanismus mit ebenen Gleitfugen nach Abb. 22.68 eintritt. Der Block ABCF gleitet monolithisch an der Gleitfuge P
P1 C
F
Ea Ea
ϕ
G
P Q
B Z A
ϕ
ϑ
G
Z erf
Q
Abb. 22.69 Kr¨aftegleichgewicht am Block ABCF 41 42 43
Recommendations CLOUTERRE 1991, English Translation, Presses de l’Ecole Nationale des Ponts et Chauss´ees, Paris 1991. A. P HEAR et al., CIRIA, London 2005. ¨ G. G ASSLER , Vernagelte Gel¨andespr¨unge – Tragverhalten und Standsicherheit, Ver¨offentlichungen des Institutes f¨ur Bodenmechanik und Felsmechanik der Universit¨at Karlsruhe, Heft 108, 1987.
22.10 Nagelw¨ande
443
AB, die einige N¨agel schneidet. Die durch den Erdkeil BCD an der Gleitfuge BC ausge¨ubte Kraft Ea ist der aktive Erddruck auf eine Wand mit der Neigung und der Gel¨andeneigung β. Wir betrachten das Gleichgewicht aller Kr¨afte, die auf den Block ABCF wirken (Abb. 22.69). Einfachheitshalber nehmen wir f¨ur dieses Beispiel an, dass β = = 0 gilt, sowie dass der Boden koh¨asionslos ist. Da wir einen Bruchzustand voraussetzen, sind alle Gleitfugenkr¨afte um den Winkel ϕ gegen die Gleitfugennormale dermaßen geneigt, dass sie der Bewegung entgegenwirken. Bei der Ermittlung des aktiven Erddrucks Ea muss eine evtl. vorhandene Auflast P1 ber¨ucksichtigt werden. Z ist die resultierende Zugkraft aus den freigeschnittenen N¨ageln. Da der Bruchzustand betrachtet wird, ist im Krafteck der Abb. 22.69 nicht die tats¨achliche, sondern die zum Grenzgleichgewicht erforderliche Zugkraft Zerf eingetragen. Die Neigung ϑ der Gleitfuge AB ist zun¨achst unbekannt. Daher muss sie so lange variiert werden, bis Zerf maximal wird. Dies ist der Fall f¨ur ϑ = ϑ0 . Anschließend muss die erforderliche Nagelkraft Zerf der tats¨achlichen Nageltragf¨ahigkeit Zvorh gegen¨ubergestellt werden. Das Verh¨altnis Zvorh /Zerf stellt die Sicherheit ηz dar. Zur Bestimmung der vorhandenen Nageltragf¨ahigkeit benutzt man den experimen¨ s, dass die Grenzmantelreibung τg der N¨agel ann¨ahernd kontellen Befund G ASSLER stant u¨ ber die Nagell¨ange verteilt ist. Die pro Einheit der Nagell¨ange aufnehmbare Schubkraft betr¨agt demnach Tg = πdτg , wobei d der Nageldurchmesser ist. Tg (bzw. τg ) l¨asst sich kaum berechnen und sollte anhandvon Ausziehversuchen bestimmt werden. Es gilt nun Zvorh = Tg li /b, wobei li die Summe der Nagell¨angen im schraffierten Bereich der Abb. 22.70 und b der horizontale Nagelabstand ist. Mit den Bezeichnungen aus dieser Abbildung und unter Heranziehung des Strahlensatzes folgt a a a a li = l + 2 l + 3 l + . . . + n l L L L L mit n ≈ L/a. Somit ist
li =
n a n2 a a n(n + 1) l ≈ l = i = l L i=1 L 2 L 2
l L 1 l2 tan ϑ0 + tan ε = = . 2a 2a cos ε !
(22.6)
Aus Zvorh = ηz Zerf kann mithilfe von Gleichung (22.6) der Nagelabstand a berechnet werden. ¨ hat experimentell nachgewiesen, dass die vernagelte Wand ein VerbundG ASSLER system mit relativ geringen Verformungen unter Gebrauchslasten ist. Ferner hat er nachgewiesen, dass eine dynamische Belastung aus schwerem Straßen- bzw. Baustellenverkehr zu keiner Beeintr¨achtigung der Wand f¨uhrt.
444
22 Sicherung von Gel¨andespr¨ungen
a a a
a a
L= l (tan ϑ +tan ε )
a l’ l
Abb. 22.70 Zur Berechnung von
li
Der Nachweis einer ausreichenden Herausziehsicherheit ηz betrifft die innere Standsicherheit der vernagelten Wand.44 Die a¨ ußere Standsicherheit ist ebenfalls nachzuweisen. Man kann dabei ber¨ucksichtigen, dass die Nachweise gegen Kippen und Gleiten im Grundbruchnachweis enthalten sind. F¨ur kleinere l/h-Werte kann auch der Nachweis der Gel¨andebruchsicherheit kritisch werden. Es soll dabei nachgewiesen werden, dass kein Gleitkreis, der die vernagelte Wand enth¨alt, abgleiten kann (vgl. Abschnitte 13.3 und 13.4). Ferner ist die Außenhaut aus bewehrtem Spritzbeton f¨ur den 0,85-fachen aktiven Erddruck nach C OULOMB (mit δ = 0 und verschwindender Koh¨asion) und rechteckf¨ormiger Erddruckverteilung auszuf¨uhren. N¨agel werden auch zur Sanierung von historischen St¨utzmauern aus Steinmauerwerk herangezogen.45 Der Nagelkopf wird dabei unterhalb der Wandoberfl¨ache verdeckt, damit ihr a¨ ußeres Erscheinungsbild nicht beeintr¨achtigt wird.
22.11 Unterfangungen Wird der Boden dicht neben bestehenden Fundamenten oder gar unterhalb von ihnen ausgehoben, so m¨ussen diese durch eine sog. Unterfangung (underpinning) provisorisch gest¨utzt werden, bis wieder Boden aufgef¨ullt wird oder ein Bauwerk errichtet wird, welches das betroffene Fundament st¨utzt. Unterfangungen erfolgen etwa durch Ert¨uchtigung des verbleibenden Bodens am Fundament durch Injektionen oder durch Gefrieren. Alternativ dazu k¨onnen St¨utzw¨ande herangezogen werden. 44
45
Beim hier vorgestellten Nachweis der inneren Standsicherheit ist zu bem¨angeln, dass durch die betrachteten Bruchmechanismen wohl kaum Zugkr¨afte in den N¨ageln mobilisiert werden. Ein neues Nachweisverfahren vermeidet diesen Einwand, s. D. R ENK, D. KOLYMBAS, Zur Dimensionierung von Nagelw¨anden, Geotechnik 34/3 (2011) 169–180. E. S CHWING, Standsicherheit historischer St¨utzw¨ande, Ver¨offentlichungen des Instituts f¨ur Boden- und Felsmechanik der Universit¨at Karlsruhe, Heft 121, 1991.
23 Tunnelbau
¨ 23.1 Einfuhrung Dieses Kapitel befasst sich mit der bergm¨annischen1 Herstellung von Tunneln und anderen Hohlr¨aumen unter Tage, wie Sch¨achten (senkrechte Tunnel), Stollen (Tunnel kleineren Querschnitts, meist handelt es sich hierbei um Triebwasserwege, d.h. Druckstollen und Drucksch¨achte), Kavernen (große Hohlr¨aume z.B. f¨ur Kraftwerke). F¨ur alle diese Hohlr¨aume wird hier stellvertretend das Wort ’Tunnel’ verwendet. Tunnel werden sowohl im Lockergestein (Boden) als auch im Festgestein (Fels) vorgetrieben. In hinreichend kompetentem Fels k¨onnen Hohlr¨aume ungest¨utzt stehenbleiben, sonst ist eine St¨utzung (sog. Ausbau) erforderlich, welche meist eine Schale aus Beton ist. Somit ist der Tunnelbau in geotechnischer Hinsicht ein Fall von Boden-Bauwerk-Wechselwirkung.
23.2 Geschichtliches Der Tunnelbau ist aus dem Bergbau hervorgegangen, wo auch Hohlr¨aume aufgefahren und gesichert werden. Allerdings kommt es beim Bergbau meist nicht auf eine l¨angere Nutzung des Hohlraums an. Der Bergbau hat seine eigenen Traditionen (wie z.B. den Gruß Gl¨uck Auf!“) und Fachbegriffe, die auch im Tunnelbau verwendet ” werden (siehe Abschnitt 23.3). Tunnel wurden bereits in der fr¨uhen Antike vorgetrieben, meist f¨ur Bew¨asserung. In der Neuzeit wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts viele Tunnel im Zuge des Ausbaus der Eisenbahnnetze vorgetrieben (z.B. MontCenis 12 km, St. Gotthard 15 km, Simplon 20 km, Arlberg 10 km) und f¨ur U-Bahnen großer europ¨aischer Metropolen. Die jetzige Phase des Tunnelbaus begann nach dem 2. Weltkrieg und dauert noch an. 1
’Bergm¨annisch’ bedeutet ’unter Tage’. Bei der offenen Tunnelbauweise (cut and cover) sowie bei ihrer Variante ’Deckelbauweise’ (cover and cut) geht es haupts¨achlich um die Herstellung und Sicherung von Baugruben, die im Kapitel 22 behandelt werden.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_23
446
23 Tunnelbau
Tunnelbau (genauso wie Bergbau) war seit Anbeginn ausgepr¨agt empirisch, d.h. dass die Hohlr¨aume aufgefahren wurden und die St¨utzung ’je nach Bedarf’ erfolgte. Dabei spielten schon immer die pers¨onliche Erfahrung, die Intuition und das ’Gef¨uhl’ der Bergleute eine wichtige Rolle. Die starke Variabilit¨at der – ohnehin schwer erfassbaren – Gesteinseigenschaften und die beim Berg- und Tunnelbau traditionsgebundene Berufseinstellung waren f¨ur eine rationale Analyse der mechanischen Wechselwirkung zwischen Gebirge und Ausbau nicht gerade f¨orderlich, sodass bis heute intuitive Erkl¨arungen der relevanten Vorg¨ange im Umlauf sind. Die verwendeten Fachbegriffe sind nicht immer einheitlich. In diesem Lehrbuch wird eine einfache und m¨oglichst rationale, d.h. nachvollziehbare Einf¨uhrung in den Tunnelbau unternommen.
23.3 Bezeichnungen im Tunnelbau
Kalotte
Firste
Firststollen Kämpferstollen
Kern
Strosse Ulme Ulme Seitenstollen
Sohle
Sohlstollen
Abb. 23.1 Bereiche des Umfangs und des Querschnitts
Die Bereiche eines Tunnels werden wie folgt unterteilt (Abb. 23.1, 23.3): Umfang: Firste (oder First, crown), Ulmen (sides) und Sohle (invert) Querschnitt: Kalotte (calotte), Strosse oder Kern (bench, core), Ulmen, Sohle. Mit ’Stationierung’ (chainage) wird die Position in Tunnell¨angsrichtung bezeichnet. Es haben sich folgende Bezeichnungen f¨ur unterirdische Hohlraumbauten eingeb¨urgert: Stollen: kleinere Querschnitte bis ca. 30 m2 ; Schr¨agstollen sind bis 45◦ geneigt Tunnel: Querschnitte bis ca. 300 m2
23.4 Vortrieb
447 Hinterfüllung Abdichtung
Anker
Firstgewölbe Kämpferfuge Endgültige Sicherung
Widerlager
Vorübergehende Sicherung
Abdichtung Sohlgewölbe Dränage
Sohle
Abb. 23.2 Konstruktionsteile eines Tunnels Abschlag−unge− vorübergehend sichert gesichert tiefe Firste
endgültig gesichert
Voreinschnitt
Überlagerung
Ortsbrust Haufwerk
Portal
Sohle
(Mundloch)
Ansteckpunkt
Abb. 23.3 Bereiche beim Tunnelvortrieb
Kavernen: große Hohlr¨aume bis 35 m Breite Sch¨achte: lotrechte Sch¨achte, Schr¨agsch¨achte mit 45◦ bis 90◦ Neigung.
23.4 Vortrieb Der Vortrieb umfasst das L¨osen und Entfernen (’Schuttern’) des Gesteins und die St¨utzung (’Sicherung’) des Hohlraums. Das L¨osen des Gesteins erfolgt mit Baggern, H¨ammern und sonstigen sog. Teilschnittmaschinen sowie mit Schneidr¨adern, die mit diversen Sch¨urfger¨aten bzw. Meißeln best¨uckt sind, oder mit Sprengen. Das Schuttern erfolgt mit LKW (hoher Frischluftbedarf, gute Fahrbahn erforderlich), im Gleisbetrieb (Traktion elektrisch mit Akkumulatoren oder dieselbetrieben), im F¨orderband oder hydraulisch. Die Sicherung erfolgt mit Spritzbeton und eventuell auch mit Ankern und Ausbaub¨ogen (Walzprofile bzw. Gittertr¨ager, Abb. 23.4).
448
23 Tunnelbau
Abb. 23.4 Anbringen von Gittertr¨agern, Z¨urich-Thalwil-Tunnel2
Meist wird zus¨atzlich zu der a¨ ußeren Schale aus Spritzbeton sp¨ater auch eine Innenschale aus Ortbeton hergestellt (Abb. 23.2). Eine alternative Sicherungsmethode besteht darin, einen zylinderf¨ormigen Stahlschutz, den sog. Schild, unmittelbar hinter der Ortsbrust zu f¨uhren, in dessen Schutz vorgefertigte Ausbausegmente (’T¨ubbinge’) installiert werden. Immer o¨ fter werden sog. Tunnelbohrmaschinen (TBM, das sind Schneidr¨ader, die sich gegen die Tunnelwand oder den bereits installierten T¨ubbingring abst¨utzen und das Gestein an der Ortsbrust abfr¨asen) eingesetzt. Daher unterscheidet man zwischen maschinellem (oder TBM) und konventionellem Vortrieb. Erfolgt beim Letzteren der Ausbruch durch Sprengen, so spricht man auch vom Sprengvortrieb (drill and blast). Erfolgt beim konventionellen Vortrieb die Sicherung mit Spritzbeton (und evtl. auch Ankern und Ausbaub¨ogen), so spricht man von der Spritzbetonbauweise oder der ¨ ¨ (NATM, New Austrian Tunsog. Neuen Osterreichischen Tunnelbauweise bzw. NOT nelling Method).3 Tunnel werden schrittweise aufgefahren. Das dem konventionellen Vortrieb zugrunde liegende Prinzip ist, dass kleine Hohlr¨aume eher stehenbleiben als große – zumindest so lange, bis sie gest¨utzt werden. Die Schritte in L¨angsrichtung heißen Abschl¨age, ihre L¨ange (in der Gr¨oßenordnung von 1 m) wird jeweils der Festigkeit des Gesteins angepasst. Auch in Querrichtung erfolgt bei Bedarf eine Unterteilung des 2 3
Tunnelling Switzerland, Swiss Tunnelling Society, Bertelsmann 2001. Die Bezeichnung o¨ sterreichisch“ wird vielfach abgelehnt, die hiermit verkn¨upfte Dis” kussion ist jedoch im ingenieurwissenschaftlichen Sinn entbehrlich und d¨urfte i.W. aus Marketing-Interessen von Gegnern und Bef¨urwortern gef¨uhrt werden. Tatsache ist, dass ¨ o¨ sterreichische Ingenieure (i.W. VON R ABCEVICZ, PACHER und M ULLER -S ALZBURG) durch Pionieranwendungen wesentlich zur Verbreitung dieser Bauweise beigetragen ha¨ bzw. NATM bezeichnet wird. ben, die jetzt weltweit als NOT
23.4 Vortrieb
449
Ausbruchs. Je nach Festigkeit des Gesteins wird entweder Vollausbruch oder Teilausbruch vorgenommen. Bei Letzterem werden einzelne Teile des Querschnitts konsekutiv aufgefahren und gest¨utzt. Die daf¨ur entwickelten Schemata heißen Bauweisen. Im fr¨uhen Tunnelbau gab es die franz¨osische, deutsche, belgische usw. Bauweise. Heute gibt es nur noch folgende Bauweisen, in Reihenfolge ihrer Aufwendigkeit: • Vollausbruch • Kalottenvortrieb: Es wird zuerst die Kalotte, dann die Strosse und dann die Sohle aufgefahren (Abb. 23.5). • Ulmenstollenvortrieb (sidewall drift): Es werden zun¨achst entweder eine oder beide Ulmen (sog. Ulmenstollen, side galleries, Abb. 23.6), dann die Kalotte und dann der Kern aufgefahren.
Abb. 23.5 Kalottenvortrieb
W¨ahrend des Vortriebs muss die Bel¨uftung (’Bewetterung’) daf¨ur sorgen, dass Mensch und Verbrennungsmotoren (es sind nur saubere Dieselmotoren zugelassen) mit Sauerstoff versorgt werden und Luftverunreinigungen (Abgase, Staub, evtl. Ausgasungen aus dem Gestein und Kontaminationen, Sprengschwaden) abgef¨uhrt werden. Die Bewetterung erfolgt entweder dr¨uckend oder saugend u¨ ber dicke Schl¨auche (’Lutten’).5 23.4.1 Sprengvortrieb Zun¨achst werden die Sprengl¨ocher gebohrt. Ihre Verteilung auf der Ortsbrust und ihre Lage im L¨angsschnitt (’Paralleleinbruch’ oder ’Keileinbruch’) werden in Abb. 4 5
Tunnel 9/2 (2000) 19. Straßentunnel m¨ussen auch w¨ahrend ihres Betriebs bel¨uftet werden. Dies erfolgt bei kurzen Tunneln als ’nat¨urliche’ Bel¨uftung durch die Portale, sonst durch Strahlventilatoren oder durch separate Leitungen (sie nehmen einen großen Teil des Tunnelquerschnitts ein), die quer zur Tunnelrichtung Frischluft einblasen und/oder Abluft absaugen. Maßgebend f¨ur die Dimensionierung der Bel¨uftung ist das Absaugen des Rauchs im Brandfall.
450
23 Tunnelbau
Abb. 23.6 Ulmenstollenvortrieb, Niedernhausen Tunnel4
23.7 gezeigt. Anschließend werden sie beladen, besetzt und gez¨undet. Die Sprengladungen liegen als Patronen oder als zwei nichtexplosive Fluide vor, die unmittelbar vor dem Beladen miteinander vermischt und ins Bohrloch eingef¨ullt werden.
Abb. 23.7 Keileinbruch (links), Verteilung der Sprengl¨ocher (rechts)
Sprengstoffe sind Gemische von einer brennbaren Substanz und einem Sauerstofflieferanten. Bei der Sprengung reagieren beide Substanzen miteinander, es handelt sich um eine exotherme Reaktion (Verbrennung). Da der Sauerstoff nicht von außen zugef¨uhrt werden muss, erfolgt diese Reaktion sehr schnell.6 Das Produkt dieser Reaktion ist ein (gesundheitssch¨adliches!) Gasgemisch, die (oder der) sog. Schwaden. Bei normalem Atmosph¨arendruck nehmen die Schwaden ein viel gr¨oßeres (bis zu 6
Eine sog. Detonationsfront durcheilt den Sprengstoff mit bis zu 8 km/s und hinterl¨asst die Schwaden.
23.4 Vortrieb
451
ca. 1000 Mal) Volumen ein als das Volumen des Sprengstoffs, in welchem sie sich urspr¨unglich befinden, daher u¨ ben sie zun¨achst einen sehr großen Druck auf ihre Umgebung aus. Damit dieser Druck aufgebaut werden kann, sollten die Sprengladungen von u¨ berall her eingefasst werden, daher werden die Bohrl¨ocher verstopft (’besetzt’). Beim Besatz kommt es nur auf die Masse (Tr¨agheit) und nicht auf die Festigkeit an. Heutige Sprengstoffe sind sicher in der Handhabung, d.h. unempfindlich gegen St¨oße und W¨arme. Sie k¨onnen nur durch sog. Z¨under detonieren. Diese sind kleinere, empfindlichere Sprengstoffe, die z.B. u¨ ber eine elektrische Gl¨uhbr¨ucke explodieren. Alternativ k¨onnen die Sprengladungen u¨ ber eine Z¨undschnur zur Explosion kommen, in welcher die Detonation durch einen elektrischen Z¨under ausgel¨ost wird. Der Druck in den Schwaden l¨ost eine Druckwelle im Gestein aus. Die Gesteinszerst¨orung erfolgt dadurch, dass die Druckwelle an einem freien Rand als Zugwelle wieder nach innen reflektiert wird. Es spielt dabei eine Rolle, dass Fels eine niedrige Zugfestigkeit hat. Deshalb muss immer gegen einen freien Rand gesprengt werden. Dies ist beim Keileinbruch leicht einzusehen. Beim Paralleleinbruch wird der freie Rand f¨ur die Innenladungen (’Herz’) dadurch hergestellt, dass einige Bohrl¨ocher leer bleiben. Die einzelnen Ladungen werden konsekutiv (mit Verz¨ogerungen von Millisekunden) von innen nach außen gez¨undet, sodass das Gestein von innen nach außen ’gesch¨alt’ wird. Am Tunnelrand (’Kranz’) sind die Sprengladungen kleiner, daf¨ur aber enger aneinander angeordnet. Dadurch wird ein ’gebirgsschonendes’ Sprengen erreicht, welches das angestrebte Profil m¨oglichst exakt einh¨alt und das u¨ brige Gebirge m¨oglichst wenig beeintr¨achtigt. Nach der Sprengung m¨ussen zun¨achst die Schwaden durch Bel¨uftung entfernt werden. Anschließend wird geschuttert und gesichert. Der Bedarf an Sprengstoff schwankt zwischen 0,3 und 4,5 kg/m3 , je nach Gestein und Gr¨oße des Querschnitts. 23.4.2 Schildvortrieb Der Arbeitsbereich an der Ortsbrust wird durch ein Stahlrohr, den Schild (shield), gesch¨utzt (Abb. 23.8), der dem Vortrieb folgt. Im r¨uckw¨artigen Bereich (’Schildschwanz’) erfolgt der Einbau der T¨ubbinge, das sind Ausbausegmente, meist aus Stahlbeton (Abb. 23.9, 23.10). Bewegt wird der Schild durch Hydraulik-Zylinder, die sich gegen den T¨ubbingring abst¨utzen. Der Schild hinterl¨asst einen Ringspalt zwischen Gestein und T¨ubbingring. Dieser wird mit M¨ortel verpresst, um Oberfl¨achensetzungen zu vermeiden und einen kraftschl¨ussigen Verbund zwischen T¨ubbingring und Gestein herzustellen. Die Ortsbrust selbst wird durch den Schildmantel nicht gest¨utzt, es m¨ussen daher Vorkehrungen zu ihrer St¨utzung getroffen werden, z.B. mit B¨uhnen oder mit Brustplatten (Abb. 23.11). 8 9 10 11 12
Metro Madrid. Les Vignes-Tunnel, Herrenknecht. Wayss & Freytag. ´ & F. D ESCOEUDRES (eds.), Tunnelling Switzerland, Swiss Tunnelling Society K. KOV ARI 2001, ISBN 3-9803390-6-8. Herrenknecht.
452
23 Tunnelbau
Ringspalt 1
2
3 Schildschwanz
Abb. 23.8 Phasen beim Schildvortrieb
Abb. 23.9 Anordnung von T¨ubbingen; links: perspektivisch, rechts: abgewickelt
Abb. 23.10 T¨ubbingausbau8 ; zur Erh¨ohung der Mobilit¨at werden Holzpl¨attchen zwischen den T¨ubbingen gelegt.
Der Gesteinsabbau an der Ortsbrust kann mit einem Bagger oder mit einem Schneidrad oder mit einer Teilschnittmaschine erfolgen (Abb. 23.12). Bei Vortrieb unterhalb des Grundwasserspiegels kann der vordere Bereich des Schilds durch eine Schottwand abgetrennt und unter Druck gesetzt werden. Dadurch wird die
23.4 Vortrieb
453
Abb. 23.11 B¨uhnenschild9 ; Schild mit Brustplatten10
Abb. 23.12 Schildvortrieb11 ; Messerschild und Teilschnittmaschine12
Ortsbrust gest¨utzt, und es wird vermieden, dass Wasser und Boden einbrechen. Als Druckmedien dienen Luft, Bentonit-Suspension (slurry, Abb. 23.13) oder Ausbruchmaterial, das zu einem Brei (evtl. mit Zusatzstoffen) vermischt wird (’Erdbreischild’, earth pressure balance shield, EPB-shield, Abb. 23.14). Das Gestein wird mit einem Schneidrad gel¨ost und aus dem Arbeitsbereich entweder hydraulisch (mit Bentonit vermischt) oder u¨ ber einen Schneckenf¨orderer entfernt. ¨ Ahnlich zum Schildvortrieb ist der Rohrvortrieb14 , bei welchem vorgefertigte Ausbauringe von einem Startschacht aus eingepresst werden (Abb. 23.15 und 23.16). Hierbei muss die gesamte Mantelreibung u¨ berwunden werden. Bei großen L¨angen werden Pressen auch in Zwischenstationen verlegt. Der Kontakt zwischen den ein13 14
Herrenknecht Microtunneling. ¨ H. S CHAD, T. B R AUTIGAM , St. B RAMM, Rohrvortrieb, Ernst & Sohn 2003.
454
23 Tunnelbau
Schneidrad Tauchwand
Luftpolster Druckschott
Bentonitsusp. Bentonitsusp. + Ausbruchmaterial slurry (Bentonitsusp.)
Abb. 23.13 Slurry-Schild. Das Luftpolster erm¨oglicht die Einhaltung eines konstanten Drucks in der Bentonitsuspension.
Schneidrad
Schneckenf¨ orderer Erdbrei
Abb. 23.14 Erdbrei (EPB)-Schild
23.4 Vortrieb
455
Abb. 23.15 Rohrverpressung
Abb. 23.16 Rohrverpressung mit hydraulischem Abtransport des Ausbruchmaterials13
zelnen Ringen ist so konstruiert, dass er leichte Kurvenfahrten erlaubt, ohne dass Wasser in den Tunnel eindringen kann. 23.4.3 TBM-Vortrieb Tunnelbohrmaschinen sind im Prinzip Schneidr¨ader, die das Gestein absch¨urfen oder u¨ ber Rollenmeißel zerkleinern. Ist das Gestein hinreichend fest, so k¨onnen sie u¨ ber seitlich ausfahrbare Pratzen (gripper) dagegen verspannt werden, um die axiale Andruckkraft und das erforderliche Torsionsmoment aufzubringen (Abb. 23.17). Bei
456
23 Tunnelbau
Abb. 23.17 Greifer TBM (Firma Herrenknecht); 1 Schild, 2 T¨ubbinge, 3 Errektor, 4 Ankerbohrger¨at, 5 Schutzdach, 6 Schutzgitter, 7 Greifer
weniger standfestem Gestein arbeiten sie im Schutze eines Schildes.15 Man spricht dann von einer geschlossenen TBM im Gegensatz zu der vorerw¨ahnten ’offenen’ TBM. Die Rollenmeißel werden gegen das Gestein gepresst (mit bis zu 25 t), das dadurch in kleine Splitter (’Chips’) gebrochen wird. Sie unterliegen einem starken Verschleiß und m¨ussen oft ausgewechselt werden (Abb. 23.18). Ihre Lager sind auf eine hohe Andruckkraft ausgelegt. Nimmt diese ab (etwa infolge weicheren Gesteins), so erh¨oht sich die Rollreibung, und die Rollenmeißel werden gegen das Gestein gesch¨urft mit dem Ergebnis, dass sie noch schneller verschleißen. Das Auswechseln der Rollenmeißel und die damit verkn¨upfte Stillstandzeit sind ein wichtiger Kostenfaktor beim Vortrieb. Eine alternative Arbeitsweise der Rollenmeißel ist das sog. Hinterschneiden, bei welchem der Fels herausgesch¨alt wird (Abb. 23.19, 23.20). Man versucht, die Verschleißbarkeit der Rollenmeißel (und anderer Bohrwerkzeuge) mit diversen empirischen ’Abrasivit¨atsversuchen’ zu erfassen und vorauszusagen. Ein wichtiger Faktor f¨ur den Verschleiß ist der Quarzgehalt des Gesteins. Auch das Verkleben von weichem Ton an das Schneidrad wirft Probleme auf.
15 16
17
Deshalb werden im Sprachgebrauch die Begriffe ’Schild’ und ’TBM’ oft miteinander verwechselt. L. BAUMANN, U. Z ISCHINSKY, Neue L¨ose- und Ausbautechniken zur maschinellen Fer” tigung“von Tunneln in druckhaftem Fels. In: Innovationen im unterirdischen Bauen, STUVA Tagung 1993, S. 64–69. ¨ S. M AUERHOFER, M. G L ATTLI , J. B OLLIGER, O. S CHNELLI, Uetliberg Tunnel: Stage reached by Work and Findings with the Enlargement Tunnel Boring Machine TBE, Tunnel 23/4 (2004) 56–66.
23.5 Bergwasser
457
Abb. 23.18 Rollenmeißel f¨ur den L¨otschberg Basistunnel; links: verschlissene Rollenmeißel
2x
x b h
1 bis 1 2 3
h b
Abb. 23.19 Felszerkleinerung; links: u¨ bliche Technik, rechts: Hinterschneiden16
23.5 Bergwasser Im Berg- und Tunnelbau wird das Grundwasser auch Bergwasser genannt. Beim Vortrieb unterhalb des Grundwasserspiegels kann das Grundwasser durch Druckluft oder Suspensionsdruck gehalten werden. Ist das Gestein zu durchl¨assig, so versucht
458
23 Tunnelbau
Abb. 23.20 Hinterschneiden am Uetliberg Tunnel17
man es durch vorauseilende Injektionen weitestgehend abzudichten, wobei Injektionen gegen fließendes Wasser schwierig sind und auf Abbindebeschleuniger oder schnell abbindende Harze angewiesen sind. Problematisch ist das Antreffen von wasserf¨uhrenden Kl¨uften oder Karsthohlr¨aumen. Damit das allf¨allig anfallende Bergwasser von allein abfließt, strebt man einen steigenden Vortrieb an. Bei gr¨oßeren Wassereinbr¨uchen wartet man das Entleeren der wasserf¨uhrenden Kl¨ufte ab oder dichtet sie durch Injektionen ab, bzw. der Wasserdruck wird durch Entspannungsbohrungen abgebaut. Vorsicht ist beim Bohren gegen dr¨uckendes Wasser geboten. Man sollte spezielle Ventile (’Preventer’) verwenden, welche Wassereinbr¨uche durch das Bohrloch verhindern. Wird unter Wasserdruck stehendes Lockergestein angebohrt, so kann das Boden-Wasser-Gemisch in k¨urzester Zeit in den Tunnel einfließen und den Vortrieb blockieren (sog. Fließsand, Schwemmsand). Bei Tunneln unterhalb des Grundwasserspiegels stellt sich die Frage, ob man sie dr¨anieren oder abdichten soll. Beide L¨osungen haben Vor- und Nachteile: Abdichten: Auf den Ausbau wirkt der volle hydrostatische Druck, daf¨ur wird das Grundwasser nicht beeintr¨achtigt. Dr¨anieren: Die Absenkung des Grundwasserspiegels kann Setzungen hervorrufen und Quellen beeinflussen. Die Dr¨anageleitungen k¨onnen versintern, ihre S¨auberung ist aufwendig. Auf den Ausbau wirkt nicht der volle Wasserdruck, aber auf das Gestein wirkt die Str¨omumgskraft. Die Abdichtung wird mit WU-Beton18 bzw. mit Folien erreicht, die zwischen der a¨ ußeren und der inneren Schale verlegt werden. Die Dr¨anage wird dadurch erreicht, dass man die Außenschale durchbohrt und das einfließende Wasser zwischen der 18
Wasserundurchl¨assiger Beton.
23.6 Sicherung
459
Außen- und der Innenschale entlang von Geokunststoffen mit L¨angsdurchl¨assigkeit zu den in Tunnell¨angsrichtung verlegten Dr¨anageleitungen leitet.
23.6 Sicherung Bei der Herstellung von unterirdischen Hohlr¨aumen a¨ ndert sich der Spannungszustand im Gestein. Beim urspr¨unglichen (’prim¨aren’) Spannungszustand wachsen die Spannungen linear mit der Tiefe an. Durch die Tunnelherstellung a¨ ndert sich diese Spannungsverteilung dahingehend, dass die Spannungen unterlinear mit der Tiefe ¨ anwachsen, das Gewicht der Uberlagerung wird zu einem großen Teil seitlich um den Tunnel herum geleitet. Je nach Festigkeit des Gesteins muss aber die dann noch verbleibende Vertikalspannung durch eine Konstruktion getragen werden. Daf¨ur wird eine Schale, der sog. Ausbau, herangezogen. Der Ausbau wird meist in zwei Stadien hergestellt. Unmittelbar nach dem Auffahren des Tunnels wird eine Schale aus Spritzbeton aufgetragen (sog. Außenschale), die eventuell mit Ankern und Ausbaub¨ogen verst¨arkt wird. Sp¨ater wird meist auch eine Innenschale aus Ortbeton hergestellt. Es wird davon ausgegangen, dass die Außenschale mit der Zeit verrottet, sodass sp¨ater die gesamte Last von der Innenschale getragen werden muss. Es gibt aber auch Ans¨atze, die Außenschale als permanent mitwirkend anzusetzen. Wie bei allen Boden-Bauwerk-Wechselwirkungsproblemen (und im Gegensatz zum Hochbau) muss man ber¨ucksichtigen, dass die Lasten (d.h. der Gebirgsdruck) nicht vorgegeben sind, sondern stark von der Festigkeit des Gesteins und der Nachgiebigkeit ¨ des Ausbaus abh¨angen. Dies hat Ahnlichkeit mit dem verwandten Problem des Erddrucks und wird im nachfolgenden Abschnitt mechanisch erl¨autert. Es muss aber hinzugef¨ugt werden, dass die rechnerische Bestimmung des auf die Tunnelschale wirkenden Gebirgsdrucks nur ansatzweise gelingt. Abgesehen von den oft schwer zu erfassenden mechanischen Eigenschaften des Gesteins ist die Tunnelherstellung ein dreidimensionaler Vorgang, der schwer zu erfassen ist. Man muss doch bedenken, dass die Spritzbetonschale (deren Festigkeit mit der Zeit w¨achst) nicht am ungest¨orten Gestein, sondern im Bereich der Ortsbrust auf das Gestein aufgetragen wird, das bereits durch den Vortrieb eine kaum erfassbare Deformation (’Vorentlastung’) erfahren hat. Bei den Ankern im Tunnelbau handelt es sich nach der bodenmechanischen Definition meist um N¨agel, d.h. um Bewehrungseinlagen, die u¨ ber ihre gesamte L¨ange Haftverbund mit dem umliegenden Gestein haben und nicht vorgespannt werden. Sie werden ad hoc (d.h. zur Sicherung einzelner Felsbl¨ocke) oder als sog. Systemankerung, d.h. im definierten Raster und in vorgegebener St¨arke und L¨ange gesetzt. Genauso wenig wie f¨ur die Spritzbetonschale gibt es f¨ur sie ein rationales Berechnungsschema, ihre Anwendung erfolgt empirisch.19 Bei wenig tragf¨ahigem Gestein wird eine sog. vorauseilende Sicherung (forepoling, Abb. 23.21) vorgenommen. Dazu werden in den Bereich hinter der Ortsbrust Spieße 19
Bei vielen g¨angigen Berechnungen wird nach dem Bettungsmodulverfahren vorgegangen. Die vorgenommenen Berechnungen sollten aber nicht dar¨uber hinwegt¨auschen, dass weder der Bettungsmodul noch der Gebirgsdruck bekannt sind.
460
23 Tunnelbau
Abb. 23.21 Vorauseilende Sicherung, schematisch
oder Rohre eingetrieben, die eine Art Ausbau f¨ur den anschließenden Ausbruch darstellen. Alternativ dazu kann der Bereich hinter der Ortsbrust mit Injektionen oder durch Gefrieren verfestigt werden.
23.7 Tunnelstatik Der Spanungsverlauf um einen Tunnel l¨asst sich (bei ebenen Problemen) mithilfe der Hauptspannungstrajektorien darstellen. Das sind zwei orthogonal zueinander stehende Kurvenscharen, die u¨ berall die Richtung der Hauptspannungen haben. Bei horizontaler Gel¨andeoberfl¨ache und homogenem (d. h. gleichm¨aßigem) Gestein verlaufen die Hauptspannungstrajektorien vor der Tunnelherstellung (im sog. unverritzten Gebirge bzw. im sog. Prim¨arspannungszustand) vertikal bzw. horizontal. Wie sich die Hauptspannungstrajektorien durch die Tunnelherstellung ver¨andern, l¨asst sich am besten entlang der Symmetrieachse beobachten. Nach Gleichung (23.22) z h¨angt der Spannungsgradient dσ dz auch von der Hauptspannungsdifferenz σx − σz sowie von der Gr¨oße und dem Vorzeichen des Kr¨ummungsradius r der horizontalen Trajektorien ab. Somit ergibt sich folgendes Bild nach der Tunnelherstellung (s. Abb. 23.22 rechts): Die Vertikalspannung σz w¨achst unterlinear mit der Tiefe z an, w¨ahrend die (kleinere) Horizontalspannung σx u¨ berlinear mit der Tiefe anw¨achst. So kommt es an irgendeiner Tiefe zur Gleichheit σx = σz (sog. hydrostatischer Punkt). Darunter gilt σx > σz .20 F¨ur tiefliegende Tunnel
(große Prim¨arspannungen) wird die geostatische Variation z der Prim¨arspannung dσ dz = γ mit der Tiefe in der Umgebung des Tunnels vernachl¨assigt, d.h. es wird eine o¨ rtlich konstante Prim¨arspannung angenommen. ¨ tiefliegende Tunnel 23.7.1 L¨osungen fur Bei horizontaler Gel¨andeoberfl¨ache ist σzz = γz, σxx = σyy = Kσzz , wo z die nach unten zunehmende kartesische Koordinate, γ das Raumgewicht vom Gestein 20 22
Druckspannugen werden hier als positiv betrachtet. P. TANSENG,, Implementations of Hypoplasticity for Fast Lagrangian Simulations, Advances in Geotechnical Engineering and Tunnelling, Vol. 10, Logos, Berlin 2005.
23.7 Tunnelstatik
461
σx= K σz h
σz
σz= γ z
σz σx
Hydrostatische Spannung
σx
p
p
Hydrostatische Spannung
Abb. 23.22 Spannungsverteilungen u¨ ber der Firste und zugeh¨orige Hauptspannungstrajektorien f¨ur verschiedene Werte des Ausbauwiderstands p. Am ’hydrostatischen Punkt’ verschwindet der Kr¨ummungsradius der Trajektorien.
und K der Erdruhedruckkoeffizient ist. F¨ur unvorbelastete koh¨asionslose B¨oden ist K = K0 = 1 − sin ϕ. Wir betrachten zun¨achst einen unausgebauten Tunnel mit Kreisquerschnitt. Die L¨osung des Problems nach der Elastizit¨atstheorie ist extrem kompliziert.23 Daher wird hier vereinfachend die Vertikalspannung als konstant (σzz = γH, H= Tiefe des Mittelpunktes des Tunnelquerschnitts) angenommen. Hierf¨ur existiert die elastische L¨osung (Problem der gelochten Scheibe) nach K IRSCH. In Zylinderkoordinaten lautet sie:24
23 24
R.D. M INDLIN, Stress distribution around a tunnel, ASCE Proceedings, April 1939, S. 619–649. F¨ur den allgemeineren Fall, dass die Tunnelachse mit keiner der Hauptachsen der Prim¨arspannung zusammenf¨allt, siehe die elastische L¨osung von F.H. C ORNET, Stress in Rock and Rock Masses. In: Comprehensive Rock Engineering, J.A. H UDSON (Editor), Volume 3, Pergamon Press 1993, S. 309.
462
23 Tunnelbau σh (kN/m 2 )
σz (kN/m 2 )
Hypoplasticity Mohr−Coulomb
Hypoplasticity Mohr−Coulomb
Abb. 23.23 Verteilung der Vertikal- und Horizontalspannung entlang der vertikalen Symmetrieachse. Tunnel mit Kreisquerschnitt (r = 1.0 m); numerisch ermittelt mit zwei verschiedenen Stoffgesetzen.22
1−K 1+K r2 r4 r2 + γH , 1 − 02 1 + 3 04 − 4 02 cos 2ϑ 2 r 2 r r 1+K 1−K r2 r4 1 + 02 1 + 3 04 cos 2ϑ = γH − γH , (23.1) 2 r 2 r r4 1−K r2 1 − 3 04 + 2 02 sin 2ϑ . = −γH 2 r r
σrr = γH σϑϑ σrϑ
Wie erwartet, liefert sie entlang der Tunnelkontur, d.h. f¨ur r = r0 , verschwindende Normal- und Schubspannungen, und f¨ur r → ∞ ergibt sich die prim¨are Spannungsverteilung σzz = γH, σxx = KγH, σxz = 0.
(23.2) (23.3) (23.4)
Die K IRSCH-L¨osung gilt f¨ur eine freie Tunnelkontur (kein Ausbau). Der Fall eines auf der Tunnelkontur konstanten Druckes p (’Ausbauwiderstand’ bzw. ’Gebirgsdruck’) kann f¨ur hydrostatische Prim¨arspannung (K=1) ber¨ucksichtigt wer-
23.7 Tunnelstatik
463
(approximativ)
Abb. 23.24 Verteilung der prim¨aren Vertikalspannung in der Umgebung eines Tunnels. Die Approximation ist umso zutreffender, je tiefer der Tunnel liegt.
den. Dies erfolgt unter Heranziehung der elastischen L¨osung von L AM E´ f¨ur das sog. dickwandige Rohr. L¨asst man den Außenradius des Rohrs gegen unendlich gehen, so erh¨alt man die L¨osung: r2 r2 r2 σr = σ∞ 1 − 02 + p 02 = σ∞ − (σ∞ − p) 02 , r r r 2 2 r r r2 (23.5) σϑ = σ∞ 1 + 02 − p 02 = σ∞ + (σ∞ − p) 02 , r r r σrϑ = 0 . Durch Einwirkung des Druckes p verschiebt sich die Tunnelwand um den Betrag u|r0 , welcher aus der L AM E´ -L¨osung berechnet werden kann: σ∞ p 1− . (23.6) u|r0 = r0 2G σ∞ Abb. 23.25 zeigt die graphische Darstellung der Funktion (23.6). Wenn p kleiner
Abb. 23.25 Beziehung zwischen p und u|r0 f¨ur linear-elastischen Untergrund
als die im Fernfeld herrschende Prim¨arspannung σ∞ ist, dann erh¨alt man aus Glei-
464
23 Tunnelbau
chung (23.5) eine mit r zunehmende Radialspannung σr und eine mit r abnehmende Tangentialspannung σϑ (Abb. 23.26).
Abb. 23.26 Spannungsfeld im linear-elastischen Untergrund
Gem¨aß Gleichung (23.5) nimmt die Hauptspannungsdifferenz r02 r2 mit abnehmendem p zu. Bei realen Stoffen kann aber die Hauptspannungsdifferenz (d.h. die Schubspannung) nicht beliebig anwachsen. Dies wird f¨ur Gestein durch Zugrundelegung eines linear-elastisch idealplastischen Verhaltens ber¨ucksichtigt: Erreicht der Spannungszustand im Gestein die Grenzbedingung nach M OHR -C OU LOMB , σϑ − σr = 2(σ∞ − p)
σϑ − σr = (σϑ + σr ) sin ϕ + 2c cos ϕ ,
(23.7)
so setzt plastisches Fließen ein. Man erh¨alt aus Gleichung (23.7): cos ϕ = Kp · σr + C . σϑ = Kp · σr + 2c 1 − sin ϕ Einsetzen in die Gleichgewichtsbedingung dσr σ r − σϑ + =0 dr r liefert:
dσr σr (1 − Kp ) C + = dr r r
(23.8)
.
Kp −1 r − c cot ϕ , r0 Kp −1 r σϑ = Kp (p + c cot ϕ) − c cot ϕ r0
(23.9)
σr = (p + c cot ϕ)
(23.10)
23.7 Tunnelstatik
465
plastifizierte Zone
Abb. 23.27 Verteilungen von σr und σϑ in der plastifizierten und der elastischen Zone. Man beachte, dass σϑ stetig bei r = re ist und daher σr (r) glatt bei r = re verl¨auft (aufgrund von Gleichung (23.8))
F¨ur r = re m¨ussen die Spannungen σr = σe und σϑ = 2σ∞ − σe aus der elastischen L¨osung auch die Grenzbedingung erf¨ullen, somit ist: σe = σ∞ (1 − sin ϕ) − c cos ϕ
.
(23.11)
An der Grenze r = re m¨ussen die Radialspannungen der elastischen und der plastischen L¨osung u¨ bereinstimmen: Kp −1 re (p + c cot ϕ) − c cot ϕ = σ∞ (1 − sin ϕ) − c cos ϕ . r0 Somit erh¨alt man den Radius re der plastischen Zone zu: 1 σ∞ (1 − sin ϕ) − c(cos ϕ − cot ϕ) Kp −1 . re = r0 p + c cot ϕ
(23.12)
σϑ (r) ist bei r = re stetig, somit ist σr (r) dort glatt. Die berechnete Spannungsverteilung ist in Abb. 23.27 zeichnerisch dargestellt. Es soll jetzt die Beziehung zwischen p und u|r0 (sog. Konvergenz) f¨ur ein plastifiziertes Gebirge hergeleitet werden, d.h. f¨ur den Fall, dass im Bereich r0 ≤ r < re idealplastisches Fließen stattfindet. Letzteres bedeutet ein Anwachsen der Verformung bei konstanter Spannung. Das plastische Fließen wird durch die sog. Fließregel angegeben. Diese ist f¨ur den hier betrachteten Fall von Axialsymmetrie eine Beziehung zwischen den Dehnungen εr und εϑ (εz verschwindet bei der hier betrachteten ebenen Verformung). Mit der Volumendehnung εv := εr + εϑ lautet die Fließregel in vereinfachter Form:25 25
Die in der Plastizit¨atstheorie u¨ bliche Aufteilung der Dehnungen in elastische und plastische Anteile wurde hier der Einfachheit halber vernachl¨assigt. Dadurch kann die Konvergenz untersch¨atzt werden. Auch werden hier keine großen Dehnungen ber¨ucksichtigt, was ¨ zur Ubersch¨ atzung der Konvergenz f¨uhren kann. Siehe A. V RAKAS, G. A NAGNOSTOU, A finite strain closed-form solution for the elastoplastic ground response curve in tunneling, Int. J. Numer. Anal. Methods Geomech. 38/11 (2014) 1131–1148.
466
23 Tunnelbau
εv = bεr
.
b ist eine Stoffkonstante, welche die Dilatanz (Auflockerung) des Materials beschreibt.26 b = 0 bedeutet Deformation bei konstantem Volumen (εv = 0). Wir schreiben die Komponenten der Dehnung mithilfe der Radialverschiebung u an: εr =
du dr
,
u r
εϑ =
und erhalten somit du u du + =b dr r dr
.
Daraus folgt: u=
C 1
.
r 1−b
Abb. 23.28 Links: Gebirgskennlinie bei Plastifizierung (nichtkoh¨asives Gestein), rechts: Gebirgskennlinie bei Plastifizierung (koh¨asives Gestein)
u|r0 = r0
2−b σ∞ (1 − sin ϕ) − c(cos ϕ − cot ϕ) (Kp −1)(1−b) p + c cot ϕ c σ∞ sin ϕ + × cos ϕ . 2G σ∞
(23.13)
Die hergeleiteten Gleichungen k¨onnen nicht ohne Weiteres f¨ur den Fall ϕ = 0 und c > 0 angeschrieben werden. Hierf¨ur erh¨alt man aus Gleichung (23.7) und (23.8) f¨ur den plastifizierten Bereich r0 < r ≤ re : σr = 2c ln rr0 + p σϑ = 26
σr + 2c
Der Winkel ψ: = arctan b kann als Dilatanzwinkel bezeichnet werden.
23.7 Tunnelstatik
467
sowie re = r0 exp σ∞ −c−p 2c σ e = σ∞ − c . Mit Gleichung (23.8) erhalten wir f¨ur p < p∗ = σ∞ − c: u|r0
2−b 1−b σ∞ − c − p c exp = r0 2G 2c
,
(23.14)
siehe Abb. 23.28. Die sog. Gebirgskennlinie, d.h. die Beziehung zwischen p und u|r0 , zeigt, dass der Gebirgsdruck von der Deformation des Gebirges und somit auch von der Steifigkeit des Ausbaus abh¨angt. Letztere kann mithilfe seines Elastizit¨atsmoduls E (z.B. von Spritzbeton) ausgedr¨uckt werden, welcher hier als zeitlich konstant angenommen wird. Die Spannung im Ausbau folgt aus der Kesselformel (Abb. 23.29) zu σa = pr0 /d und ist mit der entsprechenden Dehnung verkn¨upft: ε = σa /E. Der
Abb. 23.29 Kr¨afte, die auf dem und im Ausbau wirken
Umfang des Ausbaus wird um den Betrag ε2πr0 verk¨urzt, d.h. der Radius wird um den Betrag u = εr0 verk¨urzt. Hieraus folgt eine Beziehung zwischen u und p, die sog. Kennlinie des Ausbaus, die hier linear ist: p=
Ed u r02
oder u =
r02 p. Ed
Einfachheitshalber nehmen wir an, dass diese Beziehung bis zum Versagen des Ausbaus beim Druck p = pl gilt (Abb. 23.30). Diese Kennlinien legen die Wechselwirkung von Gebirge und Ausbau durch ihren gemeinsamen Schnittpunkt fest. Wir betrachten den Fall, dass die Ausbaukennlinie gegeben ist durch u(p) = u0 +
r02 p Ed
.
u0 ber¨ucksichtigt die Tatsache, dass wenn der Ausbau aufgebracht ist, das Gebirge bereits eine Konvergenz erlitten hat (denn der Ausbau kann ja nicht simultan mit dem Ausbruch erfolgen), siehe Abb. 23.31. Der Einfluss von u0 ist in Abb. 23.32
468
23 Tunnelbau
Abb. 23.30 Kennlinie des Ausbaus
gezeigt: F¨ur kleine u0 (Fall 1) kann der Ausbau den Gebirgsdruck nicht aufnehmen und versagt. F¨ur große u0 (Fall 2) wird der Gebirgsdruck durch Konvergenz so weit abgebaut, dass er vom Ausbau aufgenommen werden kann. Dies entspricht ¨ dem NOT-Konzept, dass Gebirgsdeformationen so weit zuzulassen sind, bis sich ein ’Tragring’ um den Tunnel gebildet hat. Der Einfluss der Steifigkeit des Ausbaus ist aus Abb. 23.32 ersichtlich: Ein steifer Ausbau (Fall 1) kann den Gebirgsdruck nicht aufnehmen und versagt, wohingegen ein nachgiebiger Ausbau (Fall 2) ausreichende Tragreserven hat.
Abb. 23.31 Fehlende St¨utzung an der Ortsbrust
23.7.2 Tragwirkung der Systemankerung Der Gebirgsdruck belastet den Ausbau, welcher aus der Spritzbetonschale und eventuell auch der Systemankerung besteht. Die Tragwirkung der Systemankerung ist dabei eigenartig, denn die Anker leiten den sie belastenden Gebirgsdruck u¨ ber die Ankerkopfplatte und das Stahlzugglied in das Gebirge zur¨uck. Mit der Schubspannung τ0 zwischen Gestein und Anker der L¨ange l und des Durchmessers d ergibt sich die Ankerkraft zu A = πdlτ0 , welche in das Gebirge zur¨uckgeleitet wird. Verschmiert man diese Kraft, d.h. ersetzt man sie durch eine Volumenkraft, so l¨asst sich Letztere zu πdr0 τ0 (23.15) abr
23.7 Tunnelstatik
469
Abb. 23.32 Einfluss von u0 (links), Einfluss der Steifigkeit des Ausbaus (rechts)
ausrechnen (siehe Abb. 23.33).27 Dabei ist r0 der Tunnelradius. F¨uhrt man diese zus¨atzliche Volumenkraft in die Gleichgewichtsbedingung (Gleichung (23.9)) ein, so sieht man, dass ihre Wirkung einer Verkleinerung der Koh¨asion von c auf c − pbolt mit πdr0 τ0 pbolt = (23.16) ab gleichkommt. Zwar wird der Gebirgsdruck durch die Verkleinerung der K¨oh¨asion erh¨oht, aber die Ankerplatten st¨utzen das Gebirge, und ihre Wirkung u¨ berwiegt (siehe Abb. 23.34).
Abb. 23.33 Anordnung von Ankern
¨ seichte Tunnel 23.7.3 Einige N¨aherungsl¨osungen fur ¨ Silos Die Gleichung von Janssen fur In Silos nimmt die Vertikalspannung unterlinear mit der Tiefe zu. Insofern sind Silos in gewissem Sinn Archetypen f¨ur Gew¨olbewirkung, und die f¨ur Silos aufgestellte 27
Herleitung siehe D. KOLYMBAS, Tunnelling and Tunnel Mechanics, Springer 2008, Anhang F.
470
23 Tunnelbau p
aufgenommen durch Spritzbetonschale
p bolt u r0
Abb. 23.34 Kennlinien von Gebirge und Ausbau, beeinflusst durch Systemankerung (idealisiert). Annahmen: starre Anker, starr-idealplastische Schub¨ubertragung zwischen Anker und Gestein, Verschiebung im Gestein wird durch die Anker nicht beeinflusst, sofortiger Einbau der Anker.
Theorie von JANSEN (1895)28 findet auch in der Tunnelstatik Anwendung. Wir betrachten einen schlanken Silo mit Kreisquerschnitt (Abb. 23.35). Auf eine Scheibe
Abb. 23.35 Zur Herleitung der Gleichung von JANSEN
mit dem Radius r und der Dicke dz wirkt das Eigengewicht πr2 γdz, die Resultierenden aus den Normalspannungen σπr2 und −(σ + dσ)πr2 , sowie die Resultierende aus der Schubspannung −τ 2πrdz infolge Mantelreibung τ . Letztere ist proportional zur Normalspannung σH , τ = μσH , und σH wird wiederum angenommen als proportional zur vertikalen Normalspannung σ, d.h. σH = K0 σ. σ wird als konstant u¨ ber den Siloquerschnitt angenommen. K0 ist der Erdruhedruck-Beiwert29 , und μ ist der Wandreibungskoeffizient. Gleichgewicht der vertikalen Kr¨afte f¨uhrt zur Differentialgleichung 28 29
H.A. JANSEN, Versuche u¨ ber Getreidedruck in Silozellen, Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 39/35 (1895) 1045–1049. Nach JAKY ist K0 ≈ 1 − sin ϕ f¨ur unvorbelastete koh¨asionslose B¨oden.
23.7 Tunnelstatik
471
dσ 2K0 μ =γ− σ dz r
.
!
Mit der Randbedingung σ(z = 0) = 0 hat sie die L¨osung σ(z) =
γr (1 − e−2K0 μz/r ) 2K0 μ
.
(23.17)
Somit kann die Vertikalspannung nicht u¨ ber den Wert γr/(2K0 μ) anwachsen. Gleichung (23.17) gilt auch f¨ur beliebige Querschnittsformen, wenn man r aus der Gleichung A r = U 2 bestimmt, wobei A die Querschnittsfl¨ache und U der Umfang des Querschnitts ist. Ber¨ucksichtigt man auch die Adh¨asion ca zwischen Silowand und Boden, so wird Gleichung (23.17) modifiziert zu: σ(z) =
(γ − 2ca /r)r (1 − e−2K0 μz/r ) 2K0 μ
.
(23.18)
Wirkt auf der Bodenoberfl¨ache die Auflast σ(z = 0) = q, so hat man σ(z) =
(γ − 2ca /r)r 1 − e−2K0 μz/r + qe−2K0 μz/r 2K0 μ
.
(23.19)
Nach der Theorie von JANSEN wirkt das Gewicht des Bodens (oder sonstigen Granulats) in einem Silo nicht voll auf seiner Unterlage, sondern wird teilweise u¨ ber die Silowand abgetragen.30 Folgende Anwendungen der Gleichung von JANSEN in der Tunnelstatik sind bekannt: 1. T ERZAGHI betrachtete den Abschnitt ABCD in Abb. 23.36 als Silo mit Breite b (f¨ur die hier betrachtete ebene Verformung ist r = b), auf dessen untere Kante BC der Druck p wirkt.31 Dadurch erhielt er folgende Gleichung f¨ur die Pressung auf die Decke eines Tunnels mit Rechteckquerschnitt: (γ − 2c/b)b . (23.20) 1 − e−2Kh tan ϕ/b p= 2K tan ϕ 2. Zur Ermittlung der erforderlichen St¨utzung der Ortsbrust eines Tunnels wird ein Bruchmechanismus betrachtet, der von H ORN vorgeschlagen wurde (Abb. 23.38).32 Um den dreidimensionalen Charakter des Bruchmechanismus zu ber¨ucksichtigen, wird f¨ur die Fl¨ache ABCD des Gleitkeils ein dem Tunnelquerschnitt fl¨achengleiches Quadrat angenommen. Auf den Seitenfl¨achen BDI und 30 31 32
Daher beulen Silow¨ande oft aus. K. S Z E´ CHY, Tunnelbau, Springer-Verlag, Wien 1969. ¨ J. H OLZH AUSER , Problematik der Standsicherheit der Ortsbrust beim TBM-Vortrieb im Betriebszustand Druckluftst¨utzung, Mitteilungen des Institutes und der Versuchsanstalt f¨ur Geotechnik der TU Darmstadt, Heft 52, 2000, S. 49–62.
472
23 Tunnelbau
h Q
s Abb. 23.36 Zur Herleitung der Gleichung von T ER - Abb. 23.37 Nach unten gerichtete Verschiebung einer Fallt¨ur ZAGHI
ACJ werden Koh¨asion und Reibung entsprechend der Normalspannung σx = Kγz angesetzt. Die Vertikallast V wird mit der Silo-Gleichung berechnet. Die erforderliche St¨utzkraft S wird aus der Gleichgewichtsbetrachtung am Gleitkeil bestimmt, wobei der Neigungswinkel ϑ so lange variiert wird, bis S maximal wird. Aus der Betrachtung der Relativverschiebungen (Abb. 23.38 c) folgt, dass auf den Gleitkeil auch eine Horizontalkraft H wirkt, welche oft vergessen wird.33 Die Silo-Gleichung setzt eine volle Mobilisierung der Reibung am Mantel des nach unten gleitenden Prismas voraus. Dies wiederum bedeutet Setzungen an der Bodenoberfl¨ache.
Abb. 23.38 Bruchmechanismus von H ORN zur Standsicherheit der Ortsbrust
33
P.A. V ERMEER et al., Ortsbruststabilit¨at von Tunnelbauwerken am Beispiel des Rennsteig Tunnels, 2. Kolloquium ’Bauen in Boden und Fels’, TA Esslingen, Januar 2000.
23.7 Tunnelstatik
473
3. Beim Kalottenvortrieb wird die Kalotte zuerst ausgebrochen und mit Spritzbeton gest¨utzt. Der so entstehende Ausbau kann mit dem Gew¨olbe einer Br¨ucke verglichen werden, deren Pfeiler eine Vertikallast F tragen muss, welche aus dem Gewicht des K¨orpers ABCD (Abb. 23.39) herr¨uhrt. Zum Nachweis der Grundbruchsicherheit muss F berechnet werden, wozu die Gleichung von JANSEN herangezogen wird.34 C
A
F
B
D
Abb. 23.39 St¨utzung des Kalottenfußes
Der Zusammenhang zwischen Silo und Tunnel wird anhand des sog. Fallt¨ur-Problems (trapdoor) (Abb. 23.37) ersichtlich. Bei einer Vertikalbewegung der Fallt¨ur ¨ a¨ ndert sich die Kraft Q mit s. Die Ahnlichkeit mit dem Silo ist offensichtlich, wobei bei Letzterem relativ starre W¨ande den Boden eingrenzen, wohingegen bei der Fallt¨ur das sich nach unten bewegende Prisma vom (relativ nachgiebigen) Boden eingefasst ist. An Modellversuchen im Labor konnte T ERZAGHI35 mithilfe von Stahlzugb¨andern die Verteilung der Vertikalspannung oberhalb einer Fallt¨ur messen (Abb. 23.40 und 23.41).
34
35
G. A NAGNOSTOU, Standsicherheit der Ortsbrust beim Vortrieb von oberfl¨achennahen Tunneln. St¨adtischer Tunnelbau: Bautechnik und funktionale Ausschreibung, Intern. Symposium Z¨urich, M¨arz 1999, S. 85–95; siehe auch P.A. V ERMEER et al., Ortsbruststabilit¨at von Tunnelbauwerken am Beispiel des Rennsteig Tunnels, 2. Kolloquium ’Bauen in Boden ¨ und Fels’, TA Esslingen, Januar 2000; J. H OLZH AUSER , Problematik der Standsicherheit der Ortsbrust beim TBM-Vortrieb im Betriebszustand Druckluftst¨utzung, Mitteilungen des Institutes und der Versuchsanstalt f¨ur Geotechnik der TU Darmstadt, Heft 52, 2000, S. 49–62; S. JANCSECZ u.a., Minimierung von Senkungen beim Schildvortrieb, Tunnelbau (2001) 165–214; ferner die Methoden von B ROMS & B ENNEMARK und TAMEZ, zitiert in: M. TANZINI, Gallerie, Dario Flaccovio Editore 2001. K. VON T ERZAGHI, Stress distribution in dry and in saturated sand above a yielding trapdoor, Proceed. Int. Conf. Soil Mechanics, Vol. 1, Cambridge/Mass. 1936, S. 307–311.
474
23 Tunnelbau
Abb. 23.40 Experimentell ermittelte Beziehung zwischen der Verschiebung Δh der Fallt¨ur und der auf sie wirkenden Last Q. C1 : dichter Sand, C2 : lockerer Sand (Messungen berichtet von T ERZAGHI).
Gebirgsdruck an Firste und Sohle Die hier vorgestellten N¨aherungsl¨osungen f¨ur seichte Tunnel gehen von der Annahme aus, dass sich die Hauptspannungstrajektorien an Firste und Sohle der Tunnelkontur anschmiegen. Dies bedeutet, dass sie die Kr¨ummungsradien rc (an der Firste) und ri (an der Sohle) haben. Gleichgewicht in vertikaler Richtung an Firste und Sohle kann mithilfe von Zylinderkoordinaten r und ϑ wie folgt ausgedr¨uckt werden: ∂σr σ r − σθ + = g · er . ∂r r
(23.21)
Hierbei sind g die Massenkraft (Erdbeschleunigung), die Dichte und er der Einheitsvektor in radialer Richtung. F¨ur Punkt B (Abb. 23.43) lautet diese Gleichung in x-z-Koordinaten: dσz σ x − σz + =γ dz r mit g · er = −γ, dr = −dz, σr = σz , σθ = σx , und f¨ur Punkt C: dσz σ x − σz − =γ dz r mit g · er = γ and dr = dz. Wir betrachten die Vertikalspannung σz in der Symmetrieachse ABC (Abb. 23.43). Im prim¨aren Spannungszustand, d.h. vor der
23.7 Tunnelstatik
475
Abb. 23.41 Gemessene Verteilungen der Vertikalspannung (nI ) und der Horizontalspannung (nII ) oberhalb der Fallt¨ur; (a) vor der Bewegung der Fallt¨ur, (b) bei Qmin , (c) bei Qmax .
Trajektorie
Abb. 23.42 σθ Trajektorien an der Firste
Auffahrung des Tunnels, nimmt σz linear mit der Tiefe z zu: σz = γz. Nach der Tunnelherstellung ergibt sich die in Abb. 23.43 dargestellte Verteilung von σz : In der N¨ahe der Gel¨andeoberkante (Punkt A) schmiegt sich σz an die urspr¨ungliche Verteilung an. Zwischen A und Firste (Punkt B) ist die Kurve σz (z) gekr¨ummt, und am Punkt B nimmt σz den Wert pc an. pc ist der Gebirgsdruck auf die Firste. F¨ur den Bereich 0 ≤ z ≤ h nehmen wir f¨ur σz (z) eine quadratische Parabel an: σz (z) = a1 z 2 + a2 z + a3 . Die Koeffizienten a1 , a2 , a3 lassen sich aus folgenden Bedingungen bestimmen: 1. 2.
σz (z = 0) = 0 dσz =γ . dz z=0
Die zweite Bedingung folgt aus Gleichung (23.21) und der Annahme, dass am Punkt A der Kr¨ummungsradius der horizontalen Hauptspannungstrajektorie gegen unendlich geht (r = ∞). Die dritte Bedingung folgt aus der Annahme, dass am Punkt B
476
23 Tunnelbau
Abb. 23.43 Verteilung der Vertikalspannung entlang der Symmetrieachse.
die Scherfestigkeit des Gesteins voll mobilisiert ist. F¨ur einen rein koh¨asiven Boden (c = 0, ϕ = 0) lautet diese Bedingung: σx − σz = 2c .
(23.22)
Somit erh¨alt man aus Gleichung (23.21) die dritte Bestimmungsgleichung: 3.
2c dσz =γ− . dz z=h rc
Somit lautet die Spannungsverteilung zwischen den Punkten A und B: σz (z) = −
c 2 z + γz rc h
.
(23.23)
Setzen wir in Gleichung (23.23) z = h ein, so erhalten wir den Gebirgsdruck pc = σz (z = h): c . (23.24) pc = h γ − rc Aus Gleichung (23.24) sieht man, dass f¨ur c ≥ γrc
(23.25)
kein Ausbau (zumindest an der Firste) erforderlich ist. Man beachte, dass nach Glei¨ chung (23.25) die Uberlagerung h keine Rolle spielt, wenn die Koh¨asion den Wert γrc u¨ bersteigt. Dies kann man auch anhand des Bruchmechanismus aus Abb. 23.44 einsehen: Die Koh¨asionskraft 2c(h + r) muss das Gewicht 2rγ(h + r) − 12 r2 πγ tragen. Dies ist m¨oglich, wenn c ≥ γr, ungeachtet von h.
23.7 Tunnelstatik
477
c
c
h
2r
Abb. 23.44 Einfacher Bruchmechanismus f¨ur den Tagbruch
Gleichung (23.24) kann leicht f¨ur den Fall eines Bodens mit Reibung und Koh¨asion verallgemeinert werden: Dann muss Gleichung (23.22) durch die Grenzbedingung σx − σz = σz
2 sin ϕ cos ϕ + 2c 1 − sin ϕ 1 − sin ϕ
(23.26)
ersetzt werden, woraus dann folgt: c cos ϕ rc 1 − sin ϕ pc = h h sin ϕ 1+ rc 1 − sin ϕ γ−
.
(23.27)
Ein Ausbau ist (rechnerisch) entbehrlich f¨ur c ≥ γrc
1 − sin ϕ . cos ϕ
(23.28)
Aus Gleichung (23.27) ersieht man, dass der Gebirgsdruck pc zunimmt, wenn c etwa infolge von Auflockerung reduziert wird. Ist die Gel¨andeoberfl¨ache mit der Fl¨achenlast q belastet, so kann Gleichung (23.27) wie folgt verallgemeinert werden: h c cos ϕ + γh rc 1 − sin ϕ h sin ϕ 1+ rc 1 − sin ϕ
q− pc =
.
Modellversuche haben diese Gleichung best¨atigt.36 ¨ Mit a¨ hnlichen Uberlegungen kann man die Spannungsverteilung unterhalb der Sohle und insbesondere den Gebirgsdruck pi absch¨atzen. Wir betrachten die Verteilung der 36
P. M E´ LIX, Modellversuche und Berechnungen zur Standsicherheit oberfl¨achennaher Tunnel, Ver¨offentlichungen des Instituts f¨ur Boden- und Felsmechanik der Universit¨at Karlsruhe, Heft Nr. 103, 1986.
478
23 Tunnelbau
Vertikalspannung σz entlang der Symmetrieachse ABC (Abb. 23.43). σz hat an der Sohle den (noch unbekannten) Wert pi und n¨ahert sich mit wachsendem z asymptotisch der geostatischen Prim¨arspannung σz = γz. Eine einfache analytische Kurve, welche diese Bedingungen erf¨ullt, ist die Hyperbel σz (z) = γz +
a z
(23.29)
mit dem freien Parameter a.
Abb. 23.45 Bezeichnungen f¨ur ein Maulprofil
Wir nehmen jetzt an, dass die Festigkeit des Bodens an der Sohle (Punkt C in Abb. 23.43) voll mobilisiert ist. F¨ur ein reibungsloses Material folgt dann aus der Gleichgewichtsbedingung (23.21): dσz 2c . (23.30) =γ+ dz C ri ri ist der Kr¨ummungsradius der Sohle. Aus Gleichung (23.29) und (23.30) kann a zu −2c(H +h)2 /ri bestimmt werden, sodass der Gebirgsdruck an der Stelle z = h+H lautet: 2c . pi = (H + h) γ − ri H ist die H¨ohe des Tunnels (Abb. 23.45). F¨ur c < γri /2 ist pi > 0, d.h. dass ein Ausbau an der Sohle erforderlich ist. F¨ur einen Boden mit Reibung und Koh¨asion erh¨alt man in a¨ hnlicher Weise: pi = (H + h)
γri (1 − sin ϕ) − 2c cos ϕ ri (1 − sin ϕ) + 2(H + h) sin ϕ
.
23.7 Tunnelstatik
479
Schnittkr¨afte im Ausbau Der Ausbau kann als ein Biegebalken mit Anfangskr¨ummung betrachtet werden. Alle nachfolgend aufgef¨uhrten Gr¨oßen beziehen sich auf einen Balken mit der Breite 1 m: p Streckenlast normal zum Balken, q Streckenlast tangential zum Balken, N Normalkraft, Q Querkraft, M Biegemoment. Diese Gr¨oßen werden in Abh¨angigkeit der Bogenl¨ange s entlang des Balkens angegeben. Wenn die Form der Tunnelkontur in Polarkoordinaten gegeben ist, x(ϑ), dann k¨onnen die o.a. Gr¨oßen auch in Abh¨angigkeit von ϑ angegeben werden. Ableitungen nach s werden mit einem Strich, und Ableitungen nach ϑ werden mit einem Punkt angegeben: x := dx/ds, x˙ := dx/dϑ. Aus ds = rdϑ folgt (r ist der Kr¨ummungsradius): x˙ = x r. Aus Gleichgewicht an einem Balkenelement mit der L¨ange ds kann man folgende Beziehungen herleiten: Q˙ − N = −pr ,
N˙ + Q = −qr ,
M˙ = rQ ,
(23.31)
welche ein gekoppeltes System von Differentialgleichungen darstellen. Ein einfacher Sonderfall ergibt sich daraus, wenn man annimmt, dass infolge Kriechens im frischen Spritzbeton die Biegemomente abgebaut werden und dass keine Schubspannungen zwischen Ausbau und Gestein wirken (M ≡ 0, q ≡ 0). Es folgt dann aus den Gleichungen (23.31), dass f¨ur Abschnitte des Ausbaus mit konstanter Kr¨ummung (r = const) p = const und N = −pr = const (Kesselformel) gelten muss.
pc
Ni
Ni =p i r i
ri rc
R R pi
Nc
Nc=p c r c
Abb. 23.46 Kr¨afte an Punkten, wo sich die Kr¨ummung a¨ ndert
480
23 Tunnelbau
Wir betrachten ein Maulprofil, das aus zwei Kreisb¨ogen besteht (vgl. Kalottenvortrieb). An den Punkten, wo sich die Kr¨ummung a¨ ndert, verbleiben die Kr¨afte R. Die in Abb. 23.46 dargestellten resultierenden Kr¨afte R, welche vom Ausbau auf das Gestein ausge¨ubt werden, m¨ussen durch geeignete Maßnahmen aufgenommen werden, z.B. verbreiterte Fundamente des Kalottenausbaus (sog. Elefantenf¨uße) oder Mikropf¨ahle. Die Gebirgsdr¨ucke pc und pi k¨onnen nach den hier abgeleiteten Gleichungen bestimmt werden. Schließlich ist nachzuweisen, dass die sich daraus ergebenden Druckspannungen im Ausbau zul¨assig sind. Sei β die Druckfestigkeit und d die Dicke der Spritzbetonschale, so ist d > pc rc /β, d > pi ri /β .
23.8 Oberfl¨achensetzungen infolge Tunnelvortriebs Nach P ECK kann die Setzungsmulde infolge eines oberfl¨achennahen Tunnelvortriebs durch eine G AUSS-Verteilung uv = uv,max · e−x
2
/2a2
beschrieben werden. Der empirisch festzulegende Parameter a (entspricht der Standardabweichung) ist die x-Koordinate des Wendepunkts der G AUSS-Kurve. Er kann z.B. anhand des Diagramms von P ECK (Abb. 23.47) bestimmt werden.37 Man kann auch die empirische Beziehung38 2a/D = (H/D)0.8
(23.32)
heranziehen. D ist der Tunneldurchmesser, und H ist die Tiefe der Tunnelachse (Abb. 23.48). F¨ur Ton ist a ≈ (0, 4 . . . 0, 6)H, f¨ur nichtkoh¨asive B¨oden ist a ≈ (0, 25 . . . 0, 45)H. Eine weitere Absch¨atzung von a kann anhand von TabelTabelle 23.1 Absch¨atzung von a Boden a/H rollig 0,2 - 0,3 steifer Ton 0,4 - 0,5 weicher schluffiger Ton 0,7
le 23.1 unternommen werden.39 37
38 39
R.B. P ECK, Deep excavations and tunnelling in soft ground. State-of-the-Art report, Proceedings of the 7th International Conference on Soil Mechanics and Foundation Engineering, Mexico City, State-of-the-Art Volume, 1969, S. 225–290. M.J. G UNN, The prediction of surface settlement profiles due to tunnelling, ’Predictive Soil Mechanics’, Proceedings Wroth Memorial Symposium, Oxford 1992. J.B. B URLAND et al., Assessing the risk of building damage due to tunnelling - lessons from the Jubilee Line Extension, London, Proceed. 2nd Int. Conf. on Soil Structure Interaction
23.8 Ober߬achensetzungen infolge Tunnelvortriebs
481
Abb. 23.47 Absch¨atzung von a nach P ECK
Die Horizontalverschiebungen uh der Gel¨andeoberfl¨ache lassen sich aus der Beobachtung ermitteln, dass der Verschiebungsvektor zur Tunnelachse hin gerichtet ist, d.h. uh =
x uv H
.
Die Verteilung der Setzungen in Tunnell¨angsrichtung ist in Abb. 23.48 dargestellt. Das Volumen der Setzungsmulde pro laufendem Meter Tunnel ergibt sich aus der G AUSS-Verteilung zu √ Vu = 2π · a · uv,max (23.33) und wird als Volumenverlust bezeichnet.40 Der Volumenverlust pro laufendem Meter betr¨agt wenige Prozente der Tunnelquerschnittsfl¨ache und ist bodentypisch. Ist er bekannt, so kann man daraus die Maximalsetzung uv,max mit Gleichung (23.32) und (23.33) berechnen. M AIR und TAYLOR41 geben folgende Sch¨atzwerte f¨ur Vu /A an: Ungest¨utzte Ortsbrust in steifem Ton: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1-2% gest¨utzte Ortsbrust (Suspension oder Erdbrei), Sand: . . . . . . . . . . . . . . . . . 0.5% gest¨utzte Ortsbrust (Suspension oder Erdbrei), weicher Ton: . . . . . . . . . . 1-2%
40
41
in Urban Civil Engineering, Vol. 1, Z¨urich 2002, ETH Z¨urich, ISBN 3-00-009169-6, S. 11–38. Diese Bezeichnung r¨uhrt von der Feststellung her, dass pro laufendem Meter Tunnel nicht nur der Boden innerhalb des Tunnelquerschnitts, sondern auch das Volumen Vu der Setzungsmulde entfernt werden muss. R.J. M AIR, R.N. TAYLOR, Bored tunnelling in the urban environment, 14th Int. Conf. SMFE, Hamburg 1997.
482
23 Tunnelbau a
a
~2.5a
~2.5a
x uv,max
uv,max
D
Abb. 23.48 Setzungsmulde u¨ ber einen Tunnel (links); ungef¨ahre Verteilung der Oberfl¨achensetzungen in Tunnell¨angsrichtung. Diese Kurve entspricht in etwa der Funktion x 2 1 y = erf x = √ e−y /2 dy (rechts). 2π 0
¨ im Londoner Ton: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0.5-1.5% NOT Der Volumenverlust h¨angt auch von der Vortriebstechnik ab. Mit verbesserten Methoden konnte er in den letzten Jahren halbiert werden. Die hier angegebenen Absch¨atzungen beziehen sich auf unbebautes Gel¨ande (sog. gr¨une Wiese, greenfield). Wenn auf dem Boden Geb¨aude stehen, dann sind die Setzungen kleiner.
24 Staud¨amme
¨ 24.1 Allgemeine Ubersicht Abgesehen von Straßen- und Eisenbahnd¨ammen werden aus Erdstoffen (Boden und Steinsch¨uttung, rockfill) auch Staud¨amme gebaut. Sie stauen das Wasser auf (Abb. 24.7) und dienen vielfachen Zwecken wie der Wasserkraftnutzung, Bew¨asserung, Wasserversorgung, Speisung des Grundwassers, Hochwasserschutz, Schifffahrt und der Erholung. Ein Staudamm muss mit einem Hochwasser¨uberfall oder -lauf (spillway) versehen werden. Bei einigen Staud¨ammen wird ein Teil der Dammkrone dazu ausgebildet, meistens aber wird der Hochwasser¨uberfall separat gebaut. Im Gegensatz zu Betontalsperren k¨onnen Staud¨amme nicht nur auf Fels, sondern auch auf Lockergestein gegr¨undet werden. Da homogen aufgebaute D¨amme meist anf¨allig gegen innere Erosion sind, erhalten Staud¨amme einen gegliederten Querschnitt mit einem dichten Kern und Ansch¨uttungen aus gr¨oberem Material (St¨utzk¨orper). Die Gestaltung der verschiedenen Querschnittsteile h¨angt auch von der Verf¨ugbarkeit der dazu ben¨otigten Erdstoffe ab. Zusammenmischen verschiedener Erdstoffe ist aufwendig und daher m¨oglichst zu vermeiden. Unter der Einwirkung des Eigengewichts und des Wasserdrucks werden Staud¨amme deformiert. Ein gut entworfener Damm wird Deformationen schadlos aufnehmen k¨onnen. Insbesondere muss der Dichtungskern hinreichend duktil sein, damit er ohne Risse deformiert werden kann. Kommt es trotzdem zu Rissen, so soll das dadurch sickernde Wasser durch Filter sicher abgeleitet werden, ohne innere Erosion zu verursachen.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_24
484
24 Staud¨amme Vlies Betonkern
60 cm Dränage
0110 101010 101010 101100 101100 10101010 101010
Bitumen
0000 1111 1111 0000 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 4 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 0000 1111 00000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111 0000 1111 00000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111 0000 1111 00000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111 0000 1111 00000000000000000000000000000000000000000000000 11111111111111111111111111111111111111111111111 0000 1111
4
mm
Abb. 24.1 Talsperre mit Betonkern (Bockhartsee)
24.2 Entwurf 24.2.1 Abdichtung Um die Wasserverluste durch Durchsickerung zu minimieren,1 werden Abdichtungen aus Asphaltbeton (Abb. 24.9, 24.11), Kunststoffbahnen, Stahlbeton oder wenig durchl¨assigen Erdstoffen (sog. Dichtungskern) eingebaut (Abb. 24.2). Die Dammdichtung wird an den Felsuntergrund mit Schlitzw¨anden, Bohrpfahlw¨anden oder Injektionsschleiern2 angeschlossen. Allf¨allige wasserf¨uhrende Kl¨ufte im Felsuntergrund m¨ussen injiziert werden. Eine (heute weniger gebr¨auchliche) Alternative ist, den Sickerweg mit einem wasserseitigen Dichtungsteppich zu verl¨angern (Abb. 24.3). Zur Fassung und kontrollierter Ableitung von allf¨alligen Durchsickerungen werden luftseitig der Abdichtung Dr¨anagezonen (Filter) eingebaut. 24.2.2 Erosion ¨ Die Hauptschadensursache von Erdstaud¨ammen ist Oberfl¨achenerosion bei Uberstr¨omung und innere Erosion durch Durchsickerung. Letztere ist schwer vorauszusagen und sollte durch Porendruckmessungen erfasst werden. Durch die innere Erosion bilden sich Hohlr¨aume ( Fuchsg¨ange“, piping)3 , durch welche das Wasser ” vorzugsweise sickert und die dadurch immer schneller wachsen, bis es zum (u.U. sehr schnellen) Kollaps kommt. Fuchsg¨ange k¨onnen sich von m¨oglichen Austrittsstellen r¨uckw¨arts (backward erosion) oder entlang von Rissen oder sonstigen Diskontinuit¨aten (z.B. an Betonoberfl¨achen) bilden. Dies kann innerhalb oder unterhalb des Dammes erfolgen. Das Auswaschen von Feinteilen wird Suffusion oder Suffosion genannt. Gleichf¨ormige koh¨asionslose Sande sind i.Allg. anf¨allig gegen Erosion, wohingegen plastische Tone relativ unempfindlich sind. 1 2 3
¨ Ublicherweise werden Sickermengen ≤ 10 l/s hingenommen. F¨ur Niederdruckinjektionen werden Manschettenrohre in horizontalen Abst¨anden von z.B. 6 m gesetzt. Die u¨ bliche Klassifikation der inneren Erosion ist recht verwirrend.
24.2 Entwurf
485 Dichtungshaut
Dränage Stützkörper
Dichtwand oder Injektionsschleier
Dichtungshaut Dränage Stützkörper
Dichtwand oder Injektionsschleier
Dichtungskern Stützkörper Dränage
Dichtwand oder Injektionsschleier
Abb. 24.2 Die h¨aufigsten Dichtungslagen. Dichtungsh¨aute sind aus Stahlbeton oder Asphaltbeton. Dichtungskerne bestehen aus feink¨ornigen oder weitgestuften Erdstoffen mit hinreichend hohem Feinkornanteil. Ihre Dicke hat die Gr¨oßenordnung von ca. 50 – 100 % der Dammh¨ohe.
486
24 Staud¨amme Dichtungskern Stützkörper
Dichtungsteppich
Abb. 24.3 Wasserseitiger Dichtungsteppich zur Verl¨angerung der Sickerwege
24.2.3 Filter D¨amme werden durch Eigengewicht und die Einwirkung des aufgestauten und durchsickernden Wassers sowie durch Erdbeben deformiert, wodurch es zur Bildung von – schwer vorauszusehenden – Rissen kommen kann. Das durch allf¨allige Risse verst¨arkt durchsickernde Wasser darf keine Erosionssch¨aden anrichten und soll daher durch Dichtungen ged¨ammt und durch Filter gefasst und sicher abgeleitet werden. Man muss auch ber¨ucksichtigen, dass die Sickerstr¨omung in einem Damm schon deswegen nicht theoretisch genau vorausgesagt werden kann, da man die anisotrope Durchl¨assigkeit infolge des lagenweisen Einbaus kaum erfassen kann. Filter sollen gen¨ugend große Poren haben, um durchl¨assig zu sein, andererseits d¨urfen die Poren nicht zu groß sein, damit sie nicht durch K¨orner des angrenzenden feineren Bodens verstopft werden (Kolmatation). Diese Forderungen sind kontr¨ar, und die Filterkriterien von T ERZAGHI (Abschnitt 5.13) k¨onnen nur n¨aherungsweise ihre Erf¨ullung garantieren. Da die zugrunde liegenden Vorg¨ange noch nicht restVertikalfilter Horizontalfilter Kern
Abb. 24.4 Horizontal- und Vertikalfilter
h l
h0
Abb. 24.5 Horizontale Grundwasserstr¨omung mit freiem Grundwasserspiegel im Filter (ebenes Problem)
24.2 Entwurf
487
los verstanden sind, gibt es eine Reihe von empirischen Filterkriterien4 , die nebst d15 , d85 und D15 weitere Charakteristiken des Filters und des angrenzenden Bodens ber¨ucksichtigen. Nebst den o.g. Forderungen d¨urfen die Filter w¨ahrend und nach dem Einbau nicht ver¨andert werden: Ihre Kornverteilung darf nicht durch Segregation oder Kornbruch ver¨andert werden, und die K¨orner d¨urfen nicht miteinander verkleben oder zementiert werden, was ihre Duktilit¨at beeintr¨achtigen und die Bildung von Rissen erm¨oglichen w¨urde. Von besonderer Wichtigkeit hinsichtlich Vermeidung von innerer Erosion sind die in Abb. 24.4 dargestellten Horizontal- und Vertikalfilter. Damit ein Horizontalfilter die Wassermenge q drucklos abf¨uhren kann, muss er die Dicke h haben. Diese errechnet sich aus der Gleichung (5.22) f¨ur den Grabenzufluss (Abb. 24.5): h2 = 2ql/k + h20 ≈ 2ql/k
.
F¨ur einen Vertikalfilter mit der Breite b (¨ublicherwesie 2, 5 – 3 m) ist bei drucklosem Abfluss i = 1, daher betr¨agt die maximale drucklos abf¨uhrbare Wassermenge q = kb. Horizontale Filterlagen k¨onnen im Damm eingebaut werden, um allf¨allige Porenwasser¨uberdr¨ucke w¨ahrend der Dammherstellung abzubauen. Ferner k¨onnen b¨oschungsparallele Filter eingebaut werden, um Niederschlagsw¨asser sowie das Porenwasser f¨ur den Fall einer schnellen Absenkung des Wassers im Staubecken sicher abzuleiten. ¨ Ublicherweise liegt die Durchl¨assigkeit eines Dichtungskerns bei 10−9 – 10−8 m/s, wohingegen der Untergrund eines Damms Durchl¨assigkeiten von ca. 10−7 m/s (Fels) bzw. 10−5 – 10−3 m/s (alluvialer, d.h. quart¨arer Boden) aufweisen kann. Zudem k¨onnen quart¨are B¨oden infolge Schichtung eine erheblich h¨ohere horizontale Durchl¨assigkeit haben. Daher ereignen sich die gr¨oßten Sickerverluste haupts¨achlich unterhalb und nicht innerhalb des Damms. Um die Untersickerung eines Damms zu unterbinden, werden in den Untergrund Injektionsschleier oder Schlitzw¨ande oder sonstige Dichtw¨ande eingebaut. Hohe Austrittsgradienten k¨onnen zu hydraulischen Aufbr¨uchen (blowup, boiling, liquefaction) des luftseitigen Untergrunds f¨uhren. Als Gegenmaßnahmen werden Entlastungsbrunnen gesetzt und/oder Bermen zur Beschwerung des Untergrunds gesch¨uttet. 24.2.4 Spannungen, Verformungen, Standsicherheit Das Spannungsfeld in einem Damm h¨angt stark von der Herstellung sowie von der Belastung ab. Letztere ist nicht allein durch das Eigengewicht, sondern auch durch den Wasserdruck bestimmt. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass sich in letzter Zeit viele Physiker mit der Spannungsverteilung in einem gerieselten Sandhaufen befasst haben.5 Jedoch hat ein ordentlich hergestellter und verdichteter Erddamm kaum etwas mit einem Sandhaufen gemeinsam, der sich (ganz oder teilweise) 4 5
Wie z.B. nach USBR und viele andere, siehe z.B. R. F ELL u.a., Geotechnical Engineering of Dams, Balkema 2005. Siehe z.B. P.G. DE G ENNES, Granular matter: a tentative view, Reviews of Modern Physics, Centerary, 71/2 (1999) 374–382.
488
24 Staud¨amme
im Grenzzustand befindet. Auf jeden Fall sollte die Dammunterlage Schubspannungen aufnehmen k¨onnen. Auf jeden Vertikalschnitt durch einen Damm wirkt n¨amlich eine Erddruckkraft (Abb. 24.6, die Annahme eines aktiven Erddrucks d¨urfte in den meisten F¨allen unrealistisch sein), die etwa nach dem Verfahren von E NGESSER ermittelt werden kann. Sie bedingt, dass in der Dammsohle Schubspannungen τ (sog. Spreizdruck) aufgenommen werden m¨ussen. Aus H = 0 an einer vertikalen Dammscheibe folgt: τ = dEh /dx.
E Eh
τ x
dx E h + dEh
Eh τ
Abb. 24.6 Spreizdruck und Schubspannungen infolge Eigengewicht an der Dammsohle (R ENDULIC )
Die Setzungen sind materialabh¨angig, und, da im Dammbau ganz unterschiedliche Erdstoffe verwendet werden, lassen sich keine Erfahrungsformeln herauskristallisieren. B¨oden werden unges¨attigt (etwa bei S = 90 - 95%) eingebaut, sodass es nicht zu einem Konsolidierungsverzug kommt. Die Setzungen sind haupts¨achlich Sofortsetzungen und k¨onnen bis zu 4% der Dammh¨ohe betragen. Dabei ist die Verformung des Bodens nicht o¨ dometrisch. Noch schwieriger vorauszusagen sind die Verformungen von Steinsch¨uttungen, da diese kaum im Labor untersucht werden k¨onnen. Es empfiehlt sich, ihr Verhalten anhand von Probesch¨uttungen zu untersuchen. In den Jahren nach der Dammherstellung ereignen sich weitere Setzungen in der Gr¨oßenordnung von 1% der Dammh¨ohe. Die Neigung von Dammb¨oschungen schwankt zwischen 1:1,5 und 1:4, ihre Standsicherheit sollte rechnerisch nachgewiesen werden. Besonders kritisch ist bei der wasserseitigen B¨oschung der Lastfall schnelle Wasserabsenkung im Speicher“. Die ” Standsicherheit der Talh¨ange im Bereich von Speichern ist ebenfalls nachzuweisen. In diesem Zusammenhang ist auf die Katastrophe von Vajont (Italien) hinzuweisen, wo das Aufstauen des Wassers einen Erdrutsch am anliegenden Monte Toc ausl¨oste. Die in den Stausee herabst¨urzende Erdmasse (270 Mio. m3 ) l¨oste einen
24.4 Erdbeben
489
Wasserschwall aus, der u¨ ber die Mauerkrone schwappte und die Stadt Longarone zerst¨orte (ca. 2000 Tote).
24.3 Bau Die Erdstoffe (Boden bzw. Steinsch¨uttung) werden lagenweise eingebaut und verdichtet. 24.3.1 Boden Als Boden (earthfill) werden hier Erdstoffe mit Korndurchmesser bis zu 125 mm verstanden. Die Lagendicken betragen 0, 25 – 1 m und richten sich nach der Bodenart und dem Verdichtungsger¨at (Vibrationswalzen oder Schaffußwalzen, 6 – 15 t ¨ Gewicht). Die erforderliche Anzahl der Uberg¨ ange (¨ublicherweise 6 – 8, mehr als 8 ¨ Uberg¨ange bringen kaum etwas) wird an Pr¨uffeldern bestimmt. Damit sich ein Boden gut verdichten l¨asst, sollte die Plastizit¨atszahl nicht zu groß sein. Die Einbaudichte sollte zwischen 95 und 100 % der Proctordichte liegen. Je nach Boden k¨onnen Einbauwassergehalte von wopt −1 % bis wopt +2 % spezifiziert werden. Der Einbauwassergehalt wird zweckm¨aßigerweise an der Entnahmestelle durch Austrocknen oder durch Wasserzugabe eingestellt.
¨ 24.3.2 Steinschuttung Die Lagendicken schwanken zwischen 0, 5 und 2 m, sie m¨ussen mindestens so groß wie der Durchmesser des Gr¨oßtkorns sein. Zugabe von Wasser (15 – 20 Vol.-%) kann die Kanten der Steine aufweichen und dadurch die Verdichtung erleichtern. So werden auch sp¨atere S¨attigungssetzungen am wasserseitigen St¨utzk¨orper vorweggenommen und dadurch vermieden. Die Wasserzugabe erfolgt beim Einbau, Bed¨usung ist nicht erforderlich. Steine k¨onnen beim Einbau brechen, aber generell ist ihre Best¨andigkeit unwichtig. Die Einbaudichte sollte bei 2, 1 – 2, 2 t/m3 bzw. die Porenzahl e bei 15 – 25 % sein, was aber durch in situ Messungen kaum u¨ berpr¨uft werden kann. Die Verdichtung erfolgt mit schweren (10 – 15 t) Vibrationswalzen und minde¨ stens vier Uberg¨ angen.
24.4 Erdbeben D¨amme k¨onnen durch Erdbeben besch¨adigt werden.6 Erdbebensch¨aden entstehen haupts¨achlich durch Verfl¨ussigung. Daher ist die Mehrheit der besch¨adigten D¨amme 6
Siehe J.L. H INKS, E.M. G OSSCHALK, Dams and earthquakes – a review, Dam Engineering, Vol. IV, Issue 1, sowie B. H UBER, H.N. L INSBAUER, Erdbebensch¨aden an Talsperren – selektive Beurteilung. Felsbau 14/5 (1996) 234–240.
490
24 Staud¨amme
aus sandigem Material gebaut, Erdbebensch¨aden bei tonigen D¨ammen sind hingegen gering. Die Sch¨aden ereignen sich nicht w¨ahrend, sondern einige Stunden (bis 24 h) nach dem Erdbeben. Verlaufen in der Umgebung des Staudamms bzw. des Stausees geologische St¨orungen, so k¨onnen diese durch den erh¨ohten Wasserdruck beeintr¨achtigt werden. Es kann so zu kleineren Erdbeben kommen (reservoir induced seismicity). Der Nachweis der Sicherheit gegen Verfl¨ussigung wird nach empirischen Methoden gef¨uhrt, die sich auf SPT- oder CPT-Felduntersuchungen st¨utzen (Abschnitt 7.12). Bei der Beurteilung der Standsicherheit ist zu ber¨ucksichtigen, dass der Sicherheitsfaktor w¨ahrend des Erdbebens durchaus Werte < 1 annehmen kann, wenn dies nur f¨ur sehr kurze Zeit ist. Man muss aber nachweisen, dass die Verformungen dabei nicht exzessiv groß werden (performance based desing).7
24.5 Lawinenschutzd¨amme Bei Schneelawinen kann man von unten nach oben drei Bereiche mit unscharfen Grenzen ausmachen: Fließlawinenschicht: dichter Bereich, Dicke 1-3 m; hier ber¨uhren sich die Schneepartikel permanent, sie bilden ein Kornger¨ust. Resuspensionsschicht oder Saltationsschicht: fluidisierter (verfl¨ussigter) Bereich, Dicke 2-5 m; die Schneepartikel fliegen herum und stoßen gegeneinander. Turbulente Außenschicht oder Suspensionsschicht: Es handelt sich um eine Staubwolke mit einer Dicke bis zu 100 m. Hier findet eine turbulente Durchmischung mit Luft statt. Wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten (Fließlawinen 20 – 40 m/s, Staublawinen 40 – 100 m/s) k¨onnen sich diese Bereiche voneinander trennen. Jede Lawine startet als Fließlawine. F¨ur Staublawinen ist die Bodenreibung kaum von Bedeutung, sie bewegen sich in Richtung des steilsten Gef¨alles. Die mathematische Erfassung von Lawinen ist sehr kompliziert und greift u.a. auf die Mischungs- und die Turbulenztheorie zur¨uck. F¨ur die Dimensionierung von Lawinenschutzd¨ammen muss man angenommene Entwurfswerte f¨ur Lawinen verwenden. Lawinenschutzd¨amme unterteilt man in Auffangd¨amme (catching dams) und Umleitungsd¨amme (deflecting dams). Die H¨ohe H von Auffangd¨ammen ergibt sich aus8 H = hu + hf + hs mit hu = 7 8
v2 2gλ
(24.1)
(24.2)
R. F ELL u.a., Geotechnical Engineering of Dams, Balkema 2005. ´ T. J OHANNESSON , Overview of traditional design principles for avalanche dams, The design of avalanche protection dams, European Commission, Climate Change and Natural Hazard Research, EUR 23339, 2009.
¨ 24.6 Uberwachung
491
und λ ≈ 1 . . . 2: empirischer Parameter, hf : Dicke der Fließlawine, hs : Dicke von fr¨uheren Lawinenablagerungen. Wenn eine Lawine mit der Geschwindigkeit v auf ein unbewegtes Hindernis (z.B. Staudamm) aufprallt, so u¨ bt sie darauf einen Druck p aus. Sein Wert h¨angt vom Fließverhalten der Schneemassen nach dem Aufprall ab. Findet eine station¨are Umstr¨omung des Hindernisses statt, so gleicht p dem Staudruck ρv 2 /2, der aus dem B ERNOULLI-Gesetz folgt. Wenn die abgebremsten Schneemassen nicht seitlich ausweichen k¨onnen, so stauen sie sich durch Verdichtung und/oder durch Erh¨ohung der Schichtdicke auf. Ein a¨ hnliches Ph¨anomen (Druckstoß) wird beobachtet, wenn man den Fluss in einem Rohr pl¨otzlich unterbindet. In der Tat zeigen Versuche, dass der Peak-Druck durch den Lawinenaufprall ungef¨ahr das 6-fache des o.g. Staudrucks ist.9
¨ 24.6 Uberwachung Dammbr¨uche k¨onnen verheerende Auswirkungen haben. Deshalb werden D¨amme mit umfangreichen Messsystemen u¨ berwacht. In einem Kontrollplan sollte festgelegt werden wer, wo, wie, wann misst, ferner wie gemeldet und dokumentiert wird. Die gef¨ahrlichsten Phasen sind die erste F¨ullung des Staubeckens und die ersten 5 Betriebsjahre, aber auch danach k¨onnen Sch¨aden auftreten. Erosion, besonders im Fr¨uhstadium, ist schwer zu entdecken und erfordert visuelle Kontrollen sowie Beobachtung der Sickerstr¨omung, im Wesentlichen durch Piezometer und Durchflussmessungen sowie durch chemische Analyse des Sickerwassers. Als Piezometer kommen Grundwasserbeobachtungspegel, C ASAGRANDE-Piezometer sowie diverse pneumatische Piezometer infrage. Piezometer im Dichtungskern sind wegen der damit verkn¨upften Erosionsgefahr zu vermeiden oder mit Schutzmaßnahmen zu verlegen. Verschiebungen der Dammoberfl¨ache sowie der Oberfl¨ache des umgebenden Gel¨andes werden durch diverse geod¨atische Methoden (z.B. Roboter-Theodoliten) erfasst. Die Messmarken sollten in eine Tiefe von 2 – 4 m verankert sein, damit sie nicht von saisonaler Feuchtigkeits¨anderung und somit durch Schrumpfen und Schwellen beeinflusst werden. Verformungen innerhalb des Damms werden durch Inklinometer und Extensometer gemessen. Kontrollg¨ange erm¨oglichen Messungen und Eingriffe aus dem Inneren des Dammes heraus (Abb. 24.10). Kleinere D¨amme (Deiche) sind auch durch das W¨uhlen von Kleintieren gef¨ahrdet und sollten daher diesbez¨uglich regelm¨aßig inspiziert werden.
9
´ P. G AUER, T. J OHANNESSON , Loads on walls, The design of avalanche protection dams, European Commission, Climate Change and Natural Hazard Research, EUR 23339, 2009.
492
24 Staud¨amme
Abb. 24.7 Speichersee Gepatsch
Abb. 24.8 Speichersee Gepatsch, Staudamm mit wasserseitiger Blockabdeckung (rip rap) zum Schutz gegen Wasserwellen und Eis
¨ 24.6 Uberwachung
493
Abb. 24.9 Finstertal Staudamm: Herstellung des Asphalt-Dichtungskerns
Abb. 24.10 Finstertal Dammbaustelle; Bau des Kontrollgangs
Abb. 24.11 Herstellung der a¨ ußeren Dichtungshaut aus Asphalt
25 Geothermie
¨ 25.1 Uberblick Im Untergrund steigt die Temperatur mit der Tiefe an. Der geothermische Gradient variiert zwischen 10 und 50 ◦ C pro km.1 Als Gr¨unde f¨ur die erh¨ohte Temperatur werden Restw¨arme aus der Erdentstehung und radioaktive Zerfallsprozesse angef¨uhrt. Geothermie ist die Ausn¨utzung des W¨armeinhalts2 des Untergrunds.3 Die t¨aglichen Temperaturschwankungen an der Erdoberfl¨ache werden in einer Tiefe von ca. 1 m wegged¨ampft, genauso verschwinden die Jahresschwankungen ab einer Tiefe von ca. 20 m, sodass dort die Jahresmittel-Temperatur (ca. 10 ◦ C in unseren Breiten) herrscht. Der W¨armeinhalt des Untergrunds bis zu einer Tiefe von ca. 100 m wird von der sog. flachen Geothermie als W¨armequelle f¨ur W¨armepumpen und/oder zum K¨uhlen ausgenutzt. Die sog. tiefe Geothermie nutzt den W¨armeinhalt des Untergrunds bis zu einer Tiefe von ca. 4000 m aus. Als Energietr¨ager wird das heiße Grundwasser benutzt, das aus einem tiefliegenden Grundwasserleiter (’Aquifer’) nach oben gepumpt wird (sog. hydrothermales Verfahren). Bei Fehlen eines geeigneten Aquifers l¨asst man von oben hineingepumptes Wasser in (nat¨urliche oder k¨unstlich durch hydro-fracturing4 gebildete) Risse zirkulieren und pumpt es wieder ab. Letztere Methode heißt petrothermale Geothermie.5 Die Aufnahme der Erdw¨arme erfolgt mit Sonden, welche in Bohrl¨ocher eingebaut oder in den Untergrund eingesp¨ult werden. Sie sind geschlossene Systeme (U-Rohre oder Koaxialrohre), in welche das Wasser durchlaufen und dabei W¨arme aufnehmen kann. Auch horizontal und oberfl¨achennah verlegte Rohre (sog. Kollektoren) kommen infrage. 1 2
3 4 5
Die sog. geothermische Tiefenstufe ist der Tiefenzuwachs f¨ur 1 ◦ C Erw¨armung. Der W¨armeinhalt (heat content) wird auch als Enthalpie H bezeichnet. Die Enthalpie h¨angt ¨ von der Entropie S und dem Druck p ab, ihre Anderung ist dH = T dS + V dp, vgl. Gleichung (25.1). Siehe z.B. P. L OOSE, Erdw¨armenutzung, C.F. M¨uller Verlag, Heidelberg 2009. Dabei k¨onnen Erdbeben entstehen, so z.B. bei Basel, wo es 2006 zu 5 kleineren Erdbeben der St¨arke 2,9 bis 3,4 kam, und Landau, wo es 2009 ebenfalls zu leichten Erdbeben kam. Andere Namen daf¨ur sind hot-dry-rock oder hot-wet-rock oder hot-fractured-rock.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_25
496
25 Geothermie
Die mathematische Beschreibung des W¨armetransportes im Untergrund erfolgt u¨ ber die Differentialgleichung von F OURIER: ∂T = a div grad T = a ΔT ∂t
,
wobei a die Temperaturleitf¨ahigkeit“ oder W¨armediffusivit¨at“ (thermal diffusivity) ” ” ist. Wichtig sind die Randbedingungen am Fernfeld und an der Sonde, wo die o¨ rtlich und zeitlich variable Temperatur und die W¨arme¨ubergangszahl zu beachten sind. Die maßgebenden Materialparameter werden u¨ ber Feldversuche (thermal response tests) ermittelt. Dabei wird erw¨armtes Wasser in eine Sonde gepumpt, und der Temperaturverlauf des R¨ucklaufs wird registriert. Wie jede Bohrung m¨ussen Bohrungen f¨ur Geothermiesonden sorgf¨altig durchgef¨uhrt werden und bed¨urfen einer wasserrechtlichen Genehmigung. Bei gr¨oßeren Tiefen (etwa ab 100 m) ist auch eine bergrechtliche Genehmigung erforderlich. Bohrungen k¨onnen die Grundwasserverh¨altnisse beeintr¨achtigen, insbesondere wenn sie Verbindungen zwischen verschiedenen Grundwasserhorizonten schaffen. In Staufen im Breisgau gelangte durch Geothermiebohrungen im Jahr 2008 Grundwasser in Schichten aus Anhydrit-Gestein (CaSO4 ). Durch Wasseraufnahme quoll dieses zu Gips und verursachte dabei Hebungen der Gel¨andeoberfl¨ache. Mehr als 200 H¨auser wurden dadurch erheblich besch¨adigt.
25.2 W¨arme- und K¨altemaschinen Der Ausnutzung der Geothermie liegen Prinzipien der Thermodynamik zugrunde, die hier kurz dargestellt werden, da sie Bauingenieuren u¨ blicherweise nicht gel¨aufig sind. Betrachten wir ein Material mit einer temperaturabh¨angigen Federkonstante bzw. Steifigkeit. Dies ist z.B. bei einem Gas der Fall. Wenn wir es bei niedriger Temperatur komprimieren (also bei geringer Steifigkeit) und es bei hoher Temperatur expandieren lassen, dann gewinnen wir daraus mechanische Arbeit, die als W¨arme in unser Material hineinfließt. Energie kann in verschiedenen Formen ausgetauscht werden. Wir betrachten hier Prozesse, bei denen Energie entweder als mechanische Deformationsarbeit oder als W¨arme ausgetauscht wird. Die Energie¨anderung dE wird gegeben durch dE = −p dV +T dS
.
(25.1)
Hierbei sind p der Druck, V das Volumen, T die Temperatur und S die Entropie. Der Term −pdV steht hier stellvertretend f¨ur den Ausdruck σij dεij , der bei Feststoffen einzusetzen w¨are. Wir betrachten ein Gasgef¨aß mit konstantem Druck (isobarer Prozess, Abb. 25.1). Wir stellen es in ein W¨armebad6 , wo es die Temperatur T1 annimmt, und komprimieren es um den Betrag −ΔV1 (< 0). Dann arretieren wir den 6
Ein W¨armebad oder ein W¨armereservoir ist per definitionem eine Umgebung, deren Temperatur auch dann konstant bleibt, wenn sie W¨arme abgibt.
25.2 W¨arme- und K¨altemaschinen
497
p
Abb. 25.1 Gas bei konstantem Druck
Kolben und stellen es in ein W¨armebad mit der h¨oheren Temperatur T2 . Wenn wir den Kolben l¨osen, so expandiert das Gas um den Betrag ΔV2 (> 0). Netto wurde dabei die Arbeit p (ΔV2 −ΔV1 ) geleistet. Da von außen keine Energie zugef¨uhrt wurde (dE = 0), erfolgte dies unter der Aufnahme der W¨armemenge T2 ΔS2 + T1 ΔS1 . Wenn die Erw¨armung (sowie die in einem Kreisprozess nachfolgende Abk¨uhlung) isentrop (adiabatisch) erfolgt, so ist −ΔS2 = ΔS1 = −ΔS. Mit −pΔV1 = T1 ΔS erhalten wir das Verh¨altnis η der gewonnenen Arbeit p (ΔV2 − ΔV1 ) zur von uns geleisteten Arbeit −pΔV1 : η=
T 2 − T1 T1
.
Dies ist der Wirkungsgrad einer reversibel arbeitenden W¨armekraftmaschine (sog. C ARNOT-Kreisprozess). Ihre Arbeitsweise kann in einem T -S-Diagramm (Abb. 25.2 a) dargestellt werden.
p
T C
C
D
D B B
T2
A
A S (a)
T1
V
(b)
Abb. 25.2 (a) C ARNOT-Kreisprozess im T -S-Diagramm, (b) C ARNOT-Kreisprozess im pV -Diagramm; AB: Kompression im W¨armebad 1 (isotherme Kompression); BC: Erw¨armung im W¨armebad 2 (isentrope Kompression); CD: Expansion im W¨armebad 2 (isotherme Expansion); DA: Abk¨uhlung im W¨armebad 1 (isentrope Expansion).
Man kann den% C ARNOT%-Kreisprozess auch in einem p-V -Diagramm darstellen (Abb. 25.2 b). p dV = T dS ist die pro Zyklus geleistete Arbeit. Der so dargestellte C ARNOT-Kreisprozess ist eine W¨armekraftmaschine, welche W¨arme(energie)
498
25 Geothermie
aus einem warmen in ein kaltes Reservoir u¨ berf¨uhrt und dabei mechanische Arbeit leistet. Da dieser Prozess reversibel ist, kann er auch im entgegengesetzten Sinn als sog. W¨armepumpe bzw. K¨altemaschine arbeiten: Unter Aufbringung mechanischer Arbeit wird W¨arme(energie) von einer kalten in eine warme Umgebung transferiert. Die C ARNOT-Maschine ist ein Gedankenexperiment, reell arbeitende W¨armekraftmaschinen haben einen kleineren Wirkungsgrad. Reelle Kreisprozesse (sog. C LAUSIUS -R ANKINE-Kreisprozesse) richten sich nach den Eigenschaften reeller Arbeitsstoffe, z.B. Wasser (Abb. 25.3). Die in Abb. 25.4 dargestellten Arbeitskritischer Punkt
T
T
p=p2 p1
p2
p=p1 3
X=40% X=100% X=20% X=60% X=0
2 1
S
Abb. 25.3 T -S-Diagramm von Wasser. X ist der Massenanteil von Dampf. Die horizontalen Abschnitte entsprechen der Verdampfung.
p1 4
S
Abb. 25.4 C LAUSIUS -R ANKINE-Prozess zwischen den Dr¨ucken p1 und p2
schritte sind: 1-2: Druck der Arbeitsfl¨ussigkeit wird erh¨oht. 2-3: Die Arbeitsfl¨ussigkeit wird im Boiler erw¨armt und verdampft. 3-4: Der Dampf wird durch eine Turbine geleitet, er expandiert und leistet mechanische Arbeit. 4-1: Dampf kondensiert zu einer Fl¨ussigkeit. Bei niedrigen Temperaturen verwendet man organische Arbeitsfluide (z.B. n-Pentan, Toluen) anstelle von Wasser/Dampf und spricht dann von organischen R ANKINE” Kreisprozessen”. Beim sog. Kalina-Prozess wird Ammoniak als Arbeitsstoff verwendet. Werden W¨armepumpen zur Energiegewinnung eingesetzt, so muss man ihnen elektrische Verdichterleistung zuf¨uhren. Als Leistungszahl (coefficient of performance) bezeichnet man das Verh¨altnis von Leistungsausbeute zur aufgewendeten Leistung. Sie h¨angt von den Arbeitstemperaturen ab. Bei der flachen Geothermie operiert die W¨armepumpe zwischen 10 ◦ C (Untergrund) und 5 ◦ C Lufttemperatur in der Heizperiode. Die Leistungszahl betr¨agt somit im Jahresdurchschnitt 3-3.5.
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Die geotechnischen Untersuchungen sollen alle Baugrundeigenschaften erfassen, die f¨ur eine geplante Baumaßnahme relevant sind. Ihr Umfang richtet sich nach der Schwierigkeit der geplanten Baumaßnahme. Sie erfolgen meist in mehreren Stufen, die sich z.B. wie folgt gliedern: Voruntersuchungen: Sie dienen der Entscheidung, ob ein geplantes Bauwerk im Hinblick auf die Baugrundverh¨altnisse u¨ berhaupt errichtet werden kann und welche Anforderungen f¨ur die Gr¨undung, die Baukonstruktion und die Baudurchf¨uhrung zu beachten sind. Sie umfassen die Sichtung und Bewertung vorhandener Unterlagen (sog. desk study), ein weitmaschiges Untersuchungsnetz sowie stichprobenartige Bestimmung von Bodeneigenschaften. Bei Linienbauwerken (z.B. Tunneln) bilden sie die Grundlage f¨ur Variantenstudien. Hauptuntersuchungen: Sie umfassen Sichtung und Bewertung vorhandener Unterlagen, Erkundung der Konstruktionsmerkmale und Gr¨undungsverh¨altnisse benachbarter Bauwerke, geologische Beurteilung bzw. Untersuchung, Erkundungsbohrungen, Sondierungen, Feldversuche (auch Pumpversuche), Probebelastungen, Laborversuche. Als Richtwerte f¨ur Abst¨ande von Erkundungsbohrungen gelten: 20 bis 40 m bei Hochbauten und Industriebauten, 60 m bei großfl¨achigen Bauwerken, 50 bis 200 m bei Linienbauwerken, bei Sonderbauwerken (z.B. Br¨ucken) 2 bis 4 Bohrungen pro Fundament. F¨ur Tunnel kommen auch Erkundungsstollen infrage. ¨ Baubegleitende Untersuchungen: Uberpr¨ ufung und Dokumentation der angetrof¨ fenen Baugrundverh¨altnisse auf Ubereinstimmung mit der Vorhersage. Dazu geh¨oren auch die zeitliche Entwicklung von Porenwasser¨uberdr¨ucken und Setzungen. Oft sind der Baugrund und das Bauwerk auch nach der Bauausf¨uhrung zu u¨ berwachen.
26.1 Untergrunderkundung Der Untergrund kann oberhalb des Grundwasserspiegels und bis zu einer Tiefe von ca. 5 m durch begehbare oder nicht begehbare Sch¨urfe (test pits) erkundet werden. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_26
500
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Sch¨urfe sind nach Erf¨ullung ihrer Aufgabe zu verf¨ullen bzw. zu sichern. F¨ur Tunnel im Festgestein kommen auch Sondierstollen (adits) bzw. -sch¨achte infrage. Zur Aufschließung von tieferen Schichten und zur Probengewinnung werden Erkundungsbohrungen durchgef¨uhrt. Es k¨onnen auch geophysikalische Methoden herangezogen werden.
26.2 Erkundungsbohrungen Durch Erkundungsbohrungen werden Proben aus dem anstehenden Untergrund zutage gef¨ordert und beurteilt bzw. im Labor untersucht. Je nach der dabei auftretenden St¨orung der urspr¨unglichen Bodenbeschaffenheit unterscheidet man zwischen gest¨orten und ungest¨orten Proben bzw. teilt man die Bodenproben in G¨uteklassen von 1 (weitgehend ungest¨ort) bis 5 (v¨ollig gest¨ort) ein. Die G¨uteklasse h¨angt von vielen Faktoren ab, sodass sie nicht in einer Ausschreibung f¨ur Bohrarbeiten vorgeschrieben werden kann. Proben hoher G¨uteklasse heißen Sonderproben (undisturbed samples). Damit Erkundungsbohrungen aufschlussreich sind, sollten sie sorgf¨altig durchgef¨uhrt werden. Man sollte nur erfahrene Unternehmen damit betrauen, die gleich bei der Unterbreitung ihres Angebotes die Qualifikation ihrer Bohrger¨atef¨uhrer nachweisen. Das Bohrunternehmen sollte einen Bauleiter benennen, der als Ansprechpartner f¨ur alle Bohrkolonnen dient. Eine Bohraufsicht durch den Auftraggeber wird dringend empfohlen. Die Ausstattung der Bohrger¨ate sollte in der Leistungsbeschreibung der Ausschreibung festgelegt werden. Die auf der Baustelle vorhandene Ausstattung sollte durch die Bohraufsicht dokumentiert werden. Die Ausr¨ustung u¨ blicher Bohrger¨ate umfasst eine hydraulische Vorrichtung zum Drehen und Dr¨ucken bzw. Ziehen der Verrohrung sowie einen hydraulischen Kraftdrehkopf f¨ur den Einsatz rotierender Bohrwerkzeuge (Spiralbohrer, Schappen, Doppelkernrohre). F¨ur das Ziehen von Rammkernen muss die Seilwindenkraft mindestens 30 kN betragen, und das Seil ist entsprechend auszulegen. Kontrollinstrumente sollen den Andruck des Kernrohrs und den Sp¨uldruck anzeigen k¨onnen. Die Ventile der Entnahmeger¨ate m¨ussen funktionieren. Die Stutzen f¨ur die Entnahme von Sonderproben m¨ussen rostfrei sein und einwandfreie Schneiden haben. Als Bohrwerkzeuge kommen infrage: Schnecke (auger) bzw. Spiralbohrer zum Einsatz im Lockergestein oberhalb des Grundwassers. Hohlbohrer f¨ur rollige B¨oden unterhalb des Grundwasserspiegels oder bei Zugabe von Wasser. Es gibt viele Ausf¨uhrungen, und die Bezeichnungen (wie z.B. Ventilbohrer, Ventilb¨uchse, Kiespumpe) sind nicht einheitlich.1 Ihr unteres Ende ist mit einem Klappenventil ausgestattet (Abb. 26.1, 26.2), und sie h¨angen an einem Seil. Durch wiederholtes Auf- und Abbewegen mit geringem Hub werden sie gef¨ullt. Diese Bewegung bewirkt eine Verfl¨ussigung des wasserges¨attigten 1
Siehe einige Beispiele in H. C AMBEFORT, Bohrtechnik, Bauverlag, Wiesbaden 1964.
26.2 Erkundungsbohrungen
501
rolligen Materials, sodass es in das Gef¨aß hineinfließen kann. Zur Unterst¨utzung kann ein Kolben herangezogen werden. Bohrkrone (cutting tip, Abb. 26.6) f¨ur feste bindige B¨oden und Fels. Es k¨onnen damit Bohrkerne (cores) aus dem Gestein gewonnen werden.
Abb. 26.2 Ventilb¨uchse, ohne Kolben Abb. 26.1 Ventilb¨uchse, ohne und mit Kolben
Abb. 26.3 Bohrkisten mit Gesteinsproben
Abb. 26.4 Bohrkisten mit Lockergestein
Mit Ausnahme der Bohrkronen im Festgestein zerst¨oren die hier angef¨uhrten Bohrwerkzeuge die urspr¨ungliche Struktur des Locker- bzw. Festgesteins. Mit ihrer Hilfe k¨onnen daher allenfalls gest¨orte Proben gewonnen werden (Abb. 26.5). Der nach oben gef¨orderte Boden (soweit nicht durch eine evtl. eingesetzte Bohrsp¨ulung zerstreut) wird zur Beurteilung des Untergrundaufbaus in Bohrkisten ausgebreitet (Abb. 26.3, 26.4).
502
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 26.5 Entnahme gest¨orter Bodenproben
Abb. 26.6 Bohrkrone
26.2 Erkundungsbohrungen
503
Bodenproben h¨oherer G¨uteklassen werden aus ausgesuchten Tiefenlagen mithilfe von diversen Probenentnahmeger¨aten (soil sampler) gewonnen. Dazu werden die Probenentnahmeger¨ate von der aktuellen Bohrlochsohle durch Rammen oder Dr¨ucken (evtl. mit Drehen) in den Boden eingetrieben. Vor der Probenentnahme ist die Bohrlochsohle zu s¨aubern. Dies darf allerdings nicht mit einem Spiralbohrer erfolgen, da dieser die Probe (durch das Eindr¨ucken seiner Spitze) besch¨adigen kann. ¨ Ubliche Probenentnahmeger¨ate sind: Aufklappbares Kernrohr: (split tube sampler, auch split spoon bzw. split barrel sampler) bestehend aus einem in L¨angsrichtung aufklappbaren Rohr, das unten mit einem Schneidschuh und oben mit einem Ventil zum Entweichen des Grundwassers w¨ahrend des Eindr¨uckens bzw. Einrammens versehen ist (Abb. 26.7). Im Inneren des Kernrohres kann eine d¨unnwandige H¨ulse (liner) oder einzelne
Ventil
aufklappbares Kernrohr (spilt tube)
Schneide
Abb. 26.7 Aufklappbares Kernrohr
Ringe aus Metall oder Kunststoff gelegt werden, die die Bodenprobe nach dem Aufklappen des Kernrohres zusammenhalten. Auf der Innenfl¨ache der Schneide werden Federn (Kernf¨anger, core retaining device, Abb. 26.10) angeordnet, damit die Probe nicht herausrutschen kann. Trotzdem kann die Gewinnung einer Bodenprobe misslingen, wenn der Boden u¨ berhaupt keine Koh¨asion hat. Mit dem aufklappbaren Kernrohr gewonnene Bodenproben sind als gest¨ort einzuordnen. Aus dem Aufwand zum Rammen des Probenentnahmeger¨ates l¨asst sich auf die Festigkeit des anstehenden Bodens schließen. Daraus ist der sog. SPTVersuch entstanden (siehe Abschnitt Rammsonde“). ” Offenes Entnahmeger¨at: (Abb. 26.8) Es dient zur Entnahme von Sonderproben aus bindigen und organischen B¨oden und entspricht dem amerikanischen Shelby tube. Es wird – a¨ hnlich wie das aufklappbare Kernrohr – in den Boden durch Dr¨ucken oder Rammen so tief eingetrieben, dass die Oberkante des Entnahme-
504
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
zylinders mindestens 20 cm tiefer als die Bohrlochsohle liegt. Der Innendurchmesser betr¨agt 50 bis 114 mm. Damit die Bodenprobe m¨oglichst reibungsfrei in das Kernrohr eingef¨uhrt werden kann, ist sein Innendurchmesser dik gr¨oßer als der Innendurchmesser dis der Schneide (Abb. 26.8). Dies bedeutet allerdings,
dik
dis
da
Abb. 26.8 Gestaltung der Schneide
dass die Probe seitlich entspannen und sich ausdehnen kann, was ihre mechanischen Eigenschaften ver¨andert. Um diesen Effekt klein zu halten, fordert man, dass dis < dik < 1, 03dis sein soll. Ferner muss man ber¨ucksichtigen, dass das Verh¨altnis des Außendurchmessers da des Rohrs im Vergleich zum Innendurchmesser der Schneide ein Maß f¨ur die St¨orung der Bodenprobe ist. Deshalb sollte d2a − d2is ≤ 0, 15d2is gelten. Das Eindr¨ucken ist mit gleichm¨aßiger und m¨oglichst hoher Vorschubgeschwindigkeit vorzunehmen. Zum Einrammen ist ein hinreichend großes Fallgewicht zu verwenden, sodass bei geringer Fallh¨ohe wenige Schl¨age zum Eintreiben gen¨ugen. Das Fallgewicht soll unmittelbar auf den Kopf des Entnahmeger¨ates aufschlagen. Um das Ziehen des Entnahmerohres zu erleichtern, kann es mit einer a¨ ußeren Verrohrung u¨ berbohrt werden. Ihre Sp¨ulhilfe darf aber die Bodenprobe nicht beeintr¨achtigen. Durch Drehen oder Ziehen wird die Probe aus ihrer Grundlage abgerissen und zutage gef¨ordert. Dort verbleibt sie im Rohr und wird so in das bodenmechanische Labor transportiert. Sofort nach der Entnahme sind gest¨orte oder aufgeweichte Teile aus den Probenenden zu entfernen. Diese sind dann nach einer der drei folgenden Methoden zu versiegeln (Abb. 26.9). • Abdeckung mit Folie, Auff¨ullung mit Boden, Verschließen mit Gummi- oder Kunststoffkappe mit dreifachem Dichtungsprofil. Es wird zus¨atzlich empfohlen, die Kappe mit Klebeband am Stahlzylinder zu fixieren. • Wie oben, jedoch anstelle der Folie kommt ein zweimaliges Vergießen mit ¨ Ceresin (Wachs) und anschließend Sicherung des Ubergangs Wachs-Stutzen mit zwei Lagen Klebeband. Ceresin hat sich jedoch nicht bew¨ahrt, da es vom Probenzylinder abreißt.
26.2 Erkundungsbohrungen
•
505
Verwendung eines Packers. Kappe Auffüllung mit Boden Folie Probe
Kappe Auffüllung mit Boden Klebeband zweilagig Ceresin zweilagig Probe
Gummiring Metallplatte Probe
Abb. 26.9 Abdichtung und Sicherung von Proben
Kolbenentnahmeger¨at: (piston sampler) f¨ur breiige bzw. weiche bzw. sensitive bindige sowie f¨ur organische B¨oden (Abb. 26.11). Der Kolben verschließt den Entnahmezylinder w¨ahrend des Durch¨orterns des durch das Bohren aufgeweichten Bodens. Anschließend wird der Kolben festgehalten, und der Entnahmezylinder wird in den intakten Boden eingetrieben. Kernrohr: (core sampler) ist unten mit einer Bohrkrone ausgestattet und erm¨oglicht eine durchgehende Probenentnahme. Zur Vermeidung des Herausrutschens der Probe ist es unten mit einem Kernf¨anger (Abb. 26.10) ausgestattet. Dieser ist ein aufgeschlitztes konisches Rohrst¨uck, das durch das Eindringen der Probe aufgeweitet wird. Beim Anheben des Kernrohrs rutscht die Probe samt Kernf¨anger etwas nach unten, wobei dieser festgeklemmt wird und so die Probe festh¨alt. Doppelkernrohr: (double tube method) wird bei festen bindigen B¨oden und bei Fels angewandt. Das a¨ ußere Bohrrohr ist mit einer Bohrkrone best¨uckt und vollzieht das Bohren durch Drehbewegung (mit Anpressdruck) und Sp¨ulhilfe zur K¨uhlung und zum Abtransport des Bohrschmands. Dabei w¨achst der Bohrkern in das innere (meist stillstehende) Rohr hinein, das ihn vor der Sp¨ulfl¨ussigkeit weitgehend sch¨utzt. Somit ist das Doppelkernrohr eine Verbesserung des Einfachkernrohrs, das nur bei intaktem Fels anwendbar ist. Nach dem Aufbohren jedes Kerns muss zur Bergung der Probe das gesamte Rohrgest¨ange hochgezogen und abgebaut werden. Daher ist der Bohrfortschritt bei Bohrungen mit durchgehendem Kerngewinn langsam. Eine Abhilfe stellt das Seilkernrohr dar (C RAELIUS-Verfahren). Dabei wird das Innenkernrohr mithilfe eines Seils zur Entnahme des Bohrkerns an die Oberfl¨ache gebracht, w¨ahrend der gesamte Rohrstrang im Bohrloch verbleibt. F¨ur die Herstellung der zugfesten Verbindung zwischen Innenkernrohr und Seil ist eine spezielle Fangvorrichtung vorgesehen. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist, dass bei Antreffen von empfindlichen Schichten die Sp¨ulung nicht so einfach abgestellt werden kann.
506
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Kernfänger
Abb. 26.10 Kernf¨anger. Solange die Probe in das Kernrohr hineingeschoben wird, befindet sich der Kernf¨anger in der Stellung oben“ (links). Beim Ziehen des Kernrohres bewegt sich ” der Kernf¨anger in die Position unten“ (rechts) und verklemmt sich dabei. ” doppeltes Gestänge mit Arretierung über Tage
Verrohrung Entnahmezylinder
Kolben Bereich des gestörten Bodens
Abb. 26.11 Kolbenentnahmeger¨at
26.2.1 Verrohrung Beim Bohren im Lockergestein und bei nicht standfestem Festgestein muss zum Schutz der Bohrlochwand eine Verrohrung vorgesehen werden. Das Probenentnahmerohr muss der Verrohrung vorauseilen. F¨ur die Verrohrung wird ein Innendurchmesser von mindestens 216 mm empfohlen.
26.2 Erkundungsbohrungen
507
¨ 26.2.2 Verfullen der Bohrl¨ocher Nach Erf¨ullung ihres Zwecks sind die Bohrl¨ocher mit dem Bohrgut bzw. mit Sand sorgf¨altig zu verf¨ullen, damit keine Sackungen und Einbr¨uche entstehen. Insbesondere m¨ussen Bohrl¨ocher im Bereich von grundwassersperrenden Schichten, die Grundwasserstockwerke trennen, mit quellf¨ahigem Ton wieder abgedichtet werden. Das Verf¨ullen sollte nur w¨ahrend des Ziehens der Verrohrung und keinesfalls danach durchgef¨uhrt werden. 26.2.3 Kleinbohrungen Sog. Kleinbohrungen (oder Kleinstbohrungen) werden mit Handbohr- bzw. Sondierger¨aten bis zu Tiefen von ca. 6 m f¨ur geotechnische Voruntersuchungen durch¨ gef¨uhrt. Ihr Einsatz ist durch das Gr¨oßtkorn des Bodens beschr¨ankt. Uber Schlitze im Gest¨ange lassen sich Bodenproben zur qualitativen Bestimmung der Bodenart gewinnen. 26.2.4 Grundwasserbeobachtungspegel Nach der Probenentnahme k¨onnen in die Bohrl¨ocher geschlitzte Rohre (Abb. 26.12) zur Beobachtung des Grundwasserspiegels installiert werden. Dies erfolgt mithilfe eines Lichtlots (Abb. 26.13). Auch ohne vorgebohrte Bohrl¨ocher k¨onnen Grundwasserbeobachtungspegel in den Boden hineinvibriert werden (Abb. 26.14).
Abb. 26.12 Geschlitzte Rohre
508
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 26.13 Bestimmung der Lage des Wasserspiegels im Standrohr mithilfe eines Lichtlots
Abb. 26.14 Einrammbare GW-Beobachtungsrohre
26.2.5 Wasserprobenentnahme Zur Baugrunduntersuchung geh¨ort auch die Untersuchung des Grundwassers auf betonangreifende Bestandteile, auf Eignung als Anmachwasser f¨ur Beton, auf Korrosionsgefahr von Stahl, auf Gef¨ahrdung von Dr¨anagen und Filtern, auf Beeintr¨achtigung der Qualit¨at der Baumaßnahmen bzw. Deponien. Wird die Wasserprobe aus Bohrl¨ochern entnommen, so muss man ber¨ucksichtigen, dass das darin befindliche Wasser stark durch den Bohrvorgang, insbesondere bei Sp¨ulung, beeintr¨achtigt sein kann. Daher d¨urfen Wasserproben nur aus Bohrl¨ochern entnommen werden, die als Grundwasserpegel ausgestaltet sind.
26.4 Versuchsprogramm
509
26.3 Bodenproben Folgende Aspekte sollten bei den Bodenproben beachtet werden: Menge: Zum Erkennen der Bodenart und zur Durchf¨uhrung von Klassifikationsversuchen bei B¨oden bis zur Sandfraktion reicht eine Menge von ca. 1 Liter. Bei Kies und Ger¨oll ist ein Vielfaches notwendig. Zur laborm¨aßigen Bestimmung der mechanischen Eigenschaften werden i.Allg. Bohrkerne mit Durchmesser ≥ 80 mm ben¨otigt. Beschriftung: Es sollten mit permanenter Tinte folgende Angaben auf dem Probenbeh¨alter (nicht auf dem Deckel) eingetragen werden: • Bauwerk oder Ort der Entnahme • Nummer des Schurfs oder Bohrlochs • Nummer der Probe • Tiefe der Probenunterkante • Kennzeichnug von oben“ durch einen zum Bohrfortschritt gerichteten Pfeil ” • Bodenart (entf¨allt bei Probenentnahmen in Rohren und Schl¨auchen) • Datum der Entnahme Lagerung: Auf der Baustelle sollen Proben vor Sonneneinstrahlung, Hitze, Regen und Frost gesch¨utzt werden. Sonderproben sollen umgehend zum Labor bef¨ordert werden. Versuchsprogramm: Die Anzahl und Qualit¨at der zum Labor zu bef¨ordernden Proben richten sich nach dem Versuchsprogramm. Generell versucht man, durch billigere Klassifikationsversuche an gest¨orten Proben die angetroffenen B¨oden in Klassen (sog. Homogenbereiche) einzuteilen, sodass man anschließend f¨ur jede Klasse eine angemessene Anzahl von Triaxial-, Rahmenscher- und Kompressionsversuchen durchzuf¨uhren hat. Gest¨orte Proben sollten von jeder Bodenschicht, mindestens aber von jedem Bohrmeter entnommen werden. Aus bindigen B¨oden wird u¨ blicherweise alle 2 Meter oder bei Schichtwechsel eine Sonderprobe entnommen. Kernverluste sind oft bei Sanden und Kiesen unumg¨anglich. Insbesondere treten sie bei Wechsellagerungen von festem Ton und lockerem Sand auf.
26.4 Versuchsprogramm In einem Versuchsprogramm sollen die Laborversuche so festgelegt werden, dass sie die f¨ur Planung und Durchf¨uhrung eines Bauprojektes notwendigen geotechnischen Daten liefern. Die Festlegung der Probenaufbereitung und der Art und des Umfangs der Versuche ist keine triviale Aufgabe und muss auch das beschr¨ankte zur Verf¨ugung stehende finanzielle Budget sowie den u¨ blicherweise vorgegebenen Termindruck ber¨ucksichtigen.
510
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
26.4.1 Probenaufbereitung Die im Labor untersuchten Proben sollten dieselbe Beschaffenheit wie im Feld haben, was aber nur bei den relativ ungest¨orten Proben einigermaßen der Fall ist. Meist sind die Proben gest¨ort: •
Die nat¨urliche Lagerungsdichte ist unbekannt (insbesondere bei rolligen B¨oden) und muss bei der Herstellung einer Laborprobe aus gest¨ortem Boden etwa anhand von Sondierergebnissen gesch¨atzt werden. Bei B¨oden, die noch nicht existieren (z.B. bei Dammbauprojekten), werden die Proben mit der geplanten x%igen Proctordichte eingebaut. • Eine Verkittung der K¨orner in situ verleiht dem Boden Koh¨asion, geht aber bei der Probenentnahme leicht verloren und kann somit im Labor nicht erfasst werden. Bindige B¨oden k¨onnen im Labor aus einem breiigen Zustand auf die im Feld angetroffene Porenzahl rekonsolidiert werden, sie erlangen dadurch aber nicht die volle Koh¨asion (und Konsistenz), die sie durch die lange Lagerung im Feld aufweisen. • Das in einer Probe enthaltene Gr¨oßtkorn muss erheblich kleiner als die Probenabmessung sein.2 Daher werden große K¨orner ausgesiebt. Es ist noch unklar, ob der verbleibende Boden dasselbe Verhalten wie das Ausgangsmaterial hat. 26.4.2 Art und Umfang der Versuche Anhand der Versuchsergebnisse werden Stoffgesetze kalibriert, mit welchen f¨ur das geplante Bauprojekt relevante Berechnungen durchgef¨uhrt werden. Man muss also das zu verwendende Stoffgesetz und das geplante Bauprojekt ber¨ucksichtigen. Z.B. wird f¨ur einen Flachbau mit geringer Bodenpressung eher die Setzung des Bodens interessieren und nicht die Scherfestigkeit. Liegt das Stoffgesetz noch nicht fest, muss der Versuchsplaner mehrere M¨oglichkeiten ber¨ucksichtigen. Da keines der bekannten Stoffgesetze alle erdenklichen Spannungspfade realistisch beschreiben kann, ist man bestrebt, die im Feld in etwa erwarteten Spannungspfade im Labor nachzufahren. Dazu muss man insbesondere die Ausgangs- und die Endspannung f¨ur den Laborversuch so w¨ahlen, wie sie im Feld vorkommen. Auch muss man ber¨ucksichtigen, ob es sich um eine Erst-, Ent- oder Wiederbelastung handelt. Die Scherfestigkeitsparameter lassen sich mit Rahmenscher- und Triaxialversuchen bestimmen, bei Triaxialversuchen l¨asst sich auch die Probendehnung erfassen (sofern die Verformung homogen ist, also u.U. bis zum Peak). Triaxialversuche werden meist mit wasserges¨attigten Proben dr¨aniert (D) oder undr¨aniert (U) durchgef¨uhrt. Bei dr¨anierten Versuchen ist die von außen aufgebrachte totale Spannung gleich der effektiven Spannung, d.h. der Porenwasser¨uberdruck verschwindet. Dazu muss (i) die Dr¨anage ge¨offnet sein und (ii) die Verformung hinreichend langsam durchgef¨uhrt werden (siehe Abschnitt 7.8.2). Daher k¨onnen dr¨anierte Triaxialversuche 2
Die Frage nach dem maximal zul¨assigen Verh¨altnis von Durchmesser des Gr¨oßtkorns zur minimalen Probenabmessung ist noch ungekl¨art. Man verwendet daher diverse Empfehlungen hierf¨ur, die aber nicht n¨aher begr¨undet sind.
26.5 Sondierungen
511
bei wenig durchl¨assigen B¨oden (z.B. Ton) extrem lange dauern. Auch undr¨anierte Versuche d¨urfen nicht zu schnell durchgef¨uhrt werden, damit der Porendruck richtig gemessen werden kann (Ansprechzeit des Messger¨ates).3 Eine schnelle Variante des undr¨anierten Triaxialversuchs stellt der sog. CCV-Versuch dar: Die Kompression erfolgt weggesteuert bei geschlossener Dr¨anage. Der Porendruck wird dabei durch ¨ permanente Regelung auf ’Null’ gehalten, d.h. einer Anderung des Porendrucks wird ¨ sofort durch eine ad¨aquate Anderung der (totalen) Seitenspannung σ3 entgegengewirkt. Die Versuchsdauer betr¨agt bis zu 8 Stunden. Bei der Ermittlung der Scherfestigkeitsparameter c und ϕ muss man bedenken, dass die Gerade τf = c + σ tan ϕ nur eine N¨aherung f¨ur einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen τf und σ ist. Diese N¨aherung gilt jeweils nur f¨ur einen bestimmten σ-Bereich, welcher im Labor (Auflast beim Rahmenscherversuch bzw. Zelldruck beim Triaxialversuch) so wie in der Realit¨at gew¨ahlt werden sollte. Sollen Verformungen nach der Theorie der Elastoplastizit¨at berechnet werden, ben¨otigt man auch die Parameter f¨ur das linear-elastische Stoffgesetz von H OOKE. Ihre Bestimmung ist deswegen schwierig, weil das H OOKEsche Gesetz das Bodenverhalten schlecht wiedergibt. Auf jeden Fall sollten die Anpassungen an die Versuche anhand von Ent- bzw. Wiederbelastungskurven vorgenommen werden.
26.5 Sondierungen Den verst¨andlichen Wunsch, die Bodenparameter in situ zu bestimmen, erf¨ullen die verschiedenen Sonden nur partiell. Ihre Aussage u¨ ber die vorherrschenden Bodenverh¨altnisse ist indirekt, fehleranf¨allig und kann nur im Zusammenhang mit sog. Schl¨usselbohrungen aufgeschl¨usselt werden. Die wichtigsten Sonden sind: 26.5.1 Rammsondierung Durch Schlagen mit definiertem Fallgewicht und Fallh¨ohe wird ein Gest¨ange mit verdickter Spitze in den Untergrund eingetrieben (Abb. 26.15). Die Anzahl n10 der Schl¨age f¨ur eine Eindringung von 10 cm ist indikativ f¨ur die Bodeneigenschaften. Die Rammsonden sind je nach Spitzendurchmesser und Fallenergie abgestuft4 in • • •
leichte Rammsonde (DPL, dynamic probing light) mittelschwere Rammsonde (DPM, dynamic probing medium) schwere Rammsonde (DPH, dynamic probing heavy). Masse Rammb¨ar Fallh¨ohe Spitzen Gest¨ange kg cm mm mm DPL 10 50 34 22 DPM 30 50 42 32 DPH 50 50 42 32
3 4
Genaue Angaben dar¨uber sind kaum zu finden. Fr¨uher waren hierf¨ur die Bezeichnungen LRS, MRS, SRS u¨ blich.
512
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Eigentlich sollten die Angaben von n10 sich auf den Sondentyp beziehen, d.h. man sollte schreiben n10L bzw. n10M bzw. n10H , je nachdem, ob DPL, DPM oder DPH verwendet wurde. Dies wird aber meist unterlassen, und man geht stillschweigend davon aus, dass sich die n10 -Zahlen auf die DPH beziehen. DPL hat eine Reichweite von ca. 10 m, w¨ahrend DPM und DPH (je nach Boden) ca. 25 m Tiefe erreichen. Nach jedem Meter Eindringen ist das Sondiergest¨ange um mindestens 1,5 Umdrehungen im Uhrzeigersinn zu drehen, um den Einfluss der Mantelreibung qualitativ festzustellen und die Gewinde zu entlasten. Die Aufl¨osungsf¨ahigkeit nimmt mit zunehmender Masse des Fallb¨aren und abnehmendem Durchmesser der Spitze ab. Zur Interpretation der Sondierergebnisse sollte man folgende Hinweise beachten: • • • • •
• • •
Mit zunehmender Lagerungsdichte steigt der Eindringwiderstand u¨ berlinear. Auch eine Bodenverkittung erh¨oht wesentlich den Eindringwiderstand. Bei eckigen und rauhen K¨ornern ist der Eindringwiderstand gr¨oßer als bei runden und glatten K¨ornern. Steine k¨onnen den Eindringwiderstand betr¨achtlich erh¨ohen. Daher ist ein vereinzelt auftretender erh¨ohter Eindringwiderstand nicht f¨ur die ganze Schicht indikativ. Der Eindringwiderstand schwankt umso st¨arker, je grobk¨orniger der Boden ist. Bei weichem Boden hat die Mantelreibung einen großen Einfluss auf den Eindringwiderstand. Als Abhilfe kann das Gest¨ange in einer Verrohrung gef¨uhrt werden. Auch eine verdickte Spitze tr¨agt dazu bei, die Mantelreibung zu eliminieren. Faserige Torfe besitzen einen hohen Eindringwiderstand, zersetzte Torfe hingegen einen sehr niedrigen. Oft wird die Aussage gemacht, dass der Sondierwiderstand bis zu einer Grenztiefe von 1 bis 2 m linear ansteigt und dann (bei unver¨anderten Bodeneigenschaften) konstant bleibt. Unterhalb des Grundwasserspiegels fallen die Schlagzahlen in rolligen B¨oden geringer aus. So gelten folgende empirische Beziehungen f¨ur Schlagzahlen nu im Bereich 3 ≤ nu ≤ 50: gleichf¨ormige Sande ungleichf¨ormige Sande DPL n10,¨u ≈ 2n10,u + 2 DPH n10,¨u ≈ 1, 2n10,u + 4, 5 DPH n10,¨u ≈ 1, 3n10,u + 2 SPT n30,¨u ≈ 1, 1n30,u + 5, 9 SPT n30,¨u ≈ 1, 1n30,u + 5 Dabei sind nu¨ und nu die Schlagzahlen u¨ ber- und unterhalb des Grundwasserspiegels. In bindigen B¨oden kann die Schlagzahl unterhalb des Grundwasserspiegels gr¨oßer ausfallen.
Als Varianten kommen die sog. Rammsondierungen im Bohrloch infrage. Dabei wird die Sonde von der Bohrlochsohle (z.B. einer Erkundungsbohrung) aus 45 cm tief in den Boden eingerammt. Die Schlagzahl n30 f¨ur die letzten 30 cm (1 foot) Eindringung wird dabei registriert. cu l¨asst sich grob aus der Schlagzahl n30 absch¨atzen: cu (kN/m2 ) ≈ 6 n30
.
26.5 Sondierungen
513
Tabelle 26.1 Erfahrungsm¨aßige Korrelation zwischen n30 und Dichte bzw. Konsistenz SPT im nichtbindigen Boden n30 Lagerung 0-4 sehr locker 4-10 locker 10-30 mitteldicht 30-50 dicht >50 sehr dicht
SPT im bindigen Boden n30 Konsistenz 0-2 sehr weich 2-4 weich 4-8 mittel 8-15 steif 5-30 sehr steif 30 hart
Abb. 26.15 Schwere Rammsonde, DPH
Weitere Korrelationen siehe in Tabelle 26.1. Vorsicht ist bei Rammungen unterhalb des Grundwasserspiegels geboten. Das Bohrloch sollte zum Aufbau eines Gegendrucks mit Wasser aufgef¨ullt werden. Ist dies nicht der Fall, so kann die aufw¨arts gerichtete Str¨omungskraft die Bohrlochsohle aufweichen (sog. hydraulischer Sohlaufbruch), und man erh¨alt unrealistisch niedrige n30 -Werte. Man unterscheidet folgende Versionen:
514
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Standard Penetration Test (SPT): Es wird ein ausklappbarer Entnahmestutzen (split barrel sampler), der zugleich eine Probenentnahme erlaubt, von der Gel¨andeoberkante aus gerammt. Bohrlochrammsondierung (BDP): Es wird eine 60◦ -Spitze mit 50,9 mm Durchmesser gerammt. Die Rammung erfolgt mit einer Schlagvorrichtung im-Loch“. ” Beide Versionen liefern eine als n30 bezeichnete Schlagzahl, und es ist leider unklar, inwiefern die erhaltenen Schlagzahlen miteinander vergleichbar sind.
Abb. 26.16 Rammkernsondierung, rechts: Ziehen der Sonde
26.5.2 Drucksondierung Bei der Drucksondierung (cone penetration test, CPT, Abb. 26.17) wird die zum Eindr¨ucken eines Stabes mit kegelf¨ormiger Spitze (Querschnitt meist 10 cm2 ) in den Boden erforderliche Kraft gemessen. Drucksondierungen sind nicht anwendbar bei Grobkies oder Steinen. Die maximale Tiefe betr¨agt ca. 40 m. Ein Gegendruck von bis zu 100 kN ist erforderlich und wird entweder als Totlast (z.B. durch einen LkW) oder durch provisorische Zuganker und Traversen bereitgestellt. Da im Wesentlichen der Spitzendruck qs interessiert, wird die Mantelreibung durch ein Mantelrohr eliminiert. Bei neueren Modellen mit elektronischen Messeinrichtungen kann der Spitzendruck separat gemessen werden. Seine Differenz zur gesamten Eindringkraft ergibt eine u¨ ber die Tiefe gemittelte (aber infolge St¨orungen oft fehlerhafte) Mantelreibungskraft. Besser ist es, auch die Mantelreibung im unmittelbaren Bereich der Spitze (also lokal) zu messen. Das Verh¨altnis von Spitzendruck zur lokalen Mantelreibung ist bodentypisch und erlaubt, auf die Bodenart zu schließen. Moderne Drucksonden haben auch einen eingebauten Neigungsaufnehmer, der den Vortrieb automatisch stoppt, sobald die Lotabweichung einen bestimmten Grenzwert u¨ berschreitet. Dadurch k¨onnen ein Gest¨angebruch und Sondenverlust vermieden werden. Besondere Vorrichtungen gestatten es auch, den Porenwasserdruck u
26.5 Sondierungen
515
Abb. 26.17 Drucksondierung (cone penetration test, CPT)
an der Sondenspitze zu messen (piezocone, CPTU). Dieser setzt sich zusammen aus dem hydrostatischen Anteil und einem Anteil, der durch die Kontraktanz bzw. Dilatanz des Bodens bedingt ist. Der gemessene Spitzendruck muss vom Porendruck u bereinigt werden: qs,korrigiert = qs − u(1 − a), wobei a = AN /AC ; AN = Querschnittsfl¨ache des Gest¨anges, AC = Querschnittsfl¨ache der verdickten Sondenspitze. Die Eindringgeschwindigkeit der Sonde kann u.U. die Ergebnisse beeinflussen (durch Porendruckbildung und -dissipation sowie infolge der Viskosit¨at des Bodens) und soll daher 2 cm/s betragen. Mit einer Magnetometersonde ausgestattet kann die Drucksonde metallische Gegenst¨ande (etwa Rohrleitungen oder Kampfmittel5 ) in einer Reichweite von bis zu 1m entdecken. F¨ur gleichf¨ormige erdfeuchte fein- bis mittelk¨ornige Sande kann man die Lagerungsˇ 6 an. F¨ur dichte nach Tabelle 26.2 sch¨atzen. Weitere Korrelationen gibt H UB A´ CEK Sande l¨asst sich der Reibungswinkel ϕ aus dem Spitzendruck qs absch¨atzen (Tabelle 26.3). Die Absch¨atzung des Steifemoduls Es ≈ (1, 5 bis 3)qs ist f¨ur nichtbindige B¨oden recht ungenau. F¨ur wasserges¨attigte normalkonsolidierte bindige B¨oden gilt 5
6
¨ Laut VOBUforum vom Februar 2013 wurden im 2. Weltkrieg ca. 700.000 Bomben auf ¨ Osterreich abgeworfen. Davon waren 13 % (ca. 91.000 St¨uck) Blindg¨anger. Heute d¨urften noch ca. 15.000 Blindg¨anger im Boden liegen. 2003 starben zwei Personen bei der Explosion einer Weltkriegsbombe am Bahnhof von Salzburg. H. H UB A´ Cˇ EK, Quantifizierung von Sondierergebnissen zur Bestimmung von Bodenkennwerten, Geotechnik 9/4 (1986) 206–213.
516
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Tabelle 26.2 Lagerungsdichte in Abh¨angigkeit vom Spitzendruck qs f¨ur erdfeuchte fein- bis mittelk¨ornige Sande nach M UHS qs (MN/m2 ) 25
Lagerung sehr locker locker mitteldicht dicht sehr dicht
cu ≈ (qs − σv0 )/N
,
wobei σv0 die in situ Vertikalspannung ist und N zwischen 12 und 20 liegt. Das Verh¨altnis der lokalen Mantelreibung τmg (im Bereich der Spitze) zum Spitzendruck ist bodentypisch. Es kann somit zur Bestimmung der durchfahrenen Bodenart herangezogen werden. Tabelle 26.3 Sch¨atzwerte des Reibungswinkels von Sand aus dem Spitzendruck qs qs (MN/m2 ) Reibungswinkel ϕ (◦ ) 5,0 32,5 7,5 35,0 15,0 37,5 25,0 40,0
In grobk¨ornigen B¨oden mit weniger als 10 % K¨ornern gr¨oßer als 20 mm Durchmesser darf qs aus der Schlagzahl n10 der schweren Rammsonde abgesch¨atzt werden: qs (MN/m2 ) ≈ n10 (DPH)
.
Die Umrechnung zwischen der Schlagzahl n30 aus SPT und dem Sondierspitzendruck qs kann nach Tabelle 26.4 erfolgen. Tabelle 26.4 Beziehung zwischen qs und n30 aus SPT Bodenart qs /n30 (MN/m2 ) Fein- bis Mittelsand oder 0,3 bis 0,4 leicht schluffiger Sand Sand oder Sand mit etwas Kies 0,5 bis 0,6 weitgestufter Sand 0,5 bis 1,0 sandiger Kies oder Kies 0,8 bis 1,0
26.5 Sondierungen
517
Der Sondierspitzendruck qs ist eine u¨ ber die Tiefe stark schwankende Gr¨oße. In die Berechnung gehen Mittelwerte ein, deren Festlegung dem Ermessen des Ingenieurs unterliegt. In Holland wird die Mittelung nach der KOPPEJAN-Methode7 vorgenommen. Bei allen hier angegebenen Korrelationen ist zu beachten, dass sie rein empirisch sind, d.h. auf den Erfahrungen von speziellen Personen, gewonnen mit speziellen Ger¨aten und speziellen B¨oden, beruhen. Sie sind daher nur bedingt g¨ultig. ¨ 26.5.3 Flugelsondierung Anwendbar bei normalkonsolidierten B¨oden weicher bis steifer Konsistenz (cu ≤ 100 kN/m2 ). Es wird das maximale Drehmoment M eines Fl¨ugels im Boden gemessen (Abb. 26.18, 26.19). Zur Eliminierung der Mantelreibung wird die Fl¨ugelsonde in ein verrohrtes Bohrloch eingef¨uhrt. Zur Messung wird sie von der jeweiligen Bohrlochsohle um mindestens 7D in den Boden eingedr¨uckt und anschließend mit einer Geschwindigkeit von 0, 1 bis 0, 4◦ /s gedreht. cu ergibt sich aus der Formel 6M . (5.12) 7πD3 Dabei wird nicht nur die Mantelfl¨ache, sondern es werden auch die Stirnfl¨achen des gedrehten Erdpfropfens ber¨ucksichtigt. Nach 5-maliger Drehung kann auch die Restfestigkeit ermittelt werden. Das tats¨achliche Spannungs- und Verformungsfeld um die Sonde ist unbekannt, daher sind die so ermittelten cu -Werte nur grobe N¨aherungen. Da die Verformungsgeschwindigkeit bei der Fl¨ugelsondierung u¨ blicherweise viel gr¨oßer als bei der geplanten Baumaßnahme ist, muss die Viskosit¨at bindiger B¨oden u¨ ber den Korrekturfaktor μ nach B JERRUM8 ber¨ucksichtigt werden. μ ist in Abh¨angigkeit der Plastizit¨atszahl Ip = wL − wP von B JERRUM grafisch angegeben worden. Analytisch l¨asst sich diese Beziehung wie folgt darstellen: cu =
μ≈
0, 33 − 0, 24 ln Ip
(Ip nicht in %!) .
26.5.4 Pressiometer ¨ Das Pressiometer (pressuremeter test, PMT) wurde Anfang der 30er-Jahre von K OG LER als Seitendruckapparat“ eingef¨ uhrt. Pressiometer“ ist eine Weiterentwicklung ” ” 7
8
Siehe The Netherlands Commemorative Volume. New York: E.H. DE L EEUW (Ed.), 11th ˇ , A practical Int. Conf. SMFE San Francisco 1985; F.M. A BDRABBO,, M.A. M AHMO UD note on the evaluation of a pile load using cone penetration test results, Proceed. of the Int. Symp. on Penetration Testing /ISOPT-1/, edited by J. DE RUITER, Balkema, Rotterdam 1988, S. 599–605, und E. D E B EER, M´ethodes de d´eduction de la capacit´e portante d’un pieu a` partir des r´esultats des essais de p´en´etration, Extrait des Annales des Travaux Publics de Belgique, No. 4, 5, 6 -1971/1972. L. B JERRUM, Problems of soil mechanics and construction on soft clays and structurally unstable soils, 8th Int. Conf. SMFE Moskau, Band 3, 1973, S. 111-159.
518
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
M D
5D
H=2D 2D
D
Abb. 26.18 Fl¨ugelsonde
Abb. 26.19 Fl¨ugelsondierung
von M E´ NARD. Eine zylindrische Gummiblase (ø 44 bis 70 mm, l = 200 bis 400 mm) wird gegen das Bohrloch aufgeblasen, wobei die Beaufschlagung entweder druckgesteuert oder verformungsgesteuert ist. Registriert werden dabei der Druck und die Volumenvergr¨oßerung der Blase. Aus der so erhaltenen Kurve werden der Steifemodul und die Scherfestigkeit des Bodens berechnet – jedoch nicht ohne weitgehende Annahmen. So wird z.B. die Auswertung des M E´ NARD-Pressiometers nach dem in Abb. 26.20 dargestellten Schema vorgenommen. Unverf¨anglicher ist dagegen die Bestimmung von Bodenparametern aus Erfahrungen mit a¨ hnlichen B¨oden. Fr¨uher wurden die Pressiometer in vorgefertigte Bohrl¨ocher eingebracht, wobei der kraftschl¨ussige Kontakt zum umliegenden Boden erst nach
26.5 Sondierungen
519 V
V0 ΔV Vr p
p
LM
dV/dp
Δp
min
1,2 min p
Abb. 26.20 Zur Auswertung des Pressiometerversuchs nach M E´ NARD. p ist der Druck, V das injizierte Volumen. Vr ist das injizierte Volumen beim Minimum von dV /dp. V0 ist definiert durch V0 = Vr + Vc , wobei Vc das Volumen der Blase bei p = 0 ist. Der Verformungsmodul Δp EM ist definiert durch EM := 2, 66 · ΔV · V0 .
Auff¨ullung des Ringspaltes erfolgte. Dies ist nicht mehr der Fall bei neueren, sog. selbstbohrenden Pressiometern. Somit unterscheidet man heute zwischen dem M E´ NARD-Pressiometer (MPM), anderen Pressiometern, die in vorgebohrte L¨ocher eingesetzt werden (prebored pressuremeters, PBP), selbstbohrende Pressiometer (self-boring pressuremeter, SBP) und Vollverdr¨angungs-Pressiometer (full displacement pressuremeter, FDP). 26.5.5 Seitendrucksonde W¨ahrend mit dem Pressiometer das Bohrloch radial aufgeweitet wird, werden bei den Seitendrucksonden zwei sich im Bohrloch befindliche Backen auseinandergedr¨uckt. Aus dem linearen Bereich des dabei registrierten Kraft-VerschiebungsVerlaufs wird dann der Bettungsmodul bestimmt. Die Qualit¨at der Ergebnisse von Seitendrucksondierungen h¨angt stark vom Zustand der Bohrlochwand und somit vom Bohrverfahren ab. Meist wird die Steifigkeit des Bodens untersch¨atzt.
520
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
Abb. 26.21 Selbstbohrendes Pressuremeter (Cambridge)
26.5.6 Dilatometer Beim flachen Dilatometer (flat dilatometer test, DMT, Abb. 26.22) wird eine 14 mm dicke spatenf¨ormige Sonde (Breite = 95 mm) in den Boden eingedr¨uckt. Auf der Flachseite des Spatens ist eine Stahlmembran (ø 60 mm) angeordnet, die pneumatisch mit Druck beaufschlagt werden kann. In Tiefenintervallen von 20 cm werden die Dr¨ucke pA (= Druck, bei dem die Membran gerade anspricht) und pB (= Druck, bei dem die Membran um 1 mm in den Boden eingedr¨uckt wird) gemessen. Daraus werden dann durch empirische Korrelationen Bodenparameter wie K0 , OCR, cu bestimmt.9
26.6 Geophysikalische Erkundung 26.6.1 Inverse Probleme Die R¨ontgenuntersuchung (z.B. in der Medizin) beruht darauf, dass die Absorption von R¨ontgenstrahlen umso st¨arker ist, je gr¨oßer die Dichte des durchstrahlten Mediums ist. Kennt man die Dichteverteilung ρ(x, y, z) in einem K¨orper, kann man ausrechnen, welcher Anteil von den gesendeten Strahlen auf einem Schirm ankommt. Das dazu inverse Problem besteht darin, aus dem am Schirm aufgefangenen Muster auf ρ(x, y, z) zu schließen. Inverse Probleme erlauben also, das Innere von K¨orpern nichtinvasiv zu durchleuchten“ und werden daher gerne sowohl in der Me” dizin als auch in der Geotechnik herangezogen. Benutzt man mehrere Quellen und Empf¨anger, so kann man sich ein genaueres Bild von der Verteilung von Feldgr¨oßen, 9
S. M ARCHETTI, In situ test by flat dilatometer, ASCE, Journal of Geotechnical Engineering Division 106, No. GT3, 1986, S. 299–321.
26.6 Geophysikalische Erkundung
521
Abb. 26.22 Dilatometer
wie z.B. ρ(x, y, z) verschaffen (’Tomographie’). Allerdings ist die mathematische L¨osung inverser Probleme nicht eindeutig, was den vorgelegten L¨osungen Interpretationsspielraum l¨asst. Zur Eingrenzung der Mehrdeutigkeit sollten daher mehrere Messverfahren und/oder Erkundungsbohrugen ( Schl¨usselbohrungen“) herangezo” gen werden. 26.6.2 Geophysikalische Methoden F¨ur geophysikalische Untersuchungen werden mehrere Felder, insbesondere Wellenfelder, verwendet.10 Bei Wellen wird nebst ihrer Absorption (bei Transmission bzw. Durchstrahlung) auch die Reflexion an Diskontinuit¨atsfl¨achen (vgl. Abschnitt Transmission und Reflexion“, Seite 274) ausgewertet. Wichtig f¨ur die Erkundung ist ” ein ausreichender Kontrast, d.h. dass die gesuchten Objekte (Hohlr¨aume, St¨orungen, Einlagerungen) wesentlich verschiedene Eigenschaften als das umgebende Medium haben. Folgende Felder bzw. Verfahren werden angewandt: Elektrische Felder (Widerstandsgeoelektrik): Es wird die elektrische Spannung zwischen mehreren Elektroden gemessen. Daraus kann auf die Verteilung des spezifischen elektrischen Widerstands geschlossen werden. Korreliert dieser mit einer Eigenschaft des gesuchten Objektes, so kann bei hinreichendem Kontrast auch auf dieses geschlossen werden. Das Verfahren funktioniert nicht, wenn sich die gesuchten Objekte tief unter der Oberfl¨ache befinden, d.h. wenn die Tiefe t gr¨oßer als ca. 3d ist, wobei d der Durchmesser des Objektes ist. Elektromagnetische Wellen (Georadar) (Ground Penetrating Radar, GPR): Es werden die Reflexion an Objektgrenzen und die Durchstrahlung (sog. crosshole oder tomografische Messung von Bohrl¨ochern aus) ausgewertet. Geeignet 10
D. K IRSCHKE u.a., Geophysikalische Prospektionstechnologie zur Vorauserkundung von St¨orungen, Hohlr¨aumen und Verkarstungen, Taschenbuch f¨ur den Tunnelbau 2011, DGGT.
522
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
zur Ortung von z.B. Karsth¨ohlen. Es kann allerdings nur die Oberfl¨ache einer Karsth¨ohle, nicht ihre Gr¨oße (Volumen) detektiert werden. In tonigen Gesteinen werden die Wellen so stark absorbiert, dass dort keine Erkundung m¨oglich ist. Wird auch zur Erkundung von Landminen und in der Arch¨aologie angewandt. Schwerefeld (Gravimetrie): Die genaue Messung der Erdbeschleunigung an mehreren Stellen erlaubt Erkundung von Auflockerungszonen und Hohlr¨aumen. Dazu sollte das Verh¨altnis t : d nicht gr¨oßer als 3 (bei luftgef¨ullten Hohlr¨aumen bzw. 2 oder 1 f¨ur wassergef¨ullte Hohlr¨aume) sein. Elastische Wellen (Seismik): Durch die Auswertung von Reflexionen seismischer Wellen, die durch k¨unstliche Ersch¨utterungen ausgel¨ost werden, k¨onnen Schichtgrenzen und geologische St¨orungen (aber keine Hohlr¨aume) großr¨aumig erkundet werden. Zur feineren Aufl¨osung im oberfl¨achennahen Bereich eignet sich besser die Refraktionsseismik (siehe auch Abschnitt 17.3.1, Seite 296). Dabei werden die Reflexionen an Schichtgrenzen mit mehreren Empf¨angern aufgezeichnet und analysiert. Die o.g. Verfahren sind nicht nur von der Gel¨andeoberfl¨ache, sondern auch von Tunnelvortrieben aus einsetzbar. Man beachte aber, dass sie durch spezifische Umwelteinfl¨usse (z.B. Ersch¨utterungen, Bewehrungseisen) beeintr¨achtigt werden k¨onnen.
26.7
Interpolation r¨aumlicher Daten
Mithilfe von Bohrungen k¨onnen die Werte von geotechnischen Gr¨oßen nur punktuell erkundet werden. F¨ur alle anderen Punkte m¨ussen die Werte gesch¨atzt bzw. interpoliert werden. Am einfachsten ist das eindimensionale Problem: Entlang einer geplanten Straße werden Bohrungen durchgef¨uhrt. Der Untergrund besteht aus Ton, darunter aus Sand. Anhand der Bohrungen soll die Tiefe der Schichtgrenze Ton-Sand bestimmt werden (Abb. 26.23). Bohrung i
Bohrung j
x z
zi
zj Schichtgrenze Schichtgrenze
Abb. 26.23 Durch Bohrungen angetroffene Schichtgrenzen
Die Frage ist nun, wie diese Grenze zwischen den einzelnen Bohrungen verl¨auft. Es sind verschiedene Interpolationen denkbar. Man k¨onnte z.B. im Bereich xi < x < xj
26.7
Interpolation r¨aumlicher Daten
523
den Mittelwert z(x) := (zi + zj )/2 nehmen (Abb. 26.24), was nicht besonders sinnvoll ist, weil der gesch¨atzte Wert bei den Bohrungen nicht mit dem angetroffenen u¨ bereinstimmt.
geschätzte Schichtgrenze
Abb. 26.24 Gesch¨atzte Schichtgrenze (Mittelwert)
geschätzte Schichtgrenze
Abb. 26.25 Gesch¨atzte Schichtgrenze (lineare Interpolation)
Eine bessere Sch¨atzung w¨are die lineare Interpolation z(x) := (x − xj )/(xi − xj )zi + (x − xi )/(xj − xi )zj (Abb. 26.25). Aber auch die lineare Interpolation ist eine schlechte Sch¨atzung, wenn die tats¨achliche Schichtgrenze infolge einer Verwerfung unstetig ist (Abb. 26.26). Daher ist zu einer guten Sch¨atzung die Kenntnis der vorherrschenden geologischen Strukturen unerl¨asslich. Eine lineare Interpolation wie
Abb. 26.26 M¨oglicher Verlauf der tats¨achlichen Schichtgrenze (bei Verwerfung)
oben angegeben ist u¨ brigens f¨ur zwei- und dreidimensionale Probleme nicht ohne weiteres m¨oglich. Die unbekannte Funktion f gibt z.B. den Erzgehalt an der Stelle x = (x1 , x2 , x3 ) im dreidimensionalen Raum oder die H¨ohenlage einer Schichtgrenze oder des Grund¨ wasserspiegels an der Stelle x = (x1 , x2 ) im zweidimensionalen Raum an. Ublicherweise sind nur einzelne Messwerte fj an n St¨utzstellen xj bekannt (etwa aus Erkundungsbohrungen), und daraus will man die Funktion f rekonstruieren (bzw. approximieren oder interpolieren). Da die St¨utzstellen u¨ blicherweise nicht in einem regelm¨aßigen Raster angeordnet sind, spricht man von einer Interpolation bzw. Ap-
524
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
proximation von Werten auf einem unregelm¨aßigen Gitter (scattered data approximation).11 Die Funktion f wird durch die Funktion fˆ (sog. Interpolante) interpoliert bzw. approximiert. F¨ur fˆ(x) macht man folgenden Ansatz: fˆ =
m
φi (x)ai
(26.1)
i=1
mit den shape- oder Basis- oder Ansatzfunktionen12 φi (x). Bei einer Interpolation werden die Koeffizienten ai aus der Forderung fˆ(xj ) = fj bestimmt: m
φi (xj )ai = fj ,
j = 1, . . . , n
.
(26.2)
i=1
Dieses lineare Gleichungssystem soll eindeutig l¨osbar sein, und die L¨osung sollte unabh¨angig von der Lage xi der Punkte i sein. Basisfunktionen, die diese Forderung erf¨ullen, bilden einen sog. Haar-Raum. Die Anzahl n der dabei betrachteten Punkte xi sollte nicht kleiner als die Anzahl m der Koeffizienten sein: n ≥ m. Bei n > m liegt eine Approximation vor. Das Gleichungssystem wird im Sinne der kleinsten Quadrate gel¨ost, d.h. die L¨osung lautet aj = i φ−1 ij fi wobei φij := φi (xj ) und φ−1 ij die sog. Pseudoinverse von φij ist. Bei einer Approximation werden die Koeffizienten aij aus der Forderung bestimmt, dass die Abweichung zwischen fˆ(xi ) und fi minimal ist. Z.B. bei einer least square approximation fordert man (fˆ(xj ) − fj )2 = Min . (26.3) j
Die Summation13 in den Gleichungen (26.2) und (26.3) erstreckt sich u¨ ber alle Punkte. Die ermittelten Koeffizienten ai liefern also eine globale Approximation. Man kann aber auch (im Sinne einer lokalen Approximation) auf einen speziellen Ort xj fokussieren und nur Punkte seiner Umgebung (support) heranziehen (moving least square). Dann gibt es f¨ur jeden Punkt j andere Koeffizienten ai , welche mit aji bezeichnet werden k¨onnen. Die Ansatzfunktionen φi (x) k¨onnen folgende Eigenschaften haben: Kronecker δij -property: Die Ansatzfunktion φi (x) verschwindet an allen Stellen xi mit i = j: (26.4) φi (xj ) = δij . Dies ist eine hinreichende (aber nicht notwendige) Bedingung daf¨ur, dass die approximierende Funktion fˆ an den St¨utzstellen die vorgegebenen Werte hat (Interpolation). 11
12 13
Die hierbei verwendeten mathematischen Konzepte gelten auch f¨ur andere geotechnisch relevante Methoden, etwa f¨ur die sog. netzfreien Methoden, daher werden sie hier kurz angef¨uhrt. In der Literatur werden die Begriffe ’Ansatzfunktion’, ’Basisfunktion’, ’Gewichtsfunktion’ nicht einheitlich definiert.
Bei Verwendung der Summationskonvention wird das Summenzeichen ausgelassen.
26.7
Interpolation r¨aumlicher Daten
525
Partition of unity (PU): Eine konstante Funktion sollte exakt wiedergegeben werden. Dies bedingt: φi (x) = 1 . (26.5) Man kann PU-Polynome wie folgt konstruieren: Sei pk (x) ein Polynom einer vollst¨andigen Basis. Dann ist φi (xj ) = pk (xj )aik = δ(xi − xj ), und dies ist f¨ur jeden Wert von j ein Gleichungssystem zur Bestimmung der aik . Radial Point Interpolation: Als radial“ werden Funktionen φ(x, xi ) bezeichnet, ” die an den St¨utzstellen xi zentriert sind, d.h. sie sind Funktionen der Entfernung ri = |x − xi | = (x − xi )2 . Die Funktionen φ(r) sollen monoton sein. Der Ansatz f¨ur die Approximation lautet: fˆ(x) = ai φ(x, xi ), i = 1, . . . , n. Da die Funktionen φ nicht die Kronecker-Eigenschaft haben, sind die Koeffizienten ai nicht identisch mit den Funktionswerten fi an den St¨utzstellen xi . Sie werden aus folgendem linearen Gleichungssystem bestimmt: fi = φij aj aj = φ−1 ij fi
(26.6)
mit φij := φ(xi , xj ). Da die φi i.Allg. keine PU sind, kann mit fˆ = ai φ(x, xi ) die konstante Funktion f =const nicht wiedergegeben ( reproduziert“) werden. Wenn man ” den Ansatz mit M Polynomen pk bis zur Ordnung m erweitert, dann k¨onnen damit Polynome bis zu dieser Ordnung exakt beschrieben ( reproduziert“) werden ” (sog. augmented radial basis function method): fˆ =
n
ai φi (x) +
i=1
M
bk pk (x)
.
(26.7)
k=1
Damit dadurch die Bestimmung der ai durch das lineare Gleichungssystem (26.6) nicht beeintr¨achtigt wird, soll zus¨atzlich gelten: n
ai px (xi ) = 0,
k = 1, . . . , M
.
(26.8)
i=1
Beim sog. Kriging-Verfahren soll die radiale Funktion die Korrelation zwischen den Werten an den Stellen xi und xj (sog. Variogramm) widerspiegeln und wird anhand von Messungen bestimmt.14 Es gibt mehrere Varianten von Kriging, die relativ schwer zu durchschauen sind und deren Berechtigung angesichts der unvorhersehbaren Streuung geologischer Daten fraglich ist. Optimierung der Approximation: Bei einer Approximation f¨allt der Wert der Funktion fˆ(x) nicht mit dem gemessenen Wert zusammen. Die Differenz zwischen der ’wahren’ Funktion f und der approximierenden Funktion fˆ wird als Defekt (oder ’Residuum’) bezeichnet: r := fˆ − f . Im Idealfall (d.h. f¨ur fˆ ≡ f ) verschwindet 14
E.H. I SAAKS & R.M. S RIVASTAVA, Applied Geostatistics, Oxford University Press 1989; P.K. K ITANIDIS, Introduction to Geostatistics, Cambridge University Press 1999.
526
26 Geotechnische Untersuchungen, Untergrunderkundung
der Defekt u¨ berall: r ≡ 0. Bei Interpolation fordert man, dass der Defekt an den St¨utzstellen verschwindet (sog. Kollokation): ri = 0. Anstelle von r ≡ 0 kann man im Sinne einer sog. schwachen L¨osung fordern:
r(x)wi (x)dx = 0, (26.9) wobei wi (x) eine sog. Gewichts- oder Testfunktion ist. Man spricht dann auch von der Methode der gewichteten Residuen. Mit wi (x) = δ(x − xi ) erh¨alt man die vorerw¨ahnte Kollokation. Einen wichtigen Sonderfall stellt das Prinzip von G ALERKIN dar: Als Gewichtsfunktionen werden die Basisfunktionen ψi (x) verwendet, was zur folgenden Gleichung f¨uhrt:
r(x)fˆ(x)dx = 0 . (26.10) Dieses Integral kann aber nicht ausgerechnet werden, da die Funktion r(x) bzw. f (x) i.Allg. unbekannt ist. Alternativ k¨onnen wir nur die Werte des Defekts an den St¨utzstellen xi betrachten: = ri := r(xi ) und fordern, dass die Summe der Defektquadrate ri ri ein Minimum ist. Mit ri = fj φj (xi ) − fi und ψki := ψk (xi ) setzen wir also ∂ri ∂ (ri ri ) = 2ri = 2ri fj ψk (xi ) = 2ri fj ψki = 0. ∂ajk ∂ajk
(26.11)
Die Gleichung ri ψki wird in der Funktionalanalysis als Orthogonalit¨at der Vektoren ri und ψki f¨ur alle k interpretiert. Hieraus folgt, dass ri orthogonal zu fˆi ist.
26.8 Geotechnischer Bericht Die geotechnischen Untersuchungen sowie ihre Bewertung und die darauf gegr¨undeten Empfehlungen werden im geotechnischen Bericht schriftlich dargestellt. Dieser k¨onnte z.B. folgende Abschnitte beinhalten: 1. Zweck und Umfang der geotechnischen Untersuchungen 2. Benennung des Auftraggebers 3. Benennung der f¨ur die geotechnischen Untersuchungen verantwortlichen Personen 4. Kurzbeschreibung der geplanten baulichen Anlage 5. Ausf¨uhrungszeiten der Feld- und Laborversuche mit Angabe der eingesetzten Ger¨ate 6. Auswertung von Informationen u¨ ber den geologischen Aufbau des Untergrunds, Beobachtungen an der Gel¨andeoberfl¨ache und Dokumentation der Ortsbegehungen, Auswertung von Luftbildaufnahmen, o¨ rtliche Erfahrungen hinsichtlich Rutschungen, Kriechen, Verkarstungen u.¨a. 7. Einordnung in eine Erdbebenzone
26.8 Geotechnischer Bericht
527
8. Tabellarische Auflistung der Feld- und Laborversuche 9. Schichtenverzeichnisse mit Beschreibung der einzelnen Boden- und Gesteinsschichten anhand von Laborversuchen 10. tabellarische und zeichnerische Darstellung der Versuchsergebnisse aus Feld und Labor, m¨oglichst mit Angabe von Messmethode, Anzahl der Messungen, Streubereich und Messunsicherheit. 11. Angabe der maßgebenden Tiefenlage des Grundwasserspiegels sowie jahreszeitlicher und l¨angerfristiger Schwankungen 12. Schichtenprofile mit Zusammenfassung gleichartiger B¨oden und Gesteine zu Homogenbereichen 13. Textbeschreibung der geotechnischen Eigenschaften der angetroffenen Bodenund Gesteinsschichten; Sch¨atzwerte sind als solche zu kennzeichnen 14. Hinweise auf Einlagerungen und Hohlr¨aume 15. Zusammenfassung der festgestellten oder gesch¨atzten Kenngr¨oßen jeder Schicht mit Angabe des Streubereichs 16. Empfehlungen f¨ur geeignete Gr¨undung 17. u¨ berschl¨agige Absch¨atzung von Setzungen und Standsicherheiten (Entwurfsberechnungen sind nicht Gegenstand des geotechnischen Berichts) 18. Berechnungswerte f¨ur den Entwurf 19. Hinweise auf Probleme, die w¨ahrend des Aushubs, der Grundwasserabsenkung, bei Verbauw¨anden, B¨oschungsarbeiten, Verpressankern sowie infolge Ersch¨utterungen auftreten k¨onnen 20. Hinweise auf Erosionen, Verkarstungen, Subrosion 21. Hinweise auf Betonaggressivit¨at des Grundwassers 22. Hinweis auf die Notwendigkeit von Sanierung bei Kontaminationen. Die Herkunft aller Daten ist nachvollziehbar zu dokumentieren. Es ist zu unterscheiden zwischen • • • • • •
Labormessungen Feldmessungen Literaturangaben Erfahrungswerten (soft data) Sch¨atzungen (soft data) Vermutungen (soft data).
27 Messtechnik
Es gibt kaum ein geotechnisches Gutachten, bei dem nicht Messungen von großer Bedeutung sind. Die Bestimmung der maßgebenden Bodenparameter erfolgt durch Messungen im Labor oder im Feld, und die Beobachtungsmethode basiert auf Feldmessungen.
27.1 Beobachtungsmethode Die unzul¨angliche Kenntnis des Untergrunds bedingt, dass unsere Berechnungen lediglich als Arbeitshypothesen anzusehen sind, und es gilt, diese w¨ahrend des Bauens zu best¨atigen oder zu modifizieren (learn-as-you-go). Die Beobachtungsmethode1 ist ein Herantasten an die tats¨achlichen Verh¨altnisse und besteht aus folgenden Schritten: 1. Bodenerkundung 2. Ausmachen, welche die wahrscheinlichsten und welche die ung¨unstigsten zu erwartenden Untergrundverh¨altnisse sind (hier spielt die Geologie eine große Rolle). 3. Entwurf, basierend auf den wahrscheinlichsten Verh¨altnisse. 4. Auswahl der w¨ahrend des Bauvorgangs zu beobachtenden Gr¨oßen. Berechnung ihrer zu erwartenden Werte. Dies soll sowohl f¨ur die wahrscheinlichsten als auch f¨ur die ung¨unstigsten Verh¨altnisse erfolgen.2 5. A priori bestimmen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, wenn die beobachteten Werte bestimmte Interventionsgrenzen erreichen. 6. Messen (Beobachten) und evtl. Entwurfsanpassungen.
1 2
R.B. P ECK, Advantages and limitations of the observational method in applied soil mechanics, G´eotechnique 19/2, (1969) 171–187. Wie dieser Schritt zeigt, macht die Beobachtungsmethode Berechnungen nicht u¨ berfl¨ussig (wie gemeinhin angenommen wird).
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_27
530
27 Messtechnik
Die Beobachtungsmethode ist sinnlos, wenn mit Versagen ohne Ank¨undigung zu rechnen ist. Sie funktioniert also nur beim duktilen und nicht beim spr¨oden Verhalten eines Systems. Es ist besonders schwierig, eine gravierende Maßnahme (etwa die Flutung einer Baugrube oder die Evakuierung einer Siedlung) auf Grund von Messwerten auszul¨osen. Theoretisch besteht die Schwierigkeit darin, dass sich die gemessene Zeitreihe schlecht extrapolieren l¨asst.
27.2 Statistische Grundlagen der Messtechnik Durch eine Messung kann man nicht erfahren, wie groß der wahre Wert einer Gr¨oße x ist. Vielmehr ist jede Messung mit Fehlern behaftet. Abgesehen von den systematischen oder regelm¨aßigen Fehlern, die im Prinzip durch Korrekturen berichtigt werden k¨onnen (falls sie u¨ berhaupt entdeckt werden) und die nachfolgend nicht n¨aher betrachtet werden, gibt es zuf¨allige Abweichungen, die nicht nur vom Messverfahren herr¨uhren, sondern auch von Schwankungen der Messgr¨oße selbst. Man kann daher sagen, dass es den wahren Wert einer Gr¨oße eigentlich nicht gibt und dass Messwerte stochastische (d.h. zuf¨allige) Variablen sind, die nach einer gegebenen (aber nicht unbedingt bekannten) Funktion verteilt sind.3 Die meisten Verteilungsfunktionen lassen sich durch zwei Parameter, den Erwartungswert μ und die Standardabweichung σ, festlegen.4 Es gilt nun, aus einer Messreihe Sch¨atzwerte f¨ur μ und σ zu gewinnen. Wir nennen diese Sch¨atzwerte x ¯ und s und stellen fest, dass sie mit μ und σ nicht u¨ bereinstimmen m¨ussen. Vielmehr sind die Abweichungen μ − x ¯ und σ − s ebenfalls stochastische Variablen. Als Sch¨atzwert x ¯ f¨ur den Erwartungswert μ nimmt man das arithmetische Mittel aus den n Messungen: x ¯ := ( xi )/n. Der so definierte Sch¨atzwert x ¯ zeichnet sich dadurch aus, dass die Summe der scheinbaren Fehler x ¯ − xi verschwindet und die Summe ihrer Quadrate minimal wird. Man kann zeigen, dass x ¯ → μ f¨ur n → ∞. Daher stammt die Bezeichnung Erwartungswert“. Die Standardabweichung σ ist u¨ ber die ” (μ−xi )2 , m.a.W. Varianz σ 2 definiert: σ 2 ist der Erwartungswert des Fehlerquadrats 1 2 2 ist σ der Grenzwert des Mittelwertes n (μ − xi ) f¨ur n → ∞. Als Sch¨atzwert f¨ur die Varianz σ 2 bzw. die Standardabweichung σ nimmt man die sog. empirische Standardabweichung s, die entsprechend dem Sch¨atzwert x ¯ durch den Ausdruck 1 2 (μ − x ) (f¨ u r endliches n) definiert werden k¨ o nnte. Diese Definition ist aber i n unbrauchbar, da μ unbekannt ist. Es l¨asst sich aber zeigen,5 dass folgende Beziehung gilt: 1 1 s2 := (¯ x − xi ) 2 ≈ (μ − xi )2 . n−1 n n n 3 4 5
Siehe Abschnitt 30.2: Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie“. ” 2 2 Z.B. lautet die Verteilungsdichte bei Normalverteilung f (x) = σ√12π e−(x−μ) /2σ . Siehe z.B. K. S TRUBECKER, Einf¨uhrung in die H¨ohere Mathematik, Band 1, OldenbourgVerlag 1956, S. 57, oder A. PAPOULIS, Probability, Random Variables and Stochastic Processes, McGraw-Hill 1965, S. 246.
27.2 Statistische Grundlagen der Messtechnik
531
Sch¨atzen“ bedeutet nun, dass man die Wahrscheinlichkeit (sog. Vertrauensniveau) ” 1 − α daf¨ur angibt, dass der zu sch¨atzende Wert (μ oder σ) in einem bestimmten Intervall um den Sch¨atzwert (¯ x oder s) liegt. Das Intervall heißt Vertrauensbereich, und seine Grenzen xu und xo heißen Vertrauensgrenzen oder Konfidenzgrenzen. Die Differenz xo − x ¯ bzw. x ¯ − xu heißt Messunsicherheit u. Das Vertrauensniveau kann berechnet werden, sofern die Verteilung von √ x bekannt ist.6 Falls die Verteilung von x nicht bekannt ist, nimmt man u = s/ n als Messunsicherheit. Dieser Wert kann als der mittlere Fehler von x ¯ angesehen werden, w¨ahrend s als der mittlere Fehler der Einzelmessung (d.h. von xi ) betrachtet werden kann. Der Messwert wird dann angegeben durch x ¯ ± u. Im Hinblick auf einen Messwert sollte man nur von der Messunsicherheit und nicht von der Genauigkeit sprechen. Zur vollst¨andigen Angabe eines Messwertes geh¨ort noch die Angabe der Anzahl der Messungen n und des (dem Wert u entsprechenden) Vertrauensniveaus 1 − α. Liegen mehrere Messungen vor (n > 1), so muss man zwischen folgenden Versuchsbedingungen unterscheiden: Wiederholbedingungen liegen vor, wenn derselbe Beobachter nach einem festgelegten Messverfahren am selben Messobjekt unter gleichen Versuchsbedingungen (dasselbe Messger¨at, dasselbe Laboratorium) mehrmals in kurzen Zeitabst¨anden Messungen durchf¨uhrt. Vergleichsbedingungen liegen vor, wenn verschiedene Beobachter nach einem festgelegten Messverfahren am selben Messobjekt unter verschiedenen Versuchsbedingungen (verschiedene Messger¨ate, verschiedene Untersuchungsorte oder Laboratorien) zu verschiedenen Zeiten Messungen durchf¨uhren. Offensichtlich ist die Standardabweichung bei Vergleichsbedingungen gr¨oßer als bei Wiederholbedingungen.7 Die Wiederholstandardabweichung einer Messeinrichtung ist ein Maß f¨ur ihre Pr¨azision. Messeinrichtungen mit sehr hoher Pr¨azision und weitgehender Ausschaltung von systematischen Fehlern werden als Normalger¨ate oder Normale bezeichnet. Mit ihrer Hilfe kann man andere, weniger pr¨azise Messger¨ate beurteilen. Funktionen von Messwerten sind ebenfalls stochastische Variablen (Zufallsvariablen) in dem Sinne, dass auch sie mit Unsicherheiten behaftet sind. Zum Beispiel ist die Dichte ρ = m/V eine Zufallsvariable, wenn sie aus den gemessenen ¨ Gr¨oßen m und V berechnet wird, die Zufallsvariablen sind. Ublicherweise werden in den mathematischen Ausdruck die Mittelwerte von Messwerten eingesetzt, die ja Sch¨atzwerte ihrer Erwartungswerte sind und als die wahren“ Werte der Messgr¨oßen ” betrachtet werden. Es fragt sich nun, wie groß die Unsicherheit der berechneten Werte ist. Wir betrachten die Funktion y = f (x), wo x die Eingangsgr¨oße und y die Ergebnisgr¨oße ist. y und x sind Zufallsvariablen, sie k¨onnen Skalare oder Vektoren sein. 6 7
Siehe DIN 1319 Teil 3, August 1983. Bei vielen Messverfahren der Mineral¨olpr¨ufung ist sie ca. doppelt so groß. F¨ur geotechnische Messungen liegen kaum Erfahrungen vor.
532
27 Messtechnik
Im letzteren Fall kann man auch schreiben yj = f (xi ), i = 1, . . . , n; j = 1, . . . , m. ¨ H¨aufig ist m = 1. Uber eine abgebrochene TAYLOR-Reihe erhalten wir x1 , x ¯2 , . . .) + y(x1 , x2 , . . .) = y(¯
∂y ∂y (x1 − x ¯1 ) + (x2 − x ¯2 ) + . . . ∂x1 ∂x2
¯2 , . . .) und s2y als den Erwartungswert von (¯ y − y)2 , so Definieren wir y¯ := y(¯ x1 , x erhalten wir aus der TAYLOR-Reihe: ! 2 & ∂y ∂y 2 sy = E (x1 − x ¯1 ) + (x2 − x ¯2 ) + . . . , ∂x1 ∂x2 ¯1 , x ¯2 , . . . gebildet werden. Sind die wobei die Ableitungen ∂y/∂xi an der Stelle x Messgr¨oßen unkorreliert, so verschwindet definitionsgem¨aß der Erwartungswert von (xi − x ¯i )(xj − x ¯j ) f¨ur i = j. Aus ! & 2 2 ∂y ∂y s2y = E (x1 − x ¯1 ) + (x2 − x ¯2 ) + . . . ∂x1 ∂x2 2 2 ( ( ' ' ∂y ∂y 2 E (x1 − x ¯1 ) + E (x2 − x ¯ 2 )2 + . . . = ∂x1 ∂x2 2 2 ∂y ∂y s21 + s22 + . . . = ∂x1 ∂x2 erh¨alt man das sog. Fehlerfortpflanzungsgesetz von G AUSS ∂y 2 sy = si . ∂xi
(27.1)
F¨ur den √ Sonderfall y = x1 + x2 + . . . + xn mit sx1 = sx2 = . . . = s erh¨alt man sy = ns.8 Liegt f¨ur jede Gr¨oße eine Messreihe vor, so kann man die Gleichung (27.1) mit Bezug auf die Messunsicherheiten anschreiben: ∂y 2 uy = ui . ∂xi Das hier dargestellte Verfahren von G AUSS l¨asst sich verallgemeinern f¨ur vektorwertige Ergebnisgr¨oßen (m > 1), f¨ur korrelierte Eingangsdaten und f¨ur implizite Beziehungen f (x, y) = 0. 8
S TRUBECKER erz¨ahlt hierzu folgende Anekdote: Um beim a¨ gyptischen Feldzug Napoleons die H¨ohe der Cheops-Pyramide zu bestimmen, maßen franz¨osische Genieoffiziere die mittlere H¨ohe h der 203 Stufen und ihren mittleren Fehler mh . Die Gesamth¨ohe der Pyramide setzten sie dann gleich H = 203(h±mh ); aber Fourier, der dabei √ war, machte darauf aufmerksam, dass die H¨ohe richtig durch die Gr¨oße H = 203h ± 203 mh darzustellen sei.
27.3 Messger¨ate
533
F¨ur das Beispiel der Dichtebestimmung mit der Gleichung ρ = m/V erh¨alt man aus Gleichung (27.1) mit ∂ρ/∂m = 1/V, ∂ρ/∂V = −m/V 2 : 1 2 m2 sm + 4 s2V . sρ = 2 V V Erh¨alt man z.B. m ¯ = 2.651,2 g und V¯ = 1.003,7 cm3 , so sollte das Divisionsergebnis ρ¯ = m/ ¯ V¯ nicht etwa als 2, 6414267, sondern nur mit N Dezimalen angegeben werden, wobei 12 · 10−(N +1) < sρ < 12 · 10−N gelten soll.9
27.3 Messger¨ate L¨angen und Winkel lassen sich mit geod¨atischen Ger¨aten bzw. u¨ ber Laufzeitmes¨ sungen ermitteln.10 Von besonderer Wichtigkeit ist die telemetrische Uberwachung (monitoring) von Staud¨ammen und von Massenbewegungen (Rutschungen).11 Die herk¨ommliche Triangulation und Trilateration ist hierzu unvorteilhaft wegen des ¨ hohen Personal- und Zeitaufwandes. Fotogrammetrische Verfahren sind f¨ur Uberwachungsmessungen i.Allg. nicht hinreichend genau. Das Global Positioning System (GPS) bietet f¨ur zivile Anwender eine Positionsgenauigkeit (Navigation) im Zehnmeterbereich. Durch Differenzbildung fallen aber wesentliche Fehlereinfl¨usse heraus, sodass Vektoren zwischen zwei Punkten mit Genauigkeiten im Millimeterbereich bestimmt werden k¨onnen. Dazu ist eine gegenseitige Sichtbarkeit der ¨ Messpunkte nicht notwendig. Zur Uberwachung von z.B. St¨utzw¨anden werden auch motorisierte Robotertheodolite herangezogen. Winkelabweichungen zur Lotrichtung lassen sich mit Pendeln, Libellen oder durch Messung der entsprechenden Kraftkomponente ermitteln. Zur Messung anderer physikalischer Gr¨oßen (z.B. Temperatur, Druck) wird das untersuchte System mit einem sog. Aufnehmer (transducer, gage, gauge) in Kontakt gebracht. Der Aufnehmer nimmt eine m¨oglichst geringe Energie vom untersuchten System auf und erzeugt eine analog oder digital ablesbare Anzeige. Man kann auch durch eine messbare Gegenwirkung die Ver¨anderung beim Aufnehmer r¨uckg¨angig machen (sog. Kompensationsmessmethode). Die Messung von Deformationen von Laborproben erfolgt u¨ ber die sehr genaue Messung der Verschiebungen ausgew¨ahlter Randpunkte. Kleine Verschiebungen k¨onnen dadurch gemessen werden, dass ein Kern in eine Spule verschoben wird (Abb. 27.1). Dadurch a¨ ndert sich die Induktivit¨at der Spule. Ein anderes Verfahren basiert auf dem Z¨ahlen von optischen Markierungen, die an beweglichen Stiften angeordnet sind. Kr¨afte (und dementsprechend auch Spannungen) werden u¨ ber die Deformationen von elastischen K¨orpern (sog. Kraftmessdosen, load cells) oder Kraftmessringen 9 10
11
G AUSS meinte, dass der Mangel an mathematischer Bildung sich durch nichts so auffallend zu erkennen gibt wie durch maßlose Sch¨arfe im Zahlenrechnen. D. NATEROP, R. Y EATMAN, Automatic measuring system for permanent monitoring: Solexperts Geomonitor, Proceed. 4th Intern. Symp. Field Measurements in Geomechanics, Bergamo 1995. ¨ Th.A. W UNDERLICH, Die geod¨atische Uberwachung von Massenbewegungen, Felsbau 13/6 (1995) 71–76.
534
27 Messtechnik
(Abb. 27.2) auf der Grundlage einer Kalibrierung gemessen. Dehnungen k¨onnen u¨ ber angeklebte Dehnungsmessstreifen (DMS, strain gages, Abb. 27.3) dadurch gemessen werden, dass durch ihre L¨angen¨anderung ihr elektrischer Widerstand ver¨andert wird. Ein weiteres Prinzip zur Kraftmessung ist die Tatsache, dass die Eigenfrequenz einer Schwingsaite von der Zugkraft abh¨angt.
Abb. 27.1 Induktiver Wegaufnehmer
Abb. 27.2 Messuhr und Kraftmessring
Folgende Merkmale bzw. Maßnahmen spielen bei Messger¨aten eine Rolle:
27.3 Messger¨ate
535
Abb. 27.3 Dehnungsmessstreifen
Messbereich (range) ¨ Aufl¨osungsverm¨ogen (resolution) ist die kleinste anzeigbare Anderung der Mess¨ gr¨oße. Ublicherweise ist das Aufl¨osungsverm¨ogen um ein Vielfaches besser und sollte nicht mit der Messunsicherheit verwechselt werden. Genauigkeit (accuracy) ist das Verh¨altnis der Messunsicherheit (Messfehler) zum gr¨oßten messbaren Wert. Kalibrierung (calibration) ist die Messung von bekannten Gr¨oßen, um die Merkmale des Messger¨ates zu bestimmen. Kompensation (compensation) ist eine Maßnahme zur Unterdr¨uckung von systematischen Fehlern. Stabilit¨at (stability) liegt vor, wenn die Eigenschaften des Messger¨ats mit der Zeit nicht ver¨andert werden (drift). Kosteneffektivit¨at: Pr¨azise Messger¨ate sind teuer. Beim Kostenvergleich sollten aber auch die Kosten f¨ur Installation und Ablesung mitber¨ucksichtigt werden. 27.3.1 Messung des Porenwasserdrucks Ger¨ate zur Messung des Porenwasser¨uberdrucks (piezometer) sind f¨ur die Bodenmechanik wichtig, denn sie erlauben u.a., aus den Totalspannungen die effektiven Spannungen zu ermitteln. In situ kann der Porenwasserdruck mit Standrohren (standpipes) ermittelt werden, falls der Boden hinreichend durchl¨assig ist. Die Bestimmung der Lage des Wasserspiegels im Standrohr erfolgt z.B. mit einem Lichtlot. Das ist ein Maßband, an dessen oberem Ende ein Licht angeht, sobald das untere Ende in Kontakt zu Wasser kommt. Je nachdem, ob die Filterstrecke des Standrohrs lokal begrenzt ist oder bis knapp unter die Gel¨andeoberfl¨ache reicht, spricht man vom C ASAGRANDE-Piezometer oder vom Grundwasser-Beobachtungsbrunnen (observation well, Abb. 27.4). Ist der Boden relativ undurchl¨assig, so ist die Speisung des Standrohrs zu langsam. In diesem Fall werden zur Messung des Porenwasser¨uberdrucks diverse Manometer herangezogen. Das hydraulische Piezometer nach Abb. 27.5 erlaubt die Bestimmung des Drucks u¨ ber die Formel p = (H − h)γw + hγHg . Das Rohr und der Filter m¨ussen mit entl¨uftetem Wasser gef¨ullt sein, wozu man oft ein Zwillingsrohr (zum Durchsp¨ulen mit entl¨uftetem Wasser) heranzieht. Auch negative Porenwasserdr¨ucke
536
27 Messtechnik
Bentonit− Zement Bentonit− Zement
Schlitzrohr
Bentonit− Abdichtung Filterrohr (poröses Rohr)
Filterkies
Filterkies
Abb. 27.4 C ASAGRANDE-Piezometer (links) und Grundwasser-Beobachtungsbrunnen (rechts)
(Sog, suction) k¨onnen damit gemessen werden. Die Ausf¨uhrungen hierf¨ur heißen Tensiometer.
h Quecksilber
H
Filter
Abb. 27.5 Hydraulisches Piezometer
Weitere Manometer12 mit noch geringerem Ansprechvolumen arbeiten entweder nach dem Prinzip einer pneumatischen Druckmessdose (pneumatic piezometer, Abb. 27.6) oder als elektrische Porendruckaufnehmer (pore pressure transducers, Abb. 12
Siehe auch A. K E´ ZDI, Handbuch der Bodenmechanik, Band 3, VEB Verlag f¨ur Bauwesen Berlin 1973, S. 240 ff.
27.3 Messger¨ate
537
27.7), bei denen der Porenwasserdruck die Durchbiegung einer Membran bewirkt. Diese wird entweder u¨ ber Dehnungsmessstreifen oder u¨ ber eine Schwingsaite gemessen. Porendruckaufnehmer nach dem Membranprinzip werden auch zur Porenwasserdruckmessung bei Laborversuchen herangezogen.
p p
p
Membran
Abb. 27.6 Pneumatische Druckmessdose (Prinzip). Zum Messen des Druckes p wird der Druck in der Zuleitung allm¨ahlich gesteigert, bis er den Wert p annimmt. Dann w¨olbt sich die Membran auf (Bild rechts), was sich an der Messstelle durch einen R¨uckfluss bemerkbar macht.
Membran
p
Wasser
Filter
Abb. 27.7 Porendruckaufnehmer mit Membran (Prinzip)
27.3.2 Messung von Verschiebungen im Untergrund Verschiebungen im Untergrund werden u¨ ber die Verschiebungen von flexibel ausgebauten Bohrl¨ochern gemessen. Verschiebungen in Richtung des Bohrlochs werden mit sog. Extensometern und Verschiebungen senkrecht zum Bohrloch werden mit sog. Inklinometern gemessen. Extensometer: An mehreren Punkten des Bohrlochs (mit unterschiedlichen Tiefen) werden unausdehnbare Invar-Dr¨ahte befestigt, die mit Federn unter konstanter Zugspannung gehalten werden. Diese Dr¨ahte reichen bis zum oberen Ende des Bohrlochs und k¨onnen somit die Verschiebung ihres unteren Endes nach oben u¨ bertragen. Beim sog. Inkremental-Extensometer werden im Bohrloch Markierungen im Abstand von 1 m eingebracht. Eine in das Bohrloch eingef¨uhrte Sonde
538
27 Messtechnik
kann die (eventuell ver¨anderten) Abst¨ande zwischen zwei benachbarten Markierungen messen. Ein z.B. 40 m tiefes Bohrloch kann somit hin und zur¨uck innerhalb von einer halben Stunde vermessen werden. Durch konsekutive Messungen werden Abstandsver¨anderungen und somit Verschiebungen ermittelt. Inklinometer: Eine Neigungssonde wird in Schritten von 1 m in das Bohrloch eingef¨uhrt, und bei jedem Schritt wird ihre Neigung gegen die Vertikale gemessen (bzw. die Neigungen in zwei senkrechten Ebenen). Dies erlaubt, einen r¨aumlichen Polygonzug zu berechnen und somit die r¨aumliche Lage des Bohrlochs zu bestimmen (man beachte, dass streng genommen kein Bohrloch eine absolut gerade Form hat). Mathematisch entspricht das der numerischen Integration der Gleichung y (z) = f (z). Dazu braucht man eine Randbedingung, d.h. einen fixen Punkt. Als solcher dient entweder das obere Ende des Bohrlochs, das geod¨atisch eingemessen werden muss, oder das Bohrloch muss so tief sein, dass sein unteres Ende in einer unbewegten Schicht liegt. Durch zwei konsekutive Messungen und Differenzbildung kann man Verschiebungen senkrecht zur Bohrlochachse ermitteln. Beim sog. ShapeAccelArray sind die Neigungsaufnehmer fest im Bohrloch eingebaut, sodass keine Neigungssonde eingef¨uhrt werden muss. Somit kann die Lage des Bohrlochs in Echtzeit (real time) gemessen werden.
28 Umweltgeotechnik
Schadstoffe k¨onnen durch verschiedene Transportmechanismen in den Porenraum des Bodens eindringen. Die Umweltgeotechnik befasst sich mit der Suche nach Schadstoffen im Boden, der Einsch¨atzung ihrer Ausbreitung und vor allem mit Maßnahmen zur Eind¨ammung ihrer Ausbreitung (sog. Einkapselung) und zur Sanierung kontaminierten Bodens. Ein wichtiges Teilgebiet der Umweltgeotechnik ist die Deponietechnik.
28.1 Bewertung der Schadstoffe Wichtig f¨ur jede Maßnahme ist die Beurteilung von Stoffen hinsichtlich ihrer Gef¨ahrlichkeit oder Sch¨adlichkeit. Letztere h¨angt von der Konzentration, der Art und Dauer der Einwirkung ( Exposition“) sowie eventuell auch vom Wirkungspfad und von ” der Nutzung (z.B. Kinderspielplatz) des betrachteten Bereichs ab. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Wirkungspfaden (Boden – Mensch, Boden – Pflanze – Tier – Mensch, Boden – Grundwasser u.a.). Angesichts der vielen neuen synthetischen Substanzen und ihrer z.T. unbekannten Langzeitwirkungen ist die Beurteilung oft schwierig, man ist daher auf normative Festlegungen angewiesen, siehe z.B. BundesBodenschutz- und Altlastenverordnung in Deutschland.1 Es muss betont werden, dass die Bewertungsrichtlinien (einschließlich Grenzwerte und Methoden) uneinheitlich und nicht l¨ander¨ubergreifend sind. Schließlich sind Konzentrationen wenig aussagekr¨aftig, eigentlich kommt es auf die Aufnahme an, genauer auf die Zahl der 1
Siehe auch LABO/LAGA-Arbeitsgruppe Direktpfad“, Eckpunkte zur Gefahrenbeurtei” ¨ lung des Wirkungspfades Bodenverunreinigungen/Altlasten – Mensch (direkter Ubergang), September 1996, ferner Bund/L¨ander-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO), L¨anderArbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) und L¨ander-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA): Einheitliche Bewertungsgrunds¨atze zu vorhandenen Bodenverunreinigungn/Altlasten. In: ROSENKRANZ /E ISELE /H ARRESS, Bodenschutz - Erg¨anzbares Handbuch, 17. Lfg., 9200, XI/1994, S. 1-13, und Umweltbundesamt, Basisdaten Toxikologie f¨ur umweltrelevante Stoffe zur Gefahrenbeurteilung bei Altlasten, UBA-Berichte 4/1993, Erich-Schmidt-Verlag, Berlin.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_28
540
28 Umweltgeotechnik
Gesch¨adigten im Bezugszeitraum (sog. body count). Dar¨uber hinaus ber¨ucksichtigen die einzelnen Grenzwerte keine Wechselwirkungen von Schadstoffen untereinander, was erst in letzter Zeit Gegenstand von Forschungen wurde. Man beachte, dass f¨ur anliegenden kontaminierten Boden die o.g. Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung gilt. Ist der Boden aber ausgehoben, so muss er nach der LAGA beurteilt werden, da er nunmehr als Abfall angesehen wird.
28.2 Ausbreitung und Abbau der Schadstoffe Bei Eintragung in die Gel¨andeoberfl¨ache gelangen die Schadstoffe zun¨achst in teilges¨attigten Boden, wo sie eventuell verbleiben (infolge geringer Durchl¨assigkeit oder Kapillarsperre). Anschließend erreichen sie das Aquifer. Die Ausbreitung der Schadstoffe im Grundwasser findet nach den Mechanismen statt, die im Abschnitt Transport durch das str¨omende Grundwasser“ beschrieben worden sind. Einige ” Substanzen k¨onnen durch chemische oder biologische Reaktionen abgebaut oder durch Absorption zur¨uckbehalten werden. Zum Beispiel l¨asst sich bei einigen chemischen Reaktionen die Abbaurate durch die Gleichung dc/dt = −kc angeben, wobei c die Konzentration des Schadstoffs und k eine Konstante ist. Es folgt daraus c = c0 e−kt , sodass die Halbwertszeit der Reaktion tH = ln2/k = 0, 693/k betr¨agt. Die Absorption vieler Schadstoffe im Boden bei konstanter Temperatur l¨asst sich durch die sog. F REUNDLICH-Isotherme angeben, q = Kc1/n , wobei q das Massenverh¨altnis Schadstoff/Boden und K und n Konstanten sind. Technisch wird der Schadstoffaustrag aus einem belasteten Boden durch Durchsickerungs- oder Durchsp¨ulversuche mit klarem Wasser (Eluationsversuche) und chemischer Analyse des Eluats untersucht.
28.3 Sanierung von kontaminiertem Boden Die Sanierung wird entweder als Dekontamination oder als Sicherung vorgenommen. Je nach Ort der Dekontamination unterscheidet man in situ: Der Boden verbleibt bei der Reinigung an Ort und Stelle. Saniert werden das Grundwasser (pump and treat) und/oder die Bodenluft (Bodenluftabsaugung). on site: Der Boden wird ausgehoben und direkt neben dem Kontaminationsherd behandelt. off site: Der Boden wird ausgehoben, abtransportiert (Transportgenehmigung!) und in speziellen Dekontaminationsst¨atten behandelt. Die Sanierung beruht entweder auf der Entfernung oder auf der Zersetzung der Schadstoffe. Die Entfernung (sog. Extraktion) erfolgt entweder durch in situ Durchsp¨ulung des Bodens mit einer Kombination von Entnahme- und Schluckbrunnen (sog. pump-and-treat), durch Bodenluftabsaugung oder durch on/off site Bodenw¨asche (soil washing). Dadurch aber wird das Problem nur verlagert, denn das
28.3 Sanierung von kontaminiertem Boden
541
Sp¨ulmedium muss schließlich auch gereinigt werden. Die Zersetzung erfolgt entweder thermisch durch Verbrennen (incineration) oder Erhitzen, oder durch biologischen Abbau (bioremediation), welcher in situ, on site oder off site (in sog. Mieten) angewandt werden kann. Die Sicherung erfolgt durch Einkapseln (containment) oder durch Immobilisieren. Das Einkapseln erreicht man durch Oberfl¨achenabdichtung und vertikale Dichtw¨ande, die bis zu einer nat¨urlich vorkommenden abdichtenden Schicht reichen sollen (Abb. 28.1 und 28.2).2 Bei Deponien wird eine Basisabdichtung hergestellt, wobei die
Abb. 28.1 Herstellung einer Dichtwand (als Schlitzwand)
nachtr¨agliche Herstellung (Sanierung von Altdeponien) besonders aufwendig und kaum praktikabel ist (denkbar sind HDI-Sohlen, u¨ berschnittene Stollen u.¨a.). Das Immobilisieren der Schadstoffe kann on/off site durch Eingießen in Beton, Glas u.s.w. oder in situ durch Injektion von Fl¨ussigkeiten, die mit den Schadstoffen reagieren und schwerl¨osliche Produkte ergeben (das Verfahren ist nicht praxisreif), erreicht werden. 28.3.1 Biologischer Abbau Organische Schadstoffe (z.B. Diesel¨ol oder andere Kohlenstoff-Verbindungen) k¨onnen durch Mikroben abgebaut werden. Unbelasteter Boden enth¨alt in oberfl¨achen2
Siehe J. G RABE, Sicherung des ehemaligen Werksgel¨andes der Firma C.H. Boehringer Sohn in Hamburg, altlasten spektrum 2 (1997) 59–69.
542
28 Umweltgeotechnik Oberflächen− abdichtung Brunnen
Rekultivierung Brunnen
Altlasten Grund− wasser
Grund− wasser abgesenkter Wasserstand Dicht− wand
undurchlässiger Horizont
Dicht− wand
Abb. 28.2 Schematische Darstellung der Einkapselung von Altlasten
nahen Bereichen unterhalb des Grundwasserspiegels ca. 1000 aerobe Bakterien verschiedener Spezies pro Gramm. Sie haben die Gr¨oße eines Tonpartikels (0,5 bis 3 μm) und sehr variable Formen. Ihre Anzahl (Population) kann bei Kontamination ¨ rapide vergr¨oßert werden. Die Mikroben gewinnen ihre Energie aus der Ubertragung 3 von Elektronen von reduzierten nach oxidierten Verbindungen. Unter aeroben Bedingungen dient der Luftsauerstoff als Elektronenempf¨anger, aus O2 entsteht durch Oxidation des organischen Kohlenstoffs CO2 . Unter anaeroben Bedingungen (d.h. 3+ ), Mangan (Mn2+ ) wenn O2 nicht verf¨ugbar ist) dienen Nitrate (NO− 3 ), Eisen (Fe 2− und Sulfate (SO4 ) als Elektronenempf¨anger, aus den abgebauten organischen Verbindungen entsteht Methan (CH4 ). Der anaerobe Abbau ist viel langsamer und unvollst¨andiger als der aerobe. Zudem ist er mit Geruchsbel¨astigung verbunden. Die Rate des biologischen Schadstoffabbaus h¨angt im Wesentlichen vom Vorhandensein von sog. N¨ahrstoffen4 und Sauerstoff ab. Zu den D¨ungemitteln z¨ahlen Stickstoff (N) und Phosphor (P) oder Kalium (K). Ein C/N/P-Verh¨altnis von 100:10:1 ist ausreichend f¨ur den biologischen Abbau (C steht f¨ur Kohlenstoff). Zur Mineralisierung von einem kg Kohlenwasserstoff werden ca. 3 kg Sauerstoff ben¨otigt. Die biologische Abbaubarkeit von Schadstoffen ist ganz unterschiedlich. W¨ahrend sich einfache Kohlenwasserstoffe und zyklische (sog. aromatische) Kohlenwasserstoffe mit bis zu zwei Ringen leicht abbauen lassen, sind kompliziertere Molek¨ule schwer abbaubar. Chlorierte Kohlenwasserstoffe sind umso schwieriger abzubauen, je h¨oher der Grad der Chlor-Substitution ist. Auch Pestizide (z.B. DDT, Lindan) sind schwer abbaubar. Die biologische in situ Dekontamination hat die Nachteile, dass sie lange andauert und bei inhomogenem Boden nicht gleichm¨aßig wirkt. Zudem ist der Erfolg schwer zu kontrollieren.
3 4
R.C. L OEHR, Bioremediation of soils. In: Geotechnical Practice for Waste Disposal, edited by D.E. DANIEL, Chapman & Hall 1993. Es handelt sich um D¨ungemittel im Sinne von limitierenden Faktoren nach Liebig.
28.3 Sanierung von kontaminiertem Boden
543
Folgendes Beispiel5 veranschaulicht die Rolle der Sauerstoffzufuhr bei der Abbaurate. Eine 2 m dicke Sandschicht wurde in einem Gebiet von 10 m×20 m mit 141 kg Diesel-Treibstoff kontaminiert. Zum biologischen Abbau werden ca. 423 kg Sauerstoff ben¨otigt. Ausgehend von k ≈ 10−4 m/s, i = 1% erh¨alt man v = ki = 10−6 m/s = 0, 086m pro Tag. Somit w¨urden t¨aglich u¨ ber die 2 m×10 mQuerschnittsfl¨ache 1,73 m3 Grundwasser in das kontaminierte Gebiet einfließen. Geht man ferner von einem typischen Gehalt von 5 ppm an gel¨ostem Sauerstoff im Grundwasser aus, so erh¨alt man eine t¨agliche Sauerstoffzufuhr von 0,0087 kg. D.h., der Abbau w¨urde 134 Jahre ben¨otigen. Wenn man durch die Errichtung eines Schlitzes stromaufw¨arts den hydraulischen Gradienten i auf 4% erh¨ohen k¨onnte und dar¨uber hinaus diesen Schlitz mit sauerstoffges¨attigtem Wasser (Sauerstoffgehalt 8 ppm) speisen w¨urde, so ließe sich die Abbauzeit auf 21 Jahre reduzieren. Zugabe von Wasserstoffperoxid w¨urde den Sauerstoffgehalt auf 150 ppm erh¨ohen und somit die Abbauzeit auf 1,2 Jahre reduzieren. Die Verockerung der Brunnen bei Sauerstoffzufuhr stellt ein Problem dar. Abb. 28.3 zeigt das Prinzip der biologischen off site Dekontamination. Berieselung mit Nährstofflösung
Erosionsschutz Belüftung Pumpe
Basis− abdichtung
vorbehandelter kontaminierter Boden
Dränage
Vlies
Abb. 28.3 Mikrobiologische Bodenreinigung
28.3.2 Extraktion Die Extraktion wird durch Wasser, S¨auren (bei Schwermetallen), Laugen (bei Schwermetallen und Zyaniden) und Tensiden (bei organischer Belastung) bewerkstelligt. Der Eintrag erfolgt u¨ ber Waschtrommel, Vibrationsschnecken, Hochdruckstrahlen und Zentrifugalkraft. Der daraus entstehende hochkontaminierte Schlamm muss deponiert oder biologisch abgebaut werden. 5
G.R. B RUBAKER, In situ bioremediation of groundwater. In: Geotechnical Practice for Waste Disposal, edited by D.E. DANIEL, Chapman & Hall 1993.
544
28 Umweltgeotechnik
28.3.3 Reaktive W¨ande, Funnels & Gates Alternativ zu aktiven Verfahren (z.B. pump and treat) bieten sich sog. passive Verfahren an, die auf dem Prinzip einer reaktiven im Boden eingebauten Wand beruhen. Bei hohen Investitionskosten sind die Betriebskosten gering, sodass f¨ur große Mengen von kontaminiertem Grundwasser Reaktivw¨ande wirtschaftlich sind. Das Verfahren besteht darin, das Grundwasser durch reaktive Zonen bzw. W¨ande zu leiten. Dabei kann die Grundwasserstr¨omung durch Dichtw¨ande (funnels) in spezielle ¨ Offnungen (gates) hingeleitet werden. Innerhalb der reaktiven Zone erfolgt die Dekontamination durch Absorption, F¨allung oder sonstigen Abbau. Die Anforderungen an die reaktiven Substanzen (z.B. nullwertiges Eisen) sind: große spezifische Oberfl¨ache, Langzeitstabilit¨at und -aktivit¨at (bzw. Regenerierbarkeit) und Verf¨ugbarkeit (Preis).
28.4 Deponien Vom fr¨uheren M¨ullhaufen (waste dump) haben sich Deponien zu kunstvollen Ingenieurbauwerken (sanitary landfills) entwickelt. Ihr Zweck ist es, Abfall m¨oglichst wirksam einzukapseln.6 Dies erfolgt mit den Basis- und Oberfl¨achenabdichtungen (baseliner, closure cap). Schwierigkeiten bereitet die Tatsache, dass der Abfall keine best¨andige und homogene Substanz ist, sondern stark deformierbar ist und sich durch chemische und biologische Reaktionen unter Bildung von Gas und W¨arme allm¨ahlich mineralisiert. Es gibt Siedlungsabfalldeponien und Deponien f¨ur spezielle Stoffe (Monodeponien). F¨ur Abdichtungen kommen folgende Varianten (teils einzeln, teils in Kombination) infrage: Mineralische Dichtung (clay liner): Diese muss keineswegs aus reinem Ton bestehen, sondern kann auch erhebliche Anteile aus gr¨oberen B¨oden haben. Ton (evtl. auch Bentonit) muss aber immer vorhanden sein, um dem Gemisch eine hinreichend kleine Durchl¨assigkeit zu erteilen. Sie wird in Lagen eingebaut und verdichtet. Die optimalen Einbaubedingungen (Dicke der einzelnen Lagen, ¨ Wassergehalt, Anzahl der Uberg¨ ange) ermittelt man am besten an einem Probeverdichtungsfeld. Dort kann auch die Durchl¨assigkeit im Feld bestimmt werden. Mineralische Dichtungen k¨onnen durch Schrumpfrisse infolge Austrocknens undicht werden. Geokunststoff-Ton-Dichtung (geosynthetic clay liner): Es handelt sich um vorgefertigte Bahnen, die aus Sandwich-Lagen von Ton (ca. 5 kg/m2 Bentonit) und Kunststoffdichtungsbahnen bestehen. Sie k¨onnen leicht und schnell installiert werden, sind aber wegen ihrer geringen Dicke (ca. 5 mm) leicht zu besch¨adigen. 6
Siehe Deponieverordnung (Verordnung u¨ ber Deponien und Langzeitlager, Artikel 1 in Verordnung zur Vereinfachung des Deponierechts - 27.04.2009) sowie Arbeitsblatt M3 der ¨ L¨anderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), sowie ONORM S 2070, 2071, 2072, 2073, 2074, 2075 und 2076.
28.4 Deponien
545
Kunststoffdichtungsbahnen (geomembrane liner): Es gibt dazu eine Vielzahl von Varianten. Von besonderer Wichtigkeit ist das Zusammenschweißen der einzelnen Bahnen sowie auch das Langzeitverhalten, das extrapoliert werden muss. Man bedient sich verschiedener Simulationsmodelle,7 die im Wesentlichen darauf beruhen, dass eine Temperaturerh¨ohung ein beschleunigtes Verstreichen der Zeit simuliert. Kombinationsabdichtungen (composite liner, Abb. 28.4 ): Die Absicherung gegen¨uber allf¨alligen Besch¨adigungen der Kunststoffdichtungsbahnen oder Risse in der mineralischen Dichtung ist viel effektiver, wenn man beide Abdichtungsmethoden kombiniert. Rechnerische Simulationen haben ergeben, dass die Durchflussmengen bei Kombinationsabdichtungen 100-mal kleiner sind als bei den einzelnen Komponenten. Auch wenn die mineralische Abdichtung relativ durchl¨assig ist (k = 10−4 m/s) und die Kunststoffdichtungsbahnen 20 L¨ocher pro Hektar haben, ist die Kombinationsabdichtung viel effektiver als alleinstehende Kunststoffdichtungsbahnen oder mineralische Abdichtungen guter Qualit¨at.8 Um dies zu erreichen, muss der Kontakt zwischen Kunststoffdichtungsbahnen und mineralischer Abdichtung innig sein (sog. Pressverbund). In der Regel werden Basis- und Oberfl¨achenabdichtungen von Deponien als Kombinationsabdichtungen gebaut. Eine Kombinationsabdichtung nach LAGA-Merkblatt M3 besteht aus einer mineralischen Dichtung von mindestens 75 cm Dicke und einer Kunststoffdichtungsbahn von mindestens 2,5 mm Dicke. Jede Teilschicht darf eine Durchl¨assigkeit von h¨ochstens 5 × 10−10 m/s haben. Asphaltbeton: Die Zusammensetzung erfolgt wie bei Beton, aber mit Bitumen anstatt Zement und Wasser. Kapillarsperre als Oberfl¨achenabdichtung. Wenn eine feink¨ornige Schicht (etwa aus Feinsand) auf eine grobk¨ornige Schicht (Grobsand) mit luftgef¨ullten Po¨ ren filterfest aufliegt, so braucht das Wasser einen bestimmten Uberdruck (Eintrittskapillardruck), um in die gr¨oberen Poren einzudringen. Grund daf¨ur ist der Druckunterschied, der sich in den Wassermenisken der feinen Poren einstellt. Um Besch¨adigungen der Oberfl¨achenabdichtung zu vermeiden, muss der Deponiek¨orper ausreichend verdichtet werden. Setzungen von unverdichteten Hausm¨ulldeponien k¨onnen bis zu 20% der Sch¨utth¨ohe betragen. Die Verdichtung (etwa als dynamische Intensivverdichtung mit Fallgewichten durchgef¨uhrt) hat zudem den Vorteil, dass sie zus¨atzliches Deponievolumen schafft. 28.4.1 Deponie-Entgasung In einer Hausm¨ulldeponie entsteht Gas, das aus 50 – 70 Vol.-% aus Methan und 30 – 50 Vol.-% aus Kohlendioxid besteht. Aus 1 t Hausm¨ull mit ca. 200 kg organischer Substanz entstehen in den ersten 10 Jahren ca. 150 kg Deponiegas. Die Gas7 8
R.M. KOERNER, Geomembrane liners. In: Geotechnical Practice for Waste Disposal, edited by D.E. DANIEL, Chapman & Hall 1993. D.E. DANIEL, Landfills and impoundments. In: Geotechnical Practice for Waste Disposal, edited by D.E. DANIEL, Chapman & Hall 1993.
546
28 Umweltgeotechnik
Abb. 28.4 Kunststoffdichtung
Abb. 28.5 Entgasung (Deponie Fludersbach, Siegen)
28.4 Deponien
547
produktion halbiert sich alle weiteren 10 Jahre. Die Gasentwicklung h¨angt mit der Mineralisierung einer Deponie zusammen und ist insofern erw¨unscht. Sie setzt einen Mindest-Feuchtigkeitsgehalt voraus, der aber durch den anfallenden Niederschlag w¨ahrend der Aufsch¨uttung gegeben ist. Allerdings ist das Deponiegas verantwortlich f¨ur Geruchsbel¨astigung der Umgebung und f¨ur Explosionsgefahr. Durch seine Ausbreitung im Boden kann es die Vegetation sch¨adigen, daher muss der M¨ull weitgehend inertisiert werden. Dies ist durch thermische oder mechanisch-biologische Vorbehandlung zu erreichen. Die Deponie-Entgasung erfolgt durch Gasdr¨anagen, Abb. 28.5.9 Das sind geschlitzte Kunststoffrohre, die entweder vertikal (im Abstand von ca. 50 m untereinander) oder horizontal (vertikaler Abstand zwischen den Entgasungsebenen ca. 10 m, horizontaler Abstand der Rohre ca. 20 m) verlegt werden. Die Schlitzrohre sind mit Kies ummantelt. Bei einer aktiven Entgasung sind die Gasdr¨anagen an eine VerdichterStation angeschlossen, die im Leitungsnetz einen Unterdruck erzeugt. In diesem Fall m¨ussen die a¨ ußeren Enden der Dr¨anagerohre (am Brunnenkopf) mit Ton abgedichtet werden. Folgende Punkte m¨ussen beachtet werden: • • • •
•
Zur Absaugung des Deponiegases muss der Deponiek¨orper ringsum dicht abgeschlossen sein. Die Temperatur in der Deponie kann 70 ◦ C erreichen, daher ist best¨andiges Rohrmaterial zu w¨ahlen. Der Fuß vertikaler Brunnen sollte ca. 2-3 m oberhalb der Basisabdichtung angeordnet werden, sonst kann diese bei Setzung des M¨ulls besch¨adigt werden. Bei Abk¨uhlung des Gases entsteht Kondensationsfl¨ussigkeit, die gefasst und abgef¨uhrt werden muss. Horizontale Sammelleitungen m¨ussen ein hinreichendes Gef¨alle (> 3 %) haben, das auch dann ausreicht, wenn Setzungsunterschiede auftreten. Das Deponiegas kann zur Energiegewinnung verwertet werden oder muss abgefackelt werden.
28.4.2 Deponie-Sickerwasserfassung Durch Niederschl¨age (in der Betriebsphase oder bei mangelhafter Oberfl¨achenabdichtung) und durch den Abbau der organischen Inhaltsstoffe entsteht das hochbelastete Deponie-Sickerwasser. Bei nicht abgedeckten Deponien k¨onnen bis zu 20 m3 pro Hektar und Tag anfallen. Das Sickerwasser wird durch die Entw¨asserungsschicht der Basisabdichtung bzw. durch Entw¨asserungsrohre gefasst und abgef¨uhrt. Die Entw¨asserungsschicht sollte eine Neigung > 3 % und eine Dicke > 30 cm haben. Sie besteht aus Material im K¨ornungsbereich 16-32 mm und weniger als 20 % CaCO3 -Gehalt. Die Entw¨asserungsrohre sollten eine Neigung von 1 % ¨ plus Uberh¨ ohung wegen Setzungen haben, einen Durchmesser > 25 cm und Schlitze mit Breite > 1, 2 cm. Ablagerungen und Verkrustungen in den Entw¨asserungsrohren 9
Siehe Empfehlungen des Arbeiskreises Geotechnik der Deponien und Altlasten“ der Deut” schen Gesellschaft f¨ur Geotechnik, Bautechnik 71/9, (1994).
548
28 Umweltgeotechnik
und in der Entw¨asserungsschicht sind nicht zu vermeiden. Deshalb sollten die Rohre von Kontrollsch¨achten aus gewartet werden k¨onnen. Diese sollten nicht mehr als 300 m voneinander entfernt sein, dazwischen sollten sie geradlinig verlaufen. Kontrollsch¨achte erhalten durch die Setzung des M¨ulls negative Mantelreibung, was zur Besch¨adigung der Basisabdichtung f¨uhren kann. Daher sollten sie verbreitete Fundamente haben bzw. teleskopartig konstruiert werden. Am besten werden sie außerhalb des Deponiek¨orpers angeordnet. Das Sickerfassungssystem muss so ausgebildet werden, dass es mindestens einmal j¨ahrlich gesp¨ult, gereinigt und zur Kontrolle mit der Kamera befahren werden kann.
28.5 Arbeitsschutz F¨ur Arbeiten in kontaminierten Bereichen gelten versch¨arfte und leider noch stark uneinheitliche Sicherheitsvorschriften.10 Unter anderem sind folgende Punkte zu ber¨ucksichtigen: Besch¨aftigungsverbot f¨ur Jugendliche unter 18 Jahren, werdende oder stillende M¨utter sowie f¨ur geb¨arf¨ahige Arbeitnehmerinnen beim Umgang mit Gefahrstoffen, die Blei- und Quecksilberalkyle oberhalb der Ausl¨oseschwelle enthalten. Anzeigepflicht: Der Auftragnehmer hat Bauarbeiten in kontaminierten Bereichen sp¨atestens 4 Wochen vor ihrem Beginn der zust¨andigen Berufsgenossenschaft schriftlich anzuzeigen. Baustelleneinrichtung: Kontaminierte Bereiche sind gegen den Zutritt Unbefugter einzuz¨aunen. Es d¨urfen darin keine Sozialr¨aume, B¨uros, Labors, Unterk¨unfte, Werkst¨atten oder Lagerr¨aume (mit Ausnahme von Lagerr¨aumen f¨ur kontaminierte Ger¨ate) errichtet bzw. benutzt werden. Es m¨ussen Verst¨andigungsm¨oglichkeiten von bzw. zum kontaminierten Bereich errichtet werden (Telefon, Funksprechger¨ate). F¨ur das Umkleiden und die sanit¨aren Bed¨urfnisse der Arbeitnehmer sind bei großen Baustellen Schwarz-Weiß-Anlagen einzurichten. Diese bestehen aus drei miteinander verbundenen R¨aumen. Der dem o¨ ffentlichen Straßenbereich zugewandte Weiß-Bereich dient dem Ablegen, Aufbewahren und sp¨ateren Wiederanlegen der Straßenkleidung. Der anschließende Mittelbereich enth¨alt die sanit¨aren Einrichtungen (Duschen, Toiletten). Der Schwarz-Bereich dient dem Anlegen und dem sp¨ateren Ablegen und Aufbewahren der Arbeitskleidung. ¨ Beluftung: Der Sauerstoffgehalt soll gr¨oßer als 19 Vol.-% sein, die Konzentration brennbarer Stoffe soll unter der Explosionsgrenze sein, die Konzentration von giftigen Stoffen soll kleiner als 10 % der maximalen Arbeitsplatzkonzentration (MAK) sein. Dementsprechend sind (bei gasf¨ormigen Gefahrstoffen eine blasende und bei staubf¨ormigen Gefahrenstoffen eine saugende) L¨uftung oder 10
Siehe z.B. Regeln f¨ur Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in kontaminierten ” Bereichen“ der Tiefbau-Berufsgenossenschaft, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Alte Heerstraße 111, D-53757 Sankt Augustin, Ausgabe 4, 1997.
28.5 Arbeitsschutz
549
die Verwendung von Atemschutz und fremdbel¨ufteten gekapselten Kabinen bei Bauger¨aten vorzusehen. Betriebsanweisung: Sie sollte u.a. folgende Vorschriften enthalten • Verzehr-, Trink- und Rauchverbot • Verbot der Alleinarbeit • Meldepflicht auff¨alliger Vorkommnisse und pl¨otzlicher gesundheitlicher Beschwerden ¨ • Messtechnische Uberwachung der Arbeitspl¨atze. Dar¨uber hinaus gibt es viele andere Vorschriften f¨ur Rettung und Erste Hilfe, NotfallAusweise, arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, pers¨onliche Schutzausr¨ustungen u.s.w.
29 Geokunststoffe
Geokunststoffe (geosynthetics) haben eine wachsende Bedeutung im Grundbau. Ihre Arten und ihre Verwendung sind aus der Tabelle 29.1 ersichtlich. Tabelle 29.1 Gliederung von Geokunststoffen Art Geotextilien (geotextiles)
Verwendung
Vliese (fleeces) Trennschicht, Filter Gewebe Bewehrung Maschenware Bewehrung Geogitter (geogrids) Bewehrung Folien oder Dichtungsbahnen (geomembranes) Abdichtung
Geokunststoffe bestehen aus Polymeren wie Polyamid, Polyester und Polyolefinen (Polyethylen und Polypropylen) unter Zugabe von Stabilisatoren. Geotextilien1 werden aus extrudierten Fasern hergestellt. Bei Vliesen werden endlose Fasern (sog. Filamente) oder 3 bis 5 cm lange Spinnfasern (Stapelfasern) in Wirrlage (d.h. regellos angeordnet) verfilzt oder verklebt. Sie sind daher flexibel und k¨onnen sich einer unebenen Unterlage anpassen. Gewebe (Abb. 29.1) bestehen aus sich rechtwinklig kreuzenden Fadensystemen (Garnen), w¨ahrend Maschenware aus Fadensystemen besteht, die miteinander schleifenf¨ormig verbunden (vermascht) oder durch ein weiteres Fadensystem verbunden sind. Man verwendet auch den Begiff Geonetze (geonets) f¨ur Maschenware. Die Abbildungen 29.5 – 29.7 zeigen die Herstellung von St¨utzw¨anden (Polsterw¨anden) mit Geotextilien. 1
Siehe Merkblatt f¨ur die Anwendung von Geotextilien und Geogittern im Erdbau des Straßenbaus, Forschungsgesellschaft f¨ur Straßen- und Verkehrswesen, D-50973 K¨oln, Postfach 501362, 1994, sowie Geotextilhandbuch, herausgegeben vom Schweizerischen Verband der Geotextilfachleute, EMPA, Postfach, CH-9001 St. Gallen, 1988.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_29
552
29 Geokunststoffe
Die trennende Wirkung der Geotextilien ist dann gefragt, wenn zwei aneinander grenzende Erdstoffe nicht mechanisch filterstabil sind. Dies ist oft bei Aufsch¨uttungen auf weicher Unterlage der Fall (Abb. 29.3, 29.4). Geotextilien aus wetterbest¨andigem Material k¨onnen auch zur Oberfl¨achenabdeckung herangezogen werden. Soll die Oberfl¨ache bepflanzt werden, so m¨ussen die Maschen groß genug sein und die Fasern bzw. Garne ausreichend verschiebbar, um die Durchwurzelung nicht zu verhindern (Abb. 29.8). Generell sind Polymere anf¨allig gegen¨uber UV-Licht (Polypropylen mehr, Polyester weniger). Daher sollten sie sobald wie m¨oglich mit Erdstoff abgedeckt werden. Geogitter (Abb. 29.2, 29.12) sind steife Einlagen, die zur Bewehrung des Bodens eingesetzt werden.
Abb. 29.1 Gewebe
29 Geokunststoffe
553
Abb. 29.2 Geogitter
Abb. 29.3 Verteilen und Verdichten der Sch¨uttung auf einem Vlies
554
29 Geokunststoffe
Abb. 29.4 Anwendung von Vliesen zur Ufersicherung
Abb. 29.5 Bau einer Polsterwand
29 Geokunststoffe
555
Abb. 29.6 Bau einer Polsterwand
Abb. 29.7 Fertiggestellte Polsterwand
556
29 Geokunststoffe
Abb. 29.8 Begr¨unte Polsterwand
Abb. 29.9 Pr¨ufung von Geokunststoffen
29.1 Pr¨ufverfahren f¨ur Geotextilien
557
Abb. 29.10 Pr¨ufung von Geokunststoffen
¨ ¨ Geotextilien 29.1 Prufverfahren fur Um die Gebrauchstauglichkeit von Geotextilien zu testen, sind verschiedene technologische Pr¨ufverfahren eingef¨uhrt worden (Abb. 29.9, 29.10). Folgende Gr¨oßen werden dabei bestimmt: 1. Effektive Maschenweite. Sie wird definiert als der Durchmesser von Glaskugeln, die durch das Geotextil zu 95% zur¨uckbehalten werden. 2. Reißfestigkeit: Risskraft pro Breiteneinheit beim Zugversuch. Die zugeh¨orige Bruchdehnung wird ebenfalls registriert. 3. Zerreißfestigkeit: Dabei erfolgt ein progressives Zerreißen der einzelnen Fasern. 4. Durchstanz-Widerstand: Ein ebenes Geotextil wird durch eine Halbkugel aufgew¨olbt, bis es zerreißt. 5. Punktwiderstand: Er ist indikativ f¨ur den Widerstand des Geotextils gegen scharfe Gegenst¨ande (Steine). 6. Querdurchl¨assigkeit: Durchl¨assigkeit bei Durchstr¨omung quer zur Ausdehnung des Geotextils. 7. Transmissivit¨at: Sie gibt die Fl¨ussigkeitsmenge an, die bei gegebenem hydraulischen Gradient in L¨angsrichtung pro Breiteneinheit des Geotextils fließt. 8. UV-Best¨andigkeit (gepr¨uft durch eine Belichtungsdauer von 360 Stunden). 9. Verstopfungsanf¨alligkeit. Werden die Poren des Geotextils durch Bodenpartikel verstopft, so wird seine L¨angs- und Querdurchl¨assigkeit beeintr¨achtigt.
558
29 Geokunststoffe
10. Materialerm¨udung: Wiederholte Belastung und Entlastung kann die Festigkeit herabsetzen. 11. Nahtfestigkeit 12. Kriechen. Es werden Kriechkurven (mit einer Dauer von bis zu 5 Jahren) bei Belastung mit 80%, 60%, 40% und 20% der Kurzzeitfestigkeit aufgezeichnet. 13. Reibung zwischen Boden und Geotextil. Sie wird durch direkte Scherversuche mit einer Scherfl¨ache von mindestens 30×30 cm2 und Auflasten von 10 bis 200 kPa bestimmt.
29.2 Einsatz von Geokunststoffen zur Bodenbewehrung 29.2.1 Einsatz von Geokunststoffen zur Belastung von Schotters¨aulen Schotters¨aulen werden zur Verbesserung des Tragverhaltens von weichen bindigen Schichten herangezogen. Wird eine mit Schotters¨aulen versehene Bodenschicht durch eine Aufsch¨uttung belastet, so u¨ bernehmen die steiferen Schotters¨aulen einen großen Teil der aufgebrachten Last. Dies erfolgt durch Gew¨olbewirkung in der Aufsch¨uttung (Abb. 29.11). Um Setzungsunterschiede auf der Oberfl¨ache der AufAufschüttung
weiche Schicht
Schottersäulen Abb. 29.11 Das Gewicht der Aufsch¨uttung wird durch Gew¨olbewirkung zu einem großen Teil auf die Schotters¨aulen eingeleitet.
sch¨uttung (z.B. Eisenbahndamm) zu vermeiden, strebt man an, einen m¨oglichst großen Anteil ihres Gewichts auf die Schotters¨aulen einzuleiten. Hierzu werden Geogitter herangezogen, siehe Abb. 29.12.2 Zur Erl¨auterung der Wirkung des Geogitters 2
Siehe W.J. H EWLETT and M.F. R ANDOLPH, Analysis of piled embankments, Ground Engineering 21/3 (1988) 12–18, und D. A LEXIEW, E. G ARTUNG, J. V ERSPOHL, R. K IRSCH NER , A Geogrid-reinforced Railroad Embankment on Piles in Soft Subsoil, Russian National Conference on Soil Mechanics and Foundation Engineering, Vol. 4, Sankt-Petersburg 1995, S. 804–825.
29.2 Einsatz von Geokunststoffen zur Bodenbewehrung
559
z h
σ z
Geogitter r2 b
=γ
z
A r1 B pB
Pfahlkopfplatte
x Schotter− säule a
s Abb. 29.12 Geogitter auf Pfahlkopfplatten
soll hier das ebene Problem betrachtet werden.3 Die Lasteinleitung in die Schotters¨aulen erfolgt u¨ ber Traggew¨olbe, die sich in der Auff¨ullung einstellen. Wir nehmen an, dass sie kreisf¨ormig mit dem Radius r1 = (s − a)/2 sind. Unter der Annahme, dass sich die Vertikalspannung u¨ ber dem Gew¨olbescheitel parabelf¨ormig verteilt und dass am Gew¨olbescheitel die volle Festigkeit des Aufsch¨uttungsmaterials mobilisiert ist, l¨asst sich σz am Scheitel A ausrechnen (vgl. Kapitel 23, Gleichung (23.27)) zu c cos ϕ r1 1 − sin ϕ (σz )A = (h − r1 ) h − r1 sin ϕ 1+ r1 1 − sin ϕ γ−
.
Die Parameter γ (Wichte), ϕ (Reibungswinkel) und c (Koh¨asion) beziehen sich auf das Aufsch¨uttungsmaterial. Vom Punkt A zum Punkt B (=Scheitel des Geogitters) w¨achst σz um den Betrag γ(r1 +b). Somit belastet die Spannung (σz )A +γ(r1 +b) das gekr¨ummte Geogitter und erzeugt darin die Normalkraft N . Nach der Kesselformel ist N = [(σz )A + γ (r1 + b) − pB ] r2
,
wobei r2 der Scheitelkr¨ummungsradius des Geogitters und pB die auf die weiche Schicht ausge¨ubte Pressung ist. Sei b der Durchhang des Geogitters, f¨ur welches wir die Form einer Parabel annehmen: y= 3
b 2 4b x = x2 r12 (s − a)2
.
Eine punktweise“ Abst¨utzung erzeugt eine doppelte Kr¨ummung und dadurch zus¨atzliche ” Zw¨angungen in einem (i.Allg. orthotropen) Geogitter.
560
29 Geokunststoffe
Dann ist der Scheitelkr¨ummungsradius r2 mit b u¨ ber die Beziehung r2 = r12 /2b verkn¨upft. Die Neigung des Geogitters am Auflagerpunkt betr¨agt b . β = arctan 2 r1 Somit betr¨agt die vom Geogitter aufgebrachte vertikale Belastung der Pfahlkopfplatte 2N sin β. Es ist konstruktiv am einfachsten, die Geogitter auf eine ebene Unterlage zu legen. Der Durchhang b ergibt sich dann allein aus der Normalkraft und der Dehnbarkeit des Geogitters.
30 Sicherheit und Normen
Bei den Normen unterscheidet man zwischen Standards: Konventionen zur Vereinheitlichung von Produkten (z.B. Schrauben, Steckdosen, Papierformate) Codes: Bemessungsregeln, welche den anerkannten Stand der Technik einheitlich darstellen. Es wird erwartet, dass die Vereinheitlichung durch Normen den Wettbewerb f¨ordert und das Qualit¨atsniveau anhebt. Andererseits werden Normen als entwicklungshemmend kritisiert, und es herrscht Uneinigkeit u¨ ber den Grad ihrer Verbindlichkeit, d.h. ob sie eher Lehrbuch- oder Gesetzescharakter haben.
30.1 Sicherheit Zur Harmonisierung europ¨aischer Normen hat man versucht, einen einheitlichen Sicherheitsbegriff einzuf¨uhren. Das Konzept der Sicherheit ist im Ingenieurwesen aufgekommen und soll angeben, wie groß der Abstand einer Struktur von ihrem Versagen ist. Wenn ein Zugstab bei der Kraft von 500 kN versagt und nur mit 400 kN belastet wird, so hat er eine Sicherheit von 500/400=1,25. Dieses Vorgehen l¨asst sich aber f¨ur allgemeinere F¨alle nicht anwenden. So l¨asst sich kaum die Sicherheit eines Flugs oder einer Operation oder einer Geldanlage quantifizieren (s.u.). Auch als Versagenswahrscheinlichkeit l¨asst sich die Sicherheit nicht a priori quantifizieren. Man kann allenfalls bei Vorliegen gen¨ugender Daten aus a¨ hnlichen Prozessen die Wahrscheinlichkeit etwa eines Flugzeugabsturzes absch¨atzen. Beim Bau hat man es allerdings mit Unikaten zu tun, bei welchen sich weder eine Sicherheit noch eine Versagenswahrscheinlichkeit angeben l¨asst. Der Versuch, die Problematik des Sicherheitsbegriffs durch Einf¨uhrung von diversen Partialsicherheiten und mehreren Grenzzust¨anden zu u¨ berwinden, ist nicht zielf¨uhrend und erschwert das Verst¨andnis und den Umgang mit den neuen Normen. Zudem k¨onnen die ungewohnten und schwer verst¨andlichen Normen kaum als an” erkannte Regeln“ der Technik betrachtet werden. Durch das Aufrechterhalten na” © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9_30
562
30 Sicherheit und Normen
tionaler Anwendungsdokumente“ wurde eine Harmonisierung europ¨aischer Normen letztendlich nicht erreicht.1 30.1.1 Globalsicherheit und Teilsicherheiten Nach dem traditionellen Konzept der Sicherheit wurde das Versagen (sog. Grenzzustand) durch bestimmte Wertekombinationen der maßgebenden Variablen xi definiert und durch die Gleichung g(x1 , x2 , . . . , xn ) = 0 angegeben.2 Zur Bestimmung der globalen Sicherheit η wurde der vorhandene Wert einer (willk¨urlich gew¨ahlten) Variablen (xi )vorh mit demjenigen Wert (xi )l dieser Variablen verglichen, der (bei denselben anderen Variablen) die Grenzzustandsgleichung g(x1 , . . . , xn ) = 0 erf¨ullt. Als globale Sicherheit η wurde dann das Verh¨altnis (xi )vorh /(xi )l definiert. Die Willk¨ur dieses Vorgehens ist offensichtlich. Nach dem Konzept der Teilsicherheiten wird ber¨ucksichtigt, dass jede Variable x ¨ eine gewisse Streubreite hat. Ublicherweise werden im Baugrundgutachten Rechenwerte (sog. charakteristische Werte xk , auch als calx“ bezeichnet) als vorsichtige ” Sch¨atzwerte f¨ur die einzelnen Variablen angegeben. Um nun die Streubreite der Variablen und die ungenaue Modellbildung zu ber¨ucksichtigen, werden ihre charakteristischen Werte auf der Widerstandsseite durch sog. Teilsicherheitsbeiwerte γ dividiert (xd = xk /γm ) und auf der Einwirkungsseite multipliziert (xd = xk · γs ). Man erh¨alt dadurch die sog. Bemessungswerte (design values) xd , die in die Grenzzustandsgleichung g(xd1 , xd2 , . . . , xdn ) = 0 eingesetzt werden (siehe auch Abb. 30.1). Das Konzept der Partialsicherheiten wurde urspr¨unglich von den Massivbauern eingef¨uhrt (EUROCODE 2). Die Geotechnik musste folgen, obwohl es hierf¨ur nicht besonders geeignet ist: Die Unterteilung in Einwirkungen und Widerst¨ande (siehe unten) ist nicht immer klar, und die Streuungen von Bodenkennwerten lassen sich statistisch kaum erfassen. In der Geotechnik d¨urfte die Sicherheit eher durch eine gute Baugrunderkundung und durch eine fachm¨annische Ausf¨uhrung als durch Berechnungsmodelle und Partialsicherheiten gew¨ahrleistet werden. 30.1.2 Grenzzust¨ande In neueren Normen wird unterschieden zwischen Grenzzust¨anden der Tragf¨ahigkeit und dem Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS). Bei den Grenzzust¨anden der Tragf¨ahigkeit wird unterschieden zwischen HYD: hydraulischer Grundbruch 1
2
Letztlich sind Normen Konventionen, die in Bereichen mit homogener Tradition vereinbart werden. Das Ansinnen, Normen auf mehrere Bereiche mit ungleicher Tradition auszuweiten, stellt ein Widerspruch dar. Es ist fraglich, ob sich das Versagen immer durch eine algebraische Gleichung darstellen l¨asst. Oft spielt auch die Vorgeschichte der Variablen eine Rolle, sodass man das Versagen eher als einen Prozess betrachten sollte. Man denke etwa an die Fließgrenze der Plastizit¨astheorie, welche sich durch die Verfestigung ver¨andern kann.
30.1 Sicherheit
563 gemessene Werte Theorie, Erfahrung abgeleitete Werte vorsichtige Schätzung charakteristische Werte Partialsicherheiten Bemessungswerte
Abb. 30.1 Hierarchie von Werten in Eurocode 7.
UPL: Aufschwimmen EQU: Verlust der Lagesicherheit STR: Versagen von Bauwerken oder Bauteilen GEO-2: Versagen vom Baugrund GEO-3: Verlust der Gesamtstandsicherheit. 30.1.3 Charakteristische Werte Dies sind vorsichtig gesch¨atzte, wahrscheinliche Bodenkennwerte. Sie werden aufgrund von Versuchen oder Erfahrungen von den Bodengutachtern angegeben. Die Ansicht, dass die charakteristischen Werte als 5%-Fraktilwerte zu definieren sind, hat sich (wegen der geringen Anzahl von Versuchen an gleichem Material) in der Geotechnik nicht durchgesetzt. Nach EC 7 muss der charakteristische Wert eines Boden- bzw. Felsparameters als vorsichtiger Sch¨atzwert des Kennwerts im Grenzzustand festgelegt werden. Der charakteristische Wert ist auf der sicheren Seite vom Mittelwert der geotechnischen Gr¨oße zu w¨ahlen. Der Abstand gegen¨uber dem Mittelwert kann bei ausreichender Datenbasis und gleichm¨aßigem Baugrund klein, muss aber bei mangelhafter Datenbasis und ungleichm¨aßigem Baugrund groß angenommen werden. Charakteristische Werte werden durch den Index k“ gekennzeichnet. ” 30.1.4 Geotechnische Kategorien Die Baugrunderkundung und Bemessung richtet sich nach der sog. geotechnischen Kategorie. Man unterscheidet: Geotechnische Kategorie 1: Kleine, einfache Bauobjekte bei einfachen und u¨ bersichtlichen Baugrundverh¨altnissen. Dazu geh¨oren setzungsunempfindliche Bauwerke mit St¨utzenlasten bis 250 kN und Streifenlasten bis 100 kN/m, St¨utzmauern bis 2 m H¨ohe, wenn dahinter keine hohen Auflasten sind, D¨amme bis 3 m H¨ohe, Gr¨undungsplatten, die ohne Berechnung empirisch bemessen werden, Gr¨aben bis 2 m Tiefe.
564
30 Sicherheit und Normen
Geotechnische Kategorie 2: Bauobjekte und Baugrundverh¨altnisse mit mittlerem Schwierigkeitsgrad. Dazu geh¨oren alle F¨alle, die nicht den geotechnischen Kategorien 1 und 3 zuzuordnen sind. Geotechnische Kategorie 3: Schwierige Konstruktionen und/oder schwierige Baugrundverh¨altnisse. Dazu geh¨oren ungew¨ohnliche Bauwerke, Belastungen (z.B. Erdbeben) und Baugrundverh¨altnisse. Insbesondere geh¨oren dazu Bauwerke mit besonders hohen Lasten, T¨urme, tiefe Baugruben, Staud¨amme mit Wasserdr¨ucken u¨ ber 2 mWS, vor¨ubergehende oder bleibende Ver¨anderungen des Grundwasserspiegels, Flugpl¨atze, Hohlraumbauten, weitgespannte Br¨ucken, Silos, Schleusen, Maschinenfundamente mit hohen dynamischen Lasten, kerntechnische Anlagen, Offshore-Konstruktionen, Chemieanlagen, Deponien. Die geotechnische Kategorie 2 umfasst die u¨ blichen Konstruktionen und sollte von einem qualifizierten Bauingenieur bew¨altigt werden k¨onnen, w¨ahrend bei der geotechnischen Kategorie 3 erfahrene Spezialisten heranzuziehen sind. Die Normen sind haupts¨achlich f¨ur die geotechnische Kategorie 2 konzipiert. F¨ur die geotechnische Kategorie 1 werden Berechnungen meist u¨ berfl¨ussig sein, w¨ahrend man f¨ur die geotechnische Kategorie 3 vielfach Verfahren einsetzen muss, die u¨ ber die Normen hinausgehen. 30.1.5 Einwirkungen/Widerst¨ande Nach dem Konzept der neuen Normen werden die Variablen in Einwirkungen und Widerst¨ande bzw. Bodenscherfestigkeitsparameter (ϕ, c und einaxiale Druckfestigkeit qu ) unterteilt. Zu den Einwirkungen z¨ahlen Gewichte, Wasserdr¨ucke, Str¨omungskr¨afte, Lasten, Vorspannkr¨afte, Bewegungen infolge Schwellens, Temperatur¨anderungen u.s.w. Da die Unterscheidung zwischen Einwirkung (action) und Widerstand (reaction) konzeptuell nicht immer leicht ist,3 kann man folgende Definition der Einwirkung heranziehen: Eine Einwirkung ist eine Kraft (oder aufgepr¨agte Verformung), die zu Beginn der Berechnung bekannt ist.
30.2
Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie
Zufallsvariablen sind Zahlen, die dem im Voraus nicht bestimmbaren Ausgang eines bestimmten Experimentes zugeordnet sind. Sie werden mit Fettdruck dargestellt. Betrachten wir die Zufallsvariable x. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Zufallsvariable kleiner/gleich als ein vorgegebener Wert x ist, betrage Fx (x)4 : F (x) = P {x ≤ x}. 3
4
Zum Beispiel stellt der auf eine St¨utzkonstruktion einwirkende aktive Erddruck eine Einwirkung dar, insofern ist der Reibungswinkel hier eine einwirkende Gr¨oße. Trotzdem sollte er sicherheitshalber kleiner angesetzt werden, d.h. ϕd < ϕk . Der Index x, der die Zufallsvariable charakterisiert, wird weggelassen, falls keine Verwechslung zu bef¨urchten ist.
30.2
Begriffe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie
565
P {Ereignis} ist dabei die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses. F (x) ist die Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen x. Ihre Ableitung f (x) =
dF (x) dx
heißt Verteilungsdichtefunktion oder schlicht Dichtefunktion. Es gilt
x2 f (x)dx. P {x1 ≤ x ≤ x2 } = x1
Der Erwartungswert oder Mittelwert einer Zufallsvariablen x, dargestellt als E{x} bzw. η, ist definiert als
∞ xf (x)dx. E{x} = −∞
Der wahrscheinlichste Wert von x ist die Konstante xl , definiert durch f (xl ) = max. Der Medianwert von x ist xm , definiert durch P {x ≤ xm } = F (xm ) = 1/2. Mittelwert, wahrscheinlichster Wert und Medianwert brauchen nicht zusammenzufallen. Eine Funktion einer Zufallsvariablen, y = g(x), ist ebenfalls eine Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion Fy (y) und der Dichtefunktion fy (y). Der Erwartungswert von y betr¨agt
∞
g(x)f (x)dx.
E{y} = −∞
Der Erwartungswert ist additiv, d.h. es gilt E{g1 (x) + g2 (x)} = E{g1 (x)} + E{g2 (x)}. Die Varianz oder Dispersion σ 2 wird definiert durch
∞ 2 2 (x − η)2 f (x)dx. σ = E{(x − η) } = −∞
σ, die positive Wurzel von σ 2 , heißt Standardabweichung. Es gilt: σ 2 = E{x2 } − η 2 = E{x2 } − E 2 {x}. Unabh¨angig von der Verteilung gilt die T SCHEBYSCHEV-Ungleichung: P {|x − η| > kσ} ≤
1 k2
bzw.
σ2 . 2 Bei zwei (bzw. mehreren) Zufallsvariablen wird die gemeinsame Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen x und y definiert durch: P {η − < x < η + } ≥ 1 −
F (x, y) = P {x ≤ x, y ≤ y} . Die gemeinsame Dichtefunktion lautet:
566
30 Sicherheit und Normen
f (x, y) =
∂ 2 F (x, y) ∂x∂y
.
Die Zufallsvariablen x und y heißen unabh¨angig, wenn gilt P {x ≤ x, y ≤ y} = P {x ≤ x} · P {y ≤ y}, woraus dann fxy (x, y) = fx (x) · fy (y) folgt. x und y heißen unkorreliert, wenn gilt: E{xy} = E{x} · E{y}. Im letzteren Fall ist 2 σx+y = σx2 + σy2
.
Die Dichtefunktion einer Summe, z = x + y, ergibt sich aus der Konvolution der einzelnen Dichtefunktionen:
∞
∞ fx (z − y) · fy (y)dy = fx (x) · fy (z − x)dx . fz (z) = −∞
−∞
Zentraler Grenzwertsatz: Die Dichtefunktion der Summe x = x1 + x2 + . . . + xn strebt f¨ur n → ∞ (unter gewissen Bedingungen) gegen die Normalverteilung − 1 f (x) = √ e σ 2π
30.3
(x − η)2 2σ 2 .
Sicherheit, wahrscheinlichkeitstheoretisch
Die Quellen der Unsicherheit sind vielf¨altig.5 Sie umfassen: 1. 2. 3. 4. 5.
Unsicherheiten bei der Belastungsannahme mangelhafte Kenntnis des Stoffverhaltens (Stoffgesetz) o¨ rtliche Schwankungen der Bodeneigenschaften Messfehler bei Feld- und Laborversuchen Fehler bei der L¨osung des maßgeblichen Randwertproblems (etwa infolge numerischer Approximation) 6. M¨angel der Ausf¨uhrung 7. Altern, Verwitterung, Abnutzen der einzelnen Tragelemente. Die Fehler 1, 2, 5, 7 beruhen im Wesentlichen auf der Modellbildung und sind im Prinzip behebbar (etwa durch Fortschritte in der Forschung), w¨ahrend die anderen Fehler von stochastischer Natur sind. Es soll nun hier der Prozess der Modellbildung als bereits abgeschlossen betrachtet und die Absch¨atzung der Sicherheit angesichts der stochastischen Fehler untersucht werden. Die maßgeblichen Variablen des Baugrundes bzw. einer Konstruktion werden als Zufallsvariablen xi betrachtet. Der Grenzzustand sei ferner durch die Grenzzustandsgleichung 5
Siehe J. H ANISCH, Wegweiser“ auf dem Wege zu einem neuen Abschnitt in der Geschich” te des Erd- und Grundbaus. Bautechnik 74/5 (1995) 287–293.
30.3
Sicherheit, wahrscheinlichkeitstheoretisch
567
g(x1 , x2 , x3 , . . .) = 0 darstellbar, sodass Punkte xi mit g(xi ) > 0 sichere Zust¨ande und Punkte mit g(xi ) < 0 unsichere Zust¨ande darstellen. Die Versagenswahrscheinlichkeit Pf ergibt sich dann zu
f (x1 , x2 , x3 , . . . , xn )dx1 dx2 . . . dxn , (30.1) Pf = B
wobei der Bereich B des xi -Raumes durch die Ungleichung g(xi ) < 0 gekennzeichnet ist. Die Versagenswahrscheinlichkeit bzw. die Sicherheit (reliability), = 1 − Pf aus dem mehrfachen Integral (30.1) zu berechnen (sog. Sicherheitsnachweis der Stufe III), ist eher akademisch. Abgesehen davon, dass die Dichtefunktionen unbekannt sind, w¨are die Ausrechnung des mehrfachen Integrals sehr aufwendig. Man versucht daher, einen sog. Sicherheitsnachweis der Stufe II durchzuf¨uhren: Man betrachtet die Zufallsvariable z := g(x1 , x2 , . . . , xn ). Ihr Mittelwert ηz , geteilt (normiert) durch die Standardabweichung σz , β :=
ηz , σz
kann u.U. als ein Maß f¨ur die Versagenswahrscheinlichkeit P {z < 0} angesehen werden, welche hinreichend klein sein soll. Insofern muss der sog. Sicherheitsindex β hinreichend groß sein. Es erhebt sich nun die Frage, inwieweit man aus β die Versagenswahrscheinlichkeit ausrechnen kann. F¨ur den Fall, dass • die Zufallsvariablen xi normal verteilt sind 6 und • g( ) eine lineare Funktion ist, d.h. z = c0 + c1 x1 + c2 x2 + . . . + cn xn , 7 l¨asst sich zeigen, dass die Versagenswahrscheinlichkeit
−β 2 1 e−x /2 dx Pf = Φ(−β) = √ 2π −∞ betr¨agt. In diesem Fall l¨asst sich β wie folgt ausrechnen: ηz = E{z} = c0 + c1 E{x1 } + c2 E{x2 } + . . . + cn E{xn }, 6 7
Jede Bezugnahme auf den genauen Typ einer Dichtefunktion ist nur akademisch, da er kaum durch Experimente bestimmt werden kann. F¨ur N¨aherungsrechnungen braucht die Forderung nach Normalverteilung der einzelnen Variablen xi nicht strikt erf¨ullt zu sein, da z = c0 + c1 x1 + c2 x2 + . . . verm¨oge des zentralen Grenzwertsatzes ann¨ahernd normal verteilt ist.
568
30 Sicherheit und Normen
" σz = c21 σ12 + c22 σ22 + . . . + c2n σn2 , ηz . σz Ist die Grenzzustandsgleichung nichtlinear, so sollte man sie linearisieren β=
g(xi ) ≈ g(xi0 ) + ∇g |xi0 · (xi − xi0 ). Als Linearisierungspunkt xio sollte sinnvollerweise der sog. Bemessungspunkt x∗1 gew¨ahlt werden. Es handelt sich um den wahrscheinlichsten Bruchzustand, d.h. den wahrscheinlichsten Punkt auf der Kurve (bzw. Hyperfl¨ache) g(xi ) = 0. Der Bemessungspunkt ergibt sich also als L¨osung der Extremalaufgabe f (xi ) =max mit der Nebenbedingung g(xi ) = 0. Nach L AGRANGE ist dieser Punkt dadurch gekennzeichnet, dass eine Isolinie (bzw. Hyperfl¨ache) g(xi ) =const eine Isolinie f (xi ) =const tangiert, bzw. ∇f = λ∇g gilt. Ein numerisches Verfahren zur Bestimmung des Bemessungspunktes entspricht in etwa der Gradientenmethode. Die Linearisierung um den Bemessungspunkt hat u.a. zur Folge, dass die Funktion g(xi ) linear-homogen wird in dem Sinne, dass g(λxi ) = λg(xi ) gilt. Dadurch wird ¨ β invariant gegen¨uber Anderungen der Dimension der Variablen xi sowie gegen¨uber algebraischen Umformungen der Grenzzustandsgleichung g(xi ) = 0. Setzt man beim Entwurf die Variablen am Bemessungspunkt an, d.h. xi = x∗i , so h¨alt man (unter den o.g. Voraussetzungen) eine bestimmte Sicherheit (bzw. Versagenswahrscheinlichkeit) ein. Dabei ist das Sicherheitsniveau bei allen Variablen gleich. Der Bemessungspunkt wird f¨ur einen bestimmten Bruchmechanismus normativ festgelegt. Um den Nachweis nach hergebrachter Art (sog. Sicherheitsnachweis nach Stufe I) durchzuf¨uhren, n¨amlich mit Partialsicherheiten, kann man die einzelnen Gr¨oßen x∗i mithilfe von Faktoren γi durch die sog. charakteristischen Gr¨oßen x ˆi ausdr¨ucken: x∗i = γi x ˆi .
30.4
(30.2)
Risikobewertung
Die Institution of Professional Engineers New Zealand“ hat 1983 eine Schrift u¨ ber ” Risiken im Ingenieurwesen (engineering risk) herausgegeben. Darin befindet sich unter anderem im Kapitel u¨ ber Risikobewertung (assessment risk) folgende einpr¨agsame Parabel8 : ¨ Ein junger Mann steht vor zwei verschlossenen T¨uren. Offnet er die eine, so st¨urzt ein hungriger Tiger heraus – es ist der grimmigste und blutr¨unstigste, dem man begegnen kann – und reißt ihn in St¨ucke. 8
Entnommen aus Schweizer Ingenieur und Architekt 45 (1986) 1127: Die Parabel wurde urspr¨unglich von W.C. C LARK in einem Buch von L.R. S CHWING und W.A. A LBERS u¨ ber Societal Risk Assessment: How Safe is Safe Enough?“, New York 1980, ver¨offentlicht und ” hat von dort offenbar den Weg um die Welt angetreten.
30.4
Risikobewertung
569
¨ Offnet er aber die andere T¨ur, dann tritt ein M¨adchen heraus – und zwar jenes, das Seine Majest¨at unter den holden Untertanen eigens f¨ur ihn ausgesucht hat. Den beiden T¨uren ist aber nichts anzumerken. Angesichts des Risikos verzichtet der junge Mann auf einen Entscheid und lebt in Sicherheit, bis er schließlich keusch stirbt. Ein zweiter Mann zieht einen Berater f¨ur Risikobewertung bei. Dieser sammelt alle verf¨ugbaren Daten u¨ ber Populationen von M¨adchen und Tigern. Er ben¨utzt modernste Apparaturen, um das Knurren wahrzunehmen oder den zartesten Hauch von Parf¨um einzufangen. Er stellt lange Checklisten zusammen. Er entwickelt eine Nutzwertfunktion und ergr¨undet seine RisikoAversionen usw. Doch mit der Zeit wird der Mann gewahr, dass er bald nicht mehr jung und damit in der Lage sein wird, das M¨adchen zu genießen. Deshalb o¨ ffnet er die optimale T¨ur und wird vom wenig wahrscheinlichen Tiger gefressen. Der dritte Mann nimmt einen Kurs zur Bez¨ahmung von Tigern. Dann o¨ ffnet er aufs Geratewohl eine der T¨uren und wird – vom M¨adchen verzehrt. Die Moral von der Geschichte: Jene, die risikofrei leben wollen, haben kein Interesse an einer Risikobewertung. Die f¨ur eine solche Bewertung verf¨ugbaren Methoden erlauben allenfalls eine Quantifizierung der Gef¨ahrlichkeit, k¨onnen aber keine Sicherheit vermitteln. Noch wichtiger als die Quantifizierung ist das Erkennen s¨amtlicher Risiken.
Sach- und Namensregister
A Abbau, biologischer . . . . . . . . . . . . . . 541 Abdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 A BDRABBO , F.M. . . . . . . . . . . . . . . . 517 Ablagerungen, alluviale . . . . . . . . . . . . 22 Abnahmepr¨ufung . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Abschalrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 Abschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Absperren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Abstandsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . 47 Abstimmungsverh¨altnis . . . . . . . . . . . 288 Abtragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 ACHENBACH , J.D. . . . . . . . . . . . 269, 277 ¨ Ahnlichkeit, mechanische . . . . . . . . . . 265 Aktivit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 A LBERS , W.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . 568 A LEXIEW, D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 Alluvium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 A MENSADE , Y U .A. . . . . . . . . . . . . . . . 78 A MONTONS , G. . . . . . . . . . . . . . 102, 162 A NAGNOSTOU , G. . . . . . . . . . . . . . . . 473 Andesit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Anhydrit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 anisotrope Festigkeit . . . . . . . . . . . . . 163 Anisotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Anker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Anker, schlaff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 Anker, selbstbohrend . . . . . . . . . . . . . 432 Ankerkraft, m¨ogliche . . . . . . . . . . . . . 437 Ankerpr¨ufmethode . . . . . . . . . . . . . . . 436 Approximation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 Arbed-Profile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 Arbeitskammer . . . . . . . . . . . . . . . . . 396
Arbeitsschutz . . . . . . . . . Arcelor Mittal . . . . . . . . A RNDTS , E. . . . . . . . . . A RRHENIUS , S. . . . . . . . A RSLAN , U. . . . . . . . . . A RZ , P. . . . . . . . . . . . . . Aschen, vulkanische . . . . Asphaltbeton . . . . . . . . . ATKINS , P.W. . . . . . . . . ATTERBERG-Grenzen . . Außenschale . . . . . . . . . Auffaltung . . . . . . . . . . . AUFLEGER , M. . . . . . . . Auflockerung . . . . . . . . . Aufl¨osungsverm¨ogen . . . Aufnehmer . . . . . . . . . . Auftriebsraumgewicht . . Auftriebssicherheit . . . . . Ausbau . . . . . . . . . . . . . Ausbauwiderstand . . . . . Ausrollgrenze . . . . . . . . Ausstechzylinder . . . . . . axial splitting . . . . . . . . . Axialsymmetrie . . . . . . . axis translation technique
B-Faktor . . . . . . . back pressure . . . . BACON , F. . . . . . BAHLBURG , H. . . BALDAUF, H. . . . Balken, gebetteter
. . . . . .
B ... ... ... ... ... ...
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Kolymbas, Geotechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58472-9
. . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 548 . . . . 408 . . . . . 49 . . . . 144 . . . . 201 . . . . 395 . . . . . 22 . . . . 545 . . . . 152 . . . . . 40 . . . . 459 . . . . 181 . . . . 385 . . . . 159 . . . . 535 . . . . 533 . . . . . 97 . . . . 388 . 445, 459 . . . . 462 . . . . . 40 . . . . . 36 . . . . 169 . . . . . 73 . . . . 149
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . . . 100 . . . . . . . 126 . . . . . . . 283 . . . . . . . . 21 302, 311, 312 . . . . . . . 306
572 B¨anderton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 BARDEN , L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Barotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115, 130 BARRON , R.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Basalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Baugrundverbesserung . . . . . . . . . . . . 355 BAUMANN , L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 BAUMGARTL , W. . . . . . . . . . . . . . . . 333 Bauweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 BAWDEN , W.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Becherfundament . . . . . . . . . . . . . . . . 313 bedding error . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 B EINE , R.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Belastung, zyklische . . . . . . . . . . . 89, 136 Bel¨uftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Bemessungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . 568 Bemessungswert . . . . . . . . . . . . . . . . 562 B ENIOFF-Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Bentonit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Bentonit-Suspension . . . . . . . . . . . . . 416 Beobachtungsmethode . . . . . . . . . . . . 529 Bereich, elastischer . . . . . . . . . . . . . . 253 Bergsturz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Bergwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Bericht, geotechnischer . . . . . . . . . . . . 526 Berliner Verbau . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 B ERNOULLI , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Besatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Beschleunigungsaufnehmer . . . . . . 288, 296 Betonr¨uttels¨aule . . . . . . . . . . . . . . 324, 362 Bettung, elastische . . . . . . . . . . . . . . . 305 Bettungsmodul . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Bettungsmodulverfahren . . . . . . . . . . . 335 Bettungszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Bettungszahlverfahren . . . . . . . . . . . . 305 Bewetterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Biaxialger¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Biegewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Bifurkation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 B INGHAM , E.C. . . . . . . . . . . . . . 376, 416 Binnendruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 B IOT, M.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . 181, 191 B ISHOP, A.W. . . . . . . . 112, 113, 155, 222 B JERRUM , L. . . . . . . . . . . . . . . . 333, 517 Block, por¨oser . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 B LUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340, 423 Boden, expansiver . . . . . . . . . . . . 33, 303 Boden, faserbewehrter . . . . . . . . . . . . 439
Sach- und Namensregister Boden, koh¨asionsloser . . . Boden, residueller . . . . . . Boden, saprolithischer . . . Boden, unges¨attigter . . . . . Bodenaustausch . . . . . . . . Bodenbewehrung . . . . . . . Bodendynamik . . . . . . . . . Bodenklassifikation . . . . . Bodenkunde . . . . . . . . . . Bodenpressung, zul¨assige . Bodenprobe . . . . . . . . . . . Bodenverbesserung . . . . . Bodenvereisung . . . . . . . . Bodenverfestigung . . . . . . Bodenverm¨ortelung . . . . . Bohrhindernis . . . . . . . . . Bohrkern . . . . . . . . . . . . . Bohrkrone . . . . . . . . . . . . Bohrlochaufweitung . . . . . Bohrlochrammsondierung . Bohrpfahlwand . . . . . . . . B OLLIGER , J. . . . . . . . . . B ONALA , M.V.S. . . . . . . B ORCHERT, K. . . . . . . . . B¨oschung . . . . . . . . . . . . B¨oschung, unendlich lange B¨oschungslinie . . . . . . . . B OUSSINESQ , V.J. . . . . . B OWLES , J.E. . . . . . . . . . ¨ , T. . . . . . . . B R AUTIGAM B RAMM , S T. . . . . . . . . . . B REITKREUZ , C. . . . . . . . B REKHOVSKIKH , L.M. . . Brekzie . . . . . . . . . . . . . . B ROWN , R. . . . . . . . . . . . B RUBAKER , G.R. . . . . . . Bruch . . . . . . . . . . . . . . . Bruch, progressiver . . . . . Bruchmechanik . . . . . . . . Bruchmechanismus . . . . . Bruchz¨ahigkeit . . . . . . . . . Brunnen . . . . . . . . . . . . . Brunnen, artesischer . . . . . Brunnengleichung . . . . . . B UCKINGHAM , E. . . . . . . B UISMAN , K. . . . . . . . . . B URLAND , J.B. . . . . . . . . B UTTERFIELD , R. . . . . . . B YERLEE , J. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . 103 . . . . 22, 33 . . . . . . . 33 . . . . . . 145 . . . . . . 355 . . . . . . 438 . . . . . . 269 . . . . . . . 43 . . . . . . . 25 . . . . . . 302 . . . . . . 509 . . . . . . 359 . . . . . . 380 . . . . . . 359 . . . . . . 379 . . . . . . 329 . . . . . . 501 . . . . . . 501 . . . . . . 176 . . . . . . 514 . . . . . . 409 . . . . . . 456 . . . . . . 170 . . . . . . 391 . . . . . . 213 . . . . . . 213 . . . . . . 205 . . 61, 77–79 . . . . . . 321 . . . . . . 453 . . . . . . 453 . . . . . . . 21 . . . . . . 273 . . . . . . . 21 67, 171, 172 . . . . . . 543 . . . . . . 105 . . . . . . 235 . . . . . . 164 . . . 215, 222 . . . . . . 166 . . . . . . 393 . . . . . . . 46 . . . . . . . 62 . . . . . . 265 . . . . . . 196 . . . . . . 480 . . . . . . . 88 . . . . . . 180
Sach- und Namensregister C Caisson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Cam-Clay Model . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Cam-Clay-Model . . . . . . . . . . . . . . . . 122 C AMBEFORT, H. . . . . . . . . . . . . . . . . 500 CAPWAP-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 349 C AQUOT, A. . . . . . . . . . . . . . . . . 202, 203 C ARNOT-Kreisprozess . . . . . . . . . . . . 497 C ARRANZA -T ORRES , C. . . . . . . . . . . 173 C ASAGRANDE , A. . . 40, 107, 136, 384, 535 C ASTRO , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 CD-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Ceresin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 C HAMBOSSE , G. . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Charakteristikenverfahren . . . . . . . . . . 246 C HIN , F.K. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 C LARK , W.C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568 C LAUSIUS -R ANKINE-Kreisprozess . . . 498 C LOUTERRE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 C OLLIN , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4, 213 compaction grouting . . . . . . . . . . . . . . 370 controllability . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 core disking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 C ORKUM , B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 C ORNET, F.H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 C OULOMB , C.A. 4, 102, 200, 201, 206, 207, 209, 210, 422, 444 C OX , B.G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 C RAELIUS-Verfahren . . . . . . . . . . . . . 505 critical state line . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Critical state theory . . . . . . . . . . . . . . 122 Crosshole-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . 296 CU-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 C ULLING , W.E.H. . . . . . . . . . . . . . . . 185 C ULMANN , K. . . . . . . . . . . . . . . 204–206 C UNDALL , P.A. . . . . . . . . . . . . . . . . 171 C ZERWENKA , G. . . . . . . . . . . . . . . . . 344 D . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 DA V INCI , L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 D¨ampfungsverh¨altnis . . . . . . . . . . . . . 286 Dampfdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 DANIEL , D.E. . . . . . . . . . . . 542, 543, 545 DARCY, H. 48–50, 58, 65, 66, 69, 153, 154, 190 DARCY-G ERSEVANOV-Gesetz . 49, 65, 191 DAUSCH , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 DAVIS , E.H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 D ’A LEMBERT
573 D E B EER , E. . . . . . . . . . . . . DE B OER , R. . . . . . . . . . . . . DE G ENNES , P.G. . . . . . . . . DE L EEUW, E.H. . . . . . . . . . DE RUITER , J. . . . . . . . . . . . D EBORAH-Zahl . . . . . . . . . . D EERE , D. . . . . . . . . . . . . . Dehnfuge . . . . . . . . . . . . . . Dehnung, logarithmische . . . Dehnungsmeßstreifen . . . . . . Dekontamination . . . . . . . . . D ELESSE, Satz von . . . . . . . Deponie . . . . . . . . . . . . . . . Deponie-Entgasung . . . . . . . Deponie-Sickerwasserfassung D ERMATAS , D. . . . . . . . . . . Detonation . . . . . . . . . . . . . . Deviatorebene . . . . . . . . . . . DI P RISCO , C. . . . . . . . . . . . Dichte, bezogene . . . . . . . . . Dichte, kritische . . . . . . . . . . Dichte, relative . . . . . . . . . . Dichtefunktion . . . . . . . . . . . Dichtigkeit . . . . . . . . . . . . . Dichtung, mineralische . . . . . Dichtungskern . . . . . . . . . . . Dichtungsteppich . . . . . . . . . Dichtwand . . . . . . . . . . . . . . D IERSSEN , G. . . . . . . . . . . . D IETERICH , J.H. . . . . . . . . . D IETRICH , T. . . . . . . . . . . . Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . Dilatanz . . . . . . . . . . . . . . . Dilatanzwinkel . . . . . . . . . . . Dilatometer . . . . . . . . . . . . . Diluvium . . . . . . . . . . . . . . . Dimension, fraktale . . . . . . . Dimensionsanalyse . . . . . . . . Diorit . . . . . . . . . . . . . . . . . discrete element method . . . . Diskontinuit¨atsfl¨ache . . . . . . dislocation . . . . . . . . . . . . . Dispersion . . . . . . . . . . . . . . Dispersion, hydrodynamische Dispersivit¨at . . . . . . . . . . . . Disturbance Factor D . . . . . Dolomit . . . . . . . . . . . . . . . Doppel-Ar¨aometer Versuch . . Doppelamplitude . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 517 . . . . . 98 . . . . 487 . . . . 517 . . . . 517 . . . . 179 . . . . 373 . . . . 313 . . . . 114 . . . . 534 . . . . 542 . 47, 155 . . . . 544 . 545, 547 . . . . 547 . . . . 175 . . . . 451 . . . . 254 . 112, 138 . . . . . 37 . 117, 131 . . . . 139 . . . . 565 . . . . 419 . . . . 544 . 483, 484 . . . . 484 . . . . 385 . . . . 330 . . . . 144 . . . . 201 . 67, 152 . 114, 117 . . . . 118 . 176, 520 . . . . . 23 . . . . 170 . . . . 265 . . . . . 21 . . . . 171 . . . . 270 . . . . 270 . 277, 565 . . . . . 67 . . . . . 42 . . . . 172 . . . . . 21 . . . . . 43 . . . . 138
574
Sach- und Namensregister
Doppelkernrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Doppelpacker . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Doppelschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Doppelwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 Downhole-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . 296 Dr¨anieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Drehbohrverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 325 Drehteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Drehtisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Druck, osmotischer . . . . . . . . . . . . . . 148 Druck-Setzungs-Kurve . . . . . . . . . . . . . 86 Druckeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Druckh¨ohe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Druckkriechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Druckmessdose, pneumatische . . . 536, 537 Druckplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . 149, 152 Drucksondierung . . . . . . . . . . . . . . . . 514 Druckverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 D¨ubel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 D¨une . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 D¨unnschliff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 D UPUIT, A.J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Durchl¨assigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 48, 50 Durchl¨assigkeit, anisotrope . . . . . . . . . . 66 Durchl¨assigkeit, Bestimmung . . . . . . . . 65 Durchl¨assigkeitsbeiwert, elektroosmotischer 50 Durchstanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 D¨usenstrahlverfahren . . . . . . . . . . 370, 374 E E DELBRO , C. . . . . . . . E HRENBERG , J. . . . . . . E IDE , O. . . . . . . . . . . . Eignungspr¨ufung . . . . . Einfachscherung . . . . . Einkapselung . . . . . . . . Einphasen-Schlitzwand . Einphasenverfahren . . . Einschnitte . . . . . . . . . Einspannung . . . . . . . . E INSTEIN , H.H. . . . . . Eintrittskapillardruck . . Einwirkung . . . . . . . . . Einzelfundament . . . . . E ISENMANN , J. . . . . . . Eislinse . . . . . . . . . . . . Elastizit¨at, linear . . . . . Elefantenfuß . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 173 . . . . 111 . . . . 333 . . . . 434 . . . . 117 . . . . 539 . . . . 414 . . . . 414 . . . . 213 . . . . 426 . . . . 174 . . . . 154 . . . . 564 . 302, 311 . . . . 307 . . . . 384 . . . . 251 . . . . 480
Elefantenfußbildung . . . . . . . . . . . . . . 128 Elektroosmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Elementversuch . . . . . . . . . . . . . . 259, 263 Elementversuche . . . . . . . . . . . . . . . . 260 E LSON , W.K. . . . . . . . . . . . 345, 351, 353 Eluationsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . 540 Energieh¨ohe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 E NGESSER , F. . . . . . . . . . . . 205–207, 488 Entfestigung . . . . . 114, 131, 159, 235, 262 Enthalpie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Entnahmezylinder . . . . . . . . . . . . . . . 504 Entsandungsanlage . . . . . . . . . . . . . . . 418 Entwicklungsgleichung . . . . . . . . . . . . 251 Epizentrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Erdbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Erdbeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Erdbebenherd . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Erdbreischild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Erddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Erddruck, aktiver . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Erddruck, passiver . . . . . . . . . . . . . . . 202 Erddruckkoeffizient . . . . . . . . . . . . . . 201 Erddruckverteilung . . . . . . . . . . . . 210, 425 Erde, bewehrte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 Erdruhedruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Erdrutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Erdstaudamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Erdwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Ergussgesteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Erhaltungsgleichungen . . . . . . . . . . . . 271 Erkundungsbohrung . . . . . . . . . . . . . . 500 Erosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 Erosion, innere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Erregung, quadratische . . . . . . . . . . . . 287 Erwartungswert . . . . . . . . . . . . . . 530, 565 E STERS , K. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 E ULER , L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Exsikkator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Extensionsversuch, triaxialer . . . . . . . . 112 Extraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540, 543
Fallkegelversuch Fallt¨ur-Problem . Farbumschlag . . FARELL , E.R. . . Fassbildung . . . . F EDDERSEN , I. .
. . . . . .
. . . . . .
F .. .. .. .. .. ..
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. 41 473 . 40 . 41 128 330
Sach- und Namensregister F EDER , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 F EESER , V. . . . . . . . . . . . . . . . 30, 84, 111 Fehlerfortpflanzungsgesetz von G AUSS 532 Fehlerquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Fehlkorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Feinkalk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Feldspat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Feldversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 F ELL , R. . . . . . . . . . . . . . . . . 69, 487, 490 F ELLENIUS , W. . . . . . . . . . . . . 4, 220, 222 Felsinjektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Felsmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Festigkeit, zyklische . . . . . . . . . . . . . . 138 Filament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68, 69, 148 Filtergeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . 47 Filterkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Filterpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Filterstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Findling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Firste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Flachdrain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Fl¨achenporosit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Flachgr¨undung . . . . . . . . . . . . . . . 301, 302 Flachhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Flachmoor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 flat jack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 F LEMING , W.G.K. . . . . . . . 345, 351, 353 Fließbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Fließdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Fließen, plastisches . . . . . . . . . . . . . . 166 Fließfl¨ache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Fließfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Fließgrenze . . . . . . . . . . . . . . 40, 179, 376 Fließlawinenschicht . . . . . . . . . . . . . . 490 Fließregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254, 465 Fließsand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46, 458 Fl¨ugelsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . 517 Fluidisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Flussablagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . 22 F OKKER -P LANCK-Gleichung . . . . . . . 154 F ORCHHEIMER , P H . . . . . . . . . . . . 49, 62 Form¨anderungsverhalten . . . . . . . . . . . . 80 F OURIER , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 F OURIER-Differentialgleichung . . 192, 496 F OURIER-Transformation . . . . . . . . . . 289 F RANKI-Pfahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Fr¨ase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Freifallb¨ar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405
575 F REUNDLICH-Isotherme . . . . . . . . . . 540 Frosthebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Frosttiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Fußaufschneider . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Fuchsg¨ange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 Fuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 Fuge, klaffende . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Fugenkonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . 419 Fundament, starres . . . . . . . . . . . . 82, 309 Fundamentalsatz der Vektoranalysis . . . 280 Fundamentbewehrung . . . . . . . . . . . . 311 Fundamentbreite . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Funnels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 G Gabbro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Gabionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 ¨ G ASSLER , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 G ALERKIN , B.G. . . . . . . . . . . . . . . . 526 G ARTUNG , E. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 Gasblasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 ¨ , G. . . . . . . . . . . . . . . . 442, 443 G ASSLER Gates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 G AUSS , C.F. . . . . . . . . 480, 481, 532, 533 G AUER , P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 Gebirge, druckhaftes . . . . . . . . . . . . . 176 Gebirgskennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Gefahrenabsch¨atzung . . . . . . . . . . . . . 291 Gefrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Gel¨andebruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Gel¨andesprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Gelierzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Genauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 Geogitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 Geokunststoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 Geokunststoff-Ton-Dichtung . . . . . . . . 544 Geological Strength Index GSI . . . . . . 172 Geonetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 Geotextil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 Geothermie, flache . . . . . . . . . . . . . . . 495 Geothermie, petrothermale . . . . . . . . . 495 Geschwindigkeitsaufnehmer . . . . . . . . 296 Geschwindigkeitsplan . . . . . . . . . . . . . 225 Geschwindigkeitspotential . . . . . . . . . . 61 Gesteine, magmatische . . . . . . . . . . . . . 21 Gesteine, metamorphe . . . . . . . . . . . . . 22 Gesteinslawine . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Gewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 GEWI-Pf¨ahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
576 Gewichtsmauer . . . . . . . . . . G IBBS , J.W. . . . . . . . . . . . . ¨ , M. . . . . . . . . . . . G L ATTLI Gl¨uhverlust . . . . . . . . . . . . . Gleichgewichtsbedingungen . Gleitebene . . . . . . . . . . . . . . Gleiten . . . . . . . . . . . . . . . . Gleitfuge, tiefe . . . . . . . . . . . Gleitkreis . . . . . . . . . . . . . . Gleitsicherheitsnachweis . . . . G LEN , J. . . . . . . . . . . . . . . . Gletscher . . . . . . . . . . . . . . . Gletschersedimente . . . . . . . Glimmer . . . . . . . . . . . . . . . Glimmerschiefer . . . . . . . . . Global Positioning System . . Gneis . . . . . . . . . . . . . . . . . G OLDSCHEIDER , M. . . . . . . G OLLUB , P. . . . . . . . . . . . . G ONCHAROV, V. . . . . . . . . . G OODMAN , R.E. . . . . . . . . . G OSSCHALK , E.M. . . . . . . . G RABE , J. . . . . . . . . . . . . . . Graben . . . . . . . . . . . . . . . . Grabenverbau . . . . . . . . . . . Grabenzufluss . . . . . . . . . . . Gradient, geothermischer . . . G RAFF , K.F. . . . . . . . . . . . . G RAHAM , J. . . . . . . . . . . . . Granit . . . . . . . . . . . . . . . . . Greifer . . . . . . . . . . . . . . . . Greiferbohrverfahren . . . . . . Grenzbedingung . . . . . . . . . . Grenzgerade . . . . . . . . . . . . Grenzgeschwindigkeit . . . . . Grenzlast . . . . . . . . . . . . . . . Grenzspannungszustand . . . . Grenztiefe . . . . . . . . . . . . . . Grenzzustand . . . . . . . . . . . . Grenzzustandsgleichung . . . . G RIFFITH , A.A. . . . . . . . . . Großpyknometer . . . . . . . . . Grout Intensity Number GIN . Grundbruch . . . . . . . . . . . . . Grundbruch, hydraulischer . . Grundbruchsicherheit . . . . . . Grundersch¨utterung . . . . . . . Grundmor¨ane . . . . . . . . . . . . Gr¨undungsbalken . . . . . . . . .
Sach- und Namensregister . . . . . . . 398 . . . . . . . 146 . . . . . . . 456 . . . . . . . . 43 . . . . . . . . 75 . . . . . . . 104 . . . . . . . 102 200, 201, 437 . . . . 217, 237 . . . . . . . 401 . . . . . . . 142 . . . . . . . . 23 . . . . . . . . 23 . . . . . . . . 29 . . . . . . . . 22 . . . . . . . 533 . . . . . . . . 22 142, 223, 438 . . . . . . . 426 . . . . . . . 273 . . . . . . . 171 . . . . . . . 489 . . . . 349, 541 . . . . . . . 182 . . . . . . . 402 . . . . . . . . 63 . . . . . . . 495 . . . . . . . 269 . . . . . . . 123 . . . . . . . . 21 . . . . . . . 413 . . . . . . . 325 . . . . . . . 208 . . . . . . . 104 . . . . . . . . 27 . . . . . . . 237 . . . . . . . 104 . . . . . . . . 94 . . . . . . . 562 . . . . . . . 566 . . . . . . . 169 . . . . . . . . 39 . . . . . . . 373 . . . . . . . 237 . . . . 98, 427 . . . . . . . 401 . . . . . . . 283 . . . . . . . . 23 . . . . . . . 302
Gr¨undungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Gr¨undungsplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Gr¨undungstiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Grundwasser, gespanntes . . . . . . . . . . . 46 Grundwasser, schwebendes . . . . . . . . . . 46 Grundwasser-Beobachtungsbrunnen . . 535 Grundwasser-Beobachtungspegel . . . . 507 Grundwasser-Neubildung . . . . . . . . . . . 45 Grundwasserhaltung . . . . . . . . . . . . . . 385 Grundwasserleiter . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Grundwasserspiegel . . . . . . . . . . . . . . . 45 Grundwasserstr¨omung . . . . . . . . . . . . 428 Gruppenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . 351 G UDEHUS , G. . . . . . . . . . . . . 89, 223, 340 Gummimembran . . . . . . . . . . . . . . . . 127 G UNN , M.J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 Gurt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 G UTENBERG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Gutenberg - Diskontinuit¨at . . . . . . . . . 283 H Haar-Raum . . . . . . . . . . . . . Haften . . . . . . . . . . . . . . . . . H AGEN -P OISEUILLE-Gesetz H AHN , J. . . . . . . . . . . . . . . Halbraum, elastischer . . . . . . H ALL , J.R. . . . . . . . . . . . . . H ALL -P ETCH, Gesetz von . . Hang, kriechender . . . . . . . . H ANISCH , J. . . . . . . . . . . . . Harnischbruchfl¨achen . . . . . . H ART, R.D. . . . . . . . . . . . . Hauptkoordinaten . . . . . . . . . Hauptspannungen . . . . . . . . . Hauptspannungsrichtungen . . Hauptuntersuchung . . . . . . . H AZEN , A. . . . . . . . . . . . . . H EITZ , C. . . . . . . . . . . . . . . H ENRY, W. . . . . . . . . . . . . . H ERTH , W. . . . . . . . . . . . . . H ERTZ , H. . . . . . . . . . . . . . H ETENYI , M. . . . . . . . . . . . H ETTLER , A. . . . . . . . . . . . H EWLETT, W.J. . . . . . . . . . H ILMER , K. . . . . . . . . . . . . H INKS , J.L. . . . . . . . . . . . . Hinterschneiden . . . . . . . . . . Hochdruckinjektion . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. 524 . 102 . . 51 . 307 . . 77 . 295 . 167 . 340 . 566 . 120 . 171 . 293 72, 74 . . . 74 . . 499 51, 265 . . . 366 . . . 152 . . . . 49 . . . 171 . . . 337 . . . 391 . . . 558 . . . 364 . . . 489 . . . 456 . . . 374
Sach- und Namensregister Hochmoor . . . . . . . . . . . . Hochwasser¨uberfall . . . . . Hochwasser¨uberlauf . . . . . H OEK , E. . . . . . . . . . . . . H OEK -B ROWN-Kriterium . Hohlbohrer . . . . . . . . . . . Hohlbohrschnecke . . . . . . Hohlraumaufweitungen . . H OLTZ , R.D. . . . . . . . . . Holzbohle . . . . . . . . . . . . ¨ H OLZH AUSER , J. . . . . . . H OOKE , R. . . . . . . . . . . . H OOKEsches Gesetz . . . . . Horizontalfilter . . . . . . . . H ORN , M. . . . . . . . . . . . . H ORVATH , J.S. . . . . . . . . H¨osch-Profile . . . . . . . . . . H OULSBY, G. . . . . . . . . . ˇ , H. . . . . . . . . . H UB A´ CEK H UBER , B. . . . . . . . . . . . H UDER -A MBERG-Versuch H UDSON , J.A. . . . . . . . . H¨ulse . . . . . . . . . . . . . . . Humus . . . . . . . . . . . . . . H VORSLEV, M.J. . . . . . . . Hydraulikgreifer . . . . . . . Hydrofr¨ase . . . . . . . . . . . hydrothermales Verfahren . Hyperbelansatz . . . . . . . .
577 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . 23 . . . . . . . 483 . . . . . . . 483 162, 171–173 . . . . . . . 173 . . . . . . . 500 . . . . . . . 318 . . . . . . . 176 . . . . . . . 232 . . . . . . . 403 . . . . . . . 471 251–253, 260 . . . . . . . 251 . . . . . . . 487 . . . . 471, 472 . . . . . . . 308 . . . . . . . 408 . . . . . . . 339 . . . . . . . 515 . . . . . . . 489 . . . . . . . 175 . . . . . . . 461 . . . . . . . 317 . . . . . . . . 25 . . . . . . . 122 . . . . . . . 325 . . . . . . . 413 . . . . . . . 495 . . . . . . . 129
I I DRISS , I.M. . . . . . . . . . . . . . . . Impedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . I MPOSIMATO , S. . . . . . . . . . . . . Impulsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . Inhomogenit¨at . . . . . . . . . . . . . . Injektionen . . . . . . . . . . . . . . . . Injektionsmittel . . . . . . . . . . . . . Injektionsschleier . . . . . . . . . . . . Injektionssohle . . . . . . . . . . . . . . Inklinometer . . . . . . . . . . . . . . . Innenschale . . . . . . . . . . . . . . . . Integrit¨atspr¨ufung . . . . . . . . . . . . Intensit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intensivverdichtung, dynamische . Interaktionsdiagramm . . . . . . . . . interlocking . . . . . . . . . . . . . . . . Interpolation . . . . . . . . . . . . . . . intrakontinentale Gr¨aben . . . . . . .
. . . . 140 . . . . 350 . . . . 112 . 75, 272 . . . . 128 . 369, 378 . . . . 376 . . . . 484 . 386–388 . . . . 538 . . . . 459 . . . . 351 . . . . 285 . . . . 366 . . . . 241 . . . . 123 . . . . 522 . . . . 284
Invarianten . . . Invertierbarkeit Irreversibilit¨at . I SHIHARA , K. . Isochrone . . . . I VANOV, P.L. .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . 255 . . . . 260 . . . . 251 . 138, 140 . . . . 193 . . . . . 49
J JACOBI , C.G.J. . . . . . JAKY, J. . . . . . . . . . . JANSEN , H.A. . . . . . . J ENIKE , A.W. . . . . . . J OHANNESSEN , I.J. . . ´ , T. . . J OHANNESSON J OOSTEN-Verfahren . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . 263 . 202, 470 . 470, 471 . . . . 107 . . . . 333 . 490, 491 . . . . 378
K K AISER , P.K. . . . . . . . . . . . . . . . 162, 173 Kalibrierung . . . . . . . . . . . . . . . . 259, 535 Kalina-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 Kalkgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Kalkhydrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Kalkstabilisierung . . . . . . . . . . . . . . . 360 Kalkstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Kalotte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Kalottenvortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 K¨altemaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 K¨altemittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 K¨altetr¨ager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Kanaldiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Kapillardruckkurve . . . . . . . . . . . . . . 154 Kapillarit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Kapillarkoh¨asion . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Kapillarsaugspannung . . . . . . . . . . . . 146 Kapillarsaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Kapillarsperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Kappe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Karst-Ph¨anomene . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Kastenbohrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Kategorie, geotechnische . . . . . . . . . . 563 Kaverne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 Kavitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Keileinbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Kelly-Stange . . . . . . . . . . . . . . . . 325, 413 K ELVIN , L ORD (W. T HOMSON ) . . . . . 150 Kennlinie des Ausbaus . . . . . . . . . . . . 467 K E´ RISEL , J. . . . . . . . . . . . . . . . . 202, 203 Kern . . . . . . . . . . . . . . 283, 304, 446, 483 Kernf¨anger . . . . . . . . . . . . . . . . . 505, 506
578 Kernrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503, 505 Kernverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 Kesselformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 Kette, kinematische . . . . . . . . . . . . . . 223 K E´ ZDI , A. . . . . . . . . . . . . 49, 84, 384, 536 K HABBAZ , M.H. . . . . . . . . . . . . . . . . 155 K HALILI , N. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Kies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Kippen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Kippsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 K IRSCH , K. . . . . . . . . . . . . . 364, 461, 462 K IRSCHNER , R. . . . . . . . . . . . . . . . . 558 Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . 25, 44 Klei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Kleinbohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 K LUCKERT, K.D. . . . . . . . . . . . . 329, 432 Kluftrauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Kluftreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Klumpen-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Klumpenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Knicken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Knotenpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 KOCH , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 K¨ocherfundament . . . . . . . . . . . . . . . . 313 KOERNER , R.M. . . . . . . . . . . . . . . . . 545 ¨ , F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 K OGLER Koh¨asion . . . . . . . . . . . 105, 122, 203, 376 Koh¨asion, scheinbare . . . . . . . . . . . . . 122 Koh¨asion, undr¨anierte . . . . . . . . . . . . . 121 Koh¨asionsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Kolbenentnahmeger¨at . . . . . . . . . . . . . 505 Kollaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Kollaps, inkrementeller . . . . . . . . . . . . 136 Kollapstheoreme . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Kollektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Kolmatation . . . . . . . . . . . . . . . . . 69, 486 KOLYMBAS , D. . . . . . . . . . . 172, 349, 438 KOLYMBAS, Verfahren von . . . . . . . . . 349 Kombinationsabdichtung . . . . . . . . . . 545 Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 Kompensationsmessmethode . . . . . . . . 533 Kompressibilit¨at des Porenfluids . . . . . . 99 Kompressionsbeiwert . . . . . . . . . . . . . . 88 Kompressionsmodul . . . . . . . . . . . . . . 252 Kompressionssetzung . . . . . . . . . . . . . . 80 Kompressionsversuch, triaxialer . . . . . 112 Kompressionswellen . . . . . . . . . . . . . 280 Kondensation, kapillare . . . . . . . . . . . 150 KONDNER , R.L. . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Sach- und Namensregister Konfidenzgrenzen . . . . . . Konglomerat . . . . . . . . . . KONRAD , J.-M. . . . . . . . Konsistenz . . . . . . . . . . . . Konsistenzbedingung . . . . Konsistenzgrenzen . . . . . . Konsistenzzahl . . . . . . . . . Konsolidierung . . . . . . . . Konsolidierung, sekund¨are Konsolidierungsphase . . . . Konsolidierungsverh¨altnis . Kontinuit¨atsgleichung . . . . Kontraktanz . . . . . . . . . . . Kontraktor-Verfahren . . . . Konvektion . . . . . . . . . . . Konvektionsvorg¨ange . . . . Konvergenz . . . . . . . . . . . KOPPEJAN-Methode . . . . KORECK , H.W. . . . . . . . . Kornger¨ust . . . . . . . . . . . Kornverteilungskurve . . . . Kornwichte . . . . . . . . . . . Korrosion . . . . . . . . . . . . Kosteneffektivit¨at . . . . . . . ´ , K. . . . . . . . . . . KOV ARI Kr¨afte, innere . . . . . . . . . . Kraftmeßdose . . . . . . . . . K RAJEWSKI , W. . . . . . . . K RAMER , S.L. . . . . . . . . K RANZ , E. . . . . . . . . . . . Kreisprozesse . . . . . . . . . K REY, H.-D. . . . . . . . . . . Kriechmaß . . . . . . . . . . . . Kriechsetzung . . . . . . . . . K ROHN , C.E. . . . . . . . . . K RONECKER , L. . . . . . . . Kronecker-property . . . . . Kruste . . . . . . . . . . . . . . . Kunststoffdichtungsbahn . K UTZNER , C. . . . . . . . . .
L ADE , P.V. . . . . . . ¨ , W. . . . . L ACHLER L¨ange, elastische . . Lagenkugel . . . . . . Lagerung, dichteste Lagerung, lockerste L AGRANGE , J.L. . .
L ... ... ... ... ... ... ...
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 531 . . . . . . . . 21 . . . . . . . 135 . . . . . . . . 39 . . . . . . . 253 . . . . . . . . 40 . . . . . . . . 41 187, 196, 367 . . . . . . . 196 . . . . . . . 124 . . . . . . . 193 . . . . . . . . 55 . . . . . . . 114 . . . . 317, 414 . . . . . . . . 67 . . . . . . . 271 . . . . . . . 465 . . . . . . . 517 . . . . 331, 334 . . . . . . . . 94 . . . . . . . . 26 . . . . . . . . 36 . . . . 321, 407 . . . . . . . 535 . . . . . . . 451 . . . . . . . 262 . . . . . . . 533 . . . . 385, 411 . . . . . . . 282 . . . . . . . 437 . . . . . . . 262 . . . . 107, 122 . . . . . . . 435 . . . . . . . 196 . . . . . . . 170 . . . . . . . 251 . . . . . . . 524 . . . . . . . 283 . . . . . . . 545 . . . . . . . 376
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
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. 98 345 337 162 . 37 . 37 568
Sach- und Namensregister L AGU E¨ S , M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 L AM E´ , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251, 463 Lamellenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 220 L ANCELLOTTA , R. . 84, 190, 306, 312, 430 L ANDAU , L.D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 L¨ange, elastische . . . . . . . . . . . . . . . . 306 L APLACE , P.S. . . . . . . . . . . . 55, 146, 148 L APLACE, L¨osung nach . . . . . . . . . . . 273 Lastb¨undel, schlaffes . . . . . . . . . . . . . . 82 Laterite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22, 32 Lawinenschutzd¨amme . . . . . . . . . . . . 490 Leckage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Lehm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Leistungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . 289 Leistungszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 Leitf¨ahigkeit, hydraulische . . . . . . . . . . 69 Leitwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 L EONHARDT, F. . . . . . . . . . . . . . 311, 313 L ESNE , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 L EYKAUF, G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 L I , E.C.C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Lichtlot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 L IFSCHITZ , E.M. . . . . . . . . . . . . . . . 279 Linearisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Linearisierung, geometrische . . . . . . . . 261 Linienporosit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Linkssp¨ulung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 L INSBAUER , H.N. . . . . . . . . . . . . . . . 489 liquefaction . . . . . . . . . . . . . . . . . 136, 137 Liquidit¨atsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Lockerungsbohrungen . . . . . . . . . . . . 406 Lockerungssprengung . . . . . . . . . . . . . 406 L OEHR , R.C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 Lokalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 L OMBARDI , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Longitudinalwellen . . . . . . . . . . . . . . 280 L OOSE , P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 L¨osbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 L OSCHMIDsche Zahl . . . . . . . . . . . . . 150 L¨oss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22, 32, 33 L OVE -Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Lufteintrittswert . . . . . . . . . . . . . . 148, 152 Lufthebebohrverfahren . . . . . . . . . . . . 326 Luftkompressibilit¨at . . . . . . . . . . . . . . 153 Luftpyknometerverfahren . . . . . . . . . . . 39 L UGEON-Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 L UONG , M.P. . . . . . . . . . . . . . . . 158, 159 Lutten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449
579 M M ACH-Zahl . . . . . . . . . . Magma . . . . . . . . . . . . . M AGNAN , J.P. . . . . . . . . Magnitude . . . . . . . . . . . ˇ , M.A. . . . . . M AHMO UD M AIR , R.J. . . . . . . . . . . Makroporen . . . . . . . . . . M ANDEL , J. . . . . . . . . . M ANDEL -C RYER-Effekt M ANGSTL , A. . . . . . . . . Manschettenrohr . . . . . . Mantel . . . . . . . . . . . . . Mantelmischung . . . . . . Mantelreibung . . . . . . . . Mantelreibung, negative . Mantelverpressung . . . . . M ARCHETTI , S. . . . . . . Marmor . . . . . . . . . . . . . Marschb¨oden . . . . . . . . . Maschenware . . . . . . . . . Massenbilanz . . . . . . . . . Massenerhaltung . . . . . . Massenmatrix . . . . . . . . Maßstabseffekt . . . . . . . M ATIOTTI , R. . . . . . . . . M ATTHESS , G. . . . . . . . M AUERHOFER , S. . . . . . M AZURKIEWICZ , B. . . . M C C ARTHY, D.F. . . . . . Medianwert . . . . . . . . . . Meertone . . . . . . . . . . . . M EINIGER , W. . . . . . . . M E´ LIX , P. . . . . . . . . . . . Membrangr¨undung . . . . . M E´ NARD , L. . . . . . . . . . Mergel . . . . . . . . . . . . . Messger¨ate . . . . . . . . . . Messtechnik . . . . . . . . . Meßunsicherheit . . . . . . Metamorphose . . . . . . . . Methode, explizite . . . . . Methode, implizite . . . . . M EYERHOF, G.G. . . . . . Mikropfahl . . . . . . . . . . M INDLIN , R.D. . . . . . . . Mittelwert . . . . . . . . . . . Mobilit¨at, zyklische . . . . Modellversuche . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 273 . . . . . . . . 21 . . . . . . . 368 . . . . . . . 285 . . . . . . . 517 . . . . . . . 481 . . . . . . . . 31 . . . . . . . 192 . . . . . . . 191 . . . . . . . 432 . . . . . . . 370 . . . . . . . 283 . . . . . . . 370 276, 330, 332 . . . . . . . 332 . . . . . . . 333 . . . . . . . 520 . . . . . . . . 22 . . . . . . . . 23 . . . . . . . 551 . . . . . . . 272 . . . . . . . 190 . . . . . . . 292 . . . . . . . 169 . . . . . . . 138 . . . . . . . . 51 . . . . . . . 456 . . . . . . . 321 . . . . 21, 222 . . . . . . . 565 . . . . . . . . 23 . . . . 432, 436 . . . . . . . 477 . . . . . . . 315 . . . . 176, 518 . . . . . . . . 32 . . . . . . . 533 . . . . 529, 530 . . . . . . . 531 . . . . . . . . 22 . . . . . . . 263 . . . . . . . 262 . . . . . . . 364 . . . . . . . 324 . . . . . . . 461 . . . . . . . 565 . . . . . . . 136 . . . . . . . 265
580 M OGI , K. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Mohorovicic-Diskontinuit¨at . . . . . . . . 283 M OHR , O. . 73, 74, 104–106, 115, 121, 127, 158, 171, 172, 207–209 M OHR -C OULOMB . . . . . . . . . . . . . . . 244 M OHRscher Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Molenbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Monodeponie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 M ONONOBE -O KABE, Verfahren nach . 294 M ONTGOMERY-S MITH , G. . . . . . . . . . 84 Montmorillonit . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Moor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 M ORGENSTERN , N.R. . . . . . . . . . . . . 109 M UHS , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 M UIR W OOD , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 ¨ -B RESLAU , H. . . . . . . . . . . . 201 M ULLER ¨ -S ALZBURG , L. . . . . . . . . . . 448 M ULLER M¨ullhaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 Mure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3, 231 Musterbildung . . . . . . . . . . . . . . . 14, 182 N Nachweis der Standsicherheit . . . . . . . 243 N¨ahrstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 Nagel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Nagelw¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Nassbaggerverfahren . . . . . . . . . . . . . 355 NATEROP, D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 NATM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Neogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 net stress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 N ETZEL , D. . . . . . . . . . . . . . . . . 309, 315 N EWMARK, Verfahren nach . . . . . . . . 295 N EWTON , I. . . . . . . . . 263, 371, 376, 416 Nichtlinearit¨at, inkrementelle . . . . 89, 251 Niederdruckinjektion . . . . . . . . . . 369, 370 N OLL , W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259, 263 N ORDLUND , E. . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Normalger¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Normalit¨atsbedingung . . . . . 245, 246, 254 Normalkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . 293 N ORRISH , N.I. . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 N ORTON , F.H. . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 ¨ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 NOT Notation, symbolische . . . . . . . . . . . . 256 N OVA , R. . . . . . . . . . . . . . . 138, 159, 246 N USSBAUMER , M. . . . . . . . . . . . . . . . 397
Sach- und Namensregister
O DENWALD , B. . . ¨ Odometer ...... O HDE , J. . . . . . . . O KA , F. . . . . . . . O STERMAYER , H.
. . . . .
O ... ... ... ... ...
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
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. . . . .
. . . . .
. . . . .
. 69 . 85 . 88 . 98 436
P PACHER , F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Pal¨aogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 PANET, M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 PAPOULIS , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 Paralleleinbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Partition of unity . . . . . . . . . . . . . . . . 525 PASTERNAK , P.L. . . . . . . . . . . . . . . . 308 PATERSON , M.S. . . . . . . . . . 158, 162, 167 PAVLOVSKI , N.N. . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Peak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114, 116 P ECK , R.B. . . . . . . 214, 307, 480, 481, 529 P ELTIER , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 performance based design . . . . . . . . . . 490 Permafrostboden . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 P ETH , S T. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Pfahlgr¨undung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Pfahlplattengr¨undung . . . . . . . . . . . . . 352 Pfahlpr¨ufung, dynamische . . . . . . . . . . 348 Pfahlspitzendruck . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Phasengeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . 281 Phasenverschiebung . . . . . . . . . . . . . . 286 P HEAR , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 Phyllit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Π-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Piezometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 Pilzfundament . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Pinhole-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 piping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 Plastizit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Plastizit¨at, ideale . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Plastizit¨atsdiagramm . . . . . . . . . . . . . . 44 Plastizit¨atstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Plastizit¨atszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Plattendruckversuch . . . . . . . . . . . . . . 358 Plattengr¨undung . . . . . . . . . . . . . . 302, 313 Plattentektonik . . . . . . . . . . . . . . . 182, 283 Pleistoz¨an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 P OISSON , S.D. . . . . . . . . . . . 77, 252, 256 P OISSON-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . 291 Pol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Polsterwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555
Sach- und Namensregister P OLUBARINOVA KOTSCHINA , P.YA . . . 60 P OLUBARINOVA -KOCHINA , P.YA . . . . . 66 Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 P ONCELET, J.V. . . . . . . . . . . . . . . . . 201 P OOROOSHASB , H.B. . . . . . . . . . . . . 364 P OPOV, V.L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Porenanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Porendruckaufnehmer . . . . . . . . . . . . . . 54 Porendruckaufnehmer, elektrischer . . . 536 Porenwasserdruck . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Porenwasser¨uberdruck . . . . . . . . . . . . . 95 Porenzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Porenzahl, kritische . . . . . . . . . . . . . . 117 Por¨ose-Medien-Gleichung . . . . . . . . . . 62 Porosit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Porosit¨at, prim¨are . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Porosit¨at, sekund¨are . . . . . . . . . . . . . . . 69 porous media equation . . . . . . . . . . . . 153 Potential, plastisches . . . . . . . . . . . . . 254 Potentialfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Potentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Potentiallinie . . . . . . . . . . . . . . . . . 56, 57 Potentialnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 P OULOS , H.G. . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 P RANDTL , L. . . . . 144, 238, 239, 243, 428 Pratzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Pressiometer . . . . . . . . . . . . . . . . 176, 517 Pressiometer, selbstbohrend . . . . . . . . 519 pressure creep . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Pressverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Preventer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 P RIEBE , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Prim¨arlamelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Prim¨arpf¨ahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 P RINZ , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Probe, normalkonsolidierte . . . . . . . . . 119 Probe, u¨ berkonsolidierte . . . . . . . . . . . 119 Probebelastung, statische . . . . . . . . . . 345 Probenentnahmeger¨at . . . . . . . . . . . . . 503 Problem, inverses . . . . . . . . . . . . . . . . 259 P ROCTOR-Versuch . . . . . . . . . . . . 356–358 Pr¨ufmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Pr¨ufverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 Psychrometer . . . . . . . . . . . . . . . . 150, 151 P ULLER , M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 pump-and-treat . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 Pumprate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Punktlastversuch . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Pyknometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
581 Pyknotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . 115, 130
Quart¨ar . . . . . . Quarz . . . . . . . Quarzit . . . . . . Quellen . . . . . . Queranisotropie Quetschen . . . . Quickton . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
Q ... ... ... ... ... ... ...
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . 23 . . . . 29 . . . . 22 30, 174 . . . 253 . . . 176 . . . 232
R R AABE , E.W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Radial Point Interpolation . . . . . . . . . . 525 Radialpresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Rahmenscherversuch . . . . . . . . . . . . . 107 R AMBERG , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Rammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 Rammformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 Ramminjektionspf¨ahle . . . . . . . . . 322, 391 Rammsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . 511 Rammwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . 406 R ANDOLPH , M.F. . 339, 345, 351, 353, 558 R ANKINE , W.J.M. . . . . . . . . . 4, 206, 210 R AOULT, F.M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 rate independence . . . . . . . . . . . . . . . 260 rate softening . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Raumgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 R AYLEIGH-Dispersionsmessung . . . . . 297 R AYLEIGH-Quotient . . . . . . . . . . . . . 293 R AYLEIGH -Wellen . . . . . . . . . . . . 281, 282 Reaktion, hydraulische . . . . . . . . . . . . 359 Reaktion, puzzolanische . . . . . . . . . . . 359 Reaktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Rechtssp¨ulung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 R EDDI , L.N. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Reibeversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Reibung, innere . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Reibungskegel . . . . . . . . . . . . . . . 102, 103 Reibungskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Reibungswinkel . . . . . . . . . . . . . . 102–104 Reibungswinkel, Peak . . . . . . . . . . . . 117 Reibungswinkel, kritischer . . . . . . . . . 122 Reibungswinkel, residueller . . . . . . . . 117 Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . 63, 393 R EINER , M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Relaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
582
Sach- und Namensregister
R ENDULIC , L. . . . . . . . . . . . . . . . 99, 488 R ENK , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 reservoir induced seismicity . . . . . . . . 490 Residuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 Resonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Resonanzversuche . . . . . . . . . . . . . . . 279 Response Spectrum . . . . . . . . . . . . . . 294 Restreibungswinkel . . . . . . . . . . . 116, 131 Restscherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 116 Resuspensionsschicht . . . . . . . . . . . . . 490 R EVUZHENKO , A.F. . . . . . . . . . . . . . . 13 R EYNOLDS , O. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 R EYNOLDSsches Transporttheorem . . . 272 Rhyolit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 R ICHARDS, Gleichung von . . . . . . . . . 154 R ICHART, F.E. . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 R ICHTER , T H . . . . . . . . . . . . . . . . 285, 353 R IDLEY, A.M. . . . . . . . . . . . . . . . 149, 151 R IECHWIEN , W. . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Riedel-Risse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 R IEMANN-Invariante . . . . . . . . . . . . . 246 rip rap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 Risikobewertung . . . . . . . . . . . . . . . . 568 Riss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 rock mass rating (RMR) . . . . . . . . . . . 172 Rohr, dickwandiges . . . . . . . . . . . . . . 463 Rohrvortrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Rollenmeißel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 ROSCOE , K. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 122 ROSENKRANZ , D. . . . . . . . . . . . . . . . 539 ROWE , P.W. . . . . . . . . . . . . . . . . 85, 117 ROYLANCE , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 R¨ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 RUINA , A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 R¨utteldruckverdichtung . . . . . . . . . . . 360 R¨uttelstopfverdichtung . . . . . . . . . . . . 361
Sackung . . . . . . . S¨akularsetzung . . . Saltationsschicht . Sand . . . . . . . . . . Sandbox . . . . . . . Sandbox-Modelle . Sands¨aule . . . . . . Sandstein . . . . . . Sanduhr . . . . . . . . Sandvulkan . . . . . Sanierung . . . . . .
. . . . . . . . . . .
S .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . 84 . . . . 196 . . . . 490 . . . . . 25 . . . . 180 . . . . 180 . 361, 364 . . . . . 21 . 10, 266 . . 14, 15 . . . . 540
S¨attigungsdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 S¨attigungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 S¨attigungssetzung . . . . . . . . . . . . 84, 156 Saugbohrverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 326 Saugplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Saugspannung . . . . . . . . . . . . . . . 146, 151 Saugspannung, osmotische . . . . . . . . . 148 S AVILLE , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 S CAVIA , C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Schacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 S CHAD , H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 S CHENCK , W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Scherfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 101, 222 Scherfestigkeit, undr¨anierte . . . . . . . . . 121 Scherfuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182, 184 Scherversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Scherwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Schiefer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Schieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Schieferungsebene . . . . . . . . . . . . . . . 163 S CHIEL , F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Schild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448, 451 Schl¨ammkorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Schlammvulkan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Schließungsgleichung . . . . . . . . . . . . . 246 Schlitzwand . . . . . . . . . . . . . . . . . 385, 412 Schlitzwandlamelle . . . . . . . . . . . . . . 419 Schloss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 Schlosssickerwiderstand . . . . . . . . . . . 406 Schluckbrunnen . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Schluff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Schmalwand . . . . . . . . . . . . . . . . 385, 386 S CHMIDT, H.G. . . . . . . . . . . . . . 333, 395 Schnecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 Schneckenortbetonpfahl . . . . . . . . . . . 318 Schneidrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Schneidschuh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 S CHNELL , W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 S CHNELLI , O. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 Schnellschlagb¨ar . . . . . . . . . . . . . . . . 406 Schnellschlaghammer . . . . . . . . . . . . . 406 Schnittkr¨afte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 S CHOFIELD , A. . . . . . . . . 5, 106, 123, 246 Schotters¨aule . . . . . . . . . . . . . . . . 361, 558 Schrankentheorem . . . . . . . . . . . . . . . 245 Schrumpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Schrumpfgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Schrumpfsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Sach- und Namensregister S CHUBERT, H. . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Schubmodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 S CHULER , U. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 S CHULTZE , W.E. . . . . . . . . . . . . . . . 336 S CHUPPENER , B. . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Sch¨urfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 S CHUSTER , R.L. . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Schuttern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 Schwaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 S CHWARZ , W. . . . . . . . . . . . . . . . 340, 342 Schwellbeiwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Schwellbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Schwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Schwemmkegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Schwemmsand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 S CHWING , E. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 S CHWING , L.R. . . . . . . . . . . . . . . . . 568 Schwingsaite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 second order work . . . . . . . . . . . . . . . 260 Sedimentationsanalyse . . . . . . . . . . . . . 27 Sedimentgesteine . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Seeablagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 S EEBECK , T H .J. . . . . . . . . . . . . . . . . 151 S EEBER , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 S EED , H.B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Seilgreifer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Seilkernrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Seismografen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Seitendrucksonde . . . . . . . . . . . . . . . . 519 Seitenmor¨ane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 S EITZ , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Sekantenmodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Sekund¨arsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Sekund¨arpfahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 Selbst¨ahnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . 11, 12 Selbstorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . 11 S EMPRICH , S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Senkkasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Setzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Setzungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . 91 Setzungsfuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Setzungsmulde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 SH-Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 shelby tube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 S HERIF, G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 S HI , G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 S ICHARDT, W. . . . . . . . . . . . . . . 63, 393 Sicherheit, wahrscheinlichkeitstheoretisch 566
583 Sicherheitsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Sicherheitsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 Sicherheitsnachweis der Stufe I . . . . . . 568 Sicherheitsnachweis der Stufe II . . . . . 567 Sicherheitsnachweis der Stufe III . . . . . 567 Sicherung, vorauseilende . . . . . . . . . . 459 Sickermenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Siebanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Siliziumdioxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Silo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 S IMMER , K. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Singul¨are Fl¨ache . . . . . . . . . . . . . . . . 270 ¨ , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 S J OBERG S KEMPTON , A.W. . . . . . . . . . . . . 99, 100 Skin-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 slip surface . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 S MOLTCZYK , U. . 309, 311, 315, 345, 364, 401 S MOLUCHOWSKI , M. . . . . . . . . . . . . 181 SOB-Pf¨ahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 softening . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114, 131 Sog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 Sohldruckverteilung . . . . . . . . . . . . . . 304 Sohle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Sohlpressung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 soil fracturing . . . . . . . . . . . . . . . 370, 373 S OKOLOVSKI , V.V. . . . . . . . . . . . . . . 246 solution creep . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 S OMMERFELD , A. . . . . . . . . . . . . . . . 280 Sonderprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 Sondierspitzendruck . . . . . . . . . . . . . . 517 Sondierstollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 Sondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 S ORNETTE , D. . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 S OVINC , I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Spannung, effektive . . . . . . . . . . . 94, 154 Spannung, neutrale . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Spannung, wirksame . . . . . . . . . . . . . . 94 Spannungs-Dehnungskurve . . . . . . 112, 128 Spannungsausbreitung . . . . . . . . . . . . . 76 Spannungsdeviator . . . . . . . . . . . . . . . 112 Spannungsdiskontinuit¨aten . . . . . . . . . 246 Spannungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . 74, 245 Spannungskonzentrationsfaktor . . . . . . 164 Spannungsneigung . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Spannungspfad . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Spannungstrapez-Verfahren . . . . . . . . . 304 Spannungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . 76
584 Spannungszustand, ebener . . . . . . . . . . 72 Spannungszustand, hydrostatischer . . . . 73 Spielzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Spreizdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 Sprengen, gebirgsschonendes . . . . . . . 451 Sprengstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 Sprengverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . 367 Sprengvortrieb . . . . . . . . . . . . . . . 448, 449 Spritzbetonbauweise . . . . . . . . . . . . . . 448 Spritzbetonwand . . . . . . . . . . . . . . . . 440 Spr¨odbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 SPT-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 Spundwandpresse . . . . . . . . . . . . . . . . 406 squeezing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 St. Andreas Verwerfung . . . . . . . . . . . . 12 Stabilit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 Stahllitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 Stahlspundwand . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 Stahlzugglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 Standardabweichung . . . . . . . . . . 530, 565 Standardabweichung, empirische . . . . . 530 Standh¨ohe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Standrohrversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Starrk¨orper-Bruchmechanismus . . . . . . 222 Stationierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Staudamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Steife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Steifemodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Steifemodulverfahren . . . . . . . . . . . . . 305 Steifezahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Steifezahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . 305 Steifigkeit, dynamische . . . . . . . . . . . . 276 Steifigkeit, komplexe . . . . . . . . . . . . . 298 Steifigkeitsmatrix . . . . . . . . . . . . . 263, 292 S TEINBRENNER , W. . . . . . . . . . 78–81, 91 Steine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Steinsalz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Steinsch¨uttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Steinschlagschutzsystem . . . . . . . . . . . 232 Stellungslinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 S TEPHANSSON , O. . . . . . . . . . . . . . . 181 Stirnmor¨ane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Stoß, transsonischer . . . . . . . . . . . . . . 270 Stoßfront . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 S TOCKER , M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Stoffe, einfache . . . . . . . . . . . . . . 169, 263 Stoffgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . 76, 249 Stoffgesetz, hypoplastisches . . . . . . . . 256
Sach- und Namensregister S TOKES , G.G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 S TOKES -C HRISTOFFEL Bedingung . . . 270 Stollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 S TONELEY-Wellen . . . . . . . . . . . . . . . 281 Stopfs¨aule . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325, 362 Storegga-Rutschung . . . . . . . . . . . . . . 214 Streifenfundament . . . . . . . . . . . . . . . 302 Stromlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56, 57 Str¨omungskraft . . . . . . . . . . . . 68, 97, 221 Strosse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 S TRUBECKER , K. . . . . . . . . . . . . 530, 532 S TUDER , J.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Sturzstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 St¨utzfl¨ussigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 St¨utzk¨orper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 St¨utzlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 St¨utzmauer . . . . . . . . . . . . . . . . . 397, 398 St¨utzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 St¨utzwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Subduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 183, 284 Suffosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Suspension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Suspensionsschicht . . . . . . . . . . . . . . 490 SV-Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Syenit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Systemankerung . . . . . . . . . . . . . . 459, 468 Systemdurchl¨assigkeit . . . . . . . . . . . . 386 Systempr¨ufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 S Z E´ CHY, K. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 T Tangentenmodul . . . . . . . . . TANSENG , P. . . . . . . . . . . . . Tauchw¨agung . . . . . . . . . . . TAYLOR , D.W. . . . . . . . . . . TAYLOR , F.B. . . . . . . . . . . . TAYLOR , R.N. . . . . . . . . . . TAYLOR-Reihe . . . . . . . . . . T CHALENKO , J.S. . . . . . . . . Teilschnittmaschine . . . . . . . Teilausbruch . . . . . . . . . . . . Teilsicherheit . . . . . . . . . . . . Telegrafengleichung . . . . . . . Temperaturleitf¨ahigkeit . . . . . Tensiometer . . . . . . . . . . . . . Terti¨ar . . . . . . . . . . . . . . . . . T HEIS , C.V. . . . . . . . . . . . . Theorie großer Verformungen Thermodynamik . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 88 . . . . . . 460 . . . . . . . 39 86, 117, 192 . . . . . . 283 . . . . . . 481 . . . . . . 532 . . . . . . 109 . . . . . . 447 . . . . . . 449 . . . . . . 562 . . . . . . 277 . . . . . . 496 . . . 152, 536 . . . . . . . 23 . . . . . . . 64 . . . . . . 261 . . . . . . 262
Sach- und Namensregister Thermoelemente . . . . . . T HIEM , G. . . . . . . . . . . thixotrop . . . . . . . . . . . . T IEDEMANN , B. . . . . . . Tiefbrunnen . . . . . . . . . . Tiefengesteine . . . . . . . . Tiefenr¨uttler . . . . . . . . . Tiefenverdichtung . . . . . T IMM , U. . . . . . . . . . . . Ton . . . . . . . . . . . . . . . . Tone, dispersive . . . . . . . Tonminerale . . . . . . . . . T OPOLNICKI , M. . . . . . . Torf . . . . . . . . . . . . . . . Tortuosit¨at . . . . . . . . . . . Tr¨agerbohlwand . . . . . . . Tragf¨ahigkeitsbeiwert . . . Traglast . . . . . . . . . . . . . Transmission . . . . . . . . . Transportmechanismus . . Transversalwellen . . . . . trapdoor . . . . . . . . . . . . T RIANTAFYLLIDIS , T H . . Triaxialger¨at, echtes . . . . Triaxialversuch . . . . . . . Triaxialzelle . . . . . . . . . Trockenwichte . . . . . . . . T RUESDELL , C.A. . . . . . T SCHEBYSCHEV, P.L. . . Tsunami . . . . . . . . . . . . T¨ubbing . . . . . . . . . . . . Tunnel . . . . . . . . . . . . . Tunnelbohrmaschinen . .
585 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 151 . . . . . . . . 62 . . . . . . . . 31 . . . . . . . 122 . . . . . . . 395 . . . . . . . . 21 . . . . . . . 361 . . . . . . . 360 302, 311, 312 . . . . . . . . 25 . . . . . . . . 32 . . . . . . . . 29 . . . . . . . 380 . . . . . . . . 23 . . . . . . . . 67 . . . . 403, 426 . . . . . . . 239 . . . . . . . 245 . . . . . . . 274 . . . . . . . . 67 . . . . . . . 280 . . . . . . . 473 . . . . 412, 426 .........9 111, 112, 127 . . . . . . . 112 . . . . . . . . 35 259, 263, 270 . . . . . . . 565 . . . . . . . 283 . . . . 448, 451 . . . . . . . 446 . . . . . . . 448
U U BELL , K. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 ¨ Uberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 Ulme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Ulmenstollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Ulmenstollenvortrieb . . . . . . . . . . . . . 449 Ultrafeinzement . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Umweltgeotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Ungleichf¨ormigkeitsgrad . . . . . . . . . . . 26 Unterfangung . . . . . . . . . . . . 311, 380, 444 Untergrunderkundung . . . . . . . . . . . . . 499 Unterseerutschung . . . . . . . . . . . . . . . 214 Untersuchung, baubegleitende . . . . . . . 499 Unterwasserbetonsohle . . . . . . . . . . . . 391 UU-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
V Vajont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 Vakuum-Tiefbrunnen . . . . . . . . . . . . . 395 Vakuumkleinfilterbrunnen . . . . . . . . . . 395 Vakuumverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 395 VAN ’ T H OFF , J.H. . . . . . . . . . . . . . . . 148 VARDOULAKIS , I. . . . . . . . . . . . . . . . 100 Varianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 VASCHY, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Verbundkonstruktion . . . . . . . . . . . . . 397 Verdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Verdichtungskontrolle, dynamische . . . 358 Verdr¨angungssetzung . . . . . . . . . . . . . . 80 Verd¨ubelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Verfestigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Verfl¨ussigung . . . . . . . . . . . . 136, 137, 489 Verformung, ebene . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Verformung, große . . . . . . . . . . . . . . . 261 Verformung, plastische . . . . . . . . . . . . . 89 Vergleichsbedingung . . . . . . . . . . . . . 531 Vergr¨oßerungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . 278 Vergr¨oßerungsfaktor, dynamisch . . . . . 287 Verhalten, duktiles . . . . . . . . . . . . . . . 159 Verhalten, spr¨odes . . . . . . . . . . . . . . . 159 Verhalten, zyklisches . . . . . . . . . . . . . 133 Verkippung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 V ERMEER , P.A. . . . . . . . . . . . . . 472, 473 Vernagelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 Verpressanker . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Verpressk¨orper . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 Verrohrung . . . . . . . . . . . . . 317, 326, 506 V ERRUIJT, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Versagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105, 245 Versagenswahrscheinlichkeit . . . . . . . . 567 Versetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Verspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 V ERSPOHL , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 Versuch mit konstanter Druckh¨ohe . . . . 52 Versuch mit variabler Druckh¨ohe . . . . . . 52 Versuchsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . 509 Verteilungsdichtefunktion . . . . . . . . . . 565 Vertikaldrain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Vertikalfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 Vertrauensgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Vertrauensniveau . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Verwerfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 182, 284 Verwitterung . . . . . . . . . . . . . . . . . 21, 22 Verzahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 117, 123 Verzweigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
586
Sach- und Namensregister
Viskosit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Viskosit¨at, frequenzabh¨angige . . . . . . . 299 Viskosit¨atsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Vlies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 Vollausbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 VOLTERRA , V. . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Volumen, spezifisches . . . . . . . . . . . . . . 35 Volumendehnungskurve . . . . . . . . . . . 114 Volumenverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 ´ , T H . . . . . . . . . . . . . . . 157 ´ VON K ARM AN VON M ISES , R. . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 VON R ABCEVICZ , L. . . . . . . . . . . . . . 448 VON T ERZAGHI , K. 4, 68, 69, 95, 106, 214, 264, 307, 336, 471, 473, 474 VON W OLFFERSDORFF , P.-A. . . . 397, 422 Vor-der-Wand-Pfahl . . . . . . . . . . . . . . 319 Vorbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Voreilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 Vorfluter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Vorspannkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Voruntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . 499 V RETTOS , C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Vulkane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 W Wabenstruktur . . . . . . . . . . . Wahrscheinlichkeitstheorie . . WALZ , B. . . . . . . . . . . . . . . Wand, reaktiv . . . . . . . . . . . Wandreibungswinkel . . . . . . Wanne, schwarze . . . . . . . . . Wanne, weiße . . . . . . . . . . . W¨armebad . . . . . . . . . . . . . . W¨armediffusivit¨at . . . . . . . . W¨armeinhalt . . . . . . . . . . . . W¨armepumpe . . . . . . . . . . . Wasserabpressversuch . . . . . Wassergehalt . . . . . . . . . . . . Wassergehalt, optimaler . . . . Wassergehalt, volumetrischer Wasserglas . . . . . . . . . . . . . Wasserhaltung . . . . . . . . . . . Wassermeniskus . . . . . . . . . . Wasserprobenentnahme . . . . WASSING , B. . . . . . . . . . . . Wechselbelastung . . . . . . . . . W EERTMAN , J. . . . . . . . . . . Wegaufnehmer . . . . . . . . . . . W EGENER , A. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
. . . . . 31 . . . . 564 . . . . 422 . . . . 544 . 201, 332 . . . . 314 . . . . 314 . . . . 496 . . . . 496 . . . . 495 . . . . 498 . . . . . 69 . . . . . 37 . . . . 356 . . . . 154 . . . . 378 . . . . 393 . . . . 106 . . . . 508 . . . . . 41 . . . . 334 . . . . 142 . . . . 295 . . . . 283
W EISSENBACH , A. . . . . . . . 402, 423, 426 W EIBULL , W. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Weichgel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Welle, elastische . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Welle, kinematische . . . . . . . . . . . . . . 271 Welle, stehende . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Welle, Vollraum . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Wellenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 W ELTMAN , A.J. . . . . . . . . . 345, 351, 353 Wert, charakteristisch . . . . . . . . . . . . . 563 Wert, charakteristischer . . . . . . . . . . . 562 W ESLEY, L.D. . . . . . . . . . . . . . . 112, 113 W ESTERGAARD , H.M. . . . . . . . . . . . . 79 W ICHTER , L. . . . . . . . . . . . . . . . 432, 436 Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 Wiederbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Wiederholbedingung . . . . . . . . . . . . . 531 Wiederkehrzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 W IESMANN , J. . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Windsedimente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Winkel der Gesamtscherfestigkeit . . . . 120 Winkelst¨utzmauer . . . . . . . . . . . . . . . 401 W INKLER , E. . . . . . . . . . . . . . . . 306, 308 Wirbelschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 Wirkungspfad . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 W ITHAM ,G.B. . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 W ONG , T ENG - FONG . . . . . . 158, 162, 167 W OOD , R.D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 W OOD -A NDERSON-Seismometer . . . . 285 W RAY W.K. . . . . . . . . . . . . . . . . 149, 151 W ORTH , P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 W ROTH , C.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 41 W UNDERLICH , TH.A. . . . . . . . . . . . . 533 W YLLIE , D.C. . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Y Y EATMAN , R. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 YOUNG , T. . . . . . . . . . . . . . . . . . 147, 252
Z-Profil . . . . . . . . Z¨ahigkeitsindex . . Zeitabh¨angigkeit . Zementierung . . . Zementsuspension Zentrifuge . . . . . . Z IEGLER , M. . . .
. . . . . . .
Z ... ... ... ... ... ... ...
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
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. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
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. . . . . . .
. . . . . . .
407 141 260 123 378 266 430
Sach- und Namensregister Z ISCHINSKY, U. Zonenbruch . . . . Zugpfahl . . . . . . Z¨under . . . . . . .
. . . .
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. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
587 . . . .
. . . .
. . . .
. . . . . . . 456 206, 238, 239 . . . . . . . 334 . . . . . . . 451
Zusatzspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Zustand, kritischer . . . . . . . . . . . . . . . 255 Zweiphasenverfahren . . . . . . . . . . 378, 414