Das philosophische Werk Schalwa Nuzubidses, seine Aletheiologie, die in mancher Hinsicht Parallelen zum Denken Martin Heideggers aufweist, entwickelt ihre Grundbegriffe wie etwa das Vorlogische und das Übergegensätzliche im Anschluss an den Neuplatonismus. In seiner Fortführung dieses Gedankengutes und in der Verarbeitung deutscher Ansätze zur Erkenntnisproblematik schuf er mit „Wahrheit und die Struktur des Wissens. Erste Einleitung in den aletheiologischen Realismus“ (1926) und mit „Philosophie und Weisheit. Spezielle Einleitung in die Aletheiologie“ (1931) Voraussetzungen für eine nicht-anthropozentrische Anthropologie.
In der Auseinandersetzung mit dem Neukantianismus, mit Martin Heidegger und Nicolai Hartmann entstand eine Philosophie, welche die Einseitigkeiten des Idealismus und des Materialismus vermied. Nuzubidse setzt einen spezifischen Raum der Wahrheit voraus, der gleichsam zwischen Sein und Denken angesiedelt ist. Er nannte die praktische Anwendung der Philosophie als Wissen von der Welt Weisheit. Seine an Heidegger erinnernde Kritik des Anthropologismus schuf Voraussetzungen für eine phänomenologische Anthropologie, die einseitig empiristische und positivistische Verdinglichungen des menschlichen Wesens vermied. In ihr finden neuplatonische Gedanken ihre zeitgemäße Weiterentwicklung. Die Themen Individualität, Personalität, Freiheit und Kreativität sind zentrale Topoi der georgischen Philosophie.
An dieser Stelle können die vielfältigen Leistungen auf den Gebieten der Logik, der Erkenntnistheorie, der Ontologie und der Geschichte der Philosophie, die unter oftmals schwierigen Bedingungen zustande kamen, nicht angemessen gewürdigt werden (Tewsadse 2007, 128-136). Die vermutlich bahnbrechendsten Werke wurden auf den Gebieten der Psychosophie und der philosophischen Anthropologie hervorbracht.
-- An ecerpt from Dr. Frank Tremmel's "Die georgische Anthropologie zwischen Ursprungsbild und Schöpfertat"