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Rudolf Schinnerl
Erfolgreich in die Selbstständigkeit Von der Geschäftsidee über den Businessplan zur nachhaltigen Unternehmensgründung
Erfolgreich in die Selbstständigkeit
Rudolf Schinnerl
Erfolgreich in die Selbstständigkeit Von der Geschäftsidee über den Businessplan zur nachhaltigen Unternehmensgründung
Rudolf Schinnerl Betriebswirtschaftliche Finanzanalyse & Beratung Düsseldorf, Deutschland
ISBN 978-3-658-22110-2 https://doi.org/10.1007/978-3-658-22111-9
ISBN 978-3-658-22111-9 (eBook)
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Vorwort
Für viele Menschen ist der Schritt in die Selbstständigkeit ein Traum. Für die meisten bleibt es ein lebenslanger Traum, für einige endet das Abenteuer Existenzgründung in einem Albtraum. Damit das nicht eintritt, wurde dieses Buch geschrieben. In klaren Schritten und Abschnitten werden der Weg, aber auch die Stolpersteine und Risiken sowie Hilfen zum erfolgreichen Unternehmer (Entrepreneur) aufgezeigt. Ob als einzelner Existenzgründer oder als Start-up-Team: An einer gründlichen Vorbereitung und fundierten Planung des Unternehmenskonzepts geht kein Weg vorbei. Beginnend mit dem Wunsch nach Selbstständigkeit und/oder einer Geschäftsidee werden Kriterien und Anforderungen für deren erfolgreiche Realisierung aufgezeigt. Folgende Fragen sind unbedingt zu klären: Ist die Idee zündend und einmalig? Besteht eine potenzielle Nachfrage (mit anderen Worten: Hat der Markt auf das Produkt/die Dienstleistung gewartet)? Ist der Gründer persönlich und fachlich geeignet? Ist die Finanzierung der Gründung gesichert? Diese und andere Punkte müssen eindeutig mit einem Ja beantwortet werden können, weil mit ihnen der Erfolg eines Unternehmens steht oder fällt. Die möglichen Arten der Gründung (zum Beispiel Kauf eines bestehenden Unternehmens) und Rechtsformen (zum Beispiel Einzelunternehmen oder GmbH) werden mit den wichtigsten Entscheidungskriterien einschließlich der Unternehmensbewertung und den vielfältigen Finanzierungsalternativen (inklusive Fördermittel) aufgezeigt. Der Gründungsprozess wird mit seiner Vorbereitungs- (unter anderem Marktanalyse und Marketingplanung) und Realisierungsphase (unter anderem Aufbau/Einrichtung einer Betriebsorganisation und Abschluss von Verträgen/Versicherungen) ebenso kompetent erläutert wie die rechtlichen und steuerlichen Aspekte der Unternehmensgründung. Dabei werden Unternehmensrisiken, bürokratische Hürden und die Gründe für mögliches Scheitern nicht verschwiegen. Die Kapital-, Liquiditäts- und Umsatz-/Ertragsplanung schließen hier den Gründungsprozess ab. Last but not least wird im Folgenden ein Businessplan (Unternehmenskonzept) entwickelt/dargelegt, der die wichtigsten Punkte der Unternehmensgründung aufgreift und dem Leser (potenziellen Unternehmensgründern) als gedankliches Modell (Leitfaden) für seinen eigenen Businessplan dienen kann. V
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Vorwort
Sie haben die Möglichkeit, die Tabellen aus Kap. 4 dieses Buches (Businessplan) im Excel-Format herunterzuladen und sie für eigene Berechnungen (Planungen, Simulationen) zu verwenden. Zu finden sind die Dateien unter dem Button „OnlinePlus“ auf der Katalogseite dieses Buches unter www.springer.com.
Anzumerken bleibt, dass mit dem vorliegenden Buch keine Rechts- oder Steuerberatung vorgenommen wird und der Autor keine Haftung für die Umsetzung der zumeist allgemeingültigen Inhalte des Buches in die individuelle Praxis von einzelnen Gründungsvorhaben/Unternehmen übernimmt. Da sich die wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Bedingungen in ständigem Fluss befinden, kann der dargestellte Status quo nur eine Momentaufnahme sein und der Leser muss sich mit der jeweils aktuellen (Rechts-)Lage vertraut machen. Die Hinzuziehung von Expertenwissen (zum Beispiel Berater) ist im gesamten Gründungsprozess dringend angeraten. Die angeführten Unternehmen und Links stellen nur Beispiele für eine Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten dar und sind keinesfalls als Empfehlungen/Präferenzen zu verstehen. Hinweis Wenn im Nachfolgenden zur Erhöhung der Lesbarkeit teilweise nur die männliche und singuläre Form verwendet wurde (zum Beispiel der Existenzgründer), so schließt sie natürlich auch die weibliche Form (zum Beispiel Existenzgründerin) und den Plural (Gründungsteam) mit ein. Dr. Rudolf Schinnerl
Abkürzungsverzeichnis
AGB AktG AO BAFA BewG BGB BMF BWA BMWi BVMW bzw. DATEV
Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesetz Abgabenordnung Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Bewertungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesministerium der Finanzen Betriebswirtschaftliche Auswertung (des Steuerberaters) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Bundesverband mittelständische Wirtschaft beziehungsweise DATEV eG., Nürnberg (Softwarehaus und IT-Dienstleister für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte) DAX Deutscher Akten Index DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag DRS Deutscher Rechnungslegungs-Standard DSGV Deutscher Sparkassen- und Giroverband DVFA Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management BVR Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken EBIT Earnings before Interest and Taxes (Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern) EDV/IT elektronische Datenverarbeitung/Informationstechnologie e. K. (im Handelsregister/HR) eingetragene(r) Kaufmann/frau ERP European Recovery Program (Europäisches Wiederaufbauprogramm) EStG Einkommensteuergesetz etc. et cetera und die übrigen (Dinge) EU Europäische Union EÜR Einnahme-/Überschuss-Rechnung F&E Forschung und Entwicklung FinTech(s) (neue) Finanztechnologien bzw. Unternehmen dieser Branche ggf. gegebenenfalls GenG Genossenschaftsgesetz VII
VIII
GewO GmbHG GuV HGB IAS/IFRS
Abkürzungsverzeichnis
Gewerbeordnung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gewinn- und Verlustrechnung Handelsgesetzbuch International Accounting Standards (Internationale Rechnungslegung)/International Financial Reporting Standards IDW Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. IFH-ECC Institut für Handelsforschung – E-Commerce-Center Handel Köln IHK Industrie- und Handelskammer IKT Informations- und Kommunikations-Technologien IR Investor Relations (Finanzkommunikation) kfr. kurzfristig KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau lfr. langfristig KMU Kleine und mittlere Unternehmen KSt Körperschaftsteuer NFC Near Field Communication (Nahfeldkommunikation) o. a. oben angeführt PartGG Partnerschaftsgesellschaftsgesetz PR Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit) RHB Roh-, Hilfs- und Betriebs-Stoffe RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e. V. SGB Sozialgesetzbuch (I–XII) s. oben siehe oben Soli Solidaritätszuschlag SWOT Stärken/Schwächen-Chancen/Risiko-Analyse u. ä. und ähnliche(s) USP Unique Selling Proposition (Alleinstellungsmerkmal/Wettbewerbsvorteil eines Produktes) UStG Umsatzsteuergesetz usw. und so weiter UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb VC Venture Capital (Wagniskapital) ZDH Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V.
Inhaltsverzeichnis
1
Wege zum eigenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Anlässe und Motive für Existenzgründungen . . . . . . . . . . . . 1.2 Geschäftsidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Finden einer Geschäftsidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1.1 Kreativitätstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1.2 Inhaltliche Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Eigenschaften einer erfolgversprechenden Geschäftsidee 1.3 Gründerprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Notwendige Gründereigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1.1 Persönliche Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1.2 Familiäres Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1.3 Fachwissen und Branchenkenntnisse . . . . . . . . 1.4 Formen der Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Neugründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Übernahme eines bestehenden Betriebs . . . . . . . . . . . 1.4.3 Entgeltlicher Unternehmenserwerb/Kauf . . . . . . . . . . 1.4.3.1 Rechtliche Aspekte der Betriebsübernahme . . . 1.4.3.2 Ökonomische und finanzielle Aspekte der Unternehmensübernahme . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.3.3 Unternehmensbewertung (Preisfindung) . . . . . . 1.4.4 Unternehmensnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.5 Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.6 Weitere Möglichkeiten der Selbstständigkeit . . . . . . . . 1.4.6.1 Pacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.6.2 Franchising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.6.3 Nebengewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Gründungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Hilfen beim Gründungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2 Vorbereitungs-/Planungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.1 Marktforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.2 Potenzialanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 1 2 2 2 3 5 7 8 8 9 9 11 13 13 15 15
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Inhaltsverzeichnis
1.6
1.5.2.3 SWOT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.4 Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.5 Marketingplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.3 Realisationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.3.1 Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.3.2 Rechtliche Aspekte der Unternehmensgründung . 1.5.3.3 Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.4 Risiken bei Unternehmensgründungen . . . . . . . . . . . . 1.5.4.1 Unternehmenskrisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.4.2 Auswege aus der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . Nachgründungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. 48 . 49 . 51 . 61 . 61 . 69 . 92 . 98 . 99 . 101 . 102
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Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Eigenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Eigenmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Selbstfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Beteiligungsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Fremdfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Bankkredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Anleihen/Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Fremdmittel aus der laufenden Geschäftstätigkeit . . 2.3 Alternative Finanzierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Factoring und Forfaitierung . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Leasing und Miete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Genussrechte/Genussscheine . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Partiarische Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.6 Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.7 Beteiligungskapital/Private Equity . . . . . . . . . . . 2.3.7.1 Kapitalbeteiligungsgesellschaften . . . . . . . 2.3.7.2 Risiko- oder Wagniskapital/Venture Capital 2.3.8 Fördermittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.8.1 Förderdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.8.2 Zuschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.8.3 Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.8.4 Bürgschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.8.5 Förderprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
105 107 108 109 110 114 115 117 119 120 121 121 122 123 124 126 127 128 130 134 136 137 137 138 138 144
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Finanzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3.1 Kapitalplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3.1.1 Kapitalbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Inhaltsverzeichnis
3.2 3.3 4
XI
3.1.2 Kapitaldeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Liquiditätsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan) . . . . . . . . . . . . 158
Businessplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Elevator- oder Start-up-Pitch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Business Model Canvas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Inhaltsübersicht/Zusammenfassung des Businessplans . . . . . . 4.3.2 Geschäftsidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Gründerprofil(e) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4 Markt, Standort, Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.1 Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.2 Standort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.3 Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5 Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.1 Kunden-/Zielgruppenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.2 Produktpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.3 Preispolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.4 Distributionspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.5 Kommunikationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.6 Organisations-, Betriebs- und Mitarbeiterstrukturplan . . . . . . . 4.3.6.1 Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.6.2 Betrieb/Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.6.3 Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.7 Zukunftsaussichten/Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.8 Finanzplanungsrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.8.1 Kapitalbedarfsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.8.2 Kapitaldeckungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.8.3 Liquiditätsplan/-deckungsrechnung . . . . . . . . . . . . 4.3.8.4 Umsatz-, Kosten- und Ertragsplan (Ergebnisrechnung) . 4.3.9 Anlagen zum Businessplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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173 174 175 177 178 179 179 181 181 181 182 183 183 183 184 184 185 185 185 186 186 186 187 188 189 191 192 194 199
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1.1 Abb. 1.2 Abb. 1.3 Abb. 1.4 Abb. 1.5 Abb. 1.6 Abb. 1.7 Abb. 2.1 Abb. 2.2 Abb. 2.3 Abb. 2.4 Abb. 4.1 Abb. 4.2 Abb. 4.3
Produktlebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unternehmensbewertungsmethoden/-verfahren . . . . . . . . . Cashflow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SWOT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketingmix (5 Ps) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Divisionale Organisationsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionale Organisationsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BMWi/Förderdatenbank Schnellsuche . . . . . . . . . . . . . . Fördermittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Förderung unternehmerischen Know-hows durch die BAFA . Business Model Canvas: Vorlage des BMWi . . . . . . . . . . Businessplan: Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster-Lebenslauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7 20 27 49 52 62 62 106 135 136 141 176 177 197
XIII
Tabellenverzeichnis
Tab. 3.1 Tab. 3.2 Tab. 3.3 Tab. 3.4 Tab. 3.5 Tab. 3.5 Tab. 4.1 Tab. 4.2 Tab. 4.3 Tab. 4.4 Tab. 4.5 Tab. 4.6
Kapitalbedarfsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitaldeckungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquiditätsplan/Liquiditätsdeckungsrechnung . . . . . . Privatentnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan) (Fortsetzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalbedarfsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitaldeckungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquiditätsplan/-deckungsrechnung . . . . . . . . . . . . Umsatz-, Kosten- und Ertragsplan (Ergebnisrechnung) Meilensteine zum Businessplan . . . . . . . . . . . . . . Berechnungsschema der Privatentnahmen . . . . . . . .
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XV
1
Wege zum eigenen Unternehmen
Der Weg zum eigenen Unternehmen hat grundsätzlich zwei Ausgangspunkte: Zum einen ist es der Wunsch nach Selbstständigkeit, zum anderen ist eine vielversprechende Geschäftsidee. Aber erst deren zweckmäßige Verbindung in einem Unternehmen führt (meistens) zum gewünschten Erfolg. Dabei ist es unerheblich, was zuerst entstand und reifte, die Idee oder der Wunsch nach Selbstständigkeit. Häufig gehen beide Aspekte Hand in Hand und befruchten/fördern sich wechselseitig.
1.1 Anlässe und Motive für Existenzgründungen Die Anlässe/Motive für Existenz- bzw. Unternehmensgründungen sind vielfältig: eine Geschäftsidee (siehe nachfolgend) besondere Kenntnisse oder einzigartiges Wissen (zum Beispiel bezüglich neuer Technologien) Beendigung einer beruflichen Ausbildung und Wunsch nach Selbstständigkeit Existenzgründung aus einer Universitätslaufbahn (häufig mit Kommilitonen/Professoren) eine (neue) Herausforderung an Stelle oder neben der aktuellen Beschäftigung suchen (zum Beispiel mangels Perspektiven/Karrierechancen als freier Mitarbeiter/Freelancer oder in einem Nebengewerbe selbstständig tätig werden) Arbeitslosigkeit vermeiden oder aus der Arbeitslosigkeit heraus wollen (vor allem bei geringen Chancen am Arbeitsmarkt) oder bei fehlender Alternative eine Unternehmernachfolge/Unternehmensübernahme antreten oder eine Beteiligung eingehen (Aus-)Gründung einer weiteren Firma durch Unternehmer oder wiederholte Gründung ein Management- oder Employee-Buy-out durchführen (auch bei Teil-/Privatisierungen und Outsourcing von Aufgaben denkbar) © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 R. Schinnerl, Erfolgreich in die Selbstständigkeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22111-9_1
1
2
1 Wege zum eigenen Unternehmen
Wunsch nach Unabhängigkeit/Eigenständigkeit im Berufsleben (Selbstverwirklichung; kann grundsätzlich auch im Rahmen eines Franchisesystems verwirklicht werden) höheres Ansehen und/oder Einkommen erreichen oder andere persönliche/finanzielle Gründe Berufs-/Lebensbilanz ziehen (Lifestyle Design – prüfen der eigenen Ziele und ggf. Änderungen herbeiführen) oder schlicht einen langgehegten Traum erfüllen wollen. Die genannten Anlässe und Wünsche zur Existenzgründung/Selbstständigkeit sind häufig Motivation oder Begründung für die Suche nach (neuen) Geschäftsideen.
1.2 Geschäftsidee Als Geschäftsidee soll hier und im Folgenden die neuartige Grundlage eines Unternehmens verstanden werden, die dem Unternehmenszweck und der Ertragserzielung dient und die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sichern soll. Hinweis Die Geschäftsidee und weitere, nachfolgend genannte Schritte zur Unternehmensgründung sind auch Bestandteile eines (in der Regel erst im fortgeschrittenen Gründungsprozess schriftlich ausgearbeiteten) Businessplans (siehe dazu Kap. 4).
1.2.1 Finden einer Geschäftsidee 1.2.1.1 Kreativitätstechniken Geschäftsideen entstehen selten als Ideenblitz plötzlich und spontan, sondern sind in der Regel das Ergebnis eines Denkprozesses wie das Lösen von Problemen, das Erkennen von Marktlücken bzw. Marktchancen oder das gezielte Suchen nach Geschäftsideen/-modellen (zum Beispiel in Fachzeitschriften oder spezialisierten Datenbanken). Insbesondere für Teams/Gruppen (aber nicht nur) haben sich Kreativitätstechniken durchgesetzt, die das systematische Finden von (Geschäfts-)Ideen unterstützen. Als bekannte Beispiele (von vielen Techniken) sei hier das Brainstorming genannt, bei dem (vereinfacht ausgedrückt) die Gruppenmitglieder ihre Ideen spontan und unzensiert aussprechen und so andere Mitglieder zu weiteren Ideen anregen, das Mind Mapping, ein schriftlich/grafisches Verfahren, bei dem die Gruppenmitglieder ihre assoziierten Gedanken zum Problem grafisch vernetzen, die Metaplan-Technik, bei der die Gedanken der Gruppenmitglieder mittels Kärtchen auf einer Pinnwand angebracht/visualisiert und anschließend diskutiert, bewertet und priorisiert/ausgewählt werden, oder ein Business Model Canvas. Dieses wird in der Regel ebenfalls auf einer Pinnwand oder einem Poster visualisiert und enthält neun Felder mit Schlüsselfaktoren der Geschäftsidee (insbesondere
1.2
Geschäftsidee
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Kunden, Aktivitäten, Ressourcen). Diese müssen nach und nach mit Inhalt gefüllt (Stichworte mit nützlichen bzw. sachdienlichen Gedanken/Ideen), vom Start-up-Team diskutiert und letztlich in eine sinnvolle Beziehung zueinander gebracht werden (vgl. Kap. 4). Weiter gibt es den morphologischen Kasten, bei dem ein Problem/eine Fragestellung durch dessen Merkmale und deren Ausprägungen eindeutig und vollständig beschrieben wird und deren geänderte Kombination zu neuen Lösungen führen soll sowie nicht zuletzt den Creative Problem Solving Process, bei dem (ausgehend von der Aufgabe/Frage) systematisch Ideen entwickelt, bewertet, ausgewählt und für die Umsetzung vorbereitet werden. Auch eine Kombination/Aufeinanderfolge einzelner Techniken wie Brainstorming, Metaplan-Technik oder Mind Mapping ist denkbar. Für die Auswahl einer konkreten Idee aus einem Ideenportfolio sind deren Chancen-/Risikoprofil und Realisierbarkeit ausschlaggebend.
1.2.1.2 Inhaltliche Komponenten Neben den Ideenfindungstechniken (die regelmäßig vor allem in Gründergemeinschaften/Start-up-Teams mit mehreren Partnern eingesetzt werden) sind natürlich vor allem die inhaltlichen Komponenten einer Geschäftsidee von Relevanz. Aussichtsreiche Geschäftsideen sind oft die Schnittmenge aus den Fragen: Was kann der potenzielle Gründer besonders gut (Talent, Kompetenz)? Was macht er sehr gern (Hobby)? Wofür gibt es höchstwahrscheinlich einen Bedarf/Nachfrage? Erste Ansatzpunkte sind häufig: Was kann man/frau aus dem bisherigen privaten und beruflichen Leben für eine Geschäftsidee bzw. für den Aufbau einer selbstständigen Tätigkeit nutzen? Besteht Wissen oder Zugang zu etwas, das andere nicht haben? So geben beispielsweise regelmäßige Auslandsreisen/Auslandskontakte oder eine Tätigkeit im Außenhandel/in der Außenwirtschaft oftmals einen vertieften Einblick in das Leben und die Wirtschaft anderer Länder. Das ermöglicht das Kopieren und Importieren oder Exportieren erfolgreicher Geschäftsideen und Produkte (zum Beispiel exklusive oder preisgünstige Lieferquellen, effiziente Prozessabläufe, exotische Früchte). Gleichermaßen kann ein Branchen-Spezialwissen die Basis für eine erfolgreiche Selbstständigkeit (zum Beispiel als Freelancer) darstellen, wie auch das Lösen von (branchenspezifischen) Problemen bei Produkten und Verfahren/Prozessen oder das Übertragen von Wissen/Spezialkenntnissen aus dem eigenen Berufsumfeld auf andere Branchen oftmals zu innovativen Geschäftsideen/-möglichkeiten führt. Auch der technische Fortschritt (zum Beispiel Internetvernetzung, neue Technologien/Produktionsverfahren wie Digitalisierung, NFC und 3D-Drucker), gesellschaftliche Strömungen (zum Beispiel Trend zu veganer Ernährung und Naturprodukten, erhöhtes Umweltbewusstsein und Sicherheitsbedürfnis, soziale Vernetzung), demografische Bevölkerungsentwicklung (zum Beispiel erhöhter Bedarf an Ausbildung, Betreuung oder Pflege, zunehmende Nachfrage nach Rollatoren und E-Bikes), Marktveränderungen/-verschiebungen (zum Beispiel Abnahme der Nachfrage nach Printmedien) oder gesetzliche Vorgaben (zum Beispiel Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden, Handyverbot am Steuer) lässt neue und innovative Geschäftsideen ableiten/entwickeln (zum Beispiel
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spezialisierte Vermittlungsplattformen mit Zusatzangeboten, vernetzte intelligente Haushaltsgeräte/Internet der Dinge, digitale, ferngesteuerte Überwachungs-/Alarmanlagen, berührungslose Zugangskontrolle, Cloud-Dienste, Business Intelligence, neue Apps, Smart-Button-Steuerungen, Freisprechanlagen, E-Zigaretten, Smoothies, Urkorn). Viele Geschäftsideen sind nicht wirkliche (disruptive) Innovationen, sondern eine Weiterentwicklung von bestehenden Angeboten (sogenannte inkrementelle/evolutionäre Innovationen), die man verbessern, vereinfachen, verbilligen, neu gestalten, neu zusammensetzen, mit neuen Eigenschaften/Zusatznutzen anreichern/kombinieren (Zwei-in-Eins-Produkte), über neue Vertriebswege/mit neuen Marketingstrategien anbieten oder einfach nur neu präsentieren kann (wobei ggf. gewerbliche Schutzrechte zu beachten sind). Hier gilt es, das bestehende Angebot kritisch zu prüfen und Mängel/Verbesserungsmöglichkeiten, günstigere Bezugsquellen oder Produktionsverfahren, neue Material- und Produkteigenschaften sowie Einsatzmöglichkeiten und Designtrends und nicht zuletzt Vermarktungsideen zu erkennen und zu nutzen (und den potenziellen Abnehmern entsprechend zu kommunizieren). Erfolgreiche Beispiele hierfür sind das Angebot von Kombinationsprodukten (zum Beispiel Haar- und Körpershampoo), einer preisgünstigen, eventuell abgespeckten Zweitmarke (zum Beispiel Mobilfunktarife über Supermärkte) oder niedrige Anschaffungspreise als Kaufanreiz und hohe Folge-/Betriebskosten für bestimmte Produkte (zum Beispiel Drucker, Smartphone). Außerdem kann das Erschließen neuer Märkte/Marktnischen mit (dort noch nicht angebotenen) bestehenden Produkten/Dienstleistungen oder eine Spezialisierung auf enge (für Großanbieter unrentable/uninteressante) Marktsegmente als Geschäftsidee erfolgreich sein (zum Beispiel individualisierte/persönliche Dienstleistungen). Auch die eigene, erste Idee kann im Laufe der (Entwicklungs-)Zeit überdacht und neuen Erkenntnissen angepasst werden. So können bei der Entwicklung/Realisierung aufgetretene bzw. erkannte Probleme zu völlig neuen Lösungsansätzen oder Produkten führen. Die Praxis hat aber auch gezeigt, dass sich häufig ein Lean Start-up oder Bootstrapping anbietet: Es ist vorteilhaft, das Produkt oder die Dienstleistung schnell und unkompliziert als möglichst profitbringenden Prototyp (ein sogenanntes Minimum Viable Product) auf den Markt zu bringen und von den Nutzern/Käufern testen zu lassen (Learning-by-doing und Kunden-Feedbacks anstatt langer Vorab-Planung oder Perfektionierung). Dieses Vorgehen ist insbesondere dann angebracht, wenn die vorhandenen/erreichbaren Ressourcen (wie Kapital, Mitarbeiter, Anlagen) für die Entwicklung eines ausgereiften, marktfähigen Produkts nicht hinlänglich sind (was bei Gründungen häufig der Fall sein dürfte; vgl. Abschn. 3.1.1). Der potenzielle Existenzgründer muss sich dabei aber immer die Frage stellen: Kann ein Dritter mit Hilfe des (neuen) Produktes/der Dienstleistung das eine oder andere Problem lösen bzw. Bedürfnis befriedigen, Kosten oder Zeit sparen oder einen sonstigen Nutzen ziehen? Kann man mit der Geschäftsidee eventuell ein Bedürfnis wecken, sodass der Abnehmer bereit ist, dafür angemessen zu bezahlen (Stichwort: Mehrwert bzw. Kundennutzen)?
1.2
Geschäftsidee
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Und: Wie erreicht der Gründer/Unternehmer bzw. die Geschäftsidee den Kunden? Denn schlussendlich bestimmt die Nachfrage/der Absatz den Erfolg. Zur möglichst objektiven Beantwortung dieser Fragen kann anfänglich die eingeholte Meinung des Bekanntenkreises oder potenzieller Kunden von hohem Wert sein (Vorcheck auf Marktakzeptanz/Konzepttest). Die grundsätzlich mögliche (zumeist kostenpflichtige) Nutzung internetbasierter Umfragetools birgt die Gefahr der Preisgabe und Kopie der Unternehmensidee in sich und ist deshalb mit Vorsicht einzusetzen. Als Versuchsballon für das Nachfragepotenzial eignet sich auch die Teilnahme an den diversen Gründungsforen, Gründungsmessen/-tagen, Castings, Contests/Wettbewerben für neue Geschäftsideen oder ein sogenanntes Elevator bzw. Start-up-Pitch, eine Technik, mit der man innerhalb kürzester Zeit eine Idee potenziellen Interessenten (oder Investoren/Kreditgebern) überzeugend präsentieren und möglichst verkaufen kann (vgl. dazu Kap. 4). Häufig bieten Gründerzentren der regionalen Wirtschaftsfördereinrichtungen Tools und Methoden zum Testen der Geschäftsidee, Anleitung/Hilfestellung zu deren Strukturierung und gelegentlich Coworking Spaces zu deren Realisierung (Prototyp) an. Dazu zählt auch die Bewertung der Produktidee (Screening) hinsichtlich Marktchancen/Kundenwünschen unter Berücksichtigung der Ziele und Potenziale des Gründers (die in die weiteren Planungen zur Unternehmensgründung wie zum Beispiel Umsatzplanung eingehen kann; siehe dazu Abschn. 3.3). Last not least werden (bereits realisierte) Geschäftsideen regelmäßig auf Gründerplattformen veröffentlicht, an die sich der potenzielle Gründer anlehnen oder von denen er sich inspirieren lassen kann (vgl. dazu die Internetadressen am Schluss des Buches).
1.2.2
Eigenschaften einer erfolgversprechenden Geschäftsidee
Neben dem Gründer/-team ist es vor allem die Geschäftsidee, die den Erfolg einer Unternehmensgründung determiniert. Zu den wesentlichsten Eigenschaften einer erfolgversprechenden Geschäftsidee zählen: Alleinstellungsmerkmal (engl. Unique Selling Proposition/USP) wie besondere Produkteigenschaften (die nachvollziehbar beschrieben/belegt sind und möglichst durch Patente, Markenrechte und ähnliche Schutzrechte vor Nachahmung geschützt werden sollten). Dazu zählen im weitesten Sinne auch schlagkräftige Produkt- und gefragte Domainnamen (die ggf. isoliert veräußert werden könnten). Innovator oder First Mover bzw. Pionier (im Unterschied zu Followern): Der Gründer ist als erster mit einem Produkt/Prozess auf dem Markt (eventuell in regional begrenztem Marktsegment/Marktlücke). Er kann zumeist höhere Margen durchsetzen und größere Marktanteile erzielen. Die vorherige Prüfung auf gesetzliche Vorgaben/Zulassungsbeschränkungen ist jedoch angeraten.
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Einführung (Launch) des Produktes/Dienstleistung zum richtigen Zeitpunkt (Timing), beispielsweise durch zeitnahes Aufgreifen gesellschaftlicher Strömungen/Trends/ Moden oder des technischen Fortschritts. Launch des Produktes/der Dienstleistung in einem Wachstumsmarkt (steigende Nachfrage): Dies bietet grundsätzlich auch Marktfolgern (Followern) eine Absatzchance (Me-too Produkte/weitgehende Imitationen, Achtung wegen möglicher Schutzrechte). Und vor allem: Es besteht vermutlich ein Bedarf (oder ein solcher kann mittels gezieltem Innovationsmarketing geweckt werden) an diesem Produkt/dieser Dienstleistung (potenzielle Nachfrage), der auf absehbare Zeit nicht durch Wettbewerber oder (eventuell preisgünstigere) Substitutionsprodukte gedeckt wird/werden kann. Das bedeutet für den Gründer aber auch: Das Preis-/Leistungsverhältnis muss in einem (vom Kunden) akzeptierten und gleichzeitig (für das Unternehmen) gewinnbringenden Verhältnis stehen, wie auch die benötigten Ressourcen zur Herstellung und den Vertrieb des Angebots rechtzeitig und ausreichend vorhanden sein müssen. Hinweis Zu weiteren Voraussetzungen zur erfolgreichen Umsetzung einer Geschäftsidee siehe nachfolgende Abschnitte.
An dieser Stelle soll noch auf die grundsätzlich begrenzte Lebensdauer einer Geschäftsidee/eines Produktes und die Konsequenzen daraus eingegangen werden (das gilt in der Regel auch für Unternehmen selbst, die nur ein Produkt anbieten). Die Marketingliteratur spricht in diesem Zusammenhang von einem Produktlebenszyklus und unterscheidet dabei sechs Phasen, die in zeitlicher Abfolge von der Geschäftsidee bis zum Ausscheiden aus dem Markt reichen (vgl. Abb. 1.1). Danach stehen in der Entwicklungsphase den Ausgaben/Entwicklungskosten noch keine, nach Markteinführung (D Einführungsphase) in der Regel keine hinreichenden Einnahmen den angefallenen Marketingaufwendungen gegenüber, sodass noch kein Gewinn erzielt wird. Erst ab der Wachstumsphase werden (bei deutlich zunehmendem Umsatz) Überschüsse erwirtschaftet. Diese Entwicklung hält (mit zunehmend schwächerer Dynamik) über die Reifephase des Produkts an, um sich in der Sättigungsphase sichtlich abzuschwächen und in der Degenerationsphase zum Marktaustritt (Einstellung der Produktion) zu führen. Durch Modifikation des Angebotes und entsprechende Marketingmaßnahmen (zum Beispiel neues Design, Verpackung/Variation der Verpackungsgröße) kann eventuell der Abwärtstrend unterbrochen und ein Relaunch des Produktes (mit entsprechenden Einnahmen) durchgeführt werden. Für Existenzgründer ist es demnach wichtig, so rasch wie möglich in die Wachstumsphase zu gelangen und einen positiven Cashflow zu erwirtschaften, während Follower darauf achten müssen, nicht erst in den letzten Phasen des Produktlebenszyklus an den Markt zu gehen (was meistens erst rückblickend zu konstatieren ist) und erfolglos zu bleiben/zu scheitern.
1.3
Gründerprofil
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Abb. 1.1 Produktlebenszyklus. (Quelle: eigene Darstellung)
Einschränkend ist festzuhalten, dass der dargestellte typische Produktlebenszyklus von Produkt zu Produkt erheblich schwanken kann, die einzelnen Phasen in der Regel von unterschiedlicher Dauer sind und der gesamte Zyklus von zahlreichen unternehmensinternen (zum Beispiel Ressourcen, Marketingaktivitäten) und externen Faktoren (Markt/Wettbewerb, neue Prozesse/Technologien) beeinflusst wird.
1.3 Gründerprofil Der Gründer ist der wichtigste Faktor im Prozess der Unternehmensgründung. Seine Geschäftsidee ist dabei ein unverzichtbares Asset, das er mit seinen Kenntnissen und Fähigkeiten (Kompetenzen) zum Erfolg führen will. Nicht zuletzt ist der Gründer auch Ansprech- bzw. Vertragspartner für Kunden, Lieferanten, Investoren/Kreditgeber, Behörden etc. I
Eine Idee kann aber noch so gut (oder schlecht) sein, die Umsetzung in die reale Welt, das heißt letztendlich die erfolgreiche Platzierung auf dem Markt ist entscheidend. Und das hängt vor allem vom Gründer und seinen Eigenschaften ab.
Dies zeigt auch die Relevanz der richtigen Zusammensetzung/-arbeit in Start-ups mit mehreren Mitgliedern auf.
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
1.3.1 Notwendige Gründereigenschaften Die Lebensweise/Existenz eines Selbstständigen unterscheidet sich wesentlich von der eines Angestellten. Regelmäßiges und (weitgehend) gesichertes Einkommen, geregelte Arbeitszeit (inklusive festem Urlaub), vordefinierte/vorhersehbare Aufgabenstellungen in einem eng organisierten Rahmen, Unterstützung durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall (wie sie bei einem Angestellten alltäglich sind) kennt der Unternehmer nicht. Sein Gehalt muss erst über den Umsatz erwirtschaftet werden, der durch die abgesetzte Leistung und nicht (direkt) durch die eingesetzten Arbeitsstunden erzielt wird, die Aufgaben sind häufig wechselnd, erfordern vielfach überdurchschnittliches Engagement sowie Risikobereitschaft und umfassen das gesamte Unternehmensgeschehen, das von veränderlichen Umweltfaktoren wie dem Markt und Wettbewerb beeinflusst wird, und nicht zuletzt die umfassende Verantwortung für den Betrieb, die Mitarbeiter und die Erfüllung gesetzlicher (Unternehmer-)Pflichten, kennzeichnen grob das Leben eines Selbstständigen. Vor diesem Hintergrund muss der Existenzgründer/Unternehmer eine Reihe von Eigenschaften und Fähigkeiten mitbringen, die bei einem angestellten Mitarbeiter nicht (immer) oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich sind. Hinweis Für die Zulassung zu bestimmten Tätigkeiten gibt es gesetzliche Vorgaben zur Person des Gründers (zum Beispiel Zuverlässigkeit) und dessen fachlicher Eignung (zum Beispiel Sachkundenachweis).
1.3.1.1 Persönliche Eigenschaften Um die oben angerissenen Aufgaben eines Unternehmers dauerhaft wahrnehmen zu können, benötigt der (ideale) Unternehmensgründer möglichst nachstehende persönliche Eigenschaften: Stabile physische Konstitution/Gesundheit: wegen hoher Anforderungen und Belastungen insbesondere in der Gründungsphase, Gefahr eines Burn-out Psychische Stabilität und Belastbarkeit: Stressresistenz, Verkraften von Rückschlägen, Durchhaltevermögen, Frustrations- und Widerspruchstoleranz, Fehlertoleranz anstelle von Perfektionismus („Nobody is perfect“), auch in Bezug auf die Umwelt (zum Beispiel gegenüber den Mitarbeitern) Soziale und emotionale Kompetenz: Führungseigenschaften wie Visionen, Überzeugungskraft und Durchsetzungsfähigkeit aber auch Teamfähigkeit, Kompromissfähigkeit und Kritikfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Extravertiertheit/emotionale Intelligenz Leistungswille und -fähigkeit: vor allem in der Gründungsphase Bereitschaft zu langen Arbeitszeiten, wenige Erholungsphasen/Urlaub (gedanklich immer beim Unternehmen), Herausforderungen suchen/annehmen, Durchhaltevermögen Improvisations-, Flexibilitäts- und Entscheidungsfähigkeit auch bei schnell wechselnden Situationen, gesunder Pragmatismus
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Gründerprofil
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Risikobereitschaft: finanzielle Risiken eingehen, aufgeschlossen gegenüber Neuem/ Unbekanntem, innovativ und kreativ sein Unternehmerische Kompetenz: Erfolgsorientierung, Initiative, Führungsfähigkeit, Teamfähigkeit, Organisationstalent (Teambildung und -management), Mitarbeitermotivation, strategisches Denken und Handeln, Priorisierungsfähigkeit (Wichtiges von Nebensächlichem, Dringendes von Aufschiebbarem unterscheiden), Lernfähigkeit/-wille, Lösungs-/Umsetzungskompetenz, Kunden-Kontaktfähigkeit (Empathie aber auch notwendige Distanz)
1.3.1.2 Familiäres Umfeld Das familiäre und soziale Umfeld des Gründers ist ebenfalls ein wesentliches Kriterium für den Erfolg/Misserfolg einer Unternehmensgründung und muss deshalb schon frühzeitig in die Existenzgründungspläne einbezogen werden. Dieser Personenkreis muss ggf. die verringerten sozialen Kontakte hinnehmen/mittragen, den erhöhten Stresspegel des Gründers auffangen/kompensieren und der Unternehmensgründung grundsätzlich positiv gegenüber eingestellt sein (psychischer Beistand). Insgesamt ist ein von allen akzeptiertes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben anzustreben (Work-Life Balance). Im Idealfall ist von diesem Umfeld bei Bedarf mit tatkräftiger und/oder finanzieller Unterstützung zu rechnen (zum Beispiel zeitweise Mitarbeit, Vertretung bei Krankheit/Urlaub, Zuwendungen bei finanziellen Engpässen/Kredite oder Beihilfe mit Bürgschaften). In diesem Zusammenhang ist vom Gründer ggf. aber auch zu bedenken, dass er für seine Familie Verantwortung trägt und (neben dem eigenen Bedarf) auch für ihre (finanzielle) Sicherheit entsprechende Einnahmen oder Rücklagen/Versicherungen vorhalten muss (in der Anfangsphase eines Unternehmens ist kaum mit wesentlichen Einnahmeüberschüssen zu rechnen). 1.3.1.3 Fachwissen und Branchenkenntnisse Unabdingbar für eine erfolgreiche Unternehmensgründung ist die Abdeckung der notwendigen fachlichen und kaufmännischen Erfordernisse. Diese müssen aber nicht in einer Person vereint sein, sondern können von mehreren Gründern gemeinsam (Start-up-Team) und/oder den Mitarbeitern erfüllt werden. Bei Bedarf können auch externe Experten wie Berater unterschiedlicher Zunft zeitweise hinzugeholt oder dauerhaft engagiert und verschiedene Aufgaben/Funktionen ausgelagert (outgesourct) werden. Fachliche Fähigkeiten Wie bereits oben erwähnt, bauen viele Geschäftsideen auf besonderen fachlichen Kenntnissen/Fähigkeiten der Gründer auf. Diese stellen die Kernkompetenzen des neu gegründeten Unternehmens dar. Hierbei muss der/die Gründer prüfen, ob er/sie alle Schritte des Produktionsprozesses bzw. des Herstellungsverfahrens des geplanten Produkts/der Dienstleistung beherrscht/beherrschen. Oft reicht die Ausbildung (Beruf, Hochschule) und die erworbene Berufserfahrung nicht aus, um darauf eine selbstständige und trag-
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fähige Existenz aufbauen zu können. Als Ausweg bietet sich (noch vor der Gründung) eine entsprechende Fortbildung oder die Hinzuziehung eines weiteren Partners bzw. die Kooperation mit einem anderen Unternehmen an, der/das die fehlende Kompetenzlücke schließt. Auch die Etablierung eines fachkundigen Beirats oder ein erfahrener (Corporate) Business Angel kann hier (und bei anderen Punkten) hilfreich sein. Eventuell findet sich auch die Möglichkeit, die Geschäftsidee dergestalt zu modifizieren/zu vereinfachen, dass daraus bereits ein marktfähiges Produkt entsteht (zum Beispiel Teilefertigung). Daraus ist ersichtlich, dass eine möglichst detaillierte Dokumentierung der Geschäftsidee und der Schritte zu deren Umsetzung unumgänglich ist (was auch bei Ausfall des Gründers bzw. Schlüssel-Know-how-Trägers relevant ist). Insgesamt ist zu beachten, dass in Folge des technischen Fortschritts und anderer Entwicklungen das eigene Know-how und die Methodenkompetenz des/der Gründer(s) bzw. seines/ihrer Unternehmung laufend fortzuentwickeln ist, um mit seinen/ihren Produkten/Dienstleistungen am Markt wettbewerbsfähig zu bleiben bzw. neue Chancen wahrnehmen zu können. Kaufmännische Kenntnisse Neben den angeführten fachlichen Fähigkeiten sind kaufmännische (Grund-)Kenntnisse für die Gründung und Führung eines Unternehmens unabdingbar. Diese stellen jedoch bei Einzelgründungen, die regelmäßig auf das fachliche Know-how des Gründers aufbauen, oft die Schwachstelle des Unternehmens dar. Ohne hinreichende Kenntnisse von Kosten, Preisen und Betriebsabläufen ist aber jedes Unternehmen mittelfristig zum Scheitern verurteilt. Zu den notwendigen kaufmännischen bzw. betriebswirtschaftlichen Funktionen sowie Erfordernissen, Kenntnissen und Fähigkeiten, die in (fast) jedem Unternehmen zumindest mittelfristig etabliert/vorhanden sein müssen, zählen (näheres dazu in Abschn. 1.5): Einkauf: Lieferantenbeziehungen, Preise/Konditionen, Marktbeobachtung, Bestell-/Lagermanagement (in Zusammenarbeit mit der Produktionsplanung) Buchführung/Steuern: gesetzliche Pflicht für jeden Gewerbebetrieb, kann ausgelagert werden Rechnungswesen/Kalkulation: Kosten- und Rentabilitätsermittlung, Kalkulation/Preisfindung; in Zusammenarbeit mit dem Marketing, Unternehmenssteuerung (zum Beispiel optimale Ressourcenallokation, Eigenproduktion oder Zukauf) Arbeits- und Produktionsplanung: technische Umsetzung der Geschäftsidee, Produkt-/ Prozessmanagement wie Prioritäten setzen, effiziente Leistungserstellung/kostengünstige Produktionsverfahren, optimale Betriebsabläufe Finanzplanung: Kapital-/Liquiditätsbedarf (Investitionsplanung) und deren optimale Deckung/Finanzierungsquellen, (Umsatz-)Prognosen, Pflege der Beziehungen zu Eigenmittelund Kreditgebern, Beobachtung der Marktkonditionen Verkauf/Vertrieb: Angebots- und Rechnungsstellung, Mahnwesen (Zahlungsüberwachung), Beschwerdemanagement, Vertriebsnetzsteuerung
1.4
Formen der Gründung
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Marketing, Werbung: Markterschließung, Produktpositionierung, Produktdesign, Preisstrategie, Kundenbeziehungen wie Kundenanalyse/-ansprache/-pflege EDV/IT: Hard- und Software, Kommunikationsequipment, Vernetzung, Methodenkompetenz (in enger Zusammenarbeit mit den anderen Funktionen) Allgemeine Verwaltung: Organisation, Personal, Recht, Versicherungen. Da viele der genannten Funktionen EDV-unterstützt ablaufen, sind Kenntnisse der einschlägigen Verfahren (Softwareprodukte) unumgänglich. Branchenkenntnisse Hervorragende Branchenkenntnisse sind für Existenzgründer bzw. deren Erfolg von enormem Vorteil. Mehr noch: Sie stellen bisweilen sogar die Grundlage für eine Geschäftsidee dar. Kenntnisse über Wettbewerber, beispielsweise aus der zurückliegenden Tätigkeit; geeignete Lieferanten für die benötigten Maschinen, Rohstoffe/Vorprodukte, Preise, Konditionen und Usancen; spezifische Produktionsverfahren/Technologien; sowie nicht zuletzt Vertriebsprozesse, Absatzkanäle und Distributoren, Messen und weitere Multiplikatoren für die eigenen Angebote; Brancheninformationsquellen wie statistische Ämter, Kammern, Verbände, Messen, Datenbanken, Brancheninformationsdienste, Fachzeitschriften. Vertiefte Marktkenntnisse werden zwar regelmäßig erst in der Gründungsphase erworben (zum Beispiel durch eine Marktanalyse), aber ein erster Überblick über möglichen/bestehenden Bedarf, Marktnischen (die ihrerseits Impulse für Geschäftsideen liefern können) oder potenzielle Kunden ist für die Einschätzung der Absatzchancen des eigenen Produktes/der Dienstleistung notwendig. Von hohem Wert ist im Vorfeld der Gründung eine umfassende Vernetzung des Gründers. Das bedeutet, er sollte gezielt Kontakte mit den angeführten Kreisen knüpfen, zu denen noch Banken kommen, mit denen man frühzeitig vertrauensvolle Beziehungen aufbauen soll.
1.4 Formen der Gründung Exkurs: Teamgründung An dieser Stelle soll vorab kurz auf Besonderheiten einer Teamgründung in Bezug auf die vorstehend genannten Eigenschaften und Kenntnisse sowie weitere Faktoren eingegangen werden, das heißt auf die Unternehmensgründung durch mehrere (häufig zwei bis vier) Personen; auf diesbezüglich abweichende Eigentums- und Haftungsverhältnisse wird in Abschn. 1.5.3.2 näher referenziert. Zumeist werden Teammitglieder im Freundes- und Bekanntenkreis gefunden (was in der Regel zwischenmenschliche Hürden umgeht/vermeidet), seltener bei regionalen Net-
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work-Events der Gründer-Community oder Veranstaltungen/Meetings von Institutionen wie etwa Wirtschaftsfördereinrichtungen Hochschulen oder Handwerkskammern/IHKs. Während idealerweise alle Teammitglieder die oben genannten persönlichen Eigenschaften aufweisen (wobei die Teamfähigkeit eine herausragende Rolle spielt), sollten die fachlichen und branchenspezifischen Kenntnisse/Erfahrungen im Team möglichst verteilt vorhanden sein (was einen der großen Vorteile der Teamgründung darstellt). Verbleibende Lücken sind durch die Fortbildung geeigneter Teammitglieder (zum Beispiel Coaching, Seminare), Einstellung von entsprechend qualifizierten Mitarbeitern oder Hinzuziehung externer Berater sowie ggf. Outsourcing von Aufgaben zu schließen. Mit diesen verteilten Eigenschaften sind Teamgründungen zumeist erfolgreicher als Einzelgründungen. Hinzu kommt eine Verteilung der Risiken und Verantwortlichkeiten auf mehrere Schultern, was Teamgründungen bei Investoren/Kreditgebern in der Regel den Vorzug gegenüber Einzelgründungen einräumt. Die vorstehende Aufzählung zeigt bereits auf, dass das Team bzw. die Teamarbeit einer gewissen organisatorischen Regelung bedarf (wobei jedoch eine kreativitäts- und entscheidungshemmende Überorganisation vermieden werden muss). Dass dieses im Einvernehmen aller Teammitglieder erfolgt, ist für die Motivation, Zusammenarbeit und den Erfolg des Teams essenziell. Hier müssen alle Räder möglichst reibungslos ineinandergreifen, um das Projekt Unternehmensgründung bzw. -entwicklung effizient zu realisieren. Das Unternehmensziel inklusive der Geschäftsidee muss allen bekannt sein und von allen akzeptiert (und angestrebt) werden. Aufgaben/Funktionen und entsprechende Entscheidungsbefugnisse/Kompetenzen sowie (wiederholte) Abläufe/Prozesse und Informationswege/-pflichten müssen (möglichst schriftlich) festgelegt, Vertretungs-/Ersatzregelungen getroffen (insbesondere bei längerem oder dauerhaftem Ausfall eines Mitglieds) sowie kompetenz-/leistungsabhängige Vergütungssysteme transparent bestimmt werden. Zumeist zeigt es sich wegen der Gruppendynamik erst nach einer gewissen Dauer oder bei besonderen Ereignissen, ob die „Chemie“ (das Arbeitsklima) zwischen den Teammitgliedern stimmt und sich ein Teamgeist entwickelt hat, ob sie optimal ziel-/erfolgsorientiert zusammenarbeiten und Misserfolge/Fehlschläge für Neuorientierungen nutzen (zum Beispiel Änderung der organisatorischen Abläufe/Prozesse) oder resignieren bzw. im Streit ausscheiden. Letzteres lässt sich in der Regel durch eine offene Gesprächskultur vermeiden. Weiter ist zu beachten, dass durch die Teamgründung automatisch eine GbR (Personengesellschaft) entsteht, wodurch im Zweifelsfall jeder der Gründer gegenüber Dritten für Schulden oder Versäumnisse der Gründungspartner (auch mit seinem Privatvermögen) haftet. Eine GbR wird wiederum grundsätzlich zur OHG, wenn durch die Gesellschaft ein Handelsgewerbe nach HGB betrieben wird, das heißt, wenn das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Mehr dazu in Abschn. 1.5.3.2.
1.4
Formen der Gründung
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Hinweis Unter einem Start-up werden in der Fachliteratur häufig (ausschließlich) junge Unternehmen verstanden (weniger als fünf Jahre auf dem Markt), die eine innovative und skalierbare Unternehmensidee bzw. Problemlösung anbieten (und damit auf Wachstum ausgerichtet sind).
Nachfolgend werden die gängigsten Möglichkeiten zur Existenzgründung dargestellt.
1.4.1 Neugründung Neugründungen sind bei Existenzgründern besonders beliebt, weil sie das Unternehmen von Anfang an nach ihren Vorstellungen gestalten und ausrichten sowie ohne Ballast neue Geschäftsmodelle starten können. Vielfach gibt es auch kein geeignetes Unternehmen am Markt, mit dem die Geschäftsidee (Innovation) effizient realisiert werden kann oder der Gründer hat nicht die Mittel, ein solches zu erwerben. Im Gegenzug muss der/die (Neu-)Gründer den gesamten Gründungsprozess (siehe nachstehend) durchlaufen; die Geschäftsidee, das Gründer-Know-how und ein ausgearbeitetes Unternehmenskonzept/Businessplan (mit Schätzungen bzw. Prognosen von Umsatz, Kosten, Kapitalbedarf) sind hierbei besonders wichtige Voraussetzungen für den Erfolg und für Unterstützungen/Förderungen (auch durch Banken) der Unternehmensgründung (dazu später ausführlich). Zur Bewältigung der genannten Aufgaben ist es oft zielführend, nicht allein, sondern mit einem oder mehreren Partnern zu starten (Team-/Gemeinschaftsgründung), die ihre Fähigkeiten sinnvoll ergänzen (siehe oben). Das trifft insbesondere bei verteilten fachlichen und kaufmännischen Kenntnissen bzw. Talenten zu. Aber auch Fachspezialisten bündeln häufig in Start-up-Teams ihre besonderen Fähigkeiten zu einem zweckdienlichen Ganzen. Bei Teamgründungen ist es dringend angeraten, wesentliche Punkte (strategische Ausrichtung des Unternehmens, Rechte und Pflichten der einzelnen Teammitglieder, Entscheidungsbefugnisse, Gewinnverteilung/Privatentnahmen) in einem Vertrag festzuhalten, um bei Meinungsverschiedenheiten klare Vorgaben zu haben.
1.4.2
Übernahme eines bestehenden Betriebs
Neben der Neugründung kommt für Existenzgründer häufig die Übernahme eines bestehenden Unternehmens in Frage. Hierbei steht die Frage im Mittelpunkt, ob das Unternehmen (als Ganzes gesehen) geeignet ist, die Gründungsidee (in absehbarer Zukunft und mit vertretbarem Aufwand) zu realisieren. Bei einer Übernahme kürzt sich der Gründungsprozess zumeist sichtlich ab und erleichtert den Start (auch gegenüber Banken). Das Unternehmen und seine Produkte/Dienstleistungen sind am Markt eingeführt, es bestehen (eventuell mehrjährige) Beziehungen zu Kunden und Lieferanten, die Mitarbeiter
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sind entsprechend ihrer Aufgaben ausgebildet und man kann zumeist auf den Erfahrungen des Vorbesitzers aufbauen. Dies erhöht in der Regel die Aussichten auf eine erfolgreiche Selbstständigkeit. Andererseits wirft sie aber auch neue (wirtschaftliche und rechtliche) Fragen auf, die nicht zuletzt von der Art der Übernahme abhängen: Die Übernahme des elterlichen Betriebs (Unternehmensnachfolge), die die berufliche Selbstständigkeit des Nachfolgers (zumeist Kind, aber auch Neffen und Enkeln) begründet, stellt den Übernehmenden teilweise vor andere Probleme (zum Beispiel Schenkung-/Erbschaftsteuern) als die Übernahme eines fremdem Unternehmens. Und auch bei einem solchen läuft das Übernahmeprozedere unterschiedlich ab, je nachdem, ob es sich um eine Beteiligung, Kauf, Pacht oder Franchising handelt (um die wichtigsten zu nennen). Die Übernahme eines Handwerksbetriebs wirft wiederum andere Fragen auf (zum Beispiel Abhängigkeit vom mitarbeitenden Inhaber, Mitarbeiterqualifikation) als die Übernahme eines Handelsunternehmens (zum Beispiel Verkäuflichkeit der Lagerbestände) oder die Übernahme eines freiberuflich geführten Dienstleistungsunternehmens wie beispielsweise einer Arztpraxis (zum Beispiel führt das enge Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer und Kunden bei Eigentümerwechsel oftmals zu deren Abwanderung). Grundsätzlich benötigt der Übernehmer eines Betriebs dieselben Kenntnisse und Fähigkeiten wie der übergebende (Alt-)Unternehmer. Einige wird er schon mitbringen bzw. im Vorfeld der Übernahme erworben haben (vgl. dazu Abschn. 1.3; persönliche und fachliche Eigenschaften eines Gründers), andere muss er kurz- bis mittelfristig hinzuerwerben (Learning by Doing, Fortbildung/Erfahrung). Häufig besteht die Möglichkeit der sukzessiven Übernahme, bei der der Übernehmende einen gewissen Zeitraum vom bisherigen Unternehmer oder dessen Management eingearbeitet wird. Hinweis Bei der Übernahme bestimmter Gewerbe- oder Handwerksbetriebe bestehen (wie bei deren Neugründung) gesetzliche Zulassungsvoraussetzungen, die auch einen Sachkundenachweis beinhalten können (vgl. dazu Abschn. 1.5.3.2).
Nicht zu vernachlässigen sind bei Übernahmen schließlich psychologische Momente des Eigentümers. Auch wenn er die Absicht hat, das Unternehmen zu veräußern, hängt er regelmäßig doch an seinem Lebenswerk. Deshalb sind neben den (häufig unrealistisch hohen) Erwartungen an den Veräußerungserlös weitere Ziele des (Alt-)Unternehmers zu bedenken: Will er zukünftig noch weiter Einfluss auf das Unternehmen ausüben? Dann käme (anfänglich) die Abgabe einer (Mehrheits-)Beteiligung in Frage. Hat er eine starke Verbundenheit zur Region oder zu den Mitarbeitern? Dann würde er eher an Interessenten aus der Umgebung oder an Mitarbeiter/Manager des eigenen Unternehmens verkaufen, um Standort und Arbeitsplätze zu sichern. I
Übernahmen welcher Art auch immer führen zu einer Reihe von rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Fragen/Sachverhalten, welche die Hinzuziehung von Experten wie zum Beispiel (spezialisierte) Unternehmensberater,
1.4
Formen der Gründung
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Steuerberater, Rechtsanwälte, baurechtliche und technische Gutachter unabdingbar machen. Sie unterliegen allgemeinen wie auch individuellen und branchenbedingten Aspekten, die in ihrer Kombination nur im jeweiligen Einzelfall betrachtet und umgesetzt werden können.
Vor diesem Hintergrund können die nachfolgenden Ausführungen keinen umfassenden Handlungsleitfaden darstellen, sondern dienen dem Einstieg und dem Überblick in dieses weite Feld.
1.4.3 Entgeltlicher Unternehmenserwerb/Kauf Wenn auch bei der Übernahme eines Betriebs (abweichend von der Neugründung) einige Fakten vorgegeben und kurzfristig unabänderlich sind, so ist es für den Übernehmenden dennoch unerlässlich, sich über alle wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse/Sachverhalte des Unternehmens (inklusive Technik, Personal) einen Überblick zu verschaffen (Due Diligence). Wegen der Komplexität dieser Aufgabe ist in der Regel eine fachkundige Unterstützung/Beratung unabdingbar. Eine Zeitspanne von einem halben bis zu einem Jahr ist in der Regel für das gesamte Übernahmeprozedere zu veranschlagen. Bereits im Vorfeld ist zu klären, ob der Übernehmende das gesamte Unternehmen mit allen Rechten und Verpflichtungen übernimmt/erwirbt (Share Deal), nur Teile davon (Asset Deal, wie zum Beispiel Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Lagerbestand) oder eine Minderheits-/Mehrheitsbeteiligung eingehen will. Hierbei sind auch die Rechtsform und die Eigentumsverhältnisse von Relevanz. Während ein Einzelunternehmen (Nichtkaufmann nach HGB) nach der Abmeldung durch den Vorbesitzer mit einer einfachen Gewerbeanmeldung des Übernehmenden (rechtlich) neu zu existieren beginnen kann, ist beim Erwerb einer GmbH (oder der partiellen Übernahme von GmbH-Anteilen) durch Außenstehende/Dritte eine Eintragung der Änderung im Handelsregister (notarielle Beurkundung!) zwingend notwendig. Das gilt auch, wenn ein Rechtsformwechsel geplant ist (vgl. Abschn. 1.5.3.2). Bei Personengesellschaften müssen die Gesellschafter der Übertragung von Eigentumsrechten zustimmen. Bei der Aktiengesellschaft ist eine Übertragung von in Aktien verbrieften Gesellschaftsanteilen weitgehend frei möglich (abgesehen von Haltepflichten und mit Ausnahme von vinkulierten Namensaktien; vgl. Abschn. 1.5.3.2).
1.4.3.1 Rechtliche Aspekte der Betriebsübernahme Neben den nachfolgend ausgeführten ökonomischen und finanziellen Aspekten sind bei einer entgeltlichen Übernahme insbesondere auch rechtliche Faktoren zu beachten. Zu diesen zählen der Abschluss von Vorverträgen (Letter of Intent), in denen (unverbindlich) Verhandlungsergebnisse und Absichtserklärungen (häufig auf der Grundlage von Informationsmemoranden, aussagekräftigen Verkaufsprospekten oder einer umfassenden
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Roadshow) festgehalten werden, die später dem rascheren Abschluss von (verbindlichen) Verträgen dienen, und schließlich der schriftliche Kaufvertrag. Darin werden alle Punkte des Unternehmenserwerbs (inklusive Kaufpreis, Zahlungsmodalitäten und Gerichtsstand) verbindlich festgehalten. Sein Inhalt unterliegt in wesentlichen Teilen gesetzlichen (Mindest-)Vorgaben, er enthält aber zumeist darüber hinausgehende Vereinbarungen wie Gewährleistungen, Zusicherungen und Garantien. Weiter sind die Rechtsform und die Eigentumsverhältnisse von Relevanz (siehe dazu auch Abschn. 1.5.3.2). Während – wie erwähnt – ein Einzelunternehmen (Nichtkaufmann gemäß HGB) nach der Abmeldung durch den Vorbesitzer mit einer einfachen Gewerbeanmeldung des Übernehmenden (rechtlich) neu zu existieren beginnt, gestaltet sich die Fortführung eines in das Handelsregister eingetragenen Unternehmens deutlich komplexer. Willigt der bisherige Inhaber des Unternehmens (Handelsgewerbe nach HGB) in die Fortführung des Betriebs durch den Erwerber ein („Firmenbeständigkeit“ nach § 22 HGB), hat das wichtige Folgen für den Übernehmer: a. Die im Betrieb begründeten Forderungen gehen auf den Erwerber über, soweit der Verkäufer keine abweichende Vereinbarung mit dem Erwerber trifft (Forderungsausschluss) und diese in das Handelsregister eingetragen oder den Schuldnern mitgeteilt wurde. b. Der Erwerber haftet neben dem Verkäufer für die bestehenden und im Betrieb begründeten Verbindlichkeiten (als zusätzlicher Schuldner). Auch hier besteht die Möglichkeit, dass der Erwerber eine haftungsausschließende Vereinbarung mit dem Verkäufer trifft und diese in das Handelsregister eintragen lässt (oder den Gläubigern individuell mitteilt). Die gesamtschuldnerische Haftung von Alteigentümer und Erwerber erlischt gemäß § 26 HGB nach fünf Jahren (ab Eintragung des Erwerbs in das Handelsregister). Im Innenverhältnis (keine Außenwirkung!) besteht die Möglichkeit, dass der Erwerber die Verbindlichkeiten (allein) übernimmt und den Alteigentümer von diesen Verpflichtungen freistellt (Freistellungsvereinbarung). Da die Gläubiger von dieser Vereinbarung in der Regel keine Kenntnis erlangen, müssen sie sich weiterhin an den Alteigentümer wenden. Alternativ kann der Erwerber mit jedem einzelnen Gläubiger die Schuldübernahme oder den Schuldbeitritt vereinbaren. c. Der Erwerber tritt in die Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Erwerber und Verkäufer haften noch ein Jahr gesamtschuldnerisch für bestehende Verpflichtungen, die vor Ablauf eines Jahres nach dem Übernahmezeitpunkt fällig werden. Kündigungen wegen des Betriebsübergangs sind unwirksam, andere Gründe bleiben jedoch bestehen (zum Beispiel Reorganisation/Rationalisierung). Die Arbeitnehmer müssen gemäß § 613a BGB über den Grund, Zeitpunkt und die Folgen (zum Beispiel Umbesetzungen/Umschulungsmaßnahmen) des Übergangs einzeln schriftlich unterrichtet werden und können dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprechen
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Formen der Gründung
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(was aber unter Umständen zum Verlust des Arbeitsplatzes führen könnte). Kündigungen größeren Ausmaßes können einen Interessenausgleich/Sozialplan nach sich ziehen. d. Steuerrechtliche Situation des Verkäufers: Dieser erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 16 EStG. Nach § 16 Abs. 2 EStG errechnet sich der Veräußerungsgewinn, der der Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage dient, wie folgt: Veräußerungspreis Veräußerungskosten Betriebsvermögen zum Veräußerungszeitpunkt D Veräußerungsgewinn 45 000 Freibetrag D zu versteuernder Veräußerungsgewinn * Provisionen, Notargebühren, Verkehrsteuern ** Nach Aufdeckung von stillen Reserven *** Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 C übersteigt. Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 C übersteigt.
1.4.3.2 Ökonomische und finanzielle Aspekte der Unternehmensübernahme Der Übernehmende (vor allem Käufer) muss sich insbesondere einen sorgfältigen Einblick (Due Diligence) verschaffen über: Kunden/Markt: Besteht ein Kundenstamm oder handelt es sich überwiegend um Laufkundschaft, Privat- oder Geschäftskunden, Zufriedenheit, Loyalität und Zahlungsmoral der Kunden? Besteht die Gefahr, dass Kunden mit dem Eigentümerwechsel abspringen? Entwicklung/Perspektiven Wettbewerb: Dichte, Nähe, Stärke, Sortiments- und Preispolitik, Image Belegschaft: Wie ist die Qualität der Mitarbeiter (Aus-/Fortbildung, Erfahrung, Motivation, Loyalität) und die Quantität (besteht ein Personalmangel oder -überhang)? Ist ein Arbeitnehmervertreter zu berücksichtigen? Stimmt die Chemie? Wie ist die Akzeptanz des (potenziellen) neuen Eigentümers? Besteht die Gefahr von Abgängen von Schlüsselpersonal durch den Eigentümerwechsel (zum Beispiel IT-Spezialist)? Ist das Unternehmen von der (vorübergehenden) Mitarbeit des bisherigen Eigentümers abhängig?
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Betriebsstätte: Standort (Vorteile und Nachteile für die angebotene/geplante Leistung, mögliche Entwicklungen/Bebauungsplanungen/Beschränkungen für Expansion), Zustand der Immobilie (Mängel/Renovierungsbedarf, Altlasten) und der Betriebs-/Geschäftsausstattung, Maschinen/Produktionsverfahren (State-of-the-art?), Fuhrpark (regelmäßig gewartet oder vernachlässigt? Anlagen technisch auf dem neuesten Stand oder Investitionsstau? IT-Prozesse gesichert (zum Beispiel regelmäßiges Datenbackup) und dokumentiert? Betriebserlaubnis? gekauft oder geleast?), Lager (dem Umsatz angemessen oder überdimensioniert, Umschlaghäufigkeit, aktuelle Ware oder Ladenhüter/Abschreibungsbedarf?), Organisationsstruktur (schriftlich fixiert, fehlend, zweckmäßig oder überreguliert?), private oder nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände? Bestehende Verträge: Laufzeiten, Verpflichtungen für die Zukunft?, bisher alle vertragsgemäß eingehalten? Haftungsverhältnisse für Steuern und Abgaben? Versicherungen angemessen? Garantien, Patente, Lizenzen vorhanden? Outgesourcte Aufgaben? Unternehmens-/branchenspezifische Komponenten: zum Beispiel Arztpraxis: Lage der Praxis (Verkehrsanbindung, Barrierefreiheit, Wettbewerbsdichte/potenzielle Zuweiser bzw. eventuelle Zulassungsbeschränkungen/gesperrte Gebiete, Apotheken in der Nähe), Ruf der Praxis, Patientenstruktur/Privatpatientenanteil, Abhängigkeiten vom alten Praxisinhaber/Praxisteam. Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bzw. Entwicklung des Unternehmens: Auswertung der Gewinn- und Verlustrechnungen, Bilanzen (inklusive Anhang und Lagebericht, ggf. Kapitalflussrechnungen/Cashflows und Prüfungsberichte, falls vorgegeben) der letzten drei bis fünf Jahre, Prüfung der vorliegenden Planungsrechnungen, um die (voraussichtliche) Entwicklung des Unternehmens für die nächsten Jahre ermessen bzw. für die weitere Zukunft prognostizieren zu können, Berücksichtigung der BWA, Steuerbescheide, Berichte von Betriebsprüfungen, Eigen- und Fremdkapitalveränderungen (laufende Kredite und Zusagen sowie Beteiligungen), Kontoführung/Bankbelege (Überziehungen?), aber auch Beachtung der Bilanzierungspraxis (konservativ/vorsichtig oder progressiv/gestaltend), HGB oder IAS- Bilanzierung (Gläubiger- oder Anlegerorientiert). Die VFE-Lage sollte im Zeitvergleich der letzten drei Jahre (Entwicklung) wie auch im Betriebs-/Branchenvergleich (Peergroup) betrachtet/bewertet werden. Hierbei dient die Ermittlung und Heranziehung einschlägiger betriebswirtschaftlicher Kennzahlen der sachgerechten Interpretation/Bewertung der Abweichungen/Entwicklungen.
1.4.3.3 Unternehmensbewertung (Preisfindung) Die vorgenannten Finanzunterlagen bzw. deren (eventuell bereinigte) Zahlen dienen nicht zuletzt der Ermittlung des Unternehmenswertes, der neben individuellen Zielen/Motiven der Erwerber und Verkäufer regelmäßig die wichtigste Grundlage für die Kaufpreisermittlung bildet. Hierbei will der Käufer in der Regel einen möglichst niedrigen Kaufpreis erreichen und wählt entsprechend „vorsichtige“ Ansätze (Risikoausweis), während der
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Verkäufer entsprechend „optimistische“ Werte (Chancenausweis) wählt. Letztendlich entscheidet der am Markt (Angebot/Nachfrage) erzielbare Preis. Auch die Finanzbehörden benötigen den (zu versteuernden) Veräußerungsgewinn als Grundlage für die Berechnung von Ertragsteuern, Grunderwerbsteuer u. ä. Hinweis Bei der Wertermittlung in Fällen der unentgeltlichen familiären Unternehmensübergabe für/durch das Finanzamt (zum Beispiel zur Schenkung- und Erbschaftsteuerfestsetzung) findet in der Regel ein vereinfachtes Ertragswertverfahren mit pauschalen Steuersätzen und Risikozuschlägen (gemäß § 199 ff. Bewertungsgesetz) Anwendung.
Bereits daraus ist zu ersehen, dass es den einen allgemeingültigen Unternehmenswert in der Regel nicht gibt, sondern anlassbezogen und je nach Betrachtungsweise unterschiedliche, mehr oder weniger subjektive/objektivierte, Werte zum Ansatz kommen (können). Grundsätzlich ist eine umfassende „ganzheitliche“ (nicht nur summarische) und objektive Unternehmensbewertung unter Einbezug „weicher“ bzw. immaterieller Faktoren (zum Beispiel Chancen/Risiken aus dem vorhandenen Management/Know-how und Marken/Patente, Markt/Kunden, Wettbewerb) und sonstiger relevanter rechtlicher, steuerlicher und technischer Aspekte anzustreben. Ggf. können auch Inflationsauswirkungen, Planungszahlen/fortgeschriebene Entwicklungen mit hoher Realisierungswahrscheinlichkeit u. ä. einbezogen werden (wie sie häufig bei einer Due Diligence berücksichtigt werden). Verfahren zur Bewertung von Unternehmen Im Folgenden werden einige grundlegende Bewertungsverfahren bzw. -methoden dargestellt (siehe Abb. 1.2). Daneben existieren noch eine Reihe von Vereinfachungsverfahren, (abweichenden) berufsständischen Verfahren/Empfehlungen und wissenschaftlichen Methoden sowie das o. a. Bewertungsverfahren nach den §§ 199 ff. Bewertungsgesetz (BewG) und das veraltete, mit zahlreichen Mängeln behaftete „Stuttgarter Verfahren“, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Hierzu wird auf die entsprechende Fachliteratur und Publikationen der Fachverbände/Kammern verwiesen. In Deutschland hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) allgemeine Grundsätze für Unternehmensbewertungen aufgestellt (IDW S1 „objektivierter Unternehmenswert“), die bei der Unternehmensbewertung (von großen wie für kleine Unternehmen) von den Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern verpflichtend beachtet werden sollen. Dabei werden grundsätzlich nur die zukunftsorientierten Ertragswertverfahren (insbesondere der Free Cashflow aus dem DCF-Verfahren, der dem Eigentümer/Investor zur freien Verfügung steht) als zulässig anerkannt/angewandt (berufs-/branchenspezifische Eigenheiten können allerdings anlassbezogen berücksichtigt werden). Weiter sind in den Grundsätzen (und in einem korrespondierenden Fragen/Antwortkatalog zu deren praktischer Ausführung) wichtige Punkte angesprochen, die ausdrücklich auch auf Bewertungsfragen von KMU Bezug nehmen: Abhängigkeiten/Erfolgsbeiträge von Schlüsselpersonen (zum Beispiel mitarbeitender Eigentümer), fehlende/unzureichende Planungsrechnungen,
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1 Wege zum eigenen Unternehmen Unternehmensbewertungsmethoden
Substanzwertmethoden
Ertragswertmethoden
Forührungswert
Reine Ertragswertverfahren
Liquidaonswert
Mielwertverfahren
Vergleichsmethoden Mulplikatorverfahren
DCF -Verfahren
Abb. 1.2 Unternehmensbewertungsmethoden/-verfahren. (Quelle: eigene Darstellung)
Berücksichtigung von Steuern, keine Berücksichtigung des (bilanziellen) Vorsichtsprinzips, Bestimmung der Kapitalkosten und nicht zuletzt die Frage nach Risikozuschlägen für die geringe Größe, fehlende Diversifikation, mangelnde Fungibilität der Anteile und das (erhöhte) Insolvenzrisiko. Substanzwertmethoden Reine Substanzwertverfahren werden heute selten eingesetzt; in erster Linie dienen sie der Ermittlung der absoluten Wert-/Preisuntergrenze eines Unternehmens und des Wertes von Sicherheiten (zum Beispiel für Kredite). Hierbei wird der Substanzwert entweder mit (D Fortführungswert) oder ohne Zugrundelegung der Going-concern-Annahme (D Liquidationswert) ermittelt. Verfahren zur Ermittlung des Fortführungswerts Dieses Verfahren ermittelt den Zeitwert des Unternehmens unter der Prämisse, dass das Unternehmen (unverändert) fortgeführt wird (Going-concern-Prinzip) oder anders ausgedrückt: Was würde es kosten, den gleichen Betrieb identisch zu errichten? Hierzu werden alle Bilanzpositionen mit ihren aktuellen Wiederbeschaffungskosten bewertet, wobei ihr Alter, Zustand, Angemessenheit (Rückstellungen) u. ä. berücksichtigt werden. Die nicht betriebsnotwendigen Vermögenswerte wie Wohngebäude, Wertpapiere u. ä. werden in der Regel (nur) mit ihrem Liquidationswert erfasst (siehe nachfolgend). Hinweis Nach § 252 Abs. 2 HGB ist bei der Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden im Jahresabschluss von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen.
Dieses Bewertungsverfahren wird häufig bei sehr anlagenintensiven Unternehmen eingesetzt (zum Beispiel Beteiligungsgesellschaften mit hohen stillen Reserven) oder selbst genutzten Immobilien sowie bei Unternehmen mit einem negativen Ertragswert. Hierbei ist allerdings auf die Angemessenheit der Wertansätze zu achten und zu bedenken, dass der zukünftige Umsatz/Gewinn mit den Kunden bzw. der abgesetzten Leistung und nicht
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aus den (eventuell überdimensionierten oder obsoleten) Anlagen/Lagerbeständen erzielt wird. Anschaffungs- oder Herstellungskosten der betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände
bereits getätigte (angemessene!) Abschreibungen
C
Forderungen (ggf. wertberichtigt) und Kasse/Bank
Verbindlichkeiten/Fremdkapital
C D
nicht betriebsnotwendiges Vermögen (zum Liquidationswert) Fortführungs- bzw. Teilreproduktionswert des Unternehmens
Hinweis Durch Addition des Wertes von immateriellen Vermögensgegenständen, die nicht in der Bilanz enthalten sind (zum Beispiel Kundenstamm, Mitarbeiterpotenzial) wird der Vollreproduktionswert ermittelt; das ist der Preis, den man zur Errichtung eines identischen Unternehmens bezahlen müsste.
Verfahren zur Ermittlung des Liquidationswerts Bei der Ermittlung des Liquidationswerts einer Unternehmung wird regelmäßig die Prämisse des Going-concern-Prinzips aufgegeben und die Zerschlagung/Liquidation des Unternehmens unterstellt (wodurch dieses Verfahren für eine Unternehmensnachfolge/Nachfolgeplanung grundsätzlich ungeeignet ist). Die Vermögensgegenstände werden (nur) mit ihrem Verkaufswert (Marktwert) angesetzt (ggf. nach Auflösung stiller Reserven oder Durchführung von Sonderabschreibungen). Die Verbindlichkeiten/Schulden sind davon abzuziehen. Darüber hinaus sind alle Kosten der Betriebsaufgabe/Liquidation (Zerschlagung) zu berücksichtigen, wie Abbruchkosten, Sozialpläne, Vorfälligkeitsentschädigungen. Der Liquidationswert stellt in der Regel die absolute Wertuntergrenze eines Unternehmens dar (auch wenn andere Verfahren zu einem niedrigeren Wert gelangen). Marktwert aller Vermögensgegenstände
Verbindlichkeiten/Fremdkapital
D
Kosten der Liquidation des Unternehmens Liquidationswert des Unternehmens
Ertragswertverfahren Die Ertragswertverfahren stellen im Unterschied zu den Substanzwertverfahren auf die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens ab. Die erwarteten Ergebnisse werden, häufig auf zurückliegenden Resultaten (zum Beispiel Gewinne) aufbauend, entweder durchgehend als Durchschnittswerte angesetzt oder sie werden differenziert: die ersten drei bis fünf Jahre detailliert prognostiziert, die darüber hinaus gehenden Zeiträume pauschal fortgeschrieben/berücksichtigt. Eine Begrenzung der Lebensdauer des Unternehmens (der Zahlungszuflüsse) wird in der Regel nicht angenommen (D unendliche Lebensdauer).
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Die zukünftig erwarteten Ergebnisse werden mit einem sogenannten Kapitalisierungszinsfuß auf einen Bezugszeitpunkt (das ist regelmäßig der Tag der Bewertung) abgezinst (D Barwert der zukünftigen Ergebnisse). Dieser Unternehmenswert („Ertragswert“) stellt sodann die Grundlage der Kaufpreisermittlung dar (der letztendlich jedoch durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird). Reine Ertragswertverfahren Bei diesen Verfahren werden die Unternehmensergebnisse (Gewinne/Verluste) der letzten drei bis fünf Jahre um bedeutende außergewöhnliche Positionen/Vorfälle (zum Beispiel Verkauf von Unternehmensteilen/größeren Beteiligungen) bereinigt und anschließend der Durchschnitt der berichtigten Ergebnisse gebildet. Dieses wird auch für die folgenden Jahre erwartet (D erwarteter Gewinn oder Verlust). Häufig wird alternativ eine Gewichtung der Ergebnisse der vergangenen Geschäftsjahre zur Durchschnittsermittlung vorgenommen. Die jüngsten/letzten Ergebnisse werden höher gewichtet als die weiter zurückliegenden. Welcher Durchschnitt letztendlich gewählt wird, hängt davon ab, welches Ergebnis man mit höherer Wahrscheinlichkeit für die Zukunft erwartet. Hinweis In der Regel wird nur eines der Verfahren zur Durchschnittsermittlung eingesetzt.
Der Kapitalisierungszinsfuß wird in der Regel aus einem Basiszinssatz (häufig der Zinssatz von weitgehend risikofreien Anlagen wie Bundeswertpapieren) und einem vom Käufer (oder neutralen Bewerter) festgesetzten Risikoaufschlag gebildet, der das Unternehmensrisiko (unter Berücksichtigung der Branche/Konjunktur) ausdrückt bzw. einbezieht. Letztendlich stellt dieser Zinsfuß die vom Käufer geforderte (Mindest-)Verzinsung für sein Investment/Engagement dar (der seine Mittel eventuell auch alternativ verwenden/anlegen könnte oder zum Kauf einen Kredit aufnehmen muss). Hinweis Der Risikozuschlag kann (je nach Branche und individuellem Unternehmensrisiko) von zwei bis 20 % und mehr reichen. Der Kapitalisierungszinsfuß für viele KMU liegt in der Regel zwischen sieben und 15 %. Gemäß § 203 Abs. 2 BewG gibt das BMF jährlich einen Basiszins für das vereinfachte Ertragswertverfahren der Finanzverwaltung bekannt, der von der Bundesbank aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abgeleitet/berechnet wird (2016/2017: 1,1 %). Der Kapitalisierungszinsfuß für das Bewertungsvereinfachungsverfahren der Finanzbehörden nach BewG beträgt im Jahre 2017 bei dem oben genannten Basiszinssatz von 1,1 % zusammen mit dem gesetzlich festgelegten pauschalen Risikozuschlag von zurzeit 6,2 % (gleich für alle Branchen, Rechtsformen und Betriebsgrößen) insgesamt also 7,3 %; Kapitalisierungsfaktor: 13,75. Gelegentlich werden (wie beim AWH-Standard des deutschen Handwerks) weitere Zuschläge im Risikoaufschlag berücksichtigt, wie beispielsweise diverse Abhängigkeiten von der (gegenwärtigen) Kunden- und Personalstruktur, vom Inhaber, Standort, Wettbewerb, der Inflation oder der Immobilität des Investments.
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Die Finanzierungsstruktur (Fremdkapitalzinsen) sollte wie ein angemessener Unternehmerlohn bereits bei den Einnahmeüberschüssen berücksichtigt werden, wird aber gelegentlich (zusätzlich) als Risikofaktor angesetzt (hohe Verschuldung bedeutet zumeist geringere Bonität/Kreditwürdigkeit). Beispiel
Beispielrechnung für das Jahr X3: Jahr
Bereinigter Jahresüberschuss nach Steuern (in Tsd. Euro) X1 120 X2 160 X3 200 Durchschnitt einfach: 480 / 3 D 160 Tsd.
Gewichtung (%)
20 30 50 Gewichtet:
Gewichteter Jahresüberschuss (in Tsd. Euro) 24 48 100 172 Tsd.
Kapitalisierungszinsfuß (mit angenommenen Werten): Basiszinssatz Risikozuschlag Kapitalisierungszinsfuß
1;1 % 8;9 % 10 %
Mit dem Kapitalisierungszinsfuß kann (unter der oben gemachten Annahme einer unendlichen Lebensdauer des Unternehmens und gleichbleibenden (uniformen) Zahlungszuflüssen) nach investitionstheoretischem Kalkül ein sogenannter Kapitalisierungsfaktor errechnet werden: Kapitalisierungsfaktor D 1=Kapitalisierungszinssatz Der oben errechnete Kapitalisierungszinsfuß von zehn Prozent ergibt demnach (mit 1 / 0,1) einen Kapitalisierungsfaktor von 10. Anmerkung: Häufig wird der Zinsfuß als Prozentwert angeführt/definiert (zum Beispiel zehn Prozent) und davon abweichend der Zinssatz als absoluter vom HundertWert (10 % D 10/100 D 0,10). Ertragswert D erwarteter Gewinn Kapitalisierungsfaktor oder gleichbedeutend: erwarteter Gewinn 100 ) mit oben angeführten Werten: D Kapitalisierungszinsfuß in % Ertragswert Durchschnitt einfach D
160 000 D 1 600 000 0;10
Ertragswert Durchschnitt gewichtet D
172 000 D 1 720 000 0;10
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Gelegentlich wird der erwartete (zukünftige) Gewinn des Unternehmens nicht direkt durch Übernahme der vergangenen Ergebnisse ermittelt, sondern nur indirekt aus diesen abgeleitet: Ausgehend von den Zahlen der zurückliegenden Gewinn- und Verlustrechnungen und weiteren Daten aus dem internen Rechnungswesen wird (unter Berücksichtigung der neuen Geschäftsstrategie und damit verbundenen Änderungen) eine Umsatz- und Kostenstruktur für die Zukunft erarbeitet, aus welcher der nachhaltig erwartete Gewinn ermittelt wird. Mit diesem wird, wie dargestellt, mittels eines Kapitalisierungszinsfußes ein Zukunftsertragswert berechnet. Mittelwertverfahren Die Mittelwertverfahren berücksichtigen zur Berechnung des Unternehmenswerts (D Mittelwert) sowohl den Substanz- als auch den Ertragswert (wie vorstehend oder vergleichbar berechnet). Die dergestalt festgestellten Unternehmenswerte spielen in der Unternehmenspraxis allerdings eher eine untergeordnete Rolle. Einfaches Mittelwertverfahren In einfachster Version werden der Substanz- und Ertragswert eines Unternehmens addiert und durch zwei dividiert. Abhängig von der Höhe der beiden Werte bzw. ihrem Verhältnis zueinander, der Branche und den Erwartungen werden die Werte jedoch gelegentlich auch unterschiedlich gewichtet. Substanzwert C Ertragswert oder 2 Substanzwert 0;30 C Ertragswert 0;70 D 2
Unternehmenswert.Mittelwert) D Unternehmenswert.30 %, 70 %)
Geschäfts- oder Firmenwert Die Differenz zwischen Ertragswert und Substanzwert wird Geschäfts- oder Firmenwert (ideeller Wert) genannt. Falls der Ertragswert über dem Substanzwert liegt, wird er (englisch) als „Goodwill“ bezeichnet; im gegenteiligen Fall als „Badwill“. Dieser repräsentiert die nicht bilanzierten, immateriellen Vermögensgegenstände eines Unternehmens, wie beispielsweise Mitarbeiterstruktur/Know-how, Kundenstamm/-Listen, selbst geschaffene Marken, Verlagsrechte. Ertragswert D
Substanzwert Firmenwert
Methode der Übergewinnkapitalisierung Diese Methode ermittelt den Unternehmenswert durch Addition des Substanzwerts und des Firmenwerts, wobei der Firmenwert (abweichend von oben Dargestelltem) aus einem sogenannten Übergewinn berechnet wird.
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Hinweis Auf mögliche Auswirkungen der Finanzierungsstruktur des Unternehmens auf den Unternehmenswert, das heißt ggf. durch Fremdkapitaleinsatz freiwerdendes, nicht betriebsnotwendiges Eigenkapital, soll hier nicht näher eingegangen werden.
Zu diesem Zweck wird der erwartete Gewinn in zwei Komponenten aufgeteilt. Zum einen in den sogenannten Normalgewinn, der eine marktgerechte Verzinsung des Substanzwertes (s. oben) darstellt. Dieser wird nun vom (höheren) erwarteten Gewinn abgezogen. Das (positive) Ergebnis wird als Übergewinn bezeichnet. Der Firmenwert ergibt sich sodann durch Kapitalisierung des Übergewinns (mit einem höheren Zinsfuß als beim Substanzwert). Hintergrund für den höheren Kapitalisierungszinsfuß und damit geringeren Zukunftsertragswert des Übergewinns ist die Überlegung, dass die gegenwärtigen (nicht bilanzierten) immateriellen Vermögensgegenstände des Unternehmens (siehe oben) in näherer Zukunft bzw. nach und nach an Wert verlieren oder durch eigene immaterielle Werte ersetzt werden, weshalb deren Wert begrenzt ist. Beispiel
Substanzwert (in Mio. Euro) 1 Erwarteter Gewinn/Jahr (in Euro) 200 000 Kapitalisierungszinsfuß in % 10 Übergewinnkapitalisierungszinsfuß in % 20 (entspricht einem Übergewinnkapitalisierungszinssatz von 0,20) Berechnungen: Normalgewinn: 1 Mio. 10 % D 1 000 000 0;10 D 100 000 Übergewinn: 200 000 100 000 D 100 000 Firmenwert D D
100 000 EUR 100 Übergewinn 100 D 20 % Übergewinn:Kap:Zinsfuß 10 000 000 D 500 000 20
oder gleich bedeutend D
100 000 EUR Übergewinn D D 500 000 0;20 Übergewinn:Kap:Zinssatz
Unternehmenswert D Substanzwert C Firmenwert D 1 000 000 C 500 000 D 1 500 000
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Hinweis Eine Variante des Übergewinnverfahrens, das sogenannte Stuttgarter Verfahren, welches früher häufig für (erbschafts-)steuerliche Zwecke eingesetzt wurde, wird heute kaum noch zur Unternehmensbewertung herangezogen. Eine moderne Variante des Übergewinnverfahrens stellt der Economic Value Added (EVA) dar. Mit ihm wird geprüft, ob ein Unternehmen eine Wertsteigerung erfahren hat: EVA bzw. Übergewinn = eingesetztes Kapital * (erzielte Rendite – geforderte Rendite). Auf beide soll hier nicht näher eingegangen werden.
Discounted-Cashflow Methode (DCF-Methode) Bei dieser „modernen“ Form des Ertragswertverfahrens werden nicht die zukünftigen Gewinne, sondern die erwarteten „Cashflows“ der Unternehmensbewertung zugrunde gelegt. Unter dem Cashflow versteht man vereinfacht ausgedrückt den vom Unternehmen in einer bestimmten Periode (zumeist ein Jahr) erwirtschafteten Überschuss der Einzahlungen über die Auszahlungen (der ggf. auch negativ ausfallen kann; es ergibt sich folglich ein Nettomittelzu- oder -abfluss). Da bei diesem (im Unterschied zur Gewinnermittlung) nur die tatsächlichen Zahlungsströme des Unternehmens berücksichtigt werden, nicht zahlungswirksame Aufwendungen und Erträge (zum Beispiel Bewertungen) jedoch außen vor bleiben, unterliegt der Cashflow auch weniger „gestalterischen“ bilanzpolitischen Maßnahmen des Unternehmens („Window Dressing“). Deshalb wird er bei der Beurteilung der Ertrags- und Finanzkraft eines Unternehmens häufig dem Gewinn vorgezogen. Der Cashflow eines Unternehmens kann in die Geschäftsbereiche seiner Entstehung unterteilt werden (was im Rahmen der Kapitalflussrechnungen von großen Unternehmen regelmäßig erfolgt): Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit Cashflow aus der Investitionstätigkeit Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit Der Saldo der drei Bereiche schlägt sich im Bestand der liquiden Mittel („Finanzmittelfonds“) in der Bilanz nieder. Zur Ermittlung des Cashflows stehen grundsätzlich zwei Verfahren zur Verfügung (vgl. Abb. 1.3), die beide zum gleichen Ergebnis führen: die lediglich vom Unternehmen selbst (auf Basis der intern verfügbaren Daten/Informationen) anwendbare „direkte Methode“ und die, in der Regel (auf Basis öffentlich zugänglicher Daten/Informationen) auch von Außenstehenden durchführbare, „indirekte Methode“. Bei der direkten Methode werden für jede der angeführten Bereiche folgende Berechnungen erstellt: Einzahlungswirksame Erträge D
auszahlungswirksame Aufwendungen Cashflow des Geschäftsbereiches
Sie beginnt (wie eine GuV) für den operativen Bereich mit den Umsatzerlösen und weiteren liquiditätswirksamen Ertragspositionen, von denen beim Gesamtkostenverfahren
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Formen der Gründung
27 Betriebliche Auszahlungen Zahlungen des Invesonsbereichs
Betriebliche Einzahlungen
Zahlungen des Finanzbereichs
Cashflow aus laufender Geschästägkeit
Freier Cashflow (Free Cash flow)
Finanzmielfonds (Liquiditätsveränderung)
Abb. 1.3 Cashflow. (Quelle: eigene Darstellung)
die Material- und Personalaufwendungen, Zinsen, Steuern und sonstigen liquiditätswirksamen Aufwendungen abgezogen bzw. beim Umsatzkostenverfahren die zahlungswirksamen Herstellungskosten berücksichtigt werden. Danach werden die Veränderungen der kurzfristigen Aktiva und kurzfristigen Passiva ( Working Capital) in die Berechnung einbezogen. Dem folgen die Zu- und Abflüsse (keine Zu- und Abschreibungen!) aus dem Verkauf und Kauf von Anlagegegenständen und Zinsüberschüsse (Sach- und Finanzanlagen) des Investitionsbereichs. Als letztes werden die zahlungswirksamen Transaktionen des Finanzbereichs, wie Aufnahme und Tilgung von Krediten, Kapitalzuflüsse (zum Beispiel Emission von Aktien), Zins- und Dividendenzahlungen u. ä. in die Cashflow Berechnung einbezogen. Der Saldo stellt den Cashflow oder anders ausgedrückt die Veränderung der liquiden Mitteln in der betrachteten Periode dar. Es ist unmittelbar einsichtig, dass nur das Unternehmen selbst die notwendigen Informationen/Daten für diese Berechnungen besitzt (zu einzelnen Positionen siehe auch nachfolgend). Die indirekte Methode setzt in der Regel am (in der GuV) ausgewiesenen Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag an und eliminiert alle darin berücksichtigten nicht liquiditätswirksamen Positionen: Gewinn nach Steuern C
nicht zahlungswirksame Aufwendungen (zum Beispiel Abschreibungen auf Sachanlagen, Rückstellungen) nicht zahlungswirksame Erträge (zum Beispiel Zuschreibungen, Auflösung von Rückstellungen) C/ Verluste/Gewinne aus Abgängen des Anlagevermögens C/ sonstige Korrekturposten (zum Beispiel Umgliederungen, eventuell Eliminierung außerordentlicher Positionen)
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D
traditioneller/nachhaltiger Cashflow aus dem Ergebnis (zum Beispiel gemäß DVFA) Abnahme/Zunahme Umlaufvermögen (zum Beispiel Forderungen an Kunden, Lagerbestand) Zunahme/Abnahme kurzfristiger Verbindlichkeiten (zum Beispiel Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten, Steuern) Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (operatives Tagesgeschäft) Cashflow aus Investitionstätigkeit (zum Beispiel Verkauf oder Kauf von Anlagegegenständen) Cashflow aus Finanzierungstätigkeit (zum Beispiel Kapitalerhöhung, Kredittilgung, Gewinnausschüttung) Cashflow insgesamt (Zu- oder Abnahme der liquiden Mittel des Unternehmens in der Periode)
C/ C/ D C/ C/ D
Hinweise: Da die Zu- und Abschreibungen auf Sachanlagen bereits beim Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit berücksichtigt (addiert/eliminiert) wurden, kann der Cashflow aus Investitionstätigkeit wie auch der Cashflow aus Finanzierungstätigkeit hier direkt (ohne die genannten nicht-zahlungswirksamen Vorgänge) ermittelt/dargestellt werden. Zu-/Abflüsse aus Abgängen des Anlagevermögens werden im Investitionsbereich berücksichtigt; eventuell erzielte Gewinne sind deshalb in der Cashflow-Berechnung bei der laufenden Geschäftstätigkeit zu eliminieren. Zinserträge sind nach DRS 21 im Investitionsbereich auszuweisen (und ggf. ebenfalls aus dem operativen Bereich heraus zu rechnen). Zinszahlungen sind nach DRS 21 im Finanzbereich auszuweisen (und ggf. aus dem operativen Bereich zu eliminieren). Abschreibungen auf das Umlaufvermögen sind für Dritte in der Regel nicht ersichtlich (in sonst. betr. Aufwendungen enthalten). Um einen nachhaltigen Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit zu erhalten, werden die (materiellen) außerordentlichen, periodenfremden, betriebsfremden, einmaligen u. ä. Ergebnisse im Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit oftmals eliminiert/korrigiert. Die Summe aus Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit und Cashflow aus Investitionstätigkeit wird in der Fachliteratur als Free Cashflow (frei verfügbarer Cashflow) bezeichnet. Er repräsentiert die Mittel, die für die Eigentümer (zum Beispiel für Entnahmen, Ausschüttungen) und Fremdkapitalgeber (zum Beispiel für Tilgung von Fremdkapital, Zinsen) zur Verfügung stehen und ist Maß für die Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens. Er wird in der Regel (und auch hier) zur Ermittlung des Unternehmenswerts im Rahmen der DCF-Methode herangezogen. Anmerkung: Zur Ermittlung von diversen Unternehmenskennzahlen (zum Beispiel Rentabilitäten) wird zumeist nur der traditionelle Cashflow oder der Cashflow aus lau-
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Formen der Gründung
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fender Geschäftstätigkeit herangezogen. In diesen Fällen werden keine der erwähnten Umgliederungen vorgenommen, Korrekturen sind (abhängig vom konkreten Verwendungszweck) aber weiterhin möglich/angemessen. Ermittlung des Diskontierungssatzes Anders als beim o. a. Ertragswertverfahren, wo die geforderte Eigenkapitalrendite aus einer Alternativinvestition oder einer risikolosen Anlage plus subjektivem Risikozuschlag abgeleitet wird, werden die Eigenkapitalkosten (D Renditeforderungen der Eigentümer) beim DCF-Verfahren überwiegend mittels eines kapitalmarktorientierten Ansatzes ermittelt, dem sogenannten Capital Asset Pricing Model (CAPM): rEK D rf C rMRP “ mit: rEK rf rMRP “
D geforderte Eigenkapitalrendite D risikofreie Rendite D Marktpreisprämie D Volatilitätsfaktor
Auch hier dient als Ausgangsbasis die Rendite einer quasi-risikolosen Anlage, die um einen Betrag erhöht wird, der das Risiko der Anlage in das Unternehmen reflektiert. Die Eigenkapitalrendite (hier Eigenkapitalkosten) rEK setzt sich konkret aus dem risikolosen Zins C Marktrisikoprämie Volatilität (Risiko) der EK-Rendite zusammen: Der risikolose Zins/Rendite rf wurde schon mehrfach als Verzinsung einer quasi-risikolosen Anlage (zum Beispiel Bundesanleihe) definiert. Die Marktrisikoprämie rMRP stellt die Differenz zwischen der erwarteten Marktrendite und der risikolosen Rendite dar (rMPR D rM rf ) und drückt in etwa den Preis für das systematische (das heißt nicht durch Diversifikation auszugleichende) Marktrisiko aus. Anm.: In der Praxis wird die Marktrisikoprämie zumeist durch Vergleich der durchschnittlichen Renditen festverzinslicher Staatspapiere mit den durchschnittlichen Renditen eines in etwa zutreffenden Aktienindex (zum Beispiel DAX, MDAX) ermittelt. Sie werden regelmäßig u. a. vom Statistischen Bundesamt, der Börsenzeitung oder der FAZ veröffentlicht. Der Volatilitätsfaktor “ gibt die Volatilität (Schwankung) der erwarteten Rendite einer Kapitalanlage (zum Beispiel Aktie) im Verhältnis zur Rendite des entsprechenden Marktportfolios an bzw. drückt das immanente Risiko der (Unternehmens-)Anlage aus. Anlagen mit einem “ von 1 reagieren proportional wie der Markt, Anlagen mit einem “ von Null sind risikolos (im Vergleich zum Markt). Anlagen (Aktien) mit einem “ von über 1 sind risikoreicher, unter 1 risikoärmer als das Marktportfolio. Je höher “ desto größer die Schwankungsbreite und damit das Risiko des Anlegers sowie am Ende die von ihm geforderten Risikoprämie. Für Unternehmen sind vor allem die Branchenzugehörigkeit sowie die Finanzierungs- und Kostenstruktur ausschlaggebend für die Volatilität.
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Bei gemischter Finanzierung (Eigen- und Fremdkapital) werden die Cashflows, die allen Kapitalgebern zustehen (D Free Cashflow für Eigen- und Fremdkapitalgeber), also vor Abzug von Zinsen und Tilgungen, mit einem Mischzinssatz abgezinst, der sowohl die Renditeerwartungen der Eigenkapitalgeber als auch die Zinsansprüche der Fremdkapitalgeber berücksichtigt. Damit errechnet sich der (gewichtete) Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital/WACC) ohne Berücksichtigung von Steuern und Differenzierung unterschiedlicher Eigen- und Fremdkapitalarten wie folgt: WACC D rEK
EK FK Ci GK GK
mit: EK FK rEK i
= Eigenkapital = Fremdkapital = geforderte Eigenkapitalrendite = Fremdkapitalzinssatz (zum Beispiel Kreditkosten)
Anmerkung: Eine Steuerersparnis durch die Fremdkapitalfinanzierung würde beim Fremdkapitalzinssatz in Abzug gebracht werden: is = iFK (1 s) Bei reiner EK-Finanzierung, das heißt, wenn EK D GK, reduziert sich die Formel auf WACC D rEK (und entspricht damit den o. a. Eigenkapitalkosten/geforderte Mindestrendite). Insgesamt errechnet sich der Unternehmenswert (Marktwert des Eigenkapitals) nach dem DCF-Verfahren wie folgt: UW bzw. EK D
n X jD1
FCFj FK .1 C WACC/ j
mit: UW (EK) FK FCFj WACC
= Unternehmenswert/Eigenkapital (Marktwert) = Fremdkapital (Marktwert) = Free Cashflow in Periode j = Weighted Average Cost of Capital (gewichtete Kapitalkosten)
Hinweis Häufig wird der Unternehmenswert in zwei Phasen aufgeteilt berechnet, wobei für die erste Phase (Detailphase) detaillierte Werte für die einzelnen Perioden vorliegen oder prognostiziert werden können, während für die zweite Phase (Terminal Value) ein Durchschnittswert für alle folgenden Perioden angenommen wird. Der dafür eingesetzte Cashflow wird zumeist aus den letzten Cashflows der Detailphase abgeleitet. Für ihn wird oftmals eine moderate (konstante) jährliche Wachstumsrate
1.4
Formen der Gründung
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unterstellt, die durch Abzug vom Diskontierungssatz in die Berechnung eingeht. Auf diese Differenzierung, die am Prinzip nichts ändert, soll hier nicht näher eingegangen werden.
Ein vereinfachtes Beispiel soll das Prinzip des „Discounted Cashflow“ verdeutlichen. 1. Schritt: Berechnung des Free Cashflow (aus den Daten des Rechnungswesens in Euro)
Operatives Ergebnis vor FK-Zinsen u. Steuern (EBIT) Steuern auf EBIT (ggf. angepasst) C Abschreibungen Auflösung von Rückstellungen Erhöhung Vorratsbestand C Zunahme kurzfristiger Verbindlichkeiten Investitionen in das Anlagevermögen D Free Cashflow
660 000 50 000 150 000 50 000 30 000 130 000 50 000 760 000
Berechnungshinweis: Oben wurde gezeigt, dass die Berechnung des Gesamt-Cashflow beim Gewinn nach Steuern beginnt und (unter Einschluss des Finanzbereichs) bis zu den liquiden Mitteln (Finanzmittelfonds) des Unternehmens reicht. Zur Ermittlung des Unternehmenswerts (nach dem sogenannten Entity-Ansatz) wird der Free Cashflow (und nicht der Gesamt-Cashflow) herangezogen, bei dem der Finanzbereich und mit ihm die Zinszahlungen nicht eingeschlossen/berücksichtigt sind (s. oben). Deshalb kann die Berechnung beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT = Earnings before Interest and Taxes) beginnen, der Unternehmensteuersatz muss jedoch um die nichtberücksichtigten Zinsen korrigiert werden (Anwendung des Unternehmensteuersatzes auf das EBIT). 2. Schritt: Ermittlung der geforderten Eigenkapitalrendite rEK mit dem CAPM Annahmen: rf rMRP “
= 1 % (Rendite eines risikolosen Wertpapiers) = 3 % (Marktpreisrisikoprämie) = 4 (Volatilitätsrisiko) rEK D rf C rMRP “ ) rEK D 1 C 3 4 D 13 %
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
3. Schritt: Ermittlung der gewichteten Kapitalkosten gemäß dem WACC Annahmen: EK = 500 000 C FK = 2 000 000 C i =8% EK FK CI GK GK 2 000 000 500 000 C8% WACC D 13 % 2 500 000 2 500 000 WACC D 9 %
WACC D rEK
Zur Erinnerung: Eine Steuerersparnis durch die Fremdkapitalfinanzierung würde beim Fremdkapitalsatz in Abzug gebracht werden: is (1 s). 4. Schritt: Ermittlung des Discounted Cashflow (nach dem Entity-Ansatz) Annahmen: Der ermittelte Cashflow wird (stark vereinfachend) mit einer jährlichen Wachstumsrate von ein Prozent auf alle zukünftigen Perioden fortgeschrieben. Die Lebensdauer wird mit unbegrenzt/unendlich angenommen. Das nicht-betriebsnotwendige Vermögen (NBV) beträgt 500 000 C. UW bzw. EK D
n X jD1
FCFj C NBV FK .1 C WACC/ j
Durch die Annahme einer unendlichen Reihe (mit FCF D Ü) vereinfacht sich die Berechnung wie folgt: UW bzw: EK D FCF bzw: Ü
1 C NBV FK WACC
Durch die Annahme einer jährlichen Wachstumsrate g von 1 % (Wachstumsabschlag) verringert sich der Diskontierungszinssatz WACC um 1 % auf 8 %. UW bzw. EK D 760 000
1 C 500 000 2 000 000 D 8 000 000 0;08
Ergebnis: Der Unternehmenswert (Wert des Eigenkapitals) beträgt acht Millionen Euro. Hinweis Auf den das DCF-Verfahren ergänzenden Realoptions-Ansatz zur Ermittlung des Unternehmenswerts soll hier mangels Bedeutung in der betrieblichen Praxis nicht eingegangen werden.
1.4
Formen der Gründung
33
Vergleichsmethoden Diese Methoden der Unternehmenswertermittlung/-einschätzung beruhen auf den Grundsätzen des Leistungseinheitswertprinzips (nach Jevon’s Gesetz von der Unterschiedslosigkeit der Preise oder Law of one price), nach dem zwei völlig gleiche Gegenstände/Handelsgüter (hier: Unternehmen) auch den gleichen Preis haben müssten. Demnach wird der bekannte Preis (Wert) eines Unternehmens auf das vergleichbare Unternehmen mit unbekanntem Wert übertragen. Dabei liegen die Schwierigkeiten zum einen darin, faktisch vergleichbare Unternehmen (Peer Group) zu finden und zum anderen, deren aktuellen Preis zu bestimmen (wenn es sich nicht um börsennotierte Unternehmen handelt). Eingesetzt werden diese Methoden vor allem zu einer (ersten) Schätzung oder Plausibilisierung eines Unternehmenswerts oder als branchenübliche Verfahren, wie bei der Übernahme von Gaststätten (zum Beispiel nach jährlichem Bierabsatz), Fitness Studios (nach Anzahl registrierter Teilnehmer), Reinigungen (nach Anzahl Stammkunden), Zeitschriftenverlage (zum Beispiel nach der Anzahl Abonnenten bzw. dem wiederkehrenden Umsatz) und andere branchenspezifische „Key Performance Indicators“ (KPI). Im Bereich der freien Berufe (zum Beispiel Arztpraxen) wird gelegentlich ein Mischverfahren aus dem oben beschriebenen Substanzwertverfahren und dem nachstehenden Multiplikatorverfahren (Multiplikation bestimmter materieller oder immaterieller Wertindikatoren wie Patienten-/Mandantenstamm mit einem branchenüblichen Indikator) empfohlen, weil sich der immaterielle Wert erfahrungsgemäß relativ rasch verflüchtigt (die Bundesärztekammer legt beispielweise zwei Jahre zugrunde). Vor allem für kleinere Unternehmen können Kammern und Verbände aufgrund der relativ häufigen Transaktionen mit einigermaßen gesicherten Vergleichsdaten aufwarten. Multiplikatorverfahren Diese Unternehmensbewertungsverfahren leiten den Wert eines Unternehmens aus marktspezifischen Unternehmens- oder Branchendaten/-kennzahlen, sogenannten Multiplikatoren ab, wobei grundsätzlich zwei Ansätze unterschieden werden: Beim „Comparable Company Approach“ werden die Kurse (Marktwerte) vergleichbarer börsennotierter Unternehmen zur Bewertung herangezogen, während beim „Comparable Acquisition Approach“ die Preise für bereits abgeschlossene vergleichbare Transaktionen genutzt werden (insbesondere für kleinere, nicht börsennotierte Unternehmen oder Immobilienfirmen). Hinter beiden Ansätzen steht die oben erwähnte Vorstellung, dass ähnliche Unternehmen oder ähnliche Transaktionen ähnlich bewertet werden wie das zu bewertende Unternehmen. Das gilt naturgemäß am ehesten (aber nicht nur) innerhalb der gleichen Branche. Zur Ermittlung eines oder mehrerer Multiplikatoren werden das zu bewertende Unternehmen und seine Branche umfassend analysiert und Kenngrößen (mögliche Bezugswerte) identifiziert. In der Folge werden Unternehmen analysiert, deren Marktwert bekannt ist und die dem zu bewertenden Unternehmen in wesentlichen Kriterien gleichen (zum Beispiel Größe, Geschäftsmodell, Branche, Umsatz-/Finanzierungsstruktur, Unternehmens-
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
lebenszyklus, Wachstumsrate, Rechnungslegungssystem). Aus diesen wird/werden eine oder mehrere Vergleichsgruppe(n) abgeleitet. Sodann werden die ausgewählten Unternehmensgrößen (zum Beispiel Gewinn, Umsatz, EBIT, Bilanzgrößen) der Unternehmen der Vergleichsgruppe oder einer Vergleichstransaktion („Bezugsgrößen“) mit den vorliegenden Marktwerten dieser Unternehmen/Transaktionen in Beziehung gesetzt. Dabei wird angenommen/unterstellt, dass zwischen dem Unternehmenswert und der gewählten Bezugsgröße ein direktes (möglichst lineares) Verhältnis besteht. Die daraus resultierenden Verhältniszahlen (Multiplikatoren) werden aggregiert, deren Mittelwerte gebildet und diese in der Folge auf das zu bewertende Unternehmen angewandt bzw. daraus dessen Unternehmenswert ermittelt. Letzteres erfolgt konkret durch Multiplikation des jeweiligen Multiplikators mit der gewählten Bezugsgröße des zu bewertenden Unternehmens (was häufig zu unterschiedlichen Unternehmenswertansätzen führt). Gelegentlich werden zusätzlich individuelle Faktoren (zum Beispiel Lage/Region) berücksichtigt. Zu den bekanntesten Multiplikatoren zählen das Kurs-/Gewinn-Verhältnis je Aktie (KGV), international als Price-/Earnings-Ratio bekannt (PER), das Kurs-/Buchwert-Verhältnis (KBV), international als Price Book-Value bezeichnet, das Verhältnis von Marktkapitalisierung bzw. des Enterprise Value zum operativen Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) oder zum operativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA); oder Einzelindikatoren wie Umsatz- oder Cashflow-Multiples. Letztere sind beispielsweise definiert als Unternehmenswert dividiert durch Umsatzerlöse bzw. Cashflow. Der Einsatz von Ergebnismultiplikatoren ist wegen der Beeinflussbarkeit dieses Indikators und bei negativen Ergebnissen problematisch. Die wichtigsten Multiplikatoren (Multiples) werden regelmäßig von einigen Fachzeitschriften erhoben und veröffentlicht. So liefert das „FINANCE Magazin“ quartalsmäßig EBIT- und Umsatzmultiplikatoren (von der Börse ermittelt), „Markt und Mittelstand“ veröffentlicht Branchenmultiplikatoren (von Experten ermittelt) für kleine und mittelgroße Unternehmen (Small- und Mid-Caps). Hinweis Der Einfachheit des Multiplikatorverfahrens stehen gravierende Kritikpunkte gegenüber. Zu den wesentlichsten Einwänden zählen die Verwendung von Stichtagswerten, mangelnde Vergleichbarkeit von Unternehmen und Unternehmenszahlen, Nichtberücksichtigung von individuellen Werttreibern und Risiken (insbesondere bei KMU) sowie ggf. die volatile Börsenbewertung (zahlreiche kurzfristige Einflussfaktoren).
Beispiel
Ein Beratungsunternehmen: Unternehmenszahlen in Tsd. Euro: Umsatz: 400 Gewinn: 50
1.4
Formen der Gründung
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Multiplikatoren für Beratungsunternehmen: Umsatzmultiplikator: 1,0 Ergebnismultiplikator: 2,5 Unternehmensbewertung auf Basis des Umsatzes:
400 1;0 D 400
Der Unternehmenswert beträgt 400 000 C. Unternehmensbewertung auf Basis des Gewinns: 50 2;5 D 125 Der Unternehmenswert beträgt 125 000 C. Interpretation der Ergebnisse: Der niedrigere Unternehmenswert auf Basis des Gewinns deutet darauf hin, dass das bewertete Unternehmen weniger rentabel arbeitet als die Unternehmen der Vergleichsgruppe. Hinweis Um vom ermittelten Unternehmenswert (Enterprise Value) zum Wert des Eigenkapitals (Equity Value) zu kommen, den ein Erwerber zu zahlen hätte, müsste noch die Nettoverschuldung des bewerteten Unternehmens abgezogen werden.
1.4.4 Unternehmensnachfolge Eine Möglichkeit der Existenzgründung ist der Einstieg in den (elterlichen) Familienbetrieb. Dabei hat es sich erwiesen, dass ein frühzeitiger Einstieg des Nachfolgers/der Nachfolgerin und dessen/deren sukzessiver Aufbau bis hin zur Arbeitsteilung mit dem Senior hilft, spätere Konflikte zu vermeiden. Allerdings haben Untersuchungen ergeben, dass nur wenige Studierende (unter fünf Prozent) aus Unternehmerfamilien bereit sind, sofort oder bald nach dem Studium in den elterlichen Betrieb einzutreten. Zu unterschiedlich sind die Motive und Erwartungen der beiden Generationen. Während die eine Seite ihre Selbstverwirklichung anstrebt und auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance achtet, will die andere Seite ihr Lebenswerk und die (Familien-)Tradition des Unternehmens bewahren. Darüber hinaus haben sie häufig unterschiedliche Vorstellungen über die (zukünftige) Führung und Richtung des Unternehmens. Während der eine Neuerungen gegenüber aufgeschlossen ist (eventuell sogar als notwendig ansieht), wehrt sich der andere gegen alle Änderungen. Dieser Konflikt verschärft sich noch bei mehreren Gesellschaftern und potenziellen Nachfolgern. Hier ist eine Vorabfestlegung unabdingbar, um späteren Streit zu vermeiden. Eine Möglichkeit wäre die gemeinsame Vereinbarung einer Nachfolgestrategie, die festlegt, wer unter welchen Bedingungen die Nachfolge antritt, welche Eigenschaften der Nachfolger aufweisen muss und wer diese beurteilt (vorzugsweise der Beirat oder ein externer Berater).
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Damit der Altinhaber dann auch wirklich loslässt, bietet sich die Ausarbeitung eines detaillierten Übergabeplans an, der verbindlich festlegt, wann welche Kompetenzen vom Senior an den Junior abgegeben werden. Häufig werden zeitgleich mit der Übergabe von Kompetenzen auch Vermögenswerte auf den Nachfolger übertragen, was laut (Steuer-)Gesetz als Schenkung anzusehen ist (und einen weiteren Hinderungsgrund für die Unternehmensübergabe darstellen kann). Hierbei ist der Umstand zu bedenken, dass sich eine Schenkung positiv auf die Motivation des Nachfolgers auswirken kann und dieser zugleich in die Verantwortung genommen wird. Dabei kann es für den Senior (Schenker) aus Absicherungsgründen zweckmäßig sein, an den Junior (Nachfolger) zunächst nur Vermögen zu übertragen und die Erträge aus dem Unternehmen (teilweise) zu behalten. Als geeignete Instrumente stehen hier insbesondere die Zurückbehaltung eines Nießbrauchrechts oder die Vereinbarung einer Leibrente zur Verfügung. Während der Nießbrauch mit dem Ergebnis des Unternehmens variiert, stellt die Leibrente eine grundsätzlich feste ratierliche Zahlung dar. Eine solche Gestaltung steht zumeist im Einklang mit den erbschaftsteuerlichen Gegebenheiten. Das unternehmerische Vermögen ist begünstigungsfähig; zusätzlich mindert das zurückbehaltene Ertragsrecht den Schenkungswert. Zur Ausarbeitung des entsprechenden Schenkungsvertrags, der auch Beschränkungen für die Verfügung über Anteile sowie Erbfolgeregelungen (Erhalt als Familienbetrieb) und Bestimmungen zu etwaigen Rückforderungs-, Stimm- und Mitwirkungsrechten des Alteigentümers beinhalten kann, ist unbedingt ein spezialisierter Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Nachfolgebörsen Wie bereits angedeutet, sind viele Unternehmer auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger, weil ihre Kinder nicht bereit sind, das elterliche Unternehmen zu übernehmen oder Kinder einfach fehlen. Andererseits gibt es Interessenten, die ein Unternehmen (voll oder teilweise) übernehmen möchten. Um hier zu vermitteln, haben sich vor allem internetbasierte Nachfolgebörsen etabliert, die den Kontakt zwischen abgabewilligen Unternehmern und potenziellen Übernehmern herstellen. Zu den bekanntesten Nachfolge-/Vermittlungsbörsen in Deutschland zählen nexxtchange (eine Gemeinschaftsinitiative von BMWi, KfW, DIHK, ZDH, BVR und DSGV), Unternehmen sucht Unternehmer, Biz-Trade, DUB-Unternehmensbörse, BVMW, Firmen zu kaufen sowie weitere private und regionale Vermittlungsplattformen, in Österreich: Firmenbörse, Biz-Trade und Nachfolgebörse, in der Schweiz: Firmenbörse, Biz-Trade und companymarket. Daneben gibt es nach wie vor professionelle Unternehmensvermittler (zum Beispiel Unternehmensmakler und spezialisierte Consultingunternehmer, welche die Übernahme auch beratend begleiten) und Anzeigen/Angebote in Printmedien (zum Beispiel Publikationen von Verbänden, Fach- und Tagespresse).
1.4
Formen der Gründung
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1.4.5 Beteiligung Die teilweise Übernahme (Kauf) eines Unternehmens wird als Beteiligung bezeichnet. Bei einer Beteiligungsquote von 25 % und mehr spricht man von einer Sperrminorität (mit der Möglichkeit, grundsätzliche Entscheidungen wie Satzungsänderungen in der Gesellschafterversammlung zu blockieren), unter 50 % wird sie Minderheitsbeteiligung und über 50 % Mehrheitsbeteiligung genannt (was einer Unternehmensübernahme mit weitreichenden Rechten/Einflussmöglichkeiten gleichkommt). Die Gestaltung und Abwicklung eines Beteiligungserwerbs hängt nicht zuletzt von der Rechtsform des Unternehmens (zum Beispiel Einzelunternehmen, Personengesellschaft, GmbH, AG) ab (vgl. dazu Abschn. 1.5.3.2). Existenzgründer streben naturgemäß eine sogenannte tätige Beteiligung an, worunter man ein finanzielles und aktives unternehmerisches Engagement bei einem fremden Unternehmen versteht. Eine solche Beteiligung ist laut KfW förderfähig (vgl. Abschn. 2.3.8). Wie beim Kauf eines ganzen Unternehmens sind auch bei Beteiligungserwerb zahlreiche ökonomische, finanzielle und rechtliche Aspekte (s. oben) zu berücksichtigen. Einigkeit muss auch bezüglich des Kaufpreises, der Zahlungsmodalitäten sowie der Zusammenarbeit mit anderen Miteigentümern erreicht werden, wobei dem Vorteil der Risikoteilung mit den anderen Gesellschaftern/Miteigentümern der Nachteil der eingeschränkten unternehmerischen Freiheit gegenübersteht. Für Banken und andere Finanziers stellt die (teilweise) Übernahme bestehender Unternehmen eine deutlich verlässlichere Kalkulationsgrundlage dar als die Businesspläne von Neugründern. Unter bestimmten Voraussetzungen können Gründer für eine tätige Beteiligung sogar Fördergelder in Anspruch nehmen. Um Förderprogramme für eine tätige Beteiligung beantragen zu können, muss der Antragssteller durch seine Beteiligung eine selbstständige unternehmerische Vollexistenz gründen. Dabei muss der unternehmerische Einfluss des Antragstellers hinreichend groß sein (zum Beispiel Geschäftsführungsbefugnis und Beteiligungsquote über zehn Prozent). Je größer der Einfluss des Gründers (Beteiligungsquote) und seine ausgewiesene Kompetenz im Unternehmen sind, desto eher wird er seine Vorstellung von Unternehmensführung durchsetzen, Betriebsabläufe gestalten sowie weitere Ziele verfolgen können. Hinweis Eine (reine Finanz-)Beteiligung als stiller Gesellschafter und ähnliche Konstruktionen werden hier nicht näher betrachtet (siehe jedoch: Alternative Finanzierungsinstrumente in Abschn. 2.3).
1.4.6 Weitere Möglichkeiten der Selbstständigkeit Die nachfolgend angeführten Möglichkeiten der Existenzgründung eignen sich nur bedingt zur Umsetzung eigener innovativer Geschäftsideen. Sie werden deshalb nur verkürzt dargestellt.
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
1.4.6.1 Pacht Eine Pacht ist die Überlassung eines Gegenstands oder Rechts zum Gebrauch und der Erzielung von Erträgen. Im Gegenzug steht dem Eigentümer (Verpächter) ein sogenannter Pachtzins zu. Diese Gegenleistung kann als fester Betrag (wie bei der ähnlichen Miete) oder in Abhängigkeit vom Umsatz (wie beim ähnlichen Franchising) festgelegt werden (und ist vom Verpächter als „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“ zu versteuern). Zur Absicherung der wechselseitigen Forderungen bestehen Pfandrechte und ggf. Sicherungsklauseln im Pachtvertrag. Geregelt wird der Pachtvertrag in den §§ 581 bis 597 BGB. Für den Existenzgründer bringt die Pacht vor allem den Vorteil, dass er kein (Eigen-)Kapital zum Erwerb des Pachtgegenstandes (zum Beispiel Betriebsstätte) aufbringen muss, auf der anderen Seite kann er die Immobilie nicht als Sicherheit für eine Kreditaufnahme heranziehen und insgesamt dürfte es für den Gründer schwierig sein, mangels Erfolgsausweises (Track Record) einen Verpächter zu finden. Traditionell werden Pachtverträge in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Gastronomie abgeschlossen, aber auch die Pacht von anderen Unternehmen ist möglich. Das Pachtverhältnis ist (wie die Miete) ein Dauerschuldverhältnis und kann durch Kündigung von beiden Seiten beendet werden. Bei Tod des Pächters besteht ein Sonderkündigungsrecht der Erben und des Verpächters (Fristen). 1.4.6.2 Franchising Sofern man nicht eine innovative Idee umsetzen will, bietet sich auch das Konzept des Franchisings zur Existenzgründung an. Dabei übernimmt der Gründer (Franchisenehmer) ein fertiges, am Markt eingeführtes Unternehmenskonzept (Franchise-System) von dessen Eigentümer, dem Franchisegeber (was das Misserfolgsrisiko deutlich reduziert). Beide sind selbstständige Unternehmer und vereinbaren eine begrenzte oder auf Dauer angelegte Kooperation. Hinweis Die nachfolgenden Merkmale zeigen deutlich auf, dass Start-ups mit neuen Geschäftsideen in der Regel nicht die Voraussetzungen aufweisen, um selbst als Franchisegeber zu fungieren.
Die wichtigsten Merkmale dieses kooperativen Modells sind: Der Franchisegeber stellt dem Franchisenehmer eine umfangreiche Palette an Leistungen zur Verfügung: u. a. eingeführte Firma/Marke, Unterstützung beim Aufbau und der Führung des Unternehmens (zum Beispiel Einarbeitung und Training/Schulungen), einheitliches Marketingkonzept (zum Beispiel Gestaltung der Verkaufsräume, Werbung, Vertriebsunterstützung, Aktionen), standardisierte Produkte/Dienstleistungen, betriebswirtschaftliches Know-how und Gebietsschutz. Im Gegenzug verlangt der Franchisegeber vom Franchisenehmer eine einmalige Einstiegsgebühr und eine laufende (Lizenz-)Gebühr, die sich in der Regel am Umsatz orientiert und branchenabhängig bis zu ein Drittel des Umsatzes ausmachen kann, sowie
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Formen der Gründung
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Berichtspflichten, Kontroll- und Weisungsrechte. Letztere sollen vor allem ein einheitliches Erscheinungsbild und Image des Gesamtunternehmens sicherstellen. Beim Kunden wird dadurch der Eindruck erweckt, in der örtlichen Filiale eines überregional bekannten Unternehmens einzukaufen. Diese Vereinbarungen/Pflichten werden in einem Franchisevertrag festgeschrieben, in den noch weitere Inhalte wie etwa Vertragsdauer, Wettbewerbsverbot und Gerichtsstand Eingang finden. Der Franchisenehmer (Gründer) arbeitet als Unternehmer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, mit entsprechenden Chancen und Risiken. Grundsätzlich kann er entweder ein bestehendes Geschäftslokal/Betriebsstätte übernehmen oder einen Betrieb neu gründen; die notwendigen Investitionen (Ausgaben) hat er in der Regel selbst zu tragen. Das heißt, neben der Seriosität des Franchisegebers sind die notwendigen Investitionen (zum Beispiel Geschäftseinrichtung) und die zu erwartende Rendite von ausschlaggebender Bedeutung. Letztere entnimmt er dem Investitionsplan, dem Franchisevertrag, den vom Franchisegeber vorgelegten Unterlagen zum Franchisesystem (zum Beispiel Gebühren, Umsatz-/Ertragserwartungen, betriebswirtschaftliche Kennzahlen, voraussichtliche Marktentwicklung) und durch Befragung des Franchisegebers (zum Beispiel Planungen und finanzielle Potenz für weitere Entwicklung des Angebots) sowie von anderen Lizenznehmern (Erfahrungen mit dem Franchisegeber, Umsatzentwicklung) oder dem deutschen FranchiseVerband e. V. Da dem Gründer alle konzeptionellen Aufgaben abgenommen werden und er sich voll auf das Tagesgeschäft konzentrieren kann, ist dieses Konzept auch für branchenfremde Gründer eine gute Möglichkeit der Selbstständigkeit (mit eingeschränkter unternehmerischer Freiheit). Allerdings sind auch hier unternehmerische Einstellung, kaufmännisches Verständnis, Vertriebsstärke und Lust am Kontakt mit Kunden grundsätzlich erforderlich (s. oben, notwendige Gründereigenschaften). In Deutschland existierten (Ende 2017) 970 Franchise-Systeme mit knapp 124 000 Franchise-Partnern (wobei jährlich 4000 bis 5000 hinzukommen). Diese sind zu knapp 40 % im Dienstleistungssektor, 23 % im Handel und 27 % in Gastronomie/Touristik/ Freizeit angesiedelt.
1.4.6.3 Nebengewerbe Besteht erhöhte Unsicherheit bezüglich der Erfolgsaussichten des Geschäftsmodells und ist dieses nicht mit festen Betriebszeiten während der regulären Arbeitszeit von Berufstätigen verbunden, kann für die Gründer eine Unternehmensgründung als Nebengewerbe für die Anfangszeit (Testphase) eine sinnvolle Alternative sein. Hierzu eigenen sich (beinahe) alle Tätigkeiten (Geschäftsideen), die von Zuhause, dem eigenen Atelier oder der eigenen Werkstatt ausgeführt werden können, ohne an ein bestimmtes Zeitfenster gebunden zu sein. Sollte die Selbstständigkeit in der Folge mehr Zeit in Anspruch nehmen, kann man schrittweise aus dem Angestelltenverhältnis aussteigen (aber zwischenzeitliche Doppelbelastung!).
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Der Vorteil dieser Vorgehensweise besteht insbesondere darin, dass das Einkommen, die Krankenversicherung und die Altersvorsorge (aus der unselbstständigen Berufsausübung) in der Anfangszeit gesichert sind. Von Nachteil ist, dass in der Regel jede Nebenbeschäftigung (insbesondere in derselben Branche) dem Arbeitgeber gemeldet werden muss und zustimmungspflichtig ist. Sollte eine (ausgereifte) Geschäftsidee vorliegen, aber keine der vorstehenden Gründungsmöglichkeiten/-formen zur Eigenrealisierung in Frage kommen, kann die Geschäftsidee als Lizenz weiter gegeben (verkauft) oder in ein Joint Venture eingebracht werden, bei der ein anderes Unternehmen die Realisierung/Herstellung und Vermarktung der Geschäftsidee übernimmt (und der Ideengeber/-inhaber am Umsatz oder Gewinn beteiligt wird). I
Am Anfang der Selbstständigkeit steht regelmäßig eine Geschäftsidee. Aber eine Idee ist nichts wert, wenn sie nicht umgesetzt wird.
1.5 Gründungsprozess 1.5.1
Hilfen beim Gründungsprozess
Gründungswillige finden in Deutschland eine große Zahl an privaten und öffentlichen Institutionen, Initiativen und (nationalen und internationalen) Internetplattformen/Gründernetzwerken sowie Veranstaltungen (zum Beispiel Messen, Stammtische, Wettbewerbe, Arbeitslosen- und Frauenberatungstermine), die zumeist unentgeltlich Anregungen/Tipps, Instrumente (Tools) und Hilfsmittel (Formulare/Vorlagen) zur Existenzgründung, Businessplanerstellung, Finanzierung, Behördenverkehr etc. zur Verfügung stellen. Auch Gründerkollegen und Business Angels können mit wertvollen Tipps und Hinweisen (zum Beispiel zu Marketing-/Organisationsfragen oder geeigneten Beratern) zur Verfügung stehen. Vergleichbares gilt für einen (frühzeitig etablierten) kompetenten Beirat, der externes Wissen, Erfahrungen und Kontakte in das Unternehmen einbringen kann. Zur finanziellen Förderung von Existenzgründungen und Existenzsicherungen (die häufig mit weitergehender Unterstützung verbunden ist) vgl. Abschn. 2.3.8. Zu den wichtigsten Fördereinrichtungen/Informationsquellen zählen nachstehende Institutionen/Plattformen, deren (Internet-)Adressen auszugsweise im Anhang wiedergegeben werden: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie/BMWi (in Kooperation mit weiteren Institutionen): Internetportal für Existenzgründer mit Förderdatenbank und Behördenwegweiser Regionale Startercenter haben vor allem das Ziel, die Rahmenbedingungen für Neugründungen zu optimieren, die Gründer zu unterstützen und zu fördern sowie diese mit
1.5
Gründungsprozess
41
Unternehmen und/oder Mentoren zu vernetzen sowie möglichst Kooperation anzubahnen. Regionale Handelskammern und Handwerkskammern Bundesagentur für Arbeit (bietet kostenfreie Existenzgründerberatung von zertifizierten Coaches mit dem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) und unterstützt darüber hinaus die Gründung aus der Arbeitslosigkeit mit einem Gründungszuschuss und Einstiegsgeld, vgl. Abschn. 2.3.8) Förderbanken der Länder (Internetportale der Landesbanken) Verband Deutscher Bürgschaftsbanken e. V. (VDB): In ihm sind 17 Bürgschaftsbanken und Beteiligungsgarantiegesellschaften sowie die 15 Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften organisiert. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK): Er vertritt rund 200 Beteiligungsgesellschaften, die sich mit Venture Capital, Wachstumsfinanzierungen oder im Rahmen von Buy-outs an deutschen Unternehmen beteiligen. Banken und Sparkassenverbände (individuelle Beratung bei den Kreditinstituten vor Ort) Gründungs-, Steuer- und Rechtsberater (die KfW stellt über ihre Plattform ,Beraterbörse’ auch Kontakte zu gelisteten Beratern her, der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater betreibt ebenfalls eine Beraterdatenbank mit Suchfunktionen) – entgeltlich; wichtig: Beratervertrag, der alle Leistungen, den Zeitrahmen und die Konditionen enthält. Berufsgenossenschaften, Handels- und Handwerkskammern, Finanz-, Gesundheits-, Gewerbeämter und weitere Institutionen informieren Existenzgründer über Meldepflichten und sonstige Zulassungs-/Tätigkeitsvoraussetzungen Gründer-/Technologiezentren: In den letzten Jahren wurden zahlreiche Start-up-Inkubatoren oder (branchenspezialisierte) Acceleratoren für die Umsetzung von Geschäftsideen gegründet. Inkubatoren/Acceleratoren unterstützen Gründer/Start-ups mit Venture Capital bei der Finanzierung, begleiten sie mit Fachexperten (Mentoren) bei der Umsetzung der Geschäftsidee, bieten personelle Unterstützung bei verschiedenen Unternehmensaufgaben (zum Beispiel Marktanalyse) und/oder stellen teilweise Büroräume/Coworking Spaces und weiteren Service (zum Beispiel Informationen, Kontakte zu Unternehmen, Netzwerktreffen) zur Verfügung. Auch Business Angels unterstützen Existenzgründer/junge Unternehmen mit finanziellen Mitteln sowie mit Rat und Tat (vgl. Abschn. 2.3.7).
1.5.2
Vorbereitungs-/Planungsphase
Da in dieser Phase in der Regel Beratungsleistungen in Anspruch genommen oder (förderfähige) Eigenleistungen erbracht werden, sind bereits im Vorfeld Fördermittel zu prüfen und zu beantragen, weil das nach Investitionsbeginn in der Regel nicht mehr möglich ist (vgl. Abschn. 2.3.8).
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Nachdem die Geschäftsidee ausgereift ist, realisierbar erscheint und ein Bedarf zu erwarten ist, ist das unternehmerische Umfeld einer intensiven Analyse zu unterziehen. Dazu dient vornehmlich das Instrument der Marktforschung. Neben den von der Marktforschung erhobenen Informationen unterliegt das unternehmerische Umfeld vielen weiteren Einflussfaktoren, die ebenfalls zu beachten sind, wie ökonomische (zum Beispiel Konjunktur, Zinsniveau), physische (zum Beispiel Klimaveränderungen, Emissionen), politische (zum Beispiel Verteilungspolitik, Steuern/Abgaben), rechtliche (zum Beispiel Bauordnung, Zulassungsbedingungen zu Berufen), sozio-kulturelle (zum Beispiel religiöse und gesellschaftliche Werte), ökologische (zum Beispiel Umweltschutz) und nicht zuletzt technologische Umweltfaktoren (zum Beispiel Digitalisierung, Vernetzung, Cloud-Dienste).
1.5.2.1 Marktforschung Am Beginn jeder seriösen Existenzgründung steht eine umfassende Marktforschung. Deren Ergebnisse/Erkenntnisse sind wesentliche Indikatoren für den Unternehmenserfolg und Dreh- und Angelpunkt der dafür zu treffenden Maßnahmen (Strategie, Marketing Mix). Sie kann (für Gründer) als systematische Sammlung von Marktdaten im weitesten Sinne (Markt/Kunden, Branche, Wettbewerb) verstanden werden, deren Analyse und Auswertung als Grundlage für Marketingentscheidungen dient. Im kleinen Rahmen können der Gründer und sein Team eine Umfrage in der näheren Umgebung starten (zum Beispiel für ein regional eng begrenztes Angebot). Hierfür reicht in der Regel das Telefon/E-Mail (unter Beachtung des UWG), der Briefversand oder die Verteilung von Flyern (zum Beispiel Einwurf in Briefkästen potenzieller Interessenten, Einladung zur Produktpräsentation, Preisausschreiben für Adressengewinnung und sonstige Antworten). Bei größeren Vorhaben und breiter Streuung/Reichweite des Angebots sind diese Maßnahmen allerdings unzureichend. Da sich nur wenige Existenzgründer die umfassenden Dienste eines professionellen Marktforschungsinstituts (zum Beispiel Gesellschaft für Konsumforschung in Nürnberg, Wien und Hergiswil) leisten können, sind für diese andere (sogenannte sekundäre) Informationsquellen von Relevanz. Deren Aktualität und Aussagekraft/Detailliertheit lässt für das konkrete Vorhaben allerdings häufig zu wünschen übrig und erfordert weitergehende Auswertungen wie zum Beispiel eine Top-down- oder Bottom-up-Analyse. Zu diesen Informationsquellen zählen amtliche Statistiken (zum Beispiel Statistische Jahrbücher, Länder- und branchenbezogene Fachserien des statistischen Bundesamtes), Veröffentlichungen von Landes- und Bundeseinrichtungen (zum Beispiel Bundesbank, BMWi: Wirtschaft in Zahlen, Bundesanzeiger), Wirtschaftsverbänden und Kammern (zum Beispiel Statistisches Handbuch für den Maschinenbau), Veröffentlichungen privatwirtschaftlicher Institutionen (zum Beispiel Bankenforschungseinrichtungen: Markt- und Konjunkturstudien, Börsen: Branchenentwicklungen, Adressverlage: Kontaktdaten) und Hochschulen (Studien) oder Unternehmen (zum Beispiel Geschäftsberichte, Pressemitteilungen, Prospekte, Kataloge von Wettbewerbern) sowie die Fach- und Tagespresse.
1.5
Gründungsprozess
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Während diese Informationen früher ausschließlich als Printmedien zur Verfügung standen, steht heute der Zugriff auf diese beinahe jedem Internetbenutzer offen (wobei Suchmaschinen den Einstieg erleichtern). Über die Homepages der verschiedenen Einrichtungen/Institutionen stehen die Informationen (gelegentlich nach Registrierung) den Interessenten (zumeist unentgeltlich und häufig erst nach einigem Suchen) zur Verfügung. Komfortableres Recherchieren ermöglichen und eher wissenschaftlichen Anforderungen nach Objektivität (Unabhängigkeit), Reliabilität (formale Richtigkeit), Repräsentativität (Generalisierbarkeit/Aussagekraft) und Validität (konzeptionelle Richtigkeit) der bereitgestellten und teilweise (zum Beispiel themen- oder branchenbezogen) aufbereiteten Informationen genügen professionelle Internetplattformen mit relativ detaillierten Marktstudien wie marktforschung.de, markt-studie.de oder BBE Handelsberatung sowie (Wirtschafts-)Datenbanken wie Genios/GBI, Faktiva, LexisNexis und Statista (gegen Gebühren). Wichtige Informationen können auch beim Besuch von Fachmessen (und den dort anwesenden potenziellen Wettbewerbern, Zulieferern/Großhändlern und Beratungsunternehmen), Vorträgen und Weiterbildungsveranstaltungen von Verbänden (mit der hervorragenden Möglichkeit der Kontaktaufnahme zu Teilnehmern, Stichwort „Networking“) oder direkt bei Lieferanten und Wettbewerbern (Angebote, Konditionen) gesammelt werden. Marktanalyse Definitionen von Marktindikatoren mit vereinfachter Darstellung: I Marktkapazität Summe aller Marktteilnehmer (potenzielle Kunden) × Durchschnittsbedarf an Produkten aller Marktteilnehmer (in Mengeneinheiten); zum Beispiel 100 Mio. Stück Produkte I Marktpotenzial Summe aller Marktteilnehmer (potenzielle Kunden) × Durchschnittsbetrag an Kaufsummen aller Marktteilnehmer (in Geldeinheiten); zum Beispiel 300 Mrd. C Kaufsumme I Marktvolumen Summe aller am Markt abgesetzten Produkte/Dienstleistungen in Geldeinheiten pro Zeiteinheit (zum Beispiel ein Jahr); zum Beispiel 20 Mrd. C. Kann auch für Teilmärkte/Marktsegmente (zum Beispiel Region, Kundengruppen) bestimmt werden. I Marktwachstum positive Veränderung des Marktvolumens I Marktsättigungsgrad das Verhältnis von Marktvolumen und Marktpotenzial; wenn das Marktpotenzial dem Marktvolumen entspricht, spricht man von einem gesättigten Markt
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
I Marktanteil das Verhältnis des eigenen Umsatzes zum Umsatz des Gesamtmarktes (zum Beispiel fünf Prozent); kann auch für einzelne Marktsegmente ermittelt werden I Relativer Marktanteil eigener Marktanteil im Verhältnis zum Marktanteil des wichtigsten Wettbewerbers (letzterer wird häufig als Vertriebsziel bzw. Benchmark/Maßstab angeführt); setzt man an Stelle des Umsatzes die Anzahl der eigenen Kunden ins Verhältnis zu allen (potenziellen) Kunden am (Ziel-)Markt, so wird das Ergebnis als „Marktdurchdringungsgrad“ bezeichnet I Marktattraktivität dieser Marktindikator orientiert sich am Branchenwettbewerb, der durch die Verhandlungsmacht der Kunden und Lieferanten, potenziellen neuen Konkurrenten, alternativen Ersatzprodukten/Dienstleistungen sowie der Wettbewerbsintensität in der Branche bestimmt wird Die meisten der genannten Marktindikatoren werden durch Marktforschungsinstitute, Statistikbehörden oder Branchenverbände erhoben bzw. errechnet und den Interessenten/Mitgliedern (ggf. entgeltlich) zur Verfügung gestellt. Zu ihrem Service zählt auch die kontinuierliche Marktbeobachtung und Marktprognose (unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und des demografischen Wandels, differenziert nach unterschiedlichen Klassen/Gruppen). Diese sollten auch die Unternehmen, speziell für ihr Marktsegment (Produkte, Zielgruppen, Region), permanent durchführen und in ihren strategischen Entscheidungen berücksichtigen. Beispiel
Berechnung Marktwachstum Marktvolumen der Vorperiode D 20 Mrd. C, Marktvolumen der Berichtsperiode D 21 Mrd. C gesucht: Marktwachstum (in Prozent) Berechnung: Marktwachstum (in %) D
zusätzliches Marktvolumen 100 Marktvolumen in der Vorperiode
Lösung: Marktwachstum (in %) D
1 Mrd. 100 D C5 % 20 Mrd:
Im Rahmen der Marktanalyse werden vom Gründer die Bedürfnisse/Wünsche seiner potenziellen Kunden und das Nachfragepotenzial für seine Geschäftsidee(n) eruiert. Es ist naheliegend, dass beide Aspekte verbunden sind: das (gesamte) Nachfragepotenzial nach einem Produkt/Leistung wird von den Kundenbedürfnissen/Wünschen und den finanziellen Möglichkeiten der Kunden bestimmt (D Marktpotenzial). Der bereits durch Mitbewerber befriedigte Teil der Nachfrage nach diesem Produkt/Leistung (Marktvolumen) begrenzt entsprechend das Potenzial (Marktanteil) für neue Marktteilnehmer. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass der Markt ggf. nur ein (regional oder produktspezifisch) eng umgrenztes und damit überschaubares Marktsegment sein kann.
1.5
Gründungsprozess
45
Zur Standortwahl vgl. Abschn. 4.3.4. Da die genannten Determinanten im Zeitablauf veränderlich sind und vom Gründer/Unternehmer auch Trends/Trendumkehr erkannt werden müssen, ist die Marktanalyse eine permanente Aufgabe. Während die Fragen nach den Wettbewerbern und deren Marktanteilen im Rahmen der Wettbewerbsanalyse gestellt werden (siehe nachstehend), sollten zu den Kunden möglichst folgende Informationen eingeholt werden (wobei es naturgemäß deutliche Unterschiede zwischen weitgehend anonymer Laufkundschaft/Internetinteressenten und bereits bekannten Stamm-/Großkunden sowie branchenspezifischen und weiteren Differenzierungsmerkmalen gibt): Welche Personen könnten meine potenziellen Kunden sein? Segmentierung/Zielgruppenbestimmung: demografische Merkmale (zum Beispiel Alter, Familienstand, Kinder, Geschlecht, Adresse, Beruf oder Selbstständigkeit/Branche, Einkommen/Vermögen), preiselastisch oder unflexibel, mobil oder standortabhängig/-gebunden? Vgl. dazu auch: Abschn. 4.3.5.1. Welche Produkte/Leistungen, in welchen Mengen/Volumina und zu welchen (maximalen) Preisen werden sie voraussichtlich nachfragen (hängt u. a. vom USP, dem Preis und dem Wettbewerb ab; bei Großkunden auch von deren Verhandlungsmacht)? Mögliche Kaufmotive (weshalb) und Kaufverhalten (wie), wird das Produkt/Leistung gekauft werden, weshalb in diesem Unternehmen und zu welchen Zeitpunkten (wann)? Haben diese Kunden mit hoher Wahrscheinlichkeit spezifische Bedürfnisse/Wünsche, die das geplante Unternehmen (noch) nicht erfüllen kann (Chance zur Geschäftsausweitung und Gefahr der Abwanderung)? Kaufen (potenzielle) eigene Kunden auch bei Konkurrenten (eventuell Geschäftspotenzial, Gefahr der Abwanderung)? Wie ist die finanzielle Lage/Bonität meiner potenziellen (Groß-)Kunden? Wie entwickeln sich ihre Geschäfte? Aus den angeführten Informationen lassen sich u. a. Optimierungspotenziale für das eigene Angebot bzw. Antworten auf folgende Fragen ableiten: Welche der angebotenen Produkte/Leistungen lösen die Bedürfnisse/Probleme der Zielkunden am besten? Welches der Angebote hat der Wettbewerber nicht (USP)? Wie kann das gegenwärtige/geplante Angebot zukünftig sinnvoll ergänzt/ausgebaut werden? Ist der Service verbesserungsfähig im Sinne der Kundenorientierung? Hinweis Speziell für Gründer ist hierbei wichtig, dass sich (bislang unbekannte) Bedürfnisse, beispielweise durch Innovationen, erst wecken lassen.
Weiter lassen sich Zielgruppen/Kundensegmente ableiten, die für die Produktpolitik und Marketingmaßnahmen von hoher Relevanz sind (wobei die Wechselwirkungen u. a.
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
zur Wettbewerbsanalyse zu beachten sind). Gemeinsam mit weiteren Informationen (zum Beispiel Einkaufspreise, Bearbeitungszeiten/-kosten und sonstige Kalkulationsgrundlagen) lassen sich erste Auswertungen zur betriebswirtschaftlichen Tragfähigkeit der Unternehmensidee/des Unternehmensmodells durchführen (zum Beispiel Deckungsbeiträge, ABC-Analyse). Insgesamt wird der Aufwand für die Datenrecherche, Datenerhebung und Datenauswertung durch die vorhandenen/vorgesehenen Ressourcen (u. a. Zeit, Personal, Finanzmittel) begrenzt. Hierbei sollte beachtet werden, dass gemäß der Pareto-Regel (benannt nach dem italienischen Wohlfahrtsökonomen Vilfredo Pareto) unter Einsatz von (nur) 20 % der Ressourcen bereits 80 % der (gewünschten) Ergebnisse erzielt werden können. Das bedeutet, dass für die letzten 20 % der angestrebten Ergebnisse (hier: Informationen) 80 % der Ressourcen eingesetzt werden müssten, sofern man diesen Aufwand betreiben will bzw. dieser gerechtfertigt/notwendig erscheint. Hinweis Das Pareto-Prinzip lässt sich (ggf. mit leicht veränderten Prozentsätzen) auch auf andere Bereiche des Marketings/Vertriebs (siehe ABC-Kundenanalyse in Abschn. 1.5.2.5), des Unternehmens (zum Beispiel in 20 % der Arbeitszeit werden 80 % der angestrebten Ergebnisse erzielt), aber auch des Alltags (zum Beispiel 20 % der Kleidung werden in 80 % aller Fälle getragen) übertragen.
Wettbewerbsanalyse Die Unternehmensaussichten werden maßgeblich auch vom Wettbewerb am (Ziel-)Markt beeinflusst. Hierbei sind in erster Linie der vorhandene Wettbewerb (Stärke/Dichte) und dessen Verhalten (Usancen) in der eigenen Branche gemeint. Unter einer Branche werden diejenigen Unternehmen zusammengefasst, die weitgehend gleichartige Produkte herstellen/anbieten oder Dienstleistungen ausführen/bereitstellen (zum Beispiel Nahrungsmittelproduktion, Softwareentwicklung, Gaststättengewerbe, Textileinzelhandel). Als weitere Einschlusskriterien werden gelegentlich die eingesetzte Fertigungstechnik/Technologie oder die verwendeten Rohstoffe (zum Beispiel Biotechnologie bzw. Metallindustrie) sowie die Hersteller/Anbieter von Substitutionsprodukten genannt. Letztere sind grundsätzlich austauschbare/alternative Produkte, die einen vergleichbaren Kundennutzen bieten wie Halbfettbutter und Margarine, Ski und Snowboard, digitaler Fotoapparat und Smartphone mit Kamerafunktion. Hierbei gilt es vor allem zu prüfen: Wer sind die (zukünftigen) Hauptkonkurrenten, deren Größe/Marktanteil, Anzahl/ Struktur, Bekanntheitsgrad/Image und Nähe zum geplanten Standort? Es ist davon auszugehen, dass große/etablierte Unternehmen durch Skalen- und/oder Verbundeffekte über Wettbewerbsvorteile verfügen (zum Beispiel Economies of Scale, Scope und/oder Density) oder durch hohe F&E-Budgets eine erheblichen Know-how-/Innovationsvorsprung aufweisen (und damit auch einen weiten Gestaltungsspielraum bei Preisen/Konditionen haben), die für einen Newcomer erhebliche Markteintrittsbarrieren darstellen können.
1.5
Gründungsprozess
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Kaufen (potenzielle) eigene Kunden auch bei Konkurrenten (Gefahr der Abwanderung)? Sind Stärken/Schwächen zu identifizieren (Beratung/Service, Mitarbeiterqualifikation, Standort/Betriebsausstattung, Qualitätszertifizierung nach ISO 9001, Reputation)? Welche Produkte/Dienstleistungen bieten sie an und zu welchem Preis-/Leistungsverhältnis? Bestehen Vorzüge/Nachteile dieser Produkte (USP) gegenüber dem eigenen Angebot? Welche Werbestrategien und Verkaufsförderungsmaßnahmen haben die Konkurrenten ergriffen? Wie wird der Wettbewerb auf mich/die neue Konkurrenz reagieren (Reaktionsprofil)? Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen kann der Gründer sein weiteres Vorgehen/Maßnahmen gezielt steuern/optimieren (zum Beispiel Modifizierung des Angebots, Änderung des Marktsegments oder der anvisierten Preis-/Werbestrategie), seine Wettbewerbsvorteile gegenüber den potenziellen Kunden (Zielkunden) herausstellen (USP) und erkannte eigene Schwächen beseitigen. Letzteres gelingt vor allem durch einen Vergleich mit dem Marktführer (Benchmarking) und einer SWOT-Analyse (vgl. Abschn. 1.5.2.3). Möglicherweise können starke Konkurrenten, die mit bewährten (älteren) Technologien arbeiten, durch Verwendung neuester Technologien/Prozesse überflügelt oder sogar aus dem Markt gedrängt werden. Sollte sich herausstellen, dass der Konkurrenzdruck trotz aller möglichen Maßnahmen zu groß werden und der erzielbare Marktanteil nicht tragfähig sein dürfte, kann der Gründer hier sein Projekt abbrechen, noch ehe er substanzielle (Fehl-)Investitionen getätigt hat. Es ist allerdings zu beachten, dass der Wettbewerb nicht auf die bestehenden Mitbewerber beschränkt und ständig im Fluss ist (was auch darauf hinweist, dass die Wettbewerbsanalyse ein stetiger Prozess sein sollte). Neue Wettbewerber können (abhängig von Eintrittsbarrieren wie beispielsweise notwendige Investitionen/Finanzmittel, Fachkräfte und Know-how/Technologien) beinahe täglich auf den Markt drängen (und ihren Anteil am beschränkten ,Kuchen‘ anstreben). Das gilt auch für die bereits erwähnten Substitutionsprodukte, die aus veränderten Konsumgewohnheiten, gesellschaftlichen Strömungen/Trends, demografischen Veränderungen, gesetzlichen Vorgaben oder neuen technologischen Entwicklungen resultieren können und die Kundenbedürfnisse unter Umständen besser und preisgünstiger befriedigen. Im weiteren Sinne als Substitutionsprodukte anzusehen sind auch Angebote, die einem (eventuell vorübergehend) begrenzten Budget oder geänderten Präferenzen der Kunden entspringen, beispielweise Urlaubsreise anstelle Hausrenovierung, Fahrradkauf anstelle Zweitwagen.
1.5.2.2 Potenzialanalyse Neben den angeführten (notwendigen) Merkmalen der Geschäftsidee sowie den fachlichen Fähigkeiten und personenbezogenen Eigenschaften des Gründers und/oder dessen
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Team bzw. externer Partner, sind die sich aus der Markt- und Wettbewerbsanalyse ergebenden Anforderungen und Rahmenbedingungen an das zukünftige Unternehmen zu prüfen und deren (vollständige/hinreichende) Erfüllung zeitnah anzustreben. Dazu zählen insbesondere notwendige Ressourcen (zum Beispiel Kapital für Gründung und Betrieb, Maschinen/Anlagen, Technologie, EDV/IT-Equipment, Lager, geeignete Mitarbeiter/Knowhow), angemessene Betriebsstruktur, -ausstattung und -kapazität, passende Vertriebskanäle sowie rechtliche Vorgaben/Einschränkungen (zum Beispiel Zulassungsvoraussetzungen, Hygienebestimmungen, Emissionsschutz, Mindestkapital); vgl. dazu Abschn. 1.5.3. Sollte das nicht gelingen, ist zumindest eine Überarbeitung/Modifikation des Unternehmenskonzepts unumgänglich. Hierbei ist die Stellung des Unternehmens in der Wertschöpfungskette des geplanten Angebots (von den Produzenten der Vorprodukte/Zulieferern über den gesamten Leistungs-/Produktionsprozess bis zum Handel und den Abnehmern) festzulegen bzw. zu berücksichtigen: Was wird selbst produziert/geleistet? Was wird (besser/günstiger) zugekauft? Für welche Produktionsschritte werden (besser/günstiger) Allianzen/Partnerschaften mit anderen Unternehmen eingegangen? Dabei wird man strategisch wichtige Elemente (USP des Produkts, Spezial Know-how) nicht weiter-/abgeben.
1.5.2.3 SWOT-Analyse Am Ende der Analysephase werden die identifizierten Stärken und Schwächen des Unternehmens (inklusive Angebot, Gründer/Unternehmer usw.) sowie die Chancen und Risiken aus der Umwelt (Markt/Wettbewerb) systematisiert zusammengeführt bzw. gegenübergestellt. Auf diese Weise erhält man ein umfassendes Bild der Gründungsituation (was in späteren Unternehmensphasen regelmäßig wiederholt werden sollte). Daraus lassen sich kurzfristige Handlungsempfehlungen/Maßnahmen (zum Beispiel Beseitigung von Schwächen, Umsetzung von Möglichkeiten) und/oder langfristige Strategien ableiten. Weiterhin können die gewonnenen Erkenntnisse als Frühwarnindikatoren dienen. Die Darstellung erfolgt häufig komprimiert mittels einer sogenannten SWOT-Analyse, die hier konzeptionell vereinfacht mit einigen Beispielen dargestellt wird. Dabei steht S für Strengths/Stärken, W für Weaknesses/Schwächen (des Unternehmens), O für Opportunities/Chancen und T für Threats/Gefahren (aus der Umwelt) (vgl. Abb. 1.4). Danach sollten folgende Strategien oder Maßnahmen ergriffen werden: S/O-Strategien: Nutzung der Stärken, um die Chancen wahrzunehmen (Investitionsstrategie) S/T-Strategien: Nutzung der Stärken, um die Risiken zu vermeiden/überwinden (Absicherungsstrategie) W/O-Strategien: Überwindung der Schwächen durch Nutzung der Chancen (Kompensationsstrategie) W/T-Strategien: Verringerung der Schwächen und Vermeidung der Risiken (Vermeidungsstrategie)
1.5
Gründungsprozess
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OPPORTUNITIES
Umwelaktoren
THREATS
1. Trend
1. Präferenzänderungen
2. Jugendmarkt
2. Billigimporte
3. Exportmarkt
3. Verdrängung aus dem Markt
…
…
Unternehmensfaktoren STRENGTHS
S/O-Strategien oder Maßnahmen
S/T-Strategien oder Maßnahmen
1. hoher USP
a.
a.
2. hoher Kundennutzen
b.
b.
3. neuarg
c.
c.
…
…
…
WEAKNESSES
W/O-Strategien oder Maßnahmen
W/T-Strategien oder Maßnahmen
1. hoher Preis
a.
a.
2. niedriger Marktanteil
b.
b.
3. mindere Qualität
c.
c.
…
…
…
Abb. 1.4 SWOT-Analyse. (Quelle: eigene Darstellung)
Im vorgestellten Beispiel würde die Neuartigkeit einen Trend ausnutzen (S/O), durch verstärkte Exporte könnte man (inländische) Präferenzänderungen umgehen (S/T). Damit könnte man auch den niedrigen Marktanteil kompensieren (W/O). Durch Qualitätsverbesserung könnte man unter Umständen der Verdrängung vom Markt entgehen (W/T). Strategisch würde sich nach einer anfänglichen (Preis-)Abschöpfung eine Differenzierung (eventuell in einer Nische/einem abgegrenzten Segment) anbieten, die den USP und Kundennutzen weiterhin vermarktet.
1.5.2.4 Marketingstrategie Wenn die Kunden/Markt- und Wettbewerbsanalyse zu dem Ergebnis kommt, dass die Geschäftsidee tragfähig erscheint und gute Chancen hat, sich am Markt zu etablieren/ durchzusetzen und die benötigten Ressourcen vorhanden bzw. kurzfristig erreichbar sind,
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
ist als weiterer wesentlicher Schritt der Planungsphase die Marketingstrategie festzulegen, mit der die Unternehmensziele (hier: Marketingziele) erreicht werden sollen. Oberstes ökonomisches Ziel aller erwerbswirtschaftlichen Unternehmen ist die Erwirtschaftung eines angemessenen Gewinns zur nachhaltigen Existenzsicherung von Unternehmen und Unternehmer(n), der Erfüllung von gesellschafts- und sozialpolitischen Aufgaben sowie der Einhaltung staatlicher Verpflichtungen (Ansprüche der Stakeholder). Davon abgeleitet werden Unterziele wie Umsatz- und Marktanteilsziele (zum Beispiel Absatzsteigerung bzw. für Unternehmensgründer Markterschließung, Marktführerschaft). Da diese Ziele vornehmlich am designierten Markt (Marktsegment) realisiert werden, sind alle unternehmerischen Entscheidungen und Handlungen letztendlich auf diesen bzw. seinen Möglichkeiten und Ansprüchen auszurichten. Für das Marketing im engeren Sinne (als verkaufsorientierte Unternehmensfunktion) bedeutet das, alle kunden- bzw. absatzbezogenen Aktivitäten des Unternehmens entsprechend zu koordinieren und durch adäquate Ausgestaltung der Marketinginstrumente, dem sogenannten Marketingmix, umzusetzen (D Marketingpolitik). Dazu nachfolgend mehr. Dieses gilt für Start-ups wie für etablierte Unternehmen gleichermaßen. Für (regelmäßig) unbekannte Start-ups mit (möglicherweise ebenso unbekannten) innovativen Produkten/Dienstleistungen in ihrem Markt(-segment) stellt die Marketingstrategie eine existenziell wichtige Funktion/Aufgabe dar. Deshalb und dem Titel/Zweck dieses Buches folgend, werden sich die nachfolgenden Ausführungen verstärkt auf Marketingmaßnahmen von Existenzgründungen fokussieren. Aus den in den oben angesprochenen Analysen identifizierten Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken, ist eine strategische Ausrichtung abzuleiten, wobei unter verschiedensten Orientierungsansätzen zwei grundsätzliche Stoßrichtungen offen stehen: A. Wettbewerbsstrategie Diese kann auf zwei unterschiedlichen Wegen verfolgt werden: a. Eine Kostenführerschaft wird in erster Linie durch kostengünstige Produktion (zum Beispiel in Billiglohnländern und durch Serien-/Massenfertigung) oder preisgünstigem Einkauf (zum Beispiel durch Mengenrabatte) erreicht. b. Eine Differenzierungsstrategie ist durch besondere/einzigartige Eigenschaften (USP) der angebotenen Produkte/Leistungen gekennzeichnet (zum Beispiel Hautpflegemittel mit neuartigem Wirkstoff, Spezialisierung auf teilautonome Elektrofahrzeuge), die in der Regel das Ergebnis einer kostenintensiven Forschung und Entwicklung darstellen und deren breite Markteinführung entsprechende Aufwendungen erfordern, aber auch eine höhere Preisspanne ermöglichen. B. Nischenstrategie Hierbei handelt es sich um die Konzentration auf Nischen bzw. (Markt-)Segmente. Während eine Wettbewerbsstrategie eher für Großunternehmen realisierbar ist (die entsprechende Ressourcen zur Verfügung haben), ist für Gründer mit begrenzten Ressourcen
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Gründungsprozess
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und geringerer Risikotragfähigkeit in der Regel eine Nischenstrategie besonders geeignet bzw. eher realisierbar. Hier geht es zumeist ebenfalls um Differenzierung oder (seltener) um Kostenführerschaft, die jedoch (zumindest in der Anfangsphase) in einem begrenzten Marktsegment angestrebt wird. Die Nische erscheint ideal, um innovative Geschäftsideen umzusetzen, ohne den Aufwand für eine umfangreiche Produktion und Vermarktung betreiben zu müssen (zum Beispiel Verkauf von verpackungslosen Waren, Betrieb/Vermietung von Leihfahrrädern, Bau von röhrenbestückten Verstärkern für Liebhaber). Darüber hinaus sind die Aufmerksamkeit und entsprechenden Reaktionen der potenziellen Konkurrenz (anfänglich) noch nicht zu erwarten, sodass der Gründer ggf. einen gewissen Wettbewerbsvorsprung erreichen und höhere Preisvorstellungen durchsetzen kann. Die konkrete Strategieauswahl ist in Übereinstimmung mit dem Unternehmenspotenzial (Ressourcen wie Kapital, Zeit und Personal bzw. entsprechende Kompetenzen/Knowhow) und der Marktsituation (Absatzmärkte/Zielgruppe, Wettbewerb) zu treffen. Während große Unternehmen mit mehreren Produkten unter Umständen gleichzeitig mehrere Strategien realisieren können (ggf. Quersubventionierung), ist es für Existenzgründer zumeist sinnvoll oder nur möglich, ausschließlich eine Strategie zu verfolgen. Naturgemäß sind mit allen Strategien spezifische Risiken verbunden, wie unvermeidliche Kostensteigerungen (vor allem bei Kostenführerschaft), Nachfrageverschiebungen (vor allem bei Differenzierungsstrategie) oder Ausfall/Abwanderung wichtiger Kunden (vor allem in der Nische). Weitere Risiken können sich aus der Existenzgründung selbst und/oder dem engeren und weiteren Umfeld des (geplanten) Unternehmens ergeben; vgl. Abschn. 1.5.4. Aus der gewählten Strategie sind (unter Berücksichtigung der angeführten Analyseergebnisse) möglichst konkrete, messbare Markt- bzw. Unternehmensziele abzuleiten, die später auch in die zahlenbasierte Planungsrechnung Eingang finden. Das kann beispielsweise mittels einer Balanced Score Card oder einem anderen geeigneten Planungs-/Managementtool erfolgen, wird aber bei Existenzgründungen zumeist pragmatisch aus der SWOT-Analyse abgeleitet. Zu den möglichen quantitativen Zielen zählen u. a. die (in einer bestimmten Zeitspanne, zum Beispiel Jahr) angestrebten Umsätze, Wachstumsraten, Gewinne, Marktanteile und Kundenanzahl. Hierzu zählen aber auch qualitative, das heißt schwer quantifizierbare Ziele wie Unternehmensimage, Bekanntheitsgrad, Produktbeurteilung, Qualitätswahrnehmung, Kundentreue etc.
1.5.2.5 Marketingplanung Nachdem der Gründer eine Entscheidung über die (zumindest anfänglich) einzuschlagende Strategie zum Absatz seines Produktes/seiner Dienstleistung (Geschäftsidee) getroffen und daraus operationale Ziele abgeleitet hat, ist im letzten Planungsschritt deren Umsetzung vorzubereiten. Dies ist Aufgabe des Marketings, genauer der Marketingpla-
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1 Wege zum eigenen Unternehmen Marketingmix (5 Ps)
People
Product
Price
Place
Promotion
Abb. 1.5 Marketingmix (5 Ps). (Quelle: eigene Darstellung)
nung. Unter Marketing werden alle jene Aktivitäten zusammengefasst, die dem Absatz der (eigenen) Produkte/Leistungen dienen. Hierbei bedient es sich einer Reihe von sogenannten Marketinginstrumenten, deren optimaler Mix, unter Einsatz (Begrenzung!) der vorgesehenen Ressourcen/Mittel zum gewünschten Ergebnis führen soll (Absatz bzw. Absatzsteigerung). Zu diesen Instrumenten zählen insbesondere die im Englischen als die „5 P“ bekannten Marketingaktivitäten: People (Zielgruppenbestimmung), Product (Produktgestaltung), Price (Preisbildung), Place (Standortwahl und Vertrieb) und Promotion (Kommunikation/Werbung); vgl. Abb. 1.5. Zielgruppenbestimmung/-politik Der erste Schritt in der Entwicklung einer zweckmäßigen Marketingstrategie ist die Auswahl/Identifizierung einer geeigneten (Kunden-)Zielgruppe. Dem Gründer bietet sich grundsätzlich das weite Spektrum von der (unbekannten und unbegrenzten) Mengen-/Laufkundschaft (bzw. Internetkunden im Online Shop) über einen überschaubaren Interessentenkreis (in einem relativ engen Marktsegment) bis zu wenigen (ggf. anfänglich einem) bekannten Einzelkunden an. Allerdings bieten sich, abhängig vom Angebot, zahlreiche Differenzierungsmöglichkeiten an, welche die notwendige Eingrenzung der Zielgruppe(n) mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen erleichtern: Zielt das Angebot auf Endverbraucher oder gewerbliche Kunden ab? Wird es eher sporadisch (Auto, Möbel, Elektrogroßgeräte, Investitionsgüter) oder laufend benötigt (Lebensmittel, Konsum-/Pflegeartikel)? Ist es dem Hochpreissegment (Schmuck) oder Niedrigpreissegment (Genussmittel) zuzuordnen? Soll es lokal, regional oder international bzw. über das Internet vertrieben werden? Darüber hinaus sind die bereits bei der Marktanalyse erhobenen Kundenmerkmale zur präzisen Identifizierung und Eingrenzung der Zielgruppe(n) und ihrer Bedürfnisse/Motive im Rahmen der Marketingpolitik heranzuziehen (siehe vorstehend). Abhängig von der gewählten Strategie, den Kundenbedürfnissen und deren Preissensibilität/Verhandlungsmacht, den vorhandenen Ressourcen und dem geplanten Angebot schränkt sich die geeignete Auswahl entsprechend ein. Zur Festlegung auf einen bestimmten Kundenkreis, der den Einsatz und Erfolg der nachfolgenden Marketinginstrumente determiniert, bietet sich nach der getroffenen (Vor-)Auswahl die Durchführung einer Befragung von potenziellen Kunden aus der Zielgruppe (Stichprobe) an.
1.5
Gründungsprozess
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Wenn auf diesem Weg hinreichende Informationen über die Zielgruppe und das Absatzpotenzial erlangt wurden, kann zum gezielten Einsatz der (nachfolgenden) Marketinginstrumente eine Differenzierung/Segmentierung und anschließende Kategorisierung der Kundenzielgruppe vorgenommen werden. Ein hierzu häufig eingesetztes Instrument ist die ABC-Kundenanalyse (die auf dem Pareto-Prinzip basiert; vgl. Abschn. 1.5.2.1). Diese soll kurz an einem Beispiel dargestellt werden. Beispiel
Die Befragung von 30 potenziellen Kunden (die als typisch für die gesamte Zielgruppe angesehen werden) ergab, dass diese untenstehende Umsätze (Verkäufe) generieren würden. Daraus soll eine Klassifizierung der Kunden nach der Höhe ihrer Umsätze vorgenommen werden, wobei traditioneller Weise drei Klassen (A, B, C) gebildet werden: 20 % A-Kunden mit den höchsten Umsätzen, 60 % B-Kunden mit mittleren Umsätzen und 20 % C-Kunden mit niedrigeren Umsätzen. Vorgehensweise: erster Schritt: Bildung einer Rangreihe nach Umsätzen zweiter Schritt: Berechnung der Anzahl Kunden in den drei Klassen (zum Beispiel 20 % der 30 Kunden D 6 Kunden) dritter Schritt: Identifizierung der sechs Kunden mit den höchsten Umsätzen (D AKunden), der 18 Kunden mit den nächstgrößten Umsätzen (D B-Kunden) und der sechs Kunden mit den geringsten Umsätzen (D C-Kunden). vierter Schritt: Darstellung (zum Beispiel Grafik, Tabelle) und Interpretation der Ergebnisse (eventuell unter Zuhilfenahme von Durchschnittswerten). Kundendifferenzierung nach Umsatz, Rang und Klasse: Kunden Kunde 1 Kunde 2 Kunde 3 Kunde 4 Kunde 5 Kunde 6 Kunde 7 Kunde 8 Kunde 9 Kunde 10 Kunde 11 Kunde 12
Umsatz in Euro 25 000 2 000 5 000 3 000 900 20 000 1 000 500 2 000 600 2 000 800
Rang 2 19 10 16 26 3 23 29 19 28 19 27
Klasse A B B B C A C C B C B C
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1 Wege zum eigenen Unternehmen Kunden Kunde 13 Kunde 14 Kunde 15 Kunde 16 Kunde 17 Kunde 18 Kunde 19 Kunde 20 Kunde 21 Kunde 22 Kunde 23 Kunde 24 Kunde 25 Kunde 26 Kunde 27 Kunde 28 Kunde 29 Kunde 30 30 Kunden
Umsatz in Euro 500 3 000 2 000 4 000 5 000 1 000 3 000 10 000 8 000 4 000 1 000 15 000 5 000 15 000 4 000 30 000 6 000 7 000 186 300
Rang 29 16 19 13 10 23 16 6 7 13 23 4 10 4 13 1 9 8
Klasse C B B B B B B A B B B A B A B A B B
Darstellung der Ergebnisse: Klasse A B C Summe
Anzahl % 20 60 20 100
Anzahl 6 18 6 30
Umsatz C 115 000 67 000 4 300 186 300
Umsatz % 62 36 2 100
Ø Umsatz C 19 167 3 722 717 6 210
Interpretation der Ergebnisse: Anmerkung: Aufgrund weiterer Annahmen (zum Beispiel Alter des Kunden), wird Kunde Nr. 7 der Klasse C zugeordnet, Nr. 18 und 23 zu Klasse B (alle weisen denselben Umsatz auf). 20 % der Kunden (A) erbringen 62 % des Umsatzes, Ø Umsatz D 19 167 C 60 % der Kunden (B) erbringen 36 % des Umsatzes, Ø Umsatz D 3 722 C 20 % der Kunden (C) erbringen 2 % des Umsatzes, Ø Umsatz D 717 C Man erkennt deutlich, dass 20 % der Kunden (A-Kunden) über 60 % des Gesamtumsatzes erwirtschaften, die B-Kunden nur ein gutes Drittel und die C-Kunden nur einen Bruchteil des Gesamtumsatzes. Entsprechend der Marketingstrategie wird man danach die (knappen) Ressourcen steuern (zum Beispiel. Anzahl der Direktansprachen, Frequenz der Werbeschaltungen).
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Gründungsprozess
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Hinweis Möglicherweise können A-Kunden bei der Weiterentwicklung des Angebots einbezogen werden (was die Kundenbindung erhöht und die Sortimentspolitik unterstützt).
Produkt-/Sortimentspolitik Hier geht es vor allem um die Gestaltung des Produkts (der Geschäftsidee), das heißt die Festlegung der eingesetzten Materialien, des Designs, der Bezeichnung und der Verpackung(-sgrößen), die den USP bzw. Kundennutzen des Angebots/der Geschäftsidee unterstreichen (oder ggf. sogar darstellen) und die Kundenbedürfnisse/-wünsche optimal erfüllen sollen. Die angebotene Produkttiefe (Varianten) und (falls mehrere Produkte/Leistungen angeboten werden) auch die Produktbreite (Sortiment) beeinflussen ebenfalls den Absatzerfolg. Je größer beide ausfallen, umso höher ist grundsätzlich die Zahl der potenziell erreichten Interessenten/angesprochenen Kunden, aber auch der Herstellungskosten. Diese sind mit spitzem Bleistift gegeneinander abzuwägen. So kann eine besonders günstige Produktion ebenfalls einen USP darstellen. Nicht zuletzt sind hier (und im Preis) die mit dem Angebot verbunden Zusatzleistungen wie Garantien/Gewährleistungen, Aufbauhilfe und Einweisung, Kundendienst und Umtausch/Rücknahme zu berücksichtigen (Servicepolitik als USP!). Insbesondere (aber nicht ausschließlich) bei Handelswaren orientiert sich die Sortimentspolitik (in Abhängigkeit von der eingeschlagenen Unternehmensstrategie/Absatzpolitik) vornehmlich an den Marktbedürfnissen und Marktaufnahmemöglichkeiten (zum Beispiel Angebot von Produkten/Marken, welche der Wettbewerb nicht im Sortiment hat, exklusiver Import/Vertrieb von Artikeln einzelner Hersteller, innovative Produkte mit einem neuartigen USP, preisgünstige Naturprodukte). Preispolitik Der Bereich für die Preisbestimmung liegt üblicherweise in der Spanne zwischen dem Preis von Wettbewerbs- oder Substitutionsangeboten und den direkt zurechenbaren Selbstkosten (insbesondere für Gründer, ohne die Möglichkeit der Quersubventionierung). Innerhalb dieser Spanne besteht ein Gestaltungsspielraum, der neben der Preisstrategie (zum Beispiel Markteintritt/-durchdringung mittels niedriger Preise, Abschöpfung eines Wettbewerbsvorteils) von mehreren Faktoren abhängt: Neben dem USP (Kundennutzen) und weiteren Merkmalen des Angebots sowie mit dem Produkt verbundenen Zusatzleistungen wie Kundenservice und Garantien, sind der Wettbewerbsdruck und die Preispolitik/Konditionen der Konkurrenten wie auch die Preissensitivität und Verhandlungsmacht der Kunden zu berücksichtigen. Daher kann bei diesen eine Differenzierung der Preisgestaltung erforderlich sein (zum Beispiel niedrigere Grundpreise und hohe Gebühren für Zusatzleistungen, höherer Preis für Laufkundschaft und günstigerer Preis für große Einzel- oder Stammkunden, höhere Preise in der Region und niedrigere Preise in der Stadt). Auch die klassischen Preisgestaltungsinstrumente (Konditionen), wie zum Beispiel Mengenrabatte, Skonti bzw. Zahlungsziele, mehrere Zahlungsmöglichkeiten oder Umtausch-/Rückgaberecht, können zur Preisgestaltung herangezogen werden (einschlägige Checklisten erleichtern die Preiskalkulation in Handel, Handwerk und Dienstleistung). Nicht zuletzt soll auf die sehr variable Preisfestsetzungsmöglichkeit (Preisdifferenzierung)
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
im Rahmen von Geschäftseröffnungen (zum Beispiel Einführungsangebote), Sonderverkäufen (zum Beispiel Jubiläum, Sondermodelle), Trend-/Saisonartikel, Saisonschlussverkäufen und ungewöhnlichen Öffnungszeiten (zum Beispiel sonntags) hingewiesen werden (Achtung wegen Gefahr des unlauteren Wettbewerbs!). Am langen Ende bestimmt immer der Markt (Angebot/Nachfrage) den Preis und der Verkäufer muss entscheiden, ob dieser für ihn akzeptabel ist. Standortwahl und Vertrieb Die Wahl des Standortes und der Vertrieb können als integraler Teil der Absatzpolitik eines Unternehmens verstanden werden. Diese hängt eng mit der eingeschlagenen Strategie und den bereits besprochenen Marketingfaktoren zusammen. Hier unterscheiden sich Produktions- und Handelsunternehmen in weiten Teilen. Während der Vertrieb beim Handel u. a. nach den demografischen Merkmalen der Abnehmer (zum Beispiel Altersstruktur, Beruf, Geschäfts- oder Privatkunden) ausgerichtet ist, wird der Vertrieb von Produktionsunternehmen beispielsweise nach der Frage gestaltet, ob das Unternehmen (teilweise halbfertige) Produkte für Industrie und Gewerbe oder Konsumprodukte produziert, was zu unterschiedlichen Absatzkanälen und -strategien führt. Produktionsunternehmen werden ihren Standort vor allem nach rechtlichen Gesichtspunkten wie beispielweise Zulassungskriterien (zum Beispiel Baurecht/Nutzungspläne der Gemeinde, Emissionsschutzbestimmungen), Infrastruktur wie Verkehrsanbindung, öffentliche Ressourcen (Internet, Elektrizität), Arbeitskräfteangebot, Zulieferer (RHB-Stoffe, Vorprodukte) und sonstigen Merkmalen eines erschlossenen Gewerbegebiets sowie nicht zuletzt nach Kostengesichtspunkten (zum Beispiel Neubau oder Miete in bestehendem Gebäude, Lohn-/Gehaltsniveau, Gewerbesteuerhebesätze, Ver- und Entsorgungsgebühren, eventuelle Fördermöglichkeiten) auswählen. Allerdings gibt es auch alternative und flexible „Standorte“ wie Heimarbeit/Solopreneur (zum Beispiel Home Office/Online Unternehmer), freie Mitarbeiter/Freelancer (Heimarbeit, Coworking Space oder beim Auftraggeber) oder ortsunabhängige „Digitale Nomaden“ (moderne Form des digitalen Reisegewerbes). Die Vertriebskanäle von Produktionsunternehmen sind im Regelfall vom Produkt (zum Beispiel Menge/Anzahl, Wert, Gewicht/Größe, Verderblich, Zerbrechlich oder Erklärungsbedürftig, Halbfertig-/Konsumprodukt) und der Kundenstruktur (zum Beispiel geografische Streuung) abhängig. Auch der Bekanntheitsgrad (Reputation) des Produzenten und ggf. seiner Marke spielen hier eine Rolle. Wichtig ist hierbei, dass eine ständige Lieferbereitschaft aufrechterhalten wird und die Lieferzeit mit den Kundenwünschen korrespondiert (zum Beispiel Just-in-time). Grundsätzlich bietet sich der Direktvertrieb (Auslieferung/Versand) an die Endkunden oder ausgewählte Einzelhändler über professionelle Verteiler wie Post, Lieferdienste/Versandhandel, Spedition oder eigene Fahrzeuge an (was Kostenvorteile bringen kann, aber nur bis zu einem gewissen Ausmaß ökonomisch verwalt-/abwickelbar ist). Dieser Weg ist für Existenzgründer zumindest anfänglich der einfachste, der Erfolg ist jedoch mangels Bekanntheit äußerst ungewiss (Risiko!). Auch eine Dienstleistung wird generell auf direktem Weg erbracht (gelegentlich nach Vermittlung).
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Ab einer gewissen Quantität/Frequenz des Absatzes (Lieferungen) bietet sich die Einschaltung eines Absatzmittlers/Großhändlers an, der die Produkte professionell an die geeigneten Einzelhändler/gewerblichen Abnehmer (gegen Kostenersatz und Provision) weiter leitet (Abhängigkeit!). Auch die Unterhaltung eines Franchisesystems oder von eigenen Outlets (Niederlassungen) kommen hier als mögliche Vertriebswege in Frage. Für speziellere Güter (zum Beispiel Gesundheitsprodukte) ist die Einschaltung eines fachspezifischen (selbstständigen) Handelsvertreters ratsam, der die Erzeugnisse gegen Provision an die einschlägigen Abnehmer (zum Beispiel Apotheken) vermittelt/vertreibt. Müssen die Produkte beim Kunden zusammen- oder aufgebaut/installiert werden, ist zumeist die Anwesenheit eines fachkundigen Firmenmitarbeiters/Service-Technikers hilfreich oder unumgänglich (gelegentlich als Versicherungs- und Garantiebedingung). Auch Produktionsunternehmen setzen im Vertrieb verstärkt auf das Internet mit direktem Versand. Einzelhändler und kleinere Dienstleistungsunternehmen (Gründer!) werden sich weitgehend in Kundennähe ansiedeln, um ihrem Marktsegment, ihrer Zielgruppe (Privatkunden) möglichst nahe zu sein (kurze Wege, Parkplätze, öffentliche Verkehrsmittel, Barrierefreiheit). Aber auch hier spielen rechtliche Zulassungskriterien, Produkteigenschaften (zum Beispiel höherwertig), Wettbewerb (zum Beispiel Preisniveau, Dichte: Konkurrenz kann das Geschäft beleben oder behindern), Nachfragepotenzial (für verschiedene Angebote/Angebotsvarianten) und Demografie der Kunden (zum Beispiel Familien, Alter, Sozialstruktur: Vermögensverhältnisse/Einkommen bzw. Kaufkraft, Beruf/Branche, besondere Bedürfnisse), Attraktivität des Standorts/der Immobilie (und deren Umgebung) wie Nähe zu Besuchermagneten (Passagen, Kaufhäusern, Restaurants) bzw. hochfrequente Innenstadtlage und nicht zuletzt Kostengesichtspunkte (zum Beispiel Kaufpreis, Miete, Mietbindungsdauer/Ausstiegs-, Untervermietungs- und Verlängerungsoptionen) eine herausragende Rolle bei der Standortwahl. Informationen zum Standort können vom Vermieter, Vorgänger, Inhaber benachbarter Geschäfte sowie der örtlichen IHK und Gemeindeverwaltung eingeholt werden (zum Beispiel Vorgängerbranche, Häufigkeit und Gründe des Wechsels). Vertrieb Beim Einzelhandel ist neben der Selbstbedienung (wichtig: gezieltes Produktplacement) die direkte Übergabe (mit Beratung und ggf. Liefer- und Aufbauservice) am Standort vorherrschend. Für diesen (und dem nachfolgenden) Vertriebsweg sind entsprechend kompetente Mitarbeiter erforderlich. Zunehmend fährt der Handel eine Tandemstrategie, um seine Reichweite (Einzugsgebiet, Kundenspektrum) auszuweiten: stationäres Ladengeschäft und Online Shop (in unterschiedlichen Kombinationen). Bei letzterem sind (neben den technischen Voraussetzungen) zahlreiche verbraucherschützende Vorschriften wie das Telemediengesetz, die Datenschutz-Grundverordnung, Impressums- und Informationspflichten, Urheberrecht und Rückgabe-/Widerrufsrecht streng zu beachten (Abmahngefahr!). Die Auslieferung erfolgt hierbei in der Regel über den professionellen Versandhandel (zum Beispiel Post, DHL, UPS, Hermes, DPD), die Bezahlung über die vom Verkäufer angebotenen Zah-
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
lungsmöglichkeiten (Vorkasse, Abbuchung/Einzugsermächtigung, PayPal, paydirekt, Kreditkarten; seltener gegen Rechnung oder Nachnahme). Hinweis Für reinen Online-Handel spielt der Standort naturgemäß eine untergeordnete Rolle (schneller Internetzugang ist obligatorisch), bei Gründungen aus dem Arbeitszimmer liegt er fest (und ist in der Regel die kostengünstigste Alternative). Für flexible Gründer bieten sich als Standort ggf. gewerbliche Räume oder eingerichtete Arbeitsplätze in Innovations-, Technologie- oder Gründerzentren an, die im gleichnamigen Bundesverband zusammen geschlossen sind.
Kommen nach den angeführten Kriterien mehrere Standorte in Frage, so kann man beispielsweise mit Hilfe des nachstehenden Tools („Standortanalyse“) eine weitgehend rationale (Vor-)Auswahl unter den Alternativen treffen. Vorgehensweise (Schritte): erste Spalte: Auflistung aller wesentlichen Standortfaktoren für das geplante (Gründungs-)Projekt zweite Spalte: Gewichtung der angeführten Faktoren nach ihrer Relevanz (zum Beispiel: 1 für nicht so wichtig, 2 für relativ wichtig, 3 für sehr wichtig). Hinweis: Eine breitere Bewertung ist bei Bedarf natürlich möglich. dritte bis fünfte Spalte: Bewertung der Standorte: Für jeden der bislang ausgewählten/möglichen Standorte ist festzulegen, wie gut er bei dem jeweiligen Faktor abschneidet (zum Beispiel 1 Punkt für nicht gut bei diesem Standort, 2 Punkte für passend und 3 Punkte für optimal) und in das nachstehende Tool einzutragen. Hinweis: Auch hier ist natürlich eine differenziertere Bewertung oder (bei vielen Werten) die Bildung von Klassen (zum Beispiel 1 bis 3, 4 bis 6, 7 bis 9) möglich. Sollte der Standort ein Ausschlusskriterium ausweisen (zum Beispiel zu hohe Miete), wird er nicht in die engere Auswahl (nachstehende Tabelle) aufgenommen. sechste bis achte Spalte: Gewichtete Bewertung der Standorte durch Multiplikation der einzelnen Standortfaktoren (Gewichte) mit der Beurteilung der Standorte (Punkte) Die höchste Gesamtpunktzahl bestimmt den objektiv günstigsten Standort (bei der endgütigen Auswahl fließen erfahrungsgemäß zumeist auch subjektive Faktoren ein). Beispiel
Mithilfe einer Standortanalyse soll der optimale Standort für einen auf ausgefallene Haarfrisuren (Undown, Hipster, Undercut, Tolle/Pony, besondere Farben/Strähnen) spezialisierten Herrenfriseur gefunden werden (s. tabellarische Übersicht). Den angeführten wichtigen Standortfaktoren werden (je nach Relevanz) 1 bis 3 Punkte zugeordnet (Gewichtung). Es kommen die Standorte A, B und C in Frage, für deren Beurteilung je Standortfaktor 1 bis 3 Punkte vergeben werden (zum Beispiel 1 Standortfaktor ist bei diesem
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Gründungsprozess
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Standort nur schwach ausgeprägt, 2 ist bei diesem Standort hinreichend vorhanden, 3 ist bei diesem Standort optimal). Standortfaktoren Gewichtung Punkte Punkte Punkte Gewichtete Bewertung A B C A Einzugsgebiet 2 3 2 1 6 Altersstruktur 3 2 3 1 6 Laufkundschaft 2 1 2 2 2 Wettbewerb 2 1 1 1 2 Parkmöglichkeit 2 1 1 3 2 Miete 3 1 1 3 3 Attraktivität 1 3 2 3 3 Punkte gesamt: 24
Gewichtete Bewertung B 4 9 4 2 2 3 2 26
Gewichtete Bewertung C 2 3 4 2 6 9 3 29
In diesem Beispiel sollte der Friseur Standort C (höchste Gesamtpunkteanzahl) auswählen. Kommunikation/Werbung Um den Markt bzw. die (oben definierte) Zielgruppe auf das neu gegründete Unternehmen und dessen Produkte/Leistungen aufmerksam zu machen, muss man werben. Werbung ist dabei (gemäß EU-Richtlinie) jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Gründer fokussieren ihre Werbebotschaften (auch zur Optimierung des Werbebudgets und weiterer absatzpolitischer Maßnahmen) speziell auf ihre Kundenzielgruppe(n) bzw. deren Bedürfnisse, die von ihnen angebotenen/vermittelten Produkte/Dienstleistungen bzw. deren Bedürfnisdeckungspotenzial und die Darstellung des werbenden Unternehmens selbst mit dessen Kompetenzen (unter einheitlichem Erscheinungsbild/Corporate Design bzw. Corporate Identity; Wiedererkennungswert!). Dabei macht es natürlich einen Unterschied, ob sich diese Botschaft(en) an Endverbraucher oder gewerbliche Kunden (und hier gezielt an die Entscheidungsträger) richtet(n), einmalig oder wiederholt dargeboten wird, alle Zielgruppen umfasst oder speziell an einzelne/ausgewählte Kundengruppen adressiert ist, die Zielgruppe(n) eher homogen oder heterogen zusammen gesetzt ist (sind), regional oder international verteilt ist und andere Differenzierungsmerkmale mehr (zum Beispiel Informationspräferenzen). Auf notwendige inhaltliche und gestalterische Kriterien für erfolgreiche Werbebotschaften/-Maßnahmen wie Aufmerksamkeitswert, Glaubwürdigkeit, Überzeugungskraft, Neuigkeitswert/Innovation aber auch Wiedererkennungswert, Interesse und Emotionen weckend, sowie den richtigen Zeitpunkt der Werbebotschaft, ggf. in Verbindung mit einer Handlungsaufforderung, wird hier nur kurz hingewiesen (vergleichbar dem AIDAKonzept). Neben einmaligen Maßnahmen zum Betriebsbeginn/zur Geschäftseröffnung (zum Beispiel Eröffnungsfeier mit Preisausschreiben/Verlosungen, Produktvorstellung/Kostproben,
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Betriebsführungen), zu denen auch die Einrichtung einer informativen Website (mittels eines – zumeist kostenlosen – Websitebaukastens oder mit Hilfe eines professionellen Webdesigners) zählt, sind auch wiederholte Aktionen zur Bekanntmachung des Unternehmens und seiner (ggf. geänderten) Angebote vonnöten. Zu den häufig eingesetzten Kommunikations-/Werbemedien zählen traditionelle Werbe-/Marketingmaßnahmen wie Werbeanzeigen in der Presse/Printmedien, Telefonwerbung, personenbezogene Briefwerbung (Direktmarketing), Postwurfsendungen/Mailings (Briefkastenwerbung) sowie Auslegung/Verteilung von Flyern/Werbeprospekten am Standort, Kundenveranstaltungen und Präsentationen (mit der Vorstellung von Produkten und Neuheiten und der Überreichung von Broschüren), Wettbewerbe und Preisausschreiben (vor allem zur Kundenbindung oder Adressensammlung), bei größeren Unternehmen auch Rundfunk- und Fernsehspots sowie öffentlichkeitswirksame Spendenaktionen. Dazu zählen aber auch neuere Ansätze, wie Messeteilnahmen (mit der Auslegung von Flyern am eigenen oder Sammelstand und der Präsenz in Ausstellungskatalogen), (teil-)automatisiertes Telefon- oder E-Mail-Marketing, Ankündigungen im Internet/Homepage (inklusive Newsletter, Blogs, Banner, Verlinkungen, Eintragung in Firmendatenbanken, Google AdWords/AdSense), Videobotschaften (zum Beispiel auf YouTube, eventuell eingebunden in die Homepage), Webinare und Werbung in sozialen Netzwerken/Social Media (zum Beispiel Facebook Werbung/Messenger, XING) sowie vor allem für größere Unternehmen Roadshows (ggf. auch im Ausland) und Sponsoring mit Werbeauftritten bei Events. Hinweis Der Verbraucherschutz, vor allem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Telemediengesetz (TMG), das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG neu) und weitere einschlägige Gesetze/Verordnungen sind bei allen Werbemaßnahmen, Kundenkontakten sowie der personenbezogenen Datenverarbeitung zu beachten. In diesem Zusammenhang ist auch auf die obligatorische Einhaltung der europaweit einheitlichen Datenschutzbestimmungen durch die EU-Datenschutzverordnung (DSGVO) und die ePrivacyVerordnung hinzuweisen, welche auch weitere personenbezogene Daten (zum Beispiel Mitarbeiterdaten) und deren Verarbeitung, Speicherung, Weitergabe, Löschung sowie Widerspruchmöglichkeiten von erteilten Einwilligungen und diesbezüglichen Auskunftspflichten betreffen.
Auch das Empfehlungsmarketing (Kunden-Mund-zu-Mund Propaganda oder durch Multiplikatoren/Influencer in sozialen Netzwerken/Foren), Pressemitteilungen (zum Beispiel in der Fach- oder Regionalpresse oder auf einschlägigen Internetplattformen), Stellenanzeigen, Fachvorträge, der (einheitliche/unverwechselbare) Unternehmensauftritt/Corporate Identity und die Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations/PR) oder die Mitgliedschaft in (öffentlichkeitsaffinen) Vereinen/Institutionen können im weitesten Sinne zu den Werbeaktivitäten gerechnet werden. Ebenso die Gestaltung eines Schaufensters oder Verkaufsraumes und das freundliche/kompetente Auftreten der Mitarbeiter. Nicht dazu zählen der Kauf oder die Miete von Adressen, auch wenn diese Maßnahmen ebenfalls der Kundengewinnung und der Kontaktanbahnung dienen. Da Marketing-/Werbemaßnahmen relativ teuer sind (und der Werbeerfolg ungewiss), muss im Vorfeld unbedingt ein Werbekonzept (Werbebotschaft, Zielgruppe,
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Gründungsprozess
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Medium, Intensität/Frequenz/Dauer der Werbemaßnahmen) und für das Unternehmen tragbares Marketing-/Werbebudget festgelegt werden, das auf die einzelnen Werbemaßnahmen/Medien aufgeteilt wird. Eine mögliche Aufteilung der Werbekosten auf mehrere Kooperationspartner (Werbegemeinschaft) verringert die Belastung einzelner Unternehmen. Abgeschlossen werden die Werbemaßnahmen durch eine Werbeerfolgskontrolle (zum Beispiel Rücklaufquoten von Befragungen/Preisausschreiben, Anzahl Besucher/Kontakte, Anzahl Zugriffe auf die Homepage), wobei es zumeist schwierig ist, die Ergebnisse einzelner Marketingmaßnahmen isoliert zu bestimmen (zum Beispiel Kundenzufriedenheit, Unternehmensimage). Anmerkung: Zur Verifizierung der Rücklaufquoten, aber auch zum Spam-Schutz sind die internetbasierten Umfrageaktionen möglichst mit einem Challenge-Response-Test (Chaptcha) zu versehen. Hier könnte die Einschaltung einer erfahrenen Werbeagentur wertvolle (wenngleich nicht ganz kostengünstige) Hilfe leisten. Diese kann nach Vorgaben des Gründers zielgruppenorientierte Texte formulieren, Bilder/Grafiken entwerfen sowie diese professionell produzieren und platzieren/verteilen.
1.5.3 Realisationsphase Nach Abschluss der vorstehenden (Planungs-)Phasen geht es an die physische Errichtung des Unternehmens, das heißt die reale Etablierung des Betriebs mit den vorhandenen/geplanten Ressourcen in der (errichteten oder gemieteten) Immobilie am gewählten Standort. Vor dem Hintergrund des regelmäßig begrenzten Kapitals von Existenzgründern ist auch und insbesondere in dieser Phase des Gründungsprozesses auf eine sparsame Verwendung der vorhandenen Mittel zu achten. So können neben der Optimierung der nachfolgend angeführten Funktionen und Prozesse beispielsweise ältere/kleinere Immobilien und gebrauchte Anlagen/Einrichtungsgegenstände in der Regel ohne Funktionseinbußen den Unternehmenzweck erfüllen.
1.5.3.1 Organisation Auch wenn der Aufbau eines Unternehmens in besonderem Ausmaß von dessen Angebot(en), Branche und Größe beeinflusst wird, gibt es Funktionen und Strukturen, die in den meisten Unternehmen zur Erreichung ihrer Ziele notwendig und anzutreffen sind (zum Beispiel wegen Arbeitsteilung). Zur Herausbildung dieser Funktionen/Strukturen sind alle (Teil-)Aufgaben eines Unternehmens in sinnvolle Einheiten zusammenzuführen (Integration in Stellen bzw. Abteilungen) und diese mit den notwendigen Ressourcen und Kompetenzen auszustatten. Diese Einheiten sind horizontal und vertikal zu verknüpfen und ein Weisungs- und Kommunikationssystem einzurichten, um ein funktionierendes Ganzes (Organisation) zu schaffen. Eine Organisationsstruktur kann sich (zumeist abhängig von der Organisationsgröße und den Führungsspannen) über mehrere (Hierarchie-)Ebenen erstrecken. Alternativ kann an-
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1 Wege zum eigenen Unternehmen Geschäftsleitung
Telefon
TV/Audio
Computer
Foto
Abb. 1.6 Divisionale Organisationsform. (Quelle: eigene Darstellung)
statt in Abteilungen und hierarchischen Strukturen in selbstorganisierten Gruppen (Teams) zusammen gearbeitet werden, die crossfunktional aufgestellt sind. Dabei übernehmen die Teams die komplette Verantwortung für bestimmte Bereiche oder Produkte. Um die Aufgaben in einem Unternehmen effizient durchführen zu können, bedarf es darüber hinaus grundsätzlicher Regelungen. So sollten (weitgehend) identische Aufgaben koordiniert und stets auf die gleiche Art ausgeführt werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass es nicht zu einer Überorganisation kommt, in der die notwendige Flexibilität verlorengeht (organisatorisches Gleichgewicht). Zusätzlich sind im Unternehmen (im Unternehmenszyklus ggf. wechselnde) räumliche (wo im Betrieb), zeitliche (wann in der Abfolge) und sachliche Komponenten (Gruppierung von Tätigkeiten) zu beachten (Prozessablauf). Die (Aufbau-)Organisation eines Unternehmens kann nach unterschiedlichen Kriterien gebildet und grafisch wie folgt dargestellt werden (Organigramm). In einer „divisionalen Organisation“ (Spartenorganisation) werden die Stellen und Abteilungen nach identischen (oder ähnlichen) Produkten/Leistungen bzw. Produktgruppen (Sparten) oder auch Märkten gegliedert (vereinfachte Darstellung in Abb. 1.6). In einer „funktionalen Organisation“ werden die Stellen und Abteilungen nach identischen (oder ähnlichen) Funktionen bzw. Verrichtungen gegliedert (vereinfachte Darstellung; in Abb. 1.7). Über diese beiden Grundformen hinaus gibt es einige Mischformen wie Matrixorganisation, Stab-Linien Organisation, Projektorganisation, (dreidimensionale) Tensororganisation u. a. m. Existenzgründer (in den gezeigten Organigrammen mit der Geschäftsleitung gleichzusetzen) werden zumindest anfänglich mehrere der genannten Funktionen häufig auf sich selbst vereinen (ggf. alle) und eventuell die eine oder andere (Teil-)Funktion an Teammitglieder delegieren oder ausgliedern (zum Beispiel Buchhaltung), was die Organisationsstruktur entsprechend verschlankt (und die Entscheidungswege und -zeiträume verkürzt). Eine Überschneidung von Zuständigkeiten ist hierbei aber ebenso zu vermeiden wie ihre mangelhafte Berücksichtigung (Unclear or Lack of Responsibilities).
Geschäftsleitung
Einkauf
Produktion
Verkauf
Abb. 1.7 Funktionale Organisationsform. (Quelle: eigene Darstellung)
Verwaltung
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Gründungsprozess
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Die im Organigramm angeführten Funktionen sollen nachfolgend etwas detaillierter dargestellt werden. Einkauf Alle gewerblich tätigen Unternehmen weisen die Funktion Einkauf bzw. Beschaffungswesen auf, die ab einer gewissen Größe in einer (gleichnamigen) Abteilung organisiert ist und regelmäßig computerunterstützt abläuft (zum Beispiel mit einem Warenwirtschaftssystem). Diese sollte die relevanten Bezugsmärkte für RHB-Stoffe, Halbfertigprodukte und/oder Handelswaren des Unternehmens kennen (zum Beispiel von Fachmessen) wie auch die tatsächlichen und potenziellen Lieferanten und deren Konditionen, Lieferfristen sowie Zuverlässigkeit. Dabei ist eine Abhängigkeit von einzelnen Zulieferern (große Verhandlungsmacht, Ausfallgefahr) ebenso zu vermeiden wie eine zu große Streuung (hoher Kontrollaufwand in der Warenannahme, kein Mengenrabatt bei kleinen Bestellmengen) und der kontinuierliche Materialzufluss für den ungestörten Produktionsprozess (nach Vorgaben der Produktion) sicher zu stellen (zum Beispiel Just-in-time-Lieferung). Rahmenverträge mit den Lieferanten erleichtern in der Regel der Erzielung von günstigen Konditionen. Am langen Ende sind die Kundenwünsche (Verkauf/Absatz) das Maß für einen erfolgreichen Einkauf. An der Schnittstelle zur Produktion ist das Lagerwesen angesiedelt, das für eine optimale Lagerhaltung verantwortlich ist. Dieses muss die Balance zwischen (zu) hohem Lagerbestand (mit der Bindung von Kapital und Liquidität) und Engpässen im Nachschub für die Produktion (zum Beispiel wegen zu geringer Sicherheitsreserven und Problemen in der Logistik) herstellen. Hier kommen zumeist EDV-gestützte Steuerungssysteme für die optimale Logistik und Warenbewirtschaftung des Gesamtunternehmens zum Einsatz (zum Beispiel Supply-Chain Management). Produktion Die Produktion/der Leistungserstellungsprozess ist der Kern der Wertschöpfungskette jedes ausführenden Unternehmens. Hier findet nach Abschluss der Forschungs-/Entwicklungsphase die Umsetzung der Geschäftsidee statt. Und ebenso vielfältig wie die Ideen sind ihre möglichen Realisierungsprozesse durch die Gründer/Start-ups. So werden beispielsweise RHB-Stoffe unter Einsatz von Mitarbeitern, Maschinen/Geräten und Energien zu einem Produkt gefertigt (Produktionsprozess), Halbfertigteile zu einem fertigen Ganzen zusammengebaut (Montage), Waren veredelt und verpackt, immaterielle Aufgabenstellungen zur Reife entwickelt (zum Beispiel Software) oder Probleme gelöst. Dienstleistungen werden im Betrieb häufig vorbereitet und später beim Kunden vor Ort ausgeführt. Der Produktionsprozess beginnt bei Einzelfertigung in der Regel mit dem Auftragseingang, aus dem die benötigten Materialien (RHB-Stoffe, Halbfertigprodukte, Handelswaren) abgeleitet und vom Lager geordert werden. Es folgen die Arbeitsvorbereitung (zum Beispiel Anfertigung von Plänen, Einrichtung der Maschinen und anderer Produktionsmittel, Anpassung von EDV-Programmen, Einsatzplanung von Arbeitskräften), die Ablauf-/Terminplanung (sachliche Festlegung und zeitliche Abfolge der Arbeitsschritte,
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Ermittlung der Abschnitts- und Gesamtdauer) und die eigentliche Auftragsbearbeitung (Produktion). Nach einer Qualitätskontrolle geht die Ware in den Vertrieb (Verkauf). Bei Serienfertigung verschlankt sich der Produktionsablauf entsprechend (zum Beispiel Verkürzung der Vorbereitungs-/Planungs- und Rüstungsphase sowie Stichproben-Qualitätskontrolle). Der Produktionsprozess ist jedoch kein für alle Zeiten festgefügter Ablauf, sondern muss sich dynamisch den wechselnden Möglichkeiten und Anforderungen der eigenen Ressourcen und Kompetenzen sowie der vor- und nachgelagerten Unternehmens- und Umweltglieder der Wertschöpfungskette vom Bezugsmarkt bis zum Absatzmarkt anpassen (zum Beispiel Rohstoffpreise, Technologieentwicklungen, Kooperationen, Nachfrageverschiebungen). Hinweis Branchenabhängig werden gelegentlich vor- oder nachgeschaltete Funktionen (zum Beispiel Zwischenlagerung, Verpackung) dem Produktionsbereich zugeordnet. Andererseits werden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, die vornehmlich der Weiterentwicklung der Geschäftsidee oder der Schaffung neuer Angebote dienen, nach und nach aus dem Produktionsprozess (der Geschäftsidee) in eine eigene organisatorische Einheit ausgelagert.
Verkauf Als nächstes wichtiges Glied in der unternehmensinternen Wertschöpfungskette ist der Verkauf zu nennen, der im weiteren Sinn auch das Marketing (inklusive Unternehmenskommunikation/Werbung), den Vertrieb, die Ausgangslogistik und eventuell den (Produkt-)Service umfasst. Er ist das direkte Bindeglied zu den Kunden und Marktinformationen. Hier finden u. a. Preisgestaltung, Auftragsbearbeitung (inklusive Rechnungsstellung, Buchung, ggf. Zahlungseingangsüberwachung/Mahnwesen, Reklamationen), Werbung/ Verkaufsförderung/PR, Vertriebssteuerung/Verkaufsaußendienst (Kundenakquisition), Logistik/Transport zu Endverbrauchern (Direktverkauf), ggf. zu Einzel- und/oder Großhandel, und der Service (Aufstellung des verkauften Produktes beim Kunden, Reparatur und Ersatzteile) statt. Bei zunehmender Unternehmensgröße werden die Rechnungseingangs- und Rechnungsausgangsprozesse (zum Beispiel Bearbeitung, Verwaltung) sowie die Überwachung des Zahlungsverkehrs (inklusive Kontoabstimmung) häufig von der Auftragsbearbeitung abgetrennt und in einer eigenen organisatorischen Einheit (Debitoren- und Kreditorenmanagement) professionell durchgeführt. Dies führt zu beschleunigter Rechnungsstellung, Eingangsüberwachung, zügigerem Mahnwesen und erlaubt es, jederzeit die offenen Forderungen oder den Liquiditätsstatus abzurufen (Liquiditätsmanagement). Auch hier ist eine EDV-Unterstützung unumgänglich und wird u. a. von den Hausbanken unterstützt (zum Beispiel „VR-Butler“ der Volks- und Raiffeisenbanken). Durch den wechselnden Einfluss interner (zum Beispiel Auftragslage, Ressourcen, Angebotsvariation) und externer Faktoren (zum Beispiel Wettbewerb, gesetzliche Vorgaben) und der Stellung des Angebotes im Produktlebenszyklus (vgl. Abschn. 1.2.2) ist die inhaltliche Ausgestaltung der angeführten Funktionen ständig anzupassen.
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Verwaltung/Unterstützungsfunktionen Neben den angeführten sogenannten Primärfunktionen gibt es weitere wichtige Funktionen (Stellen oder Abteilungen) in Unternehmen, welche die genannten Aktivitäten begleiten und unterstützen. Bei größeren Unternehmen werden diese mittels eines Enterprise-Ressource-Planning-System (ERP-System) funktionsübergreifend verknüpft und gesteuert. Rechnungswesen Jedes Unternehmen benötigt ein mehr oder weniger ausgebautes Rechnungswesen, das grundsätzlich die Buchführung (als Grundlage für den Jahresabschluss und die Steuerberechnung) und Kostenrechnung (zur Betriebsabrechnung und Kalkulation) umfasst. Hierbei gibt es gesetzliche größen- und rechtsformabhängige Unterschiede/Vorgaben: Während Kleinunternehmer (Nicht-Kaufleute gemäß HGB), Freiberufler und Land-und Forstwirte gemäß § 4 Punkt 3 EStG in der Regel nur eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) zu erstellen haben, besteht für alle anderen Gesellschafts- und Rechtsformen, die im Handelsregister eingetragen sind, nach §§ 140 ff AO eine Buchführungspflicht mit Bilanz- und GuV-Aufstellung gemäß §§ 266 ff HGB und §§ 275 ff HGB. Bei kleinen Unternehmen wird die Funktionen „Finanzen“ (Liquiditäts-/Kapitalsteuerung) häufig in der Buchhaltungsabteilung ausgeführt. Jeder Geschäftsvorfall ist von der Buchführung von Anfang an vollständig zu erfassen, das heißt anhand der Eigen- oder Fremdbelege (Kunden- und Lieferantenrechnungen, Quittungen, Kontoauszüge, Eigenbelege) zu buchen, wobei wegen der doppelten Buchführung jeder Buchung im Soll eines Kontos eine Buchung im Haben eines anderen Kontos gegenüber steht. Zu den aufzuzeichnenden Geschäftsvorgängen zählen auch die durchgeführten Gründungsmaßnahmen (zum Beispiel Renovierung der Geschäftsräume) und eingebrachten Vermögensgegenstände (zum Beispiel Inventar, Kfz). Die Belege müssen lückenlos durchnummeriert oder nach Datum sortiert sein und dürfen nicht verändert (zum Beispiel durchgestrichen/überschrieben) werden (ggf. sind Stornobuchungen durchzuführen). Sie müssen (je nach Steuerbezug) zwischen drei und zehn Jahren aufbewahrt werden. Das gilt auch für rein elektronische Belege (zum Beispiel Rechnungen als E-Mail-Anhang). Die Buchführungstätigkeiten werden regelmäßig EDV-unterstützt vorgenommen, wobei einschlägige Software (zum Beispiel Lexware Buchhalter), welche die jeweiligen (aktuellen) gesetzlichen Vorschriften berücksichtigt, die meisten Buchungen (nach ggf. manueller Daten-/Belegerfassung und Initiierung) automatisiert durchführt und gleichzeitig Plausibilitätskontrollen vornimmt sowie weitere nützliche Funktionen bietet (zum Beispiel Zahlungsverkehr/Mahnwesen, Jahresabschluss/EÜR-Rechnung, betriebswirtschaftliche Auswertungen). Alternativ kann die Buchführung und die Jahresabschlussarbeiten (oder Teile davon) ausgelagert werden (zum Beispiel an einen Steuerberater), was den/die Gründer entlastet und er/sie vom Know-how des Beraters profitiert (zum Beispiel Jahresabschlusserstellung, Betriebswirtschaftliche Auswertungen/BWA).
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Die Sammlung und Aufbewahrung der Belege verbleibt in der Regel beim Unternehmen (Gründer). Die Kostenrechnung (auch Kosten- und Leistungsrechnung genannt) baut auf der Buchführung auf, deren Daten (Aufwendungen, Erträge) für die Kostenrechnung um weitere, nicht bilanzierungsfähige Posten/Informationen (zum Beispiel kalkulatorischer Unternehmerlohn, kalkulatorische Zinsen, kalkulatorische Abschreibungen) ergänzt werden. Sie wird u. a. in eine Kostenartenrechnung (welche Kosten sind angefallen), Kostenstellenrechnung (wo im Unternehmen sind die Kosten angefallen) und Kostenträgerrechnung (welchem Produkt/Auftrag können die Kosten zugeordnet werden) unterschieden, wie auch (je nach Kostenansatz) in die Voll-, Teil- und Prozesskostenrechnung (bekannt ist hieraus vor allem die Deckungsbeitragsrechnung). Die Kostenrechnung dient insbesondere der Wirtschaftlichkeitskontrolle der Kostenstellen (zum Beispiel Abteilungen) oder des Gesamtbetriebs durch Soll/Ist-Vergleiche, Zeitvergleiche oder Branchenvergleiche sowie der Kalkulation/Nachkalkulation der Kostenträger (Produkte). Hinweis Defizite in der Kostenrechnung/Preiskalkulation zählen zu den häufigsten Ursachen für das Scheitern von Unternehmensgründungen. Zur Deckungsbeitragsrechnung und Produkt-/Preiskalkulation vgl. Abschn. 3.3.
Bei den in der Kostenrechnung aus den Aufwendungen abgeleiteten Kosten wird zwischen „Einzelkosten“ (zum Beispiel Material, Löhne), die den einzelnen Kostenstellen (zum Beispiel Fertigung) oder Kostenträgern (zum Beispiel Produkt, Auftrag) direkt zugerechnet werden können und „Gemeinkosten“ (zum Beispiel Miete, Zinsen, Energie), die den einzelnen Kostenstellen und Kostenträgern nicht direkt zurechenbar sind, unterschieden. Zur Erfassung der Einzelkosten und der Umlage (Zurechnung) von Gemeinkosten auf innerbetriebliche Kostenstellen wird ein sogenannter Betriebsabrechnungsbogen (BAB) herangezogen, mit dem auch Zuschlagssätze für die Selbstkostenkalkulation von Produkten ermittelt werden können. Zu Einzel- und Gemeinkosten vgl. auch Abschn. 3.3. Die Kostenrechnung wird (wie die Buchhaltung) weitgehend EDV-unterstützt durchgeführt, wobei spezialisierte Software (zum Beispiel von SAP) oder (vor allem bei kleinen Unternehmen/Neugründungen) entsprechende Excel-Tools zum Einsatz kommen. Personalwesen Spätestens am Ende der Seed-Phase (siehe Produktlebenszyklus in Abschn. 1.2.2) ist es für Unternehmen angezeigt, sich über Personal bzw. Personalplanung Gedanken zu machen. Neben dem Gründer(-team) und der Geschäftsidee zählen kompetente Mitarbeiter zu den wichtigsten Assets eines Unternehmens. Ein Mangel an geeigneten Mitarbeitern kann die Entwicklung eines Unternehmens empfindlich behindern (zu den notwendigen Eigenschaften eines Gründungsteams, vgl. Abschn. 4.3.3). Personalplanung, -beschaffung, -verwaltung, -einsatzplanung, -entwicklung und -bindung sowie ggf. -freisetzung sind hierbei die wichtigsten Aufgaben (die nachfolgend kurz angerissen werden sollen).
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Gründungsprozess
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Die Personalplanung muss frühzeitig einsetzen und den Leistungs-/Wachstumsprozess des Unternehmens antizipierend begleiten. Wie viele Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen (Anforderungsprofile) werden wo und wann benötigt? Hier spielt der (Arbeits-)Markt eine entscheidende Rolle. Spezifische Anforderungen des Unternehmens treffen ggf. auf ein enges Segment geeigneter Kandidaten. Daher gilt es, rechtzeitig geeignete Akquisitionsmaßnahmen zu planen und durchzuführen, um im Wettbewerb am Arbeitsmarkt erfolgreich bestehen zu können. Zu diesen Maßnahmen zählen Teilnahme (Stand, Vorträge) an Personalmessen mit Einladung ausgewählter Kandidaten, Recruiting-Tage an weiterbildenden Schulen (Mädchen-/Jungentage) und Hochschulen sowie ERecruiting-Maßnahmen wie Werbung in sozialen Netzwerken und in Online Jobbörsen. Aber auch die (Weiter-)Entwicklung des eigenen Personals und die Beschäftigung von freiberuflichen Mitarbeitern, Zeitarbeitnehmern/Leiharbeitern, Teilzeitbeschäftigten, Aushilfen/Minijobbern sowie Praktikanten und Werksstudenten mit befristeten Arbeitsverträgen (Nachwuchsarbeit) zählen zu vorausschauender Personalplanung. Die Personalbeschaffung ist für Gründer/junge Unternehmen besonders schwierig, da das Unternehmen noch keine Reputation am Markt erwerben konnte und die Sicherheit des (neuen) Arbeitsplatzes noch nicht durch entsprechende Erfahrungswerte (Track Record) belegt werden kann. Daher gilt es, die geplanten Maßnahmen (s. oben) rechtzeitig umzusetzen und weitere zu ergreifen (zum Beispiel Stellenanzeigen in Print- und elektronischen Medien, Direktansprache geeigneter Kandidaten, Einschaltung eines Personalberaters/einer Personalagentur oder eines Headhunters, ggf. einer Zeitarbeitsvermittlung). Das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens (USP) kann auch für potenzielle Bewerber ein verlockendes Beschäftigungsziel sein. Die Publikation von Fachbeiträgen oder Vorträge sowie Empfehlungen von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten machen gezielt Fach-/Branchenspezialisten auf das Unternehmen aufmerksam. Das Angebot eines interessanten Arbeitsplatzes bzw. einer spannenden Aufgabe oder aussichtsreicher Entwicklungsmöglichkeiten und/oder eines attraktiven Gehalts sowie ggf. eine Mitarbeiterbeteiligung kann ebenfalls Bewerber anlocken. Nicht zuletzt halten die Arbeitsagenturen Namen und Qualifikationen Arbeit suchender Erwerbsloser vor. Personalverwaltung: Gemeinsam mit den Fachabteilungen werden Anforderungsprofile für die verschiedenen Funktionen/Aufgaben im Unternehmen und darauf abgestimmte Gehaltsstrukturen ausgearbeitet. Diese werden mit den Qualifikationen und Gehaltsvorstellungen der Bewerber abgeglichen und, bei (weitgehender) Übereinstimmung und erfolgversprechenem Vorstellungsgespräch, ein Arbeitsvertrag abgeschlossen (zu diesem siehe „Arbeitsverträge“ in Abschn. 1.5.3.2). Mit der Einstellung ist der Arbeitnehmer (branchenabhängig) sofort oder innerhalb von sechs Wochen bei verschiedenen Behörden zumeist elektronisch anzumelden (zum Beispiel Bundesanstalt für Arbeit in Saarbrücken: diese erteilt eine Betriebsnummer die benötigt wird, um den Mitarbeiter bei der Sozialversicherung anzumelden und für alle Beitragszahlungen und zukünftigen Meldungen, Krankenkasse/Sozialversicherung, falls der neue Mitarbeiter in der Kranken-, Pflege-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung pflichtversichert ist, und Finanzamt), und in die Lohnbuchhaltung aufzunehmen. Falls das Unternehmen die Entgeltabrechnung und Sozialversicherungsmeldungen selbst durchführt, ist dieses vorab beim Finanzamt anzumel-
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den; diese Anmeldung ist nicht erforderlich, wenn die Lohnabrechnung von einem Dritten, beispielsweise einem Steuerberater durchgeführt wird oder der neue Mitarbeiter Minijobber ist und die Lohnsteuer pauschal mit der Minijob-Zentrale abgerechnet wird. Gleichzeitig wird ein Lohnkonto und eine Personalakte mit allen relevanten Unterlagen/Schriftstücken des Mitarbeiters sowie seines Werdegangs im Unternehmen angelegt (zum Beispiel Arbeitsvertrag, Steuernummer/Lohnsteuermerkmale, Sozialversicherungsausweis, Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse, ggf. Aufenthaltsgenehmigung, Zeugnisse, Gehaltsentwicklung, Beförderungen, Fortbildungsveranstaltungen, Mitarbeitergespräche). Hierbei sind einschlägige Vorschriften (zum Beispiel Datenschutz nach dem Bundesdatenschutzgesetz/BDSGneu: persönlich, vertraulich, geheim) zu beachten. Weitere Aufgaben des Personalbereichs: Ist der neue Mitarbeiter gemäß Ausschreibung und Stellenplan eingesetzt, gilt es, diesen möglichst optimal in die formalen und informellen Betriebsabläufe zu integrieren. Die effiziente Zusammenarbeit in flachen Hierarchien ist häufig ein entscheidender Vorteil von neu gegründeten Unternehmen gegenüber alteingesessenen Betrieben. Teamfähigkeit und Flexibilität sind hier oberstes Gebot, weil viele Aufgaben unterschiedliche Qualifikationen und Kompetenzen erfordern, die nur gemeinsam zum angestrebten Ergebnis führen. Da die einzelnen Mitarbeiter in der Regel unterschiedliche (persönliche) Eigenschaften aufweisen und Ziele verfolgen, die nicht immer mit den Team- und Unternehmenszielen übereinstimmen, ist deren abgestimmte Personalführung vonnöten, um eine effiziente Kooperation und Teamgeist zu gewährleisten. Gemeint ist ein situativ angepasstes Führungsverhalten, jenseits von genormten Führungsstilen und Managementkonzepten. Anlassbezogene oder periodische Mitarbeitergespräche dienen dem wechselseitigen Austausch von Eindrücken/Erfahrungen (zum Beispiel Belastung, Leistungsbeurteilung) und Wünschen/Angeboten (zum Beispiel Gehaltserhöhung, Umbesetzung); ihre Ergebnisse sind aufzuzeichnen. Zum anhaltend optimalen Mitarbeitereinsatz gehört als Voraussetzung für einen langen Mitarbeitererhalt im Unternehmen auch der wiederkehrende Abgleich der Mitarbeiterqualifikationen/-Kompetenzen mit den (ggf. geänderten) Anforderungen der Stelle/Aufgaben. Persönliche und/oder fachliche Defizite der Mitarbeiter sind durch interne Schulungen (zum Beispiel Coaching) und/oder externe Fortbildungen zu beseitigen. Erkannte Potenziale sind zu heben und zu fördern. Ggf. sind neue Herausforderungen (Aufgaben/Positionen, Kompetenzen) im Unternehmen oder weitere personalpolitische Maßnahmen (zum Beispiel Mitarbeiterbeteiligung) anzubieten. Laufende Motivations- und leistungsfördernde Maßnahmen (zum Beispiel Incentive-Veranstaltungen, Angebot geldwerter Vorteile) stärken darüber hinaus die Einsatzbereitschaft und Identifikation der Mitarbeiter für das Unternehmen. Sollte aufgrund unternehmensinterner Umstände (zum Beispiel dramatisch verschlechterte Auftragslage) oder Ursachen, die beim Mitarbeiter liegen (zum Beispiel anhaltend unzureichende Leistung, Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot), ein Personalabbau ins Auge gefasst werden, und sind andere Maßnahmen wie Überstundenabbau, Kurzarbeit, Teilzeitbeschäftigung, Mitarbeiterumbesetzung/Aufgabenumverteilung, Mitarbeitergespräche/persönliches Coaching nicht (mehr) möglich oder führten nicht zu dem
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gewünschten/benötigten Erfolg, so bleibt nur, eine Personalfreistellung durchzuführen (wobei beide Seiten ordentlich oder ggf. außerordentlich kündigen können). Hierbei sind die einschlägigen Bestimmungen vor allem des BGB und von Spezialgesetzen zu beachten: Eine ordentliche Kündigung muss in Schriftform (nicht elektronisch, wie zum Beispiel E-Mail!) vorliegen bzw. zugegangen sein und setzt eine Kündigungsfrist von mindestens vier Wochen voraus. Dauerte das Arbeitsverhältnis länger als fünf Jahre, verlängert sich die Kündigungsfrist mit der Betriebszugehörigkeit bis auf sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats (bei 20 Jahren Betriebszugehörigkeit), wobei Zeiten vor Beendigung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers nicht berücksichtigt werden. Bei Kündigung durch den Arbeitnehmer darf die vereinbarte Kündigungsfrist nicht länger als die jeweils vorgenannten Fristen sein. Auf weitere notwendige Unterstützungsfunktionen, die bei Unternehmensgründungen in der Regel anfänglich vom Gründer(-team) selbst (ggf. mit Hilfskräften), später nach und nach etabliert und/oder teilweise von Dritten (Outsourcing) wahrgenommen werden, sei nur in Stichworten hingewiesen: Allgemeine Verwaltung (Sicherheit, Gebäudemanagement/Technik, IT/EDV, Versorgung, Versicherungen, Recht, Finanzen), Forschung & Entwicklung (F&E; Entwicklung und Patentierung marktfähiger Produkte), Kundenbetreuung, wenn nicht in den Verkauf integriert (inkl. Forderungsmanagement: u. a. Zahlungseingänge/Mahnwesen, Reklamationen), Organisation (Anpassungen an geänderte Situationen). Hinweis Abhängig vom Unternehmen (Alter, Größe, Branche usw.) weicht die Funktionenzuordnung eventuell von der dargestellten ab (zum Beispiel eigenständige Rechtsabteilung, Kundenbetreuung durch den Verkauf, Organisation und Personal sind der Geschäftsführung (Gründer) oder Verwaltung zugeordnet, keine F&E-Abteilung insbesondere beim Handel).
1.5.3.2 Rechtliche Aspekte der Unternehmensgründung Gesellschafts- und Rechtsformen Ein wesentlicher Schritt im Rahmen der Existenzgründung ist die Wahl der Gesellschaftsund Rechtsform, da diese erhebliche finanzielle, steuerliche und rechtliche Auswirkungen haben. Deshalb ist es für Gründer von besonderer Relevanz, hierzu einen rechtskundigen Berater zu konsultieren. Die anfänglich gewählte Form kann jedoch später bei geänderten Anforderungen und zunehmender Unternehmensgröße gewechselt werden (hohe Kosten!), wobei einschlägige Vorschriften, vor allem das Umwandlungsgesetz (UmwG) und das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG), zu beachten sind. Die meisten der nachfolgend genannten Rechtsformen unterliegen Vorschriften des BGB (GbR), HGB (Einzelkaufmann, OHG, KG) und/oder Spezialgesetzen (zum Beispiel PartGG, GmbHG, AktG). Zu den wichtigsten Auswahlkriterien zählen die (Mindest-)Anzahl der Gründer, die Haftung (und damit das Risiko des Gründers/Unternehmers), das vorgeschriebene Mindestkapital und (einkommen-)steuerliche Aspekte. Aber auch Gründungs- und Verwal-
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tungsaufwendungen, Geschäftsführungsbefugnisse oder die Gewinnverteilung spielen bei der Auswahl eine Rolle. Eingeschränkt wird die Wahlfreiheit u. a. durch die Form der Tätigkeit. Beispielsweise sind Ärzte und Steuerberater per Gesetz freiberuflich Tätige, während Händler und Hersteller von Produkten in der Regel Gewerbetreibende (eventuell Kleingewerbetreibende) sind. Einschränkungen gibt es auch für bestimmte Branchen (zum Beispiel Versicherungen, Apotheken). Dazu nachstehend mehr. Hinweis Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und zahlreiche IHKs, spezialisierte Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzleien, Hochschulen sowie Gründerplattformen bieten Checklisten zur Rechtsformwahl und damit zusammenhängenden Fragen über das Internet an.
Formen selbstständiger Tätigkeit Freie Berufe: Selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten werden gemäß § 18 EStG als freie Berufe bezeichnet. Im gleichen Gesetz erfolgt eine Aufzählung von freien Berufen (sogenannte Katalogberufe wie Ärzte, Steuerberater, Rechtsanwälte). Aber auch ähnliche Tätigkeiten wie diese (zum Beispiel Unternehmensberater, Apotheker, Altenpfleger) können freiberuflich ausgeübt werden. Das zeigt auf, dass die meisten freiberuflichen Tätigkeiten (branchenabhängig) eine weiterführende Ausbildung mit einem höheren akademischen oder künstlerischen Qualitätsanspruch voraussetzen (zum Beispiel Universitätsabschluss). Als selbstständiger Unternehmer kann der Freiberufler Hilfskräfte beschäftigen. Als Form des Zusammenschlusses bieten sich für Freiberufler die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) an. Hinweis Im Unterschied zu Gewerbetreibenden unterliegen freiberuflich Tätige nicht der Gewerbesteuer.
Zu Problemen führt immer wieder die Abgrenzung zur sogenannten Scheinselbstständigkeit, die von Behörden und Sozialversicherungsträgern vor allem bei freiberuflich tätigen Mitarbeitern und Einzelunternehmern mit einem oder wenigen Auftraggebern häufig vermutet/unterstellt wird. Dies hat zur Konsequenz, dass Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer (ggf. nach) zu zahlen sind. Hinweis Selbstständige sind in der Regel nicht sozialversicherungspflichtig.
Als Arbeitnehmer gilt laut Gesetz (BGB) jeder, der „aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist“. Merkmale der persönlichen Abhängigkeit (und in diesem Zusammenhang der Scheinselbstständigkeit) sind demnach insbesondere die Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Arbeitgebers (keine freie Orts- und Zeiteinteilung) sowie die Bindung an dessen Weisungen.
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Im Zweifelsfall kann vom Freiberufler/Einzelunternehmer auf Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine verbindliche Klärung der Statusfrage erreicht werden. Im Vordergrund dieser Prüfung bezüglich einer selbstständigen Tätigkeit steht der Grad der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit und inwiefern ein unternehmerisches Risiko getragen, unternehmerische Chancen wahrgenommen und hierfür ggf. Eigenwerbung betrieben wird. Typische Merkmale unternehmerischen Handelns sind die Erbringung von Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sowie die eigenständige Entscheidung über Preise, Personal, freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit, eigene Betriebsstätte und Arbeitsmittel, Einsatz von eigenem Kapital, eigene Kundenakquisition und Werbung. Ähnliche Fragen stellen sich in dem Fall, in dem ein Auftraggeber und ein Auftragnehmer formell einen Dienst- oder Werkvertrag schließen, der durch Arbeitnehmer des Auftragnehmers erfüllt werden soll, de facto aber eine erlaubnispflichtige Überlassung der Arbeitnehmer des Auftragnehmers an den Auftraggeber erfolgt (Leiharbeit). Gewerbliche Tätigkeit Das Gesetz versteht unter gewerblicher Tätigkeit jede selbstständige (nicht weisungsgebundene), nachhaltige (auf Dauer angelegte) und mit Gewinnerzielungsabsicht (im Zweifel nachzuweisen!) ausgeübte Tätigkeit, die (mit wenigen Ausnahmen wie Land- und Forstwirtschaft) nicht zu den freiberuflichen Tätigkeiten gehört. Darunter fallen demnach die meisten Handwerks-, Handels- und Produktionsbetriebe sowie viele Dienstleistungsunternehmen und Gaststättenbetriebe. Hinweis Alle gewerblich tätigen Unternehmen unterliegen der Gewerbesteuer (Gewerbeertragsteuer), unabhängig von der Rechtsform.
Schwierigkeiten bereitet bisweilen die Abgrenzung freiberuflicher zu gewerblicher Tätigkeit. Klassische Beispiele hierfür sind Verkaufstätigkeiten durch Freiberufler; werden diese nicht in eine eigene (gewerbliche) Gesellschaft ausgelagert, so wird die gesamte Tätigkeit in der Regel als gewerbliche Tätigkeit klassifiziert. Ähnliche Probleme können auch für Gartenbaubetriebe (Urproduktion) entstehen. Ein Kleingewerbe ist nach HGB-Definition ein Unternehmen, das keinen nach Art oder Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (das können nur natürliche Personen und Gesellschaften bürgerlichen Rechts sein). Kleingewerbetreibende sind demnach kein Kaufmann im Sinne dieses Gesetzes und genießen handels- und steuerrechtliche Privilegien (zum Beispiel Gewinnerermittlung mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung, unter Umständen Ausnahme von der Umsatzsteuer). Sie unterliegen jedoch den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie den Steuervorschriften. Ihre materielle Bestimmung erfolgt nach unterschiedlichen Kriterien wie zum Beispiel (branchenabhängige) Unternehmensgröße/Umfang der Geschäftstätigkeit und Art des Unternehmens.
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Gesellschaftsformen Personengesellschaften Schließen sich zwei oder mehr (natürliche und/oder juristische) Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Unternehmenszwecks zusammen, entsteht automatisch eine Personengesellschaft. Bei Ausscheiden eines Gesellschafters endet in der Regel die Gesellschaft (ggf. abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag). Sie ist keine juristische Person wie die nachstehenden Kapitalgesellschaften, kann aber trotzdem Träger von Rechten und Pflichten sein. Im Unterschied zu den Kapitalgesellschaften haften die Gesellschafter von Personengesellschaften in der Regel unbeschränkt mit dem Gesellschaftsvermögen und ihrem Privatvermögen (Ausnahmen: Kommanditisten haften nur bis zur Höhe ihrer Einlage, Sonderregelung für Partner bei Berufsfehlern). Zu ihnen zählen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) sowie die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) und die GmbH & Co. KG. Auf die für aktive Existenzgründungen ungeeignete stille Gesellschaft wird hier nicht eingegangen. Sie wird aber im Rahmen der Finanzierung als alternative Finanzierungsquelle angesprochen (siehe Abschn. 2.3.5). Kapitalgesellschaften Eine Kapitalgesellschaft wird ebenfalls aus dem Zusammenschluss mehrerer Personen zur Realisierung eines Unternehmenszwecks gebildet. Im Gegensatz zu den Personengesellschaften ist sie eine selbstständige juristische Person (rechtliche Selbstständigkeit der Gesellschaft) und für die Gesellschafter haftungsbeschränkt auf ihre Einlage/Anteile (Haftung des Gesellschaftsvermögens, deshalb Mindestkapitalanforderungen). Der Wechsel (zum Beispiel Ausscheiden) von Gesellschaftern ändert nichts am Status der Gesellschaft. Zu ihnen zählen insbesondere die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) bzw. (UG haftungsbeschränkt) und die Aktiengesellschaft (AG). Rechtsformen Nachfolgend werden die gängigsten Rechtsformen für Gründer mit Angabe der genannten (Auswahl-)Kriterien aufgeführt. Einzelunternehmen Anzahl Gründer: einer Haftung: unbeschränkte (volle) Haftung mit Geschäfts- und Privatvermögen Kapital: kein gesetzliches Mindestkapital/keine Mindesteinzahlung (aber: Investitionskapitalbedarf) Steuern: Einkommensteuern auf den Gewinn bezahlt nur der Eigentümer (nicht die Gesellschaft) Sonstiges: Wenige gesetzliche Vorgaben, für Freiberufler und (Klein-)Gewerbe geeignet (Freibetrag bei Gewerbesteuer), Unternehmen beginnt mit Geschäftseröffnung oder
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Anmeldung zu existieren (geringer Gründungsaufwand), Gründer ist (alleiniger) Geschäftsführer, Vor- und Zunahme des Gründers zwingend in der Geschäftsbezeichnung (in der Regel kein Handelsregistereintrag, ausgenommen Gewerbebetriebe, die nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb gemäß § 1 HGB erfordern). Oben stehende Ausführungen gelten grundsätzlich auch für (in das Handelsregister eingetragene) Einzelkaufmann/frau „e. K.“ (auch e. Kfr. und e. Kfm. sind möglich), der/die allerdings unabhängig vom Namen eine Firmenbezeichnung führen darf. Zu weiteren Kaufmannsbegriffen wird hier auf das HGB §§ 1 bis 6 verwiesen. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Anzahl Gründer: mindestens zwei Haftung: Gesamtschuldnerische Haftung; Haftung mit Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter Kapital: kein gesetzliches Mindestkapital/keine Mindesteinzahlung Steuern: Jeder Gesellschafter wird wie ein Einzelunternehmer (s. oben) behandelt, der Gewinnanteil ist zu versteuern. Sonstiges: Formlose Gründung (möglichst schriftlicher Gesellschaftsvertrag) zur Erreichung gemeinsamer Ziele, hoher Gestaltungsspielraum, keine Eintragung in das Handelsregister, vertragsabhängige Befugnisse (zum Beispiel Geschäftsführung) und Gewinnanteile (laut BGB gleiche Anteile) der Gesellschafter, weil das Gesellschaftsvermögen allen Gesellschaftern gemeinsam zusteht (Gesamthandvermögen) sind Entnahmen nicht möglich, betreibt sie ein Handelsgewerbe gemäß HGB wird sie automatisch zur OHG. Für jede Geschäftspartnerschaft (auch Teamgründungen/Sozietäten und zeitlich begrenzte Arbeitsgemeinschaften) geeignet (zum Beispiel freie Berufe, Gewerbe/Kleingewerbe), setzt hohes Vertrauensverhältnis voraus. Hinweis Da diese Gesellschaft im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 705 bis 740 BGB) geregelt wird, nennt man sie auch BGB-Gesellschaft.
Offene Handelsgesellschaft (OHG) Anzahl Gründer: mindestens zwei Haftung: Gesamtschuldnerische Haftung; Haftung mit Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter Kapital: kein gesetzliches Mindestkapital/keine Mindesteinzahlung (auch Sachmittel) Steuern: Jeder Gesellschafter wird wie ein Einzelunternehmer (s. oben) behandelt, der Gewinnanteil ist zu versteuern.
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Sonstiges: Gründung eines Handelsgewerbes gemäß HGB durch (flexibel gestaltbaren) Gesellschaftsvertrag und Eintragung in das Handelsregister (Notar), Buchführungspflichten, hohe Kreditwürdigkeit wegen Vollhaftung, Einzelvertretung der Gesellschafter oder Geschäftsführer (Tagesgeschäft), Gewinnverteilung gemäß Gesellschaftsvertrag (ansonsten laut HGB: vier Prozent des Kapitalanteils, Rest nach Köpfen). Die Obergrenze an Gesellschaftern ist gesetzlich nicht begrenzt, unterliegt aber verwaltungstechnischen Beschränkungen (Wahl eines oder mehrerer Geschäftsführer). Partnerschaftsgesellschaft (PartG) Anzahl Gründer: mindestens zwei Haftung: Gesamtschuldnerische Haftung; Haftung mit Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter (Sonderregelung zur Haftung der Gesellschafter bei beruflichen Fehlern) Kapital: kein gesetzliches Mindestkapital/keine Mindesteinzahlung Steuern: Jeder Gesellschafter (Partner) wird wie ein Einzelunternehmer (s. oben) behandelt, der Gewinnanteil ist zu versteuern. Sonstiges: Nur für freie Berufe zulässig (abhängig vom Berufsrecht), trotz Kooperation eigenverantwortliches Handeln, Eintragung in das Partnerschaftsregister (Amtsgericht). Kommanditgesellschaft (KG) Anzahl Gründer: mindestens zwei Haftung: Komplementäre (persönlich haftende Gesellschafter) haften unbeschränkt, auch mit dem Privatvermögen; Kommanditisten (nur) in Höhe ihrer Einlage (Achtung bei Gründung: vor Eintragung in das Handelsregister: Vollhaftung der Kommanditisten). Kapital: kein gesetzliches Mindestkapital/keine Mindesteinzahlung, aber Einlage der Kommanditisten (in beliebiger Höhe) Steuern: Jeder Gesellschafter wird wie ein Einzelunternehmer (s. oben) behandelt, der Gewinnanteil ist zu versteuern. Sonstiges: Zwei Arten von Gesellschaftern: mindestens ein Komplementär und ein Kommanditist. Der Komplementär führt die Geschäfte allein, Kommanditisten sind nur finanziell an der Gesellschaft beteiligt und erhalten Gewinnanteil; Gesellschaftsvertrag, Eintragung in das Handelsregister (Notar), Gewinnverteilung gemäß Gesellschaftsvertrag (ansonsten laut HGB: vier Prozent des Kapitalanteils, Rest: „angemessenes Verhältnis“). Für Gründer (D Komplementäre), die weitgehend unabhängig bleiben wollen, aber zusätzliches Kapital (Kommanditisten) benötigen.
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Hinweis Bei der hier nicht näher ausgeführten „Kommanditgesellschaft auf Aktien“ (KGaA) haftet der Komplementär persönlich und unbeschränkt, die Kommanditisten/Kommandit-Aktionäre nur mit ihrer Einlage (D Aktien). Der Komplementär kann auch eine GmbH sein: GmbH & Co KGaA.
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Anzahl Gründer: mindestens einer Haftung: Nur mit dem Gesellschaftsvermögen der GmbH, in der Regel keine persönliche Haftung der Gesellschafter (Achtung bei Gründung: vor Eintragung in das Handelsregister: noch keine Haftungsbeschränkung), ggf. persönliche Haftung des Geschäftsführers Kapital: Mindeststammkapital 25 000 C; bei Gründung: Mindesteinzahlung 12 500 C. An Stelle der Einzahlung eines Geldbetrages kann im Vertrag die Erbringung einer Sacheinlage vereinbart werden. Steuern: Gewinne einer GmbH (Kapitalgesellschaft) unterliegen der Körperschaftsteuer (zurzeit 15 % plus 5,5 % Solidaritätszuschlag auf die KSt), wobei die Geschäftsführergehälter als Betriebsausgabe abgesetzt werden können (Vorsicht wegen Gefahr verdeckter Gewinnausschüttung!), die Ausschüttungen unterliegen bei den Gesellschaftern in der Regel der Kapitalertrag-/Abgeltungsteuer (C Soli). Sonstiges: Organe: Gesellschafterversammlung und von dieser bestellter Geschäftsführer (Aufsichtsrat nur bei über 500 Mitarbeitern), Geschäftsführung durch Gesellschafter oder Fremdgeschäftsführer, neben der Haftungsbeschränkung eventuell steuerliche Vorteile für die Gesellschafter aber auch Nachschusspflicht möglich, aufwendige Gründungsformalitäten mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag, Eintragung der Firma (Firmenname), der Gesellschafter, des Tätigkeitsgebiets und der Stammeinlage in das Handelsregister, auch die Übertragung von Anteilen ist eintragungspflichtig (kein organisierter Markt für GmbH-Anteile!), höhere Anforderungen zu Buchführung/Jahresabschluss als bei Personengesellschaften, für Kleingesellschaften bestehen Erleichterungen bei der Aufstellung des Jahresabschlusses. Für Gründer die nicht die volle Haftung (Privatvermögen) übernehmen wollen (allerdings beschränkte Kreditwürdigkeit; private Sicherheiten der Gesellschafter). Sie ist die in Deutschland gängigste Kapitalgesellschaft (eigene Rechtspersönlichkeit). Sonderform: Ein-Personen-GmbH; Einzelunternehmer mit beschränkter Haftung; bei Gründung hat der Alleingründer in Höhe des nicht sofort geleisteten Teils einer Bareinlage eine Sicherheit zugunsten der GmbH zu leisten. Er kann Angestellter im eigenen Unternehmen sein (Steuervorteil!).
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Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)/(UG haftungsbeschränkt) Anzahl Gründer: mindestens einer Haftung: Nur mit dem Gesellschaftsvermögen der UG Kapital: Bei Gründung Mindeststammkapital; Mindesteinzahlung in Höhe von einem Euro; muss nach und nach aus den Jahresüberschüssen zum vollen GmbH-Stammkapital angespart werden (aber: ggf. bereits anfänglich Investitionskapitalbedarf), keine Sacheinlagen möglich. Steuern: wie GmbH (s. oben) Sonstiges: auch „kleine GmbH“ genannt; einfachere Gründungsformalitäten für diese kleine Kapitalgesellschaft durch Musterprotokoll bei bis zu drei Gründern/Gesellschaftern (aber Eintragung in das Handelsregister und sonstige Anforderungen wie GmbH). Für Gründer kleiner Unternehmen geeignet, die anfänglich keinen hohen Kapitalbedarf haben und nicht die volle Haftung (Privatvermögen) übernehmen wollen (allerdings beschränkte Kreditwürdigkeit; private Sicherheiten der Gesellschafter) Hinweis Die UG ersetzt in Deutschland zunehmend die ebenfalls zulässige Rechtsform der „Limited Liability Partnership“ (LLP oder kurz Ltd.), bei der die Haftung aller Partner (Gesellschafter) begrenzt ist, Registrierungspflicht in Großbritannien.
GmbH & Co. KG Anzahl Gründer: mindestens zwei Haftung: Nur die GmbH haftet als Komplementär mit ihrem Gesellschaftsvermögen, das heißt, die Haftung der Gesellschafter ist (wie bei der GmbH) auf ihre Einlage/Anteile beschränkt; ggf. persönliche Haftung des Geschäftsführers. Kapital: Für die KG ist kein Mindestkapital/Mindesteinzahlung vorgeschrieben; aber GmbH: Mindeststammkapital 25 000 C und Kommanditeinlagen der Kommanditisten (in beliebiger Höhe). Steuern: Jeder Gesellschafter wird wie ein Einzelunternehmer behandelt, der Gewinnanteil ist zu versteuern. Sonstiges: Die Kommanditgesellschaft hat eine GmbH als voll haftende Gesellschafterin (Komplementärin), die Kommanditisten sind in der Regel auch Gesellschafter der GmbH (die bei Eintragung der GmbH & Co KG bereits existieren muss), die Entscheidungsbefugnis liegt bei der GmbH bzw. deren Geschäftsführer, ggf. im Gesellschaftsvertrag abweichend geregelt, Handelsregistereintrag (Notar). Für Gründer, die nicht die volle Haftung (Privatvermögen) übernehmen, aber die Vorteile/Flexibilität einer Personengesellschaft nutzen wollen (allerdings beschränkte Kreditwürdigkeit; private Sicherheiten der Gesellschafter).
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Aktiengesellschaft (AG) Anzahl Gründer: mindestens einer Haftung: Nur mit dem Gesellschaftsvermögen der AG (Achtung bei Gründung: vor Eintragung in das Handelsregister noch keine Haftungsbeschränkung), ggf. persönliche Haftung des Vorstandes für Pflichtverletzungen (in der Regel durch D&O-Versicherung abgedeckt). Kapital: Mindestgrundkapital 50 000 C (in Aktien aufgeteilt); Einzahlung mindestens 25 % in bar (bei Sachgründung 100 %) Steuern: Gewinne einer AG unterliegen der Körperschaftsteuer (zurzeit 15 % plus Solidaritätszuschlag), wobei die Vorstandsgehälter als Betriebsausgabe abgesetzt werden können, (die Ausschüttungen unterliegen bei den Aktionären in der Regel der Kapitalertrag- bzw. Abgeltungsteuer C Solidaritätszuschlag). Sonstiges: Organe; Hauptversammlung der Aktionäre (Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats, Beschluss der Gewinnverteilung, Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat), Vorstand (Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft nach außen), Aufsichtsrat (bestellt, berät und überwacht den Vorstand), der Gründer/Unternehmer kann alleiniger Aktionär und Vorstand sein, seine Entscheidungsfreiheit ist durch den Aufsichtsrat, die Satzung und den Vorgaben des AktG beschränkt, grundsätzlich einfache Übertragung der Anteile (zum Beispiel Börse), unterschiedliche Aktiengattungen (zum Beispiel Stimmrechts- oder Übertragungsbeschränkungen). Für Gründer und Unternehmer, die größere Kapitalvolumina benötigen und sich die Möglichkeit weiterer Kapitalzufuhr offen halten wollen; Anteile können an Anleger, Mitarbeiter und Kunden ausgegeben und diese so zu Aktionären (Unternehmensbindung!) gemacht werden. Sonderformen der Aktiengesellschaft Kleine AG Soll die Gründung einer AG mit einem begrenzten Anlegerkreis (beispielsweise das Existenzgründerteam oder die Umwandlung einer Familiengesellschaft) erfolgen (und erst später der Gang an die Börse zur Verbreiterung der Kapitalbasis), bietet sich die „Kleine AG“ oder „Ein-Personen-AG“ als Rechtsform an. Der Gründer/Unternehmer kann alleiniger Aktionär und Vorstand sein, seine Entscheidungsfreiheit ist durch den Aufsichtsrat (mindestens drei Mitglieder), die Satzung und die Vorgaben des AktG beschränkt. Bei ihr gelten grundsätzlich die gleichen gesetzlichen Vorgaben wie bei der AG (zum Beispiel Mindestkapital). Allerdings bestehen hier einige Erleichterungen wie zum Beispiel keine Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat bei weniger als 500 Mitarbeitern, größere Autonomie bei der Gewinnverwendung, geringere Publizitätspflichten und einfachere Formalitäten im Zusammenhang mit Hauptversammlungen bei bekanntem Aktionärskreis.
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Hinweis Bei Einpersonengründung besteht Sicherungspflicht des Mindestkapitals (zum Beispiel: Bankbürgschaft).
Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea/SE) Die Europa AG ist eine Aktiengesellschaft europäischen Rechts, auf die ergänzend das nationale Recht desjenigen Staates anzuwenden ist, in dem sie ihren Sitz hat. Deshalb unterliegt beispielsweise eine SE mit Sitz in Deutschland in erster Linie europäischem und in zweiter Linie dem deutschen Aktienrecht. Das ermöglicht europaweite Holdingstrukturen mit nationalen Niederlassungen/Betriebsstätten unter weitgehend einheitlichen rechtlichen Grundsätzen. Neben vielen Gemeinsamkeiten mit der deutschen Aktiengesellschaft weist die Europa-AG einige Besonderheiten/Abweichungen auf. Ihr Mindestkapital beträgt 120 000 C, sie muss ihren Sitz in einem Staat der EU oder des EWR haben, bei der Geschäftsführung führt entweder der Vorstand die Geschäfte und wird vom Aufsichtsrat kontrolliert (wie in Deutschland) oder ein Verwaltungsrat übernimmt die Leitung der SE in eigener Verantwortung (nach anglo-amerikanischem Modell); für die Führung der laufenden Geschäfte sowie für die Vertretung der SE muss er geschäftsführende Direktoren bestellen. Eingetragene Genossenschaft (eG) Anzahl Gründer: mindestens drei Haftung: Genossenschaft haftet mit ihrem Vermögen; die Mitglieder nur in Höhe ihrer Genossenschaftseinlage; ggf. Nachschusspflicht gemäß Satzung Kapital: kein Mindestkapital vorgeschrieben (Satzung der Genossenschaft kann anderes bestimmen), besteht aus den Mitgliedereinlagen und thesaurierten Gewinnen Steuern: Die Genossenschaft ist als juristische Person selbst körperschaftsteuerpflichtig (zurzeit 15 % auf den Gewinn plus den Solidaritätszuschlag), die Ausschüttungen an die Mitglieder (natürliche Personen) unterliegen in der Regel der Kapitalertrag-/Abgeltungsteuer (C Solidaritätszuschlag), Abweichungen bei Betriebsvermögen und juristischen Personen (Vorsicht wegen Gefahr verdeckter Gewinnausschüttung!). Sonstiges: Die eG liegt als Rechtsform zwischen der Personen- und der Kapitalgesellschaft; Zwangsmitgliedschaft der Genossen mit dem Ziel, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb (Genossenschaft) kooperativ zu fördern (keine explizite Gewinnmaximierung!); jedes Mitglied hat unabhängig von seiner Einlage eine Stimme in der Generalversammlung der Genossenschaft, Eintragung der Mitgliedschaft in das Genossenschaftsregister, weiter Gestaltungsspielraum der Satzung (durch Bestimmungen des GenG begrenzt), bei sehr großen Genossenschaften: Wahl einer limitierten Vertreterversammlung. Eine Genossenschaft kann für Gründungsteams geeignet sein, dient aber in erster Linie als Kooperationsmodell für mittelständische Unternehmen (zum Beispiel Wohnungsbaugenossenschaften) und Bürgerinitiativen (zum Beispiel Energiegenossenschaften).
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Rechtliche Voraussetzungen für Unternehmensgründungen und Geschäftsbetrieb Im Rahmen der Unternehmensgründung oder -übernahme und dem nachfolgenden Betrieb (zum Beispiel bei Rechtsformänderungen) bis hin zur Betriebsaufgabe sind zahlreiche Anzeige-, Anmeldungs-, Zulassungs-, Registrierungs- und/oder Sachkundenachweispflichten zu beachten, die von Branche zu Branche und ggf. von Bundesland zu Bundesland variieren können. In diesem Zusammenhang sind auch zahlreiche rechtliche und bürokratische Anforderungen zu erfüllen sowie Verträge und Vereinbarungen zu formulieren bzw. abzuschließen, bei denen rechtlicher Beistand empfehlenswert oder erforderlich ist. Infolge der großen Bandbreite der angeführten Anforderungen kann hier nur ein Auszug wesentlicher Vorschriften und Konventionen wiedergegeben werden: Jede gewerbliche Tätigkeit ist gemäß Gewerbeordnung beim zuständigen Gewerbeamt (Stadt- oder Gemeindeverwaltung) anzumelden; das Amt informiert die maßgeblichen Kammern (Handel oder Handwerk), Berufsgenossenschaften (siehe nachstehend) und das Finanzamt, welche mit ihren Anforderungen auf das Unternehmen zukommen (zum Beispiel Fragebogen zum Betrieb und voraussichtlichen Umsatz, Vergabe einer Steuernummer und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (u.a. für Rechnungen erforderlich), ggf. Vorgaben zur Lohnsteueranmeldung der Mitarbeiter). Für verschiedene Gewerbearten besteht darüber hinaus eine Zulassungspflicht (siehe nachfolgend). Handelskammern, genauer Industrie- und Handelskammern (IHK) sind die Interessenvertretungen (Lobbyisten) ihrer kaufmännischen und gewerblich/industriellen (Pflicht-)Mitglieder; die deutschen IHKs sind regional organisiert (zum Beispiel IHK Köln), mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) an der Spitze. Sie sind in der Berufsbildung und als Prüfungsinstanzen aktiv. Handwerkskammern sind die Selbstverwaltungsinstitution des deutschen Handwerks (alle rund eine Million deutsche Handwerksbetriebe sind Pflichtmitglieder). Sie sind nach Kammerbezirken regional organisiert (zum Beispiel Handwerkskammer Köln). Sie sind in der Berufsausbildung tätig und führen die Handwerksrolle gemäß Handwerksordnung (Anlage A: Aufzählung zulassungspflichtiger Handwerke (Meisterprüfungspflicht), Anlage B: Nennung zulassungsfreier und handwerksähnlicher Gewerbe). Da bei der zuständigen Berufsgenossenschaft als Träger der sozialen Unfallversicherung Anzeigepflicht besteht, sollte diese auch vom Gründer informiert werden. Die Versicherung ist (branchenabhängig) freiwillig oder obligatorisch. Handelsregister: Das Handelsregister (HR) ist ein öffentliches Verzeichnis, das Eintragungen über die eingetragenen Kaufleute/Unternehmen im Bezirk des zuständigen Registergerichts (in der Regel Amtsgericht) führt. Es enthält elektronisch gespeicherte und von jedermann abfragbare Informationen über wesentliche rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse von eingetragenen Kaufleuten und Unternehmen wie Firma, Sitz, Gegenstand des Unternehmens, vertretungsberechtigte Personen (Vorstand, Geschäftsführer, Prokuristen, Inhaber, persönlich haftende Gesellschafter), Rechtsform des Unternehmens, Grund-/Stammkapital, Kommanditisten, Mitglieder, Insolvenzverfahren, und ggf. Auflösung.
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Einzutragen sind gemäß HGB alle Kapitalgesellschaften und von natürlichen Personen oder einer Personengesellschaft betriebene Unternehmen, wenn diese nach Art und Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordern (ausgenommen sind sogenannte Kleingewerbetreibende, die zwar ein Gewerbe ausüben, aber nicht den HGB-Regelungen für Kaufleute unterliegen). Das Handelsregister besteht aus zwei Abteilungen: Abteilung A für Einzelkaufleute, die in § 33 HGB bezeichneten juristischen Personen sowie die offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und die Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigungen. In die Abteilung B werden Aktiengesellschaften, SE, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit eingetragen. Die Eintragung des Unternehmens in das Handelsregister muss durch einen Notar erfolgen (Prüfung durch die Handelskammer); Vor- und Zuname des Gründers/Unternehmers und der Name des Unternehmens (Firma) sind außerdem für den Geschäftsverkehr sichtbar bekannt zu machen. Freiberuflich Tätige (zum Beispiel Heilberufe) und Land-/Forstwirte müssen sich (nur) beim Finanzamt anmelden (keine Gewerbeanmeldung, keine Eintragung in das Handelsregister). Arbeitnehmer sind bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzumelden, die dem Arbeitgeber eine Betriebsnummer für den Versicherungsnachweis der Mitarbeiter erteilt. Nach Aufnahme der Tätigkeit ist deren Anmeldung bei der Krankenkasse und Sozialversicherung vorzunehmen (zu privaten und betrieblichen Versicherungen siehe nachfolgend). Für manche Selbstständige/Branchen gilt eine Sozialversicherungspflicht (zum Beispiel Künstler und Journalisten). Für ausgewählte Branchen bestehen Anzeigepflicht, Kammerpflicht, Genehmigungserfordernis und/oder besondere Zulassungsvoraussetzungen wie Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, Sachkundenachweis, Berufshaftpflichtversicherung und/oder Registrierungspflichten. Branchenbeispiele Ein Groß- und Einzelhandel kann weitgehend ohne besondere Erlaubnis durchgeführt werden (Gewerbefreiheit). Ausnahmen bestehen für einige Branchen wie etwa Apotheken oder Gebrauchtwaren. In einigen Sparten wie Lebensmittel und im Internethandel sind besondere Vorschriften zu beachten (Lebensmittelhygiene und -informationsverordnung sowie Telemediengesetz, Widerrufsrecht/Daten- und Verbraucherschutz). Hinweis Der hier angeführte „Handel“ darf nicht mit dem in § 1 Abs. 2 HGB definierten „Handelsgewerbe“ verwechselt werden, das jeden Gewerbebetrieb erfasst, der einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (also auch Produktions- und größere Handwerksbetriebe).
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Gründungsprozess
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Deren Betreiber („Kaufmann“) unterliegt im Geschäftsleben in Abgrenzung/Abweichung vom Verbraucher einigen besonderen Vorschriften nach BGB und HGB wie Buchführungspflicht, Produkthaftung (bei unbekanntem Hersteller), Fälligkeitszinsen, Verjährungsfrist und die Beachtung geschäftsüblicher Usancen (zum Beispiel Mängelrügen).
Produktionsbetriebe werden von Gründern meist errichtet/erworben, um Innovationen und technische Neuheiten zu entwickeln/realisieren. Hier gilt es, Bau- und Flächennutzungspläne sowie Emissionsschutzbestimmungen zu berücksichtigen. Auch Patentfragen und Markenrechte sind zu beachten. Handwerk (allgemein): Wer selbstständig ein Handwerk ausüben will, muss neben der Anmeldung beim Gewerbeamt, der Berufsgenossenschaft und der Krankenkasse, (ggf. auch im Handelsregister) gemäß Handwerksordnung in die Handwerksrolle bei der zuständigen Handwerkskammer eingetragen werden (s. oben). In der Anlage A der Handwerksordnung werden die 41 Berufe aufgezählt, für die eine Meisterprüfung erforderlich ist; in der Anlage B jene 53 Tätigkeiten, für die keine Meisterprüfung vorgeschrieben ist, die aber bei der Handwerkskammer anzuzeigen sind. Ein Handwerk kann nur als sogenanntes stehendes Gewerbe ausgeübt werden (kein Reisegewerbe). Werden handwerkliche Arbeiten nur in geringem Umfang durchgeführt (D handwerklicher Nebenbetrieb), so ist eine Eintragung in die Handwerksrolle nicht erforderlich (zum Beispiel Händler installieren in unwesentlichem Ausmaß die gelieferten Geräte oder führen kleinere Reparaturen an diesen durch). Baugewerbe: Hier kann die Eintragung in die Handwerksrolle A (s. oben) für Tätigkeiten notwendig sein, die gewöhnlich einen Meisterbrief voraussetzen (zum Beispiel Maurer, Maler, Elektriker). Zulassungsfreie Tätigkeiten (zum Beispiel Fliesenleger) müssen der Handwerkskammer nur gemeldet werden. Baubetreuer u. ä. benötigen eine Genehmigung nach § 34c der Gewerbeordnung, die ebenfalls verschiedene Zulassungsanforderungen an den Unternehmer stellt. Vermittler von Immobilien, Versicherungen, Finanzanlagen und/oder Darlehen sind gemäß § 34 GewO genehmigungs- und registrierungspflichtig. Als Zulassungsvoraussetzung nach diesem Gesetz gelten Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, Sachkundenachweis und Berufshaftpflichtversicherung. Beim Betrieb eines gastronomischen Unternehmens bestehen regelmäßig raum- und personengebundene Auflagen, wie die Zuverlässigkeit des Betreibers, Lebensmittelhygieneschulung, Bauauflagen/Betriebserlaubnis, Konzessionen, Sperrzeiten und weitere Vorgaben des Gaststättengesetzes (GastG). Der Alkoholausschank wird von den Bundesländern unterschiedlich geregelt (zum Beispiel Erlaubnispflicht in Bayern, Erlaubnisfrei aber Anzeigepflichtig in Hessen). Ein Gaststättengewerbe kann als stehendes Gewerbe und Reisegewerbe (mit örtlicher Genehmigung) ausgeübt werden. Wer in Deutschland in der Heilkunde, das heißt als Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Apotheker oder Tierarzt tätig sein will, bedarf der staatlichen Zulassung. Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation sind, dass der Antragsteller die vorgeschriebene akademische Ausbildung erfolgreich absolviert hat, ein untadeliges Verhalten nachweist
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(polizeiliches Führungszeugnis), die gesundheitliche Eignung zur Ausübung des Berufes hat und über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt. Nicht- oder teilakademische Heilberufe wie Physiotherapeut oder Gesundheits- und Krankenpfleger unterliegen einzelgesetzlichen Regelungen (zum Beispiel Masseur- und Physiotherapeutengesetz/MPhG bzw. Krankenpflegegesetz/KrPflG), welche die Ausbildung und Zulassung regeln (und die Berufsbezeichnung schützen). Der Beruf des Heilpraktikers umfasst gemäß Heilpraktikergesetz (HeilprG) die Ausübung der Heilkunde unter Einschränkungen, wie etwa bei der Verordnung verschreibungspflichtiger Medikamente oder der Behandlung von einigen Infektionskrankheiten. Das HeilprG regelt die Zulassung zum Beruf über eine Zulassungsprüfung, verlangt aber keinen höheren Schulabschluss oder Studium. Hinweis Heilberufe sind in Deutschland von der Umsatzsteuer befreit.
Zu den wichtigsten Verträgen im Rahmen der Unternehmensgründung zählen: Gesellschaftsvertrag/Satzung Jede Gesellschaft entsteht durch einen Gesellschaftsvertrag. In ihm legen die Gesellschafter (Gründer) die Grundlagen der Gesellschaft fest. Dabei ist es immer ratsam oder sogar vorgeschrieben, einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag abzuschließen (Rechtssicherheit, Klärung von Meinungsverschiedenheiten). Während für Personengesellschaften formal wie inhaltlich eine weitgehende Vertragsfreiheit besteht, unterliegen Gesellschaftsverträge von Kapitalgesellschaften (Satzungen) gesetzlichen Mindestinhalten und Formalien (zum Beispiel notarielle Beurkundung). Zu den wesentlichen Inhalten von Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften zählen vor allem der Name der Gesellschaft (Firma), Sitz, Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung, Beschlussfassung und Stimmrechte, Ergebnisverteilung, Vertragsdauer, Auflösungsgründe (zum Beispiel Erfüllung des Unternehmenszwecks) und Nachfolgeregelungen im Todesfall. Hinweis Die Auflösung (Liquidation) einer Gesellschaft ist ebenfalls im Handelsregister einzutragen.
Für Kapitalgesellschaften ist der Mindestinhalt eines Gesellschaftsvertrags im AktG bzw. GmbHG gesetzlich vorgeschrieben, wozu neben der Firma und dem Sitz der Gesellschaft vor allem der Unternehmensgegenstand, die Namen der Gründer sowie die Anzahl der Aktien und das eingezahlte Grundkapital/Stammkapital zählen. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind laut BGB „für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (der Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt“ (keine Einzelvereinbarungen!). Mit diesen wird der Vertragsschluss durch vorformulierte Klauseln vereinfacht, beschleunigt und standardisiert. Eine Reihe
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von Branchen wie Versicherungen, Bau, Kreditinstitute haben eigene AGBs (MusterAGB), die ihren Besonderheiten Rechnung tragen. Da die AGBs auch Haftungsklauseln/Garantiebestimmungen enthalten können, müssen sie einer Prüfung (Inhaltskontrolle) auf Gesetzeskonformität mit den Vorgaben des BGB (§§ 305 bis 310 BGB) standhalten können (Verbraucherschutz). Um gegenüber Verbrauchern wirksam zu sein, müssen diese ausdrücklich auf die AGBs hingewiesen werden und auch damit einverstanden sein (diese Anforderung gilt nicht gegenüber Unternehmen). Miet-, Dienstleistungs- und sonstige Verträge Mietverträge über Gewerberäume haben in der Regel eine feste Laufzeit von zwei bis fünf Jahren, in denen der Gründer gebunden ist. Das kann von Vorteil sein (wegen Investitionen in die Einrichtung), aber auch ein erheblicher Nachteil, wenn das Unternehmen keine hinreichenden Erträge erwirtschaftet (und ggf. sogar aufgegeben werden muss). Hier ist darauf zu achten, dass dem Gründer ein vorzeitiges Kündigungsrecht eingeräumt wird. In anders gelagerten Fällen (zum Beispiel florierendes Geschäft) kann eine Verlängerungsoption für den Gründer von Vorteil sein. Hinweis Heimarbeitsplätze sind nach BGB in der Regel als Mietverhältnisse über Wohnraum anzusehen (besonderer Mieterschutz).
Vergleichbare Bindungskonstellationen können sich auch bei Dienstleistungs- (zum Beispiel Steuerberater, Buchhaltung) und Serviceverträgen (zum Beispiel Wartungsarbeiten) ergeben. Kontoeröffnungsvertrag (ggf. Kreditvertrag): Im Rahmen der Unternehmensgründung ist ein Geschäftskonto, in der Regel ein Kontokorrentkonto (für Zahlungsverkehr und Kontokorrentkredit), einzurichten. Dabei ist der steuer- und devisenrechtliche Status des Kontoinhabers (Gründers) zu klären, das Geldwäschegesetz zu beachten (Handeln für eigene oder fremde Rechnung) und die Schufa-Klausel (Datenübermittlung), AGBs der Kreditinstitute (zum Beispiel Kontoführung, Kosten, Kündigung, Einlagenschutz) sowie verschiedene Sonderbedingungen zu akzeptieren (zum Beispiel für Wertpapiergeschäfte, Onlinegeschäfte). Bei mehreren Verfügungsberechtigten (zum Beispiel Vorstände oder Geschäftsführer bei juristischen Personen bzw. persönlich haftende Inhaber von Personenhandelsgesellschaften) unterscheidet man zwischen Einzelverfügungsberechtigungen (einer kann allein zeichnen) oder gemeinschaftlichen Verfügungsberechtigungen (nur zusammen mit anderen Zeichnungsberechtigten). Arbeitsverträge Falls Mitarbeiter eingestellt werden sollen, sind mit diesen mündlich, in der Regel aber schriftlich Arbeitsverträge abzuschließen. In diesen werden alle Rechte und Pflichten der Vertragspartner (Arbeitgeber/Unternehmen, Arbeitnehmer) festgehalten.
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Hinweis Zu den Arbeitnehmern gehören neben den weisungsgebundenen Mitarbeitern auch Auszubildende und Heimarbeiter, nicht aber Geschäftsführer und freie Mitarbeiter (vgl. oben: Scheinselbstständigkeit).
Zum Inhalt eines Arbeitsvertrages zählen neben den Angaben zu den Vertragsparteien, Beginn, Dauer oder Ende der Vertragslaufzeit, Tätigkeit/Arbeitsleistung, Arbeitszeit und Urlaub, Vergütung (zum Beispiel Gehalt, Zulagen) und Nebenpflichten (zum Beispiel Verschwiegenheit, Wettbewerbsklausel). In der Praxis werden häufig Standard- oder Musterarbeitsverträge eingesetzt oder zugrunde gelegt, die von verschiedenen Institutionen (zum Beispiel IHK) oder Gründerplattformen (in der Regel als Download) zur Verfügung gestellt werden. Bei der Formulierung von Arbeitsverträgen und der Beschäftigung von Arbeitnehmern sind zahlreiche (jeweils aktuelle) Vorschriften zu beachten, die unter dem Begriff „Arbeitsrecht“ zusammengefasst sind. Dazu zählen verschiedene Paragrafen aus BGB, HGB, GewO, SGB, Arbeitsplatzschutz- und Jugendarbeitsschutzgesetz, Arbeitszeit-, Bundesurlaubs- und Entsendegesetz sowie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen/ Arbeitsordnungen (falls für die Branche bzw. das Unternehmen zutreffend), ggf. kollektive Arbeitsrechtbestimmungen (zum Beispiel Mitbestimmung). Steuerrechtliche Bestimmungen Für Gründer und Selbstständige ist eine Reihe von steuerlichen Vorschriften zu beachten, die insbesondere in der Abgabenordnung (AO) kodifiziert sind. Darin ist grundsätzlich geregelt, wie die Besteuerungsgrundlagen ermittelt, Steuern festgesetzt, erhoben und vollstreckt werden (zum Beispiel Steuererklärungs- und Buchführungspflichten, Festsetzungs- und Aufbewahrungsfristen, Verjährung sowie Rechtsbehelfsverfahren). In Ergänzung dazu legen die einzelnen Steuergesetze (zum Beispiel Einkommensteuergesetz oder Umsatzsteuergesetz) die Entstehung und Berechnung der verschiedenen Steuerarten fest. Das steuerrechtliche Überprüfungsverfahren findet im Wesentlichen durch die Finanzgerichtsbarkeit (Finanzgerichte) statt. Wegen der hohen Komplexität des deutschen Steuersystems und seiner laufenden Modifizierungen sowie der einschlägigen/interpretierenden Finanzgerichtsentscheidungen ist die Hinzuziehung eines Steuerberaters für Gründer und Selbstständige beinahe unumgänglich. Im Folgenden werden einige für Existenzgründer und Unternehmen wesentliche steuerliche Bestimmungen dargelegt (zu diesen und weiteren Steuergesetzen siehe auch unter www.gesetze-im-internet.de). Einkommen-/Körperschaftsteuer Der Einkommensteuer unterliegen alle Einkommen natürlicher Personen, während mit der Körperschaftsteuer die Einkommen der Kapitalgesellschaften belegt werden. Die Einkommensteuererklärung (inklusive Anlagen) ist für jedes abgelaufene Geschäftsjahr (in der Regel Kalenderjahr) grundsätzlich bis zum 31. Juli des Folgejahres
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abzugeben (bei Bearbeitung durch einen Steuerberater bis zum 28. bzw. 29.2. des übernächsten Jahres). Das Einkommensteuergesetz (EStG) kennt sieben Einkunftsarten: Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (auch Gartenbau und Fischzucht) Einkünfte aus Gewerbebetrieb (zum Beispiel Handwerksbetriebe, Gewinnanteil an einer OHG) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (zum Beispiel Gewinne aus freiberuflicher Tätigkeit, Ärzte, Rechtsanwälte) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (vor allem Löhne und Gehälter) Einkünfte aus Kapitalvermögen (vor allem Zinsen, Dividenden und Kursgewinne) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Vermögensgegenstände und Rechte) Sonstige Einkünfte (vor allem Renten und Entschädigungen) Zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens werden von diesen Einkünften insbesondere die zurechenbaren Werbungskosten (zum Beispiel für nichtselbstständige Arbeit) oder Betriebsausgaben (zum Beispiel für Gewerbebetriebe und Freiberufler) und ggf. Sonderausgaben und Freibeträge abgezogen. Auch Verluste oder bereits gezahlte Steuern (auf andere Einkunftsarten) werden berücksichtigt. Auf die Vielfalt der Betriebsausgaben kann hier nicht näher eingegangen werden. Wichtig ist, dass diese durch den Betrieb veranlasst wurden, das heißt der Förderung des Betriebszweckes dienen bzw. zu diesem in einem engen Zusammenhang stehen. Hinweis Insbesondere für Gründer ist es zumeist vorteilhaft, Betriebsausgaben soweit wie möglich in Zeiträume mit gestiegenen Einnahmen zu verlagern und die damit verbundene Steuerprogression abzumildern.
Die Ermittlung des zu versteuernden Gewinns kann in der einfachsten Form durch eine ,Einnahme-Überschussrechnung‘ (EÜR) gemäß § 4 Abs. 3 EStG erfolgen. Hierbei werden (relativ formlos) die betrieblichen Einnahmen und Ausgaben (zum Zeitpunkt der Zu- und Abflüsse) eines Jahres aufgelistet und saldiert. Diese Form ist allerdings nur für Freiberufler und kleine Gewerbetreibende (keine Vollkaufleute) zulässig. Alle anderen Unternehmen müssen aufgrund handels- oder steuerrechtlicher Bestimmungen laufend Bücher führen (Buchhaltung) und am Ende jeden Geschäftsjahres einen sogenannten Betriebsvermögensvergleich durchführen, an dessen Ende der zu versteuernde Gewinn steht. Hierbei entspricht das Betriebsvermögen weitgehend dem Eigenkapital (D Vermögen bzw. Bilanzaktiva minus Schulden). Vereinfacht dargestellt wird dabei das Betriebsvermögen des laufenden Geschäftsjahres mit dem Betriebsvermögen des Vorjahres saldiert (D Veränderung des Betriebsvermögens) und um die getätigten Einlagen und Entnahmen korrigiert (D Gewinn/Verlust). Im Unterschied zur erstgenannten Gewin-
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nermittlungsmethode werden hier die Geschäftsvorfälle dem zuständigen Wirtschaftsjahr zugerechnet (unabhängig von deren Zahlungszeitpunkt). Beispiel
Bezahlung der Versicherung für das gesamte nächste Jahr (1. Januar bis 31. Dezember) bereits am 1. Dezember des laufenden Jahres. Bei der EÜR verringert diese Zahlung (bereits) den Gewinn für das laufende Jahr. Beim Betriebsvermögensvergleich wird dieser Aufwand erst im nächsten Jahr gewinnmindernd berücksichtigt. Als sogenannte juristische Personen sind Kapitalgesellschaften selbst steuerpflichtig (Körperschaftsteuer von zurzeit 15 % + Solidaritätszuschlag), während die Gewinne von Einzelunternehmen und Personengesellschaften bei/von ihren Gesellschaftern entsprechend deren Gewinnanteilen (als Einkünfte aus Gewerbebetrieb) gemäß individuellem Einkommensteuersatz zu versteuern sind. Die (versteuerten) Gewinne der Kapitalgesellschaften müssen bei den Gesellschaftern, die natürliche Personen oder Personengesellschaften sind, entsprechend der Ausschüttungsquote als Einkünfte aus Kapitalvermögen (Abgeltungsteuer pauschal 25 % + Solidaritätszuschlag + Kirchensteuer, kein Abzug von Werbungskosten möglich) versteuert werden, sofern die Anteile im Privatvermögen gehalten werden (falls im Betriebsvermögen: Teileinkünfteverfahren). Für die Gesellschafter gibt es aber die Möglichkeit zum sogenannten Teileinkünfteverfahren zu optieren. Ist der Gesellschafter zu mindestens 25 % beteiligt oder zu mindestens ein Prozent beteiligt und für die Gesellschaft tätig (zum Beispiel als Geschäftsführer), ist diese Option möglich. Dann sind nur 60 % der Gewinnausschüttungen in der Einkommensteuererklärung des Anteilseigners zu versteuern und 60 % der Werbungskosten können abgesetzt werden. Ist der Anteilseigner eine Kapitalgesellschaft, sind Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne von Kapitalbeteiligungen in vollem Umfang steuerfrei (sogenanntes Beteiligungsprivileg). Allerdings gilt ein pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot von fünf Prozent der jeweiligen Ausschüttung bzw. des Veräußerungsgewinns (sogenannte Schachtelstrafe) sodass die Steuerfreiheit nur zu 95 % eintritt. Lohnsteuer Diese ist eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer für Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Falls ein Unternehmen Arbeitnehmer beschäftigt (aktives Dienstverhältnis), muss er diese beim Finanzamt anmelden und für sie die Lohnsteuerschuld inklusive Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer anhand des Lohns/Gehalts und sonstiger geldwerter Vorteile inklusive Sachbezüge (zum Beispiel Firmenwagen) und den Angaben in den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) (zum Beispiel Identifikationsnummer, Steuerklasse, Kinder- und sonstige Freibeträge, Konfession) des jeweiligen Mitarbeiters berechnen (Lohnsteuertabellen/-rechner) und spätestens am 10. des Folgemonats nach Fälligkeit an das zuständige (Betriebs-)Finanzamt abführen. Wie bei der Umsatzsteuer bestehen abhängig von der Höhe der Jahreslohnsumme unterschiedliche Anmeldungszeiträume (monatlich, vierteljährlich, jährlich). Um hierbei
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Fehler zu vermeiden, ist es empfehlenswert, sich an einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein zu wenden. Ist der Gründer als Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer, so ist er hinsichtlich der Lohnsteuer wie jeder angestellte Arbeitnehmer zu behandeln. Das heißt, sein Gehalt und sonstige Vergütungen sind steuerrechtlich abzurechnen und als Lohnsteuer abzuführen. Fingerspitzengefühl ist an dieser Stelle bei der Bemessung der Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers geboten. Diese ist so zu wählen, dass sie bei neutraler Prüfung dem Aufwand und der Leistung angemessen erscheint (Drittvergleich) und nicht eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt (Haftung des Geschäftsführers!). Hinweis Die (nicht geschäftsführenden) Gesellschafter erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die deren individueller Einkommensteuer unterliegen.
Solidaritätszuschlag Auf die Einkommensteuer (inklusive Kapitalertrag- und Lohnsteuer) und Körperschaftsteuer wird zurzeit eine Ergänzungsabgabe (Solidaritätszuschlag) in Höhe von 5,5 % erhoben (die nach und nach verringert/abgebaut werden soll). Diese mindert die Ausschüttungen der Kapitalgesellschaften und entsprechend die Einkommenshöhe und Besteuerungsgrundlage der Gesellschafter. Gewerbesteuer Die Gewerbesteuer (zurzeit nur Gewerbeertragsteuer) wird auf den Gewerbeertrag aller Gewerbetriebe (das sind Handels-, Handwerks- und Industriebetriebe sowie Gewinnanteile an Personengesellschaften) von der Gemeinde erhoben, in der der Betrieb seinen Sitz hat (Kommunalabgabe). Land- und forstwirtschaftliche Betriebe, freie Berufe und sonstige selbstständige Tätigkeiten sind von der Gewerbesteuer grundsätzlich ausgenommen. Die Ermittlung des zu versteuernden Gewerbeertrags geht regelmäßig vom ausgewiesenen Gewinn aus, der um Hinzurechnungen und Kürzungen korrigiert wird. Zu den wichtigsten Hinzurechnungspositionen zählt ein Viertel der für Dauerschulden bezahlten Zinsen und andere Finanzierungsentgelte (zum Beispiel stille Beteiligungen). Für kleine und mittlere Unternehmen besteht hier ein Freibetrag in Höhe von 100 000 C. Die wichtigsten Kürzungen betreffen 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes sowie Dividenden einer Kapitalgesellschaft, an der eine Beteiligung von mindestens 15 % besteht. Vom derart ermittelten Gewerbeertrag können natürliche Personen und Personengesellschaften zur Ermittlung der Gewerbesteuerschuld einen Freibetrag von zurzeit 24 500 C in Abzug bringen (als Ausgleich für das Abzugsverbot eines (kalkulatorischen) Unternehmerlohns bei diesen Rechtsformen). Die von den Finanzbehörden für alle Unternehmen vorgegebene einheitliche Steuermesszahl beträgt 3,5 %. Damit wird der korrigierte Gewerbeertrag zur Steuermesszahl multipliziert. Diese wiederum wird mit dem von der jeweiligen Gemeinde bestimmten Hebesatz multipliziert und ergibt die Gewebesteuerschuld (der Hebesatz liegt je nach Region
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in Deutschland zwischen 250 und 500 und ist deshalb ein wichtiges Entscheidungskriterien bei der Standortfrage). Beispiel
Gewerbesteuer einer kleineren Personengesellschaft: Gewinn in Euro: Gewinnanteil stiller Gesellschafter Euro: Steuermesszahl in %: Hebesatz der Gemeinde in %:
100 000 10 000 3;5 400
Gewinn Euro: 100 000 D Gewerbeertrag (keine Hinzurechnung, da Finanzierungsfreibetrag höher als Finanzierungskosten, keine Kürzungen) abzüglich Freibetrag für Personengesellschaften Euro 24 000 D korrigierter Gewerbeertrag Euro 76 000 Steuermessbetrag Euro D 3;5 % 76 000 D 2 660 Gewerbesteuerschuld Euro D 400 % 2 660 D 10 640 Hinweis Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer: Gemäß § 35 EStG ermäßigt sich die Einkommensteuer für Einzelunternehmer oder Mitunternehmer an einer Personengesellschaft auf gewerbliche Einkünfte um das 3,8-fache (entspricht einem Hebesatz von 380 %) des festgesetzten Gewerbesteuer-Messbetrages (maximal in Höhe der gezahlten Gewerbesteuer), was einer weitgehenden Entlastung von der Gewerbesteuer gleichkommt.
Umsatzsteuer (USt/MwSt) Die Umsatzsteuer (wirtschaftlich betrachtet eine Mehrwertsteuer) ist eine auf die einzelnen Stufen der Wertschöpfung eines Produktes/einer Leistung erhobene Steuer, bei der einzig der Endverbraucher die gesamte Steuerlast (Umsatzsteuer) zu tragen hat. Auf Ebene der zwischengeschalteten Unternehmen (Lieferanten, Produzenten) wird nur der Unterschied zwischen dem Erlös für eine Lieferung /Leistung und die durch andere Unternehmer bewirkten Vorleistungen besteuert (Mehrwert). Mehrwertsteuer fällt demnach immer dann an, wenn im Inland eine Dienstleistung durch ein Unternehmen erbracht oder eine Ware gegen Entgelt geliefert wird. Die Unternehmen stellen entsprechende Rechnungen an ihre Abnehmer aus, in denen die im Rechnungsbetrag (Bruttobetrag) enthaltene Mehrwertsteuer und der Nettobetrag ausgewiesen wird. Wenn die Mehrwertsteuer auf Einnahmen gegenüber der Mehrwertsteuer auf Ausgaben (Vorsteuer) überwiegt, zahlt das Unternehmen die Differenz (Mehrwertsteuerschuld) an die Finanzbehörden (Finanzamt). Im umgekehrten Fall zahlen die Finanzbehörden dem Unternehmen die Differenz aus. Hinweis Diese Verrechnungsmethode wird von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union angewendet.
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Von der Umsatzsteuer ausgenommen (kein Ausweis der Umsatzsteuer bei Rechnungsstellung) sind gemäß UStG alle gesundheitsnotwendigen/-fördernden Leistungen der Ärzte, Zahnärzte u. a. Heilberufe (keine Schönheitsoperationen) sowie Finanzdienstleister. Diese können im Gegenzug aber auch keinen Vorsteuerabzug vornehmen. Das gleiche gilt in der Regel für Kleinunternehmen, deren Umsatz im vorangegangenen Jahr einen Betrag von 17 500 C nicht überstiegen hat und deren Umsatz im laufenden Geschäftsjahr 50 000 C voraussichtlich nicht übersteigen wird (andere Option ist möglich), sowie für Einkünfte aus privaten Vermietungen und Verpachtungen (nicht aber für gewerbsmäßige Vermietungen/Verpachtungen an Unternehmen). Der Normal-Steuersatz beträgt in Deutschland 19 % des Nettoverkaufspreises, bestimmte Leistungen werden mit einem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent besteuert (zum Beispiel viele Lebensmittel, Bücher und Zeitungen, Hotelübernachtungen) oder sind steuerbefreit (zum Beispiel Finanzdienstleistungen, Gesundheitssektor, Exporte). Beispiel
Abzuführende Mehrwertsteuer einer Produktionsstufe: Einkauf Schüttgut Euro (netto) darauf berechnete Vorsteuer 19 %: Einkauf von Verpackungsmaterial Euro (netto): darauf berechnete Vorsteuer 19 %: Ausgaben insgesamt Euro: davon MwSt (Vorsteuer) Euro: Verkauf Stückgüter (Colli) Euro (netto): darauf berechnete MwSt 19 %: Einnahmen insgesamt Euro: davon MwSt Euro:
100 000 19 000 10 000 1 900 130 900 20 900 200 000 38 000 238 000 38 000
Mehrwertsteuerschuld: Vereinnahmte (weiterbelastete) MwSt Euro: 38 000 abzgl. bezahlte MwSt/Vorsteuer Euro: 20 900 An das Finanzamt abzuführende MwSt Euro: 17 100 Dass dieser Betrag der Mehrwertsteuerbelastung der Wertschöpfung dieser Produktionsstufe (Umverpackung in Colli) entspricht, zeigt folgende Nebenrechnung: Verkaufswert (netto) minus Einkaufswert (netto) D Mehrwert/Wertschöpfung, Wertschöpfung mal MwSt-Satz D Mehrwertsteuerbelastung dieser Wertschöpfungsstufe 200 000 110 000 19 % D 90 000 0;19 D 17 100 :
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Für die Mehrwertsteuer ist (wie für die meisten anderen Steuerarten auch) eine JahresUmsatzsteuererklärung abzugeben. Abhängig von der Höhe der geschätzten oder letztjährigen Mehrwertsteuerschuld, werden von den Finanzbehörden jedoch unterjährige USt.-Voranmeldungen und Vorauszahlungen verlangt. Während bei der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer die Höhe solcher Vorauszahlungen von den Finanzbehörden durch Bescheid festgesetzt werden, ist bei der Mehrwertsteuer der Unternehmer dazu verpflichtet, die Steuer selbst zu berechnen (Selbstveranlagung), in einer elektronischen Umsatzsteuer-Voranmeldung (Elster) zu erklären und zeitnah an die Finanzverwaltung abzuführen. Dabei sind folgende Fristen für die Umsatzsteuer-Voranmeldung einzuhalten: Spätestens zum 10. Januar, 10. April, 10. Juli und 10. Oktober jedes Jahres müssen alle Freiberufler und Unternehmer die Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben, die im Vorjahr zwischen 1000 und 7500 C Umsatzsteuer gezahlt haben. Zum 10. jedes Monats müssen Steuerpflichtige die Voranmeldung abgeben, deren Zahllast im Vorjahr über 7500 C lag, während Steuerpflichtige, die im Vorjahr weniger als 1000 C Umsatzsteuer gezahlt haben, wie auch Kleinunternehmer mit einem Umsatz unter 17 500 C, auf Antrag von der Umsatzsteuer-Voranmeldung befreit werden. Bei Gründungen verlangt das Finanzamt für das erste und das folgende Jahr eine monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldung. Wer die genannten Fristen nicht einhält und die Steuerschuld verspätet überweist, muss nach einer kurzen Schonfrist (in der Regel drei Tage) Säumniszuschläge zahlen. Es ist jedoch möglich, gegen Vorauszahlung von einem Elftel der Vorjahreszahlung eine Fristverlängerung um einen Monat (sogenannte Dauerfristverlängerung) zu beantragen. Grunderwerbsteuer und Grundsteuer Beim Kauf eines Grundstücks oder einer Immobilie fällt eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,5 % bis 6,5 % (je nach Bundesland) auf den Kaufpreis (ohne Zubehör wie Einbauten oder Maschinen) zuzüglich Erwerbsnebenkosten wie Maklerprovisionen u. ä. an (D Bemessungsgrundlage). Steuerschuldner ist grundsätzlich der Erwerber, allerdings haftet auch der Veräußerer gesamtschuldnerisch. Auch im weiteren Verlauf unterliegen Grundstücke und darauf befindliche Gebäude einer Besteuerung: der Grundsteuer. Hierbei wird grundsätzlich zwischen der Grundsteuer A für landwirtschaftliche Grundstücke und der Grundsteuer B für (sonstige) unbebaute und bebaute Grundstücke und Gebäude/Gebäudeteile unterschieden. Bemessungsgrundlage ist in der Regel der nach § 19 Abs. 1 BewG von den Finanzbehörden festgestellte Einheitswert des Grundstücks (der deutlich vom Verkehrswert abweichen kann), wobei wie angeführt (auch) bei dessen Ermittlung zwischen land- und forstwirtschaftlichem Vermögen sowie bebauten (Ertragswert) und unbebauten (Substanzwert) Grundstücken unterschieden wird. Aus diesem Einheitswert wird durch Multiplikation mit einer Grundsteuermesszahl der Grundsteuermessbetrag errechnet. Die Grundsteuermesszahl differiert nach alten und neuen Bundesländern, Art der Grundstücke/Immobilien (wie vorhin angeführt) und Einwohnerzahl der Gemeinde. Der Steuermessbetrag wird schließlich mit
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dem von den einzelnen Gemeinden festgelegten Hebesatz (zurzeit zwischen 300 % und 1000 %) multipliziert, woraus sich die jährlich zu entrichtende Grundsteuer errechnet. Hinweis Während die Grunderwerbsteuer grundsätzlich nur bei entgeltlichem Erwerb eines Grundstücks oder Gebäudes/Gebäudeteils anfällt, ist die Grundsteuer auch nach Schenkung oder Erbschaft zu entrichten.
Falls der Grundstückseigentümer kirchensteuerpflichtig ist, wird in verschiedenen Diözesen Deutschlands zusätzlich zur Grundsteuer eine Kirchensteuer erhoben. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit Grund- und Gewerbesteuer durch Betriebsgrundstücke wird der Gewerbeertrag um 1,2 % des Einheitswertes der Betriebsgrundstücke vermindert; zu dessen Ermittlung sind 140 % des Einheitswertes anzusetzen. Beispiel
Einheitswert: Steuermesszahl: Grundsteuermessbetrag: Hebesatz: Grundsteuer:
100 000 C 5 Promille 500 C 400 % 2000 C
Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG Zu den (legalen) steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten für Gründer/Unternehmer zählt die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags. Gründer/Unternehmer können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines beweglichen und abnutzbaren Wirtschaftsgutes einen Investitionsabzugsbetrag vom Gewinn abziehen. Der Abzugsbetrag darf 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des derart begünstigten Wirtschaftsgutes nicht überschreiten. Bei mehreren künftigen Investitionen kann für jede einzelne Investition ein gesonderter Abzugsbetrag abgezogen werden. Jedes Wirtschaftsgut muss bis zum Ende des dritten auf den Abzug des Investitionsabzugsbetrages folgenden Wirtschaftsjahres angeschafft oder hergestellt werden (kann also bereits in der Vorgründungsphase genutzt werden). Zur Geltendmachung eines Investitionsabzugsbetrages sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen: Das Betriebsvermögen bei bilanzierenden Unternehmen darf 235 000 C, der Gewinn bei Einnahme-Überschuss-Rechnern wie Freiberufler und Kleingewerbetreibende 100 000 C nicht übersteigen. Die insgesamt getätigten Investitionsabzugsbeträge dürfen im Jahr des Abzugs und in den drei vorangegangenen Jahren den Betrag von 200 000 C nicht überschreiten. Die Veranlagung des Abzugsjahres ist jedoch rückwirkend zu korrigieren, das heißt, der Investitionsabzugsbetrag ist rückgängig zu machen, wenn die geplante Investition, für die ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wurde, innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums unterbleibt, die beabsichtigte Anschaffung/Herstellung und
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die später tatsächlich durchgeführte Investition nicht gleichartig sind, der beanspruchte Investitionsabzugsbetrag 40 % der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigt oder bei freiwilliger Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrages.
1.5.3.3 Versicherungen Mit der Unternehmensgründung (und der damit ggf. verbundenen Aufgabe einer unselbstständigen Beschäftigung) ist eine Reihe von (neuen) Verpflichtungen und Risiken verbunden, gegen die sich der Gründer jedoch teilweise versichern kann oder eventuell (branchenabhängig) muss. Hierbei ist eine Überversicherung ebenso zu unterlassen (Kosten), wie Versicherungslücken zu vermeiden sind (Risiko). Die Einschaltung eines kompetenten und vertrauenswürdigen Versicherungsmaklers (mit dem Produktangebot mehrerer Versicherungen) ist zu empfehlen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der eigenen sozialen Absicherung des Selbstständigen (unter Einschluss der Familie des Gründers/Unternehmers) und der betrieblichen Risikoabsicherungen (unter Einschluss der Mitarbeiter). Hinweis Auf die Nennung von Beitragsätzen und Beitragsbemessungsgrenzen wird wegen deren periodischen Anpassungen (zumeist Erhöhungen) hier verzichtet. Allerdings muss der Gründer beachten, dass er die Versicherungsbeiträge (teilweise auch für seine Arbeitnehmer) mit seinen Umsätzen verdienen muss.
Private Absicherung des Gründers und seiner Familie Kranken-/Pflegeversicherung Für Selbstständige besteht eine Krankenversicherungspflicht. Dieser kann er mit einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung nachkommen, mit einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (inklusive Pflegeversicherung), falls sein Gewinn über der Versicherungspflichtgrenze liegt und die geforderte Vorversicherungszeit erfüllt ist oder in letzterer mit privater Zusatzversicherung (zur Erweiterung des Leistungsspektrums). Die Beiträge privater Krankenversicherungsunternehmen richten sich u. a. nach dem Eintrittsalter, den gewünschten Versicherungsleistungen und dem Gesundheitszustand (Fragebogen zu Vorerkrankungen) des Selbstständigen. Familienmitglieder sind im Regelfall (anders als bei der gesetzlichen Krankenversicherung) nicht mitversichert. Der (günstigste) Basistarif orientiert sich am Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen; ein Wechsel (Rückkehr) von Selbstständigen von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Beiträge in der (freiwilligen) gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung richten sich nach dem Gewinn (und weiteren Einkünften) des Unternehmers, der bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt wird (Nachweis mit dem ESt-Bescheid). Für Gründer gibt es Fristen des möglichen (Wieder-)Beitritts (nach gesetzlicher Pflichtversicherung als Arbeitnehmer) und unter Umständen Beitragsermäßigungen (zum Beispiel bei Gründung aus der Arbeitslosigkeit).
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Hinweis Bei (anfänglich) niedriger oder ungewisser Gewinnerwartung, bietet sich eine nebenberufliche Gründung an, bei der die soziale Absicherung durch die Hauptbeschäftigung gedeckt wird.
Rentenversicherung Selbstständige können branchenabhängig nach § 2 Sozialgesetzbuch VI in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sein (zum Beispiel Handwerker, Künstler, Journalisten), andere können sich (innerhalb bestimmter Fristen) freiwillig bei der Deutschen Rentenversicherung Bund versichern (gilt nicht für Beamte). Auch hier gibt es Beitragssätze und Beitragshöchstgrenzen, über die hinaus der Gewinn keine Berücksichtigung findet. Der Versicherungsfall tritt in der Regel mit Erreichen der (Renten-)Altersgrenze oder bei einem bestimmten Grad an Erwerbsminderung ein (aber Warte- und Pflichtversicherungszeiten); bei Tod des Versicherten erben seine Hinterbliebenen einen Teil des Anspruchs (zum Beispiel Witwenrente). Wie Arbeitgeber bei Mitarbeitern übernimmt die gesetzliche Rentenversicherung die Hälfte der Krankenversicherungsbeiträge (aus den Rentenbezügen). Um den Lebensstandard einigermaßen halten zu können, ist in der Regel zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung eine private Altersvorsorge notwendig. Als Beispiele seien hier (risikoarme) Kapitalanlagen, Beteiligungen, Kapitallebensversicherungen oder Immobilien genannt. Gesetzliche Unfallversicherung Jeder Unternehmer (Gründer) hat sein Unternehmen beim zuständigen Unfallversicherungsträger in der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung/DGUV (in der Regel die Berufsgenossenschaften) anzumelden. Damit sind alle Beschäftigten des Unternehmens gegen Betriebsunfälle und die Folgen einer Berufskrankheit abgesichert (Arbeitsschutz). In einigen Branchen/Berufsgenossenschaften besteht eine gesetzliche oder freiwillige Unternehmerversicherung (zum Beispiel Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehr oder Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro- und Medienerzeugnisse). Private Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung Während eine Unfallversicherung vor allem gegen Invalidität aufgrund eines Unfalls und deren Folgen absichert (zum Beispiel Rehabilitations- und Wiedereingliederungsmaßnahmen), deckt die Berufsunfähigkeitsversicherung auch eine krankheitsbedingte Berufsunfähigkeit ab (und kann so die Versorgung des erkrankten Gründers und dessen Familie weitgehend sicher stellen). Allerdings sind vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung zahlreiche Gesundheitsfragen zu beantworten, welche von den Versicherungen penibel geprüft werden. Fehlerhafte Angaben können zu einem späteren Leistungsausschluss führen, wodurch der Versicherungsnehmer unter Umständen seinen Versicherungsschutz verliert und ggf. erhaltene Leistungen zurückzahlen muss. Antragsteller, die an Vorerkrankungen leiden, müssen mit Preisaufschlägen, Leistungsausschlüssen oder Ablehnung rechnen. Versichertes Risiko ist der Entfall der Berufsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen (zum Beispiel Krankheit
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oder Verletzung) zu mindestens 50 %. Regelmäßig endet mit dem Eintritt der Leistungspflicht auch die Beitragszahlung für den Versicherungsschutz. Dieser Versicherungsschutz ist vor allem für Gründer wichtig, da bis zum Beginn einer (gesetzlichen) Erwerbsminderungsrente Warte- (fünf Jahre) und Beitragszeiten (drei Jahre) erfüllt sein müssen. Haftpflichtversicherung Um sich und seine Familie vor Forderungen Dritter zu schützen, empfiehlt es sich oder ist Pflicht, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Eine Kfz-Haftpflichtversicherung ist für Fahrzeuge in Deutschland und der EU gesetzlich vorgeschrieben und deckt die einem Dritten durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstandenen Schäden (sogenannte Verschuldens- oder Gefährdungshaftung) bis zu gesetzlich vorgeschriebenen Höchstentschädigungssummen. Hinweis Eine zusätzliche (Voll-)Kaskoversicherung schützt den Gründer und seine Familie vor selbstverschuldeten unfallbedingten Belastungen.
Da laut BGB in Deutschland jeder gesetzlich verpflichtet ist, für einen durch Fahrlässigkeit im privaten Bereich verursachten/entstanden Schaden voll umfänglich, das heißt ohne betragsmäßige Grenze nach oben, zu haften, ist für Gründer eine Privathaftpflichtversicherung dringend zu empfehlen. Die Absicherungen von Personen- und Sachschäden werden mit unterschiedlichen Deckungssummen am Markt angeboten. Die Privathaftpflichtversicherung deckt regelmäßig die typischen Risiken des Alltags im Rahmen der vereinbarten Deckungssummen ab, wobei die (vielen) Ausnahmen in den Versicherungsbedingungen (das „Kleingedruckte“) festgehalten sind. Arbeitslosenversicherung Wenn ein Selbstständiger/Unternehmer vor der Aufnahme seiner Selbstständigkeit (im Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich), innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens ein Jahr versicherungspflichtig tätig oder arbeitslos war, kann er sich innerhalb von drei Monaten (nach Beginn der Selbstständigkeit) bei der örtlichen Arbeitsagentur auf Antrag freiwillig gegen Arbeitslosigkeit (bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) weiter versichern. Für Gründer besteht eine Sonderregelung: Sie zahlen während der zweijährigen Startphase nur die Hälfte der Beiträge. Betriebliche/berufliche Versicherungen Hinweis Zur (betrieblichen) Kfz-Haftpflichtversicherung siehe obenstehende Ausführungen.
Betriebs- bzw. Berufshaftpflichtversicherung Diese und andere Begriffe der Versicherungsbranche werden in der Öffentlichkeit und in Publizitätsorganen nicht immer korrekt voneinander abgegrenzt (und werden auch von Versicherungen mitunter kombiniert angeboten).
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Die (freiwillige) Betriebshaftpflichtversicherung schützt Betriebe der meisten Branchen (zum Beispiel Freiberufler, Gewerbetreibende, Handwerker) bis zur vereinbarten Höhe vor Schäden, die vom Betrieb oder dessen Mitarbeiter verursacht wurden und an Personen (zum Beispiel Mitarbeiter oder Kunden verletzen sich) oder Sachen (zum Beispiel ein geparktes Kundenfahrzeug wird beschädigt) entstanden sind, was einer Personen- und Sachversicherung entspricht. Dagegen schützt die Berufshaftpflichtversicherung vor Schäden/Forderungen, die aus Fehlhandlungen/Fehlberatungen bestimmter Berufsgruppen mit erhöhtem (Berufs-)Risiko hervorgerufen/verursacht wurden (zum Beispiel Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte, Architekten); dieses kommt einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung gleich. Diese Versicherung ist als Zulassungsvoraussetzung für die genannten Berufsgruppen vorgeschrieben und muss bestimmte Bedingungen wie Mindestdeckungssumme, versicherte Schäden, Vorsätzlichkeit u. ä. erfüllen. Eine besondere Form der Berufshaftpflichtversicherung ist die D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, auf Deutsch: Manager-Haftpflichtversicherung), die von Unternehmen für ihre Organe und leitenden Angestellten (Vorstände, Manager, Geschäftsführer, Prokuristen, Aufsichtsräte) abgeschlossen wird. Deckung besteht bei Sorgfaltspflichtverletzungen ohne Vorsatz bzw. nicht wissentlicher Pflichtverletzung im Innen- oder Außenverhältnis, wobei bei berechtigtem Anspruch in der Regel alle Vermögensschäden ausgeglichen werden. Eine Ergänzung zur Betriebshaftpflichtversicherung ist die (in der Regel dort ausgeschlossene) Umwelthaftpflichtversicherung (zum Beispiel Umweltschäden wie Kontaminationen des Erdreichs). Eine weitere Zusatzversicherung ist die Produkthaftpflichtversicherung, die (Vermögens-)Schäden abdeckt (ggf. unter Abzug einer Selbstbeteiligung), die aufgrund eines schadhaft/fehlerhaft gelieferten (Zwischen-)Produkts entstanden (zum Beispiel Schaden wegen Mangel an der Sache bei Verbraucher und/oder bei der Weiterverarbeitung, Reparaturaufwendungen wegen erfolgter Verwendung/Mischung/Einbau fehlerbehafteter Lieferung). Gebäude-, Feuer- und Elementarversicherungen Geschäftsgebäude/Betriebsstätten sind generell von Beschädigungen durch Feuer, Leitungswasser und Naturgewalten bis hin zur vollständigen Zerstörung bedroht. Durch eine umfassende Betriebsgebäudeversicherung ist das Betriebsgebäude inklusive verschiedener Einbauten geschützt, wie beispielsweise Klima- und Zentralheizungsanlagen, stationäre Maschinen, sanitäre Installationen und elektrische Anlagen, sofern diese in der Versicherungssumme erfasst sind. Die „klassische“ Betriebsgebäudeversicherung beinhaltet die Gefahren: Feuer (Brand, Blitzschlag, Explosion), Leitungswasser (Rohrbruch, Frostschäden an Rohren) sowie Sturm/Hagel. Zusätzlich versicherbar sind Elementarschäden (Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck, Rückstau).
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Im Schadenfall kommt die Versicherung für die Wiederherstellung der versicherten Gebäude durch Reparatur beschädigter Gebäudeteile bis hin zum vollständigen Wiederaufbau nach einem Totalschaden sowie für Aufräum- und Abbruchkosten auf. Bei umfangreichen Betriebseinrichtungen kommt zusätzlich eine Betriebsinhaltsversicherung in Betracht. In deren Rahmen ist in der Regel die gesamte technische und kaufmännische Betriebseinrichtung, wie zum Beispiel Maschinen, Werkzeuge oder Büroausstattung sowie Waren und Vorräte versichert. Darüber hinaus besteht Versicherungsschutz auch für Daten, wie zum Beispiel Auftrags- und Inventarlisten, Programme und Kundendaten, wenn diese durch einen Sachschaden zerstört oder beschädigt werden. Diese Versicherung erübrigt in der Regel eine separate Einbruchsdiebstahlversicherung. Betriebsunterbrechungsversicherung/Praxisausfallversicherung Ein (vorübergehender) Stillstand des Betriebs kann den Gründer/Unternehmer schnell in den finanziellen Ruin führen, wobei der verursachende Sachschaden nicht zum völligen Stillstand der Produktion führen muss. Eine Betriebsunterbrechung liegt bereits vor, wenn der Betrieb nicht in der vorherigen Weise fortgesetzt werden kann. Voraussetzung für eine Ersatzleistung aus der Betriebsunterbrechungsversicherung ist ein Sachschaden an dem Versicherungsort (zum Beispiel Betriebsgelände), der die Unterbrechung verursacht. Die Betriebsunterbrechungsversicherung ist in der Regel an die (versicherten) Gefahren der vorstehenden Geschäftsinhaltsversicherung gekoppelt (zum Beispiel Feuer) und wird zumeist mit einem Selbstgehalt abgeschlossen. Eine Betriebsunterbrechungsversicherung oder Praxisausfallversicherung (für Freiberufler) schützt bei entgangenem Betriebsgewinn und springt für die Begleichung der weiter laufenden (fixen) Kosten, wie zum Beispiel Gehälter, Miete und Zinsen sowie für nachträgliche Mehrarbeit in der Regel bis zu zwölf Monate (Haftzeit) ein. Forderungsausfallversicherung Eine Forderungsausfallversicherung bietet Schutz vor teilweisen oder vollständigen Zahlungsausfällen bei Forderungen an Kunden. Bei Warenlieferungen spricht man hierbei von Warenkreditversicherungen, im Projektgeschäft von Investitionsgüterkreditversicherung. Hintergrund: Zwischen der Lieferung einer Ware oder der Werk-/Dienstleistung und ihrer Bezahlung liegen je nach Branche, Verhandlungsmacht der Geschäftspartner und Usancen im Inland bis zu fünf Monate, während im Ausland (vor allem im Großprojektgeschäft) gestaffelte Zahlungsziele bis zu fünf Jahren nicht unüblich sind. Durch diese im Einzelfall langen Zahlungsziele entstehen Lieferantenkredite, die inzwischen in Deutschland zu den wichtigsten Finanzierungsformen für Unternehmen gehören. Doch anders als bei den Bankkrediten, ist diese Kreditform eher schlecht abgesichert (in der Regel nur mit einem Eigentumsvorbehalt). Zur Verkürzung dieser Zahlungsfristen (Liquidität) und zur Absicherung der Zahlungen für den Lieferanten existiert eine Reihe von Verfahren, die im kaufmännischen Bereich bei Bedarf eingesetzt werden.
1.5
Gründungsprozess
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Zu diesen zählen der Verkauf von Inlands-Forderungen vor deren Fälligkeit an spezialisierte Finanzierungsgesellschaften (Factoring) bzw. der Verkauf von Export-Forderungen an sogenannten Forfaitierungsgesellschaften, welche die Forderungen vorfinanzieren, dem Gläubiger/Lieferanten (gegen einen Abschlag, Diskontierung) auszahlen und bei Fälligkeit vom Schuldner eintreiben. In der Regel übernehmen diese Gesellschaften gegen Gebühr auch das Ausfallrisiko der Forderungen und weitere administrative Tätigkeiten (zum Beispiel Bonitätsprüfung des Schuldners). Ein weiteres, vor allem im Exportgeschäft mit langen Liefer- und Zahlungsfristen verwendetes Instrument der Zahlungssicherung, ist das Dokumenten-Akkreditiv. Dieses ist ein selbstschuldnerisches Zahlungsversprechen der Bank eines Importeurs, in dem sich diese gegenüber dem Exporteur einer Ware verpflichtet, bei Vorlage akkreditivkonformer Dokumente Zahlung zu leisten. Der Käufer (zum Beispiel ausländischer Importeur) erhält durch diese Form der Abwicklung die Gewissheit, dass er nur zahlen muss, wenn der Verkäufer (Exporteur) die bestellte Ware ausgeliefert und dies durch die Vorlage ordnungsgemäßer (Versand-) Dokumente bei der (Akkreditiv-) Bank des Käufers nachgewiesen hat. Der Verkäufer (zum Beispiel inländischer Exporteur) bekommt die Sicherheit, dass er nach Lieferung der Ware und Vorlage ordnungsgemäßer Dokumente bei der avisierenden (oder, wenn dies vertraglich vereinbart wurde, einer anderen) Bank den Verkaufserlös erhält. Bei wenigen und großen Kunden bietet sich (alternativ) der Abschluss einer Forderungsausfallversicherung an. Diese Form der Kreditversicherung schützt den Lieferanten bei Einhaltung bestimmter Formalien (zum Beispiel schriftlicher Vertrag nach handelsüblichen Usancen, Eigentumsvorbehalt) vor Verlusten durch Zahlungsausfall und Zahlungsverzug sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Geschäften (innerhalb eines vereinbarten Deckungsrahmens), indem von der Versicherung grundsätzlich versucht wird, den Schaden durch Übernahme von Kreditprüfungs- und Überwachungsaufgaben zu verhindern, den Schaden durch Übernahme des Inkasso und des Mahnverfahrens zu reduzieren und einen (trotz der genannten Maßnahmen und ggf. Eigentumsvorbehalt) entstandenen Schaden zu ersetzen (ggf. abzüglich Selbstbehalt). Überschreitet beispielsweise ein inländischer Kunde das Zahlungsziel um einen gewissen Zeitraum (zum Beispiel um zwei Monate), tritt also der Nichtzahlungstatbestand in Kraft, leistet die Versicherung in der Regel eine Entschädigung für den ausgefallenen Betrag. Bei Kunden im Ausland, die ihre Rechnungen nicht begleichen, leitet die Versicherung ein Inkasso-Verfahren ein. Zahlt der Kunde auch dann nicht, erhält das Unternehmen ebenso eine Entschädigungsleistung. Manche Versicherer übernehmen bei gerichtlichen Streitigkeiten über Inlandsforderungen auch die anfallenden Kosten der Rechtsverfolgung. Dadurch wird sowohl die Liquidität als auch die Existenz des Lieferanten (Gründers) geschützt. Die Beiträge zur Forderungsausfallversicherung wie Versicherungsprämien und Kreditprüfungsgebühren orientieren sich an unterschiedlichen Faktoren, wie der jeweiligen Zugehörigkeit des Versicherungsnehmers zu einer bestimmten Branche, dem Zielland bei Exporten (Exportkreditversicherung), der Höhe des zu versichernden Betrages und der Selbstbeteiligung, den Vorschäden, den Zahlungszielen der Forderungen und der Art von
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Kunden (zum Beispiel bonitätsmäßig einwandfreie Großunternehmen oder hochverschuldete Exportunternehmen). Zum Abschluss des Abschnitts Versicherungen soll nochmals auf die einschlägigen Pflichten des Gründers/Unternehmers im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Arbeitnehmern hingewiesen werden: Auf die gesetzliche Unfallversicherung, die vom Unternehmer bei der zuständigen Berufsgenossenschaft im Rahmen des Arbeitsschutzes für seine Mitarbeiter abgeschlossen (und finanziert) wird, wurde bereits hingewiesen. Mit ihr sind alle betrieblichen Unfälle (auch Fahrten zum Betrieb) und Berufskrankheiten (inklusive Arztkosten, Rehabilitation/Wiedereingliederung) versichert wie auch die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente (bis zum Beginn der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente). Arbeitnehmer sind vom Arbeitgeber bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzumelden, welche dem Arbeitgeber eine Betriebsnummer für den Versicherungsnachweis der Mitarbeiter erteilt. In Rahmen seiner Fürsorgepflicht ist der Arbeitgeber auch zur organisatorischen Abwicklung der Sozialversicherung für seine Mitarbeiter verpflichtet. Dazu zählen vor allem die Anmeldung der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer bei deren jeweils ausgewählten Krankenkasse und den Sozialversicherungsträgern sowie die Abführung der Versicherungsbeiträge, von denen der Arbeitgeber (ungefähr) die Hälfte zu tragen hat, an die Krankenkasse des jeweiligen Mitarbeiters (als Kompetenzzentrum sowie Sammel- und Weiterleitungsstelle für alle Sozialversicherungsbeiträge). Darüber hinaus hat der Arbeitgeber wesentliche Änderungen seiner Beschäftigten an die Krankenkasse zu melden, wie zum Beispiel längere beschäftigungslose Zeiten (zum Beispiel Mutterschaft, Wehrdienst, Krankheit), Erreichen der Regelaltersgrenze und die Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze. Bei längeren Krankheitszeiten besteht (als soziales Element des Arbeitsrechts) für die ersten sechs Monate eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers (die danach vom Krankengeld der jeweiligen Krankenkasse abgelöst wird).
1.5.4
Risiken bei Unternehmensgründungen
Jedes (neu gegründete) Unternehmen ist zahlreichen Risiken ausgesetzt, die sowohl aus dem Unternehmen selbst als auch aus seiner Umwelt kommen können. Zu ersteren zählen insbesondere Risiken, die aus unzulänglichen Eigenschaften der Geschäftsidee und der Gründer entstammen können oder aus Fehlern und Irrtümern/Fehleinschätzungen, die in die Planung und Realisierung der Existenzgründung einfließen. Um solche Risiken zu verhindern oder wenigstens auf ein für den/die Existenzgründer (und ggf. Investoren/Kreditgeber) tragfähiges Ausmaß zu verringern, wurde das vorliegende Buch geschrieben (siehe die einzelnen Abschnitte). Auf die mannigfaltigen Betriebsrisiken, die nach Produktionsbeginn auftreten können (z. B. Ausfall von Kompetenzträgern, Maschinen und IT-Anlagen), kann hier nicht näher
1.5
Gründungsprozess
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eingegangen werden (siehe dazu auch die vorstehenden Ausführungen zur Betriebsunterbrechungsversicherung). Weitere Risiken wirken aus dem näheren oder weiteren Umfeld auf das Unternehmen ein und sind von diesem kaum/nicht beeinflussbar. Zu diesen zählen die fünf von Michael E. Porter definierten „Marktkräfte“: Lieferanten (von Gütern und Kapital) und Kunden/Abnehmer (mit ihrer jeweiligen Verhandlungsmacht), bestehenden und potenziellen/neuen Wettbewerbern (Wettbewerbsintensität in der Branche) sowie Substitutionsprodukte (siehe dazu: Anhang/Literaturverzeichnis: Wettbewerbsstrategie). Ebenfalls in der Regel nicht vermeidbar und nur teilweise übertragbar (siehe Versicherungen, vorstehend) sind die (mittels einer sogenannten PESTEL-Makroumweltanalyse entschlüsselten) Auswirkungen von politischen, ökonomischen, sozialen, technologischen, rechtlichen und ökologischen Umweltbedingungen/Einflussfaktoren auf das Unternehmensgeschehen. Diese sind von jedem Unternehmen selbst zu tragen.
1.5.4.1 Unternehmenskrisen Weder neu gegründete noch bestehende Unternehmen sind vor Krisen sicher. Viele kündigen sich frühzeitig an (zum Beispiel Zunahme der Reklamationen, Stornoquoten und Retouren) oder sind dem Rechnungswesen/der BWA zu entnehmen (zum Beispiel steigende Kosten/rückläufige Erträge, Liquiditätsengpässe). Häufig ist es noch möglich, die Ursachen der Krise rechtzeitig zu beseitigen/beheben: Bisweilen müssen Gründer ihr Angebot neu ausrichten oder eine Modifikation ihrer Produkte/Dienstleistungen vornehmen. Gelegentlich ist eine aktuelle Konkurrenzanalyse nötig, um die eigene Position am Markt neu zu überprüfen. Manchmal fehlt noch grundlegendes kaufmännisches Wissen, das sofort angeeignet oder zugekauft werden muss. Eine risikobegrenzende Rechtsformänderung (zum Beispiel von der Einzelunternehmung oder OHG in eine GmbH) ist zu diesem Zeitpunkt in der Regel nicht mehr möglich/zulässig. Regelmäßige Gespräche mit dem Steuerberater (Analyse der BWA) und der Hausbank (Vorlage der Zwischenabschlüsse, Anpassen der Kreditlinien) können hier ebenfalls antizipierend hilfreich sein. Ansonsten steht am Ende zumeist die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Hinweis Die Beendigung einer Selbstständigkeit muss nicht unbedingt krisenbedingte Ursachen haben; so können eine (zu) geringe Rentabilität bzw. bessere Verdienstmöglichkeiten (zum Beispiel Rückkehr in eine abhängige Beschäftigung), eine befristet angelegte Selbstständigkeit oder sonstige persönliche Gründe (zum Beispiel Alter) zur Aufgabe des Unternehmens führen.
Warum auch immer das Unternehmen aufgegeben wurde (werden musste), die Gründungserfahrung erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit bei einer erneuten Gründung (Stichwort: aus Fehlern lernen). Zu den häufigsten Ursachen des Scheiterns von Unternehmen (insbesondere Existenzgründungen) zählen nachfolgende Punkte:
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1 Wege zum eigenen Unternehmen
Fehlende Unternehmereigenschaften des Gründers/Selbstständigen und entsprechend fehlerhafte Handlungen/Entscheidungen: Unzureichende kfm. Fähigkeiten wie Mängel in der Verwaltung, Kalkulation und Buchführung/Steuerangelegenheiten, mangelhafte fachliche Qualifikation/fehlende Zulassungsvoraussetzungen des Gründers und/oder des eingestellten Personals, keine Inanspruchnahme externer Experten trotz Qualifikationslücken, unklare Zuständigkeiten bzw. unzweckmäßige Leitungs-/Organisationsstruktur im Unternehmen, zu hohe Entnahmen oder Ausgaben für Prestigeobjekte und nicht zuletzt gravierende Fehler in der oben beschriebenen Planungs- und Realisationsphase (zum Beispiel unzulängliche/unzulässige Vertragsgestaltungen) Falsches Geschäftskonzept: Produkt/Dienstleistung wird vom Markt/Kunden nicht angenommen; Eigenschaften/USP, Preis und/oder Qualität stimmen nicht, mangelnder Bekanntheitsgrad, Markt hat sich verändert, Unterschätzung des Wettbewerbs, Fehlinvestitionen Gravierende Ausfälle oder Stillstände im Betriebs-/Produktions- und Absatzprozess (zum Beispiel Maschinen-/Anlagenschaden, Mitarbeiterabgänge, IT-Systemausfall; Kunden- und Lieferantenausfälle) – die nur teilweise durch (rechtzeitige) Versicherungen und Notfallpläne oder sonstige Maßnahmen (zum Beispiel Backup) aufgefangen werden können Nicht vorhersehbarer/vorhergesehener branchen- oder konjunkturell bedingter Umsatzeinbruch (mit der Folge von existenziellen Ertrags- und Liquiditätseinbußen), Ausfall von bedeutenden Kunden/Forderungen oder Lieferanten Fehler in der Finanzplanung bzw. mangelhafte Finanzdisposition: zu geringes Kapital (für Gründungs-/Anfangsinvestitionen) und/oder unzureichende Liquidität (für den laufenden Betrieb), Einkommensfehlplanungen: eine Überschätzung der Umsatzerwartungen und Unterschätzung der Anlauf- und Markterschließungskosten können insbesondere in der Startphase zu kritischen Verlusten und Liquiditätslücken führen Belastungen im persönlichen/familiären Umfeld des Gründers/Unternehmers (Stress/ Zeitmangel, verringerte Sozialkontakte, mangelndes Verständnis/Unterstützung, Scheidung, Alleinerziehung/Doppelbelastung, zusätzliche finanzielle Belastungen/Unterhalts- und Vorsorgezahlungen) Physische und/oder psychische Probleme des Gründers/Selbstständigen: Krankheit/Unfall führen zu Einkommensausfall, Leistungsdruck/Burn-out-Syndrom, Versagensängste, Selbstüberschätzung/zu großer Optimismus, Alkohol/Drogen ggf. als desaströser Ausweg Häufig: hohe Steuernachzahlungen als Folge von Betriebsprüfungen (die Einnahmen werden in der Regel unversteuert bezogen!). Hinweis In der Regel werden junge Unternehmen innerhalb der ersten fünf Jahre nach Gründung von einem Finanzbeamten vor Ort (anhand der Steuerakte und der betrieblichen Unterlagen/elektronischen Aufzeichnungen) geprüft. Erste Anzeichen für eine „drohende“ Prüfung sind ein Vorläufigkeitsvermerk in den Steuerbescheiden. Unbedingt Steuerberater hinzuziehen!
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Gründungsprozess
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1.5.4.2 Auswege aus der Krise Ist die Krise schon weit fortgeschritten oder sogar bestandsgefährdend, kann die Einschaltung eines Krisen- oder Sanierungsberaters eventuell noch rechtzeitig eine notwendige Re- bzw. Umstrukturierung in die Wege leiten. Auch die Hausbank (zum Beispiel Erhöhung des Kreditrahmens) oder wichtige Lieferanten und andere Gläubiger (zum Beispiel Ratenzahlung, Stundung von Forderungen) sind hierbei einzubinden. Hoher Zeitdruck und verengte Handlungsspielräume kennzeichnen das krisenspezifische Vorgehen. Die IHKs bieten in Zusammenarbeit mit der KfW und den Förderbanken den sogenannten runden Tisch an, um im Rahmen einer „Turnaround-Beratung“ Mittel und Auswege für in Schwierigkeiten geratene Unternehmen aufzuzeigen bzw. zu erarbeiten (siehe dazu „Förderung unternehmerischen Know-hows“ durch die BAFA, in Abschn. 2.3.8). Auch die Sanierung aus eigener Kraft kann bei rechtzeitiger Aufdeckung der Krisenursache durch geeignete finanzielle (zum Beispiel Veräußerung von nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen/aber Achtung: keine unzulässigen Vermögensverschiebungen kurz vor einer Insolvenz, Kapitaleinlage und Bürgschaften, ggf. von solventen Privatpersonen), organisatorische (zum Beispiel Änderung des Produktionsprozesses/muss sich allerdings in einem Sanierungskonzept rechnen und finanzieren lassen) und weitere Maßnahmen (zum Beispiel Personalabbau, Kooperationen) die Existenzfähigkeit des Unternehmens wiederherstellen. Hinweis Ein standardisiertes Sanierungsverfahren unter Berücksichtigung der verschiedenen Krisenstadien stellt beispielsweise das IDW mit seinem S6 [neue Fassung] Sanierungskonzept vor.
Sollte die dargestellte Sanierung nicht gelingen, so kann ein (außergerichtlicher oder gerichtlicher) Vergleich angestrebt werden. Als Maßnahmen gelten hier vor allem die Stundung oder der Erlass von Forderungen. Beim außergerichtlichen Vergleich wendet sich der Schuldner an einen oder mehrere Gläubiger, um die genannten Maßnahmen (vertraulich und ohne Gerichtskosten) auszuhandeln. Beim gerichtlichen Vergleich stellt der Schuldner einen entsprechenden Antrag (inklusive Vergleichsvorschlag) beim Vergleichsgericht (Amtsgericht), welches bei Zustimmung das Vergleichsverfahren eröffnet (Auswirkungen: keine Zwangsvollstreckungen bis zur Beendigung des Verfahrens möglich; Hemmung der Verjährung; gilt für alle Gläubiger gleich). Als Ultima Ratio bleibt oft nur die Aufgabe/Abwicklung des Unternehmens (und ggf. die Rückkehr in ein Beschäftigungs- oder Arbeitslosenverhältnis). Hiermit sollte nicht allzu lange gewartet werden, da die Kosten zumeist bis zuletzt weiter laufen (zum Beispiel Zinsen und Abgaben) und einen für den Gründer/Unternehmer existenziellen Schuldenberg auftürmen können; insbesondere aber besteht die Gefahr der sogenannten Insolvenzverschleppung mit ihren gravierenden straf- und zivilrechtlichen Folgen. Wenn die beschriebenen Möglichkeiten zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt haben, das Unternehmen also zahlungsunfähig ist (zum Beispiel seine Zahlungen eingestellt hat), eine Zahlungsunfähigkeit droht oder (nur bei juristischen Personen) eine
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Überschuldung eingetreten ist (in der Regel wenn die Verbindlichkeiten das Vermögen eines Unternehmens übersteigen), so ist gemäß Insolvenzordnung (InsO) beim zuständigen Amtsgericht schriftlich Insolvenz zu beantragen. Antragsberechtigt sind der Schuldner (für juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit besteht Antragspflicht!) sowie dessen Gläubiger, wobei dem Antrag zahlreiche zweckdienliche Unterlagen beizufügen sind (zum Beispiel Aufstellung der Schulden nach verschiedenen Klassen). Hinweis Für natürliche Personen und Selbstständige stellen die Insolvenzgerichte vorformulierte Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (Regelinsolvenz) inklusive Restschuldbefreiung zur Verfügung.
Das Gericht trifft vorläufige Vermögenssicherungsmaßnahmen (zum Beispiel Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und Verfügungsverbot des Schuldners) und entscheidet über Einleitung (Eröffnungsbeschluss) oder Ablehnung (zum Beispiel mangels Insolvenzmasse/Massenunzulänglichkeit) des Verfahrens. Die Einleitung des Insolvenzverfahrens hat u. a. die Fälligkeit aller Verbindlichkeiten des Schuldners (D Forderungen der Gläubiger) und die Einsetzung eines Insolvenzverwalters (welcher im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Verfügungsmacht erhält und die Geschäfte weiter führt oder abwickelt) zur Folge. Dies wird allen Gläubigern und der Staatsanwaltschaft mitgeteilt und öffentlich bekannt gemacht (Internet) sowie ggf. in das Handels- und andere Register eingetragen. Beim sogenannten Eigenverwaltungsverfahren verzichtet man auf die Einsetzung eines Insolvenzverwalters, anstatt dessen führt der Schuldner das Verfahren durch, wozu er seine Verfügungsbefugnis behält. Allerdings wird er bei seiner geschäftlichen Tätigkeit durch einen vom Gericht bestellten Sachwalter überwacht. Ziel des Insolvenzverfahrens ist es, die Gläubiger eines Schuldners (nach einzelnen Anspruchsrängen geordnet) gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners (nach Aussonderung besicherter Vermögensgegenstände, Masseverbindlichkeiten und Kosten des Verfahrens) verwertet und der Erlös verteilt oder in einem von den Gläubigern akzeptierten und dem Gerichts bestätigten Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem unbescholtenen Schuldner wird dadurch Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.
1.6 Nachgründungsphase Die Existenzgründung, also die Realisierung der Geschäftsidee, ist nur der erste, wenngleich entscheidende Schritt zum erfolgreichen Unternehmer/Unternehmen. Nachhaltige Selbstständigkeit erfordert die permanente Beachtung/Berücksichtigung zahlreicher, häufig variierender inner- und außerbetrieblicher Einflussfaktoren, die an-
1.6
Nachgründungsphase
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haltende Suche und Realisierung von Chancen und Möglichkeiten sowie die beharrliche Bewältigung von Unsicherheiten/Schwierigkeiten bzw. Lösung von Fragen/Problemen. Dabei unterstützen den Unternehmer die Erfahrungen und Entwicklungen der zurück liegenden Perioden, die sich auch in den verschiedenen Aufzeichnungen und Betriebsstatistiken als Bestands- und Entwicklungsdaten/Veränderungen nieder geschlagen haben (zum Beispiel Buchhaltung/Rechnungswesen, Betriebswirtschaftliche Auswertungen/BWA des Steuerberaters bzw. der DATEV, Kennzahlen). Betriebs-, Branchen- und Zeitvergleiche helfen der Analyse und Standortbestimmung sowie Bewertung der erreichten Ziele (zum Beispiel Benchmarking für Handelsbetriebe mit dem IFH-ECC des Instituts für Handelsforschung in Köln). Ein PLAN-/IST-Vergleich stellt hierbei die Grundlage einer qualifizierten Abweichungsanalyse dar, aus der Prämissen- und/oder Zielmodifikationen für die Zukunftsplanung abgeleitet werden können. So kann beispielsweise ein antizipierter Liquiditätsengpass durch Veränderung der Zahlungsziele, Verringerung der Lagerbestände und/oder Verbesserung des Mahnwesens bereits im Vorfeld verhindert werden. Diese Rückschau und Standortbestimmung sind demnach der Ausgangspunkt sowohl für aktuelle Maßnahmen (zum Beispiel Schwachstellenbeseitigung) aber auch für die unerlässliche Vorschau, die Antizipation zukünftiger Entwicklungen und die vor diesem Hintergrund zu formulierenden (neuen oder angepassten) Unternehmensziele und Strategien. Eine (lineare) Fortschreibung der bisherigen Entwicklung ist in der Regel nicht möglich/angemessen. Neben der Erwartung geänderter bzw. volatiler Umfeldbedingungen (Kunden/Markt, Wettbewerb, Rechtslage, Technologien, Umwelt usw.) sind auch die neuen Herausforderungen zu berücksichtigen, die sich aus der Veränderung der Stellung im Unternehmenslebenszyklus (s. oben) ergeben. Als Beispiele seien hier die Erschließung neuer Märkte zur Existenzsicherung (zum Beispiel Exporte, Online Shop), die zunehmende Relevanz des Personalwesens (Suche, Bindung und Förderung des erhöhten Personalbedarfs) oder Herausforderungen durch eine notwendige Wachstumsfinanzierung (zum Beispiel Umwandlung des Einzelunternehmens in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft) genannt. Dies alles wird überdies von (wechselnden) gesellschaftlichen Strömungen beeinflusst bzw. überlagert, was zu einer Erhöhung der Ungewissheit und Komplexität bezüglich zukünftiger Entwicklungen beiträgt. Aufgabe des Unternehmers/Unternehmens ist es deshalb, Risiken frühzeitig zu erkennen und deren Auswirkungen möglichst zu vermeiden oder zu minimieren und Chancen (früher als andere) zu identifizieren und zur nachhaltigen Weiterentwicklung des Unternehmens zu ergreifen/zu realisieren.
2
Finanzierung
I
Ohne Finanzmittel kann aus der Idee kein Start-up werden.
Da jedes Unternehmen zur Finanzierung seiner Investitionen und laufenden Geschäftstätigkeit Finanzmittel benötigt, ist deren Beschaffung und Sicherung von existenzieller Bedeutung. Anmerkung: In seltenen Fällen verzichten Existenzgründer bewusst auf die Inanspruchnahme von fremdem Kapital (sogenanntes Bootstrapping), was natürlich hinreichende Eigenmittel und in der Folge einen positiven Cashflow voraussetzt. Im Rahmen der Existenzgründung sowie zur nachhaltigen Unternehmenssteuerung und -sicherung ist hierbei eine vorausschauende Finanzplanung unerlässlich. Sie umfasst die Ermittlung des kurz- und langfristigen Finanzbedarfs zur Gründung und den Betrieb des Unternehmens, die (möglichst günstige) Eindeckung mit den benötigten Mitteln und sämtliche internen und externen Finanzströme aus der Bindung und Freisetzung der Finanzmittel. Dazu zählt nicht zuletzt der erwirtschaftete Ertrag. Alle genannten Faktoren werden letztendlich in einem umfassenden Finanzplan festgehalten. Hinweis Im Durchschnitt ist für eine Gründung mit einem Kapitalbedarf von 25 000 Euro zu rechnen.
Dem Finanz-Controlling dienen verschiedene Kennziffern zur Finanzlage und -entwicklung. Zur Kapitalflussrechnung/Cashflow-Ermittlung vgl. Abschn. 1.4.3.2. Die verschiedenen Finanzierungsarten werden in der nachstehenden Abb. 2.1 systematisiert bzw. dargestellt. Demnach lässt sich die Unternehmensfinanzierung nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber in Eigen- und Fremdfinanzierung unterscheiden. Erstere dient vor allem der Bildung oder Beschaffung von Eigenkapital, letztere von Fremdkapital. Die Eigenfinanzierung kann weiter in die Selbstfinanzierung des Unternehmens und die Beteiligungsfinanzierung differenziert werden. Der Selbstfinanzierung dienen u. a. vom © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 R. Schinnerl, Erfolgreich in die Selbstständigkeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22111-9_2
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2
Finanzierung
Finanzierungsarten
Eigenfinanzierung
Selbstfinanzierung
Innenfinanzierung
Fremdfinanzierung
Beteiligungsfinanzierung
Fremdkapitalfinanzierung
Außenfinanzierung
Alternative Finanzierungsinstrumente
Abb. 2.1 Finanzierungsarten. (Quelle: eigene Darstellung)
Unternehmen erwirtschaftete (und nicht ausgeschüttete) Gewinne, während die Beteiligungsfinanzierung die Einbringung von Eigenkapital durch die gegenwärtigen oder durch neue Gesellschafter bedeutet. Die Fremdfinanzierung erfolgt klassischerweise vornehmlich durch die Aufnahme von Krediten oder aus den laufenden Geschäftsbeziehungen (näheres siehe nachfolgend). Nach der Herkunft der Finanzmittel kann man diese auch in Innenfinanzierung (Kapitalbildung im Unternehmen) und Außenfinanzierung (Kapitalzufluss von außen) unterteilen. Die alternativen Finanzierungsinstrumente reichen – abhängig von der Vertragsgestaltung der jeweiligen Finanzierungsmaßnahme und oft als (variierende) Kombinationen der vorstehend angeführten Finanzmittel – von der Eigenkapital- bis zur Fremdkapitalfinanzierung (dazu ebenfalls nachstehend mehr). Schließlich ist noch die Unterscheidung der Finanzmittel (Fremdkapital) nach der Dauer der Bereitstellung, das heißt deren Laufzeit/Fristigkeit in kurzfristige (Liquidität) und langfristige Mittel (Darlehen) zu treffen. Die angeführten Unterschiede haben nicht nur formalen, sondern insbesondere auch materiellen Charakter mit wesentlichen Auswirkungen/Einflüssen auf das Unternehmen. So ist nicht jede Finanzierungsform für jedes Unternehmen gleichermaßen geeignet und verfügbar. Die Rechtsform, Größe, Phase im Produktlebenszyklus (vgl. Abschn. 1.2.2), Bonität und/oder Art des zu finanzierenden Projekts determinieren u. a. die optimale Fi-
2.1 Eigenfinanzierung
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nanzierungsstruktur und den Zugang eines Unternehmens zu den unterschiedlichen Finanzmitteln. Bei allen Finanzierungsarten sind die anfallenden Kosten für deren Akquisition und Einsatz zu beachten. Seien es (erfolgsabhängige) Vergütungen wie Dividenden und Gewinnbeteiligungen oder (erfolgsunabhängige) Zinsen und Gebühren, die in jedem Fall bezahlt werden müssen sowie die Nebenkosten für die Mittelbeschaffung (zum Beispiel für Banken, Anwälte/Notare, Wirtschaftsprüfer, Börsen, Ratingagenturen) und nicht zuletzt die internen Kosten für Finanzplanung, Rechnungswesen/Controlling, Investor Relations und Information/Kommunikation.
2.1
Eigenfinanzierung
Die Eigenfinanzierung und hier insbesondere die Selbstfinanzierung bietet den Unternehmen die Möglichkeit, ihre Finanzierung aus eigener Kraft weitgehend unabhängig von den Kapitalmarktzinsen (der Banken) und der eigenen Bonität (Kreditwürdigkeit) darstellen zu können. Exkurs: Eigenkapital Das Eigenkapital von Unternehmen und ggf. seine Mindesthöhen sind (je nach Rechtsform und Rechnungslegung der Unternehmen) in unterschiedlichen Gesetzen definiert und festgelegt (HGB, BGB, AktG, GmbHG, IAS); vgl. Abschn. 1.5.3.2. Auch die Inanspruchnahme von Fremdmitteln und Förderkrediten (siehe nachfolgend) setzt in der Regel eine gewisse Mindestkapitalausstattung/Mindestbeteiligung mit Eigenmitteln voraus. Vereinfacht dargestellt besteht das Eigenkapital bei bilanzierenden Einzelunternehmen (formal) in der Regel aus dem Kapitalkonto des Eigentümers (ein festes Konto mit der bedungenen Einlage, ein variables Konto für Einlagen/Gewinnansammlung und Entnahmen, das auch einen negativen Saldo aufweisen kann) bzw. bei Personengesellschaften aus den Kapitalkonten der Gesellschafter, den Rücklagen, dem Gewinn- oder Verlustvortrag und dem (aktuellen) Jahresergebnis. Bei Kapitalgesellschaften besteht es aus dem von den Anlegern gezeichneten Kapital, der Kapitalrücklage, den Gewinnrücklagen, dem Gewinn- oder Verlustvortrag und dem (aktuellen) Jahresergebnis. Diesen stehen gegebenenfalls einige Abzugspositionen gegenüber wie nicht voll einbezahlte Anteile und eigene Anteile im Bestand. Auf eigenkapitalähnliche Positionen (die im Gegensatz zum Eigenkapital in der Regel zeitlich befristet sind) wie nachrangige Darlehen, stille Beteiligungen oder Genussscheine wird in Abschn. 2.3 eingegangen. Das Eigenkapital hat neben der Finanzierungsfunktion weitere wesentliche Aufgaben/Merkmale im Unternehmensgeschehen:
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Finanzierung
Es stellt grundsätzlich die Basis für die unternehmerische Tätigkeit/Selbstständigkeit dar. Es haftet für alle Verbindlichkeiten des Unternehmens, seine Höhe bestimmt deshalb wesentlich die Bonität (Kreditwürdigkeit) eines Unternehmens und damit den Zugang zu Fremdkapital. Es bildet die Grundlage für die (erfolgsabhängige) Gewinn- und Verlustbeteiligung der Eigentümer/Gesellschafter (zum Beispiel Ausschüttungen), hierbei besteht in der Regel kein Anspruch auf feste Zinszahlungen bzw. erfolgsunabhängige Vergütung (Ausnahmen). Es steht dem Unternehmen grundsätzlich unbefristet zur Verfügung, das heißt, es besteht kein Rückzahlungsanspruch.
2.1.1 Eigenmittel Die meisten Existenzgründer finanzieren die ersten Schritte zur Entwicklung/Realisierung ihrer Geschäftsidee (häufig zwangsläufig) ausschließlich oder weit überwiegend mit eigenen Mitteln. Das sind in erster Linie ihre Ersparnisse, Mittel/Erträge aus anderen Quellen (zum Beispiel Wertpapiere, Nebenerwerbe, Zuschüsse, persönlich verbürgtes Darlehen) und sonstiges Privatvermögen, das sie für betriebliche Zwecke einsetzen (zum Beispiel Immobilien, Einrichtungsgegenstände, Kraftfahrzeuge). Hinzu kommt häufig Kapital von Verwandten und Freunden (Family & Friends). Zur Erinnerung: Einzelunternehmer haften nicht nur mit dem betrieblich eingesetzten (Eigen-)Kapital, sondern auch mit ihrem Privatvermögen, sodass auch dieses zu ihren (haftenden) Eigenmitteln gezählt werden kann (weshalb dieser Begriff regelmäßig über das gesetzlich definierte Eigenkapital hinausgeht). Eigenmittel als Finanzierungsquelle haben für die Unternehmen den Vorteil, dass keine (erfolgsunabhängigen) Zinsen und Tilgungen bezahlt werden müssen („Liquiditätsträger“) und der Unternehmer die unbeschränkte Verfügungsmacht über diese Mittel bzw. das Unternehmen behält (keine Mitsprache Dritter). Auch die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens hängt eng mit der Höhe der vorhandenen Eigenmittel zusammen („Risikoträger“). Hinweis Sollten dem Gründer keine weiteren (Fremd-)Mittel zur Verfügung stehen/zugänglich sein, so muss zumeist die Gründungsstrategie des „Bootstrapping“ verfolgt werden: möglichst Vermeidung von Ausgaben und rasche Erzielung/Maximierung von Einnahmen (Low Budget Strategy), was den Gründungsprozess jedoch bedeutend verlängern/verzögern kann. In diesem Zusammenhang werden auch die Vermarktung von Vor- und Zwischenprodukten oder sonstige (Dienst-)Leistungen zur Einnahmen-/Cash-Generierung empfohlen (was bereits in Richtung Selbstfinanzierung geht; vgl. dazu Abschn. 2.1.2). Das Bootstrapping, also die Finanzierung der Geschäftsidee ausschließlich mit eigenen Mitteln, hat für den Gründer aber auch eine Reihe nicht zu unterschätzender Vorteile: Konzentration des
2.1 Eigenfinanzierung
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Gründers auf die wesentlichen Aspekte der Geschäftsidee (wegen begrenzter Mittel), keine Kollision des eigenen Geschäftsmodells mit jenem externer Investoren (zum Beispiel langfristiges Wachstum versus kurzfristige Ertragsgenerierung), höhere Motivation durch gesteigertes Erfolgs- und Risikobewusstsein (eigene Mittel/Existenz), voller Einsatz der Arbeitskraft zur Realisierung der Geschäftsidee und nicht an zeitaufwendigen Meetings der Investoren oder deren Anwälte/Banken u. a. teilnehmen müssen, und last not least die Freiheit der eigenen Entscheidungen ohne die Notwendigkeit zur Begründung jedes Schrittes bei den Investoren; vgl. dazu Abschn. 2.3.7.2.
Im weiteren Lebenszyklus des Unternehmens werden die aus der Selbstfinanzierung stammenden Mittel (siehe nachfolgend) ebenfalls zu den Eigenmitteln gezählt.
2.1.2
Selbstfinanzierung
Zu den wichtigsten Möglichkeiten der Selbstfinanzierung zählen: Einbehaltung von Gewinnen (nach Steuern) erhöht das Eigenkapital und damit die Bonität; ob der Gewinn sofort dem Eigenkapitalkonto zugerechnet oder vorerst in den Gewinnvortrag bzw. die Rücklagen eingestellt wird, spielt hierbei nur eine sekundäre Rolle (wichtig ist die Thesaurierung) Bildung von Rückstellungen (für zukünftige Verbindlichkeiten/Ausgaben wie Garantieleistungen, Pensionszahlungen für ehemalige Mitarbeiter) stellt zwar betriebliche Aufwendungen dar (aber keine Ausgaben!) und erhöht das (unverzinsliche) Fremdkapital, kann aber bis zur Auflösung/Auszahlung zu Finanzierungszwecken verwendet werden und mindert die Einkommen-/Ertragsteuerlast: Finanzmittelgenerierung und Steuerverminderung Freisetzung von gebundenen Mitteln durch Abschreibungen (von Vermögensgegenständen, vor allem Anlagevermögen); diese repräsentieren den Gegenwert des Werteverzehrs/Wertverlustes der Vermögensgegenstände durch Abnutzung oder veränderte Marktverhältnisse, welche (nach entsprechendem Ansatz) über die Umsatzerlöse in das Unternehmen (zurück) geflossen sind. Zur Erinnerung: Die genannten Finanzpositionen entsprechen dem (in Abschn. 1.4.3.2 angeführten) traditionellen Cashflow aus dem Ergebnis (entsprechende Veränderung der finanziellen Mittel). Weitere Möglichkeiten der Realisierung von Finanzmitteln im Rahmen der Selbstfinanzierung stellt das Heben von stillen Reserven dar, die in Vorperioden durch Unterbewertung von Aktivpositionen oder Überbewertung von Verbindlichkeiten unversteuert gebildet wurden und erst bei Auflösung zu versteuern sind (Steuerstundung und Liquiditätsreserve) sowie der Verkauf von nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen (zum Beispiel brachliegende Grundstücke) oder Verkauf der Geschäftsimmobilie und Rückmiete (Sale and Lease back) und Abbau überhöhter Lagerbestände (Sonderverkäufe).
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2
Finanzierung
2.1.3 Beteiligungsfinanzierung Bei der Beteiligungsfinanzierung werden dem Unternehmen Eigenmittel von außen/von Dritten zugeführt (Außenfinanzierung). Bei erhöhtem Eigenkapitalbedarf (zum Beispiel ungenügendes Mindestkapital) oder bei generellem Finanzmittelbedarf und unzureichenden Möglichkeiten der Fremdfinanzierung (zum Beispiel mangels Bonität und Sicherheiten) ist eine Zuführung von Eigenmitteln unumgänglich. Die Zuführung kann bei Einzelunternehmen durch Erhöhung des Eigentümer-Kapitalkontos mit (externen) Drittmitteln, bei Personen(handels)gesellschaften vor allem durch zusätzliche Einlagen der gegenwärtigen Gesellschafter oder Aufnahme neuer Gesellschafter, bei Kapitalgesellschaften durch Erhöhung des Stammkapitals durch zusätzliche Einlagen der Gesellschafter (GmbH) oder Kapitalerhöhung durch Verkauf neuer Aktien bei einer AG (zum Beispiel über die Börse) erfolgen (siehe dazu nachstehend). Die Gesellschafter/Eigentümer haben (rechtsformabhängig) verschiedene Rechte wie etwa Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft (inklusive stille Reserven), Kontroll- und/ oder Mitwirkungsrechte sowie Weisungs-/Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftspolitik, Bestellung von Organen sowie Beteiligung am Gewinn und Verlust. Im Gegenzug haften die Eigentümer von Einzelunternehmen und Personengesellschaften in der Regel mit ihrem gesamten (auch privaten) Vermögen für die Verpflichtungen der Gesellschaft, Gesellschafter von Kapitalgesellschaften haften nur mit ihren Anteilen (das heißt, es haftet ausschließlich das Gesellschaftsvermögen, welches vor allem aus dem gezeichneten Kapital, den Rücklagen und den kumulierten Gewinnen/Verlusten besteht). Näheres dazu in Abschn. 1.5.3.2. Börsengang Weniger für Neugründungen, aber umso besser für die Finanzierung des Wachstums bereits etablierter Aktiengesellschaften eignet sich der Gang an eine Börse, das heißt die Notierung der eigenen Aktien in einem geeigneten Börsensegment. Abweichend vom „Private Equity“ spricht man hierbei von „Public Equity“, da die Aktien dem allgemeinen Publikum über einen organisierten (und überwachten) Markt angeboten werden (Anmerkung: Aktienemission D Ausgabe von Aktien). Gesetzliche Vorschriften hierzu finden sich vor allem im Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Kapitalanlagengesetzbuch, Börsengesetz/Börsenzulassungsverordnung, aber auch die einschlägigen Paragrafen des Aktiengesetzes, Kreditwesengesetzes und damit verbundene Verordnungen sind ggf. zu beachten (siehe dazu: Anhang: Literaturverzeichnis/Internetadressen: BMJV – Gesetze im Internet). Neben der Eigenkapitalstärkung (die regelmäßig mit einer Verbesserung des Ratings verbunden ist, was wiederum die Fremdkapitalkosten senkt) wird insbesondere bei der Erstnotierung (engl. Initial Public Offering/IPO) der Bekanntheitsgrad des Unternehmens deutlich erhöht. Bei der Deutsche Börse AG legen beispielsweise drei Transparenzlevels („Standards“) die Anforderungen fest, nach denen Unternehmen (segmentabhängig) über ihr Geschäft und andere kursrelevante Tatsachen berichten müssen (was insbesondere für
2.1 Eigenfinanzierung
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Aktionäre und potenzielle Investoren, aber auch für Wettbewerber von Interesse ist). Ein weiterer Vorteil der Börsennotierung ist der erleichterte Gesellschafterwechsel, dem allerdings die Gefahr verstärkten Fremdeinflusses (mit unterschiedlichen Interessen) gegenüber steht. Letzteres kann jedoch durch die Beibehaltung der Majorität bei den Gründern (Altgesellschaftern), entsprechende Satzungsbestimmungen und die Wahl der Aktiengattung (zum Beispiel Vorzugsaktien mit Stimmrechtsbeschränkung) umgangen werden. Die Kosten eines Börsengangs werden mit vier bis zehn Prozent des Emissionsvolumens beziffert, wovon rund die Hälfte auf Bankenprovisionen entfällt (D Liquiditätsbelastung!). Da die Voraussetzungen und Durchführung eines Börsengangs einen diffizilen, zeitaufwendigen und relativ teuren Vorgang darstellen, der (neben einem internen Emissionsteam) die Einschaltung von Beratern, Wirtschaftsprüfern, Anwälten/Notaren, Analysten und (Emissions-)Banken erfordert und (nicht zuletzt deshalb) nur von wenigen Neugründungen in der Wachstumsphase eingeschlagen wird, sollen die verschiedenen (teilweise überlappenden) Schritte eines Börsengangs im Folgenden nur kursiv dargeboten werden. 1. Prüfung der Börsenreife: Besteht bereits eine Aktiengesellschaft oder ist die Umwandlung in eine solche notwendig? Sind die vom angestrebten Börsensegment abhängigen Faktoren wie Mindestgröße, -grundkapital, -alter, -streubesitz erreicht? Ermittlung u. a. von Unternehmenswert, aktuellem Börsenumfeld und Branchen-/Wettbewerbssituation. 2. Wahl des Emissionsteams: Prüfung der Unternehmensunterlagen (interne Daten/Fact Book, Businessplan, SWOT-Analyse) durch die eingeladenen (Emissions-) Banken, Abgabe von Angeboten (Konditionen) für das geplante Emissionsvolumen und Bestimmung der Emissionsbank (bei höheren Volumina/mehreren Banken: Konsortialführer). 3. Due Diligence Prüfung: Unter Einschaltung von Wirtschaftsprüfern und Anwälten wird das Unternehmen auf seine wirtschaftlichen, rechtlichen und personellen/organisatorischen Potenziale und Risiken überprüft, wobei auch das unternehmerische Umfeld (Markt, Branche, Wettbewerb) einbezogen wird. Als Ergebnis wird ein sogenannter Letter of Comfort erstellt, für den die Prüfer verbindlich einstehen. Gemeinsam mit einem Businessplan und unter Berücksichtigung von Marktstellung/Marktpotenzial des Unternehmens wird daraus ein Gesamtkonzept entwickelt („Equity Story“), das als Grundlage für den Börsenprospekt dient, der allen potenziellen Investoren zur Verfügung gestellt wird und eine wesentliche Voraussetzung für die Börsenzulassung darstellt (s. u.). 4. Festlegung der Emissionsstrategie: Unter Einschaltung verschiedener Experten werden weitere Rahmenbedingungen für den Börsengang festgelegt. a. Bestimmung der Zielgruppe: Gemeinsam mit der Emissionsbank und Beratern wird die Zielgruppe definiert (zum Beispiel private oder institutionelle Investoren, Kleinanleger, Family & Friends, Management). b. Wahl der Börse und des Börsensegments: Für (jüngere) deutsche mittelständische Unternehmen bieten sich die sieben deutschen Börsenplätze und – trotz geringerer Volumina, Öffentlichkeitswirksamkeit und begrenzter Zugangsmöglichkei-
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2
Finanzierung
ten institutioneller Investoren – der börsenregulierte Freiverkehr/Open Market der Deutschen Börse mit dem Börsensegment Scale und dessen vergleichsweise moderaten Ansprüchen an: positives Eigenkapital und Ergebnis, Jahresumsatz mindestens zehn Millionen Euro, Marktwert mindestens 30 Mio. C und beschränkte Informations-/Publizitätspflichten wie etwa keine Quartalsabschlüsse, keine IFRSBilanzierung, keine Ad-hoc-Mitteilungen (Anmerkung: im Unterschied zum staatlich „geregelten Markt“ wird der „Freiverkehr“ von der Börse selbst reguliert und deshalb nach dem AktG nicht als Börsennotierung angesehen). c. Auswahl der Aktiengattung: Abhängig von den gewünschten (Stimm-, Dividendenund Übertragungs-)Rechten bzw. deren Abgabe an die neuen Aktionäre kann zwischen Stamm-/Inhaber-, Vorzugs- und (vinkulierten) Namensaktien gewählt werden. d. Festlegung des Preisfindungs-/Platzierungsverfahrens: Zur Platzierung des (gemeinsam mit der Emissionsbank am Kapitalbedarf ausgerichteten und auch vom Börsenplatz/-segment beeinflussten) Emissionsvolumens gibt es unterschiedliche Verfahren, die sich vor allem in der Übernahme des Platzierungsrisikos durch die Emissionsbank(en) unterscheiden: Beim Festpreisverfahren übernimmt die Emissionsbank das gesamte Platzierungsrisiko, indem dem Emittenten ein fester Preis für alle Aktien garantiert wird. Beim Auktionsverfahren wird der Preis für die Aktien mittels eines Auktionsverfahrens ermittelt, wobei die höchsten Gebote die Zuschläge erhalten (keine Preisgarantie, aber auch Möglichkeit hoher Preise/Erlöse). Ähnlich werden beim (am häufigsten gewählten) BookbuildingVerfahren Angebote von interessierten Investoren eingeholt, die Aktien innerhalb einer vorher festgelegten Preisspanne zu erwerben. Bei hoher Nachfrage wird sich der Emissionspreis an der oberen Preisbandgrenze bewegen, wobei Interessenten mit zu niedrigen Geboten nicht zum Zuge kommen. Umgekehrt besteht für den Emittenten die Gefahr, dass der Emissionspreis so niedrig ist, dass nicht der erwartete Emissionserlös erzielt wird (Platzierungsrisiko). 5. Information/Kommunikation der Kapitalmarktteilnehmer: Nach Festlegung der Emissionsstrategie erfolgt im Rahmen der Pre-Marketing-Phase eine intensive Kommunikation mit Kapitalmarktakteuren/potenziellen Investoren. Zum einen ist es das Unternehmen selbst, das durch mannigfaltige Investor-Relations-Aktivitäten/IR (zum Beispiel Presseveröffentlichungen oder Road Shows, das heißt direkte Ansprache potenzieller Investoren) das Unternehmen insbesondere am Kapitalmarkt bekannt macht und das Interesse an dessen IPO wecken soll (was die Platzierungschancen erhöht). Zum anderen geben die Emissionsbanken an unabhängige Analysten umfassende Finanzstudien in Auftrag, die den Emittenten in seiner ganzen Breite und Tiefe durchleuchten und in sogenannten Research-Reports darstellen, um dessen Kapitalmarktfähigkeit zu dokumentieren, potenzielle Investoren zu informieren/interessieren und erste Hinweise auf einen möglichen Emissionspreis abzuleiten. 6. Emission: Im Anschluss (D Emissionszeitpunkt) beginnt die beschriebene Platzierung der Aktien (D Zeichnungsphase), wobei die Zeichnungsgebote der Investoren (Preise und Volumina) von der Emissionsbank (oder bei mehreren Banken dem Kon-
2.1 Eigenfinanzierung
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sortialführer) in einem Orderbuch gesammelt werden. Aus allen Angeboten wird der Emissionspreis der Aktien ermittelt und die Zuteilung an die Bieter vorgenommen. Sollte die Nachfrage größer sein als das Angebot („Überzeichnung“), so kann die Emissionsbank eine Mehrzuteilungsoption in Anspruch nehmen („Greenshoe“ – benannt nach dem ersten Unternehmen, bei dem dieses Verfahren angewandt wurde) und zehn bis 15 % der emittierten Aktien zu den ursprünglichen Konditionen zusätzlich ausgeben. Zum Risiko geringerer Zeichnung siehe vorstehend (Platzierungsverfahren). Spätestens einen Werktag vor dem öffentlichen Angebot der Aktien ist ein – durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geprüfter/gebilligter – Börsenprospekt zu veröffentlichen, der Voraussetzung zur Zulassung der Aktien an den Börsen ist. In ihm müssen die Anforderungen der anvisierten Börse/Börsensegment berücksichtigt und die vom Wertpapierprospektgesetz vorgeschriebenen Informationen enthalten sein (zum Beispiel Angaben zur Aktie, Emissionspreis, Emittent, Abschlussprüfer, Bilanz-/GuV-Daten). 7. Börsennotierung: Nach Eintragung der Aktien in das Handelsregister erfolgt die (Erst-)Notierung an der Börse (Börsenstart). 8. Fortführungsaktivitäten (After-Sale): a. Kurspflege: Da in den ersten Wochen nach der Erstnotierung häufig Kursausschläge zu beobachten sind, übernimmt in der Regel ein (von der Emissionsbank bestimmter) „Designated sponsor“ die Kurspflege der Aktie. Hierbei kann er auf den Greenshoe zurückgreifen oder Aktienrückkäufe durchführen. Danach fällt es insbesondere mittelständischen Unternehmen (ohne Hilfe der Emissionsbank) häufig schwer, Kursausschläge mit eigenen Ressourcen zu glätten. Auch leidet häufig die Liquidität der Aktie, das heißt die jederzeitige Handelbarkeit mangels Angebot/Nachfrage. b. Publizitätspflichten und IR-Aktivitäten: Abhänggig von den genannten Transparenzvorschriften der verschiedenen Börsensegmente sind ad-hoc, laufend oder periodisch Informationen/Unterlagen zu veröffentlichen (zum Beispiel Ad-hoc-Meldungen über kursrelevante Tatsachen, Jahresabschluss und/oder Quartalsberichte, Bilanzpresse-/Analystenkonferenzen, Jahreshauptversammlungen). Um langfristig das Interesse an der Aktie und dem Unternehmen aufrecht zu erhalten, ist eine kontinuierliche Information der Aktionäre, potenziellen Investoren und ggf. der Öffentlichkeit (via Pressemitteilungen, Homepage) unabdingbar. Für mittelständische Unternehmen bietet sich die gelegentliche Einschaltung eines IR-Beraters oder das Outsourcing der IR-Funktion an, um bei den Kapitalmarktteilnehmern präsent zu bleiben (zum Beispiel wegen Aktienkäufen/-verkäufen im [verbliebenen] Parketthandel der genannten Börsenplätze oder auf elektronischen Handelsplattformen wie Xetra) oder weitere Emissionen (zum Beispiel junge Aktien, Schuldverschreibungen) vorzubereiten. Zur Stillen Gesellschaft und Mitarbeiterbeteiligung als Form der Beteiligungsfinanzierung vgl. Abschn. 2.3.
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Finanzierung
Auf eigenkapitalähnliche bzw. alternative Beteiligungsformen (Mezzanine-Kapital) wird ebenfalls in Abschn. 2.3 eingegangen.
2.2 Fremdfinanzierung Eine Fremdfinanzierung ist bei Existenzgründungen wie auch bei etablierten Unternehmen (vor allem mangels hinreichenden Eigenkapitals) in der Regel ein unverzichtbarer Bestandteil der Finanzierungsstrategie/-planung. Neben dem ermittelten Bedarf können noch eine Reihe weiterer Gründe für die Aufnahme von Fremdkapital sprechen wie eine kurzfristige Liquiditätslücke (zum Beispiel Kontokorrentkredit), zinsgünstige Finanzmittel (zum Beispiel Förderdarlehen), für später geplante Eigenkapitalerhöhung (zum Beispiel Wandelschuldverschreibungen), steuerliche Gründe (Zinsen = steuerlich zu berücksichtigende Aufwendungen) oder die Nutzung des Leverage-Effekts. Dieser soll in einem Exkurs kurz dargelegt werden: Die Eigenkapitalrendite eines Unternehmens/einer Investition wird zumeist nicht unwesentlich von der Kapitalstruktur bzw. dem Verschuldungsgrad, das ist das Verhältnis von eingesetztem Eigen- und Fremdkapital, bestimmt. Die gewinnsteigernde Wirkung der Fremdfinanzierung bei rentablen Investitionen nennt man „Leverage-Effekt“; dieser drückt die Hebelwirkung des Verschuldungsgrads auf die Eigenkapitalrendite aus: Solange die Verzinsung „r“ des Gesamtkapitals/einer Investition größer ist als der Fremdkapitalzinssatz „i“ (r > i) besteht eine Leverage-Chance, d. h., die Möglichkeit, durch Steigerung des Verschuldungsgrads die Eigenkapitalrendite zu erhöhen. Im umgekehrten Fall (i < r) spricht man von einem Leverage-Risiko. Dieser Effekt findet seine Grenzen in gesetzlichen Vorgaben (Mindestkapital) und Stabilitäts-/Bonitätskriterien (von Kreditgebern geforderte EK-Quote). Zu den wesentlichsten Instrumenten der Fremdfinanzierung zählen Bankkredite/ Darlehen, Anleihen und Lieferantenverbindlichkeiten. Hinzu kommen ggf. die oben als Selbstfinanzierung benannten Rückstellungen. Nach Fristigkeiten unterscheidet man im Einzelnen: kurzfristig fälliges Fremdkapital (liquide Mittel) wie Kontokorrent- und Betriebsmittelkredite, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Kundenanzahlungen, ggf. kurzfristige Garantie- und Steuerrückstellungen langfristig fälliges Fremdkapital wie Investitionskredite, Hypothekendarlehen (durch Hypotheken/Grundschulden gesicherte Darlehen), Anleihen, Schuldscheindarlehen (Darlehen mit Krediturkunde gemäß BGB, nicht zu verwechseln mit Schuldverschreibungen, siehe dazu nachfolgend), ggf. Pensionsrückstellungen. Im Unterschied zum oben angeführten Eigenkapital steht das Fremdkapital dem Unternehmen in der Regel zeitlich nur begrenzt zur Verfügung, ist unabhängig von der Ertrags-
2.2 Fremdfinanzierung
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lage des Unternehmens immer gemäß Vertrag zu verzinsen/zu tilgen (feste Liquiditätsbelastung) und unterliegt nicht dem unternehmerischen Haftungsrisiko (kein Risikoträger). Der Fremdkapitalgeber hat einen Anspruch auf Verzinsung und Tilgung (Rückzahlungsanspruch) des überlassenen Kapitals. Während die o. a. Gewinnbeteiligung vom Empfänger als Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern ist, sind die Zinsen für Fremdkapital beim Kreditnehmer in der Regel als Aufwand/Betriebsausgaben steuerlich absetzbar.
2.2.1
Bankkredite
Die Kreditvergabe der Banken bzw. der Krediterwerb durch Unternehmen wird neben der Höhe und Laufzeit des Kredits durch die Bonität des kreditwerbenden Unternehmens (das ist die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers bzw. das Kreditausfallrisiko) und den von ihm gestellten (persönlichen oder sachlichen) Sicherheiten maßgeblich beeinflusst bzw. begrenzt. Alle Banken sind bereits aus eigenem Sicherheitsinteresse, aber auch durch die Vorschriften des entsprechenden Regelungswerks der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel (aktuell Basel III, eine verschärfte Nachfolgeregelung Basel IV ist in Arbeit) angehalten, die Bonität ihrer Kreditnehmer nach vorgegeben Kriterien anfänglich und über die gesamte Kreditlaufzeit periodisch zu überprüfen (und entsprechend dem ermittelten Risiko mit Eigenkapital der Bank zu unterlegen). Die zeitnahe Vorlage von Betriebs-/Abschlussunterlagen des Unternehmens und regelmäßige Gespräche mit dem Bankberater erleichtern/fördern diesen Prüfungsprozess. Dabei spielen persönliche, fachliche, wirtschaftliche und familiäre Verhältnisse/Eigenschaften sowie ggf. die Kredithistorie (Einhaltung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen in der Vergangenheit) des Kreditnehmers/Gründers eine Rolle. Hierzu werden regelmäßig Selbstauskünfte bzw. Auskünfte von Kreditauskunfteien wie Schufa, Bürgel, Infoscore oder Creditrating eingeholt. Hinzu kommen zahlreiche unternehmensspezifische Faktoren, die dem Businessplan (bei Bestandsunternehmen dem Rechnungswesen und den BWAs) entnommen oder bei Gesprächen und Betriebsbegehungen erhoben werden. Das sind zum einen quantitative Kriterien (vor allem Bilanz/GuV-Kennzahlen und deren Entwicklung) wie Umsatz/Bilanzsumme (Unternehmensgröße), Kapitalstruktur/Eigenkapitalquote, Eigenkapitalrentabilität, Verschuldungs-, Liquiditäts- und Deckungsgrade, aber auch sogenannte qualitative Faktoren wie Branchenattraktivität, Wettbewerb, Produktportfolio, Produkt-/Markenpositionierung, Managementqualifikation, Alter des Betriebs/Positionierung im Unternehmenszyklus, Niveau von IT/Organisation, Rechnungswesen und Planung oder Perspektiven. Als Ergebnis wird ein (internes) Rating ermittelt, das die Bonität/Kreditwürdigkeit bzw. Ausfallwahrscheinlichkeit, das heißt die zukünftige Kapitaldienstfähigkeit eines Schuldners bewertet. Ein schlechtes Rating wirkt sich unmittelbar auf die Kreditkonditio-
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Finanzierung
nen aus – je schlechter dieses ausfällt umso höhere Zinsen wird die Bank verlangen (und im Extremfall den Kredit sogar verweigern oder einen bestehenden kündigen). Hinweis Für größere Kapitalnehmer an den (nationalen/internationalen) Kapitalmärkten (zum Beispiel Anleihemärkte) wird die Bonität von sogenannten Ratingagenturen geprüft (und veröffentlicht).
Ein Blick auf die genannten Kriterien zeigt wie schwierig (bis unmöglich) es für Existenzgründer ist, ein gutes Rating zu erreichen. Sicherheiten Hier kommen die erwähnten Kreditsicherheiten zum Tragen, die (im Rahmen von Beleihungsgrenzen) auch bei einem schlechteren Rating die Gläubiger (Fremdkapitalgeber) im Bedarfsfall durch Inanspruchnahme/Verwertung vor einem Kapitalverlust schützen können (und sich deshalb positiv auf die Kreditvergabe/Kreditkonditionen niederschlagen). Bei Verschlechterung der Bonitätslage des Schuldners oder Zahlungsausfällen während der Kreditlaufzeit (Kredite werden notleidend) werden von Banken in der Regel ebenfalls verstärkt Sicherheiten nachgefragt bzw. verwertet (ehe Zwangsmaßnahmen eingeleitet werden; vgl. auch Abschn. 1.5.4): Grundpfandrechte (Hypotheken oder Grundschulden) sichern durch (teilweise) Verpfändung einer Immobilie und deren Eintragung („Belastung“) in das Grundbuch den Kredit ab. Sicherungsübereignung ist die Übertragung des Eigentums an Vermögensgegenständen (zum Beispiel Maschinen) an den Kreditgeber zur Absicherung des Kredits, währen der Kreditnehmer weiter Besitzer bleibt (und mit der Maschine arbeiten kann). Bürgschaft: Hierbei verpflichtet sich ein Bürge (Person, Institution), die ordnungsgemäße Erfüllung des Kreditvertrages zu gewährleisten. Bei der sogenannten selbstschuldnerischen Bürgschaft kann sich der Gläubiger direkt an den Bürgen zur Erfüllung des Kreditvertrags wenden, während er bei der Ausfallbürgschaft vorab erfolglos Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beim Schuldner versucht haben muss. Hinweis: Bei einem „Avalkredit“ übernimmt eine Bank eine Bürgschaft oder Garantiestellung (zum Beispiel Bürgschaften für Stundung von Steuern und Zöllen, Mietbürgschaft, Lieferungs- und Leistungsgarantie). Zession bzw. Abtretung von Forderungen an den Gläubiger. Eigentumsvorbehalt (eines Herstellers/Lieferanten): die gelieferte Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung durch den Käufer in seinem Eigentum. Verpfändung (und Übergabe an den Gläubiger) oder Beleihung (ohne Übergabe) von Mobilien wie zum Beispiel Wertpapiere, Edelmetalle oder Vorräte. Abschluss einer Kreditversicherung (siehe auch oben: Betriebsversicherungen). Banken verlangen in Kreditverträgen bisweilen eine sogenannte Ausschließlichkeitserklärung, die dem Kreditnehmer untersagt, bei einer weiteren Bank Konten zu unterhalten.
2.2 Fremdfinanzierung
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Ferner sind sogenannte Negativerklärungen üblich, die ein bestimmtes geschäftliches Verhalten des Kreditnehmers untersagen (zum Beispiel keine Veräußerung/Belastung von Immobilien, keine Kredite bei anderen Banken aufnehmen). Bei großen und lang laufenden Krediten werden (zusätzlich) häufig sogenannte Covenants vorgeschrieben, das ist die Einhaltung bestimmter Bilanzrelationen (zum Beispiel Eigenkapitalquote, Verschuldungsgrad), bei deren Verstoß eine Kündigungsmöglichkeit besteht. Hinweis Außerhalb des Bankensektors und ohne die genannten Anforderungen werden auf einschlägigen Kreditvermittlungsplattformen (zum Beispiel Auxmoney) Kredite von Privat an Privat vermittelt. Kreditsuchende können ihre Projekte und Erwartungen vorstellen, Anleger können direkt in einzelne Kreditprojekte oder in eine Vielzahl von Projekten investieren.
2.2.2
Anleihen/Schuldverschreibungen
Anleihen oder Schuldverschreibungen, auch Festverzinsliche Wertpapiere, Renten oder Obligationen (engl. Bonds) genannt, sind Wertpapiere, die der Fremdkapitalaufnahme am Kapitalmarkt dienen (und daher vor allem für größere Unternehmen geeignet sind). Die wichtigsten Unterschiede zur Kreditaufnahme bei Banken sind die regelmäßig höheren Beträge, längeren Laufzeiten, Endfälligkeit und (neben den Standardformulierungen für Anleihen) eine bedarfs-/marktgerechte Ausgestaltung der Emissionsbedingungen/Konditionen durch den Schuldner bzw. die Emissionsbank. Bei Inhaberpapieren sind (anders als die kreditgebenden Banken) die Gläubiger unbekannt. Weiter ist ein (kostenpflichtiges) externes Rating einer Agentur (in Deutschland zum Beispiel Creditreform) notwendig, während die Banken ein internes Rating selbst (und ohne explizite Kostenbelastung) erstellen. Hinweis Schuldverschreibungen sind nicht mit den oben genannten Schuldscheinen zu verwechseln, die eine offene Forderung dokumentieren (die erst später beglichen wird). Diese sind keine Wertpapiere, können aber an Zahlung statt weiter gegeben werden (ein Annahmezwang besteht jedoch nicht); bei Tilgung der Schuld ist der Schuldschein zurück zu geben. Häufigster Einsatzbereich von Schuldscheinen sind heute Schuldscheindarlehen von Banken, bei denen der zugrunde liegende Darlehensvertrag die Funktionen des Schuldscheins hat.
Die Anleihen/Schuldverschreibungen verbriefen im Unterschied zu Aktien Gläubigerrechte, das heißt das Recht auf vereinbarungsgemäße Zahlung von Zinsen und Tilgung sowie Rückzahlung des Anleihe-Nennbetrages bei Vertragsablauf durch den Schuldner (Anleiheemittenten), aber keine Eigentums- bzw. Gesellschafterrechte oder Mitspracherechte am emittierenden (ausgebenden) Unternehmen. Die Wertpapiere werden rechtlich in die eigentliche Schuldurkunde (Mantel) und den Bogen (Zinskupons) unterschieden (die auch getrennt gehandelt werden können = Stripping).
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2
Finanzierung
Sie können zum Nennwert (pari), das ist der Normalfall, oder einem abweichenden Wert (unter/über pari) ausgegeben werden, Endfällig oder als Tilgungs- bzw. Annuitätenanleihen (ggf. mit aufgeschobenem Tilgungsbeginn oder kündbar), mit fester oder variabler Verzinsung über die gesamte Laufzeit, als Stufenzinsanleihen (steigende oder fallende Zinsen während der Laufzeit) oder als sogenannte Nullkuponanleihen (engl. Zerobonds) emittiert werden. Diese enthalten, wie der Name bereits sagt, keine Zinskupons (sind also unverzinslich). Ihre Kosten bzw. ihre Vergütung liegen im unterschiedlichen Ausgabe- und Rückzahlungskurs. Üblicherweise werden sie unter pari, also mit einem Abschlag (Disagio) ausgegeben und bei Fälligkeit zu 100 % (pari) zurückgezahlt. Weitere Formen von Anleihen/Schuldverschreibungen werden nachfolgend angeführt. Der (in der Regel optionalen) Besicherung dienen die banküblichen Sicherheiten wie zum Beispiel Gesellschaftsvermögen, Grundpfandrechte oder Haftbeitritte/Bürgschaften der (nicht persönlich haftenden) Gesellschafter. Hinzu kommen im Rahmen der Anleihebedingungen regelmäßig verbindliche Zusagen wie Negativerklärung und Pari-passuKlausel (Gleichbehandlung aller Gläubiger des Unternehmens) oder Cross-Default Klausel (Sonderkündigungsrecht bei sonstigen Zahlungsproblemen des Schuldners). Anleihen/Schuldverschreibungen können grundsätzlich von Unternehmen aller Rechtsformen begeben werden, vorausgesetzt sie sind emissionsfähig (gute Bonität/Rating, Mindestgröße und Mindestemissionsvolumen, hinreichende Transparenz des Unternehmens am Kapitalmarkt), was für Neugründungen allerdings nur selten der Fall sein dürfte. Die Vorbereitung (Verkaufsprospekt, Antrag) und Ausgabe/Vertrieb (sowie ggf. Börseneinführung) wird zumeist von (Emissions-)Banken unter Zugrundelegung zahlreicher Unternehmensunterlagen übernommen, wobei die Anleihen/Schuldverschreibungen zur besseren Platzierungs- und Handelbarkeit (Fungibilität) regelmäßig in handliche Beträge (100 C, 500 C, 1000 C) gestückelt werden (Teilschuldschuldverschreibungen). Dem flüssigeren Handel bzw. der leichteren Übertragbarkeit dient des Weiteren ihre überwiegende Ausgabe als Inhaberpapiere, nur selten als Namens- oder Orderpapiere (zahlen Sie an . . . ). Sie können grundsätzlich ähnlich wie Aktien an einer (Renten-)Börse notiert werden, was jedoch weitere (Informations-/Transparenz-)Verpflichtungen nach sich zieht (s. Aktien); der Handel mit diesen Papieren (vor allem Mittelstandsanleihen) erfolgt jedoch zumeist im Interbankenhandel (computerunterstützt zwischen den Banken direkt) oder über elektronische Handelsplattformen, die Angebote und Nachfragen automatisiert abwickeln. Hinzu kommen internetbasierte Vermittlungsplattformen, wie zum Beispiel der AnleihenFinder, die Anbietern und Interessenten mit Informationen zu den emittierten Papieren zur Verfügung stehen. Sonderformen der Schuldverschreibungen (Hybridanleihen) Neben den eben beschriebenen „klassischen“ Formen an (verzinslichen) Schuldverschreibungen gibt es noch weitere Formen von Schuldverschreibungen, die teilweise Fremdkapitalkomponenten, teilweise Eigenkapitalkomponenten enthalten (MezzanineKapital, s. u.) und deren Emission gemäß AktG gesellschaftsrechtliche Maßnahmen erfordern (zum Beispiel Gesellschafterbeschluss mit Dreiviertel-Mehrheit).
2.2 Fremdfinanzierung
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Zu diesen zählen Gewinnschuldverschreibungen sowie Options- und Wandelanleihen. Während Gewinnschuldverschreibungen neben einer (festen) Verzinsung eine (variable) Gewinnbeteiligung gewähren (aber in der Regel – im Gegensatz zu den ähnlichen Genussrechten (s. u.) – nicht nachrangig sind), räumen Wandelanleihen dem Inhaber neben einer (gegenüber dem Marktzinsniveau regelmäßig moderateren) Verzinsung das Recht ein, die Anleihe während der Wandlungsfrist zu einem vorher festgelegten Verhältnis und ggf. gegen Zuzahlung in Aktien oder andere Rechte (zum Beispiel GmbH-Anteile) umzutauschen; bei Nicht- oder nur Teilausübung dieses Rechts (Wandlung) wird die verbliebene Anleihe zum Ende der Laufzeit zur Rückzahlung fällig. Entsprechend ihrer Zusammensetzung sind sie teilweise als Fremdkapital, teilweise als Eigenkapital zu bilanzieren. Bei Optionsanleihen ist im Unterschied zur Wandelanleihe das Bezugsecht auf Aktien des Emittenten rechtlich von der Anleihe getrennt. Damit kann die Option auch separat gehandelt werden (zum Beispiel an der Börse). Weiter bleibt die zugrunde liegende verzinsliche Schuldverschreibung einer Optionsanleihe auch beim Ausüben der Option bis zum Ende der Laufzeit bestehen (Fremdkapital). Wandelanleihen (engl. Convertible Bonds) werden bei der Finanzierung junger Unternehmen bevorzugt eingesetzt, um beteiligten VC-Gesellschaften die Möglichkeit zur Partizipation an guten Unternehmensergebnissen zu geben und bei schlechtem Verlauf wenigstens eine laufende Verzinsung und ggf. Priorität im Insolvenzfall zu erhalten.
2.2.3 Fremdmittel aus der laufenden Geschäftstätigkeit Abschließend sollen Finanzierungsmöglichkeiten aus der laufenden Geschäftstätigkeit wie Lieferantenkredite und Anzahlungen oder Abschlagzahlungen von Kunden als potenzielle Fremdkapitalfinanzierungsinstrumente angeführt werden (die in der Regel ohne Sicherheiten zur Verfügung stehen). Erstere resultieren aus eingeräumten Zahlungszielen der Lieferanten, letztere aus entsprechenden Vereinbarungen mit Kunden. Beide können unter Umständen Liquiditätsengpässe überbrücken. Einschränkend ist zu erwähnen, dass mangels (substanzieller) Kundenforderungen An-/Abschlagzahlungen von Kunden für Existenzgründungen kaum in Frage kommen und grundsätzlich nur bei länger laufenden Aufträgen möglich bzw. durchsetzbar sind, und dass Lieferantenkredite aus der Nutzung von Zahlungszielen durch „verschenken“ der Skonti regelmäßig zu den teuersten Kreditformen zählen. Da der Zeitraum zwischen Bezahlung der Material-/Wareneingänge sowie Gehälter und dem Eingang von Kundenzahlungen vom Unternehmen zwischenfinanziert werden muss, sind vom Gründer möglichst lange Lieferantenzahlungsziele sowie substanzielle Anzahlungen oder Teilzahlungen von Kunden bzw. kurze Kundenzahlungsziele (Skontoangebot) anzustreben.
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2.3
2
Finanzierung
Alternative Finanzierungsinstrumente
Da insbesondere Existenzgründer/Start-ups – neben einem mäßigen Rating (zum Beispiel wegen geringem Eigenkapital und mangels positiver Kredithistorie) – häufig nicht über hinreichende Sicherheiten oder Bürgschaften zur Erlangung eines Bankkredits verfügen, sind in deren Finanzierungsüberlegungen (neben ihren vorhandenen Eigenmitteln) auch weitere potenzielle Kapitalgeber und alternative Finanzierungsformen einzubeziehen (deren Vergabebedingungen/Anforderungen häufig unter jenen der klassischen Geschäftsbanken liegen). Im Folgenden werden die wichtigsten alternativen Finanzierungsinstrumente (vereinfacht) angeführt, wobei einige eher zur Vervollständigung der Auflistung erwähnt werden (und nur für bestimmte Rechtsformen oder erst in späteren Stadien des Unternehmenszyklus in Frage kommen) und andere mangels Relevanz für Existenzgründer und junge Unternehmen weggelassen werden (zum Beispiel Asset Backed Securities). Exkurs: Vorab soll der im Zusammenhang mit alternativen Finanzierungsformen häufig genannte Begriff des „Mezzanine-Kapitals“ kurz erläutert werden. Mezzanine-Kapital umfasst grundsätzlich alle Finanzierungsarten, die in ihren rechtlichen und/oder wirtschaftlichen Ausgestaltungen zwischen Eigen- und Fremdkapital stehen. Es kann (je nach Vertragsgestaltung) eher eigenkapitalähnlich sein (wie zumeist die verbrieften Genussscheine und stillen Beteiligungen) oder näher am Fremdkapital (wie partiarische Darlehen oder Gesellschafterdarlehen) stehen. Entsprechend erfolgt seine rechtliche und bilanzielle Behandlung/Einordnung: Da das Mezzanine-Kapital in der Regel keine Eigentumsrechte einräumt, wird es rechtlich überwiegend als Fremdkapital betrachtet, unter bestimmten Voraussetzungen wirtschaftlich jedoch dem Eigenkapital zugerechnet. So verlangt das HGB neben der Nachrangigkeit (nach den übrigen Verbindlichkeiten) im Insolvenzfall, die Teilnahme an einem eventuellen Verlust des Unternehmens in voller Höhe, eine Erfolgsabhängigkeit der Vergütung und eine langfristige Kapitalüberlassung (mindestens fünf Jahre) ohne zwischenzeitliche Kündigungsmöglichkeit. Die internationale Rechnungslegung (IAS/IFRS) stellt hier noch höhere Anforderungen an die Haftungsqualität des Mezzanine-Kapitals (u. a. unbegrenzte Überlassung/keine reguläre Rückzahlungsmöglichkeit). Wichtig ist diese Frage, da die rechtliche Gleichstellung mit Fremdkapital die steuerliche Abzugsfähigkeit der Finanzierungskosten (Zinsen) ermöglicht, während die bilanzielle Zurechnung zum Eigenkapital die Haftbasis des Unternehmens erhöht. Ein weiterer Vorteil von Mezzanine-Kapital ist, dass dieses zumeist ohne besondere Sicherheiten vergeben wird (ein überzeugender Businessplan reicht häufig aus), im Gegenzug ist zu beachten, dass der Zinssatz/die Renditeanforderung für Mezzanine-Kapital in der Regel deutlich über jenem für klassische Kredite liegt (häufig feste Mindestverzinsung C variable erfolgsabhängige Vergütung C Abschlusszahlung am Ende der Vertragslaufzeit).
2.3 Alternative Finanzierungsinstrumente
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2.3.1 Factoring und Forfaitierung Factoring und Forfaitierung bedeuten den (in der Regel regresslosen) Verkauf von Forderungen aus Warenlieferungen, Dienstleistungen u. ä. vor deren Fälligkeit an ein spezialisiertes Finanzierungsinstitut oder eine Bank. Dadurch erhält der Verkäufer rascher die entsprechenden Mittel (abzüglich einer Provision/Diskont) bei Wegfall des Forderungsausfallrisikos (und Verringerung seines Forderungsbestands). Diese Finanzierungsinstrumente setzen allerding eine gewisse Größenordnung beim Unternehmen voraus, sowie begrenzte Zahlungsfristen (in der Regel maximal drei Monate) und wegen der Verwaltungskosten Mindesthöhen (mindestens 500 C) der möglichst breit gestreuten Forderungen (Risikodiversifikation!), was für Gründer häufig (noch) nicht zutrifft. Die Unterschiede der beiden genannten Finanzierungsinstrumente liegen in Detailpunkten: beim Factoring (das es in mehreren Varianten gibt wie stilles oder offenes Factoring) werden bis zu einem vereinbarten Limit alle (bonitätsmäßig akzeptablen) Forderungen im Rahmen eines Factoring-Vertrages verkauft (diskontiert), beim Forfaiting ausgewählte (Einzel)Forderungen, häufig gegenüber ausländischen Kunden (zum Beispiel mit Mindestbonität von Schuldner und Land, konvertible Währung, oder deren Besicherung mit Ausfallbürgschaften/Akkreditiven); beim Factoring bietet der Forderungskäufer (Factor) gegen Gebühr häufig weitere Servicedienstleistungen (zum Beispiel Debitorenmanagement/Mahn- und Inkassowesen), die vom Forfaitierungsinstitut (häufig Banken) zumeist nicht angeboten werden und schließlich unterscheiden sie sich bei den Gebühren aufgrund unterschiedlicher (Service-)Funktionen sowie Risiken (zum Beispiel Währungsrisiko) und Laufzeiten (zumeist lange Zahlungsfristen im Exportgeschäft) der Forderungen. Mittlerweile sind erste FinTech-Unternehmen (FinTechs) mit Internet-Auktionsplattformen für den bilanzentlastenden Verkauf und Kauf von nationalen und internationalen Handelsforderungen am Markt (zum Beispiel TrustBills in Hamburg).
2.3.2 Leasing und Miete Unter Leasing ist die Vermietung oder Verpachtung (Nutzungsüberlassung) von beweglichen oder unbeweglichen Investitionsgütern durch den Hersteller oder eine spezialisierte Finanzierungsgesellschaft (Leasinggesellschaft) zu verstehen. Für den Leasingnehmer hat das vor allem die Vorteile, dass er sich den Leasinggegenstand auch bei fehlenden Eigenmitteln und bei (knapp) hinreichender Bonität (die Anforderungen liegen häufig unter jener von Banken) ohne besondere Sicherheiten beschaffen kann (was den vorhandenen Kreditspielraum schont), die laufenden Leasingraten mit dem Leasinggegenstand erwirtschaften und (unter bestimmten Bedingungen) teilweise steuerlich absetzen kann sowie bei kurzen Vertragslaufzeiten ohne Investitionsrisiko am technischen Fortschritt teilhaben kann. Nachteilig für den Leasingnehmer sind die Bin-
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dung während der unkündbaren Grundmietzeit (Fixkosten, auch wenn das Geschäft nicht erwartungsgemäß läuft), Nutzungsbeschränkungen und häufig relativ hohe Leasingraten (Tilgung C Zinsaufwendungen C Leasinggebühr inklusive Gewinnmarge). Auf die Vielfalt an Leasingformen wie zum Beispiel langfristiges Financial Leasing (Leasinggegenstände werden beim Leasinggeber bilanziert, er bleibt rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer) oder kurzfristiges Operate-Leasing (Leasinggegenstände werden beim Leasingnehmer bilanziert, er wird wirtschaftlicher Eigentümer), nach Art des Leasing-Gegenstandes: Immobilien- oder Mobilienleasing, nach vereinbarten Dienstleistungen des Leasinggebers: Full-Service-Leasing oder Net-Leasing sowie deren Sonderformen (zum Beispiel Spezialleasing, Sale and lease back, Mietkauf) soll hier nur hingewiesen werden. Ebenso wie auf die unterschiedlichen Vertragsmöglichkeiten wie Vollamortisations- und Teilamortisationsverträge oder Kaufoption am Ende der Leasinglaufzeit, die vom Leasingnehmer passgenau gewählt werden können und zu abweichenden finanziellen, bilanziellen und steuerlichen Auswirkungen führen. Im Unterschied zur reinen Miete werden die Leasinggegenstände insbesondere beim langfristigen (Financial-)Leasing häufig nach den Vorstellungen und Bedürfnissen des Leasingnehmers zur Verfügung gestellt. Der Leasingnehmer ist hierbei in der Regel für die Instandhaltung und Verkehrssicherheit des geleasten Objekts verantwortlich (kann aber häufig gegen Gebühr auf den Leasinggeber übertragen werden); er muss die erforderliche Wartung der Immobilie sicherstellen und die notwendigen Versicherungen abschließen. Beim Leasing sind die Leasingraten (Nutzungsentgelte) für die gesamte Vertragslaufzeit (oft mehr als zehn Jahre) festgelegt, bei der Miete sind je nach Vertragsgestaltung und Marktsituation Änderungen möglich. Auch ist die Mietdauer nicht sicher kalkulierbar und dem Mieter wird im Normalfall keine Kaufoption eingeräumt.
2.3.3 Genussrechte/Genussscheine Genussrechte sind schuldrechtliche Beteiligungsrechte und stehen in verbriefter Form als Genussscheine (handelbare Wertpapiere) zwischen Anleihen und Aktien (Mezzanine-Kapital). Damit verbriefen sie Gläubigerrechte und Rechte, die gewöhnlich nur Eigentümern von Unternehmen zustehen wie beispielsweise Gewinnbeteiligung. Ihre Ausgestaltung ist weitgehend frei und kann sehr unterschiedlich sein (was sie zu einem flexiblen Finanzierungsinstrument macht). So kann beispielsweise bei der genannten Gewinnbeteiligung die Bezugsgröße (Jahresüberschuss oder Betriebsergebnis), die Ausschüttung (Mindestausschüttung oder Ausschüttungsbegrenzung) und der Rang der Gewinnansprüche im Vergleich mit den Gesellschaftern (vorrangig oder nachrangig) grundsätzlich frei gewählt werden. Eine Verlustbeteiligung des Genussscheininhabers ist grundsätzlich auf seine Beteiligungshöhe begrenzt und kann vertraglich ausgeschlossen werden. Zur häufig gewählten Nachrangigkeit, siehe nachstehend. Allerdings setzen rechtliche Vorgaben (zum Beispiel AktG) und wirtschaftliche Erwägungen (zum Beispiel Platzierbarkeit) diesen Freiheiten Grenzen.
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Genussscheine gewähren generell keine Mitgliedschaftsrechte wie Stimmrechte in der Hauptversammlung oder Mitwirkung in der Geschäftsführung (keine Verwässerung der Gesellschafterstruktur). Zumeist sind sie mit einer fixen Verzinsung und gewinnabhängiger Vergütung sowie einem Rückzahlungsanspruch ausgestattet, verbriefen aber (wie erwähnt) häufig noch weitere „Genüsse“ (zum Beispiel Bezugsrechte auf Gesellschaftsanteile). Die Ausschüttungen sind beim Emittenten in der Regel als Betriebsaufwendungen gewinnmindernd anzusetzen und beim Empfänger als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern; ist der Genussscheininhaber auch am Liquidationserlös des Unternehmens (bei Beendigung) beteiligt, wird er als Mitunternehmer angesehen und die Ausschüttung als Gewinnverwendung, der Empfänger versteuert sie als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Genussscheine können von Unternehmen jeder Rechtsform an jedermann (zum Beispiel Mitarbeiter, Anteilseigner, Investoren) ausgegeben werden und sind grundsätzlich börsenhandelsfähig. Falls das damit beschaffte Kapital dem Unternehmen langfristig (oder unbegrenzt) zur Verfügung steht, eine Gewinn- und Verlustbeteiligung der Genussscheininhaber vorgesehen und das Papier nachrangig ausgestaltet ist (nachrangige Befriedigung gegenüber anderen Gläubigern im Insolvenzfall), hat es gemäß HGB bilanziell Eigenkapitalcharakter (mit allen positiven Konsequenzen). IFRS fordert hierzu die unbegrenzte Überlassung des Genussscheinkapitals. Hinweis Verbriefte, an einem Publikumsmarkt wie der Börse handelbare Wertpapiere (hier: Genussscheine), unterliegen der Prospekthaftung und der Genehmigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Hiervon gibt es einige wenige Ausnahmen wie beispielsweise grundschuldbesicherten Darlehen mit verbrieften Schuldverschreibungen oder „Small Capital Finanzierungen“ mit maximal 20 Investoren sowie das nachfolgende partiarische Darlehen mit Nachrangabrede.
2.3.4 Partiarische Darlehen Unter partiarischen Darlehen versteht man Darlehensverträge, die dem Darlehensgeber neben oder anstatt einer festen (Mindest-)Verzinsung ein partiarisches Recht, das ist ein Recht auf Umsatz- oder Gewinnbeteiligung einräumen (Gewinndarlehen). Die variable Gewinnbeteiligung kann unterschiedlich ausgestaltet werden: sie kann eine Beteiligung am Gewinn vor oder nach Steuern des Unternehmens sein, sie kann sich aber auch auf einen abgegrenzten Geschäftszweck oder ein bestimmtes Projekt beschränken, für welchen(s) das Darlehen gewährt wurde. Häufig werden Gesellschafterdarlehen (von nicht voll haftenden Gesellschaftern) als partiarische Darlehen eingebracht, die einen Anteil am erwirtschafteten Ergebnis bringen ohne die Gesellschaftsstruktur zu verwässern. Da es sich in der Grundform rechtlich um einen klassischen Darlehensvertrag mit Rückzahlungsanspruch handelt, erwirbt der Darlehensgeber keine gesellschaftsrechtliche
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Beteiligung an dem Unternehmen des Darlehensnehmers (kein Mitspracherecht, Kontrollrechte beschränken sich auf die Gewinnermittlungsgrundlagen/Bilanzeinsicht) und ist nicht an eventuellen Verlusten beteiligt. Für den Darlehensnehmer stellt es Fremdkapital dar, die gezahlten Vergütungen sind Betriebsausgaben (Zinsen und/oder Teilgewinnabführung). Eine Besicherung ist möglich aber nicht üblich. Im Gegenteil: Partiarische Darlehen werden häufig mit sogenannten Nachrangabreden ausgestattet. Damit wird der Anleger im Falle der Insolvenz des Unternehmens (Darlehensnehmers) nur nachrangig, das heißt erst nach Befriedigung aller nicht im Rang zurückgetretenen Gläubiger, mit seinen Forderungen aus dem Darlehensvertrag (Darlehensbetrag C Entgelt) befriedigt. Dieser Rangrücktritt wird regelmäßig durch eine höhere Vergütung und ggf. mit einem (begrenzten) Mitspracherecht abgegolten. Um den Schein eines (nach dem Kreditwesengesetz Banken vorbehaltenen Betriebs) Einlagengeschäfts (Annahme unbedingt rückzahlbarer Publikumsgelder) zu vermeiden, ist allerdings eine qualifizierte Nachrangabrede erforderlich. Eine solche liegt vor, wenn der Darlehensgeber zusätzlich erklärt, dass er von der Geltendmachung seiner Ansprüche aus dem Darlehensvertrag solange absieht, wie die Geltendmachung zur Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens (Darlehensnehmers) führen würde. Von einem klassischen Nachrangdarlehen unterscheidet sich das partiarische Nachrangdarlehen vor allem durch die unabdingbare erfolgsabhängige Gewinnbeteiligung sowie häufig einem Mitspracherecht des Gläubigers. Diese treten an Stelle der vergleichsweise höheren Verzinsung der Nachrangdarlehen (als Kompensation für die Nachrangabrede). Durch die Gewinnbeteiligung als Entgelt rückt das partiarische Darlehen in die Nähe der stillen Gesellschaft (siehe nachfolgend), von der es jedoch einige (eher unscharfe) Abgrenzungsmerkmale gibt.
2.3.5 Stille Gesellschaft Bei einer stillen Gesellschaft beteiligt sich ein „stiller“ Gesellschafter (der sogenannte Stille) zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks am Handelsgewerbe eines anderen (Unternehmer/zwingend Kaufmann gemäß HGB), indem er eine Einlage (Kapital, Vermögensgegenstände oder Arbeitskraft) in das Vermögen des Geschäftsinhabers einbringt. Als Gegenleistung ist er obligatorisch am Unternehmensgewinn zu beteiligen (eventuell neben einer Mindestverzinsung der Einlage), eine Verlustbeteiligung kann vertraglich ausgeschlossen oder auf die Höhe der Einlage begrenzt werden. Ferner hat er gesetzliche Mindestauskunftsrechte (zum Beispiel Einblick in die Bücher), die jedoch in der Praxis regelmäßig bis zu Zustimmungsrechten erweitert werden (zum Beispiel bei Aufgabe eines Geschäftsfelds). Zusätzlich zur Gewinnbeteiligung werden gelegentlich (vor allem für den Fall des Ausscheidens des Stillen) sogenannte Kicker-Komponenten vereinbart. Dabei kann neben Sonderzahlungen (Non-Equity Kicker) oder einer Vergütung, die an die Wertsteigerung des Handelsgewerbes angelehnt ist (Shadow Warrants) auch ein Recht zu Gunsten des Stillen vereinbart werden, Geschäftsanteile zu erwerben (Equity Kicker).
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Die Ausgestaltung der stillen Gesellschaft (Gesellschaftsvertrag) ist sehr flexibel, da für sie nur wenige gesetzliche Vorgaben existieren (was sie für alle Rechtsformen und Branchen zugänglich macht). Dabei besteht je nach Ausgestaltung der stillen Gesellschaft die Möglichkeit, die eingebrachten Mittel als Fremd- oder als Eigenkapital zu deklarieren. Im Normalfall (typisch stille Gesellschaft gemäß HGB §§ 230 ff) wird eine stille Beteiligung beim Geschäftsinhaber als Fremdkapital angesehen/bilanziert und die Zinsen sind als Betriebsausgaben anzusetzen. Der Stille muss die Gewinnbeteiligung als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern. Die stille Beteiligung kann aber auch eigenkapitalähnlich ausgestaltet und dann als Eigenkapital bilanziert werden: Nach HGB ist dies dann der Fall, wenn die stille Beteiligung längerfristig (mindestens fünf Jahre) weder vom Geschäftsinhaber noch vom Stillen gekündigt werden kann, ein qualifizierter Rangrücktritt (hinter alle Gläubiger) und eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart sind und der Stille in voller Höhe am Verlust des Handelsgewerbes beteiligt ist; die vorstehenden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (nach IFRS muss abweichend – wie bei den anderen Mezzanine-Kapitalinstrumenten – eine unbegrenzte Überlassung/keine reguläre Rückzahlungsmöglichkeit vorliegen). Werden dem stillen Gesellschafter weitgehende Vermögens-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte eingeräumt, sodass er als Mitunternehmer im Sinne des EStG anzusehen ist (Gesamtwürdigung von Mitunternehmerinitiative und -risiko), spricht man von einer „atypisch stillen Gesellschaft“. Der atypisch stille Gesellschafter ist in der Regel nicht nur am Gewinn und ggf. am Verlust (wie der genannte typisch stille Gesellschafter), sondern auch am Vermögen der Gesellschaft (inklusive Vermögenszuwachs/stille Reserven) beteiligt. Aber auch wenn er nicht am Verlust und den stillen Reserven beteiligt ist kann man ausnahmsweise von einer atypisch stillen Beteiligung ausgehen, falls er wie ein Unternehmer auf das Unternehmensgeschehen Einfluss nehmen kann; das gilt beispielsweise dann, wenn einem stillen Gesellschafter die Geschäftsführung des Unternehmens zugebilligt oder er zu umfassenden Weisungsbefugnissen ermächtigt wurde. Vertraglich kann der atypisch stille Gesellschafter auch für Verluste über die Höhe seiner Einlage hinaus haftbar gemacht werden. Der atypisch stille Gesellschafter erzielt als Mitunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Grundsätzlich besteht jede stille Gesellschaft aus zwei Gesellschaftern, dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter, das heißt, falls mehrere stille Gesellschafter am Handelsgewebe beteiligt werden, in der Regel auch mehrere stille Gesellschaften vorliegen. Durch die stille Gesellschaft entsteht eine Innengesellschaft, bei der der Stille nicht nach außen auftritt. Insbesondere wird die stille Gesellschaft nicht im Handelsregister eingetragen. Die Vermögenseinlage des Stillen geht vollständig in das Vermögen des Geschäftsinhabers über. Ein dinglich zugewiesenes Gesellschaftsvermögen wird allerdings nicht begründet (kein Gesamthandsvermögen). Stattdessen hat der Stille einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung seines vereinbarten Gewinnanteils. Bei Auflösung oder Kündigung einer stillen Gesellschaft ist eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen, um den Wert der stillen Gesellschaft zu ermitteln. Im Rahmen des Beteiligungsvertrages kann auch ein Rangrücktritt des Stillen festgelegt werden. Dabei wird vereinbart, dass die Einlage
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des Stillen von diesem nicht zurückgefordert werden kann, bevor nicht sämtliche übrigen Gläubiger befriedigt wurden; allerdings ist auch ein Rangrücktritt nur hinter bestimmte Gläubigergruppen möglich. Hinweis Von dem genannten partiarischen Darlehen unterscheidet sich die stille Gesellschaft vor allem durch die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks, während bei einem partiarischen Darlehen primär die Wahrnehmung der jeweils eigenen Interessen des Darlehensnehmers und Darlehensgebers im Mittelpunkt steht. Weiter ist eine Teilnahme des Darlehensgebers am Verlust des Unternehmens grundsätzlich ausgeschlossen, er unterliegt keiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht und die für einen stillen Gesellschafter in § 233 HGB verankerten Einsichts- und Kontrollrechte des stillen Gesellschafters entfallen bei einem partiarischen Darlehensgeber weitgehend.
2.3.6 Mitarbeiterbeteiligung Unter Mitarbeiterbeteiligung werden Beteiligungen der Mitarbeiter sowohl mit Fremd- als auch mit Eigenkapitalcharakter am eigenen Arbeitgeber verstanden. Die Mitarbeiterbeteiligung am Gesellschaftskapital wird in Deutschland steuerlich gemäß § 3 Nr. 39 EStG gefördert und durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz in Verbindung mit den Tarifverträgen bezuschusst. Die maximale steuer- und sozialabgabenfreie Förderung beträgt zurzeit 360 C per anno. Für Existenzgründer/Start-ups bieten die verschiedenen Formen der (nachstehenden) Mitarbeiterbeteiligungsmöglichkeiten aus finanzieller Sicht eine Verbesserung der Liquiditätslage, Erhöhung der Eigenkapitalbasis und/oder (anfänglich) niedrigere Gehaltszahlungen (die ggf. erst später durch die Beteiligungserlöse kompensiert werden). Die nichtfinanziellen Aspekte wie erhöhte Motivation, verstärkte Mitarbeiterbindung/Identifikation mit dem Unternehmen oder die Möglichkeit, qualifizierte Mitarbeiter trotz relativ niedriger Entlohnung zu akquirieren und zu halten, sind ebenso von Bedeutung. Die Beteiligungen können mit direkten Zahlungen oder durch Einbehalt von Lohnanteilen (D Entgeltumwandlung) von den Mitarbeitern erworben werden und nach ihrer Nähe zum Unternehmenskapital folgende Formen aufweisen: Fremdkapital: Mitarbeiterdarlehen, partiarische Darlehen, Namensschuldverschreibungen, Eigenkapital: Anteile am Unternehmen wie (Belegschafts-)Aktien, GmbH-Anteile, Optionen, Mischformen: stille Beteiligungen, Genussrechte, vinkulierte Nachrangdarlehen, Wandelanleihen. Während das Fremdkapital in der Regel nur für begrenzte Zeit zur Verfügung gestellt wird (und keine Kontrollrechte der Mitarbeiter nach sich zieht), steht das Eigenkapital dem Unternehmen gewöhnlich unbegrenzt zur Verfügung und kann vom jeweiligen Inhaber
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(rechtsformabhängig) nach Einwilligung des Unternehmens weiter verkauft oder gekündigt werden (als Mitgesellschafter stehen dem Inhaber Kontroll-/Mitspracherechte zu). Die bereits dargelegten Mischformen (Mezzanine-Kapital) unterliegen individuell (vertraglich) gestalteten Möglichkeiten und Beschränkungen und können sowohl Erfolgs- als auch Kapitalbeteiligungen beinhalten. Das Fremdkapital der Mitarbeiter ist wie jedes Darlehen (unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens) zu verzinsen und wird häufig mit einem Bonus aufgestockt, während die Eigenkapitalbeteiligungen erfolgsabhängig zu vergüten sind. Bei den Mischformen wird häufig eine (Mindest-)Verzinsung mit einer Gewinnbeteiligung kombiniert. Die Gewinn- oder Zinsausschüttungen an die Arbeitnehmer können jährlich oder unterjährig erfolgen oder thesaurierend zur Wiederanlage kommen, wodurch das Unternehmen keinen Liquiditätsabfluss hat (und die Arbeitnehmer nicht unmittelbar abgeltungsteuerpflichtig werden). Auch die Zusage einer betrieblichen Altersvorsorge hat positive Auswirkungen auf die Liquiditätslage eines Unternehmens und die Bindung von Mitarbeitern. Insbesondere bei einer (vom Unternehmen allein zu finanzierenden) Direktzusage wird das für spätere Pensionszahlungen notwendige Kapital im Unternehmen selbst angesammelt (kein Liquiditätsabfluss) und unterliegt während der Anwartschaftsphase weder der Steuer (wegen gleichzeitig gebildeter Pensionsrücklage = Betriebsaufwand) noch Sozialabgaben (die erst bei Leistung anfallen). Die Verwendung der kumulierten Mittel steht dem Unternehmer weitgehend frei (zum Beispiel Anlage in Sach- oder Finanzanlagen), allerdings ist er verpflichtet, sich gegen Insolvenz beim Pensionssicherungsverein abzusichern (der im Bedarfsfall die Pensionszahlungen übernimmt). Wegen der unterschiedlichen Modelle und Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge, der Möglichkeiten der Gehaltsumwandlung und staatlichen Förderung, aber auch der Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie mannigfaltiger rechts-, bilanzierungs-, steuer- und sozialversicherungstechnischer Fragen, ist bei Realisierung dieser Finanzierungsvariante ein fachkundiger Versicherungsexperte hinzuzuziehen.
2.3.7 Beteiligungskapital/Private Equity Unter Private Equity (in etwa „außerbörsliches Eigenkapital“) ist eine Form des Beteiligungskapitals zu verstehen, bei der die vom Kapitalgeber eingegangene Beteiligung nicht an geregelten Märkten (zum Beispiel Börsen) handelbar ist. Private Equity bildet damit das Gegenstück zu Public Equity, bei dem es sich um börsengehandeltes Beteiligungskapital (zum Beispiel Akten) handelt. Die Kapitalgeber für Private Equity können private oder institutionelle Anleger sein, die von kapitalsuchenden Unternehmen über deren Homepage, Verband oder spezialisierte Beratungsunternehmen und/oder einschlägige Internetplattformen nach verschiedenen Kriterien wie Konzentration auf bestimmte(n) Unternehmenslebenszyklus, Branche oder Größe gesucht und angesprochen werden können, wie auch umgekehrt die Kapitalgeber-
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seite dortselbst vielversprechende Beteiligungsmöglichkeiten aufspüren kann. So bietet beispielsweise der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften – German Private Equity and Venture Capital Association e. V. (BVK) auf seiner Homepage eine Suchfunktion, mittels derer potenzielle Kapitalgeber unter seinen (rund 250) Mitgliedern nach Kriterien wie Kapitalbedarf, Finanzierungsanlass und Branche ausgewählt werden können (siehe Anhang: Literaturverzeichnis/Internetadressen). Neben anderen bieten die Deutsche Börse AG („Venture Network“ und „Matchmaking“) oder die Stuttgarter Börse („VentureZphere“) Vermittlungsplattformen/Online Treffpunkte für Start-ups, Investoren und Unternehmen an (mit zahlreichen gründungsspezifischen Trainings und Workshops). Häufig sind es auf diese Beteiligungsform spezialisierte (gelegentlich auch staatlich geförderte) Kapitalbeteiligungsgesellschaften (zum Beispiel „Gründerfonds für High-Tech Unternehmen“ oder „Media for Equity“-Beteiligungen), aber auch Industrieunternehmen beteiligen sich – über sogenannte Corporate Venture Capital-Tochterunternehmen – vermehrt an jungen Unternehmen mit (technologisch) interessanten Perspektiven (siehe dazu nachfolgend: Venture Capital). Eher für bereits etablierte Unternehmen kommen Beteiligungsgesellschaften in Frage, die in erfolgreiche/vielversprechende Unternehmen einsteigen, diese als Plattformen für Zukäufe (zumeist aus derselben Branche) nutzen, um Synergien zu heben (Buy-andBuild-Wachstumsstrategie) und nach relativ kurzer Zeit (drei bis fünf Jahre) gewinnbringend wieder verkaufen.
2.3.7.1 Kapitalbeteiligungsgesellschaften Das primäre Interesse von Beteiligungsgesellschaften ist die Erzielung einer möglichst hohen laufenden Rendite oder eine hohe Wertsteigerung der Beteiligung innerhalb des Engagementzeitraums. Vor diesem Hintergrund investieren sie häufig in Unternehmen, die sich in einer Wachstumsphase (oder zumindest in einer Wachstumsbranche wie IT, Media und Life Science) befinden oder eine tiefgreifende Periode des Wandels durchmachen. Während ersteres zumeist für verschiedene Phasen einer Existenzgründung zutrifft (siehe dazu nachfolgend), kann letztere bei einem Eigentümerwechsel (zum Beispiel im Rahmen eines Management-Buy-out) oder einem Turnaround (nach einer gravierenden Verlustperiode) anzutreffen sein. Aus Rentabilitäts- und Aufwandsgründen werden (abhängig von der Kapitalgeberpräferenz bzw. dessen Portfolio) zumeist Unternehmen mit einem skalierbaren Geschäftsmodell (Umsatz-/Ertragsteigerungen sind ohne proportionale Investitionsaufwendungen möglich), einem bestimmen Mindestticket (von verschiedenen Faktoren abhängig, je höher desto geringer sind die Transaktionskosten je Deal) und einer gewissen Mindestgröße bevorzugt (Kapitalgesellschaften beginnen Beteiligungen oft erst ab fünf Millionen Euro Umsatz, da diese Unternehmen bereits die grundsätzliche Funktionsfähigkeit ihres Geschäftsmodells bewiesen haben). Zu den Entscheidungskriterien für den Einstieg von Kapitalbeteiligungsgesellschaften zählen weiter ein überzeugender Businessplan (USP, Kundennutzen, Wachstumspotenzial, Unternehmensstruktur), die Branche (Wachstumspotenzial, Spezialisierung/Kompetenz der Beteiligungsgesellschaft), der/die Gründer (Eigenschaften, Kompetenzen, Vertrauens-
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verhältnis) und die Erwartung einer hinreichenden Ertrags- und Unternehmenswertentwicklung (bis zum Ausstieg). Die Verhandlungen beginnen nach ersten beiderseitigen Vorprüfungen (geeigneter Partner?) mit einer grundsätzlichen (vertraulichen) Einigung über das Engagement, in der Regel mit der Verpflichtung, keine Parallelverhandlungen zu führen. Dieser folgt eine intensive Prüfung des Start-ups/Unternehmens (inklusive Unternehmensbewertung, vgl. Abschn. 1.4.3), die bei zufriedenstellendem Ergebnis mit einer beiderseitigen schriftlichen Absichtserklärung (Letter of Intent), die bereits Eckpunkte des zukünftigen Vertrags enthält, beendet wird. Der endgültige Beteiligungsvertrag enthält die Rechte und Pflichten beider Parteien (zum Beispiel Mitsprache-/Kontrollrechte und Dienstleistungen der Beteiligungsgesellschaft, Geheimhaltung, Konkurrenzverbot) die finanziellen Konditionen (Art der Beteiligung, Volumen, Laufzeit/eventuelle Prolongationsoption, Vergütung) und die Exit-Strategie (s. u.). Bei den Verhandlungen ist von beiden Seiten vor überzogenen Erwartungen/Forderungen Abstand zu nehmen und auf einen (akzeptablen) Kompromiss hinzuarbeiten, da sich Misserfolge in der Gründer-/Investorenszene herumsprechen und man schnell als „verbrannt“ gilt. Wenn auch der Schwerpunkt des Engagements von Private Equity Gesellschaften, wie der Name schon ausdrückt, in der Zurverfügungstellung von Eigenkapital liegt, so engagieren sie sich (um ihre Renditeziele zu erreichen) häufig zusätzlich durch das Einbringen von Fach-Know-how, die Beratung des Managements in kaufmännischen und organisatorischen Fragen, die Vermittlung von Geschäfts-/Kooperationspartnern, das Angebot einschlägiger Kontakte und weiterer nützlicher Dienstleistungen. Zur Erhöhung der (Eigenkapital-)Rendite werden neben dem Eigenkapital nicht selten auch Fremdkapitalmittel eingesetzt (Leverage Effekt). Dies ist im Gegenzug häufig mit Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit des Kapitalempfängers verbunden (Mitsprache des Kapitalgebers bei der Kapitalverwendung und anderen Unternehmensentscheidungen), mit unterschiedlichen strategischen Interessen (Konflikt: kurzfristiger Erfolg versus Nachhaltigkeit) und auch im Hinblick auf die zumeist hohen Renditeerwartungen der Kapitalgeber (abhängig vom Risiko bis zu 25 % und mehr) nicht unproblematisch. Da das Engagement der genannten Kapitalgeber in der Regel von begrenzter Dauer ist (zumeist zwischen drei und sechs Jahren), ist von vornherein deren Ausstieg antizipiert. Hierbei haben sich im Laufe der Zeit einige Standard-Exit Verfahren herausgebildet: Neben dem möglichen Rückkauf der Anteile durch das unterstützte Unternehmen bzw. dessen Eigentümer/Gesellschafter (Buy-Back) ist ein Weiterverkauf an eine andere Kapitalanlagegesellschaft denkbar, die zum Beispiel ihr Beteiligungsportfolio diversifizieren will (Secondary Purchase) oder der Verkauf an einen industriellen Investor, der zum Beispiel technisches Know-how/Patente des Beteiligungsobjekts nutzen will (Trade Sale; siehe auch Corporate Venture Capital, nachfolgend). Bei entsprechender Größe der Beteiligung kommt auch ein Börsengang in Frage (hoher Aufwand!).
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2.3.7.2 Risiko- oder Wagniskapital/Venture Capital Wird Eigenkapital und eigenkapitalähnliche Mittel an Existenzgründer oder junge innovative Unternehmen vergeben, die entsprechend hohe Risiken, aber auch Wachstums- und/ oder Renditechancen aufweisen können, so spricht man generell von Risiko- oder Wagniskapital (englisch: Venture Capital) – im Unterschied von Venture Debt, das (hoch) risikobehaftetes Fremdkapital bezeichnet. Auf ersteres soll themenbezogen der Fokus der nachfolgenden Ausführungen gelegt werden. Eine Existenzgründung kann (nicht zuletzt unter Risiko- und Ertragsgesichtspunkten) im zeitlichen Ablauf in verschiedene Phasen unterteilt werden (vgl. Abb. 1.1), in denen schwerpunktmäßig unterschiedliche Finanzierungsformen zum Einsatz kommen (können). Dabei sind die Grenzen zwischen den verschiedenen, nachfolgend dargestellten Varianten der Existenzgründungsfinanzierung und praktischen Existenzgründungshilfen („Rat und Tat“) fließend bis aufgehoben: häufig werden neben der Finanzierung auch Kontakte und Kunden vermittelt, erfahrene Mentoren/Paten als Hilfe bei den ersten Schritten zur Seite gestellt und andere Unterstützungsleistungen angeboten. Anfänglich stehen dem Existenzgründer in der Regel nur die vorhandenen Eigenmittel (zum Beispiel Sparkonto oder Wertpapierdepot) zur Finanzierung der Entwicklung und Umsetzung seiner Geschäftsidee zur Verfügung. Gelegentlich sind Familienmitglieder, Freunde u. ä. bereit, Finanzmittel („Love Capital“) zur Verfügung zu stellen; hierbei ist jedoch eine eventuelle Haftungssituation zu beachten (sodass sich häufig eher eine Darlehensvergabe anbietet). Hinweis Auf öffentliche Fördermittel/Zuschüsse zur Existenzgründung wird in den nachfolgenden Abschnitten näher eingegangen.
Acceleratoren/Boot Camps Die ersten konkreten Schritte einer Existenzgründung (sogenannte Seed Phase/Phase der Ideenentwicklung) werden im Rahmen einer externen Frühphasenfinanzierung häufig von sogenannten Acceleratoren unterstützt, das sind spezialisierte Venture-Capital-Gesellschaften und andere Institutionen (zum Beispiel Gründerfonds, öffentlich rechtliche Fördereinrichtungen), die dem Existenzgründer für einen kurzen Zeitraum (zumeist unter einem Jahr) die notwendige Infrastruktur wie Coworking Spaces/Betriebseinrichtungen, aber auch Beratung und/oder Finanzmittel zur (Weiter-)Entwicklung der Geschäftsidee zur Verfügung stellen. Am Ende dieser Phase sollten die Existenzgründer in der Lage sein, einen Prototyp ihrer Geschäftsidee interessierten Investoren (Geldgebern) vorzustellen. International bekannt (u. a. mit Kooperationspartnern in Berlin und Stuttgart) ist das umfassende Acceleratorprogramm für Start-ups „Plug and Play“ mit Hauptsitz im Silicon Valley. Auch in Deutschland und anderen Ländern gibt es zahlreiche Acceleratoren(-programme) mit unterschiedlichen Förder-/Branchen-Schwerpunkten und Laufzeiten (zum Beispiel die branchenspezifische DB mindbox, oder E.ON: agile Accelerator).
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Inkubatoren/Gründerzentren Deutlich länger und intensiver engagieren sich in der Regel sogenannte Inkubatoren, die – gegen Beteiligung (mit erheblichem Risikoabschlag) und Mitsprache (je nach Engagementshöhe) – einen weitgehenden Full-Service anbieten: neben finanzieller Unterstützung und Infrastruktur stellen diese häufig ein operatives Team zur Durchführung wichtiger Aufgaben (zum Beispiel Marktforschung) im Rahmen der Ideenrealisierung zur Verfügung. Aufgrund ihrer Erfahrung/Vernetzung können sie auch Kontakte zu möglichen Kooperationspartnern, weiteren Kapitalgebern und potenziellen Kunden herstellen. Dies erhöht die Chancen für eine erfolgreiche Geschäftsgründung erheblich. Hierbei stehen Teamgründungen in den Wachstumsbrachen IT, Telekommunikation, Media, Elektronik und Entertainment im Fokus der Beteiligungen. Crowdfunding/Crowdinvesting Eine weitere Möglichkeit der Frühphasenfinanzierung stellt das sogenannte Crowdfunding, zu Deutsch: Schwarmfinanzierung (insbesondere bei professionellen, renditeorientierten Investoren und höheren Beträgen auch Crowdinvesting genannt) dar. Hierbei wird auf spezialisierten Crowdfunding-Internetplattformen wie zum Bespiel „Companisto“, „Finnest“ oder „GLS Crowd“ bzw. für Immobilien „exporo“ oder „zinsland“ die Geschäftsidee (oder andere Projekte) vorgestellt, die benötigte Kapitalsumme und Mindestbeteiligung angegeben und die Laufzeit der Sammelaktion festgelegt. Sind die Geschäftsidee und das angebotene Entgelt für genügend Interessenten attraktiv (Bekanntheitsgrad ist wichtig!), wird die benötigte Summe erreicht und die Sammelaktion beendet. Die Investoren erhalten je nach Konzept (Equity- oder Lending-based Crowdfunding), Vereinbarung/Risiko und Erfolg der Idee einen entsprechenden Return (Crowdfunding: häufig auch nichtfinanzielle Benefits wie das entwickelte/hergestellte Produkt, Crowdinvesting: Zinsen, eventuell Beteiligung). Wird die Anlagesumme nicht erreicht, werden die eingesammelten Mittel in der Regel zurück überwiesen (ausgenommen freiwillige Spenden). Der große Vorteil dieser Finanzierungsvariante ist für die Gründer die unveränderte Gesellschafterstruktur und unverwässerte Entscheidungsfreiheit der Eigentümer (sowie eine öffentlichkeitswirksame PR-Maßnahme). Nachteilig für Investoren sind die in der Regel fehlenden Sicherheiten und Mitspracherechte sowie schriftlichen Verträge (nur elektronische Smart Contracts), keine vorzeitige Rückzahlung des investierten/gebundenen Kapitals während des Anlagezeitraums (ein Jahr bis fünf Jahre) und die Gefahr des Totalverlustes, da häufig Nachrangdarlehen vergeben werden (bei Immobilienprojekten-Crowdinvests ist ein Vermögensanlageninformationsblatt für die Interessenten vorgeschrieben). Business Angels Am Ende der Seed- bzw. am Beginn der eigentlichen Start-up-Phase (Produktionsaufnahme/Markteinführung) bietet sich die Beteiligung von sogenannten Business Angels an. Das sind in der Regel vermögende Privatpersonen mit unternehmerischem Hintergrund
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bzw. Vergangenheit oder Family Offices (die häufig Mittel aus Unternehmensverkäufen verwalten), die ihr Kapital und ihre Erfahrung gewinnbringend einsetzen wollen. Sie sind in diversen Netzwerken eingebunden (zum Beispiel Business Angels Netzwerk Deutschland e. V./BAND oder Bayerisches Business Angels Netzwerk/BayStartUP), werden aber auch über Berater, Anwälte, Banken, Kammern und Verbände vermittelt bzw. gehen bei Gründungsveranstaltungen u. ä. aktiv auf die Existenzgründer zu. Da diese Beteiligungspartner (in Abhängigkeit von der Beteiligungshöhe) häufig sowohl bei strategischen als auch bei operativen Fragen mitentscheiden, ist deren Auswahl besonders gründlich vorzubereiten. Sind die benötigten (und zugesagten) Mittel, Fachkenntnisse und Kontakte hinreichend vorhanden, stimmt die ,Chemie‘ und die Vorstellung der unternehmerischen Ausrichtung; stehen diese Vorteile in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zur gewünschten Beteiligungshöhe? Im Gegenzug wird der Business Angel die Geschäftsidee, den Existenzgründer und dessen Businessplan gründlich prüfen (Vertrauensverhältnis!), um die Entwicklung des neuen Unternehmens antizipieren und dessen Wertsteigerung bis zum vertraglichen Ende des Engagements/Verkauf der Beteiligung (in der Regel um die drei Jahre, verlängerbar) abschätzen zu können; diese stellt in der Regel die wichtigste/einzige Einnahmequelle von Business Angels bei Existenzgründungen dar. Hinweis Wird vom Start-up weniger eine Finanzierung als sonstige Unterstützung benötigt, bietet sich die Einrichtung eines kompetenten Beirats an, der externes Wissen, Erfahrungen und Kontakte in das Unternehmen einbringen kann (und regelmäßig weniger Mitspracherechte als die angeführten Kreise hat).
Mit dem Förderprogramm INVEST (Zuschuss für Wagniskapital) unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Investitionen von Business Angels in junge innovative Unternehmen mit einem steuerfreien Erwerbszuschuss von zurzeit 20 % der Investitionssumme von mindestens 10 000 C pro Investition und maximal 500 000 C pro Jahr und einem Exitzuschuss in Höhe von 25 % der Veräußerungsgewinne (was eine pauschale Erstattung der vom Investor auf die Veräußerungsgewinne zu zahlenden Steuern darstellt). Venture Capital Gesellschaften/Fonds Für die Markteinführungsphase, seltener für die Wachstumsphase einer Geschäftsgründung, bietet sich die Beteiligung von Venture Capitalists oder Venture Capital Gesellschaften (VC) an. Diese Wagniskapitalgeber/-gesellschaften investieren (partiell über von ihnen gegründete Fonds) in junge Unternehmen mit Wachstumspotenzial (oder zumindest in Wachstumsbranchen), innovativen Geschäftsideen mit erkennbarem Kundennutzen und kompetenten Gründern. Diese Fakten sind vom Existenzgründer/dem Gründerteam in einem aussagefähigen Businessplan überzeugend darzulegen (Proof of Concept). Hinweis Bereits bestehende Jungunternehmen profitieren davon, dass selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens aktiviert werden dürfen. Dadurch wird es innovativen
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mittelständischen Unternehmen und Start-ups ermöglicht, ihr Know-how und ihre Technologien in den Fokus ihres Abschlusses zu stellen und so ihre Außendarstellung gegenüber potenziellen Investoren und Kunden zu verbessern. Das Aktivierungswahlrecht für in der Entstehung befindliche selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände ist aber insoweit eingeschränkt, als sich das entsprechende Projekt bereits in der Entwicklungsphase befinden muss (keine Grundlagenforschung!) und der immaterielle Vermögensgegenstand (zum Beispiel Software) mit hoher Wahrscheinlichkeit realisiert wird (werden kann).
Da die klassischen Wagniskapitalfonds in der Regel branchenspezifisch (und gelegentlich regional) ausgelegt sind, profitieren Existenzgründer neben der finanziellen Beteiligung vom erheblichen Branchen Know-how der Fondsmanager. Da sich die VCGesellschaften in der Regel auf eine Minderheitenbeteiligung beschränken, bleibt die unternehmerische Eigenständigkeit des Existenzgründers (im Unterschied zum beschriebenen Business Angel), trotz der finanziellen Miteigentümerstellung der VC-Gesellschaften, weitgehend erhalten; allerdings sind die Renditeerwartungen der VC-Gesellschaften entsprechend hoch (40 bis 50 % sind keine Seltenheit). Als ein Beispiel sei hier die vornehmlich in Bayern aktive Beteiligungsgesellschaft FIRST VALUE AG genannt. Der Schwerpunkt ihrer Investitionsaktivitäten liegt in der Finanzierung von Unternehmen, die sich in einer frühen Phase der Unternehmensentwicklung oder in einer Unternehmensnachfolge befinden. Corporate Venture Capital Eine Variante des Venture Capital stellt das „Corporate Venture Capital“ dar, bei dem die Finanzierung von Existenzgründungen (und gelegentlich MbOs) von einem nicht im Finanzbereich tätigen Unternehmen zur Verfügung gestellt wird. Im Unterschied zu den beschriebenen VC-Finanzierungen, die nicht zuletzt im Bestreben nach Renditeerwirtschaftung herausgegeben werden, verfolgen Corporate Venture Capital Gesellschaften (CVC) häufig (daneben) auch unternehmenspolitische Ziele. Etablierte (Industrie-)Unternehmen nutzen über spezialisierte CVC-Finanztochtergesellschaften diese Finanzierungsmöglichkeit zur Erzielung von Synergieeffekten durch Erwerb neuer Technologien, neuer Geschäftsmodelle und/oder weiterer Märkte. Zumeist wird Corporate Venture Capital deshalb in Unternehmen investiert, die im Verhältnis zum kapitalgebenden Mutterunternehmen komplementäre Produkte oder Dienstleistungen entwickeln bzw. anbieten (zum Beispiel Auto-, Bio- und Fintech-Start-ups). Für Existenzgründer und junge Unternehmen ergibt sich dabei (über den reinen Finanzierungsaspekt hinaus) zumeist einen Zugang zu Branchen-Know-how, Vertriebskanälen und Kooperationspartnern sowie nicht zuletzt eventuell ein erheblicher Reputationsgewinn durch das etablierte Unternehmen. Auch die deutschen Förderbanken (das sind neben der bundesweit tätigen KfW eine Förderbank je Bundesland und einige regionale Förderinstitute) bieten über Beteiligungsgesellschaften Venture Capital für Existenzgründer bzw. junge Unternehmen an (vgl. Abschn. 2.3.8). Diese Mittel werden (gegenwärtig) schwerpunktmäßig an technologieorientierte Unternehmen vergeben, die in deren Geschäftsbereich ihren Sitz haben.
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Finanzierung
Hinweis Die von der KfW, dem BMWi und partiell verschiedenen (Industrie-)Partnern zeitlich begrenzt aufgelegten Venture Capital Fonds „High-Tech Gründerfonds“ (für technologieorientierte Unternehmen in der Gründungsphase) und „Coparion Fonds“ (für innovative Wachstumsunternehmen) stellen – beim Coparion mit einem weiteren Investor (Public Private Partnership) – ebenfalls Wagniskapital für ihre Zielgruppen zur Verfügung.
2.3.8 Fördermittel Wegen der großen Bedeutung von Unternehmensgründungen für die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft werden diese (auch) in Deutschland umfassend gefördert, wobei der Bund, die Bundesländer und die Europäische Union (gelegentlich auch Kommunen) vielfältige Fördermittel bereitstellen. Im Mittelpunkt stehen Finanzhilfen für Existenzgründer (Neugründungen, Nachfolgen, Übernahmen) sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der gewerblichen Wirtschaft in der Wachstumsphase (insbesondere mit dem Schwerpunkt digitaler Schlüsseltechnologien). Es werden aber auch Vorgründungs- und Nachgründungshilfen angeboten (siehe nachfolgend). Als Instrumente der finanziellen Gründungsförderung fungieren vor allem Fördereinrichtungen wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für den Bund und die verschiedenen Landesförderanstalten (Landesbanken mit angeschlossenen Spezialinstituten), ggf. in Kooperation mit weiteren Institutionen. Diese vergeben Förderdarlehen und gewähren nicht rückzahlbare Zuschüsse, gehen (Minderheits-)Beteiligungen ein und/oder geben Bürgschaften ab. Fördermittel helfen den Unternehmen, Finanzierungslücken zu schließen bzw. Finanzierungsengpässe zu überwinden und ermöglichen häufig weitere (externe) Finanzierungen für Gründung, Wachstum oder Markterschließung, welche ohne Fördermittel nicht erreichbar gewesen wären (zum Beispiel durch Eigenkapitalstärkung). Damit tragen Sie insbesondere in der Anfangsphase und die ersten Jahre eines Unternehmens entscheidend dazu bei, finanzielle Klippen zu überwinden und die Existenzgründung auf eine solide Basis zu stellen (Anschubfinanzierung). Grundsätzlich gilt, dass Förderanträge vor Beginn der jeweiligen Investition beantragt werden müssen; danach verfällt die Berechtigung auf eine Förderung (siehe dazu nachfolgend mehr). Ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht grundsätzlich nicht, Mehrfachförderungen desselben Projekts sind nicht möglich („Antrag vor Investitionsbeginn“), auch können einzelne „Fördertöpfe“ zwischenzeitlich erschöpft sein. Informationen zu den Förderungen und deren Voraussetzungen (sowie entsprechende Antragsformulare) sind bei den unter „Hilfen für den Gründungsprozess“ angeführten Anbietern und Institutionen bzw. deren Homepages mittels Suchtools wie Schnell-/Detailsuche, Förderassistent u. ä. zu erhalten. Die Klassifizierung der Branche/des Wirtschaftszweigs nach dem NACE-Schlüssel der Europäischen Gemeinschaft ist u. a. beim Statistischen Bundesamt/Destatis abzurufen (siehe nachfolgende Abbildung, Abschnitte und An-
2.3 Alternative Finanzierungsinstrumente
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Abb. 2.2 BMWi/Förderdatenbank Schnellsuche. (Quelle: BMWi 2018)
hang: Literaturverzeichnis/Auswahl wichtiger Internetadressen). Weitere Informationsmöglichkeiten (zum Beispiel zu privaten oder kommunalen Förderungen) sind Direktanfragen, Banken/Sparkassen, Fördermittelberater (der ggf. auch den Fördermittelantrag fachkundig begleitet), Steuer-/Unternehmensberater, Hinweise auf Gründerplattformen oder (zeitaufwendige) Recherchen über Suchmaschinen (zum Beispiel Google). In Abb. 2.2 soll eine beispielhafte Schnellsuche in der Fördermitteldatenbank des BMWi mit den (aus dem jeweiligen Untermenü gewählten) Kriterien Land: Bayern, Förderberechtigter: Existenzgründer, Förderbereich: Existenzgründung, Förderart: Darlehen sowie Fördergeber Bund und Land Bayern wieder gegeben werden. Aus den gefundenen Fördermöglichkeiten sind das bzw. die für das Unternehmen und den Förderzweck (am besten) passende(n) Fördermittel (eventuell gemeinsam mit der Hausbank) auszuwählen. Dabei sind nicht nur die Bedingungen/Konditionen der Förderung (zum Beispiel Zinshöhe, Gebühren), sondern auch die Liquiditätsbelastung des Unternehmens, etwa durch laufende Zinsen und Tilgung (unter Berücksichtigung tilgungs-
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Finanzierung
Fördermiel
Darlehen
Zuschüsse
Beteiligungen
Bürgschaen
Förderprogramme
Abb. 2.3 Fördermittel. (Quelle: eigene Darstellung)
freier Jahre), eine mögliche Haftungsfreistellung, ggf. Stärkung der Eigenkapitalbasis durch Nachrangigkeit der Fördermittel, Dauer der Zinsfestschreibung und Restschuldverlauf, zu beachten. Mit der erwähnten Detailsuche (zum Beispiel Unternehmensgröße) oder mit schrittweiser Hilfe des Förderassistenten (und weiteren Suchkriterien) kann die Auswahl noch verfeinert werden. Zur Unterstützung werden auch Suchtipps angeboten. Die Fördermöglichkeiten/Fördermittel lassen sich wie in Abb. 2.3 dargestellt unterscheiden.
2.3.8.1 Förderdarlehen Zu den wichtigsten finanziellen Fördermaßnahmen zählen Förderdarlehen, das sind zinsgünstige und langlaufende Darlehen, häufig mit fester Verzinsung über die Laufzeit und einer tilgungsfreien Anlaufphase ausgestattet. Sie dienen vor allem der Anschubfinanzierung von Gründungen in der Anfangsphase, der Überbrückung von Finanzierungslücken und allgemein der finanziellen Stabilität in der Gründungs- oder Wachstumsphase (nicht aber für Sanierungen/Umschuldungen). Beantragt werden die Förderdarlehen grundsätzlich bei der (Haus-)Bank des Gründers/KMU (Sparkassen, Volks- und Privatbanken), wobei diesem die Auswahl freigestellt ist (mögliche Kriterien: Produktangebot, Konditionen und Beratungsqualität, Filiale vor Ort für persönliche Beratungsgespräche, Geschäftspolitik bei Existenzgründungen). Für sie sind in der Regel bankübliche Sicherheiten zu stellen, wobei teilweise (zum Beispiel 80 % beim ERP-Gründerkredit StartGeld) Haftungsfreistellungen für die Bank des Kreditnehmers oder Bürgschaften für den kreditsuchenden Gründer/Unternehmer (siehe nachfolgend) die Kreditaufnahme erleichtern bzw. die Kreditvergabebereitschaft der Hausbanken fördern sollen. Die Hausbank behält dabei über die gesamte Laufzeit das Kreditrisiko bezüglich des Kreditbetrages (ggf. abzüglich einer Haftungsfreistellung) weshalb die Konditionen (vor allem Zinsen) nicht zuletzt von den gestellten Sicherheiten, der Bonität des Kreditsuchenden und der Laufzeit des Kredits abhängen. Hinweis Der Kreditnehmer haftet für den gesamten Kreditbetrag gegenüber seiner (Haus-)Bank.
Da sich die Bonität/Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers und die Werthaltigkeit der Sicherheiten zwischenzeitlich ändern können, werden diese während der gesamten Kreditlaufzeit von der (Haus-)Bank periodisch überprüft (wofür eine Bearbeitungsgebühr
2.3 Alternative Finanzierungsinstrumente
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anfällt). Die zeitnahe Einreichung von Betriebs-/Abschlussunterlagen und regelmäßige Gespräche mit dem Bankberater erleichtern/fördern diesen Prüfungsprozess. Die Hausbank prüft den mit dem Antrag eingereichten Businessplan (inklusive Unterlagen/Nachweise), die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells, die fachliche und persönliche Qualifikation des Antragstellers/der Antragsteller, die ggf. angebotenen Sicherheiten oder Bürgschaften (siehe nachfolgend) sowie die Erfüllung formaler Vorgaben der Förderinstitute (Förderfähigkeit, Förderwürdigkeit und Kapitaldienstfähigkeit). Hierbei sollte der Businessplan (Unternehmenskonzept) mit dem Finanzmittelbedarf korrespondieren (und umgekehrt), er stellt quasi den Schlüssel für die beantragten Fördermittel dar (u. a. Höhe, Laufzeit, Zins-/Tilgungsvarianten). Bei positivem Bescheid reicht die Bank den Förderkreditantrag an die Förderbank weiter, um von dieser die beantragten Mittel zu erhalten (Refinanzierung). Der Förderantrag muss wie erwähnt regelmäßig vor Investitionsbeginn (das ist grundsätzlich der verbindliche (schriftliche oder mündliche) Abschluss eines Lieferungs- oder Leistungsvertrages) bei der Förderbank eingegangen und die schriftliche Bestätigung durch die Förderbank, dass die Fördervoraussetzungen vorbehaltlich einer detaillierten Prüfung dem Grunde nach erfüllt werden, muss vor Investitionsbeginn erteilt worden sein. Als Investitionsbeginn gilt auch ein auf die Finanzierung des Vorhabens abgeschlossener Darlehens- oder Finanzierungsvertrag bzw. auch die Aufnahme von Eigenleistungen (ausgenommen Projektskizze). Danach ist eine Förderung regelmäßig ausgeschlossen. Ein Rechtsanspruch auf eine Förderung besteht nicht (Ermessensentscheidung). Das Investitionsvorhaben muss in der Regel innerhalb einer bestimmten Frist nach Antragstellung begonnen und innerhalb eines festgesetzten Zeitraums abgeschlossen werden. Hinweis Bei Ablehnung des Antrags durch die (Haus-)Bank besteht unter Berücksichtigung der Ablehnungsgründe die Möglichkeit den angefragten Kredit zu reduzieren, das Unternehmenskonzept abzuändern, zusätzliche Sicherheiten zu stellen oder Eigenkapital einzubringen, einen Fördermittelberater einzuschalten (mit Erfahrung und mehreren Bankenkontakten) oder es bei einer anderen Bank zu versuchen.
2.3.8.2 Zuschüsse Eine weitere Fördermaßnahme sind nicht rückzahlbare („verlorene“) Zuschüsse, die beispielsweise für Gründungsberatungen, Messeteilnahmen zur Außenwirtschaftsförderung, Gründungen aus der Arbeitslosigkeit u. ä. bewilligt werden. Ihre Höhe ist an die Kosten der geplanten Maßnahmen gebunden (regional unterschiedliche Höchstgrenzen) und reicht von 50 bis 80 % der jeweiligen Aufwendungen des Gründers; den Rest muss er selbst tragen (Eigenkapital). Zu den Vergabebedingungen zählen formale und/oder materielle Voraussetzungen (zum Beispiel Nachweise oder Businessplan). 2.3.8.3 Beteiligungen Den einzelnen (Landes-)Förderbanken sind häufig Beteiligungsgesellschaften angeschlossen, die (zumeist regional und/oder branchenmäßig begrenzt) entweder direkt oder in
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Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Beteiligungsgesellschaften (zum Beispiel die öffentlich geförderten Mittelständische Beteiligungsgesellschaften/MBGen) Minderheitsbeteiligungen an wirtschaftlich erfolgversprechenden kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oder Existenzgründungen/Start-ups aus der gewerblichen Wirtschaft (vor allem der Technologiebranchen) ab einer Höhe von ca. 20 000 C (Wachstumsförderung von 250 000 C bis fünf Millionen Euro) eingehen. Voraussetzungen sind (ggf. neben dem angeführten Regional- oder Branchenbezug) die fachliche und kaufmännische Qualifikation des Unternehmers, ein überzeugendes und erfolgversprechendes Unternehmenskonzept (Businessplan) sowie geordnete wirtschaftliche Verhältnisse. Wichtigste Aufgabe der Beteiligungsgesellschaften ist die Verbesserung der Bilanzrelationen von Existenzgründern und KMU durch langfristiges Beteiligungskapital, meistens als Mezzanine-Kapital in Form von eigenkapitalähnlichen Beteiligungen (zum Beispiel stille Beteiligung), was die Liquidität sowie die wirtschaftliche Eigenkapitalquote und damit auch die Bonität des jeweiligen Unternehmens verbessert.
2.3.8.4 Bürgschaften Nicht zuletzt sind hier Bürgschaften als weitere Fördermaßnahme zu nennen, weil sie (vor allem bei fehlenden Sicherheiten) häufig Voraussetzung für eine Kreditvergabe (auch von Förderkrediten) sind. Die ebenfalls den verschiedenen Landesbanken angeschlossenen Bürgschaftsbanken stellen gegen Gebühr Ausfallbürgschaften für beantragte Kredite für Gründungsvorhaben, Betriebsübernahmen und Investitions-/Leasingfinanzierungen bestehender Betriebe (zum Beispiel Wachstumsfinanzierung) bis zu 80 % des Kreditbetrags oder maximal 1,25 Mio. C zur Verfügung (der Rest muss anderweitig/mit persönlicher Haftung des Schuldners abgedeckt oder blanko vergeben werden). Man kann aber auch im Vorfeld von Kreditverhandlungen kleinere (zeitlich begrenzte) Ausfallbürgschaften („Bürgschaft ohne Bank“) erwerben, welche die entsprechenden Gespräche deutlich erleichtern und die Kreditkonditionen sichtlich verbessern können. 2.3.8.5 Förderprogramme Aus Mitteln oder mit Rückdeckung der EU, des Bundes (inklusive ERP-Sondervermögen), der Länder und/oder weiterer Institutionen wurden zahlreiche Förderprogramme für Existenzgründer/Start-ups und KMU (u. a. für Gründung, Wachstum, neue Geschäftsfelder oder Technologien, Schaffung von Arbeitsplätzen) aufgelegt. Diese sind partiell für unterschiedliche Phasen der Gründung und Branchen oder Regionen (insbesondere Bundesländer) konzipiert. Bei Vorliegen der entsprechenden formalen und sachlichen Voraussetzungen wie: Antragsteller ist eine natürliche Person, die eine Vollexistenz anstrebt, förderungsberechtigter Unternehmenszweck/Betriebsform und Standort/Regionalstruktur, zulässige Größe und Investitionsgegenstand, Projektbeginn/-Dauer, Projektwert/Finanzierungsbedarf, Schaffung von Arbeitsplätzen und/oder bisherige Betriebsdauer, können diese Fördermittel teilweise auch kumulativ (Achtung: Einhaltung der sogenannten De-MinimisRegelung/EU-Beihilfenschwellenwerte) und neben weiteren Finanzmitteln in Anspruch
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genommen werden. Von ihnen sollen nachfolgend einige (weitgehend) überregionale und/oder branchenübergreifende Förderprogramme exemplarisch angeführt werden. Die gesamten Programme und Einzelheiten bezüglich Voraussetzungen, Antragsberechtigte/Ausschlüsse, Antragsverfahren sowie Art und Höhe sowie Laufzeit der Förderung sind bei den (einschlägigen Internetplattformen der) verschiedenen Fördereinrichtungen abzurufen/anzufragen (siehe dazu auch: Anhang: Literaturverzeichnis/Internetadressen). Anmerkung: Aufgrund der hohen Zahl und wechselnden Vielfalt an Förderprogrammen und ihrer Voraussetzungen sowie Konditionen (manche sprechen von Förderdschungel) sind deren Voraussetzungen/Bedingungen rechtzeitig im Vorfeld abzuklären, wobei es häufig ratsam ist, neben den zumeist via Internet angebotenen Suchtools von Anbietern und Vermittlern oder (begrenzen) Vorschlägen von Finanzinstituten einen sachkundigen und unabhängigen Fördermittelberater hinzuzuziehen (kostenpflichtig!). Zu EU-Fördermitteln und einschlägiger Beratung sowie Fortbildung siehe u. a. www.emcra.de. Hinweis Da viele Förderprogramme ausschließlich für Kleine und Mittelgroße Unternehmen (KMU) ausgelegt sind, hier die EU-Definition von KMU: Maximal 249 Mitarbeiter und 50 Mio. C Umsatz oder 43 Millionen Euro Bilanzsumme.
Unterstützung für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit Für Gründer, die durch die Aufnahme einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit ihre Arbeitslosigkeit beenden, stehen unter bestimmten Bedingungen gemäß SGB III zwei unterschiedliche Förderprogramme der Agentur für Arbeit/Jobcenter (ohne Rechtsanspruch!) zur Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherheit zur Verfügung: a. Für Arbeitslosengeld I-Empfänger der (nicht rückzahlbare) Gründungszuschuss, bei dem der Gründer für sechs Monate das zuletzt bezogene Arbeitslosengeld zuzüglich 300 C für seine soziale Absicherung erhält; für weitere neun Monate können weitere 300 C für die soziale Absicherung gewährt werden (Bedingungen: Erfüllung der formalen Voraussetzungen des Antrags und Nachweis der persönlichen/fachlichen Eigenschaften des Antragstellers sowie Bestätigung der Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens von der zuständigen IHK). b. Für Arbeitslosengeld II-Empfänger (Harz IV) das Einstiegsgeld, das sich an der Dauer der Arbeitslosigkeit und der Bedarfsgemeinschaft des Existenzgründers orientiert, für maximal zwei Jahre und ggf. zusätzlich ein Investitionsdarlehen. Beratungsförderung Bei der Vorbereitung ihrer Gründungsvorhaben können sich Existenzgründer von Unternehmens- bzw. Existenzgründungsberatern unterstützen lassen (Vorgründungsberatung). Diese Beratungsleistungen sind (abgesehen von einem Erstgespräch) kostenpflichtig. Die meisten Länder leisten einen (nicht rückzahlbaren) Zuschuss zu den Beratungskosten in Höhe von rund 50 % in den alten und bis zu 80 % in den neuen Bundesländern (zum Beispiel das Programm „Coaching BONUS“ des Landes Berlin in Zusammenarbeit mit der
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Investitionsbank Berlin, das Beratungsprogramm Wirtschaft NRW oder das Programm ego.START von Sachsen-Anhalt mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds). Daneben werden auch kostenfreie Beratungen für Gründer angeboten (zum Beispiel Hessen: die zuständigen Kammern bieten kostenlose Einstiegsberatungen, das Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e. V. (RKW) und der Handelsverband Hessen helfen bei der Erstellung von Business Plänen oder das Bremer Förderprogramm für Unternehmensgründungen (BRUT), finanziert mit Mitteln des Landes Bremen und des Europäischer Fonds für regionale Entwicklung/EFRE). Neben der o. a. finanziellen Unterstützung für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit bietet die Agentur für Arbeit Arbeitssuchenden die Möglichkeit, Beratungsprogramme die das Ziel haben, Wissen rund um die Existenzgründung auf- oder auszubauen, mit einem sogenannten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) kostenfrei (bei zertifizierten Coaches) in Anspruch zu nehmen. Zu den Inhalten zählen u. a. die Aufklärung über Formalien und Rahmenbedingungen einer Gründung, Entwicklung eines tragfähigen Geschäftsmodells, Erstellung eines Businessplans bzw. Finanzplans, fachkundige Stellungnahmen, Recherchen für weitere Fördermittel oder Zuschüsse. Auch nach der Gründung gibt es häufig Beratungsbedarf bei den Unternehmen (Nachgründungsberatung). Nicht immer ist der Geschäftsverlauf so befriedigend, wie er im Businessplan antizipiert wird. Für junge Unternehmen (bis zwei Jahre nach Gründung), Bestandsunternehmen (ab drei Jahre nach Gründung) und Unternehmen in Schwierigkeiten (ausgenommen beratende und insolvente Unternehmen) hält das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) das Programm „Förderung unternehmerischen Know-hows“ bereit (vgl. Abb. 2.4 und die Internetadresse im Anhang/Literaturverzeichnis). Im Fokus der Förderung stehen dabei Beratungen zu wirtschaftlichen, finanziellen, personellen und organisatorischen Fragen der Unternehmen. Vor Antragstellung müssen Jungunternehmen und Unternehmen in Schwierigkeiten ein kostenloses Informationsgespräch mit einem regionalen Ansprechpartner über die Zuwendungsvoraussetzungen führen. Die jeweiligen Berater müssen bestimmten Kriterien der BAFA genügen (zum Beispiel Nachweis eines Qualitätsmanagementsystems), nach Abschluss der Beratung ist ein Verwendungsnachweis zu erbringen. Die Bemessungsgrundlage für junge Unternehmen liegt gegenwärtig bei 4000 C, bei Bestandsunternehmen und bei Unternehmen in Schwierigkeiten 3000 C; die Fördersätze sind regional unterschiedlich gestaffelt (zum Beispiel alte Bundesländer in der Regel 50 %, neue Bundesländer in der Regel 80 %), bei Unternehmen in Schwierigkeiten an allen Standorten 90 %. Hinweis Im Unterschied zu den vorstehend angeführten nicht rückzahlbaren Unterstützungsleistungen und Zuschüssen sind die nachfolgenden Förderkredite/-programme (ggf. nach tilgungsfreien Perioden) zurück zu bezahlen und werden nur für Investitionen und Betriebsmittel oder zur Verbesserung der Finanzstruktur von KMU gewährt (private Lebenshaltungskosten der Eigentümer/Gründer sind hiervon ausgenommen).
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Abb. 2.4 Förderung unternehmerischen Know-hows durch die BAFA. (Quelle: BMWi 2018)
Förderkredite für kleinere Investitionsvorhaben Für die Finanzierung von Betriebsmitteln und Investitionen bis zu 100 000 C, kommt für Neugründungen aller Formen (Errichtung, Übernahme, Beteiligungserwerb/Nachfolge) und für Unternehmen, die weniger als fünf Jahre tätig sind, das bereits erwähnte ERPGründerkredit StartGeld der KfW in Frage. Bei einer Laufzeit von maximal zehn Jahren werden bei diesem zinsvergünstigten Darlehen bis zu zwei tilgungsfreie Jahre gewährt. Für das durchleitende Kreditinstitut (Hausbank) besteht hierbei eine 80-prozentige Haftungsfreistellung (nicht aber für den Kreditnehmer, der voll haftet). Das heißt, das Förderinstitut (KfW) stellt die Hausbank zu 80 % von der Rückzahlung der Refinanzierungsmittel frei, wenn der Kreditnehmer der Bank (Gründer) mit seinen Zahlungen ganz oder partiell ausfällt. Das verringert das Ausfallrisiko für die Bank und ermöglicht vielfach erst die Kreditzusage oder verbessert die Konditionen. Die restlichen 20 % müssen klassisch abgesichert oder blanko vergeben werden. Existenzgründer (natürliche Personen) müssen (wie auch bei anderen Förderprogrammen) u. a. über die erforderliche fachliche und kaufmännische Qualifikation für das Vorhaben verfügen. Förderkredite für große Investitionsprojekte Mit dem ERP-Gründerkredit Universell werden Existenzgründer, Freiberufler sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft innerhalb der ersten fünf Jahre ihrer Tätigkeit (Ausnahmen!) bei der Finanzierung von Gründungen, Nachfolgeregelungen oder Unter-
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Finanzierung
nehmensfestigungen im In- und Ausland mit einem Darlehen bis zu einem Betrag von 25 Mio. C und günstigen Konditionen gefördert. Bei einer Laufzeit von maximal 20 Jahren werden bei diesem Darlehen bis zu drei tilgungsfreie Jahre gewährt. Für das durchleitende Kreditinstitut (Hausbank) besteht (unter bestimmten Voraussetzungen) eine 50-prozentige Haftungsfreistellung. ERP-Kapital für Gründung (Unternehmerkapital) Dieses Programm dient der Förderung von Gründungs- und Festigungsvorhaben im Bereich der mittelständischen Wirtschaft (ausgenommen bestimmte Sektoren wie zum Beispiel erneuerbare Energien) innerhalb von drei Jahren nach Tätigkeitsaufnahme durch zinsverbilligte Nachrangdarlehen. Die Darlehen haften unbeschränkt und erfüllen somit Eigenkapitalfunktion (was die Aufnahme von Fremdkapital erleichtert). Die Höhe des Darlehens beträgt maximal 500 000 C je Antragsteller (pro Vorhaben maximal vier Millionen Euro), die Laufzeit 15 Jahre, bei sieben tilgungsfreien Jahren und es wird eine 100-prozentige Haftungsfreistellung für die kreditauszahlende Hausbank aufgrund einer Bundesgarantie gewährt. ERP-Beteiligungsprogramm Dieses Programm dient der Erweiterung der Eigenkapitalbasis von kleinen und mittleren Unternehmen (Spielraum für weitere Finanzierungen) durch Bereitstellung von Haftungskapital durch private Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Zu ihrer Refinanzierung erhalten die Kapitalbeteiligungsgesellschaften Kredite bis zur Höhe der Beteiligungssumme aus dem ERP-Beteiligungsprogramm. Die Beteiligung kann in der Regel bis zu 1,25 Mio. C betragen, jedoch soll sie das vorhandene Eigenkapital nicht übersteigen. Die Laufzeit beträgt grundsätzlich zehn Jahre, in den neuen Ländern und Berlin 12,5 Jahre. Mikrofinanzierungen Existenzgründer und Selbstständige mit geringem Bedarf an kurz- bis mittelfristigem Fremdkapital können einen Mikrokredit aus dem (staatlichen) Mikrokreditfonds Deutschland über ein beim Deutsches Mikrofinanz Institut (DMI) akkreditiertes Mikrofinanzinstitut beantragen. Einige dieser Institute sind bundesweit tätig, während sich andere auf ein Bundesland oder eine Region beschränken. Die Hauptaufgabe des Mikrokreditfonds ist die Bereitstellung von Kapital für die Mikrofinanzinstitute, die die eigentliche Kreditvergabe im Auftrag des Mikrokreditfonds abwickeln. Da die Mikrofinanzinstitute keine Bankzulassung haben, wird das Mikrodarlehen (auf Empfehlung der Mikrofinanzinstitute) von der GRENKE BANK AG (Baden-Baden) an die benannten/geeigneten Kreditnehmer vergeben/ausbezahlt (kein Hausbankverfahren!). Hierbei bleibt das jeweilige Mikrofinanzinstitut Ansprechpartner für die Kreditnehmer vom Erstkontakt bis zur Rückzahlung des Darlehens; es übernimmt auch die Bonitätsprüfung des Antragstellers (zum Beispiel Businessplan, Schufa-Auskunft, lfd. Betreuung während der Kreditlaufzeit) und vorrangig die Haftung gegenüber Bank und Fonds (First-Loss-Haftung).
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Die Höhe eines Mikrodarlehens liegt bei maximal 20 000 C. In der Regel werden Mikrodarlehen in mehreren steigenden Schritten (Stufenkredite) vergeben, wobei die neuen (Teil-)Auszahlungen erst nach planmäßiger Tilgung der Altschulden erfolgen. Sie laufen zwischen wenigen Monaten bis zu maximal drei Jahren, die Tilgung erfolgt in monatlichen Raten oder endfällig. Um ein Mikrodarlehen zu erhalten, verlangen die Mikrofinanzinstitute unterschiedliche Sicherheiten: Häufig muss eine Bürgschaft in Höhe von 50 % des Darlehens gestellt werden und nicht selten bis zu 100 %. Neben dem Mikrokreditfonds Deutschland bieten auch einige Förderbanken Mikrodarlehen an, die sich teils deutlich von den Mikrokrediten der Mikrofinanzinstitute unterscheiden. Zu diesen Förderbanken zählen u. a. die Investitionsbank Berlin, Bremer Aufbaubank, NRW.Bank und die Sächsische Aufbaubank. Mikromezzaninfonds Deutschland des BMWi Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, den Zugang von Existenzgründern und kleinen Unternehmen zu moderaten Mezzanine-Finanzierungen in Deutschland zu verbessern und damit die Eigenkapitalbasis von Klein- und Kleinstunternehmen zu erhöhen. Dadurch wird deren Bonität verbessert und neuer Kreditspielraum geschaffen. Anträge sind über die regionale Mittelständische Beteiligungsgesellschaft zu stellen, der Kapitalgeber hat kein Recht zur Einflussnahme. Die Beteiligung kann bis zu 50 000 C betragen, die Laufzeit beträgt zehn Jahre. Die Rückzahlung erfolgt in jährlich gleich hohen Raten, erstmals nach sieben Jahren. Das Unternehmen muss eine ausreichende wirtschaftliche Tragfähigkeit und eine vertragsgemäße Abwicklung der Beteiligung erwarten lassen. Spezialisierte und regionale Förderprogramme Zu den angeführten, zumeist allgemein zugänglichen und überregionalen Förderprogrammen für KMU kommen noch Förderprogramme des Bundes und der Länder für besondere Fördergebiete (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) zur Schaffung von Arbeitsplätzen und das ERP-Regionalförderprogramm), zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien (KfW-Programm Erneuerbare Energien), für technologie- und wissensbasierte Start-ups und Unternehmen der High-Tech Gründerfonds, das EXIST-Gründerstipendium für Hochschulabgänger/-mitarbeiter, der INVEST – Zuschuss für Wagniskapital, der German Accelerator für IKT- und Lifesciences-Start-ups, der ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit, das ERP-Mezzanine Programm für Innovation sowie Programme zur Umweltschutz-Förderung (zum Beispiel das KfW-Umweltprogramm). Weitere Förderprogramme im Bereich Digitalisierung und Wagniskapital für innovative Start-ups sind in Vorbereitung (u. a. Tech Growth Fund, Venture Debt Funds), darüber hinaus soll der Zugang zu den Fördermitteln vereinfacht werden (Stichwort: Entbürokratisierung). In diesem Zusammenhang soll hier auch der Förderschwerpunkt „Mittelstand-Digital“ des Bundeswirtschaftsministeriums durch die (derzeit bundesweit 23) Mittelstand 4.0
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Kompetenzzentren/Agenturen angeführt werden, die den KMU praktische Unterstützung in allen Bereichen der Digitalisierung bieten. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet in Zusammenarbeit mit der GRENKE BANK AG eine (vorläufig zeitlich begrenzte) Förderung von über Leasing finanzierten Neuanschaffungen kleiner und mittelständischer Unternehmen. Anspruch auf diese bundesweite Förderung haben Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, die sich mehrheitlich in Privatbesitz befinden sowie freiberuflich Tätige mit einem Jahresumsatz von maximal 500 Mio. C. Förderfähig sind Leasingverträge mit einer Laufzeit von bis zu 84 Monaten, der Förderbetrag beläuft sich auf 1,6 % der Summe aller Leasingraten und wird zu Vertragsbeginn in einer Summe ausgezahlt. Digitalisierung ist eines der Schwerpunktthemen der aktuellen EU-Förderperiode 2014–2020. EU-Förderprogramme wie „Horizont 2020“ und der „Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)“ mit dem Fokus auf Forschung, Innovation und Regionalentwicklung sollen die Entwicklung von innovativen IKT-Produkten und Dienstleistungen fördern. Neben den aufgeführten bundesweiten Förderprogrammen für KMU existieren noch unzählige regionale Förderprogramme/-maßnahmen der Landesbanken sowie der Investitions- und (Struktur-)Förderbanken der Länder (und gelegentlich der Gemeinden) für die gleiche Zielgruppe (zum Beispiel Investitionsbank Berlin (IBB), Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen (NBank), Förderbank des Landes NordrheinWestfalen (NRW.BANK), LfA Förderbank Bayern, L-Bank und Bürgschaftsbank Baden-Württemberg), die (alphabetisch) von Agrargründungs-Bürgschaften, über Breitbandförderung, Coaching, Digitalisierung, Gründerstipendien/Gründungsfinanzierungen, Investitionsfinanzierungen, Liquiditätskredite, Neue Energien – Bürgerwindparks, Ressourceneffizienzfinanzierung, Technologiefinanzierung, Weiterbildungsfinanzierung 4.0 bis zu Wohnungsbau reichen.
Literatur Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2018) Förderung unternehmerischen Know-hows. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Mittelstand/foerderungunternehmerisches-know-how.pdf?__blob=publicationFile&v=10, 01.07.2018 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2018) Förderdatenbank – Förderprogramme und Finanzhilfen des Bundes, der Länder und der EU. www.foerderdatenbank.de, 01.07.2018
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Finanzplanung
In die Finanzplanung fließen die Ergebnisse aller vorstehend angeführten Maßnahmen als konkrete Zahlenwerte ein, das heißt, die hier ausgewiesenen Werte müssen mit den bisherigen Ausführungen und dem nachfolgenden Businessplan korrespondieren. Ihre Erkenntnisse geben letztendlich Aufschluss über die Tragfähigkeit und Perspektiven des Geschäftsmodells (Vollexistenz) und damit die Bonität (Kreditwürdigkeit) des geplanten Unternehmens. Die Finanzplanung umfasst im Einzelnen die Kapitalplanung, die Liquiditätsplanung sowie die Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisvorschau). Hinweis Alle vorgestellten Rechenkonzepte (Pläne) lassen sich mit speziellen Softwareprodukten oder entsprechenden Tabellenkalkulationsprogrammen wie MS-Excel einfach berechnen und darstellen. Das gilt auch für eventuell notwendige Modifizierungen wie Einfügen weiterer Positionen, zusätzlicher Zwischenergebnisse oder unterschiedlicher Perioden (zum Beispiel anfänglich Monats-/Quartalswerte, später Jahresplanungswerte).
Kennzahlen, Grafiken und Vergleiche erhöhen die Aussagekraft der ermittelten Ergebnisse. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass viele der einfließenden Daten/Zahlen auf Schätzungen und Prognosen beruhen, welche die Validität, Reliabilität und Objektivität der ermittelten Werte beeinträchtigen. Weiterhin sind bei der Kennzahleninterpretation Sachverhalte zu berücksichtigen, die die Aussagekraft der Kennzahlen beeinflussen, in der Regel jedoch nicht in deren Berechnung einfließen (zum Beispiel geleaste Anlagen bei der Ermittlung der Anlagenintensität, zwischenzeitliche Veränderungen seit dem Erhebungsstichtag bei der Berechnung der Liquiditätsgrade).
3.1 Kapitalplanung Die Kapitalplanung ermittelt den kurz-, mittel- und langfristigen Kapitalbedarf aus der Gründung und dem laufenden Betrieb eines Unternehmens sowie die möglichst günstige © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 R. Schinnerl, Erfolgreich in die Selbstständigkeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22111-9_3
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3 Finanzplanung
Deckung des Bedarfs. Jeder eingeplante Kapitalbedarf muss kongruent gedeckt und am Ende vom Unternehmen erwirtschaftet werden (was bereits bei der Kapazitäts-/Investitionsplanung zu berücksichtigen ist).
3.1.1 Kapitalbedarf Der Kapitalbedarf einer Existenzgründung hängt naturgemäß stark vom Unternehmenssektor und dem konkreten Investitionsbedarf/-plan ab: während Berater und Vermittler eher einen geringen Investitions-/Kapitalbedarf haben (zum Beispiel für Büroausstattung und -miete, Kommunikationsgeräte und -gebühren, eventuell Kfz-/Reisekosten), besteht bei Gründungen in den Industriebranchen (zum Beispiel Maschinen, Immobilien), Großund Einzelhandel (Immobilie, Lager), Transport (Fahrzeuge), Hotel und Gaststättengewerbe (Immobilie/Renovierung, Einrichtung) ggf. ein beträchtlicher Kapital- und Liquiditätsbedarf. Hinzu kommen die Gründungs- und Betriebskosten sowie eventuell Personalkosten und die für die private Lebensführung der Gründer benötigten Mittel (Lebensunterhalt und soziale Absicherung). Vor diesem Hintergrund können nachfolgend nur Beispiele für notwendige Investitionen in der Startphase (zumeist vor Geschäftseröffnung/Markteintritt) angeführt werden. Das gilt auch für deren Quantifizierung und Verlauf in der nachstehenden Kapitalbedarfsplanung. Lang- und kurzfristiger Kapitalbedarf a. Langfristige Investitionen (vor allem Sachanlagen) wie Immobilienerwerb (bei Übernahmen: Kauf des gesamten Unternehmens), Umbau-/Renovierungsmaßnahmen, Maschinen und Werkzeuge, Betriebs- und Geschäftseinrichtung, Kfz b. Kurzfristiger Finanzmittelbedarf wie Umlaufvermögen (Lager, Kasse/Bank, Vorfinanzierungen), Betriebsmittel, Liquiditätsreserve Als laufender Finanzmittelbedarf (Entnahmen) sind hierbei insbesondere zu berücksichtigen: Gründungs- und Anlaufkosten wie Beratung, Gebühren (u. a. für Notar, HREintragung, Energieanschlüsse) und Kautionen (Miete) sowie Lizenzen, Eröffnungswerbung, Miete, (Anfangs-)Lagerbestand, laufende Verwaltungs- und Betriebskosten, eventuell Zinsen und Tilgungen sowie Steuervorauszahlungen und andere Vorfinanzierungen (zum Beispiel Betriebsversicherungen), ggf. Löhne/Gehälter und Sozialversicherung für Mitarbeiter, später auch Forderungen und (bei produzierenden Unternehmen) zunehmende Fertigwarenlager. Kosten der privaten Lebensführung des Gründers und seiner Familie (inklusive Rücklagenbildung) und deren sozialen Absicherung. Da (vor allem anfänglich) nicht alle anfallenden Kosten/Ausgaben zuverlässig vorherzusagen/abzuschätzen sind (zum Beispiel Reparaturen, Preiserhöhungen, Forderungsausfälle), ist eine Liquiditätsreserve einzurechnen bzw. aufzubauen.
3.1 Kapitalplanung
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Hinweis Das kurzfristige Kapital (Laufzeit unter einem Jahr) wird regelmäßig als Liquidität bzw. liquide Mittel bezeichnet. Wegen deren Relevanz im betrieblichen Ablauf, erfolgt (wie auch in bestehenden Unternehmen üblich) nachfolgend eine separate Liquiditätsplanung.
I
Während ein kurzfristiger Finanzbedarf auch durch langfristige Mittel gedeckt werden kann, ist die Deckung eines langfristigen Kapitalbedarfs (zum Beispiel für Anlageerwerbungen) durch liquide Mittel („Fristentransformation“) unbedingt zu vermeiden. Siehe dazu auch nachfolgende Kennzahlen/Deckungsrelationen.
Kapitalbedarfsplan Für Gründer empfiehlt es sich, abhängig vom Investitionsbedarf (Kapazitäten), anfänglich einen Kapitalbedarfsplan für die ersten drei bis fünf Jahre aufzustellen. Darüber hinausgehende Perioden sind wegen der zunehmenden Ungewissheiten regelmäßig erst nach und nach hinzuzufügen. Verschiedene Positionen des vorgestellten (einfachen) Kapitalplans (Tab. 3.1) werden nicht in allen Unternehmen aufscheinen, andere sind hier für einige Unternehmensformen eventuell nicht oder nicht differenziert genug angeführt (und entsprechend zu ergänzen). Die Anschaffungsausgaben für Immobilien u. ä. (inklusive Nebenkosten) werden überwiegend nur anfänglich (hier: im ersten Jahr) anfallen, während Tilgungen häufig erst später einsetzen. Für einige Positionen wie Gründungs- und Anlaufkosten besteht in der Regel nur während der ersten Monate oder des ersten Jahres ein (erhöhter) Finanzierungsbedarf, wobei einzelne Positionen wie Kautionen oder Lizenzen möglicherweise über längere Perioden finanziert werden müssen (und dann eher unter lfr. Kapitalbedarf einzuordnen wären), andere Positionen wie das Waren- und Materiallager werden in späteren Perioden (hier: Folgejahre) mit zunehmendem Umsatz ansteigen, durch ihre Berücksichtigung in den Herstellkosten über den Umsatz in der Ergebnisrechnung/GuV jedoch eingelöst/kompensiert (sodass hier zumeist nur eine Vorfinanzierung des Anfangsbestandes für einige Monate erforderlich ist). Vergleichbares gilt für die Zinsen, Personalkosten sowie die Entnahmen der Gründer (die anfänglich mangels Einnahmen logischerweise keine Entnahmen tätigen und von Drittmitteln wie Partnergehalt oder Kapital-/Mieteinkünften leben sollten). Eine Verfeinerung der beschriebenen Kapitalplanung stellt eine unterjährige Kapitalrechnung dar. In eine solche könnten verschiedene Positionen genauer aufgeteilt bzw. zugeordnet werden (zum Beispiel Anschaffungsausgaben, Gründungskosten, Waren-/Materialerstausstattung) und unterjährig fällige Positionen wie Mieten, Beratungskosten und lfd. Instandhaltung sowie ggf. Entnahmen des/der Gründer(s) mit ihren Teilbeträgen/Fälligkeiten eingebaut werden, sodass erst zum Jahresende (zum Beispiel Dezember oder viertes Quartal) der volle Jahresbetrag zu finanzieren wäre. Während für einige Positionen aufgrund von Geschäfts-/Kapazitätsplanungen, konkreten Investitionsprojekten, Verträgen, Kostenvoranschlägen und/oder Rechnungen mehr oder weniger eindeutige Beträge (und Fälligkeiten) vorliegen, sind für andere (teils umfängliche) Schätzungen und/oder Nebenrechnungen (Kalkulationen) erforderlich. Dies
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3 Finanzplanung
Tab. 3.1 Kapitalbedarfsplan. (Quelle: eigene Darstellung) Alle Beträge in Euro 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr Langfristige Investitionen: Grundstücke/Gebäude oder Unternehmensübernahme (Kauf) Umbau/Renovierung Immaterielle Vermögensgegenstände (z. B. Konzession) Betriebs- und/oder Geschäftsausstattung Werkzeuge und Maschinen Lager- und/oder Büroeinrichtung EDV/IT Equipment Fahrzeuge Sonstige Summe langfristige Investitionen: Kurzfristige Investitionen (Betriebsmittel): Gründungskosten (Anmeldungen, Gebühren, Beratung, Kautionen, Lizenzen) Anlaufkosten (Werbung, Reisen) Mieten/Leasingraten Laufende Verwaltungs- und Betriebskosten Versicherungen und Steuern Sonstige betriebliche Kosten (z. B. Reparaturen, bezogene Leistungen) Waren- und/oder Materiallager (Anfangsbestand) Sonstige Vorfinanzierungen (Bestellungen, Aufträge) Finanzierungskosten (Provisionen, Zinsen/Tilgungen) Personalkosten (inkl. AG-Anteil Sozialversicherung) Entnahmen für Lebensunterhalt Gründer(-team) inkl. soziale Absicherung (ggfls. auch für Familie) Sonstiges Reserve für unvorhersehbare Aufwendungen Summe kurzfristige Investitionen: Summe Kapitalbedarf
betrifft vor allem die angeführten Betriebsmittel (Kostenpositionen), auf die im Rahmen der Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung näher eingegangen wird. Hinweis Für Bankgespräche sind die getroffenen Annahmen (Schätzungen und Prognosen) realitätsnah zu begründen und nachvollziehbare Erläuterung/Nebenrechnungen bzw. Teilpläne der wichtigsten Positionen wie Investitions-/Produktions-/Absatzplan vorzubereiten (ggf. als Anlagen zum Businessplan). Ein solider Eigenkapitalanteil (mindestens 15 bis 20 %) zählt ebenfalls zu den vorteilhaften Voraussetzungen eines erfolgreichen Bankgesprächs (vor allem zur Kreditgewährung).
3.1 Kapitalplanung
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3.1.2 Kapitaldeckung In der Fachliteratur wird bei Kapitallaufzeiten häufig zwischen „kurzfristig“ (weniger als ein Jahr), mittelfristig (ein Jahr bis fünf Jahre) und „langfristig“ (mehr als fünf Jahre) differenziert. In der betrieblichen Praxis hingegen wird zumeist (nur) zwischen kurzfristig (weniger als ein Jahr) und langfristig (ein Jahr und länger) unterschieden; dem soll auch hier gefolgt werden. Der kurz- und langfristige Kapitalbedarf eines Unternehmens muss fristenkongruent finanziert werden, um bestandsgefährdende Unterdeckungen und Liquiditätslücken zu vermeiden. Kapitalmittel/-quellen Die potenziellen Kapitalmittel/-quellen der internen und externen Finanzierung wurden bereits vorgestellt. Ihre Laufzeiten reichen von täglich fällig wie der Kontokorrentkredit (der aber in der Regel bei vertragsmäßiger Kontoführung revolvierend, das heißt automatisch verlängert wird), über vereinbarte Laufzeiten (zum Beispiel Darlehen über fünf Jahre) und weitgehend unbestimmte Fälligkeiten (zum Beispiel Pensionsrückstellungen) bis zu unbegrenzter Verfügbarkeit wie das Eigenkapital. Die Bereitstellung und die Konditionen, insbesondere der externen Mittel, hängt für die Unternehmen in erster Linie von deren Bonität/Ausfallwahrscheinlichkeit (Rating) ab, die wiederum (neben den vorhandenen Sicherheiten) eng mit der Ausprägung verschiedener betriebswirtschaftlicher Kennzahlen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie von sogenannten qualitativen Kriterien wie etwa Branche, Produkt(e) und Marktstellung, Strategie, Qualifikation des Managements und Personals, Niveau von Finanzpolitik (inklusive Bankbeziehungen), Planung, Controlling, Organisation und EDV/IT, Status der Wertschöpfungskette (vom Einkauf über die Produktion bis zum Vertrieb) zusammenhängt. Kapitaldeckungsrechnung Korrespondierend zum Kapitalbedarfsplan ist eine Kapitaldeckungsrechnung für die ersten drei bis fünf Jahre anzufertigen. Die verschiedenen Eigen- und Fremdkapitalinstrumente wurden bereits oben dargelegt. Wie im o. a. Kapitalbedarfsplan werden auch in der dargestellten Kapitaldeckungsrechnung (siehe Tab. 3.2) verschiedene Positionen nicht in allen Unternehmen aufscheinen, andere sind hier für einige Unternehmensformen eventuell nicht oder nicht differenziert genug angeführt (und entsprechend zu ergänzen). Je nachdem ob es sich um eine Neugründung (im Vorgründungsstadium) handelt oder um eine bereits bestehende Unternehmung (Nachgründungsphase), werden die Eigenmittel des Gründers oder das Geschäftskonto (des Einzelunternehmers) bzw. das Gesellschaftskapital der Gesellschaft angeführt (zur Erinnerung: der Einzelunternehmer haftet auch mit seinem gesamten Privatvermögen, bei Gesellschaften bestehen rechtsformabhängige Unterschiede). Zugeführte Mittel von Verwandten und Freunden können je nach
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3 Finanzplanung
Tab. 3.2 Kapitaldeckungsrechnung. (Quelle: eigene Darstellung) Alle Beträge in Euro Eigenkapital: Eigene Barmittel (Privatvermögen des Gründers) Bankguthaben Einlagen von Family & Friends Zuschüsse der öffentlichen Hand (z. B. für bestimmte Investitionen, oder von der Agentur für Arbeit) Geschäftskonto/Gesellschaftskapital Beteiligungen u. a. eigenkapitalähnliche Mittel (z. B. VC) Unternehmensgewinn Sacheinlagen (z. B. Immobilie, Kfz, Eigenleistungen) Sonstiges Summe Eigenkapital: Fremdkapital: Gründerkredit, ggfls. weitere ERP-Fördermittel (Kfw) Klein-/Mikrokredit Förderkredit des Bundeslandes Partiarisches Darlehen (nicht nachrangig) Bankdarlehen (lfr.) Kontokorrentkredit (kfr.) Darlehen von Family & Friends Sonstiges Summe Fremdkapital: Summe verfügbares Kapital Kapitalbedarf (aus dem Kapitalbedarfsplan) Kapital: Überdeckung (C), Unterdeckung () Nachrichtlich: ungenutzte Kreditlinien
1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr
Vertragsgestaltung und Bilanzierung als Eigenkapital (Haftung!) oder Fremdkapital aufscheinen (Gläubiger). Die Zuschüsse der öffentlichen Hand sind in der Regel nicht rückzahlbar und deshalb dem Eigenkapital zuzurechnen. Ein Unternehmensgewinn wird bei Neugründungen erst in späteren Perioden (zweites oder drittes Jahr) erzielbar sein (und in der Kapitaldeckungsrechnung aufscheinen), bei bestehenden Unternehmen eventuell bereits im ersten dargestellten Jahr. Auch Sacheinlagen zählen zum Eigenkapital, wobei es bei Neugründungen von Gesellschaften rechtsformabhängige Einschränkungen gibt (vgl. Abschn. 1.5.3.2). Die Voraussetzungen und Bedingungen zur Erlangung der verschiedenen Formen von Fremdmitteln, wie zum Beispiel hinreichendes Eigenkapital, Sicherheiten, Bonität und Betriebsgröße, wurden ebenfalls bereits erläutert (davon hängt naturgemäß deren Berücksichtigung in der Kapitaldeckungsrechnung ab). Zu beachten ist hierbei, dass diese im
3.1 Kapitalplanung
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Zeitablauf variieren können, was erhebliche Auswirkungen auf das Unternehmen haben kann. Wie erwähnt, sind Banken häufig nur gegen die Stellung angemessener Sicherheiten zur Kreditvergabe bereit (das gilt auch für die o. a. Förderdarlehen, falls keine Haftungsfreistellung vorliegt). Deshalb sollten die vorhandenen/anzubietenden Sicherheiten im Einzelnen im Rahmen der Kapitaldeckungsrechnung im Businessplan angeführt werden (Sicherheitenspiegel); vgl. Abschn. 2.2.1. Schließlich wird die Deckung des Kapitalbedarfs durch die verfügbaren Mittel berechnet. Während eine Überdeckung in der Regel nur (vermeidbare) Zinskosten verursacht, kann eine Unterdeckung erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen bis hin zum Scheitern der Gründung nach sich ziehen. Zur Vermeidung einer Unterdeckung kann eine Erhöhung der Eigen- und/oder Fremdmittel (zum Beispiel Einbringen von Privatvermögen/Einlagen von Gesellschaftern, Einbindung von stillen Gesellschaftern, Erhöhung des Bankkreditrahmens, Beantragung weiterer Fördermittel) und/oder eine Verminderung des Kapitalbedarfs vorgenommen werden. Hierzu zählen die Miete/Leasing anstatt Kauf von Vermögensgegenständen, eventuell Sale-and-lease-back von vorhandenen Anlagen, die Vereinbarung von Ratenzahlungen beim Erwerb von Anlagen, der Kauf gebrauchter Anlagengegenstände an Stelle von neuen, der Verkauf von (aktuell) nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen, der Aufschub von Investitionen (was aber ggf. den Umsatz beeinträchtigt), das Outsourcing von anlageintensiven Aufgaben, oder Reduzierung der Kapitalbindung durch effiziente Lagerverwaltung bzw. Just-in-time Lieferung. Aus den dargestellten Planungsrechnungen lassen sich, ggf. in Verbindung mit weiteren Bilanzwerten, verschiedene betriebswirtschaftliche Kennzahlen ableiten/ermitteln, welche die Solidität der Finanzierungsstruktur des Unternehmens wiedergeben und die deshalb in die o. a. Ratingbeurteilungen einfließen. Hinweis Bilanzierende Unternehmen können diese Werte in der Regel dem Rechnungswesen (insbesondere Bilanz und Bilanzvorschaurechnung) entnehmen, andere (teilweise) der BAW des Steuerberaters.
An dieser Stelle ist vorauszuschicken, dass die nachstehend angeführten und weitere Kennzahlen abhängig vom Verwendungszweck häufig in verschiedenen Varianten sowie unter abweichenden Bezeichnungen berechnet werden und ihre konkreten Ausprägungen zumeist branchenabhängig sind (was bei Beurteilungen/Interpretationen und Vergleichen zu berücksichtigen ist). Zu den wichtigsten Kennzahlen des Finanzbereichs zählen: Anlagendeckung D
Eigenkapital C lfr. Fremdkapital Anlagevermögen
Das langfristig gebundene Anlagevermögen soll durch ebenso langfristig zur Verfügung stehendes Kapital finanziert werden. Nach der sogenannten „goldenen Bankregel“
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3 Finanzplanung
sollte Anlagevermögen vollständig durch Eigenkapital gedeckt sein, in der betrieblichen Praxis wird ein Wert von 1,2 (D 120 %) für die oben stehende Deckungsrelation („Anlagendeckungsgrad II“) als hinreichend beurteilt (wobei gelegentlich auch ein Mindestvorratsbestand/eiserne Reserve in den Nenner einbezogen wird). Hinweis Pensionsrückstellungen werden in der Regel ebenfalls zum langfristigen Fremdkapital gerechnet, langfristige. Forderungen u. ä. zum Anlagevermögen.
Eigenkapitalquote D
Eigenkapital Gesamtkapital
mit: Gesamtkapital D Eigenkapital C Fremdkapital Setzt man das Fremdkapital in den Zähler und das Eigenkapital in den Nenner, erhält man den sogenannten (statischen) Verschuldungsgrad: Fremdkapital Eigenkapital Aus Bonitätsgesichtspunkten sollte die Eigenkapitalquote möglichst hoch (über 30 %), der Verschuldungsgrad dementsprechend möglichst niedrig sein. Der genannte Wert wird von (deutschen) KMU nur selten erreicht (welcher bei diesen häufig nur zwischen zehn und 20 % liegt), was zu deren mäßigen Ratings beiträgt. Fremdkapital Cashflow Diese Kennzahl sagt aus wie lange (Jahre) es dauern würde, das gesamte Fremdkapital (rechnerisch) aus dem Cashflow zu tilgen. Häufig werden vom Fremdkapital die flüssigen Mittel, gelegentlich auch die Pensionsrückstellungen abgezogen (da sie ja nicht zu tilgen sind), und im Nenner der operative oder der Free-Cashflow (s. oben) angesetzt. Dynamischer Verschuldungsgrad D
Kapitalumschlag D
Umsatz Gesamtkapital
Die Häufigkeit des Kapitalumschlags (in einem Jahr) zeigt die Effizienz des Kapitaleinsatzes an (sehr branchenabhängig!). Anders ausgedrückt: wie viel Umsatz wurde mit einer Einheit (Euro) eingesetztem Kapital erwirtschaftet. Setzt man an Stelle des Umsatzes den Gewinn ein, erhält man den sogenannten Return on Investment (RoI). Dieser ist eine wichtige Rentabilitätskennzahl, die auch zum Vergleich von Investitionen/Unternehmen herangezogen wird (wobei eine hohe Verschuldung = hohes Fremd-/Gesamtkapital und hohe Fremdkapitalzinsen die Kennzahl verwässern).
3.2 Liquiditätsplanung
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3.2 Liquiditätsplanung Viele Existenzgründungen/Jungunternehmen scheitern in den ersten Jahren an Liquiditätslücken, das heißt die notwendige ständige Zahlungsfähigkeit ist nicht gegeben, Zahlungsverpflichtungen können nicht fristgerecht erfüllt werden. Zu deren Vermeidung ist eine Liquiditätsplanung und -überwachung unverzichtbar. In diese fließen sämtliche erwarteten Einnahmen und Ausgaben (Einzahlungen und Auszahlungen) einer Periode mit ihren Fälligkeiten ein. Zu den (erwarteten) Ein- und Ausgängen (Zu- und Abflüsse) sind eingeräumte und (voraussichtlich) beanspruchte Zahlungsfristen und Zahlungsgewohnheiten von Kunden (zum Beispiel Inanspruchnahme von Skonti), Durchlauf- und Lagerzeiten im Betrieb (bei Neugründungen in der Regel mit steigenden Lagerbeständen/-kosten), aber auch mögliche Zahlungsverzögerungen und Ausfälle zu berücksichtigen, wie auch unvorhergesehene Anschaffungen oder Reparaturen (mittels Reserven) zu beachten sind. Auf der anderen Seite sind auch das eigene Zahlungsverhalten (Lieferantenziele/Skonti) und ggf. potenzielle außerplanmäßige Liquiditätszuflüsse wie Erhöhung des Kontokorrentkreditrahmens der Bank oder ein Verwandtendarlehen in die Vorschau einzubeziehen. Liquiditätsplan/Liquiditätsdeckungsrechnung (1. Jahr) Der Liquiditätsplan kann je nach Bedarf, Frequenz und/oder Umfang der Zahlungsmittelzu- und -abflüsse quartalsmäßig, monatlich (wie nachfolgend in Tab. 3.3 gezeigt) oder kürzer (wöchentlicher oder täglicher Liquiditätsstatus) erstellt werden. Er ist grundsätzlich revolvierend aufzustellen, das heißt, dass die abgelaufenen (Ist-)Monate jeweils durch neue (Plan-)Monate ersetzt werden. Dadurch wird eine periodenübergreifende/fortlaufende Liquiditätsplanung und -überwachung erreicht. Hinweis Die Zeiträume zwischen eigenen Zahlungen und Zahlungseingängen müssen vom Unternehmen zwischenfinanziert werden.
Zu verschiedenen Positionen, die auch in der Kapitalplanung aufscheinen, wurde bereits vorstehend Stellung genommen. Zu beachten ist dabei, dass nur liquiditätswirksame Posten (Einnahmen/Einzahlungen bzw. Ausgaben/Auszahlungen) übernommen werden und keine kalkulatorischen Werte wie Unternehmerlohn, Abschreibungen, Rückstellungen oder kalkulatorische Miete/Zinsen und dass die in der Kapitalplanung angeführten (Jahres-)Werte mit den korrespondierenden (Jahres-)Summen in der Liquiditätsrechnung übereinstimmen. Die Position Umsatz (inklusive MwSt) wird im Rahmen der (nachstehenden) Ergebnisrechnung ermittelt, die vereinnahmte Umsatzsteuer ist gemäß ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen (abzuführen), Zinsen und Tilgungen sind entsprechend ihrer Fälligkeiten einzutragen (ein entsprechender Kapitaldienstplan wird zumeist von der Bank ausgearbeitet/zur Verfügung gestellt).
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3 Finanzplanung
Tab. 3.3 Liquiditätsplan/Liquiditätsdeckungsrechnung. (Quelle: eigene Darstellung) Alle Wert in Euro: | Monat: 1 Einzahlungen Umsatz Eigenmittel Kredite Sonstige Eingänge Summe Einzahlungen: Auszahlungen Investitionen Waren- und Materialeinkauf Personalkosten Miete/Leasing Verwaltungskosten, Beratung Betriebskosten (Energie, Telefon) Marketing/Werbung, Reisen Kfz-Kosten (Vers., St., Benzin, Insp.) Instandhaltung/Reparaturen Versicherungen, Beiträge Betriebliche Steuern Sonstige betriebliche Kosten Umsatzsteuer Gründungskosten Sonstige Ausgaben Tilgungen Zinsen Privatentnahmen (inkl. Steuern) Summe Auszahlungen: Saldo Liquidität (C, ) Liquidität kumuliert (C, ) Nachrichtlich: unausgen. K-Linien
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3.2 Liquiditätsplanung
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Hinweis Im Rahmen einer erweiterten Liquiditätsvorschaubetrachtung können die Einzahlungen aus dem Umsatz unter Berücksichtigung der Zahlungsgewohnheiten der Kunden weiter untergliedert werden in: zeitnahe Eingänge unter Abzug von Skonti (Skonti mindern die Liquidität!), volle Nutzung des eingeräumten Zahlungsziels, Zahlung erst nach erfolgter Mahnung, Zahlungsausfall.
Zu den Privatentnahmen eines Selbstständigen folgt in Tab. 3.4 eine beispielhafte Aufstellung. Ein Ausgabenüberschuss muss (für Existenzgründer und deren Familien) in der Regel anfänglich aus Drittmitteln (zum Beispiel Verwandtendarlehen, Ersparnisse) gedeckt werden, auf Dauer sind die Entnahmen jedoch aus den erwirtschafteten Überschüssen des Unternehmens (D Mindestgewinn) und nur ausnahmsweise aus den gelegten Reserven zu tätigen. Sollte der nachhaltig erzielbare Gewinn die Lebenshaltungskosten des Unternehmers/Existenzgründers (inklusive ESt und ggf. GewSt) und dessen Familie nicht decken, sind die einzelnen Positionen der Planungsrechnung und unter Umständen sogar das gesamte Geschäftsmodell einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Bei der Ermittlung und Hochrechnung der Privatausgaben und -einnahmen sind eventuelle Preissteigerungen und zusätzlich anfallende Kosten in der Zukunft ebenso zu berücksichtigen wie der mögliche Wegfall von Einnahmen (zum Beispiel Auslaufen des Gründungszuschusses wegen Zeitablauf oder Entfall des Kindergeldes wegen Erreichung der Altersgrenze) und anderer Einnahmepositionen (zum Beispiel Arbeitslosigkeit des Partners). Das dargestellte Ermittlungsschema ist bei Bedarf zu erweitern. Wie im Kapitalbedarfsplan werden auch in der Liquiditätsplanung (Liquiditätsvorschaurechnung) verschiedene Positionen nicht in allen Unternehmen aufscheinen, andere sind für einige Unternehmensformen eventuell nicht oder nicht differenziert genug angeführt (und entsprechend zu ergänzen). Zu beachten ist, dass hier ggf. verschiedene Beträge/Fälligkeiten aus Vorperioden einzutragen sind (zum Beispiel wegen Zahlungszielen), wie auch verschiedene Fälligkeiten über die hier dargestellte Jahresplanung hinausgehen können (zu deren kumulierter Darstellung könnte das vorgelegte Rechenschema um eine Spalte „Folgeperioden“ erweitert werden). In die Position „Liquidität kumuliert“ (letzte Zeile) wird jeweils die Summe aus dem kumulierten Liquiditätssaldo des Vormonats und des aktuellen Liquiditätssaldos eingetragen. Für den ersten Monat bedeutet das, dass dort die Summe aus dem kumulierten Liquiditätssaldo des letzten Monats des Vorjahres (Dezember) und des Liquiditätssaldos des ersten Monats des laufenden (Plan-)Jahres eingetragen werden. Hinweis An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass in der unternehmerischen Praxis wie auch in der Fachliteratur unterschiedliche Ansätze zur Liquiditätsplanung anzutreffen sind. Neben dem vorgestellten Planungsschema (das in Variationen am häufigsten verwendet wird), findet man noch Konzepte, die sich teilweise an die (oben vorgestellte) Cashflow-Ermittlung anlehnen und diese periodisch/unterjährig durchführen oder Planungssysteme, bei denen alle Einzelpositionen in Nebenrechnungen ermittelt (oder dem Rechnungswesen entnommen) und nur deren Gesamtsummen, nach dem jeweiligen Entstehungsdatum (Periode/Monat) geordnet, in den Liquiditätsplan einfließen.
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3 Finanzplanung
Tab. 3.4 Privatentnahmen. (Quelle: eigene Darstellung) Privatausgaben Unternehmer C Familie (in Euro) 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr Pro Monat/Quartal Miete/Afa, Hausgeld Nebenkosten (Heizung, Strom, Wasser, Hausversicherung) Kapitaldienst für Hypothek u. a. Kredite Lebensunterhalt der Familie (Nahrung, Kleidung, Freizeit) Kfz-Kosten (Privatanteil) Gebühren (Telefon, TV) Sozialversicherungen (Kranken-, Rentenvers.) Sonstige Versicherungen (Berufsunfähig., Haftpflicht, Leben) Vertragliche Verpflichtung (Ratenzlg., Unterhaltszlg.) Ausbildung der Kinder u. ä. Unterhaltskosten Rücklagen f. Neuanschaffungen, Sparen Rücklagen f. unvorhergesehene Fälle (Reparaturen, Krankheit) Sonstige Privatausgaben Summe Lebenshaltungskosten: Einkommensteuer Summe private Ausgaben: Privateinnahmen Unternehmer C Familie Nettogehalt Familienmitglieder Sonstige Einkünfte (Unterstützungsleistungen, Unterhalt) Kinder-/Erziehungsgeld Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung Einnahmen aus Kapitalvermögen Gründungszuschuss oder Einstiegsgeld der Agentur für Arbeit Sonstige Privateinnahmen Summe private Einnahmen: Saldo Einnahmenüberschuss (C)/ Ausgabenüberschuss ()
Schließlich wird die Deckung des Liquiditätsbedarfs durch die laufenden liquiden Mittelzuflüsse berechnet (D Saldo liquide Mittel bzw. unter Einschluss der Liquiditätsüberhänge der Vorperioden D Liquidität kumuliert). Während eine Überdeckung zur Anhäufung von (begrenzt wünschenswerten) Liquiditätsreserven führt und in der Regel nur Kosten verursacht (zum Beispiel erhöhte Zinsaufwendungen durch eine unnötige Kreditaufnahme bzw. entgangener Zinsgewinn durch
3.2 Liquiditätsplanung
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überhöhte Kassenbestände), kann eine anhaltende Unterdeckung (negativer Liquiditätssaldo) wie erwähnt erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen bis zum Scheitern der Gründung (Insolvenz) nach sich ziehen. Eine solche Liquiditätslücke ist gewöhnlich durch die vorhandenen Mittel (Kapital, s. oben) bzw. ggf. durch deren zeitnahe Erhöhung zu decken; dabei gilt der Grundsatz: Liquidität geht vor Rentabilität. Sollten diese nicht ausreichen oder deren kurzfristige Ausweitung nicht möglich sein, so sind weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die drohende Liquiditätslücke zu füllen. Zu diesen zählen die volle Nutzung von eingeräumten (Lieferanten-)Zahlungszielen, eine Erhöhung des Kontokorrentkreditrahmens der Bank, die Abtretung von Forderungen (Zession) an einen Gläubiger (Bank) des Unternehmens oder deren Verkauf an eine FactoringGesellschaft, eine beschleunigte Rechnungsstellung, verbunden mit einem konsequenten Mahnwesen, eine Verkürzung der Zahlungsfristen für Kunden und das Angebot von Skonti zum rascheren Zahlungseingang, die Vereinbarung von Vorschüssen, Anzahlungen oder Abschlagzahlungen mit den Kunden, ein Sonderverkauf (Lagerabbau), ein Verkauf nicht betriebsnotwendiger Vermögensgegenstände oder der Verkauf von Anlagengenständen und deren Leasing/Miete (Sale and lease back). Eine weitere Möglichkeit wäre zu prüfen, ob verschiedene (insbesondere variable) Kosten durch Einschränkung/Modifikation des Leistungsangebots zu reduzieren wären (was aber ggf. auch den Umsatz schmälert). Aus der dargestellten Liquiditätsplanung lassen sich ggf. in Verbindung mit weiteren Bilanzwerten verschiedene betriebswirtschaftliche Kennzahlen ableiten/ermitteln, welche die Solidität der Finanzierungsstruktur des Unternehmens wiedergeben und die deshalb in die beschriebenen Ratingbeurteilungen einfließen. Es ist jedoch zu beachten, dass der Erhebungsstichtag der Werte (zum Beispiel der Bilanzstichtag) geraume Zeit zurück liegen kann und sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit erheblich geändert haben können (Stichtagswerte). Betriebswirtschaftliche Liquiditätskennzahlen Zur Aufrechterhaltung einer jederzeitigen Zahlungsbereitschaft muss den kurzfristigen Verbindlichkeiten ausreichendes liquides oder kurzfristig liquidierbares (Umlauf-)Vermögen gegenüber stehen. Aus dieser Forderung wurden drei Liquiditätsrelationen abgeleitet (wobei eventuell ungenutzte Kreditlinien und veräußerbares (Finanz-)Anlagevermögen nicht berücksichtigt werden): Zahlungsmittel Liquidität 1. Grades D kfr. Verbindlicheiten Diese Kennzahl soll einen Wert von 20 bis 30 % aufweisen (wobei kurzfristige liquidierbare, börsengängige Wertpapiere des Umlaufvermögens den liquiden Mitteln/Zahlungsmitteln wie Kasse/Bankguthaben zugeordnet werden könnten). Liquidität 2. Grades D
Zahlungsmittel C kfr. Forderungen C Wertpapiere kfr. Verbindlicheiten
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3 Finanzplanung
Diese Kennzahl soll einen Wert von ca. 120 % aufweisen (da eventuell Zahlungsziele eingeräumt oder Forderungen ausfallen könnten). Ein höherer Wert deutet auf eine unrentable Bindung von Kapital hin. Liquidität 3. Grades D
Umlaufvermögen kfr. Verbindlicheiten
Diese Kennzahl soll einen Wert von rund 200 % aufweisen (da im Umlaufvermögen schwer liquidierbares oder von Saisonschwankungen betroffenes Vorratsvermögen enthalten sein kann). Eine Gesamtbetrachtung soll Unterschiede der Liquiditätskomponenten aufzeigen. Zu beachten ist, dass diese rückblickende Liquiditätsbeurteilung oft lange nach dem Erhebungsstichtag (zum Beispiel Bilanzstichtag) erfolgt und sich die Situation zwischenzeitlich deutlich geändert haben kann.
3.3 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan) Die Tragfähigkeit einer Existenzgründung zeigt sich erst in einem nachhaltig positiven Ergebnis (Überschuss/Gewinn) in einer Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung. Diese ist von zahlreichen Einflüssen, Unwägbarkeiten, Schätzungen u. ä. Imponderabilien geprägt, welche die geschäftlichen Erwartungen und Prognosen des Existenzgründers und damit die verschiedenen Werte der Planungsrechnungen beeinflussen. Eine Hilfestellung zur Erlangung von ersten Planansätzen (Ausgangswerten) können einschlägige Branchen- und Betriebsvergleiche mit ihren Betriebskennzahlen leisten, welche von Verbänden (Handel, Handwerk, Steuerberater), Statistikbehörden (zum Beispiel Statistisches Bundesamt, Statista) oder professionellen Marktforschungsinstituten (zum Beispiel GfK) zu erwerben sind. Auch branchenerfahrene Unternehmens- sowie Steuerberater und andere Branchenexperten können Branchenwerte (ihrer Verbände) und sonstige Hinweise zur Planung liefern. Weitere externe Informationsquellen stellen die Handels- und Handwerkskammern, Wirtschaftsdatenbanken (zum Beispiel Genios, LexisNexis) und nicht zuletzt Geschäftspartner und Wettbewerber dar. Insgesamt ist darauf zu achten, dass die in den vorstehenden Planungen gemachten Annahmen bzw. Eintragungen (Investitionen/Kapazitäten, Betriebsmitteleinsatz) mit den Planwerten der Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (die teilweise in erstere einfließen) ein widerspruchsfreies, geschlossenes Gesamtkonzept ergeben. Hinweis Bei Betriebsübernahmen, Unternehmensnachfolgen und Beteiligungen können die vorliegenden (Vergangenheits-)Werte der Unternehmen als Grundlage bzw. Ausgangsbasis für die eigenen Planungen herangezogen werden.
Die mit den o. a. Annahmen/Schätzungen einhergehenden Ungewissheiten und deren mögliche Auswirkungen auf den Ergebnisplan und die übrigen Finanzpläne sind
3.3 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan)
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durch umsichtige bzw. alternative Ansätze zu berücksichtigen und in den Erläuterungen zum Ergebnisplan anzuführen (zum Beispiel in Form einer Sensitivitätsanalyse, Bandbreiten- oder Erwartungswertbetrachtung). Nachfolgend wird in Tab. 3.5 der gesamte Ergebnisplan dargestellt, ehe anschließend auf die verschiedenen Einzelpositionen und deren Ermittlung sowie das Ergebnis näher eingegangen wird. Für Gründer empfiehlt es sich, abhängig vom Zeitpunkt der Markteinführung (Umsatz-/Gewinnerzielung), anfänglich einen Ergebnisplan für die ersten drei bis fünf Jahre anzufertigen. Falls die ersten Erlöse (voraussichtlich) bereits während des ersten Geschäftsjahres erzielt werden, sollte hierzu ein unterjähriger (ggf. monatlicher) Ergebnisplan erstellt werden; in einem solchen könnten auch Gründungs- und Markteinführungskosten wie Einführungsnachlässe und Verkaufsfördermaßnahmen sowie saisonale Schwankungen detaillierter/separat berücksichtigt werden. Wegen möglicher Verzögerungen sind hier anfänglich zurückhaltende/vorsichtige Ansätze zu tätigen (bei den Ausgaben eher konservative Werte). Im Ergebnisplan werden (im Unterschied zu einer GuV und EÜR) nur betriebliche Positionen mit direktem Bezug zur Leistungserstellung (Erträge und Kosten aus dem ordentlichen betrieblichen Leistungsprozess) berücksichtigt, während betriebsfremde Erträge und Kosten (sogenannte neutrale Erträge und Aufwendungen wie öffentliche Zuschüsse, Erträge aus Finanzanlagen/Zinsen, Verkauf von Anlagengegenständen), periodenfremde (zum Beispiel Mietvorauszahlungen, Garantieleistungen) und außerordentliche Geschäftsvorfälle (zum Beispiel Forderungsausfall) nicht unmittelbar einbezogen werden. Ergebnisplan Tab. 3.5 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan). (Quelle: eigene Darstellung) Euro | Netto (ohne MwSt.) Umsatz (Produkt A) Umsatz (Produkt B) Gesamtumsatz: Material-/Wareneinsatz (Produkt A) Material-/Wareneinsatz (Produkt B) Material-/Wareneinsatz insgesamt: Rohgewinn Betriebskosten: Gründungskosten (Anmeldungen, Verkausförd.) Personalkosten (inkl. NK) Miete/Leasing Betriebskosten (Energie, Telefon) Marketing/Werbung, Reisen Kfz-Kosten (inkl. Vers.) Versicherungen, Beiträge Instandhaltung/Reparaturen Verwaltungs- und Vertriebskosten, Beratung
1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr
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3 Finanzplanung
Tab. 3.5 (Fortsetzung) Euro | Netto (ohne MwSt.) Geschäfts-/Bürokosten, Verbrauchsmaterialien Geschäftsführerbezüge/Unternehmerlohn Zinsen Betriebliche Steuern Sonstige Betriebskosten Abschreibungen für Abnutzung (AfA) des AV Betriebskosten insgesamt: Ergebnis (Gewinn/Verlust) vor Steuern EEV-Steuern (nur Kap. Ges.) Ergebnis (Gewinn/Verlust) nach Steuern
1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr
Positionen des Ergebnisplans und deren Ermittlung Umsatz: Die wichtigste Position eines Ergebnisplans ist der Umsatz/die Umsätze bzw. die Erlöse, Provisionen u. ä. bezeichnete Einnahmen (bei mehreren Sparten/Geschäftszweigen wie Handel und Dienstleistungen sollten die Umsätze getrennt und ggf. nach Regionen oder Kunden differenziert ausgewiesen werden). Von diesem/n hängen mehr oder weniger alle anderen Positionen des Ergebnisplans ab (nicht zuletzt das Ergebnis). Zugleich ist er der am schwierigsten zu ermittelnde Planungswert, da er mit den höchsten Ungewissheiten behaftet ist (siehe dazu näheres nachfolgend). Das gilt für seine beiden Komponenten: dem Preis (je Einheit) und den abgesetzten Einheiten (Menge). Und dass beide zumeist voneinander abhängen ist unmittelbar einsichtig. Zu guter Letzt bestimmt der Markt (Kunden, Wettbewerb) den durchsetzbaren Preis für ein Produkt (und damit dessen Absatzchancen und den Umsatz). Nachdem im Rahmen der Vorbereitungsphase (s. oben) festgestellt wurde, dass für das Angebot eine bestimmte/potenzielle Nachfrage besteht, Markt, Wettbewerb und Standort dem Angebot förderlich erscheinen bzw. zumindest nicht entgegenstehen und die entsprechende Marketingstrategie formuliert wurde, gilt es nun den konkreten (Mindest-)Verkaufspreis zu kalkulieren und im Anschluss mit dem erwarteten (Mengen-)Absatz – den (Plan-)Umsatz zu ermitteln. Detaillierte und ggf. unterjährige Absatz-/Umsatzplanungen sind zur Plausibilitätskontrolle dem Business Plan (siehe nachfolgend) beizulegen und können auch zur Nachkalkulation herangezogen werden. Preiskalkulation: Der gesuchte Nettoverkaufspreis (ohne MwSt) eines Produktes oder einer Dienstleistung (D Kostenträger) setzt sich aus Sicht des Rechnungswesens vereinfacht aus den Selbstkosten (D Materialeinzelkosten C Materialgemeinkosten C Einzelkosten der Fertigung + Gemeinkosten der Fertigung + allgemeine Verwaltungs- und Vertriebskosten) und dem Gewinnzuschlag zusammen (zur Ermittlung des Listenverkaufspreises siehe nachfolgend). Hinweis Auf mögliche Sondereinzelkosten der Fertigung wie Entwicklung, Muster, Modelle u. ä., die ggf. ebenfalls zu den Fertigungskosten zählen würden, wird hier nicht näher eingegangen.
3.3 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan)
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Dabei sind die Einzelkosten die den Produkten/Dienstleistungen verursachungsgerecht direkt zurechenbaren Kosten wie Material- und Personalkosten der Fertigung bzw. die Personalkosten der Dienstleistung (Stundensatz × Zeitbedarf + Lohnnebenkosten). Die Gemeinkosten sind nicht direkt (verursachungsgerecht) zurechenbare Kosten des Fertigungsbereichs, die für alle/verschiedene Produkte (Produktgruppen) gemeinsam anfallen. Dazu zählen in der Regel Versicherungen, Miete für die Werkshalle, (eventuell kalkulatorische) Kreditzinsen für Maschinen/Fördereinrichtungen, Abschreibungen auf eingesetzte Anlagegegenstände, ggf. Lizenzen/Gebühren u. ä. Diese Zahlen sind der Buchhaltung (Einzelkosten) oder dem Rechnungswesen/Betriebsabrechnungsbogen (Gemeinkosten) zu entnehmen (D Kostenstellenrechnung). Beide Kostenarten zusammen ergeben die Herstellkosten aller Produkte. Die Division durch die Anzahl der produzierten Produkte ergibt die Herstellkosten je Produkt. Die gesamten übrigen Kosten des Unternehmens werden zumeist nicht nach Produkten/Produktbereichen aufgeschlüsselt (und als Einzelkosten bzw. Fertigungsgemeinkosten den Produkten zugerechnet), sondern werden als Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten mit den Herstellkosten zu den Selbstkosten des Unternehmens aufaddiert. Deren Division durch die Anzahl der hergestellten Produkte ergibt die Selbstkosten pro Produkt. Hinweis Auf mögliche Sondereinzelkosten des Vertriebs wie Verpackung, Frachten, Zölle u. ä., die ggf. ebenfalls zu den Vertriebskosten und damit den Selbstkosten zählen würden, wird hier nicht näher eingegangen.
Mit einem (vom Unternehmen bestimmten/gewünschten) Gewinnzuschlag auf die Selbstkosten errechnet man schließlich den Nettoverkaufspreis (D Barverkaufspreis); durch Aufschlag eines gewährten Skontos erhält man den Zielverkaufspreis und durch Aufschlag eines Rabatts den Listenverkaufspreis (C MwSt = Bruttoverkaufspreis). Achtung: Bei Vorwärtskalkulation sind die beiden zuletzt genannten prozentualen Aufschläge jeweils „im Hundert“ zu rechnen, der Gewinnzuschlag dagegen „vom Hundert“, um den Listenverkaufspreis zu ermitteln. Für die einfachere Verrechnung der Gemeinkosten und zu Vergleichszwecken werden die verschiedenen Gemeinkosten jeweils zu einer Bezugsgröße ins Verhältnis gesetzt und sogenannte Gemeinkostenzuschlagsätze ermittelt: Materialgemeinkostenzuschlag D Materialgemeinkosten=Materialeinzelkosten Fertigungsgemeinkostenzuschlag D Fertigungsgemeinkosten=Fertigungseinzelkosten Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkostenzuschlag D Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten=Herstellkosten:
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3 Finanzplanung
Hinweis An dieser Stelle soll kurz auf die vor allem in der Deckungsbeitragsrechnung verwendete Unterscheidung zwischen variablen und fixen Kosten eingegangen werden. Variable Kosten verändern sich leistungs- bzw. beschäftigungsabhängig. Sie steigen (mehr oder weniger stark) bei zunehmender Produktion und sinken (mehr oder weniger deutlich) bei abnehmender Produktion. Anders die fixen Kosten, die bei Veränderungen der Produktion/Leistung weitgehend unverändert bleiben (abgesehen von sogenannten sprungfixen Kosten) und die in der Regel sogar anfallen, wenn nichts produziert wird. Zu ersteren zählen Fertigungslöhne und Rohstoffkosten, zu letzteren Mietkosten, Abschreibungen, Zinsen auf das Anlagevermögen u. ä. Zusammenhang mit Einzel- und Gemeinkosten: Einzelkosten sind immer variabel, während Gemeinkosten zumeist fix sind und (über einen längeren Zeitraum betrachtet) auch variabel sein können (zum Beispiel Beleuchtung, Heizung).
Der Nettoverkaufspreis für ein bestimmtes Produkt berechnet sich demnach wie folgt: Materialeinzelkosten (inklusive Fremdleistungen) C Materialgemeinkosten D Materialkosten Fertigungseinzelkosten (Fertigungslöhne + direkte NK) C Fertigungsgemeinkosten D Fertigungskosten ) Herstellkosten C Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten D Selbstkosten C Gewinnzuschlag ) Nettoverkaufspreis Hinweis Bei bestimmten Dienstleistungen wie Beratung u. ä. entfallen die Materialkosten, beim Handel wird anstelle der Herstellkosten der Wareneinstandspreis (zuzüglich Transportkosten u. ä.) angesetzt.
Falls durchsetzbar, wird der Unternehmer den Nettoverkaufspreis für die Umsatzplanung heranziehen. Dieser deckt nicht nur die angefallenen Kosten, sondern erlaubt in der Regel über den (gewünschten/erforderlichen) Gewinnzuschlag auch die Deckung der Privatentnahmen, die Tilgung von Krediten, die Durchführung von Erweiterungs- und Rationalisierungsinvestitionen und die Legung von Reserven (Rücklagen). In besonderen Situationen kann der Verkaufspreis bis zu den Selbstkosten reduziert werden (ohne Verluste zu erleiden), in Mehrproduktunternehmen für einzelne Produkte eventuell bis zur Deckung der direkt zurechenbaren Kosten (Quersubventionierung). Umsatzermittlung/Absatzplanung Der (Plan-)Umsatz errechnet sich somit aus dem Preis mal erwartetem Absatz (Stückzahl). Da die Absatzzahlen (abhängig von der Lage im Produktlebenszyklus; vgl. Abschn. 1.2.2) in der Regel mehr oder weniger steigende Werte
3.3 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan)
163
aufweisen (sollten), ist diese Entwicklung bei der Umsatzplanung zu berücksichtigen. Deshalb bietet sich insbesondere in der Markteinführungs- und Wachstumsphase die Vornahme einer unterjährigen Umsatzplanung an. Allerdings müssten dann auch die korrespondierenden Kosten (sowohl in der Kalkulation als auch im Ergebnisplan) entsprechend angepasst werden. Sollten die Informationen zur angeführten Planumsatzermittlung nicht oder nicht in hinreichendem Ausmaß vorliegen oder erfassbar sein (zum Beispiel wenn unzureichende Marktanalyseergebnisse keine brauchbare Absatzplanung ermöglichen), kann ersatzweise eine erste (einfache) Umsatzschätzung mit Daten der o. a. Betriebs-/Branchenvergleiche oder von Referenzunternehmen vorgenommen werden. Diese könnte auch zur Plausibilitätskontrolle der bereits vorgenommenen Umsatzermittlung herangezogen werden: Als Grundlage dient hierbei die (jährliche) branchendurchschnittliche Leistung eines Mitarbeiters der jeweiligen Branche (D Stundenleistung in Euro/Arbeitnehmer × Anzahl Stunden/Jahr). Diesen Wert multipliziert man mit der Anzahl der geplanten eigenen Mitarbeiter (ggf. inklusive Existenzgründer/Geschäftsführer abzüglich Zeitbedarf für Verwaltung und Akquisition) und erhält so den geschätzten eigenen Umsatz/Jahr. Dieser Wert kann verfeinert bzw. den eigenen Gegebenheiten angepasst werden, indem beispielsweise ein Inflationszuschlag berücksichtigt wird (die Vergleichswerte stammen in der Regel aus Vorjahren), der eigene moderne Maschinenpark eine höhere Produktivität ermöglicht oder aber in der Einführungsphase noch ein branchenunterdurchschnittlicher Umsatz erwartet wird. Bei erhöhter Unsicherheit bezüglich des erzielbaren Umsatzes bietet sich eine Planung unter zugrunde Legung von unterschiedlichen Szenarien (Bandbreiten der erwarteten Umsätze) an, wobei in der Regel (mindestens) zwischen einem Best Case, Realistic/Base Case und Worst Case unterschieden wird. Die einzelnen Werte dieser Bandbreite werden mit ihrer geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeit gewichtet (die Wahrscheinlichkeiten müssen sich zu 100 % ergänzen!) und daraus ein Erwartungswert des Umsatzes errechnet. Hierbei ist zu beachten, dass der korrespondierende Ressourceneinsatz (insbesondere die variablen Kosten) in der Ergebnisplanung sowie ggf. auch verschiedene Werte in den übrigen Finanzplänen ebenfalls unterschiedliche Werte annehmen. Hinweis Insbesondere Gründer von Handelsunternehmen greifen häufig auf die genannten Vergleichszahlen der IHKs, des IFH und anderer Institutionen zurück. Diese enthalten regelmäßig Zahlen zum durchschnittlichen Umsatz je Mitarbeiter und durchschnittlichen Umsatz je Quadratmeter Verkaufsfläche, gegliedert nach Branchen, Lagen und Geschäftsgrößen. Angepasst an die konkrete Situation und ergänzt mit weiteren statistischen Daten (zum Beispiel ifo-Konsumklimaindex) können diese eine wertvolle Hilfe bei der Umsatzschätzung/-prognose darstellen. Bei einschlägigen (Beratungs-)Dienstleistungen können auch die Werte der entsprechenden Gebührenordnung zur Umsatzschätzung herangezogen werden (das gilt auch für die anfallenden Kosten bei deren Inanspruchnahme).
Anmerkungen zu Aufwendungen/Kosten Aufwendungen eines Unternehmens werden in der Fachliteratur und im Rechnungswesen in neutrale Aufwendungen und betriebsbeding-
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3 Finanzplanung
te Aufwendungen (Kosten) unterschieden. Zu ersteren zählen betriebsfremde Aufwendungen wie Spenden, periodenfremde Aufwendungen wie Steuernachzahlungen für Vorjahre und außergewöhnliche Aufwendungen wie (nicht versicherte) Schadenfälle. Kosten fallen für die betriebliche Leistungserstellung an und umfassen Fertigungslöhne und Material (RHB-Stoffe und Waren) sowie weitere betriebsnotwendige Funktionen/Leistungen. Kosten stehen in der Regel in einem zeitlichen Zusammenhang zu (Betriebs-)Ausgaben. Diese können vor den Ausgaben liegen (zum Beispiel Garantierückstellungen), mit den Ausgaben zusammen fallen (zum Beispiel Barzahlung einer Dienstleistung) oder nach den Ausgaben anfallen (zum Beispiel Mietvorauszahlungen, Materialentnahme aus dem Lager). Oder sie führen – wie die sog. kalkulatorischen Kosten – zu keinen Ausgaben (kein Liquiditätsabfluss). Zu diesen zählen die kalkulatorischen Abschreibungen (näheres nachstehend), kalkulatorische Mieten (zum Beispiel ein Einzelunternehmen arbeitet unentgeltlich im Privathaus des Eigentümers), kalkulatorische Zinsen (zum Beispiel auf das in einer Maschine gebundene anstatt bei einer Bank angelegte Kapital) oder ein kalkulatorischer Unternehmerlohn (an Stelle eines Managergehalts). Letztere stellen eine Kompensation für entgangene Erträge aus einer nicht gewählten Alternative dar (Opportunitätskosten). Kostenpositionen Material-/Wareneinsatz Die Materialkosten lassen sich in der Regel vom geplanten/erwarteten Umsatz ableiten (und variieren mit diesem): Der direkte Materialbedarf ist den entsprechenden Stücklisten für die Herstellung eines Produktes bzw. der Umsatz-/Produktionsplanung zu entnehmen (Produkte/Teile × geplanter Absatz) und mit den Angeboten (Preise, Konditionen, Bezugskosten ohne MwSt) der Lieferanten zu Materialeinzelkosten zu multiplizieren. Die Gemeinkosten (zum Beispiel Lagerkosten) werden an den entsprechenden Kostenstellen geschätzt (zum Beispiel voraussichtliche, ebenfalls vom geplanten Umsatz abhängige Lagermenge (Lieferfähigkeit!), Bestellkosten, Lagerhaltungszinsen) und mittels eines Zuschlagsatzes auf die Materialeinzelkosten (Gemeinkosten/Einzelkosten × 100) zu Materialgesamtkosten zusammengerechnet (D Materialeinzelkosten + Materialgemeinkosten). Der Wareneinsatz ist einfach aus dem geplanten Bedarf und den Einstandskosten (Lieferanten-/Produzentenpreislisten netto) zu ermitteln. Hierbei gilt es eine Balance zwischen günstigen Einstandskosten (Mengenrabatte) und Lagergröße (Kapitalbindung) zu finden. Personalkosten Die Personalkosten stellen häufig die größte und eine ständig steigende Kostenposition in der Ressourcenplanung eines Unternehmens dar, wobei diese bei personalintensiven Branchen (zum Beispiel Handel, Handwerk) bis zu 80 % der Gesamtkosten erreichen kann. Sie setzen sich aus den direkt einem Produkt/der Dienstleistung eines Unternehmens zurechenbaren Fertigungslöhnen (inklusive Zuschläge wie Akkordentlohnung) und den nur indirekt zurechenbaren (leistungsunabhängigen) Gehältern (Gemeinkosten) sowie den sonstigen Personalzusatzkosten zusammen.
3.3 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan)
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Während erstere mit der Ausbringungsmenge variieren, sind die Gehälter (zum Beispiel für Hilfskräfte) weitgehend fest. Hinweis Die Stunden- oder Monatslöhne werden entweder anforderungsbezogen individuell vereinbart („ausgehandelt“) oder den zuständigen Tarifen entnommen (Achtung: Mindestlohn!).
Die Personalzusatzkosten setzen sich in erster Linie aus (außertariflichen) Sonderzahlungen (zum Beispiel Tantiemen, Provisionen, Prämien, Altersvorsorge, sonstige freiwillige Leistungen) und Sachleistungen (zum Beispiel Firmenwagen, Essenszuschüsse/Kantine, Weiterbildung) sowie den gesetzlichen Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung zusammen: Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung, wobei deren Bemessungsgrundlagen und Beitragssätze in Zeitabständen (zumeist jährlich) „angepasst“ werden. Auch Beiträge zur Berufsgenossenschaft (Unfallversicherung der Arbeitnehmer), Lohnfortzahlung im Urlaub und Krankheitsfall und andere tarifvertragliche Leistungen zählen zu den verpflichtenden Personalzusatzkosten (die Lohnfortzahlung ist für KMU von den Krankenkassen erstattungsfähig). Siehe dazu auch: Betriebliche/berufliche Vericherungen in Abschn. 1.5.3.3. Hinweis In Branchen-/Betriebsvergleichen werden unter der Bezeichnung „Lohnnebenkosten“ häufig nur die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung ausgewiesen. Diese werden mittels eines durchschnittlichen Lohnnebenkostenschlüssels (Lohnnebenkosten / Fertigungslöhne × 100) auf die direkten Fertigungslöhne aufgeschlagen. Bei der Rechtsform der GmbH und der UG (haftungsbeschränkt) wird das Geschäftsführergehalt (inklusive Sozialabgaben und ggf. betriebliche Altersvorsorge) eines Fremdgeschäftsführers oder Minderheitsgesellschafters als Personalaufwand (auf einem von den übrigen Löhnen und Gehältern gesonderten Konto) gebucht und ist steuerlich als Betriebsausgabe abzusetzen.
Vereinfacht errechnen sich die (Gesamt-)Personal- bzw. Fertigungskosten eines Unternehmens, indem die benötigte Zeit zur Herstellung eines Produktes (Handarbeit oder Maschinenbedienung) in einem ersten Schritt mit dem vorgesehenen Absatz (Menge) laut Umsatzplanung multipliziert wird. Der so errechnete gesamte Arbeitszeitbedarf/Jahr wird mittels Division durch die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit je Mitarbeiter × Arbeitstage pro Monat × zwölf Monate in die Anzahl der benötigten Mitarbeiter umgerechnet. Diese Zahl mal die Personalkosten/Mitarbeiter pro Jahr ergibt die Gesamtpersonalkosten für die Kalkulation der Selbstkosten und Ergebnisplanung. Im konkreten Fall sind hier ggf. noch Zuschläge für einen Personalmehrbedarf infolge von Urlaub, Krankheit und sonstige Abwesenheitszeiten (zum Beispiel Besprechungen, Fortbildung) sowie Maschinenrüst- und Wartungszeiten zu berücksichtigen. Bei einem Produktionsdurchlauf über mehrere Arbeitsplätze/Maschinen sind auch Liege- und Transportzeiten zu beachten. Da die Zwischenlagerung und der Transport (der Halbfertigprodukte) in der Regel von Hilfskräften durchgeführt werden, sind deren (festen) Gehälter inklusive Nebenkosten ebenfalls den Gesamtpersonal- bzw. -fertigungskosten zuzuschlagen.
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3 Finanzplanung
Für die Ermittlung/Schätzung der voraussichtlichen Personalkosten von Handelsbetrieben wird zumeist auf die entsprechenden Werte in den erwähnten Branchen-/Betriebsvergleichen oder von Referenzunternehmen zurückgegriffen. Diesen wird der durchschnittliche Umsatz je Mitarbeiter entnommen und die Anzahl der benötigten Mitarbeiter berechnet: Geplanter Umsatz=durchschnittlicher Umsatz je Mitarbeiter D Anzahl benötigter Mitarbeiter. Hierbei ist zu beachten, dass die Vergleichswerte der gleichen Branche (zum Beispiel Textileinzelhandel), vergleichbarer Lage (zum Beispiel Innenstadt/Fußgängerzone) und Geschäftsgröße (Verkaufsfläche) entstammen müssen. Abschreibungen Abschreibungen zählen zu den kalkulatorischen Kosten (s. oben); das sind Kosten, die zu keinen Ausgaben führen und die – im Falle der Abschreibungen – eine Kompensation für den Werteverzehr von Anlagegenständen (durch Abnutzung, technischer Überholung, Fristablauf u. ä.) darstellen. Dem Wertverlust – insbesondere durch die (Ab-)Nutzung der Anlagengegenstände – soll demnach durch den Ansatz von Abschreibungen (Kosten) in der GuV/Ergebnisplanung des Unternehmens und Kalkulation Rechnung getragen werden. Zur Ermittlung der jährlichen Abschreibungsbeträge können grundsätzlich unterschiedliche Verfahren verwendet werden, die dem tatsächlichen Werteverzehr eines abnutzbaren Vermögensgegenstandes möglichst nahe kommen sollen. Ist der Wertverlust am Anfang am Höchsten (zum Beispiel bei Kfz), wird häufig das sogenannte degressive Abschreibungsverfahren angewandt: bei diesem sind die Abschreibungsbeträge (von den Anschaffungskosten des Investitionsgegenstandes) anfänglich am Höchsten, sie fallen danach von Jahr zu Jahr. Umgekehrt ist es beim (häufig bei Hotel- und Gaststättenbetrieben verwendeten) progressiven Verfahren, bei dem die Abschreibungsbeträge von Jahr zu Jahr zunehmen. Die gängigste Abschreibungsmethode ist die lineare Abschreibung, welche eine gleichförmige Wertabnahme vom Anschaffungszeitpunkt bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen unterstellt: Bei dieser errechnen sich die gleich bleibenden Abschreibungsbeträge indem die Anschaffungskosten (gelegentlich werden auch die Wiederbeschaffungskosten eingesetzt) durch die Nutzungsdauer dividiert werden. Wird ein Restwerterlös am Ende der Nutzungsdauer erwartet, ist dieser zu berücksichtigen: Jährliche (lineare) Abschreibung D
Anschaffungskosten Restwerterlös Nutzungsdauer (Jahre)
Dieses Verfahren wird regelmäßig auch in den (Preis-)Kalkulationen verwendet, damit die Selbstkosten nicht wegen unterschiedlicher Abschreibungsbeträge auf Sachanlagen jährlich variieren. Über den Verkauf der Produkte finanzieren die Kunden somit die Beschaffung einer neuen Anlage/Maschine (Ersatzinvestition). Auf einen möglichen Kapazitätserweiterungseffekt durch Abschreibungen wird hier nicht näher eingegangen.
3.3 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan)
167
Die angeführten Abschreibungsverfahren sind (in Deutschland) auch steuerlich zulässig (können also in der Gewinn- und Verlustrechnung/GuV bzw. Ergebnisplanung eingesetzt werden). Ein Verzeichnis der Anlagen und Abschreibungen ist auch von Freiberuflern mit EÜR-Rechnung zu erstellen. Die Abschreibungsprozentsätze bzw. die gewählte Nutzungsdauer der Anlagen können in der Regel nicht frei gewählt werden, sondern sind (zu deren steuerlichen Anerkennung) den amtlichen Abschreibungstabellen des Bundesministeriums der Finanzen (AfA-Tabellen) zu entnehmen, die sich an der sogenannten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Anlagen (Erfahrungswerte) orientieren. Unterjährige Anschaffungen sind pro rata temporis abzuschreiben, geringwertige Wirtschaftsgüter (bis 800 C) können im Jahr der Anschaffung (optional) voll abgeschrieben werden. Hinweis Insbesondere für Gründer ist es zumeist vorteilhaft, betriebliche Aufwendungen wie die genannten Abschreibungen soweit wie möglich in Zeiträume mit gestiegenen Einnahmen zu verlagern und die damit verbundene Steuerprogression abzumildern (keine Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern sondern Abschreibung über die Nutzungsdauer oder Poolregelung).
Geschäftsführerbezüge/Kalkulatorischer Unternehmerlohn Während für angestellte Geschäftsführer (zum Beispiel einer GmbH) deren tatsächliche Bezüge angesetzt (und in der GuV als Betriebsausgaben abgezogen) werden können, wird für die in Einzelunternehmen oder Personengesellschaften tätigen/mitarbeitenden Eigentümer (in Ermangelung einer vertraglichen Gehaltsregelung) in der Regel eine Entlohnung für deren Arbeitsleistung in Form kalkulatorischer Kosten angesetzt. Diese sollte die Gehaltskosten eines angestellten Geschäftsführers (inklusive Nebenkosten) nicht übersteigen (wobei der Gewinn den erfolgsabhängigen Teil des Einkommens des Eigentümers/der Eigentümer darstellt). Hinweis Die wirtschaftliche Existenz des Einzelunternehmers und des Unternehmens bilden weitgehend eine Einheit, wobei der Unternehmenserfolg nicht zuletzt von der Effizienz des Unternehmers abhängt.
Zinsen Für das im Unternehmen eingesetzte Fremdkapital (Förderkredite, Bankdarlehen u. ä.), mit Ausnahme von Lieferantenverbindlichkeiten und Kundenanzahlungen, sind in der Regel Zinsen zu zahlen. Deren Höhe ist einfach aus der (zukünftigen) Fremdkapitalinanspruchnahme (aus der erläuterten Deckungsrechnung) und den entsprechenden Zinssätzen zu ermitteln. Häufig wird neben individuell ausgehandelten Kreditbearbeitungsgebühren (für Bonitätsprüfung, Abwicklung, Verwaltung) auch für den nicht in Anspruch genommenen Teil der zugesagten Kredite (Kreditrahmen) ein geringer Zins verlangt (Kreditbereitstellungsgebühren); diese sollen hier in die Zinsen eingearbeitet werden. Sonstige Kosten Der Ansatz der sonstigen, vom Umsatz weitgehend unabhängigen (fixen) Kostenpositionen, hängt von deren Preis und sachlichen sowie örtlichen Gegebenheiten ab und soll hier nur gestreift werden. Die Höhe der Versicherungsbeiträge hängt von Art und Umfang der abgeschlossenen Versicherungen (Risiken/Deckungssummen) ab, Miete/Leasing von der Anzahl, Art
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3 Finanzplanung
und Dauer der Verträge sowie den rechtlichen/wirtschaftlichen Eigentumsverhältnissen der Sachanlagen/Investitionsgüter und Standortfaktoren, Instandhaltung/Reparaturen vom Alter/Zustand und Einsatzbereitschaft der Sachanlagen, Maschinen und Werkzeuge, Kfz-Kosten von der Größe und Inanspruchnahme eines eigenen Fuhrparks, Betriebsteuern (zum Beispiel Grundsteuer) insbesondere von den Hebesätzen der Gemeinden, Marketing/Werbung von der Intensität des Einsatzes der entsprechenden Instrumente, Verwaltungs- und Vertriebskosten von der Größe und Organisation des Unternehmens, Buchhaltungs- und (Steuer-) Beratungskosten vom Ausmaß des Outsourcings von betroffenen Aktivitäten bzw. Inanspruchnahme externer Expertise, Geschäfts- und Bürokosten von deren Nutzung und Ausstattung, Betriebskosten in erster Linie von der Menge/Dauer deren Beanspruchung. Gewinn Wie bereits beim kalkulatorischen Unternehmerlohn erwähnt, ist der Gewinn – als Erfolgs- und Risikoprämie – das ergebnisabhängige (variable) Einkommen eines Unternehmers (allerdings ist vor allem in der Anfangsphase eines Unternehmenszyklus auch eine Verlustausweis denkbar). In ihm schlägt sich die (mehr oder weniger) erfolgreiche Geschäftstätigkeit eines Unternehmens nieder. Der Gewinn dient der Deckung des Lebensunterhalts des Unternehmers (inklusive Zukunftssicherung) und der Sicherung sowie Entwicklung des Unternehmens durch seine zukünftige Verwendung für Investitionen, der Erfüllung von Verpflichtungen und der Befriedigung aller Stakeholder des Unternehmens. Hinweis Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (inklusive sonstige betriebliche Erträge und Aufwendungen, abzgl. Abschreibungen) wird als Betriebsergebnis bezeichnet (Earnings Before Interest and Taxes; EBIT).
Rentabilitätskennzahlen Um den erzielte Gewinn betriebswirtschaftlich beurteilen zu können, ist dieser vor allem mit Größen in Beziehung zu setzen, die an seiner Entstehung beteiligt waren. Zu diesen zählen folgende Relationen: Eigenkapitalrentabilität D
Gewinn bzw. Jahresüberschuss Eigenkapital
Diese insbesondere die Eigentümer oder potenzielle Investoren eines Unternehmens interessierende Kennzahl gibt die erzielte Rendite des eingesetzten Eigenkapitals (× 100 in Prozent) an. Anders ausgedrückt, wie viel Euro werden mit jedem Euro eingesetzten Eigenkapitals verdient. Häufig wird hierbei das durchschnittliche Eigenkapital angesetzt (vereinfacht: Eigenkapital zum Jahresanfang + Eigenkapital zum Jahresende / 2). Ein Beurteilungsmaßstab wären alternative Anlagen (zum Beispiel in Wertpapieren). Gesamtkapitalrentabilität D
Jahresüberschuss C Zinsaufwand Gesamtkapital
3.3 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan)
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Diese häufig in Betriebs- und Branchenvergleichen verwendete Kennzahl zeigt die Rendite des eingesetzten Gesamtkapitals (× 100 in Prozent) an. Anders ausgedrückt, wie viel Euro werden mit jedem Euro eingesetzten Kapitals erwirtschaftet. Wahlweise wird hier der Gewinn vor oder nach Steuern angesetzt (was Vergleiche von Unternehmen unterschiedlicher Rechtsform ermöglicht) und das durchschnittliche Gesamtkapital angesetzt (vereinfacht: durchschnittliches Eigenkapital + durchschnittliches Fremdkapital). Eine vergleichbare Kennzahl, die gelegentlich zur Beurteilung von Einzelinvestitionen herangezogen wird, ist der sogenannte Return on Investment (RoI). Return on Investment(RoI) D
Gewinn vor Steuern eingesetztes Kapital
Diese Kennzahl zeigt auf, welches Ergebnis mit dem eingesetzten Kapital erzielt wurde. Dieses kann mit alternativen Investitionsmöglichkeiten verglichen werden. Hinweis Zu weiteren Verfahren zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen, siehe die entsprechenden Literaturhinweise im Anhang. Zum sogenannten Leverage-Effekt, der den Zusammenhang zwischen Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung und der erzielten Rentabilität ausdrückt bzw. determiniert, siehe Leverage-Effekt in Abschn. 2.2.
Umsatzrentabilität D
Gewinn bzw. Jahresüberschuss Umsatz
Diese Kennzahl zeigt den Gewinnanteil am getätigten Umsatz (× 100 in Prozent) an. Sie ist ein Indikator für das Preisänderungsrisiko des Unternehmens: eine hohe Umsatzrendite deutet auf eine günstige Kostenstruktur des Unternehmens und damit auf eine gewisse Immunität bei Preisänderungen hin. Sie wird auch als Gewinnmarge bezeichnet und erlaubt eine Antwort auf die Frage, wie viel Umsatz muss man machen, um einen bestimmten (Prozentsatz an) Gewinn zu erzielen. Herunter gebrochen auf einzelne Produkte kann deren Gewinnspanne bzw. Gewinnzuschlag ermittelt werden (siehe oben: Preiskalkulation). Achtung: Sonstige betriebliche Erträge fließen in der Regel nicht in den Umsatz, wohl aber in den Gewinn ein. Hinweis An dieser Stelle soll angemerkt werden, dass insbesondere in der Fachliteratur zu differierenden Auswertungszwecken vielfach unterschiedliche Ergebnisbestandteile (zum Beispiel Umsatz, Rohgewinn) mit unterschiedlichen Bezugswerten (zum Beispiel Materialeinsatz, Personalaufwand) in Beziehung gesetzt und unter abweichenden Bezeichnungen ermittelt werden. So wird gelegentlich nur das Betriebsergebnis dem betriebsnotwendigen Kapital gegenüber gestellt (D Betriebsrentabilität). Oder die Produktivität eines Unternehmens wird in der Form von Output/Input als Mengenrelation errechnet/ausgedrückt (wobei als Output die produzierte Stückzahl und als Input die Anzahl an Maschinenstunden oder Mitarbeiter angesetzt werden könnte).
Bereinigt man den beschriebenen Gewinn um nicht zahlungswirksame Transaktionen (hier insbesondere die kalkulatorischen Abschreibungen), erhält man den Cashflow, der
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3 Finanzplanung
den Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben wiedergibt und damit eine Beurteilung der Ertragskraft eines Unternehmens erlaubt (näheres zum Cashflow vgl. Abschn. 1.4.3). Er fließt wegen seiner geringeren Manipulationsmöglichkeiten (zum Beispiel durch willkürliche Bewertungen, Abschreibungen, Rückstellungen) häufig anstelle des Gewinns in verschiedene Kennzahlen ein; hier soll beispielhaft der dynamische Entschuldungsgrad angeführt werden: Dynamischer Entschuldungsgrad D
Verbindlichkeiten Cashflow
Diese Kennziffer (auch dynamischer Verschuldungsgrad genannt) besagt, wie viele Jahre es dauern würde, bis die gegenwärtigen (Netto-)Schulden aus dem Jahres-Cashflow getilgt werden könnten. Dabei werden zumeist die vorhandenen liquiden Mittel, selten auch die Rückstellungen (die nicht zu tilgen sind) von den Verbindlichkeiten abgezogen und konzeptionell unterstellt, dass aus dem Cashflow keine weiteren Investitionen, Entnahmen oder sonstige Zahlungen vorgenommen werden. Im Rahmen der Preiskalkulation wurde bereits darauf verwiesen, dass die sogenannte Deckungsbeitragsrechnung zwischen variablen und fixen Kosten unterscheidet. Während erstere (innerhalb einer bestimmten Kapazität) von der produzierten Menge abhängig sind und jedem Produkt unmittelbar zugerechnet werden können, ist das für Fixkosten wie beispielsweise Verwaltung, Miete, Versicherungen (die grundsätzlich auch ohne Produktionstätigkeit vorliegen), nicht möglich. Allerdings fallen nicht alle Fixkosten für das Unternehmen insgesamt an, sondern können häufig der Gesamtproduktion eine Erzeugnisses (erzeugnisfixe Kosten) oder bestimmten Erzeugnisgruppen (erzeugnisgruppenfixe Kosten) zugeordnet werden (zum Beispiel Rüstzeiten für Maschinen, Muster u. ä. sowie sprungfixe Kosten, die bei Überschreiten einer bestimmten Kapazität auftreten), die anfallen, sobald mit der Produktion begonnen wurde – unabhängig von der produzierten Menge/Anzahl. Die Deckungsbeitragsrechnung ermittelt nun in mehreren Stufen den Betrag (Deckungsbeitrag/DB), den ein Produkt oder eine Produktgruppe zur Deckung der fixen Kosten und zum Gewinn beitragen. Beispiel
Ein Unternehmen stellt vier Produkte A, B, C und D her, von denen A und B sowie C und D jeweils eine Erzeugnisgruppe bilden. Produkte: Produzierte/verkaufte Menge in Stück Erlöse Euro/Stück Variable Kosten/Stk. Erzeugnisfixe Kosten in Euro Erzeugnisgruppenfixe Kosten in Euro Unternehmensfixe Kosten in Euro
A
B
C
D
200 50 10 1 000 6 000 15 000
100 100 20 1 500
300 60 12 1 200 8 000
40 150 30 2 000
3.3 Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan)
171
Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung (alle Beträge in Euro) Produkte: Erlöse Variable Kosten DB I Erzeugnisfixe Kosten DB II Erzeugnisgruppenfixe Kosten DB III Unternehmensfixe Kosten Unternehmensergebnis
A 10 000 2 000 8 000 1 000 7 000 6 000 7 500 15 000 500
B 10 000 2 000 8 000 1 500 6 500
C 18 000 3 600 14 400 1 200 13 200 8 000 8 000
D 6 000 1 200 4 800 2 000 2 800
Das Unternehmen erzielt einen Gewinn von 500 C, arbeitet also grundsätzlich wirtschaftlich. Da auch alle Deckungsbeiträge (DB I bis III) positiv sind, sind aus dieser Deckungsbeitragsrechnung unmittelbar keine Verbesserungspotenziale abzuleiten. Kritische Menge/Break-even-point Der Break-even-point (auch: Gewinnschwellenabsatz) ist jene Absatzmenge, bei der die Kosten eines Unternehmens (gerade eben) gedeckt werden (Kostendeckungspunkt), der Gewinn ist hierbei Null; entsprechendes gilt für den damit erzielten Gewinnschwellenumsatz. Eine Deckungsanalyse zeigt die Zusammenhänge auf, wobei gelten muss: p vK > 0; das heißt, der Preis pro Stück liegt über den variablen Stückkosten (Stückdeckungsbeitrag) mit: GA GU p fK vK xStück
= Gewinnschwellenabsatz = Gewinnschwellenumsatz = Preis pro Stück = fixe Kosten = variable Kosten pro Stück = unbekannte/gesuchte (kritische) Stückzahl, dabei gilt:
Gewinn D xStück .p vK/ bzw. Gewinnschwellenumsatz D xStück p daraus folgt: GA D xStück D fK=.p vK/
und GU D xStück p
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3 Finanzplanung Beispiel
Ein Unternehmen für elektronisch regulierte Staubsauger kann einen Verkaufspreis von 100 C/Stück erzielen, die variablen Stückkosten liegen bei 45 C, die fixen Kosten des Unternehmens bei 11 000 C. Wie hoch sind die kritische Absatzmenge und der dazu gehörige Gewinnschwellenumsatz? fK 11 000 GA D xStück D ! D 200 Stück p vK 100 45 GU D xStück p ! 200 100 D 20 000 Die kritische Absatzmenge beträgt 200 Stück, was einem Gewinnschwellenumsatz von 20 000 C entspricht. Erst ab dieser Absatzmenge/diesem Umsatz erzielt das Unternehmen einen Gewinn. Sollte der prognostizierte Absatz/Umsatz darunter liegen, ist mit einem negativen Ergebnis zu rechnen. Damit kann auch der Zeitpunkt bestimmt werden, ab dem das (neu gegründete) Unternehmen Gewinne erzielt.
4
Businessplan
Die vorstehenden Überlegungen, Erkenntnisse und (Planungs-)Schritte zum Unternehmenskonzept einer Existenzgründung sowie dessen Umsetzung werden strukturiert in einem Businessplan schriftlich niedergelegt. Dieser umfasst im Wesentlichen Angaben zur Produktidee mit ihrem Alleinstellungsmerkmal und Kundennutzen, zum Existenzgründer bzw. dem Gründerteam mit ihrer Expertise, den Markt und Wettbewerb mit ihren Potenzialen und Grenzen/Risiken, die Marketingstrategie und ihre Ziele, den Unternehmensaufbau und die Umsatz-, Investitions- und Finanzplanung sowie einen Ausblick, das heißt die Perspektive für die nächsten fünf bis zehn Jahre (Details siehe nachfolgend). Begleitet wird der Businessplan regelmäßig von einem zeitlichen Rahmenentwurf, der die Meilensteine für die voraussichtliche Realisierung der Unternehmensgründung enthält. Der Businessplan bzw. dessen Erstellung dient zum einen dem Gründer (und seinem Team), einen ersten Gesamtüberblick über das Unternehmenskonzept zu erhalten, eventuelle Probleme/Schwachstellen zu erkennen (und zu lösen) bzw. Potenziale zu identifizieren (und zu heben), das finanzielle Gerüst im Zusammenhang zu erstellen/bewerten (und ggf. abzuändern) und Maßnahmen sowie Ziele für die weitere Unternehmensplanung bzw. deren Umsetzung abzuleiten. Da er in der Regel eine (frühe) Momentaufnahme des Gründungsprozesses darstellt und bei seiner Erstellung (zum Beispiel vor Markteinführung) ggf. noch nicht alle relevanten Informationen vorliegen, ist er zeitnah fortzuführen bzw. zu ergänzen. Insgesamt ist er als notwendiger und wesentlicher Schritt (Leitfaden) zu einer erfolgreichen und nachhaltigen Unternehmensgründung anzusehen. Als weitere wesentliche (externe) Adressatenkreise für den Businessplan sind neben der Agentur für Arbeit/Jobcenter bei Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit (wegen Gründungszuschuss) sowie Fördermittelberatern zur Erstbegutachtung des Geschäftskonzepts vor allem potenzielle Investoren/Kapitalgeber (zum Beispiel Hausbank bei der Beantragung von Förderdarlehen und Krediten, Business Angel wegen Beteiligung) zu nennen. Mangels vorweisbarer Unternehmensentwicklung bei einer Existenzgründung sind diese zur Einschätzung von Chancen und Risiken eines Engagements vor allem auf einen Busi© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 R. Schinnerl, Erfolgreich in die Selbstständigkeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22111-9_4
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4
Businessplan
nessplan angewiesen bzw. stützen ihre Entscheidungen vornehmlich auf diesen (das heißt kein Bankgespräch ohne fundierten Businessplan!). Hinweis In fortgeschrittenen Unternehmensphasen werden vor allem Informationen/Daten des Rechnungswesens, BWAs des Steuerberaters, Planungsrechnungen und Marktanalysen zur Beurteilung des Unternehmens herangezogen.
Vor diesem Hintergrund sind eine plausible und nachvollziehbare Darstellung der geplanten/prognostizierten Entwicklung sowie die formal und inhaltlich saubere Präsentation des Unternehmensmodells von hoher Priorität. Eine übersichtliche Gestaltung des Businessplans mit Einleitung/Summary, Hauptteil/Konzept und Schluss/Perspektiven und die Einbindung informativer Grafiken (mit wenig Farben) unterstreicht das Engagement des Existenzgründers und verstärkt die Wirkung der Ausführungen auf den Leser/die Zuhörer (mehr dazu nachfolgend). Bei Vorstellung/Präsentation des Businessplans ist ein angemessenes und überzeugendes Auftreten des Gründers bzw. des Gründerteams (Selbstvertrauen/Authentizität, Vortragstechnik, Körperhaltung, Kleidung, Wortwahl, Stimme, Blickkontakt) unabdingbar um einen seriösen und kompetenten Eindruck zu vermitteln und den Adressaten (Investor) für das Konzept zu gewinnen bzw. zu begeistern. Wichtig ist hierbei, dass der Vortragende die Zuhörer bereits am Beginn „mitnimmt“, später sollten sich die Teammitglieder entsprechend ihrer Kompetenz bei der Präsentation abwechseln, nach der Vorstellung sind (kritische) Fragen kompetent und schlagfertig zu beantworten. Eine für alle Teilnehmer gut leserliche sowie übersichtliche, auf die Empfänger/Zuhörer zugeschnittene Visualisierung der wichtigsten Fakten und Argumente des Businessplans mittels technischer Hilfsmittel wie PC/Beamer oder Folien bietet dem Vortragenden und einem größeren Kreis von Zuhörern inhaltliche Anhaltspunkte und Orientierung. Nähere Ausführungen dazu sind u. a. der Publikation „Das Präsentationsbuch“ zu entnehmen, die im Literaturverzeichnis angeführt ist (vgl. Zelalzny 2009).
4.1
Elevator- oder Start-up-Pitch
Um bereits im Vorfeld eines umfassenden Businessplans mögliche Interessenten auf die Geschäftsidee aufmerksam zu machen, wurden verschiedene Praktiken entwickelt und etabliert. Hierbei ist insbesondere der sogenannte Elevator- oder Start-up-Pitch (in seiner schriftlichen/grafischen Ausarbeitung in Form einiger Folien als „Pitch Deck“ bezeichnet) zu nennen, eine Technik, mit der man innerhalb kürzester Zeit eine Idee überzeugend präsentieren und eventuell sogar verkaufen kann. Diese wird von kapitalsuchenden Unternehmen (Gründern) häufig auf Private Equity/Venture Capital Speed-Dating-Veranstaltungen eingesetzt (vgl. Abschn. 2.3), um ihre Geschäftsideen vorzustellen und nach Möglichkeit einen Kapitalgeber (vorläufig) zu überzeugen und zu vertieften Kontakten anzuregen.
4.2 Business Model Canvas
175
4.2 Business Model Canvas Abhängig vom Verwendungszweck wird an Stelle oder im Vorfeld des Businessplans gelegentlich ein Business Model Canvas ausgearbeitet (siehe Abb. 4.1 und auch Literaturverzeichnis: Osterwalder A, Pigneur Y, 2011). Dieses dient zum einen der Entwicklung der Geschäftsidee bis hin zum vollständigen Geschäftsmodell, indem die wesentlichsten Punkte der Geschäftsidee (das sind jeweils neun Schlüsselfaktoren mit ihren denkbaren Ausprägungen) übersichtlich auf einer (DIN A0/Postergröße) Seite bzw. Pinnwand dargestellt, diskutiert und vervollständigt werden, zum anderen kann das Geschäftsmodell potenziellen Partnern/Investoren komprimiert vorgestellt und erläutert werden. Im weiteren Verlauf des Unternehmenszyklus kann das Business Model Canvas als Business-Dashboard (Unternehmensprüfstand) und strategisches Analyseinstrument eingesetzt werden. Hierbei sind Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen den Schlüsselfaktoren obligatorisch zu beachten. Schlüsselfaktoren der Geschäftsidee und mögliche Ausprägungen/Faktoren: Schlüsselaktivitäten: Was sind die wichtigsten Tätigkeiten, um dieses Geschäftskonzept erfolgreich zu starten und am Laufen zu halten? Schlüsselressourcen: Welche physischen, personellen, technologischen und finanziellen Ressourcen und welches Wissen (Know-how) sind unverzichtbar? Kundenarten: Wer ist die Zielgruppe/das Kundensegment, welche(s) einen Nutzen vom Angebot hat? Nutzenversprechen: Welchen Nutzen (Value Proposition) haben die Kunden, wenn sie das Angebot des Unternehmens in Anspruch nehmen? Kundenbeziehungen: Wie werden Kunden gewonnen, gehalten und intensiviert? persönlich, automatisiert . . . Kommunikations- und Vertriebskanäle: Wie erfahren die Kunden vom Angebot und wie bekommen sie es? Schlüsselpartner: Wer sind die wichtigsten strategischen Partner? Lieferanten, Service Provider Kostenstruktur: Was sind die wichtigsten Ausgaben, ohne die das Geschäftskonzept nicht funktionieren würde und wie sind sie zu beeinflussen? Einnahmequellen: Woher kommen in diesem Geschäftsmodell die Mittel? Verkauf/ Einmalzahlungen, Lizenzen/Nutzungsgebühren; Welchen Preis sind die Kunden bereit zu zahlen?
4
Abb. 4.1 Business Model Canvas: Vorlage des BMWi. (Quelle: BMWi o.J.)
176 Businessplan
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
4.3
177
Businessplan (Unternehmenskonzept)
Der formale Aufbau von Businessplänen ist mittlerweile weitgehend standardisiert, um den interessierten Leser einen gezielten Überblick über die wesentlichen Elemente des geplanten Unternehmens zu geben (Unternehmenskonzept). Ein Businessplan kann inhaltlich grundsätzlich in drei Abschnitte unterteilt werden (siehe auch nachfolgend): Der (verbalen) Vorstellung der Geschäftsidee (Unternehmensgegenstand), des Gründers/der Gründer (Kompetenzen) und der geplanten Umsetzung des Vorhabens (Maßnahmen), die Finanzplanungsrechnungen (zur Realisierung benötigte Mittel) und den Anhang (Anlagen). Damit greift er die wesentlichen Aspekte der vorstehend angeführten Schritte einer Unternehmensgründung auf und stellt deren Ergebnisse strukturiert und übersichtlich dar (Abb. 4.2). Die schriftliche Ausarbeitung eines Businessplans (Unternehmenskonzept) wie auch dessen visuell unterstützte Präsentation beginnt – nach einem Titel-/Deckblatt mit Nennung des Vorhabens (Firmenname/Firma, falls gegeben mit Adresse/Standort), des Grundes der Erstellung/Vorstellung des Businessplans (zum Beispiel Kapitalakquise) sowie des Namens des Autors und des Datums des Konzepts – regelmäßig mit einer (möglichst einseitigen) Inhaltsübersicht und/oder einer knappen Zusammenfassung der nachfolgenden Inhalte (Management Summary). Beim Einsatz visueller Techniken kann die Management Summary zur besseren Lesbarkeit auch mehrere Seiten umfassen. Das Unternehmenskonzept ist durchgehend so knapp wie möglich und so ausführlich wie notwendig zu formulieren ohne den Leser zu überfordern oder zu langweilen (kein Fachchinesisch, keine unverständlichen Schachtelsätze, keine Hohlphrasen oder Selbstbelobigungen u. ä.). Alles in allem soll der (in der Anfangsphase erstellte) Businessplan
Abb. 4.2 Businessplan: Überblick. (Quelle: eigene Darstellung)
1. Vorstellung der Geschäsidee, des Gründers/der Gründer und die geplante Umsetzung des Vorhabens (Geschäsmodell) Geschäsidee (Produkt/Dienstleistung, USP/Kundennutzen) Gründerprofil(e) Markt, Standort, Webewerb Markengstrategie Organisaons-, Betriebs- und Mitarbeiterstrukturplan Zukunsaussichten 2. Finanzplanungsrechnungen Kapitalplanung Liquiditätsplanung Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan) 3. Anlagen Meilensteine zur Umsetzung des Businessplans (Zeitplan) Lebensläufe und Zeugnisse der Gründer, Referenzen Kalkulation von Privatbedarf/-entnahmen, Preisen, Abschreibungen u.a. Sonsges (Sicherheitenspiegel, Teilpläne, u.ä.)
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4
Businessplan
30 Seiten nicht überschreiten. Informative Grafiken (mit wenigen Farben) lockern die Ausführungen auch optisch auf und verstärken die Botschaft, umfangreichere Elemente (zum Beispiel Lebensläufe der Gründer, Musterabbildungen, längere Aufstellungen/Tabellen, Konstruktionspläne, Ablaufdiagramme, Teilpläne/Nebenrechnungen, Realisierungsplan) sollten allerdings als Anlage beigefügt werden. Insgesamt soll der Aufbau des Businessplans einem Storyboard folgen, das eine klare Struktur und eine gewisse Dynamik aufweist, sodass der Leser die Ausführungen bis zum Ende interessiert verfolgt. Nach der Lektüre oder dem Vortrag des Businessplans sollte der Leser/Zuhörer (Investor) von den Erfolgsaussichten der Existenzgründung überzeugt (worden) sein. Hinweis Da sich die Businesspläne von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden („Unikate“), wird im Folgenden ein allgemein gültiges Konzept eines Businessplans (mit dem Schwerpunkt auf Produktions- und Handelsunternehmen) dargestellt. Dieses ist vom Existenzgründer mit den Informationen und Daten (ggf. Annahmen, Prognosen und Schätzungen) des geplanten Unternehmens zu befüllen, wobei die Vornahme von konzeptionellen Anpassungen, Ergänzungen oder Kürzungen sinnvoll oder notwendig sein kann. Das nachfolgende Konzept enthält noch einige Bearbeitungshinweise und Beispiele/Prüfsteine, die im endgültig erstellten Businessplan natürlich nicht übernommen werden, sondern durch die entsprechenden Informationen und Erkenntnisse des/der Existenzgründer aus den vorangegangenen Analysen und Prognosen ersetzt werden (vgl. auch Abschn. 1.5). Inhaltlich ist darauf zu achten, dass keine unerreichbaren Wunschziele, sondern realistische Annahmen als Grundlage der Planungen dienen.
4.3.1 Inhaltsübersicht/Zusammenfassung des Businessplans Mit der Inhaltsübersicht wird der Leser/Hörer auf die nachfolgenden Themen vorbereitet/eingestimmt und hat damit während der Lektüre/Präsentation des Businessplans eine jederzeitige Orientierung über den Ablauf sowie kommende Abschnitte und Inhalte. Für einen ersten Eindruck/Überblick über das Gründungskonzept (Geschäftsmodell) können die einzelnen Punkte der Inhaltübersicht durch aussagekräftige Stichworte/ausgewählte Schlüsselinformationen des Konzepts zu einer Management Summary erweitert und damit das Interesse der Adressaten eventuell erhöht werden. a. Vorstellung der Geschäftsidee, des Gründers/der Gründer und die geplante Umsetzung des Vorhabens (Geschäftsmodell) Geschäftsidee (Produkt/Dienstleistung, USP/Kundennutzen) Gründerprofil(e) Markt, Standort, Wettbewerb Marketingstrategie Organisations-, Betriebs- und Mitarbeiterstrukturplan Zukunftsaussichten b. Finanzplanungsrechnungen Kapitalplanung
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
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Liquiditätsplanung Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung (Ergebnisplan) c. Anlagen Meilensteine zur Umsetzung des Businessplans (Zeitplan) Lebensläufe und Zeugnisse der Gründer, Referenzen Kalkulation von u. a. Privatbedarf/-entnahmen, Preisen, Abschreibungen Sonstiges (Sicherheitenspiegel, Teilpläne u. ä.)
4.3.2 Geschäftsidee Hier soll das geplante Produkt/die geplante Dienstleistung (auch für einen Laien) verständlich und nachvollziehbar dargestellt werden. Anmerkung: Die einzelnen bereits dargestellten Überlegungen, Analysen und Maßnahmen im Vorfeld werden hier nicht wiederholt. a. Was bieten Sie genau an? Beschreiben Sie verständlich Ihr Angebot (charakteristische Merkmale des Produkts, Tätigkeitschwerpunkt bei Dienstleistungen); vermeiden Sie dabei möglichst fachspezifische Termini, erläutern Sie komplexe Sachverhalte ausführlicher. b. Weshalb bieten Sie genau dieses Produkt an? Welches Alleinstellungs-/Differenzierungsmerkmal (USP) zeichnet Ihr Angebot aus bzw. hebt es von Konkurrenzprodukten (im vorhergesehenen Marktsegment) ab? einzigartig, neuartig/innovativ, preisgünstig, qualitativ hochwertig, regional, optisch/haptisch ansprechend, Größe/Gewicht konsumentenfreundlich, Verpackung/Präsentation verlockend, längere Nutzungsdauer, zusätzlicher Service/Garantie; kann dieses von Wettbewerbern leicht imitiert/substituiert werden? c. Welchen Nutzen hat das Angebot für die potenziellen Kunden? Welche (eventuell emotionalen) Vorteile werden für die Kunden damit erzielt? Welche Kundenprobleme werden damit gelöst? Welche (eventuell neuen, das heißt durch das Produkt/die Dienstleistung erst geschaffenen) Kundenbedürfnisse werden damit befriedigt? d. Wie ist der gegenwärtige Entwicklungsstand des Angebots? Welche Hürden bestehen noch/könnten bis zur Fertigstellung auftreten (technisch, rechtlich, finanziell u. ä.)? Besteht die Möglichkeit Schutzrechte zu beantragen? Eventuell können Sie bereits einen Prototyp Ihres Produkts vorweisen/beschreiben.
4.3.3 Gründerprofil(e) Erfahrene Investoren wissen: Kompetente Gründer können in der Regel auch eine mittelmäßige Geschäftsidee zum Erfolg führen, während inkompetente Gründer auch mit einer hervorragenden Geschäftsidee scheitern können. Deshalb ist es wichtig, den potenziellen
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4
Businessplan
Kapitalgebern die zutreffenden Eigenschaften und Kompetenzen des Gründers/der Gründer eindrucksvoll darzustellen. Fachliche Qualifikation der verschiedenen Gründungsmitglieder (Einzelgründer oder Mitglieder des Start-up-Teams) Hier werden die für das geplante Unternehmen wichtigen Aus-/Fortbildungen bzw. Abschlüsse und Berufserfahrungen aufgezählt (und mit Zeugnissen oder Referenzen im Anhang belegt); bestehende Lücken sollen durch zeitnahe Fortbildungen, weitere Teammitglieder oder externe Mitarbeiter/Kooperationen geschlossen (und hier ebenfalls angeführt) werden. Anmerkung: Eventuell sind gesetzlich vorgeschriebene Qualifikationen/Eigenschaften zu beachten (zum Beispiel Zulassungsvoraussetzungen, Meisterbrief). Welche Branchenkenntnisse sind vorhanden? (Produktionsverfahren, EDV-Tools, Geschäftsusancen, Preise/Konditionen, Verbände, Informationsquellen, Kontakte zu Lieferanten, Banken, Beratern, eventuell Kunden u. ä.). Bei Teamgründungen kann bereits an dieser Stelle nach Kompetenzen/Erfahrungen und zukünftigen Funktionen (auch im nachstehenden kaufmännischen Bereich) differenziert werden. Kaufmännische Qualifikation/Kenntnisse des Gründers/des Gründerteams Unabdingbar sind zumindest Grundkenntnisse in Organisation/Planung/Unternehmensführung, Buchhaltung/Bilanzierung, Rechnungswesen/Kalkulation, Finanzierung, Marketing, ggf. Personalwesen, zu einschlägigen Gesetzen/Vorschriften sowie zu notwendigen Versicherungen. Lücken sollen auch hier durch zeitnahe Fortbildungen oder externe Mitarbeiter/Kooperationen geschlossen werden, bestehende Kontakte zu Experten wegen Outsourcing einzelner Funktionen wie zum Beispiel zu Unternehmens-, Rechts- und Steuerberatern sollen hier ebenfalls genannt werden. Sind die notwendigen IT/EDV-Kenntnisse (Hardware, Standardsoftware) vorhanden? Persönliche Eigenschaften/Qualifikationen des Gründers/der Gründer Physische und psychische Leistungsfähigkeit (Belastbarkeit, Einsatzwillen, Gesundheit); Sprachkenntnisse und Auslandsaufenthalte (falls erforderlich/vorteilhaft). Eventuell sind hier gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften zu beachten (zum Beispiel Zulassungsvoraussetzungen, Führungszeugnis). Sind notwendige Unternehmereigenschaften nachweislich vorhanden bzw. in früheren Berufsjahren, in Praktika oder bei Hobbys erworben worden? (Leistungsorientierung, soziale Kompetenz/Führungsfähigkeit und Teamfähigkeit, Motivations- und Kritikfähigkeit, Risikobereitschaft, Organisations- und Improvisationsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Frustrationstoleranz). Auch die familiäre Situation ist hier anzuführen; sie kann im Zusammenhang mit dem möglichen Engagement des Gründers (und in der Finanzplanung/Entnahmen, s. u.) eine gewichtige Rolle spielen (Belastung, Unterstützung).
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
181
Nicht zuletzt sollten hier die Motive und Ziele des Gründers/der Gründer zur Errichtung und Führung des geplanten Unternehmens (und eventuell vorangegangener Gründungen) benannt werden.
4.3.4 Markt, Standort, Wettbewerb Wesentliche Einflussfaktoren für den zukünftigen Unternehmenserfolg stellen die Marktsituation und -entwicklung, der Standort(-vorteil) sowie die Wettbewerbsintensität dar. Deren Ermittlung und Analyse wurde bereits grundsätzlich dargestellt. Im Businessplan werden demnach nur mehr die verschiedenen Faktoren mit ihren Ausprägungen/Ergebnissen wieder gegeben und ggf. mit den entsprechenden Statistiken und Grafiken (inklusive Quellenangabe) belegt. Da diese sehr branchenspezifisch geartet und relevant sind, können im Folgenden nur allgemeine Aspekte angeführt und mit Beispielen unterlegt werden.
4.3.4.1 Markt a. Wie hoch ist das Marktpotenzial für das Produkt/die Dienstleistung im gewählten Marktsegment (abhängig von der Anzahl der Interessenten/potenziellen Abnehmer und deren Kaufkraft/frei verfügbares Einkommen sowie dem Preis). b. Welcher Marktanteil ist für das Produkt realistisch (abhängig vom Wettbewerb)? Wie hoch kann der damit generierte Umsatz eingeschätzt werden? Welcher Gewinn wäre damit zu erzielen? Das wird in der Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung konkretisiert. c. Wie ist die gegenwärtige Lage der Branche und des Marktes und wie werden sich diese voraussichtlich entwickeln? (Wachstum/Schrumpfung); hierbei spielen demografische, rechtliche, technische, politische, gesellschaftliche, gesamtwirtschaftliche/konjunkturelle Einflüsse/Veränderungen eine Rolle. d. Welche Risiken sind absehbar oder könnten sich zukünftig ergeben? (zum Beispiel Substitutionsprodukte, alternative Absatzkanäle/Internet, Absatzrückgänge aus unterschiedlichen Gründen, Präferenzverschiebungen, Kaufkraftschwund, Strukturverschiebungen/Konzentrationen bei Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern, Umweltrestriktionen, Preiserhöhungen der Zulieferer und Preissenkungen der Wettbewerber (s. u.), Anstieg des Zinsniveaus).
4.3.4.2 Standort Hier ist der gewählte Standort zu beschreiben und zu begründen. Welche Vorteile bietet er (auch im Vergleich zu Alternativstandorten), welche Nachteile mussten in Kauf genommen werden? Dieser sehr branchenabhängige Faktor hängt nicht zuletzt vom gewählten Einzugsgebiet (Branchenumfeld, Kaufkraft/Zentralität), der Kundennähe (Verkehrslage, Vertriebsmöglichkeiten), dem Wettbewerb (siehe nachfolgend) oder dem Zugang zu Produktions-
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4
Businessplan
faktoren (Infrastruktur, Arbeitskräfteangebot, Hochschulnähe), behördlichen Auflagen (Bau-, Emissions- und Hygienevorschriften), Gewerbesteuersätzen und natürlich dem nachfrageabhängigen Preis der Immobilie (Kauf, Miete) ab. Da verschiedene Standortkosten (zum Beispiel Erschließungskosten) bereits vor Betriebsbereitschaft des Unternehmens anfallen, sind diese vorab zu finanzieren und entsprechend in der Kapital-, Liquiditäts- sowie Umsatz-, Kosten und Gewinnplanung zu berücksichtigen. An dieser Stelle im Businessplan soll auch die (prognostizierte) Höhe und Herkunft der benötigten Mittel genannt werden (Deckung). Zu den Kosten der Ausstattung des Standorts (Betrieb) siehe nachstehend.
4.3.4.3 Wettbewerb Hier sind die (wichtigsten) Wettbewerber in der Branche und des konkreten Standortes anzuführen; dabei ist zwischen Konkurrenten und Konkurrenzprodukten zu unterscheiden. Konkurrenten Welchen (Wettbewerbsumfang/Fach- oder Sortimentsanbieter) und wie vielen (Wettbewerbsdichte/Polypol oder Monopol) Konkurrenten muss sich das neue Unternehmen stellen? Was sind deren Stärken und Schwächen? Was sind deren Strategien/Ziele? Welches Image und welche Macht/Einfluss haben sie am Markt? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das neue Unternehmen (in unterschiedlichen Marktkonstellationen)? Wie wird die Konkurrenz auf das neue Unternehmen reagieren (Preise, Werbung)? Wie kann das neue Unternehmen entsprechend antworten? Besteht die Gefahr neuer Wettbewerber? Steigt dadurch der Wettbewerbsdruck oder wächst der Markt? Wie hoch sind die Markteintrittsbarrieren (Investitionsbedarf, Fachkräfte, Know-how/Schutzrechte, Kundentreue, gesetzliche Vorgaben)? Anmerkung: Diese müssen auch vom neuen Unternehmen selbst überwunden werden. Besteht für das neue Unternehmen bzw. dessen Produkt(e)/Dienstleistung(en) ein Wettbewerbsvorsprung (Patent, Markenrecht)? Wie lange ist dieser aufrecht zu erhalten? Welche Kosten entstehen dafür? Konkurrenzprodukte Gibt es am Markt gleichartige Produkte, die sich nur unwesentlich vom eigenen Angebot unterscheiden? Wie erfolgt hier die Differenzierung? Besteht die absehbare Möglichkeit von Weiterentwicklungen/Innovationen (zum Beispiel wegen Erreichung der Reifephase der bestehenden Produkte)? Sind Substitutions-/Alternativprodukte (Produkte mit ähnlichen Eigenschaften) am Markt verfügbar (mit denen ggf. das Marktvolumen zu teilen ist)? Kann deren Bedeutung/Anteil durch Präferenzverschiebungen oder Preisänderungen (zum Beispiel Billigimporte) zunehmen?
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
183
Besteht die Gefahr, dass durch Preiserhöhungen der Vorprodukte, Herstellkosten u. ä. das eigene Produkt nicht wettbewerbsfähig bleibt oder die gestiegenen Einstandspreise nicht an die Abnehmer weiter gegeben werden können?
4.3.5 Marketingstrategie Ausgehend von den oben angeführten (Analyse-)Schritten und den vorstehend angeführten Faktoren werden an dieser Stelle die zur Realisierung der geplanten (Marketing-)Strategie bzw. Marketingpolitik eingesetzten Marketinginstrumente (Marketingmix) dargelegt. Zu diesen zählen insbesondere die Kunden-, Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik.
4.3.5.1 Kunden-/Zielgruppenpolitik Hier wird die anzusprechende Zielgruppe definiert, differenziert und deren Betreuung festgelegt. Welche Kundenzielgruppe(n) (Marktsegment) soll(en) angesprochen werden, für die das geplante/hergestellte Produkt gedacht ist? (soziale, wirtschaftliche und demografische Merkmale, eventuell Branchen/Wirtschaftssektoren). Wie ist die Struktur/Umsatzrelevanz dieser Kunden (A, B, C-Kunden)? Wie ist es um deren Preissensibilität und Verhandlungsmacht bestellt? Welche Kundenbedürfnisse/-wünsche bestehen bezüglich des Angebots? Welche Bedürfnisse werden mit dem Produkt befriedigt, welche nicht (Kundennutzen)? Hierbei ist für den effizienten Einsatz der nachfolgenden Marketinginstrumente eine möglichst genaue Segmentierung vorzunehmen.
4.3.5.2 Produktpolitik Im Rahmen der Produktpolitik wird über die Ausgestaltung des konkreten Angebots (Sortiments) entschieden. Wie ist der (anfängliche) Umfang des Angebots/Sortiments: die Breite (Anzahl an Produkten) und die Tiefe (Varianten des Angebots)? Hinweis: Während Neugründungen oftmals nur ein Produkt/eine Dienstleistung in einer Ausführung (zum Beispiel Verpackungsgröße) anbieten, erweitert sich in der Regel das Sortiment im Laufe der Zeit. Das ist hier zu antizipieren/anzuführen. Welchen Einfluss haben Kundenwünsche/-bedürfnisse, eigene Kompetenzen, Umsatzpotenziale der Produkte und Angebote der Wettbewerber auf das geplante Produkt/Sortiment?
184
4
Businessplan
Welche sonstigen Einflüsse haben die Produkteigenschaften (s. oben) auf die Sortimentsgestaltung? Werden Zusatzleistungen/Services angeboten?
4.3.5.3 Preispolitik Bei der Preisfestlegung sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen wie der Markt bzw. Kunde und dessen Bereitschaft, den geforderten Preis für den Kundennutzen des Produktes zu bezahlen, der Wettbewerb, der für vergleichbare Produkte/Dienstleistungen den Preis (die Preisobergrenze) mitbestimmt und nicht zuletzt die Selbstkosten, die die (längerfristige) Untergrenze des Verkaufspreises determinieren. Welche Preisstrategie wird grundsätzlich verfolgt (hoch/niedrig/flexibel/keine)? Welcher (Basis-)Preis wurde festgelegt? Welche Überlegungen und Schlussfolgerungen aus den angeführten Einflussfaktoren waren maßgeblich bei der Preisfindung? Welche temporären oder dauerhaften Möglichkeiten der Preisdifferenzierung werden für das Angebot und die Zielkunden für potenziell geeignet angesehen? Beispiele: das zusätzliche Angebot von Serviceleistungen und langfristige Garantien, Konditionsgestaltung (An- und Ratenzahlungen, Barzahlungs- und Mengenrabatte), Selbstabholung oder Lieferung, Kauf via Internet/Online Shop, preisgünstige Abgabe des Basisprodukts und teure Extras bzw. teures Zubehör, teure Verbrauchsmaterialien, hohe Nutzungskosten bzw. Folgekosten (Kfz, Drucker, Smartphones bzw. obligatorischer Servicevertrag, Datenabschöpfung), Leasing anstatt Kauf (Pkw), höhere Preise für Saison- und Trendartikel, differenzierte Einführungspreise und Abverkaufs-/Sonderverkaufspreise.
4.3.5.4 Distributionspolitik Die Wahl des Vertriebskanals/der Vertriebskanäle hängt nicht zuletzt davon ab, ob das Unternehmen im Einzelhandel oder in der Produktion tätig ist. Einzelhandel: direkte Übergabe (mit Beratung und ggf. Lieferservice oder vornehmlich Selbstbedienung) am Standort und eventuell zusätzlich über das Internet („Online Shop“). Wird ein Lieferservice angeboten? Welche Ressourcen sind notwendig, eventuell bereits vorhanden? Ladenlokal, kompetente Mitarbeiter, schneller Internetanschluss, technische Ausrüstung. Produktionsunternehmen: Diese haben (abhängig vom Produkt und der Anzahl der Kunden) – grundsätzlich mehrere Wege der Distribution zur Auswahl. Wie erhalten die Kunden das Produkt/die Ware? Zumeist über den Großhandel (Kosten, Provisionen) oder Direktvertrieb (gesamte Distributionskosten und Erträge verbleiben im Unternehmen), verstärkt auch über das Internet mit Versand.
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
185
Ist damit eine ständige Lieferbereitschaft sicher gestellt? Kostenvergleich der verschiedenen Alternativen Wie lange dauern die unterschiedlichen Lieferwege? Die getroffene Auswahl des Vertriebsweges/der Vertriebswege ist im Businessplan standort-, produkt- und/oder kundenspezifisch zu begründen.
Hinweis Die Aufwendungen für den gewählten Vertriebsweg müssen in den Finanzplanungen berücksichtigt werden und in einem plausiblen/nachvollziehbaren Verhältnis zum prognostizierten Absatz stehen.
4.3.5.5 Kommunikationspolitik Da die Gründer am Markt in der Regel völlig unbekannt sind, müssen sie ihre potenziellen Kunden auf sich/das Unternehmen und das Produkt/die Dienstleistung nachhaltig aufmerksam machen. Welche Maßnahmen zur Schaffung einer Corporate Identity wurden eingeleitet bzw. sind vorgesehen? Wurde ein umfassendes Werbekonzept erstellt? Wurde ein Werbebudget erstellt (und in der Finanzplanung berücksichtigt)? Welche Werbeaktionen sind geplant? Wann, wie lange und mit welchen Medien? Mit welchem Ziel (zum Beispiel Bekanntheitsgrad oder Produktqualitäten) und zu welchen Kosten (vom Budget gedeckt)? Wird eine Werbeerfolgskontrolle durchgeführt (zum Beispiel zuordenbare Nach-/Rückfragen bzw. Besuche/Internetklicks)? Wer ist im Unternehmen für die Kommunikation/PR-Arbeit kompetent und presserechtlich verantwortlich?
4.3.6 Organisations-, Betriebs- und Mitarbeiterstrukturplan 4.3.6.1 Organisation Hier wird die vorgesehene Rechtsform des Unternehmens sowie seine Aufgaben- und Verantwortungsbereiche angeführt. Welche Rechtsform wird das Unternehmen (voraussichtlich) haben? Die Auswahl soll begründet werden (zum Beispiel Unternehmenszweck, Anzahl der Gründer, Geschäftsführung, Mindestkapital, Haftung, Gewinn- und Verlustbeteiligung, Buchführungs- und Publizitätspflichten, Gründungs- und Verwaltungsaufwand, Kreditwürdigkeit). Welche Aufgaben und Verantwortungsbereiche wird es in dem Unternehmen geben? Hierzu sind die Aufgaben im Unternehmen (vgl. beispielsweise Abschn. 1.5.3) zu beschreiben, zu Funktionseinheiten zu integrieren, horizontal sowie vertikal zu verknüpfen und ein formales Informations-/Kommunikationssystem zu installieren.
186
4
Businessplan
Wie sind die Funktionen und Verantwortungsbereiche zwischen Gründer und Mitarbeitern aufgeteilt? Welche werden outgesourct? Bei Teamgründungen: Wie sind die Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwischen den Teilnehmern aufgeteilt (zum Beispiel Kundenakquisition, Produktion, Einkauf, Verwaltung)? Welche Entscheidungen werden (eventuell gemäß Gesellschaftsvertrag) grundsätzlich gemeinsam getroffen?
4.3.6.2 Betrieb/Geschäft Hier sind die benötigten Räumlichkeiten und deren Ausstattung anzuführen. Die entsprechenden Kosten (zum Beispiel Anschaffungskosten, Miete) sind ebenfalls anzugeben und in der Finanzplanung zu berücksichtigen (siehe nachfolgend). Welche Räumlichkeiten werden benötigt? (Ladenlokal, Werkstatt, Büro, Lager) Welche Fläche wird (anfänglich) benötigt? ist eine spätere Erweiterung möglich? Bei Miete/Pacht: Sind die Verträge verlängerbar/besteht eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit? Sind alle baurechtlichen Bestimmungen eingehalten und Genehmigungen erteilt? Welche Einrichtungsgegenstände und Materialien benötige ich zur Geschäftseröffnung/zum Betriebsbeginn? (Ladeneinrichtung, Maschinen, Warenlager, Fahrzeug, technisches Equipment und sonstige Betriebs- und Geschäftsausstattung) Was wird voraussichtlich im laufenden Betrieb zusätzlich benötigt? (zum Beispiel Lieferwagen, neue Anlagen und Geräte) Wie hoch wird die Gesamtinvestitionssumme geschätzt? (siehe Kapitalbedarfsplanung, nachfolgend).
4.3.6.3 Mitarbeiter Welche Mitarbeiter werden benötigt? (Funktion/Qualifikation) Wie viele Mitarbeiter werden wann benötigt? (Anfangs, später, Voll-/Teilzeit, Praktikanten/Hilfskräfte, Vertretungsweise) Ist der Mitarbeiterbedarf konstant oder schwankend (zum Beispiel saisonal)? Wie können gelegentlich Spitzen bewältigt werden? Wie soll die Gehaltsstruktur gestaltet werden, um die Motivation und Leistungsbereitschaft zu fördern? Festgehälter, variable Gehaltsbestandteile (Tantieme, Provision, Prämie, Zulage), Beteiligungen, Cafeteria-System und/oder geldwerte Leistungen.
4.3.7 Zukunftsaussichten/Perspektive Welche Ziele will der Existenzgründer/das Start-up (ausgehend von den vorliegenden Planungen bzw. bisherigen Erfahrungen) in fünf bis zehn Jahren erreicht haben?
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
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(zum Beispiel Umwandlung des Einzelunternehmens in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, Verkauf des Unternehmens um x Millionen Euro, weitere erfolgreiche Unternehmensgründungen) Wo soll das Unternehmen in fünf bis zehn Jahren stehen? (zum Beispiel Umsatzmillionär, Unicorn Status (Marktwert über eine Milliarde US-Dollar), Marktführer, Erschließung neuer Märkte, bester Arbeitgeber) Welche Potenziale/Chancen sprechen dafür, welche Gefahren/Risiken dagegen? Wie kann der Gründer/Unternehmer die Chancen nutzen, wie die Risiken vermeiden? Beispiele: – Er könnte ausgehend vom anfänglichen Basissortiment ein weiterentwickeltes Produktportfolio in einer Wachstumsbranche aufbauen, was die Nachfrage nach den Produkten auf Jahre hinaus sichern würde. – Die mit der Unternehmensgründung und dem Markteintritt verbundenen finanziellen Risiken sind nicht hinreichend abzuschätzen und könnten im „Worst Case“ zu einem Scheitern des Unternehmens führen; diesem Fall soll durch eine kompetente Planung und vorsichtigen Ansätzen entgegen gewirkt werden.
4.3.8 Finanzplanungsrechnungen Die o. a. Finanzplanungsansätze/-konzepte finden im Businessplan ihren Niederschlag in den entsprechenden konkreten Planungs- oder Vorschaurechnungen. Hier sind die ermittelten oder prognostizierten Werte für die verschiedenen Perioden einzutragen und zweckbestimmt (Zwischen-)Summen, Salden und/oder Deckungen sowie Überschüsse oder Fehlbeträge zu berechnen. Die einzelnen Werte sind (für einen externen Interessenten/potenziellen Investor) nachvollziehbar in einem schriftlichen Kommentar zu den verschiedenen Plänen zu begründen bzw. (mit Quellen) zu belegen und die Ergebnisse sind aus Unternehmenssicht zu interpretieren sowie mit Blick auf die o. a. Marktforschungsanalysen/-ergebnisse zu bewerten. Die Betrachtung der Entwicklungen im Zeitablauf (insbesondere bei Neugründungen in der Regel steigend) wie auch Vergleiche mit anderen Unternehmen der Branche erhöhen die Aussagefähigkeit der Analysen. Die Ergebnisse geben letztendlich Aufschluss über die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells (Vollexistenz) und damit die Bonität (Kreditwürdigkeit) des geplanten Unternehmens. Nicht zuletzt sind die jeweils daraus gezogenen/geplanten Konsequenzen/Maßnahmen anzuführen. Alle vorgestellten Rechenkonzepte (Pläne) lassen sich mit speziellen Softwareprodukten oder entsprechenden Tabellenkalkulationsprogrammen wie MS-Excel einfach berechnen und darstellen (und bei Bedarf modifizieren – beispielsweise anfänglich monatliche Werte, anschließend Quartalswerte und später Jahreswerte). Kennzahlen, Grafiken und Vergleiche erhöhen die Aussagekraft der ermittelten Werte. Allerdings ist auch zu bedenken, dass viele der einfließenden Daten/Zahlen auf Schätzungen und Prognosen beruhen, welche die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der ermittelten Werte/Ergebnisse und damit deren Aussagefähigkeit wiederum beeinträchtigen.
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4
Businessplan
4.3.8.1 Kapitalbedarfsplan Tab. 4.1 Kapitalbedarfsplan. (Quelle: eigene Darstellung) Alle Beträge in Euro Langfristige Investitionen: Grundstücke/Gebäude oder Unternehmensübernahme (Kauf) Umbau/Renovierung Immaterielle Vermögensgegenstände (z. B. Konzession) Betriebs- und/oder Geschäftsausstattung Werkzeuge und Maschinen Lager- und/oder Büroeinrichtung EDV/IT Equipment Fahrzeuge Sonstige Summe langfristige Investitionen: Kurzfristige Investitionen (Betriebsmittel): Gründungskosten (Anmeldungen, Gebühren, Beratung, Kautionen, Lizenzen) Anlaufkosten (Werbung, Reisen) Mieten/Leasingraten Laufende Verwaltungs- und Betriebskosten Versicherungen und Steuern Sonstige betriebliche Kosten (z. B. Reparaturen, bezogene Leistungen) Waren- und/oder Materiallager (Anfangsbestand) Sonstige Vorfinanzierungen (Bestellungen, Aufträge) Finanzierungskosten (Provisionen, Zinsen/Tilgungen) Personalkosten (inkl. AG-Anteil Sozialversicherung) Entnahmen für Lebensunterhalt Gründer(-team) inkl. soziale Absicherung (ggfls. auch für Familie) Sonstiges Reserve für unvorhersehbare Aufwendungen Summe kurzfristige Investitionen: Summe Kapitalbedarf
1. Jahr
2. Jahr
3. Jahr
4. Jahr
5. Jahr
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1 2
2 4
3 6
4 8
5 10
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
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Bearbeitungshinweise zu Tab. 4.1: In dieser Planungsrechnung werden die Ausgaben für die vorgesehenen Investitionen sowie die (vorübergehenden) Gründungs- und (anhaltenden) Betriebskosten zusammengestellt und daraus der Kapitalbedarf ermittelt (siehe dazu Abschn. 3.1). Hierbei ist der Gründer häufig auf Schätzungen und Prognosen angewiesen, die gegenüber Investoren/Banken plausibel und nachvollziehbar zu begründen oder zu belegen sind. Auch die Angemessenheit der einzelnen Ansätze ist mit den Ergebnissen der o. a. Markt- und Potenzialanalyse sowie der nachfolgenden Umsatz-, Kosten- und Ergebnisplanung zu substanziieren/verdeutlichen. Verschiedene Positionen des vorgestellten (einfachen) Kapitalplans werden nicht in allen Unternehmen aufscheinen, andere sind hier für einige Unternehmensformen eventuell nicht oder nicht differenziert genug angeführt und entsprechend zu ergänzen (was bei Verwendung eines Tabellenkalkulationsprogramms wie beispielsweise MS Excel kein Problem darstellen sollte).
4.3.8.2 Kapitaldeckungsrechnung Tab. 4.2 Kapitaldeckungsrechnung. (Quelle: eigene Darstellung) Alle Beträge in Euro Eigenkapital: Eigene Barmittel (Privatvermögen des Gründers) Bankguthaben Einlagen von Family & Friends Zuschüsse der öffentlichen Hand (z. B. für bestimmte Investitionen, oder von der Agentur für Arbeit) Geschäftskonto/Gesellschaftskapital Beteiligungen u. a. eigenkapitalähnliche Mittel (z. B. VC) Unternehmensgewinn Sacheinlagen (z. B. Immobilie, Kfz, Eigenleistungen) Sonstiges Summe Eigenkapital: Fremdkapital: Gründerkredit, ggfls. weitere ERP-Fördermittel (Kfw) Klein-/Mikrokredit Förderkredit des Bundeslandes Partiarisches Darlehen (nicht nachrangig) Bankdarlehen (lfr.)
1. Jahr
2. Jahr
3. Jahr
4. Jahr
5. Jahr
5
4
3
2
1
5
4
3
2
1
1 2 3 4
190
4
Businessplan
Tab. 4.2 (Fortsetzung) Alle Beträge in Euro Kontokorrentkredit (kfr.) Darlehen von Family & Friends Sonstiges Summe Fremdkapital: Summe verfügbares Kapital Kapitalbedarf (aus dem Kapitalbedarfsplan) Kapital: Überdeckung (C), Unterdeckung () Nachrichtlich: ungenutzte Kreditlinien
1. Jahr
2. Jahr
3. Jahr
4. Jahr
5. Jahr
1 6 2
2 6 4
3 6 6
4 6 8
5 5 6 10
4
2
0
2
4
Bearbeitungshinweise zu Tab. 4.2: Mit dieser Rechnung wird ermittelt/dargelegt, wie der Kapitalbedarf für die Gründung und den nachfolgenden Betrieb des Unternehmens finanziert werden soll (siehe dazu Abschn. 3.1 und dort insbesondere die Kapitaldeckungsrechnung), wobei eine anhaltend solide Kapitaldeckung erforderlich ist. Eine Kapitalunterdeckung würde vor allem in den ersten Betriebsjahren (niedrige Bonität wegen fehlenden Erfolgen in Vorperioden/Track Record) eine existenzielle Gefährdung für das Unternehmen darstellen. Für Kapitalgesellschaften bedeutet eine Überschuldung (das Vermögen eines Schuldners deckt nachhaltig nicht dessen bestehende Verbindlichkeiten) einen zwingenden Insolvenzgrund. Zur Vermeidung einer Unterdeckung steht grundsätzlich ein breites Portfolio an Finanzierungmitteln zur Verfügung (vgl. Kap. 2), von dem einem Existenzgründer (niedrige Bonität) nur ausgewählte Alternativen zugänglich sind (siehe ebenfalls Abschn. 3.1). Zur Akquisition von Beteiligungs- und Fremdkapital (notwendige Bonitäts- und Rentabilitätsbeurteilung/Rating), aber auch zur Unternehmenssteuerung (Kapitalallokation), sind ausgewählte Kennzahlen zu ermitteln, welche die Finanzrelationen (Eigen-/Fremdkapital), die fristenkongruente Deckung der Aktivpositionen (Deckungsgrade) und die Rentabilität des eingesetzten (Eigen-/Fremd-)Kapitals des Unternehmens wieder geben (siehe dazu Abschn. 3.1 und dort insbesondere den Abschnitt Kapitaldeckungsrechnung). Betriebsvergleiche innerhalb der gleichen Branche, aber auch die Betrachtung der eigenen Entwicklung im Zeitablauf erhöht die Aussagefähigkeit der ermittelten Werte und Kennzahlen bezüglich Zukunftsperspektiven ebenso wie deren Darstellung in aussagekräftigen Grafiken. An dieser Stelle bzw. bei größerem Umfang als Anlage sollten zusätzlich die vorhandenen/anzubietenden Sicherheiten in Form eines Sicherheitenspiegels angeführt werden, da sie für ein Bankgespräch (Kredite, Fördermittel) von großer Bedeutung sind.
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
191
4.3.8.3 Liquiditätsplan/-deckungsrechnung Tab. 4.3 Liquiditätsplan/-deckungsrechnung. (Quelle: eigene Darstellung) Alle Werte in Euro: | Monat: Einzahlungen Umsatz Eigenmittel Kredite Sonstige Eingänge Summe Einzahlungen Auszahlungen Investitionen Waren- und Materialeinkauf Personalkosten Miete/Leasing Verwaltungskosten, Beratung Betriebskosten (Energie, Telefon) Marketing/Werbung, Reisen Kfz-Kosten (Vers., St., Benzin, Insp.) Instandhaltung/ Reparaturen Versicherungen, Beiträge Betriebliche Steuern Sonstige betriebliche Kosten Umsatzsteuer Gründungskosten Sonstige Ausgaben Tilgungen Zinsen Privatentnahmen (inkl. Steuern) Summe Auszahlungen: Saldo Liquidität (C, ) Liquidität kumuliert (C, ) Nachrichtlich: unausgen. K-Linien
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Summe
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1 2 2 1 1 0 8 7 7
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6 0 7
7 1 8
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9 1 10
52
192
4
Businessplan
Bearbeitungshinweise zu Tab. 4.3: Hier werden die geplanten Einnahmen den erwarteten Ausgaben gegenüber gestellt (Zahlungsströme). Dieses Schema zeigt als (Zwischen-)Ergebnis den Betriebsmittelbedarf und dessen laufenden (Saldo) sowie eine periodenübergreifende Deckung (kumulierter Saldo) und damit die (ständige?) Zahlungsfähigkeit des Unternehmens auf. Erkannte/antizipierte Liquiditätslücken sind rechtzeitig zu schließen (siehe dazu Abschn. 3.2). Als Hintergrundinformation soll auch der ungenutzte Kontokorrentrahmen eingetragen/mitgeführt (und ggf. erhöht) werden. Die einzelnen Jahressummen müssen mit den gleichlautenden Positionen in der Kapitalplanung übereinstimmen. Die Liquiditätsrechnung ist revolvierend aufzustellen, das heißt, abgelaufene Monate sind zu entfernen und durch die nachfolgenden Werte zu ergänzen (wodurch ein unbegrenzter Planungshorizont entsteht). Dabei sind die Fälligkeiten der einzelnen Positionen (diese können sich über mehrere Perioden erstrecken) zu beachten, wobei diese Zahlungen einmalig, periodisch oder unregelmäßig wiederkehrend sowie laufend (gleichförmig oder variierend) sein können. Des Weiteren sind hier wie bereits erwähnt einige Annahmen zu treffen, welche die Zahlungsgewohnheiten und Zahlungsmoral der Kunden betreffen (wann werden die Rechnungen bezahlt, können An-/Teilzahlungen vereinbart werden, mit welchen Ausfällen muss gerechnet werden), das eigene Zahlungsverhalten des Gründers (Vereinbarung und Nutzung von Zahlungszielen oder Inanspruchnahme von Skonti) sowie die Durchlauf- und Lagerzeiten (bei zumeist steigenden Lagerbeständen/-kosten) im eigenen Betrieb (Zeitraum zwischen Bezahlung der Material-/Wareneingänge sowie Gehälter und Eingang von Kundenzahlungen). Wegen der Ungewissheit der einzelnen Annahmen sind diese eher vorsichtig zu schätzen/anzusetzen. Je nach Bedarf und Datenverfügbarkeit kann auch eine tägliche oder wöchentliche (oder kombinierte) Liquiditätsvorschau erstellt werden, was durch Modifikation des angeführten Schemas in Excel oder einem anderen Tabellenkalkulationsprogramm unschwer möglich wäre. Zur Unternehmenssteuerung und Bonitätsbeurteilung sollten auch Liquiditätskennzahlen ermittelt und kommentiert werden (siehe dazu Abschn. 3.2).
4.3.8.4 Umsatz-, Kosten- und Ertragsplan (Ergebnisrechnung) Tab. 4.4 Umsatz-, Kosten- und Ertragsplan (Ergebnisrechnung). (Quelle: eigene Darstellung) Euro | Netto (ohne MwSt.) Umsatz (Produkt A) Umsatz (Produkt B) Gesamtumsatz: Material-/Wareneinsatz (Produkt A) Material-/Wareneinsatz (Produkt B) Material-/Wareneinsatz insgesamt: Rohgewinn
1. Jahr 1
2. Jahr 2
3. Jahr 4
4. Jahr 6
5. Jahr 9
1 2
2 3
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9 6
2 1
3 1
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5 1
6 3
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
193
Tab. 4.4 (Fortsetzung) Euro | Netto (ohne MwSt.) Betriebskosten: Gründungskosten (Anmeldungen, Verkaufsförd.) Personalkosten (inkl. NK) Miete/Leasing Betriebskosten (Energie, Telefon) Marketing/Werbung, Reisen Kfz-Kosten (inkl. Vers.) Versicherungen, Beiträge Instandhaltung/Reparaturen Verwaltungs- und Vertriebskosten, Beratung Geschäfts-/Bürokosten, Verbrauchsmaterialien Geschäftsführerbezüge/Unternehmerlohn Zinsen Betriebliche Steuern Sonstige Betriebskosten Abschreibungen für Abnutzung (AfA) des AV Betriebskosten insgesamt: Ergebnis (Gewinn/Verlust) vor Steuern EEV-Steuern (nur Kap. Ges.) Ergebnis (Gewinn/Verlust) nach Steuern
1. Jahr
2. Jahr
3. Jahr
4. Jahr
5. Jahr
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1
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2
1 2 0 2
1 2 1 3
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2 1 0 1
2 1 1 0
Bearbeitungshinweise zu Tab. 4.4: Hier sind die erwarteten Umsätze und Kosten einzutragen (wobei vor allem anfänglich vorsichtige Ansätze zu tätigen sind). Diese können, wie vorgestellt, nach Produkten oder nach Kunden, Projekten, Regionen u. ä. gegliedert werden. Unterjährige (Monats-/Quartals-)Beträge sind beim vorliegenden Schema auf Jahreswerte umzurechnen. Deren zugrunde liegenden Daten (voraussichtliche Mengen, Preise/Kosten) und die Ermittlung des Umsatzes/der Kosten (zum Beispiel prognostizierter Absatz mal erreichbarer Preis je Einheit, geschätzte Einstands-/Produktionskosten mal prognostizierte Einheiten) sind nachvollziehbar durch die Informationsquellen, Kalkulationsgrundlagen und detaillierte sowie ggf. unterjährige Absatz-/Umsatzplanungen zu belegen (siehe dazu und zu den einzelnen Positionen Abschn. 3.3). Die geschäftlichen Erwartungen müssen sachlich mit den Kapazitäten und Kosten des Unternehmens korrespondieren. Mögliche Preis-/Kostenänderungen und andere Unwägbarkeiten über die Jahre sind dabei zu berücksichtigen, entsprechende Risiken sind offenzulegen/zu bewerten. Mittelfristig sollten anhaltende Überschüsse die Existenz des Unternehmens und des Gründers (sowie seiner Familie) sichern und seine Verpflichtungen decken. Eventuell soll/muss das vorliegende Schema verfeinert und um weitere Positionen ergänzt werden: So könnten anfängliche Gründungs-/Markteinführungskosten (Anmeldungen, Preisnachlässe, Werbung, Beratung) detailliert ausgewiesen werden. Das ist bei-
194
4
Businessplan
spielsweise bei Verwendung eines Tabellenkalkulationsprogramms wie MS Excel zur o. a. Ergebnisrechnung durch Einfügen von Zeilen und Spalten leicht möglich (Achtung auf die Verformelung!). Mit diesem Tool (oder einer anderen Grafiksoftware) können auch aussagekräftige Grafiken (Anteile, Entwicklungen, Vergleiche) unschwer angefertigt bzw. dargestellt werden. Zur Kapitalakquisition, aber auch zur Unternehmenssteuerung, ist die Ermittlung aussagekräftiger Rentabilitätskennzahlen, des Cashflow, der Deckungsbeiträge der einzelnen Produkte/Dienstleistungen sowie des Gewinnschwellenumsatzes (Break-even Point) und deren grafische Darstellung sehr zweckdienlich (siehe dazu ebenfalls Abschn. 3.3). Branchen- und Betriebsvergleiche sind für die genannten Ziele ebenfalls sehr zu empfehlen. Hinweis Auf buchhalterische Darstellungsformen/-erfordernisse für realisierte Ergebnisse (wie beispielsweise in einer GuV), die weitere Positionen enthalten können (zum Beispiel Bestandsveränderungen, Rückstellungen, RAP) wird hier (Planung/Vorschau) nicht näher eingegangen; dazu empfiehlt sich die Einschaltung eines sachkundigen Fachmanns (zum Beispiel Steuerberater).
4.3.9 Anlagen zum Businessplan Meilensteine zur Umsetzung des Businessplans (Zeitplan siehe nachstehende Tab. 4.5) Lebenslauf des Gründers/der Gründer (Muster-Lebenslauf siehe nachstehende Abb. 4.3) Zeugnisse der Gründer Referenzen der Gründer, Bewertungen des Produktes u. ä. Berechnung der Privatentnahmen (siehe nachstehend) Sonstiges (zum Beispiel Sicherheitenspiegel, Anlagenverzeichnis/Inventurliste, umfangreichere Kalkulationen, detaillierte und unterjährige Absatz-/Umsatzplanungen) Meilensteine zur Umsetzung des Businessplans (Zeitplan) Der Zeitplan zur Umsetzung des Businessplans ist integraler Bestandteil des Existenzgründungskonzepts. Er zeigt die Dauer und vorgesehenen Erledigungs-/Fertigstellungstermine (Intervalle) der einzelnen Maßnahmen und damit die Fortschritte bei der Umsetzung und letztendlich die Realisierung des Businessplans/der Existenzgründung (geplante Deadline) auf. Damit dient er nicht nur der (zeitlichen) Planung sowie der Dokumentation und Information für den/die Existenzgründer und ggf. Investoren, sondern auch der laufenden bzw. nachfolgenden Fortschritts- und Erfolgskontrolle. Durch eine Abweichungsanalyse können Verzögerungen aufgedeckt, Planungsdefizite behoben und Ressourcen zur Zielerreichung neu disponiert werden. Die Dauer der einzelnen Phasen wie auch die Gesamtdauer der Umsetzung des Businessplans variiert von Unternehmen zu Unternehmen und ist von zahlreichen Faktoren und Unwägbarkeiten abhängig (zum Beispiel Vorbereitung der Gründung, Rechtsform
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
195
Tab. 4.5 Meilensteine zum Businessplan. (Quelle: eigene Darstellung) Notwendige Aktivitäten Businessplan erstellen
Fördermöglichkeiten prüfen/beantragen Beratung in Anspruch nehmen Finanzierung prüfen (in Abstimmung mit dem Businessplan)
Anwendungs-/Ausführungsbeispiele sic!
Zuschüsse, Kredite, Bürgschaften ! vor der jeweiligen Investition beantragen! Unternehmensberatung, Steuerberatung, Rechtsberatung Eigenmittel. Mezzaninkapital/Hybride Finanzmittel (VC), Kfr. (Kto.Korrent) und lfr. (Darlehen) Kredite von Banken und sonstiges Fremdkapital (z. B. Family and Friends) Unternehmensaufbau, Standort: Geschäfts-, Betriebs- und BüroräuOrganisation/ me beschaffen. Informationswege, Unternehmensausstattung (Maschinen, Managementstruktur Geschäfts- und Büroeinrichtung, IT-Geräte, planen und realisieren Software) erwerben/leasen. Unternehmens-/Betriebsstruktur festschreiben (Organigramm). Einkauf: Anfangsbestand: RHB-Stoffe, Handelswaren, Lizenzen. Produktion: Entwicklung und Umsetzung der Geschäftsidee. Verkauf: Kundenbetreuung, Distribution. Verwaltung: Finanzen, Buchhaltung, Marketing, IKT/Software; Personal: Mitarbeiter suchen/einstellen/entwickeln. Marketing-Mix Zielgruppen-, Produkt-, planen und Preis-, Distributions- und ausführen Kommunikationspolitik/-maßnahmen Offene RechtsfraZulassungen, mögliche Einschränkungen; gen klären, Verträge Kaufverträge, Miet-/Pachtverträge; entwerfen und abGesellschaftsvertrag, AGBs, Arbeitsverträge schließen Versicherungsschutz Betriebshaftpflicht- und -unterbrechungsprüfen versicherung; Produkt-/Vermögensschadenhaftpflichtversicherung; Forderungsausfall- und Einbruchsversicherung, Gebäude- und Inventarversicherung; Kranken- und Unfallversicherung, Private Lebens- und/oder gesetzliche Rentenversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung
Geplanter Termin Vor Gründung, nach Gründung aktualisieren Vor Investitionen Datum, Intervall Datum, Intervall
Datum, Intervall
Datum, Intervall Datum, Intervall
Datum, Intervall
Erledigt
196
4
Businessplan
Tab. 4.5 (Fortsetzung) Notwendige Aktivitäten Anmeldungen vornehmen
Anwendungs-/Ausführungsbeispiele
Geplanter Termin Datum, Intervall
Erledigt
Entsprechend Rechts- und Betriebsform: Gewerbeanmeldung (Gewerbe- oder Ordnungsamt), Fachkammer (IHK, HWK/Eintragung in die Handwerksrolle), Handelsregistereintrag (Notar/Amtsgericht), Sonstige branchenspezifische Anmeldungen, Finanzamt (Freiberufler), Krankenkasse und Berufsgenossenschaft (bei Mitarbeitern), Verbandsmitgliedschaft, Agentur für Arbeit, Energieversorgungsunternehmen, Telefon, Post u. a. Eröffnung vorbereiten Marketingmaßnahmen einleiten (WerbeDatum, prospekte/Anzeigen, Verkaufsförderung, Intervall Webauftritt, Visitenkarten, Briefbögen u. a. m.) Geschäftseröffnung/ Alle Stakeholder einladen: Datum Betriebsbeginn Kunden, Lieferanten, Behördenvertreter, Vermieter, Nachbarn, und nicht zuletzt Family and Friends.
des Unternehmens, Ressourcenverfügbarkeit, Marktentwicklung). Grundsätzlich sollte die Unternehmensgründung so zügig wie möglich erfolgen, um den Markteintritt und damit die ersten Umsätze/Erträge so früh wie möglich zu generieren. Da sich im Zeitablauf (Unternehmenslebenszyklus) die Grundlagen und Daten sowie die Annahmen/Prognosen des Unternehmens und damit auch die Prämissen und Werte des Businessplans ändern, ist dieser regelmäßig anzupassen/zu aktualisieren, damit er die genannten Funktionen weiterhin erfüllen kann. Die Darstellung des Zeitplans kann alternativ zur gezeigten Tab. 4.5 auch grafisch erfolgen (zum Beispiel als Netzplan unter Hervorhebung des kritischen/zeitlängsten Pfades (Puffer 0) oder in einem Gantt-Diagramm mit beliebig vielen Meilensteinen), wobei ein detaillierter Projektplan mit (frühestem und spätestem) Anfangs- und Endzeitpunkt der einzelnen Aktivitäten als Grundlage erforderlich ist. Bearbeitungshinweise zur Tab. 4.5: Hier tragen Sie die Dauer und das geplante Datum der Erfüllung der einzelnen Aktivitäten ein. Diese müssen nicht streng in der angeführten Reihe erfolgen und können sich zeitlich überschneiden (mehrere Aktivitäten gleichzeitig/parallel). Grundsätzlich schreitet das Datum nach unten hin bis zur Geschäftseröffnung/Betriebsbeginn fort.
4.3 Businessplan (Unternehmenskonzept)
197
Curriculum Vitae / Lebenslauf
Persönliche Daten Vor- und Zuname Geburtsdatum Staatsangehörigkeit Familienstand/Kinder Adresse/Kontaktdaten
...... …… …… …… ……
Schulausbildung (mit Abschluss) Jahr - Jahr Jahr - Jahr
…… ……
Berufsausbildung (mit Abschluss) Jahr - Jahr Jahr - Jahr
…… ……
Fortbildung/Studium (mit Abschluss) Jahr - Jahr Jahr - Jahr
…… ……
Praktika/Auslandsaufenthalte Jahr - Jahr Jahr - Jahr
Firma/Funktion Firma/Funktion/Land
Berufstätigkeit Jahr - Jahr Jahr - Jahr Jahr - Jahr
Firma/Funktion Firma/Funktion Firma/Funktion
Besondere Fähigkeiten und Kenntnisse Softwarekenntnisse Fremdsprachen Referenzen (beiliegend) Ehrenämter/Mitgliedschaften Sonstiges
…… …… …… …… ……
Ort, Datum ……………………………
Unterschrift ………………………………
Abb. 4.3 Muster-Lebenslauf. (Quelle: eigene Darstellung)
198
4
Businessplan
Berechnung der Privatentnahmen Tab. 4.6 Berechnungsschema der Privatentnahmen. (Quelle: eigene Darstellung) Privatausgaben Unternehmer C Familie (in Euro) Miete/Afa, Hausgeld Nebenkosten (Heizung, Strom, Wasser, Hausversicherung) Kapitaldienst für Hypothek u. a. Kredite Lebensunterhalt der Familie (Nahrung, Kleidung, Freizeit) Kfz-Kosten (Privatanteil) Gebühren (Telefon, TV) Sozialversicherungen (Kranken-, Rentenvers.) Sonstige Versicherungen (Berufsunfähig., Haftpflicht, Leben) Vertragliche Verpflichtung (Ratenzlg., Unterhaltszlg.) Ausbildung der Kinder u. ä. Unterhaltskosten Rücklagen f. Neuanschaffungen, Sparen Rücklagen f. unvorhergesehene Fälle (Reparaturen, Krankheit) Sonstige Privatausgaben Summe Lebenshaltungskosten: Einkommensteuer Summe private Ausgaben: Privateinnahmen Unternehmer C Familie Nettogehalt Familienmitglieder Sonstige Einkünfte (Unterstützungsleistungen, Unterhalt) Kinder-/Erziehungsgeld Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung Einnahmen aus Kapitalvermögen Gründungszuschuss oder Einstiegsgeld der Agentur für Arbeit Sonstige Privateinnahmen Summe private Einnahmen: Saldo Einnahmenüberschuss (C) / Ausgabenüberschuss ()
Pro Monat/ Quartal
1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr
1
2
3
4
4
4
1 1 2
2 2 4
3 3 6
4 4 8
4 5 9
4 5 9
1
4
6
9
7
7
3
3
10 1
10 1
1 1
4 0
6 0
9 1
Literatur
199
Bearbeitungshinweise zu Tab. 4.6: Listen Sie Ihre privaten Einnahmen und Ausgaben vollständig auf. Eventuell müssen Sie das vorliegende Schema um weitere Positionen ergänzen. Falls Sie monatliche oder quartalsmäßige Zahlungsverpflichtungen bzw. Eingänge haben, tragen Sie diese in die erste Spalte wie folgt ein: Betrag/Monat oder Betrag/Quartal und rechnen Sie die Beträge jeweils auf ein Jahr hoch. Wiederholen Sie diesen Vorgang für jedes Jahr. Berücksichtigen Sie dabei mögliche Preissteigerungen und den Wegfall oder Zugang neuer Positionen (zum Beispiel Wegfall des Gründungszuschusses, Kosten Pflegeheim für Eltern).
Literatur Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (o. J.) Business Model Canvas: Vorlage. http://www.existenzgruender.de/SharedDocs/Downloads/DE/Checklisten-Uebersichten/ Businessplan/16_Business-modell-Canvas.pdf?__blob=publicationFile, 01.07.2018 Zelalzny G (2009) Das Präsentationsbuch, 3. Aufl., Campus Verlag, Frankfurt, New York
Anhang
Checkliste zur Unternehmensgründung/Realisierungsfahrplan. (Quelle: eigene Darstellung) Notwendige Aktivitäten Informationen einholen/analysieren Rechtliche Voraussetzungen prüfen
Kontakte anbahnen Businessplan erstellen
Fördermöglichkeiten prüfen/beantragen Beratung in Anspruch nehmen Finanzierung prüfen (in Abstimmung mit dem Businessplan)
Anwendungs-/Ausführungsbeispiele
Termin
Literatur, Internetportale, Messen, Kammern u. a. m., Gründerseminar ! Branche, Markt, Wettbewerb, Standort Gewerbe-/Handwerksrecht, Handelsregister, Zulassungsvoraussetzungen (z. B. GewO, GastG), Rechtsform, Mitarbeiter: Aufenthalts-/Arbeitserlaubnis, Wettbewerbsklausel Verband, IHK, Banken, potentielle Lieferanten/Kunden und Kooperationspartner sic!
Vor Gründung
Zuschüsse, Kredite, Bürgschaften ! vor der (ersten) Investition beantragen! Unternehmensberatung, Steuerberatung, Rechtsberatung Eigenmittel, Mezzaninkapital/Hybride Finanzmittel (VC), Kfr. (Kto.Korrent) und lfr. (Darlehen) Kredite von Banken und sonstiges Fremdkapital (z. B. Family and Friends)
Erledigt?
Vor Gründung
Vor Gründung Vor Gründung, nach Gründung aktualisieren Vor Investitionen Datum, Intervall Datum, Intervall
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 R. Schinnerl, Erfolgreich in die Selbstständigkeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22111-9
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202
Anhang
(Fortsetzung) Notwendige Aktivitäten Unternehmensaufbau Organisation/ Informationswege, Managementstruktur planen und realisieren
Marketing-Mix planen und ausführen Verträge entwerfen/ abschließen Versicherungsschutz prüfen
Anmeldungen vornehmen
Eröffnung vorbereiten
Geschäftseröffnung/ Betriebsbeginn
Anwendungs-/Ausführungsbeispiele
Termin
Standort: Geschäfts-, Betriebs- und Büroräume beschaffen, Unternehmensausstattung (Maschinen, Geschäfts- und Büroeinrichtung, IT-Geräte, Software) erwerben/leasen. Unternehmens-/Betriebsstruktur festschreiben (Organigramm). Einkauf: Anfangsbestand: RHB-Stoffe, Handelswaren, Lizenzen; Produktion: Entwicklung und Umsetzung der Geschäftsidee; Verkauf: Kundenbetreuung, Distribution; Verwaltung: Finanzen, Buchhaltung, Marketing, IKT/Software; Personal: Mitarbeiter suchen/einstellen/entwickeln Zielgruppen-, Produkt-, Preis-, Distributionsund Kommunikationspolitik/-maßnahmen Kaufverträge, Miet-/Pachtverträge, Gesellschaftsvertrag, AGBs, Arbeitsverträge Betriebshaftpflicht- und -unterbrechungsversicherung, Produkt-/Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, Forderungsausfall- und Einbruchsversicherung, Gebäude- und Inventarversicherung; Kranken- und Unfallversicherung, Private Lebens- und/oder gesetzliche Rentenversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung Gewerbeanmeldung (Gewerbe- oder Ordnungsamt), Fachkammer (IHK, HWK/Eintragung in die Handwerksrolle), Handelsregistereintrag (Notar/Amtsgericht), Sonstige branchenspezifische Anmeldungen, Finanzamt (Freiberufler), Krankenkasse und Berufsgenossenschaft (bei Mitarbeitern), Verbandsmitgliedschaft, Agentur für Arbeit Energieversorgungsunternehmen, Telefon, Post u. a. Marketingmaßnahmen einleiten (Werbeprospekte/Anzeigen, Verkaufsförderung, Webauftritt, Visitenkarten, Briefbögen u. a. m.) Alle Stakeholder einladen: Kunden, Lieferanten, Behördenvertreter, Vermieter, Nachbarn, und nicht zuletzt Family and Friends
Datum, Intervall
Datum, Intervall Datum, Intervall Datum, Intervall
Datum, Intervall
Datum, Intervall
Datum
Erledigt?
Weiterführende Literatur
DIHK – Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (2012) Finanzierungsalternativen. DIHK, Berlin DIHK – Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (2018) Selbstständig machen. Erste Überlegungen auf dem Weg zur Existenzgründung. DIHK, Berlin Fischl B, Wagner S (2016) Der perfekte Businessplan, 3. Aufl. Verlag C.H. Beck, München Osterwalder A, Pigneur Y (2011) Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer. Campus Verlag, Frankfurt, New York Porter ME (2013) Wettbewerbsstrategie. Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, 12. Aufl. Campus Verlag, Frankfurt, New York Schinnerl R (2017) Investitions- und Finanzierungsrechnung für mittelständische Unternehmen. Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg Zelalzny G (2009) Das Präsentationsbuch, 3. Aufl. Campus Verlag, Frankfurt, New York
Auswahl wichtiger Internetadressen Börse Frankfurt. www.boerse-frankfurt.de Börse Stuttgart. www.boerse-stuttgart.de Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). www.bafa.de Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie juris GmbH: Aktuelles Bundesrecht – alle Gesetze im Internet. www.gesetze-im-internet.de Bundesministerium für Arbeit und Soziales. www.bmas.de, www.mein-mikrokredit.de Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. www.bmwi.de, www.foerderdatenbank.de, www. bmwi-wegweiser.de, www.existenzgruender.de Bundesverband deutscher Banken (BdB) – Bankenverband. www.bankenverband.de Bundesverband Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzentren (BVIZ) e. V. www. innovationszentren.de Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK). www.bvkap.de Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) e. V. www.leasingverband.de Bundesverband Deutscher Unternehmensberater e. V. (BDU). www.bdu.de Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB)/Landesförderinstitute. www.voeb.de Business Angels Netzwerk Deutschland e. V. (BAND). https://www.business-angels.de Deutscher Factoring-Verband e. V. www.factoring.de DIHK – Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. www.dihk.de DMI Deutsches Mikrofinanz-Institut. www.mikrofinanz.net Förderdatenbank. Förderprogramme und Finanzhilfen des Bundes, der Länder und der EU (BMWi). www.foerderdatenbank.de Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV). www.gdv.de 203
204
Weiterführende Literatur
GRENKE BANK AG. www.grenkebank.de KfW Bankengruppe. www.kfw.de, https://beraterboerse.kfw.de/ LfA Förderbank Bayern. www.lfa.de Statistisches Bundesamt (Destatis). https://www.destatis.de VDG Verband Deutscher Gründungsinitiativen e. V. www.vdg-forum.de Vertragsformulare und Muster-Business Pläne. www.formblitz.de Diverse Plattformen für Gründer (Auswahl). www.gruender.de, www.fuer-gruender.de, www. gruenderszene.de, www.junge-gruender.de, www.gruenderwoche.de, www.starting-up.de, www.gruendersupport.de Diverse Online-Publikationen für Gründer (Auswahl). www.existenzgruender.de, http://gruender. wiwo.de
Sachverzeichnis
A ABC-Analyse, 53 Abschreibungen, 166 Acceleratoren, 130 Agentur für Arbeit, 98 Aktiengesellschaft (AG), 77 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), 82 Arbeitslosenversicherung, 94 Arbeitslosigkeit, 139 Arbeitsverträge, 83 B Baugewerbe, 81 Beirat, 132 Beratungsförderung, 139 Betriebsausgaben, 164 Betriebsunterbrechungsversicherung, 96 Betriebs- bzw. Berufshaftpflichtversicherung, 94 Betriebsvermögensvergleich, 85 BGB-Gesellschaft, 73 Bonität, 115 Boot Camps, 130 Bootstrapping, 108 Börsengang, 110 Branchenkenntnisse, 11 Break-even-point, 171 Business Angels, 132 C Cashflow, 26 Corporate Venture Capital, 133 Crowdfunding, 131 Crowdinvesting, 131 D D&O-Versicherung, 95
Deckungsbeitragsrechnung, 170 Discounted-Cashflow Methode (DCFMethode), 26 Diskontierungssatz, 29 Dokumenten-Akkreditiv, 97 Due Diligence, 15 E Economic Value Added, 26 Eigenkapital, 107 Eigenkapitalrendite, 114 Einfaches Mittelwertverfahren, 24 Eingetragene Genossenschaft (eG), 78 Einkauf, 63 Einkommen-/Körperschaftsteuer, 84 Ein-Personen-AG, 77 Ein-Personen-GmbH, 75 Einzelunternehmen, 72 Ergebnisplan, 159 ERP-Beteiligungsprogramm, 142 Ertragswert, 22 Ertragswertverfahren, 21 Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea/SE), 78 EÜR-Rechnung, 85 F Fachliche Fähigkeiten, 9 Factoring, 97 Firmenwert, 24 First Mover, 5 Follower, 6 Förderkredite, 141 Förderprogramme, 143 Forderungsausfallversicherung, 96 Fortführungswert, 20 205
206 Free Cashflow, 28 Freie Berufe, 70 G Gaststättengewerbe, 81 Gebäude-, Feuer- und Elementarversicherungen, 95 Geschäfts- oder Firmenwert, 24 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), 73 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), 75 Gesellschaftsformen, 69, 72 Gesellschaftsvertrag/Satzung, 82 Gesetzliche Unfallversicherung, 93 Gewerbeamt, 79 Gewerbesteuer, 87 Gewerbliche Tätigkeit, 71 GmbH & Co. KG, 76 Going-concern-Prinzip, 20 Grunderwerbsteuer und Grundsteuer, 90 Gründerzentren, 131 H Haftpflichtversicherung, 94 Handelsgewerbe, 80 Handelsregister, 79 Handwerk, 81 Handwerkskammer, 79 Heilkundeberuf, 81 Hybridanleihen, 118 I Industrie- und Handelskammern (IHK), 79 Initial Public Offering/IPO, 110 Inkubatoren, 131 Innovator, 5 Insolvenz, 102 Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG, 91 K Kapitalbedarfsplan, 147 Kapitaldeckungsrechnung, 149 Kapitalgesellschaften, 72 Kapitalisierungsfaktor, 23 Kapitalisierungszinsfuß, 22 Kapitalquellen, 149 Kaufmann, 81 Kaufmännische Kenntnisse, 10 Kennzahlen, 151, 157 Kleine AG, 77
Sachverzeichnis Kleingewerbe, 71 Kommanditgesellschaft (KG), 74 Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), 75 Kontoeröffnungsvertrag, 83 Kosten, 164 Kostenpositionen, 164 Kranken-/Pflegeversicherung, 92 L Leiharbeit, 71 Leverage Effekt, 114 Limited Liability Partnership (LLP), 76 Liquidationswert, 21 Liquiditätsdeckungsrechnung, 153 Liquiditätskennzahlen, 157 Liquiditätslücke, 157 Liquiditätsplan, 153 M Marktanalyse, 43 Mehrwertsteuer, 88 Meilensteine, 194 Mezzanine-Kapital, 120 Mietverträge, 83 Mikrofinanzierungen, 142 Mikromezzaninfonds, 143 Mittelwertverfahren, 24 Multiplikatorverfahren, 33 N Nachfolgebörsen, 36 Nachgründungsberatung, 140 Nachrangabrede, 124 Neutrale Aufwendungen, 163 O Offene Handelsgesellschaft (OHG), 73 P Pareto-Regel, 46 Partnergesellschaft (PartnG), 74 Personengesellschaften, 72 Private Absicherung, 92 Private Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung, 93 Produktion, 63 Produktlebenszyklus, 6 R Rating, 115, 149
Sachverzeichnis Rechtliche Voraussetzungen, 79 Rechtsformen, 69, 72 Reine Ertragswertverfahren, 22 Rentabilitätskennzahlen, 168 Rentenversicherung, 93 S Scheinselbstständigkeit, 70 Schuldverschreibungen, 118 Sicherheiten, 116 Sicherheitenspiegel, 151 Sozialversicherung, 98 Standortanalyse, 58 Steuerrechtliche Bestimmungen, 84 Substanzwert, 20 Substanzwertmethoden, 20 SWOT-Analyse, 48 T Teamgründung, 11 U Übergewinn, 25
207 Übergewinnkapitalisierung, 24 Umsatzsteuer, 88 Unique Selling Proposition/USP, 5 Unternehmensbewertung, 19 Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), 76 Unterstützungsfunktionen, 65 V Venture Capital, 132 Vergleichsmethoden, 33 Verkauf, 64 Vermittler gemäß § 34 GewO, 81 Verschuldungsgrad, 114 Versicherungen, 94 Verwaltung, 65 W Wagniskapitalgesellschaften, 132 Wettbewerbsanalyse, 46 Work-Life Balance, 9