Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung

Dieses Buch verschafft erstmals eine Übersicht über relevante Herstellungsverfahren für Kennzeichen, die im Anlagen- und Maschinenbau eingesetzt werden. Als Wegweiser soll es interessierte Anwender zum optimierten Kennzeichnen führen. Das Werk thematisiert wichtige Aspekte des Kennzeichnens, wozu Wirtschaftlichkeit und Leistungskapazität von Verfahren ebenso gehören wie deren Handhabung und eine Risikobewertung hinsichtlich Gesundheit und Umwelt. Das Buch und die korrespondierende App ermöglichen den Lesern/Anwendern, für einen definierten Bedarf optimale Kennzeichnungsverfahren zu identifizieren. Die Zielgruppen Praktiker in den Produktionsbetrieben (vor allem Maschinen- und Anlagenbau), die sich mit dem Thema „Kennzeichnen“ befassen. Für die Ausbildung im Maschinen- und Anlagenbau ist das Buch ein Lehrstück hinsichtlich „Wirtschaftlichkeit durch Beachtung von Randgebieten“.

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Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung

Hermann Oberhollenzer Hrsg.

Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung Eine aktuelle Übersicht und Entscheidungshilfe für den Anlagen- und Maschinenbau

Hrsg. Hermann Oberhollenzer PrintoLUX GmbH Frankenthal Deutschland

ISBN 978-3-662-55330-5    ISBN 978-3-662-55331-2 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort des Herausgebers

Industrielle Kennzeichnung: Wenig beachtet, teuer bezahlt Die Idee, ein Buch über „industrielles Kennzeichnen“ zu machen, entstand bei einer Autofahrt im Frühjahr 2016. Wir waren auf dem Weg zu einem Kunden in Süddeutschland und nutzten den mehrfachen Stillstand im Stau zu gedanklichem Fortkommen. „Wir“ – das sind der Geschäftsführer und der PR-Mann eines Unternehmens, das sich mit der Herstellung von industriegenutzten Kennzeichnungen beschäftigt. Die Buchidee entstand auf dem Gedankenpfad, der sich zwischen „… völliger Bedeutungsunterschätzung eines angebotenen Produkts beim Kunden“ und „… völliger Bedeutungsüberschätzung des gleichen Produkts auf Seiten des Anbieters“ oft lang und gewunden dahinzieht. Zugegeben: Metall- und Kunststoffschilder, die unterschiedliche Kennzeichnungen tragen, um für Sicherheit, Transparenz und Rückverfolgbarkeit zu sorgen, erzeugen bei Ingenieuren, Planern, Werkstattleitern, Controllern und Kaufleuten kein Prickeln. Nicht einmal einen interessierten Augenaufschlag darf man erwarten, wenn man den Begriff der „industriellen Kennzeichnung“ ins Gespräch bringt. Auch bei den Redaktionen der Fachmedien hält sich das Interesse an Berichterstattungen zu diesem Thema in engen Grenzen. „Im Anlagen- und Maschinenbau sind Kosten für Kennzeichnungen marginal“ – sagt man. Selbst ausgewiesene Experten des Anlagenbaus sehen die wirtschaftliche Bedeutung von Kennzeichnungen bei Projekten des Anlagenbaus hinsichtlich der Gesamtkosten „im Promillebereich“ und rechtfertigen damit ein weitgehendes Desinteresse an diesem Thema. Solche Annahmen sind falsch und verkennen die wahre wirtschaftliche Relevanz von Kennzeichnungen im Anlagen- und Maschinenbau. Ein Beispiel aus der Praxis rückt solche Einschätzungen zurecht: Für den Werksbau zur Herstellung eines PKW-Mittelklassemodells investierte ein Premiumhersteller der deutschen Autoindustrie 2015 insgesamt etwas mehr als 1 Milliarde Euro. Von dieser Summe entfielen über fünf Prozent auf die Beschaffung und Montage von Kennzeichnungen, also circa 50 Millionen Euro. Durch den Wechsel des Verfahrens zur Kennzeichnungsherstellung konnten mehr als 3 Millionen Euro eingespart werden. – Peanuts? Wohl kaum. V

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Können die Kosten für Kennzeichnungen durch den Einsatz unterschiedlicher Herstellungsverfahren deutlich beeinflusst werden, so ist im Maschinen- und Anlagenbau auch die grundsätzliche Entscheidung kostenrelevant, ob benötigte Kennzeichnungen durch Dienstleister bezogen – oder in house hergestellt werden sollen. Ein international ausgerichteter mittelständischer Werkzeugmaschinenbauer entschloss sich mit folgenden Gründen zu einem Wechsel von der Dienstleistung zur Eigenproduktion: „Zum einen waren es die hohen Beschaffungskosten, die wir bei einem regelmäßig hohen Bedarf an Kennzeichnungen verzeichneten. Außerdem gab es immer wieder Situationen, bei denen sich Maschinenlieferungen und Projektabnahmen verzögerten, weil wir auf die richtigen und vollständigen Kennzeichnungen warten mussten. So verlorene Zeiten verursachen erhebliche Kosten. Dazu kommt der schwer bezifferbare Personal- und Zeitaufwand für Bestell- und Rechnungsvorgänge.“ Bei der Vielzahl an Beispielen, an denen sich die wirtschaftliche Relevanz des Kennzeichnens insbesondere für den Maschinen- und Anlagenbau demonstrieren lässt, ist es erstaunlich, dass dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer kein entsprechendes Zahlenmaterial vorliegt. Würden die Mitglieder des VDMAs schwarz auf weiß sehen, welche Kosten das Kennzeichnen verursacht und welche Einsparpotenziale in diesem Bereich zu realisieren sind, dann käme diesem Thema auch etwas mehr von der Aufmerksamkeit zu, die es verdient. „Kennzeichnungen sind unwichtiger Kleinkram“ – und können bei Missachtung große Schäden anrichten Nicht nur für die Herstellung und Wahrung der Arbeitssicherheit, sondern auch hinsichtlich umfassender Informationen über die Funktion, Historie und Austauschbarkeit von Komponenten sind Kennzeichnungen alles andere als „unwichtiger Kleinkram“. Kennzeichnungsanforderungen chinesischer Unternehmen beim Import ausländischer Anlagen und Maschinen stellen europäische Hersteller vor die Aufgabe, mit chinesischen Schriftzeichen zu agieren. Internationale Wirtschaftsbeziehungen im Blick ist eine weitere Funktion der Kennzeichnung zu konstatieren: die Kennzeichnung als Schutz vor Plagiaten und Produktpiraterie. Aber auch bei einem nicht von der Hand zu weisenden Bedeutungszuwachs, den industrielles Kennzeichnen verzeichnet, gehört es nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen von Ingenieuren. Niemand nimmt sich dieses Themas gerne an, was in der Praxis dazu führt, dass die inhaltliche Verantwortung zwischen Normenbeauftragten und Werkstattleitern oszilliert und die wirtschaftliche Verantwortung (Kosten für Beschaffung und Montage) von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich verankert ist. In Großunternehmen ist das Thema „Kennzeichnungsbeschaffung“ bisweilen von Bereich zu Bereich unterschiedlich geregelt. Wir sehen es deshalb als ein vorrangiges Anliegen unseres Buches, den Sinn für das Thema „Industrielles Kennzeichnen“ zu schärfen und zu verdeutlichen, dass Kennzeichnungen die Kommunikationsbrücken zwischen Maschine und Mensch sowie zwischen Produkt und Mensch darstellen. Wir wollen stärker ins Bewusstsein rücken, was eine

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Studie von Dipl.-Ing. Markus Petermann im Jahr 2010 [1] wie folgt formulierte: „… Die Kennzeichnung und Identifizierung von Maschinenbauprodukten ist für die Branche in unterschiedlichen Anwendungen von zentraler Bedeutung. Neben der Originalitätskennzeichnung zur Einschränkung von Produktpiraterie und erschlichener Haftung/Gewährleistung sind Kennzeichnungs- und Identifizierungstechnologien auch hinsichtlich der Beherrschung von Produktions- und Logistikprozessen sowie einer teilespezifischen Instandhaltung und Wartung unverzichtbar. Hinzu kommen gesetzliche und marktgetriebene Aspekte, die den Einsatz solcher Technologien zwingend voraussetzen.“ Diese umfassende Definition macht die Vielfalt von Kennzeichnungseinsätzen sichtbar und lässt erahnen, dass dabei zahlreiche Kennzeichnungsarten zum Einsatz kommen. Sie reichen vom Etikett aus Papier bis zum Aluminiumschild mit aufgedrucktem QR-Code und RFID (radio-frequency identification). Hinter dieser Vielfalt wiederum steht eine Reihe unterschiedlicher Herstellungsverfahren, die mit ihren Vor- und Nachteilen, mit ihren Kosten und Nutzen bei den Anwendern nur selten bekannt sind. In den Unternehmen des Anlagen- und Maschinenbaus sowie der Automotive-Branche werden Kennzeichnungen millionenfach eingesetzt. Aber die Anwender kennen nur in Ausnahmen die Optionen, die zur Kennzeichnungsherstellung zur Verfügung stehen. Diese Lücke wollen wir mit vorliegendem Buch schließen. Bei der Recherche des Buches haben wir unwegsames Neuland betreten. Sich zu den meisten relevanten Fragen nicht auf Vorarbeiten stützen zu können, erschwert die Etablierung und Begründung von Thesen ebenso wie das Entfalten von Details. Andererseits tun sich dabei auch Forschungslücken auf, die bisher übersehen wurden. So waren wir uns in einem Recherchegespräch mit Herrn Prof. Dr. Reinhold Bauer (Abteilung Wirkungsgeschichte der Technik, Universität Stuttgart) rasch einig, dass die „Geschichte des industriellen Kennzeichnens“ ein sinnvolles Thema für eine industriegeschichtliche Dissertation sein könnte. Ein Reader für die Praxis Die zeitgemäße Kennzeichnung spannt sich mit all ihren Facetten an Funktionalität, Einsetzbarkeit, Beschaffenheit und Herstellungsoptionen als weiter Bogen über Produktion, Logistik, Vertrieb und Nutzung. Mit den Betrachtungen dieses Buches wollen wir ganz bestimmte Aspekte dieses Bogens fokussieren. Wir erheben dabei keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, wohl aber auf gewinnbringende Profundität, wenn es um die tägliche Kennzeichnungspraxis im Anlagenbau, Maschinenbau und in Automotive-Unternehmen geht. Wir zeigen unseren Leserinnen und Lesern, welch beachtenswerte funktionale und wirtschaftliche Relevanz dem industriellen Kennzeichnen zukommt. Gleichzeitig machen wir sichtbar, dass in den Bereich der Herstellung von Kennzeichnungen viel Bewegung gekommen ist, bei der sich konventionelle und bislang marktbeherrschende Verfahren – zum Beispiel die Gravur – einer scharfen Konkurrenz mit neuen Verfahren ausgesetzt sehen. Ferner wollen wir aufzeigen, welche nutzerbezogenen Eigenschaften und Auszeichnungen sich den einzelnen Herstellungsverfahren zuordnen lassen. Durch die dabei

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Vorwort des Herausgebers

vorgenommene Datensammlung und Bewertung soll es interessierten Kennzeichnungsnutzern im Maschinenbau, Anlagenbau und Automotive-Bereich ermöglicht werden, das für ihren Bedarf am besten geeignete Verfahren zur Kennzeichnungsherstellung zu ermitteln. Die App zum Buch: ein praktischer Mehrwert Um den praktischen Nutzen dieses Buches zu erhöhen, haben wir eine „App zum Buch“ entwickelt. Als unabhängiges Instrument ermöglicht es diese App, zügig zu einer Entscheidungshilfe zu kommen. Die App fragt nach dem konkreten Bedarf von Kennzeichnungsanwendern und ermittelt angemessene Verfahren. Beachten Sie dazu Abb. 1 mit dem QR-Code. Im Anhang des Buches erhalten Sie detaillierte Informationen zum Einsatz der App. Methodik und Aufbau des Buches: Hier geht es um Mediumskennzeichnung Soweit der Begriff „Ident“ die logistischen und produktspezifischen Funktionen von Kennzeichnungen meint, finden sich dazu zahlreiche Fachbeiträge in diversen Onlineund Printproduktionen. Wo es aber darum geht, den Kennzeichnungsbedarf in Produktionsstätten umfassend abzubilden und hinsichtlich der Kennzeichnungsherstellung nach vorhandenen Optionen zu fragen, gibt es so gut wie keine Vorarbeiten. Bei der Erstellung eines Leistungsvergleichs gängiger Kennzeichnungsverfahren konnten wir uns deshalb nicht auf bereits veröffentlichte Testergebnisse beziehen. Dabei trafen wir zunächst eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Direktkennzeichnung und Mediumskennzeichnung. Bei der Direktkennzeichnung wird die Markierung ohne Zwischenmedium direkt auf Maschinenteile, Produkte und andere zu kennzeichnende Gegenstände aufgebracht. Dazu stehen diverse Techniken zur Verfügung. Bei der Mediumskennzeichnung hingegen findet ein Trägermedium Verwendung, das zunächst bedruckt – und dann auf dem zu kennzeichnenden Gegenstand angebracht wird. Oft handelt es sich dabei um Etiketten und Schilder. Wir konzentrieren uns in vorliegendem Buch auf die Mediumskennzeichnung, die im Anlagen- und Maschinenbau einen hohen Stellenwert einnimmt. Um valide Aussagen über die Leistungsstärke von Herstellungsverfahren zu erhalten, haben wir entsprechende Tests – vor allem zum zentralen Kriterium der Beständigkeit von Kennzeichnungen – bei unabhängigen Prüflabors in Auftrag gegeben und zusätzlich von Industriekunden vorgenommene Tests herangezogen.

Abb. 1  QR-Code zur App

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Da weitreichendes statistisches Material nicht verfügbar ist, arbeiten wir bei unseren Bewertungen auch unter Zuhilfenahme evidenzbasierter und praxiserprobter Aussagen. Die mit dem Buch angestrebte Kredibilität soll auch in keiner Weise durch die Tatsache unterminiert werden, dass es von dem Geschäftsführer eines Unternehmens herausgegeben wird, das mit PrintoLUX® selbst ein erfolgreiches Kennzeichnungsverfahren am Markt platziert hat. Es geht uns bei diesem Buch um eine anwendungsorientierte Übersicht und Handreichung, deren wertende Aussagen sich gerne in allen Belangen einer unabhängigen fachlichen Prüfung unterziehen. Zum Aufbau des Buches:  Nach einer einleitenden Darstellung zur funktionalen und wirtschaftlichen Bedeutsamkeit des „industrielles Kennzeichnens“ geht es in den Kap. 2 und 3 ohne Umwege zur Sache. Kap. 2 stellt alle Verfahren zur Herstellung industriell eingesetzter Kennzeichnungen vor, denen in der Anwendungspraxis Bedeutung zukommt. Schon durch diese Präsentation können sich Interessenten ein Bild davon machen, welche Verfahren in bestimmten Bedarfs- und Anforderungssituationen als geeignet erscheinen. Alle zwölf vorgestellten Verfahren werden dann in Kap. 3 einem ausführlichen Leistungsvergleich unterzogen, dessen Prüfkriterien sich an den Anforderungen der Kennzeichnungspraxis richten. Der Leistungsvergleich bringt Transparenz in einen dynamischen und komplexen Markt und gibt allen interessierten Anwendern klare Entscheidungshilfen. Dieses Ansinnen des Buches wird durch eine parallel entwickelte App verstärkt, die jeder Leser nutzen kann (siehe dazu die Hinweise zum Aufbau und zur Nutzung der App im abschließenden Teil des Buches). In den Kap. 5 bis 8 kommen renommierte Kenner des Themenfeldes zu Wort. Ihre Beiträge nehmen wichtige Fragen zum industriellen Kennzeichnen in den Blick. Dabei geht es um den Technologiesprung von der Gravur zum Digitaldruck (Kap. 5), um Sicherheitskennzeichnung (Kap. 6), um Codes in der industriellen Kennzeichnung (Kap. 7) und um die Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“ (Kap. 8). Die Kap. 9 bis 12 stellen typische Herausforderungen der Kennzeichnungspraxis vor und zeigen dazu auch Lösungsansätze. In Kap. 13 bis 15 kommen zentrale Verfahrenskomponenten (Schildmaterialien, Tinten) sowie damit verbundene Qualitäts- und Sicherheitsfragen zur Sprache. Kap. 16 gibt schließlich einen Überblick über Richtlinien, Rechtsgrundlagen, Regeln, Verordnungen und Normen, die in Zusammenhang mit dem industriellen Kennzeichnen stehen. Genau wie das abschließende Glossar versteht sich auch Kap. 16 als eine Sammlung an Informationen, die weniger Lesestoff – als mehr das Angebot zu einem gezielten lexikalischen Zugriff darstellt. Mein Vorwort als Herausgeber beschließe ich mit einem Dankesgruß an alle Co-Autorinnen und Co-Autoren, die sich Zeit dafür genommen haben, mit ihren Beiträgen das

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vorliegende Buch noch lesenswerter zu machen. Auch für die freundliche Unterstützung und fachliche Beratung von außenstehenden Experten bedanke ich mich herzlich. Ich wünsche allen Lesern eine erhellende und gewinnbringende Lektüre. Dipl.-Betriebswirt (FH) Geschäftsführer PrintoLUX GmbH

Hermann Oberhollenzer

Literatur  [1] Petermann M (2010) Integratives System zur einheitlichen Kennzeichnung und Identifizierung von Maschinenbauprodukten. Studie. Resource document. Deutsches Institut für Normung, Normenausschuss Maschinenbau, Frankfurt am Main. Seite 2. https://pks.vdma.org/documents/105969/2735318/20101201_INS-Projekt_KennzIdent_Abgabeversion.pdf/04801431f8c3-4bd7-8705-32f7432a8db1. Zugegriffen: 12. Juli 2017

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1. Zur Relevanz des industriellen Kennzeichnens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1 Helmuth Bischoff 1.1. Funktionale Relevanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   2 1.1.1. „Sicherheit“ als Kennzeichnungsfunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   2 1.1.2. Normung – CE Kennzeichnung – Typenschild. . . . . . . . . . . . . . . . .   6 1.1.3. Rückverfolgbarkeit und Plagiatschutz durch Kennzeichnung. . . . . .   7 1.2. Wirtschaftliche Relevanz von Kennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  10 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  11 2. Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten ­ Herstellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  13 Hermann Oberhollenzer 2.1.Gravur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  16 2.1.1.Maschinengravur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  19 2.1.2.Lasergravur/Laserbeschriftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  20 2.2.Digitaldruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  29 2.2.1.UV-Direktdruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  31 2.2.2. Solvent-Druck (Lösemitteldruck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  34 2.2.3.Eloxal-Unterdruck-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  36 2.2.4. Das PrintoLUX®-Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  40 2.3.Siebdruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  44 2.4.Thermotransferdruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  47 2.5. Plotter (Stift) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  50 2.6. Nadelmarkieren, Ritzmarkieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  52 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  54 3. Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren. . . . . . . . . . .  59 Hermann Oberhollenzer 3.1. Die Bedarfsbestimmung FEMSQ und die Festlegung der Prüfkriterien. . . .  61 3.2. Detaillierung der Prüfkriterien und Bewertungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  66 3.2.1. Wirtschaftlichkeit der Verfahren (siehe Tab. 3.1). . . . . . . . . . . . . . . .  66 XI

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3.2.2. Leistungskapazität der Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  74 3.2.3. Handhabung der Verfahren (siehe Tab. 3.3). . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  82 3.2.4. Gesundheit und Umwelt (siehe Tab. 3.4). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  87 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  91 4. Herstellung von Kennzeichen: Outsourcing oder Implementierung?. . . . . . .  95 Helmuth Bischoff 4.1. Umfassende Bewertung der aktuellen Situation und des Anforderungsprofils. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  95 4.2. Anforderungen an eingesetzte Kennzeichnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  97 4.3. Kostengünstige Beschaffung von Kennzeichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  99 4.4. Die schnelle Verfügbarkeit von Kennzeichnungen und mobiles Kennzeichnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  101 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  104 5. Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  105 Niclas Gottfried 5.1. Gravur als Kommunikationsmittel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  105 5.2. Frühe Techniken und fortlaufende Spezialisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . .  106 5.3. Die Graveurin/Der Graveur: Ein Berufsbild entsteht. . . . . . . . . . . . . . . . . .  107 5.4. Industrialisierung und Hoch-Zeit im 20. Jahrhundert. . . . . . . . . . . . . . . . .  108 5.5. Stand der Graviertechnik im 21. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  110 5.5.1. Handgravur, Meißeln/Treiben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  111 5.5.2. Prägen/Punzieren, Radieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  111 5.5.3.Maschinengravur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  112 5.5.4.Elektrogravur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  113 5.5.5.Ätzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  114 5.5.6. Laser-Gravur und -Anlassbeschriftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  114 5.6. Grenzen der Graviertechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  116 5.7. Ausblick: Zukunft der Gravur – die Zukunft eines Berufs . . . . . . . . . . . . .  117 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  118 6. Bedeutung von Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen von Maschinen und Anlagen als Mittel der Benutzerinformation. . . . . . . . .  121 Gerhard Steiger 6.1.Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  121 6.2. Gesetzlicher Rahmen für Maschinen und Anlagen in der Europäischen Union. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  122 6.2.1. Rechtsakte für Maschinen und Anlagen im Rahmen des EU-Binnenmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  122 6.2.2. Rechtsakte im Zusammenhang mit der Verwendung von technischen Erzeugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  122

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6.3. Maschinenrichtlinie 2006/42/EG – Anforderungen zu sicherheitstechnischen Kennzeichnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  124 6.4. Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .  126 6.4.1. Internationale Normung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  126 6.4.2. Europäische Normung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  128 6.4.3. Nationale Normung und Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  128 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  130 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  131 7. Codes in der industriellen Kennzeichnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  133 Bernhard Lenk 7.1. Leistungsvielfalt von Codes in Wirtschaft und Industrie. . . . . . . . . . . . . . .  134 7.2. Historische Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  135 7.3. Neue 2D-Codes verändern den Markt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  138 7.4. Profile der bekanntesten 2D-Codes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  144 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  147 8. Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“. . . . . . . . .  149 Markus Hüttel 8.1. Cyber-physische Systeme: auf dem Weg zum „Internet der Dinge“. . . . . .  149 8.2. Informationstechnologie optimiert die Produktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . .  151 8.3. Kennzeichnung als Kernvoraussetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  152 8.4. Produktqualität durch Kennzeichnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  152 8.5. Anforderungen an „Kennzeichnungen 4.0“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  154 8.6. Ein Blick in die Praxis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  155 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  159 9. Nachbeschilderung von Schaltschränken auf Baustellen. . . . . . . . . . . . . . . .  161 Helmuth Bischoff Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  167 10. Kennzeichnen und Montage: Die Gesamtheit sehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  169 Helmuth Bischoff Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  176 11. Prozessvereinfachung und Wirtschaftlichkeit bei industrieller Kennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  177 Lisa Foshag geb. Morr 11.1. Ziele hinsichtlich der Kennzeichnungsbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . .  179 11.2. Die Implementierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  181 11.3. Die neuen Abläufe werden eingeübt und führen zum Erfolg . . . . . . . . . . .  185 11.4.Zielerreichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  185 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  187 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  187

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12. Praxistest zur Darstellungsqualität von 2D-Codes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  189 Helmuth Bischoff 12.1. Bedeutungszuwachs von 2D-Codes im Anlagen- und Maschinenbau. . . .  189 12.2. Darstellungsnormen und Richtlinien für 2D-Codes . . . . . . . . . . . . . . . . . .  190 12.3. Aufbau und Durchführung des Vergleichstests. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  191 12.3.1. Informationen zu den getesteten Verfahren: . . . . . . . . . . . . . . . . . .  191 12.3.2. Leistungsdaten zu den im Test verwendeten Geräten. . . . . . . . . . .  195 12.3.3. Ablauf der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  197 12.4.Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  198 Weiterführende Literatur:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  202 13. Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . .  203 Thorsten Wohninsland 13.1. Feste Kunststoffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  204 13.1.1.Polyamid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  204 13.1.2.Polycarbonat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  206 13.1.3. Polyethylenterephthalat (PET-A/PET-C). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  207 13.2.Kunststoffverbundmaterial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  207 13.2.1. HPL-Material (High Pressure Laminate). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  207 13.2.2. Thermotransferetiketten und Harz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  208 13.2.3. Mehrschichtiger Kunststoff als Gravurmaterial. . . . . . . . . . . . . . . .  209 13.3. Flexible Kunststoffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  209 13.3.1. Polyesterklebefolie, PK (Höhe etwa 0,1 mm). . . . . . . . . . . . . . . . .  209 13.3.2. Dokumentenfolie (Sicherheitsetikett) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  210 13.4. Metalle als Kennzeichenmaterial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  211 13.4.1.Aluminium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  211 13.4.2.Edelstahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  213 13.4.3.Messing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  214 13.5.Verbundmaterial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  215 13.5.1.Aluminiumverbundplatten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  215 13.5.2. Gravurmaterial, Metall (Aluminiumeloxal, schwarz). . . . . . . . . . .  215 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  217 14. Tinten bei der industriellen Kennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  219 Thorsten Wohninsland 14.1.Ätz-Tinte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  221 14.2.Solvent-Tinten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  223 14.2.1. Solvent- und Hart-Solvent-Tinten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  223 14.2.2. Eco-Solvent- und Mild-Solvent-Tinten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  226 14.2.3.Bio-Solvent-Tinten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  226 14.3.Wachs-Tinte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  227 14.4.Gel-Tinte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  227 14.5.Latex-Tinte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  227

Inhaltsverzeichnis

XV

14.6.Dye-Sublimationstinten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  228 14.7. UV-härtende Tinten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  228 14.8. Wasserbasierte Pigment-Tinte/Farbstoff-Tinte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  231 14.9.PrintoLUX®-hp-Tinte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  231 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  232 15. Laserrauch und Laserstaub – ein verkanntes Problem . . . . . . . . . . . . . . . . .  235 Helmuth Bischoff 15.1. Bei der Lasergravur entstehen unsichtbare Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . .  235 15.2. Emissionen und gesundheitliche Risiken bei der Laserbearbeitung von Metallen und organischen Schildmaterialien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  237 15.3. Relevante Gesetze, Verordnungen und Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  244 15.4. Was Absaug- und Filtertechnik leisten muss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  245 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  246 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  247 16. Richtlinien, Rechtsgrundlagen, Regeln, Verordnungen und Normen zum industriellen Kennzeichnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  249 Thorsten Wohninsland 16.1. Deutsches Arbeitsschutz-Rechtssystem (duales System) . . . . . . . . . . . . . .  251 16.1.1. Staatliches Arbeitsschutzrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  252 16.1.2. Unfallverhütungsrecht der Unfallversicherungsträger (UVEG) . . .  254 16.2. Untergeordnete technische Regeln und harmonisierte Normen . . . . . . . . .  254 16.2.1. Die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS). . . . . . . . .  255 16.2.2. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS). . . . . . . . . . . . . . . . . .  255 16.2.3. Weitere Regeln zum Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  258 16.2.4. Die ATEX-Richtlinie 2014/34/EU und 1999/92/EG. . . . . . . . . . . .  258 16.2.5. Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU und die Richtlinie über einfache Druckbehälter 2014/29/EU. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  259 16.2.6. Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  260 16.2.7. VDE-Vorschriften, Anwendungsregeln und Normen . . . . . . . . . . .  260 16.2.8. Relevante harmonisierte Normen zum Themenfeld „Kennzeichnung“ allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  260 Glossar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  263 Die App zum Buch – Hinweise zur Nutzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  307 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  313

Gender-Erklärung

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch die Sprachform des generischen Maskulinums angewendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.

XVII

Mitarbeiter

An vorliegendem Band wirkten mit:

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Hermann Oberhollenzer (Herausgeber und Co-Autor)  Dipl.-Betr. (FH) und Geschäftsführer der PrintoLUX GmbH Neben der Herausgabe dieses Buches hat Herr Oberhollenzer konzeptionelle Elemente und Inhalte beigetragen. Als Autor lieferte er die zentralen Kap. 2 (Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren) und Kap. 3 (Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren). Der Geschäftsführer der PrintoLUX GmbH (Jahrgang 1962) ist studierter Betriebswirt und Marketingspezialist. Als Berater hat er bereits vor Gründung der PrintoLUX GmbH deren Businessplan erstellt. Nach Gründung des Unternehmens stand in den ersten Jahren die Unternehmensentwicklung und der Vertrieb im Fokus seines Wirkens. Mit seiner Übernahme der Geschäftsführung im Jahr 2012 hat er die Organisation des Unternehmens neu ausgerichtet und die differenzierte Entwicklung des Produktportfolios nach Nutzergruppen vorangetrieben. Das Zwischenresümee von Herrn Oberhollenzer nach zehn Jahren verantwortlicher Tätigkeit in der industriellen Kennzeichnung: „Wir erleben eine wachsende Bedeutung der industriellen Kennzeichnung und entsprechend steigende Anforderungen an die Kennzeichen selbst. Gleichzeitig findet ein starker technischer Wandel bei der Kennzeichnungsherstellung statt. Für Anwender ist dieses Geschehen zumeist intransparent und verunsichernd hinsichtlich erforderlicher Entscheidungen.“ Die Idee, diesem Thema ein Buch zu widmen, verband sich für den Herausgeber mit dem Anliegen, Intransparenz aufzuhellen und Entscheidungen durch aktuelle und umfassende Informationen zu fundamentieren. Hermann Oberhollenzer ist verheiratet und Vater von drei Töchtern. XIX

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Dr. Helmuth Bischoff (Autor) Herr Bischoff schrieb die Kap. 1 (Zur Relevanz des industriellen Kennzeichnens), 4 (Herstellung von Kennzeichen: Outsourcing oder Implementierung?), 9 (Nachbeschilderung von Schaltschränken auf Baustellen), 10 (Kennzeichnen und Montage – die Gesamtheit sehen), 12 (Praxistest zur Darstellungsqualität von 2D-Codes), 15 (Laserrauch und Laserstaub – ein verkanntes Problem). Außerdem trug er das Konzept, die Betreuung der Co-Autoren, die Gesamtredaktion und die Organisation der Manuskriptentwicklung bei. Herr Bischoff, Jahrgang 1953, studierte in Heidelberg Politische Wissenschaften, Geschichte und Pädagogik. Er promovierte in Politische Wissenschaften über ein Thema zur spanischen Presse. Seit 1990 arbeitet er als Autor, Journalist und PR-Experte für namhafte Verlage, Einrichtungen und Unternehmen. Seit 2010 betreut Herr Bischoff als fester freier Mitarbeiter die Pressearbeit der PrintoLUX GmbH. Neben den damit verbundenen Themen zur industriellen Kennzeichnung beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit der Pressearbeit für Krankenhäuser und mit Reisethemen. Herr Bischoff lebt in Heidelberg. Lisa Foshag (Co-Autorin)  M.S. Lisa Foshag, geb. Morr, ist Entwicklungsingenieurin bei Eaton und schrieb Kap. 11 (Prozessvereinfachung und Wirtschaftlichkeit bei industrieller Kennzeichnung – ein Fallbeispiel). Lisa Foshag wurde 1991 geboren. Sie arbeitet als erfolgreiche Entwicklungsingenieurin. Nach bestandenem Abitur im Jahr 2010 begann sie ihr duales Studium zum Bachelor of Engineering bei Eaton. Seit ihrem Hochschulabschluss arbeitet sie dort in der Entwicklungsabteilung und ist für Einsparungen durch technische Änderungen verantwortlich. Berufsbegleitend absolvierte Frau Foshag ihren Master of Science im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen. Sie realisierte dabei nach eigenen Worten, „… welch enormes Einsparpotential in der überall benötigten – und doch oftmals unbeachteten – Produktkennzeichnung liegt.“ Frau Foshag möchte an dieser Stelle ihre Freude darüber zum Ausdruck bringen, durch ihren Buchbeitrag an das Thema ihrer Master-Abschlussarbeit anknüpfen zu können und ihre Praxiserfahrungen weitergeben zu dürfen.

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Niclas Gottfried (Co-Autor) Von Herrn Gottfried stammt Kap. 5 (Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung). Niclas Gottfried (56) ist Graveur sowie Inhaber und Geschäftsführer der GSV Gottfried GmbH. Er lebt und arbeitet in Solingen, der früheren Hochburg der Graveure und der Schneidwarenindustrie. In dem Unternehmen, das auch junge Graveurinnen und Graveure ausbildet, werden neben klassischen Manufaktur-Gravurarbeiten Lösungen im Feld der Industriekennzeichnung und -beschriftung erarbeitet, die sich im Wesentlichen um die Herstellung von Frontplatten, Typenschildern und Skalen in Einzelstücken/Sonderanfertigungen und Kleinserien drehen. Lohnkennzeichnungen (Gravieren, Lasern, Drucken) von Werkzeugen und Industriegütern in nahezu allen Materialien gehören zu den Wachstumsfeldern. Ehrenamtlich bekleidet er das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden im Bundesinnungsverband der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner (BIV). Markus Hüttel (Co-Autor)  Dipl.-Inf. Markus Hüttel steuerte Kap. 8 (Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“) bei. Herr Hüttel arbeitet als Abteilungsleiter der Abteilung Bild- und Signalverarbeitung am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA). Er wurde 1954 in Stuttgart geboren und absolvierte an der Universität Stuttgart ein Informatikstudium. Dem Studium schloss sich eine freiberufliche Tätigkeit im Bereich Entwicklung von Hard- und Softwaresystemen als Gesellschafter einer GmbH an. Seit 1992 ist Markus Hüttel für das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart, tätig. Zunächst war er freier Mitarbeiter, dann Gruppenleiter. Seit 2008 leitet er die Abteilung Bild- und Signalverarbeitung. Schwerpunkte seiner Arbeiten liegen in der Entwicklung von optischen Qualitätssicherungssystemen, dem maschinellen Lernen in der Bildverarbeitung und der Signalanalyse. Einen weiteren zentralen Arbeitsbereich bildet die Entwicklung und Optimierung von Bildverarbeitungslösungen auf Basis von Bildsimulationen. „Industrie 4.0“ mit Schwerpunkt Bildverarbeitung und „Digitaler Schatten“ der Produktion sind aktuelle Themen, die in seiner Abteilung beforscht und entwickelt werden.

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Bernhard Lenk (Co-Autor)  Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk schrieb Kap. 7 (Codes in der industriellen Kennzeichnung). Herr Lenk, Jahrgang 1955, studierte Elektrotechnik. Von 1980 bis 1987 war er als Entwicklungsingenieur im Bereich Hard- und Software für Prüfsysteme bei MBB tätig. Von 1987 bis 1997 hatte er die technische Leitung der Datalogic GmbH in Deutschland inne. Schwerpunkt sind für ihn die Themen der Optischen Identifikation (Opt. ID), RFID, Systemintegration und Großprojekte in der Logistik. Er ist ausgewiesener Spezialist in optischen Codierungen und Lesetechnik. Einzelprokurist bei Datalogic war er von 1994 bis 2008. In den letzten zehn Jahren war er für das Stammhaus von Datalogic in Bologna/Italien tätig. Dabei galt sein Fokus dem Produktmarketing und Business Development für Systemlösungen in den Märkten Reifenproduktion, Transport und Logistik. Im Oktober 2017 feiert er seine 30-jährige Betriebszugehörigkeit und damit eine 30-jährige gelebte Erfahrung mit der Identifikation. Weitere Betätigungsfelder sind für ihn Marktanalysen, Fachaufsätze, Fachbücher, Normung, Vorträge und Lehrtätigkeit auf dem Gebiet der modernen Identifikation. Dr.-Ing. Gerhard Steiger (Co-Autor)  Dr. Steiger, Technischer Referent im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) e. V., schrieb Kap. 6 (Bedeutung von Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen von Maschinen und Anlagen als Mittel der Benutzerinformation). Nach dem Studium der Baustoffverfahrenstechnik, Vertiefungsrichtung Maschinenbau und der Promotion zum Dr.-Ing. an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar arbeitete Dr.-Ing. Gerhard Steiger als Forschungsingenieur in der Baustoffanlagenindustrie. Von 1991 bis 2004 war er Technischer Referent im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) e. V. mit dem Schwerpunkt Normung und technisches Recht. Seit 2005 ist er Leiter der Abteilung Normung im VDMA e. V. und in Personalunion Geschäftsführer des DIN-Normenausschusses Maschinenbau (NAM). Seit dieser Zeit koordiniert er als Rapporteur den Sektor Maschinensicherheit der Europäischen Normenorganisationen CEN und CENELEC, vertritt die Interessen der Normung in der Working Group Machinery (Maschinenrichtlinie 2006/42/EG) bei der Europäischen Kommission und arbeitet in diversen europäischen und internationalen Normungsgremien u. a. im CEN/TC 114 „Sicherheit von Maschinen“ sowie im ISO/TC 199 „Sicherheit von Maschinen“ mit.

Mitarbeiter

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Thorsten Wohninsland (Co-Autor)  Der Qualitätsmanager der PrintoLUX GmbH trug die Kap. 13 (Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung), Kap. 14 (Tinten bei der industriellen Kennzeichnung) und Kap. 16 (Richtlinien, Rechtsgrundlagen, Regeln, Verordnungen und Normen zum industriellen Kennzeichen) bei. Herr Wohninsland wurde 1978 in Frankenthal geboren. Im Jahr 1999 begann er nach erfolgreicher Ausbildung als Industrieelektroniker im Maschinenbau seinen beruflichen Werdegang. Während der Ausbildungszeit bis ins Jahr 2006 sammelte er praktische Erfahrungen als Truppführer im Bereich Atemschutz und durch die Fortbildungen im Bereich Gefahrstoffe und Sicherheit Fachkenntnisse als ehrenamtlicher Feuerwehrmann und in der Werksfeuerwehr. Ebenso schloss er 2006 erfolgreich die Prüfung zum Industriemeister in Fachrichtung Energietechnik ab. Im Jahr 2010 stellte er sich der Herausforderung eines neuen Tätigkeitsfeldes als technischer Leiter eines schnell wachsenden Unternehmens im Bereich Photovoltaik. Die Marktsituation der Solarindustrie in Deutschland erforderte nochmals eine berufliche Neuorientierung. Mit seiner Berufserfahrung und den Kenntnisschwerpunkten Maschinenbau, Qualitätsmanagement, technische Dokumentation und Gefahrstoffe trat er im Jahr 2013 die Stelle als Leiter des Qualitätsmanagements bei der PrintoLUX GmbH an. Sein Aufgabenfeld erweiterte sich um die Tätigkeitsfelder Arbeitssicherheit, Produktsicherheit und technische Redaktion sowie technische Unternehmensentwicklung.

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Zur Relevanz des industriellen Kennzeichnens Helmuth Bischoff

Um sich einen ersten Eindruck über die Bedeutsamkeit der industriellen Kennzeichnung zu verschaffen, genügt der Gang durch die Produktionshalle eines Maschinenbauers, eines Automotive-Unternehmens oder eines Chemieunternehmens. Ohne danach suchen zu müssen, sieht man Gebots- und Warnzeichen, Typenschilder, Kabel- und Leitungsschilder, Schilder für Gehäuse, Endschalter und Ventile, für Bedienelemente, Klemmkästen, Baugruppen und andere Komponenten. Hinsichtlich der Bedeutsamkeit für ihre Nutzer lassen sich Kennzeichnungen grundsätzlich auf zwei Ebenen besprechen: die „funktionale Ebene“ und die „wirtschaftliche Ebene“. Auf der „funktionalen Ebene“ wird sichtbar, aus welchen Gründen und zu welchen Zwecken in Industriebetrieben unterschiedlichste Kennzeichnungen eingesetzt werden. Die „wirtschaftliche Ebene“ hingegen verdeutlicht, welcher Arbeits- und Kostenaufwand sich mit dem Organisieren, Herstellen oder Beziehen sowie der Montage von Kennzeichnungen verbindet. Dabei geht es um oft unterschätzte Kostendimensionen, die aufʼs Jahr hin betrachtet oder auf ein Projekt bezogen die Millionen-Euro-Marke nicht selten überschreiten. Zu den Auffälligkeiten in diesem Zusammenhang gehört es, dass die Gesamtkosten für die Beschaffung und Montage von Kennzeichnungen in Projekten des Anlagen- und Maschinenbaus selten oder gar nicht kalkuliert werden oder einem Controlling unterliegen. Gleiches gilt für den permanenten Einsatz von Kennzeichnungen in den Produktionshallen von Industriebetrieben. Oft liegt hier die Verantwortung in einzelnen Bereichen, und es gehört zu den absoluten Ausnahmen, wenn Kennzeichnungen bereichsübergreifend kalkuliert und beschafft werden.

H. Bischoff (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_1

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Bei der Höhe an Gesamtkosten, die über‘s Jahr hin in großen Produktionsbetrieben für Kennzeichnungen anfallen, ist es verwunderlich, dass dazu nur selten Kontrollen und Prüfungen unterschiedlicher Beschaffungsoptionen auf übergeordneten Ebenen stattfinden. Erklärungen dafür argumentieren oft mit der scheinbar weit nachgeordneten Relevanz des Kennzeichnungsthemas – vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Wir wollen mit vorliegendem Buch zeigen, dass solche Einschätzungen unrichtig sind und erhebliche Einsparpotenziale übersehen.

1.1

Funktionale Relevanz

Warum und zu welchen Zwecken setzen Industriebetriebe unterschiedliche Kennzeichnungen ein? Geht es dabei – wie Viele es empfinden – um ein notwendiges Übel? Oder ist der industriellen Kennzeichnung mehr an Bedeutsamkeit zuzusprechen? Hier die Antwort, die im Folgenden begründet und dokumentiert wird: Industrieeingesetzte Kennzeichnungen erfüllen zwei wichtige und unverzichtbare Aufgaben: Sie dienen der Sicherheit am Arbeitsplatz, und sie bündeln in der „Identifizierbarkeit“ als zweiter Funktion einige wichtige Teilfunktionen, zu denen die Bedienbarkeit, Wartung, die Nachverfolgung und der Schutz vor Plagiaten zählen.

1.1.1 „Sicherheit“ als Kennzeichnungsfunktion Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA, https://www.baua.de) hat im Februar 2013 in den „Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A1.3“ die aktuellen Bestimmungen zur Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung festgehalten [4]. Die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ (ASR) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten wieder. Sie werden vom Ausschuss für Arbeitsstätten ermittelt beziehungsweise angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekannt gegeben. Einleitend heißt es in der ASR A1.3: „Die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ in der Fassung vom Februar 2013 enthält den aktuellen Stand der Technik zur Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung in Arbeitsstätten. Bei der bestimmungsgemäßen Verwendung dieser Sicherheitszeichen kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass er die Arbeitsstättenverordnung hinsichtlich der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung einhält.“ Die hier von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin niedergeschriebenen Regeln wurden unter der Federführung des Fachausschusses „Sicherheitskennzeichnung“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) erarbeitet. Bei den Begriffsbestimmungen dieses Regelwerks sind alle Arbeitsstätten als Anwendungsbereiche der Regeln definiert. Als Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung

1  Zur Relevanz des industriellen Kennzeichnens3

ist eine Kennzeichnung beschrieben, die „ … bezogen auf einen bestimmten Gegenstand, eine bestimmte Tätigkeit oder eine bestimmte Situation – jeweils mittels eines Sicherheitszeichens, einer Farbe, eines Leucht- oder Schallzeichens, verbaler Kommunikation oder eines Handzeichens eine Sicherheits- und Gesundheitsschutzaussage (Sicherheitsaussage) ermöglicht.“ Bei solchen Kennzeichen wird unterschieden in • „Sicherheitszeichen“, die durch die Kombination von geometrischer Form und Farbe sowie grafischem Symbol eine bestimmte Sicherheits- und Gesundheitsschutzaussage ermöglichen • „Verbotszeichen“ als Sicherheitszeichen, das ein Verhalten, durch das eine Gefahr entstehen kann, untersagt • „Warnzeichen“ als ein Sicherheitszeichen, das vor einem Risiko oder einer Gefahr warnt • „Gebotszeichen“ als Sicherheitszeichen, das ein bestimmtes Verhalten vorschreibt • „Rettungszeichen“ als Sicherheitszeichen, das den Flucht- und Rettungsweg oder Notausgang, den Weg zu einer Erste-Hilfe-Einrichtung oder diese Einrichtung selbst kennzeichnet • „Brandschutzzeichen“ als Sicherheitszeichen, das Standorte von Feuermelde- und Feuerlöscheinrichtungen kennzeichnet. Gleiches Regelwerk hält zur Beschaffenheit der Sicherheitszeichen fest, dass sie „… aus solchen Werkstoffen bestehen (müssen), die gegen die Umgebungseinflüsse am Anbringungsort widerstandsfähig sind. Bei der Auswahl der Werkstoffe sind unter anderem mechanische Einwirkungen, feuchte Umgebung, chemische Einflüsse, Lichtbeständigkeit, Versprödung von Kunststoffen sowie Feuerbeständigkeit zu berücksichtigen.“ Auch die DIN-Normen befassen sich mit dem Thema „Sicherheitskennzeichnung“. Das DIN Deutsche Institut für Normung e. V. Berlin hat dazu eine maßgebliche Normensammlung veröffentlicht [5]. Grundsätzlich ist die Befolgung und Anwendung von DINNormen freiwillig. Erst wenn Normen zum Inhalt von Verträgen werden, oder wenn der Gesetzgeber ihre Einhaltung zwingend vorschreibt, werden Normen bindend. Daneben helfen sie im Fall einer möglichen Haftung: Wer DIN-Normen – als anerkannte Regeln der Technik – anwendet, kann ein ordnungsgemäßes Verhalten einfacher nachweisen. Bezogen auf die Sicherheitskennzeichnung bildet die internationale Norm DIN EN ISO 7010:2012-10 die Grundlage. Wobei Normen mit der Bezeichnung „DIN EN ISO“ zunächst von der International Organization for Standardization (ISO) unter Beteiligung der verschiedenen nationalen Mitgliedsorganisationen erstellt und verabschiedet werden. Anschließend werden sie, sofern die europäischen Normengremien und die Europäische Kommission zustimmen, als Europäische Norm (EN) übernommen. Schließlich werden sie vom Deutschen Institut für Normung (DIN) in das nationale Normenwerk Deutschlands aufgenommen.

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DIN  EN  ISO  7010:2012-10  legt die Einteilung in Warnzeichen, Verbotszeichen, Brandschutzzeichen, Gebotszeichen und Rettungszeichen fest. International verbindliche Formen, Zeichen und Farben sollen dabei für mehr Sicherheit sorgen. In Ergänzung formuliert die DIN ISO 3864 die Gestaltungsgrundlagen für die grafischen Symbole auf den Kennzeichnungen. Weitere für die Sicherheitskennzeichnung wichtigen DIN-, EN- und ISO-Normen sind: DIN 2403 (Kennzeichnung von Rohrleitungen nach dem Durchflussstoff), DIN 30710 (Sicherheitskennzeichnung von Fahrzeugen und Geräten), DIN 4066 (Hinweisschilder für die Feuerwehr), ISO 12100 (Sicherheit von Maschinen), ISO 21482 (Warnhinweise für gefährliche radioaktive Stoffe), ISO 6309 (Brandschutz; Sicherheitszeichen). Einen nützlichen Überblick zu den DIN-Normen mit Bezug zur Sicherheitskennzeichnung gibt das DIN-Taschenbuch 445 [5]. Schließlich findet das DGUV-Regelwerk in deutschen Unternehmen breite Anerkennung und Befolgung. Die DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) ist der Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallkassen. Die „DGUV Vorschrift 9“ regelte die „Sicherheits-und Gesundheitskennzeichnung am Arbeitsplatz“, wurde aber zum 1. November 2012 außer Kraft gesetzt und durch die oben genannten, verbindlichen Formulierungen der „Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A1.3“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ersetzt. Trotz beachtlicher Bemühungen um eine weltweit anerkannte und befolgte Vereinheitlichung der Sicherheitskennzeichnung gibt es in diesem Zusammenhang noch eine verwirrende Vielzahl an divergierender Normen, Symbolen und Gestaltungsvorgaben. Eine globale Harmonisierung hinsichtlich der Sicherheitskennzeichnung an Maschinen und Anlagen ist noch weit entfernt. Es gibt kontinentale Übereinkünfte und Regeln, aber für weltweit agierende Maschinenbauer empfiehlt es sich, neben der Erfüllung entsprechender DIN/EN/ISO-Normen auch bei den Handelskammern der Empfängerländer entsprechende Erkundigungen über landesspezifische Normen einzuziehen. Man sieht: Beim Maschinen- und Anlagenbau eine umsichtige und den internationalen Normen entsprechende Sicherheitskennzeichnung auf den Weg zu bringen, ist nichts, was sich so nebenbei erledigen lässt. Die erforderliche Aufmerksamkeit und Sorgsamkeit wird in der Praxis allerdings in vielen Fällen durch eine etwas nachlässige Laissez-faireHaltung umgangen. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen scheuen oft den dazu nötigen Aufwand und begnügen sich mit Halbheiten. Bei größeren Unternehmen gehört die Sicherheitskennzeichnung in der Regel in den Verantwortungsbereich von Fachkräften für Arbeitssicherheit. Sie sind mit einem entsprechenden Know-how ausgestattet und setzen dies auch in die Praxis einer lückenlosen Sicherheitskennzeichnung um. Was mittlere und kleinere Betriebe daran hindert, der Sicherheitskennzeichnung die gebotene Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, ist oft mit der Angst vor der Komplexität des Themas und den Kosten verbunden. Denn eine korrekte und umfassende Sicherheitskennzeichnung verursacht Erkundigungs-, Planungs- und Herstellungs- beziehungsweise Beschaffungsaufwand. Je nach konkretem Bedarf an Kennzeichen werden dabei unterschiedlich hohe Kosten und ein unterschiedliches Maß an Organisationsaufwand nötig (siehe dazu auch Kap. 6 und 16).

1  Zur Relevanz des industriellen Kennzeichnens5

Benötigt ein Unternehmen eine hohe Stückzahl an identischen Sicherheitskennzeichen, dann lässt sich dieser Bedarf gut und preiswert durch standardisierte Angebote von einschlägig bekannten Herstellern decken. Werden hingegen kleine Stückzahlen mit starken Varianzen hinsichtlich Norm, Schildmaterial, Sprache, Typografie, Inhalt, Farbe, Symbolik, Beständigkeit und Befestigungsvorrichtungen benötigt, dann ist dies über die bekannten Beschaffungswege kaum zu bewältigen. Es sei denn, man investiert sehr viel Aufmerksamkeit, Zeit und Geld. Dies ist bei vielen international agierenden Maschinenund Anlagenbauern der Fall. Neben Format, Material, Befestigungsart und Beständigkeit der einzusetzenden Sicherheitskennzeichen stellt für international agierende Unternehmen vor allem die Vielzahl an Sprachvarianten eine Herausforderung dar (siehe dazu beispielhaft Abb. 1.1). Nicht selten sind es 15 und mehr Sprachen, die dabei im Wechsel auf Kennzeichnungsschilder zu bringen sind. Hinzu kommen die Farbvarianten der vier Arten an Sicherheitskennzeichen: Blau für Gebotsschilder, Gelb für Vorsichtschilder, Orange für Warnschilder, Rot für Gefahrenschilder. Je nach Land und Region gibt es dazu noch unterschiedliche Farbdefinitionen (beispielsweise RAL, Munsel, BS – British Standard). Ein

Abb. 1.1  Sicherheitskennzeichen. Die internationale Ausrichtung des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus erfordert den Einsatz einer Vielzahl an Sicherheitskennzeichen in unterschiedlichsten Sprachen. (Quelle: PrintoLUX GmbH)

6

H. Bischoff

Beispiel aus der Praxis zeigt, welcher Aufwand sich mit der Herstellung von Sicherheitskennzeichen für international agierende Maschinen- und Anlagenbauer verbindet: Bei 16 im Inhalt unterschiedlichen Kennzeichen, 15 Sprachen, zwei Formaten, zwei Befestigungsarten und zwei unterschiedlichen Materialqualitäten kommen 1920 Varianten an Kennzeichen zustande. In solchen nicht unüblichen Situationen stellt sich die Frage nach effizienten Möglichkeiten der Kennzeichen-Beschaffung und/oder Herstellung.

1.1.2 Normung – CE-Kennzeichnung – Typenschild Industriell eingesetzte Kennzeichnungen verkörpern häufig Normungen und erfüllen damit eine weitere wichtige Funktion. Normungen verhelfen allen Marktteilnehmern zu einer sinnvollen inneren Ordnung. Sie kategorisieren Produktionsmittel, Verfahren und Produkte in Leistung, Form und Ausführung und machen so ihren Einsatz und ihre Austauschbarkeit gemäß einem definierten Anforderungskatalog möglich. Das Befolgen der Normung in der Produktion, zum Beispiel durch den Einsatz von Normteilen und genormter Vorrichtungen, erleichtert den gesamten Prozess und macht die Serien- und Massenfertigung sowie die Automatisierung erst möglich. Das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) ist Träger der Normung in Deutschland. Es ist auch Mitglied der Internationalen Normenorganisationen ISO (International Organization for Standardization) und des Europäischen Komitees für Normung (CEN Comité Européen de Normalisation). Innerhalb des DIN gibt es für die verschiedenen Fachgebiete Normungsausschüsse (NA) [6]. Der Zweck der ISO ist die Förderung der internationalen Normung, damit Güter und Dienstleistungen weltweit ausgetauscht werden können. Die Internationale Elektrotechnische Kommission IEC (International Electrical Commission) betreibt die internationale Normung auf dem Gebiet der Elektrotechnik, deren Mitglied die Deutsche Elektrotechnische Kommission DEK ist. Das Europäische Komitee für Normung CEN und das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung CENELEC bilden die gemeinsame Europäische Normenorganisation CEN-CENELEC mit Sitz in Brüssel. Sie wurde fast gleichzeitig mit der EG (Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft) gegründet. Ihr oberstes Ziel ist die Vollendung des europäischen Binnenmarktes, vor allem durch die technische Harmonisierung und Normung innerhalb der EU. Dabei dienen weitest möglich die internationalen Normen ISO und IEC als Orientierung, um technische Handelshemmnisse im globalen Maßstab zu verhindern. Das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) gehört der Organisation CEN-CENELEC als Mitglied an. Auch die „CE-Kennzeichnung“ muss in diesem Zusammenhang als eine weitere wichtige Funktion industrieller Kennzeichnung erwähnt werden. Das Buchstaben-Logo „CE“ ist an allen Industrieerzeugnissen anzubringen. Es dokumentiert die Freiverkehrsfähigkeit der gekennzeichneten Erzeugnisse im europäischen Binnenmarkt. In Befolgung der EUVerordnung 765/2008 bestätigt das CE-Zeichen als Konformitätserklärung, dass die damit

1  Zur Relevanz des industriellen Kennzeichnens7

gekennzeichneten Produkte den geltenden Harmonisierungsrechtsanforderungen der EU genügen [2]. Das CE-Logo allein macht keine Aussage darüber, ob das Produkt durch unabhängige Stellen auf die Einhaltung der Richtlinien überprüft wurde. Steht neben dem Logo aber eine vierstellige Kennnummer (Identifikationsnummer), dann weist dies auf die Einbindung einer Kontrollstelle hin. Die CE-Kennzeichnung ist rechtlich kein Gütesiegel (Qualitätszeichen), sondern dokumentiert die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen. Sie umfasst im Frühjahr 2017 etwa 30 EU/EG-Richtlinien. Diese sogenannten CE-Richtlinien bilden zusammen mit dem Produktsicherheitsgesetz den für die meisten Unternehmen maßgeblichen Teil des Produktsicherheitsrechts. Einen hilfreichen Reader zu diesem Thema hat DIN e. V. unter dem Titel „Rechtskonformes Inverkehrbringen von Produkten – In 10 Schritten zur Konformitätserklärung“ [1] herausgegeben. Eine weitere wichtige Aufgabe bei der industriellen Kennzeichnung übernimmt das Typenschild (auch Herstellerschild oder Leistungsschild genannt, siehe Abb.  1.2). Es wird von Herstellern auf Produktionsmitteln und Produkten aufgebracht. Hinsichtlich des Inhaltes und der Beschaffenheit der Typenschilder gibt es gesetzliche Normen, die je nach Produkt differieren. In der Regel enthalten Typenschilder identifizierende, klassifizierende und beschreibende Informationen. Dienten Typenschilder im Maschinenbau anfänglich vor allem der Darstellung von Leistungsdaten der Maschinen, so müssen seit 2009 gemäß der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG weitere Informationen lesbar und dauerhaft auf Maschinen angebracht werden. Im Einzelnen sind dies: • • • • • •

Firmenname & vollständige Adresse des Herstellers, gegebenenfalls seines Bevollmächtigten Bezeichnung der Maschine CE-Kennzeichnung Typen- oder Baureihenbezeichnung falls anwendbar: Seriennummer Baujahr (entspricht dem Jahr, in dem der Herstellungsprozess abgeschlossen wurde).

1.1.3 Rückverfolgbarkeit und Plagiatschutz durch Kennzeichnung Eine weitere, an Wichtigkeit nicht zu unterschätzende Funktion der industriellen Kennzeichnung ist die Rückverfolgbarkeit der gekennzeichneten Produkte und Komponenten. War es über lange Zeit eher in Branchen wie Lebensmittel, Pharmazie und IT der Fall, dass die Rückverfolgbarkeit von Produkten gefordert und verbreitet war, so hat man inzwischen auch in den Unternehmen der industriellen Produktion erkannt, dass die Rückverfolgbarkeit bei Komponenten den Produktionsprozess erleichtert, vor allem wenn es um die Aufklärung von Schäden und ihre künftige Vermeidung sowie um die Beschaffung von Ersatzteilen geht. Die Tiefe und der Umfang, mit denen die Rückverfolgung sichergestellt wird, fällt unterschiedlich aus. Sie muss bei einem Automobilhersteller oder Maschinenbauer umfangreicher sein als im Stahlbau. Wenn in den genannten Branchen auch nur eine Komponente nicht zuverlässig arbeitet oder Materialfehler aufweist, ist das

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Maschinentypenschild gemäß MRL, 208 x 240 x 1,0 mm, Artikel: 995 AE, Aluminium, silbern, matt, 4 Befestigungslöcher: 3,2 mm (Abb. im Maßstab 1:1,5)

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Abb. 1.2  Mustertafel Maschinentypenschild. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2018)

optionale Angaben, je nach Maschine bzw. verwendeten Hilfsenergien

Strom & Druckluft (Standardangaben)

Angaben gemäß MRL

Maschinenbezeichnung Maschinentyp

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Maschinentypenschild gemäß MRL

Stand: 14. Februar 2018

Maschinentypenschild gemäß MRL

Platz für Zusatzkennzeichnungen (zum Beispiel Baumusterprüfnummer)

für gesamte Maschine geltende Kennzeichnungen, ergänzend zur weiteren Sicherheitskennzeichnung Gebotszeichen, Verbotszeichen, Warnzeichen, Gefahrensymbole, sonstige Kennzeichnungen

Gestaltungsvorgaben: zu verwendende Schriftart: Arial, fett Schriftgröße Maschinenkennzeichnung: 24 pt (ca. 6,5 mm) Schriftgröße sonstige Angaben: 20 pt (ca. 6,0 mm) Rahmenlinien werden zur besseren Lesbarkeit mitgedruckt.

8 H. Bischoff

1  Zur Relevanz des industriellen Kennzeichnens9

Endprodukt gegebenenfalls nicht verkaufsfähig [3]. Begleitend zur Rückverfolgbarkeit ist auch der Plagiatschutz zu einer wichtigen Funktion der industriellen Kennzeichnung geworden. Eine Umfrage des VDMA aus dem Jahr 2010 [7] dokumentiert, dass der Anlagenbau von der Produktpiraterie stark betroffen ist. Nachgebaut werden unter anderem Aggregate, Baugruppen sowie komplette Maschinen. Für betroffene Unternehmen bedeutet dies erhebliche Nachteile wie zum Beispiel Umsatzverluste oder Imageverluste durch fehlerhafte Nachbauten. Ein funktionierendes System zur Rückverfolgbarkeit erfordert das zweifelsfreie Identifizieren der Produkte mit Hilfe einer eindeutigen Kennzeichnung. Diese Kennzeichnung sollte eine lückenlose Verfolgung der gesamten Produktions- und Lieferkette erlauben. Wobei die Norm ISO 9001 zur Rückverfolgbarkeit auch festlegt, dass ihrer Anwendung ausführliche Risikobewertungen für die betrieblichen Prozesse vorausgehen müssen. Nach diesen Bewertungen richtet sich dann der Genauigkeitsgrad der Rückverfolgung. Das Unternehmen entscheidet aufgrund seiner Erfahrungen und der Art der bisherigen Probleme und Reklamationen selbst, wie es die Rückverfolgbarkeit ausgestaltet. Diese Flexibilität ist durch die ISO 9001 gestattet. Grundsätzlich gilt, dass bereits bei der Konzeption und dem Bau von Fertigungs- oder Logistikanlagen die Rückverfolgbarkeit berücksichtigt werden muss. Zu den im Maschinen- und Anlagenbau meist eingesetzten Inhalten, die der Rückverfolgung und dem Plagiatschutz dienlich sind, gehören: • unveränderbar aufgebrachte ID’s (Seriennummer, Chargennummer) • die Maschinendatenerfassung (MDE), um individuelle, zeitnahe und richtige Stückzahlen zu dokumentieren. Dabei bedienen sich die Unternehmen entsprechender Codes und zunehmend auch sogenannter Transponder, speicherfähiger elektronischer Datenträger. Man kennt sie allgemein als „RFID“ (Radio Frequency Identification), was mit „Funktechnologie“ übersetzt werden kann. Für das Auslesen von RFID-Systemen ist kein Sichtkontakt nötig. Auf eine Ausrichtung des Objekts, bei Barcodes unerlässlich, kann verzichtet werden. Des Weiteren sind Transponder wesentlich unempfindlicher gegenüber Schmutz. Zusammenfassend bietet RFID folgende Vorteile: • • • • • • •

ermöglicht eine eindeutige Identifizierung kontaktloses Auslesen, automatisiertes Abfragen in der Produktion hohe Lesesicherheit, auch an verdeckten oder verschmutzten Stellen Qualitäts- und Lifecyclemanagement zusätzliche Speichermöglichkeit für Baugruppeninformationen Platzersparnis (bei vergrabener Lösung) fälschungssicher Plagiatschutz

10

1.2

H. Bischoff

Wirtschaftliche Relevanz von Kennzeichnung

Bezogen auf den Maschinen- und Anlagenbau sowie auf andere Unternehmen der Großindustrie ist es unverkennbar, dass der Einsatz von mehr als 100.000 Kennzeichnungen pro Jahr eher die Regel als die Ausnahme darstellt (siehe dazu auch Abb. 1.3). Beim Bau eines neuen Automobilwerks bewegen sich die Ausgaben für Kennzeichnungen bereits im Millionenbereich pro Werk. Da für Kennzeichnungen und ihren Einsatz nur selten bereichsübergreifende und detaillierte Aufstellungen für anfallende Gesamtkosten vorliegen, erscheint es sinnvoll, zunächst auf alle beteiligten Kostenfaktoren aufmerksam zu machen. Schon dadurch wird die wirtschaftliche Relevanz des Kennzeichnungseinsatzes gut vorstellbar. Wobei exakte Zahlen selbstredend von Unternehmen zu Unternehmen differieren. Hinsichtlich der Gesamtkosten, die für Beschaffung und Einsatz von Kennzeichnungen in Industrieunternehmen aufgewandt werden, müssen grundsätzlich folgende Beschaffungswege unterschieden werden: • der Zukauf von Kennzeichnungen bei externen Dienstleistern • die Herstellung von Kennzeichnungen in Eigenregie • eine Mischform aus beidem Beim Zukauf fallen folgende Positionen an: Kosten für Administration und Logistik (Personaleinsatz für Erfassen, Beantragen, Angebote einholen und vergleichen, Aufträge vergeben, Lieferungen prüfen, gegebenenfalls monieren und neu bestellen, Abrechnung, Lagerhaltung). Bei der Herstellung von Kennzeichnungen in Eigenregie fallen dagegen an: Investition in Herstellungsgerät und Personal, das sich mit der Herstellung befasst (Arbeitszeit für Herstellung von Kennzeichnungen). Hinzu kommen Kosten für Kennzeichnungsmaterial

Abb. 1.3  Mehrsprachige Kennzeichnung ist zu einem Bestandteil des international agierenden deutschen Maschinenbaus geworden. (Quelle: Supfina Grieshaber GmbH & Co. KG)

1  Zur Relevanz des industriellen Kennzeichnens11

(Schildmaterial) und Verbrauchsmaterial sowie Wartungs-und Servicekosten für das genutzte Gerät. Administrations- und Logistikkosten entfallen nahezu ganz. Besonderes Augenmerk bei der Variante „Herstellung von Kennzeichnungen in Eigenregie“ verdient der Aspekt der Verfahrenswahl. Der Einsatz unterschiedlicher Verfahren zur Herstellung benötigter Kennzeichnungen führt am Ende natürlich auch zu unterschiedlichen Kosten. Wie sich dies im Detail darstellt, wird im Hauptteil des Buches dargestellt (siehe Kap. 3). Ob Kennzeichnungen über Dienstleister beschafft oder intern hergestellt werden, macht keinen Unterschied in der Betrachtung weiterer Kosten, die sich mit der Montage verbinden. Das Montieren von Kennzeichnungen ist in der Summe mit mehr Aufwand verbunden, als dies allgemein wahrgenommen oder kalkuliert wird. Bei Betrachtung der einzelnen Kostenfaktoren scheint es zunächst so, dass der Zukauf von Kennzeichnungen die wirtschaftlichere Option darstellt. Ob dies der Wirklichkeit entspricht, versucht das folgende Kapitel zu klären.

Literatur [1] Buck P, Loerzer M, Schwabedissen A (2017) Rechtskonformes Inverkehrbringen von Produkten. In 10 Schritten zur Konformitätserklärung. Beuth, Berlin [2] CE-Kennzeichnung (o. J.) Resource document. Industrie- und Handelskammer, Karlsruhe. https://www.karlsruhe.ihk.de/innovation/innovation/CEKennzeichnung/2448862. Zugegriffen: 12. Okt. 2017 [3] Leiterplattenkennzeichnung (2014) Resource document. Gesellschaft für Elektronik und Design, Ruppichteroth-Winterscheid. http://www.ged-pcb-mcm.de/leiterplatten-kennzeichnung/. Zugegriffen: 8. Juli 2017 [4] Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung. Technische Regeln für Arbeitsstätten. ASR A1.3 (2013) Resource document. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund. https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/ASR/pdf/ ASR-A1-3-Aenderungen.pdf?__blob=publicationFile&v=2. Zugegriffen: 12. Okt. 2017 [5] Sicherheitskennzeichnung. Normen und Regelwerke (2013) DIN-Taschenbuch 445. Deutsches Institut für Normung, Berlin [6] Über Normen und Standards (2017) Resource document. Deutsches Institut für Normung, Berlin. https://www.din.de/de/ueber-normen-und-standards. Zugegriffen: 12. Sept. 2017 [7] VDMA-Umfrage zur Produkt- und Markenpiraterie (2010) Resource document. VDMA, Frankfurt/Main. http://www.vdma.org/documents/105628/211550/10-04-19%20VDMA%20 Studie%20Produkt-%20und%20Markenpiraterie%202010_End.pdf/bbaa6491-2e57-40098ec5-0b1699506090. Zugegriffen: 07. Jan. 2017

2

Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren Hermann Oberhollenzer

Ohne Umwege in die thematische Mitte des Buchs: Es gibt eine Reihe an Verfahren, die bei der Herstellung industriell eingesetzter Kennzeichnungen eingesetzt werden können. Bereits im Rahmen einer erläuternden Vorstellung und Charakterisierung lässt sich ein deutlicher Eindruck zum Profil der unterschiedlichen Verfahren und zur jeweiligen Eignung für bestimmte Bedarfssituationen gewinnen. Die Vorstellung der ausgewählten Verfahren beinhaltet deshalb prägnante Ausführungen zu Historie, Funktionsweise, Hauptanwendungsgebieten, Investitions- und Verbrauchskosten, Aufwand und Bedienbarkeit, Umwelt (Nebenkosten/Schutzmaßnahmen), Stärken und Schwächen. Dieser Erstorientierung folgt in Kap. 3 ein systematischer Leistungsvergleich, der die Stärken und Schwächen der einzelnen Verfahren detailliert darstellt. Wenn im Folgenden die einzelnen Verfahren zur Herstellung von industriell eingesetzter Kennzeichen vorgestellt werden, erscheint folgende Präzisierung angebracht: Grundsätzlich ist es sinnvoll, eine Unterscheidung zwischen Direktkennzeichnung und Mediumskennzeichnung vorzunehmen. Bei der Direktkennzeichnung wird die Markierung ohne Zwischenmedium direkt auf Maschinen, Komponenten und andere zu kennzeichnende Gegenstände aufgebracht. Dazu gibt es unterschiedliche Techniken (siehe Abb. 2.1). Bei der Mediumskennzeichnung hingegen findet ein Trägermedium Verwendung, das zunächst beschriftet – und dann am zu kennzeichnenden Gegenstand angebracht wird. Als Trägermedien für industriell eingesetzte Kennzeichen kommen Folien, Mehrschichtmaterialien, Metalle und Kunststoffe zum Einsatz. Wir konzentrieren uns bei dem folgenden Verfahrensvergleich auf die Mediumskennzeichnung, die im Anlagen- und Maschinenbau einen hohen Stellenwert einnimmt. Bei

H. Oberhollenzer (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_2

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H. Oberhollenzer

Materialabtragung Oberflächenbearbeitung

Materialveränderung Materialverformung

Mechanische Gravur Festkörperlaser

Graviermaschine Faser-Laser Kristall-Laser

Gaslaser

CO2-Laser

Nadel-/Ritzmarkieren

Nadel-/Ritzmarkierer

UV-Direktdruck Nonimpact (berührungsfrei)

Digitaldruck

Solvent-Druck Eloxal-Unterdruck-Verfahren PrintoLUX®-Verfahren

Oberflächenergänzung Impact (berührend)

Analogdruck

Siebdruck

Plotten

(Stift-)Plotten

Thermotransferdruck

Thermotransferdruck

Abb. 2.1  Oberflächenbehandlung bei unterschiedlichen Kennzeichnungsverfahren. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

dieser Art der Kennzeichnung wiederum stellen wir diejenigen Kennzeichnungsverfahren in den Mittelpunkt unserer Untersuchung, die in den Industriebereichen Anlagen- und Maschinenbau eine erkennbare Marktrelevanz für sich beanspruchen können. Da dem vorgenommenen Leistungsvergleich eine Orientierungsfunktion für die Anwender der genannten Branchen zukommt, konstatieren wir, dass in Randbereichen auch Kennzeichnungsverfahren Einsatz finden, die im industriellen Kennzeichnungsdruck ansonsten unbedeutsam bleiben. Ihre geringe Anwendungsrelevanz legt im Sinne der angestrebten Übersichtlichkeit nahe, bei diesen Verfahren auf eine ausführliche Leistungsbeschreibung zu verzichten. Sie werden im Rahmen der Kapiteleinführung kurz vorgestellt. Der moderne Offsetdruck ist beispielsweise in vielen Printbereichen von großer Bedeutung, nicht aber bei der Kennzeichnungsherstellung. Die absolute Domäne des Offsetdrucks ist der Papierdruck. Weltweit wird der größte Teil aller Papierdrucksachen aktuell im Offsetdruckverfahren produziert. Das Prinzip des Offsetdrucks basiert auf einer Druckplatte aus Polyesterfolie oder Aluminiumeloxal. Für kleinere Produktionsauflagen wird in

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren15

der Regel eine Polyesterfolie verwendet, bei größeren Auflagen das langlebigere Aluminiumeloxal. Für jede zu druckende Farbe wird eine Druckplatte oder Druckfolie benötigt. Diese Druckplatte ist mit fotoreaktiven Substanzen (fotoreaktives Polymer) beschichtet. So kann man durch fotochemische Prozesse (Entwickeln) die gewünschten Druckinhalte abbilden. Die belichteten Bereiche sind in ihrer Oberflächenstruktur so beschaffen, dass Wasser die Fläche benetzen (auf der Oberfläche anhaften) kann. Unentwickelte Bereiche stoßen das Wasser ab. Auf die gefertigte Druckplatte oder Druckfolie wird in einem Feuchtwerk zuerst Wasser mit Additiven aufgetragen. An unentwickelten Stellen, also nicht beschichteten Bereichen, bleibt das Wasser anhaften und bildet einen dünnen Film. Kurz danach wird im Farbwerk eine Druckfarbe aufgetragen. Diese Druckfarbe kann nur an den Stellen anhaften, die nicht mit Wasser benetzt sind. Falls man ohne Feuchtwerk arbeiten würde, wäre die Druckfarbe in allen Bereichen (beschichtet sowie unbeschichtet) an der Druckplatte beziehungsweise der Druckfolie angehaftet. Die oft an einem Zylinder befestigte Druckplatte oder Druckfolie bringt die Farbe nicht direkt auf die zu bedruckende Fläche, sondern auf ein zwischengeschaltetes Gummituch. Die Druckfläche wird also indirekt über das Gummituch (im Rollenoffset mit einem dünnen Träger aus Metall über einen Zylinder gespannt) bedruckt. So erklärt sich der Begriff „Offset“ in seiner Bedeutung „Absetzen“ oder „Versatz“. Bei mehrfarbigen Druckbildern muss für jede einzelne Farbe eine Platte hergestellt werden. All dies erfordert eine so aufwändige Rüstzeit, dass der Einsatz des Offsetdrucks bei der Herstellung von industriellen Kennzeichnungen nur bei hohen Stückzahlen (ab 10.000) selben Inhalts lohnt. Im Bereich der hier diskutierten industriellen Anlagenkennzeichnung ist der Offsetdruck nicht relevant. Der damit verbundene Prozess ist zu aufwändig. Unterschiedliche Varianten des Digitaldrucks haben den Offsetdruck in vielen Industriebereichen inzwischen ersetzt. Auch die Herstellung von Kennzeichnungen mit Schlagstempeln kann bei einem Leistungsvergleich von industrierelevanten Kennzeichnungsverfahren vernachlässigt werden. Die aus Werkzeugstahl hergestellten Stempel erzeugen auf der zu kennzeichnenden Fläche eine Prägung, indem ihr Relief per Hammerschlag auf die Fläche einwirkt. In der Prägung von Uhren und Schmuck sowie bei der Kennzeichnung von Tieren hat der Schlagstempel Anwendungsfelder. Zu den wichtigsten industriellen Anwendungsfeldern gehört das Einschlagen von Seriennummern für Maschinen und Fahrzeugen, also eine klassische Art von Direktmarkierung, die nicht zu den Untersuchungsgegenständen dieses Buches zählt. Hinsichtlich der Herstellung und Gestaltung industrieller Kennzeichnungsträger, die wir insgesamt mit dem Begriff der „Mediumskennzeichnung“ eingeführt haben, spielen Schlagstempel keine Rolle. Wegen ihrer Anwendungsrelevanz und Marktbedeutung haben wir folgende Kennzeichnungsverfahren einem ausführlichen Vergleich unterzogen:

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H. Oberhollenzer

• Gravur Unter dem Dachbegriff der Gravur versammeln sich einige Spezialverfahren. Zunächst lässt sich in Maschinengravur und Lasergravur unterteilen. Bei der Lasergravur wiederum gibt es Gas-Laser und Feststoff-Laser. Und beim Feststoff-Laser wird nochmals unterteilt in Faser-Laser und Kristall-Laser. • Digitaldruck Auch beim Digitaldruck haben sich mehrere Varianten im Markt der industriell eingesetzten Kennzeichnungsverfahren etabliert. Hier sind zu nennen: UV-Direktdruck, Solvent-Druck, Eloxal-Unterdruck-Verfahren und das PrintoLUX®-Verfahren. • Siebdruck • Thermotransferdruck • (Stift-)Plotten • Nadelmarkieren, Ritzmarkieren (Siehe dazu Abb. 2.2)

2.1 Gravur Die Gravur umschließt inzwischen eine ganze Gruppe an Varianten, deren gemeinsame Basis darin besteht, Kennzeichnungen auf dem Weg einer spanabhebenden Materialbearbeitung herzustellen. Aus einem metallischen oder mehrschichtigen Kunststoff-Schild wird Material so ausgespant und/oder entnommen, dass sich die gewünschte Kennzeichnung als Vertiefung zeigt. Bei den mehrschichtigen Kunststoffen wird durch den Abtrag der obersten Materialschicht ein andersfarbiger, darunterliegender Kunststoff freigelegt, der dann die gewünschten Inhalte (Schriften, Ziffern …) darstellt. In seinem Kern ist dieses Verfahren schon sehr alt und hat in frühen Industrialisierungsphasen eine hervorragende Position bei den Kennzeichnungsverfahren erreicht; vor allem dort, wo es um eine beständige Kennzeichnung ging. Die starke Differenzierung und Entwicklung der Gravur bis in die Gegenwart ist in diesem Buch der Gegenstand eines eigenen Beitrags (Kap. 5, Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung). Bis heute nimmt das Gravur-Verfahren in seinen unterschiedlichen Varianten bei der Herstellung industriell genutzter Kennzeichnungen hinsichtlich Nutzungshäufigkeit und Akzeptanz eine führende Position ein. Wobei diese Führungsrolle durch jüngere Digitaldruck-Verfahren seit circa 2013/14 zunehmend in Bedrängnis gerät. Insbesondere die „mechanische Gravur“ ist im Bereich der Kennzeichnung für den Anlagen- und Maschinenbau überholt. Sie ist handwerklich geprägt, langsam und laut. Farben und komplexe Inhalte (zum Beispiel 2D-Codes) kann dieses lange marktbeherrschende Verfahren nicht darstellen beziehungsweise nur dann, wenn ein immenser Aufwand zu Lasten jeder Wirtschaftlichkeit dafür betrieben wird. Die Jahrzehnte lange

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren17

MECHANISCHE GRAVUR

Details: Siehe Abb. 2.3

Details: Siehe Abb. 2.4

UV DIREKTDRUCK

Details: Siehe Abb. 2.7

SIEBDRUCK

Details: Siehe Abb. 2.11

Details: Siehe Abb. 2.8

THERMOTRANSFERDRUCK

Details: Siehe Abb. 2.13

Abb. 2.2  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen Übersicht. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

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H. Oberhollenzer

KRISTALL-LASER

Details: Siehe Abb. 2.5

ELOXALUNTERDRUCKVERFAHREN

Details: Siehe Abb. 2.9

(STIFT-)PLOTTER

Details: Siehe Abb. 2.14

Abb. 2.2   (Fortsetzung)

Details: Siehe Abb. 2.6

PRINTOLUX VERFAHREN

Details: Siehe Abb. 2.10

NADEL-/RITZMARKIEREN

Details: Siehe Abb. 2.15

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren19

Vormachtstellung der mechanischen Gravur hat Hunderttausende an entsprechenden Geräten zum Einsatz gebracht, großenteils bis heute. Eine Ablösung durch modernere Verfahren ist jedoch in vollem Gange und nicht mehr aufzuhalten.

2.1.1 Maschinengravur Die Maschinengravur (siehe Abb. 2.3) flankiert seit langem die traditionelle Handgravur und wird in ihrer modernsten Form durch CNC-Gravier- und Fräsmaschinen vorgenommen. Es ist, kennzeichnend für die Gravur, ein spanabhebendes Verfahren, bei dem das Abtragen von Material die Kennzeichnung erzeugt. Das Abtragen übernimmt ein Frässtichel, der in einer Spindel sitzt und kraftbetrieben arbeitet.

Material wird

Frässtichel

Abtrag (Vertiefungen werdern nachträglich mit Farben ausgelegt)

Metall

Abb. 2.3  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Graviermaschine. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

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H. Oberhollenzer

Zu wichtigen Anwendungsgebieten gehören die Bildung von Reliefs für die Herstellung von Stempeln sowie das Schildermachen in der Industrie. Mit der Maschinengravur können viele feste Werkstoffe bearbeitet werden. Zu den meist geschätzten Vorteilen dieses Verfahrens gehört die hohe Beständigkeit, die damit erzeugt wird. Zur Herstellung mehrfarbiger Kennzeichnungen findet mehrschichtiges KunststoffMaterial Einsatz. Dabei hat jede Schicht eine eigene Farbe. Durch unterschiedliche Frästiefen können die einzelnen Farben sichtbar gemacht werden. Um einen besseren Kontrast zwischen einer Kennzeichnung auf Metall und der Metalloberfläche zu erzielen, können gravierte Kennzeichen vollflächig mit Nitrolack bestrichen werden. Nach dem Antrocknen des Lacks wird die Oberfläche mit Nitroverdünnung abgewischt. So verbleibt der Nitrolack nur in der gravierten Vertiefung und verstärkt somit den Kontrast der Kennzeichnung. Hinsichtlich der Investitionskosten sind für die Maschinengravur sehr große Spannen zu verzeichnen: Es gibt bereits einfache Systeme für 3000 bis 4000 Euro netto (ohne Einweisung und Schulung), während Spitzensysteme für die Herstellung von Kennzeichen bis über 50.000  Euro kosten können. Kleinere Systeme haben den Nachteil, nur kleine Flächen von maximal circa 100  ×  100 mm bearbeiten zu können, während von großen Systemen Formate bis zu 1220 × 610 mm bearbeitbar sind. Zur System-Investition kommen überdurchschnittlich hohe Kosten für Verbrauchsmaterial, wie Stichel, Fräser, Ritzdiamanten, und zur Nachbearbeitung gegebenenfalls eine Poliermaschine. Die Bedienung von Graviermaschinen erfordert qualifiziertes Personal, was die Stückkosten beim Einsatz dieses Verfahrens erhöht. Hinsichtlich „Umwelt und Gesundheit“ ist festzustellen, dass die Maschinengravur einen hohen Geräuschpegel verursacht und ebenso ein klassisches Werkstattumfeld wie entsprechende Lärmschutzmaßnahmen erfordert. Vorläufiges Resümee hinsichtlich eines Stärke-/Schwächeprofils des Verfahrens: Für die Herstellung von Kennzeichen aus festen Werkstoffen und einfachen Inhalts, die eine hohe Beständigkeit aufweisen sollen, eignet sich die Maschinengravur grundsätzlich gut. Werden allerdings komplexere Inhalte und/oder Farben auf den Kennzeichen erwartet, eignet sich die Maschinengravur nicht. Ihr Einsatz ist in allen Fällen relativ kostenaufwändig, die Flexibilität niedrig.

2.1.2 Lasergravur/Laserbeschriftung Die Lasergravur wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt und in hohem Maße diversifiziert. In ihren unterschiedlichen Varianten hat sie die mechanische Gravur bei der Herstellung von Industriekennzeichnungen inzwischen ersetzt. Deshalb folgt hierzu eine angemessen ausführliche Präsentation und Bewertung. Die Vielfältigkeit des Laser-Einsatzes im Bereich der Kennzeichnungsherstellung bezieht sich auf die unterschiedlichen Arten (horizontale Differenzierung) und auf verschiedenen Leistungsstufen, die angeboten werden (vertikale Differenzierung). Hinsichtlich der Verfahrensweisen

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren21

lassen sich grundsätzlich drei Funktionsweisen unterscheiden: Bei der eigentlichen „Lasergravur“ verbrennt oder verdampft der gebündelte Lichtstrahl beim Auftreffen auf die Oberfläche einen festgelegten Materialanteil in Form und Tiefe, womit die Gravur entsteht. Bei gepulsten Lasergraviersystemen platzen zusätzlich durch die sehr kurz wirkende und sehr hohe Pulsenergie Partikel des Materials ab. Bei der sogenannten Anlassbeschriftung – sie wird auf Metallen und Legierungen angewandt – ist der Laser weniger fokussiert. Er wirkt damit nicht so hochtemperiert auf die Oberfläche ein. Auf diese Weise entsteht an der Materialoberfläche kein Abtrag, sondern ein konturierter Farbwechsel. Das Verfärben des Materials und damit das Erzeugen gewünschter Darstellungen nennt man „Anlassen“. Je nach Material, Parametrierung und Laserquellentyp kann man durch verschieden starkes Anlassen des Materials helle und dunkle Farbtöne erzeugen. Wichtig ist bei der Anlassbeschriftung, die Energiedichte des Lasers herabzusetzen, um den gewünschten Effekt zu erreichen. Da der Laser das Material allmählich erhitzt, um es anlassen zu können, ist dieser Vorgang zeitintensiver als bei anderen Laserbeschriftungsverfahren. Durch neue Generationen von Faser-Lasern und entsprechender Programmierung/Parametrierung ist es möglich, Materialien anzulassen und die Laseranlage trotzdem im Focus auf der Materialoberfläche zu betreiben. Diese Innovation erlaubt eine bis zu zehnmal schnellere Beschriftung, als man es vom klassischen Anlassverfahren kennt. Auch die Randschärfe der Markierung verbessert sich beim Einsatz der neuen Faser-Laser deutlich. Ein dem Anlassen ähnlicher Effekt wird oft bei der Laserbeschriftung von Kunststoff genutzt: Durch die Laserenergie verfärbt sich das Material, eine kontrastreiche Beschriftung entsteht. Oder das Material „schäumt“. Es baut sich auf, es entsteht ein plastisches, gefärbtes oder farbloses Relief. Bei manchen Kunststoffen ist ebenso eine Karbonisierung möglich. Hierbei dringt der Laser nahezu zerstörungsfrei durch die Oberfläche des zu beschriftenden Materials ein und zerstört Farbpigmente. Dadurch entsteht ein Farbumschlag im Material selbst, das auf der Oberfläche klar ersichtlich ist. Gängige Verfahren sind also bei Metallen das Anlassen, Abtragen oder Gravieren; bei Kunststoffen das Verfärben, Abtragen und Schäumen. Ein Laser funktioniert über drei wesentliche Elemente: Lasermedium, Pumpquelle und Resonator. Lasermedien können Festkörper (zum Beispiel Kristalle) aber auch Gas (CO2) sein. Als Pumpquellen dienen bei Gas-Lasern meist elektrische Entladungen, bei Festkörperlaser übernehmen Blitzlampen, Bogenlampen oder Diodenlaser diese Funktion. Ein Laserresonator besteht im einfachsten Fall aus zwei Spiegeln, zwischen denen die Strahlung reflektiert wird, sodass sich der Weg durch das Lasermedium verlängert. Einer der beiden Spiegel ist teildurchlässig und wird als Auskoppelspiegel oder Auskoppler bezeichnet. Er sorgt dafür, dass ein Teil der Strahlung das Gerät als Laserstrahl verlassen kann. Bei dem abstrakt schwer herstellbaren Abgleich von Nutzeranforderungen und Gesamtangebot an Kennzeichnungssystemen auf Laser-Basis fällt es schwer, adäquate Vorschläge

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zu unterbreiten, welche Systeme sich für welche Bedarfssituationen eignen. Der folgende Leistungsvergleich schließt relevante Verfahren und Systeme der Medienbeschriftung ein, um diesbezüglich etwas Orientierung zu schaffen. Für die Kennzeichnungsherstellung mittels Laser kommen zwei Lasertypen zum Einsatz: Gas-Laser und Festkörperlaser. Bei den Gas-Lasern sind es Kohlendioxidlaser (CO2-Laser), Laserverfahren Für die Herstellung von Industrie-Kennzeichnungen eingesetzte Laser-Verfahren lassen sich allgemein wie folgt bewerten: • Lasergravur- und Laserbeschriftungsverfahren sind in all ihren Varianten für viele Einsatzbereiche und unterschiedliche Materialien geeignet. • Laserverfahren ermöglichen einen schnellen und automatisierten Herstellungsprozess. • Die mit Laserverfahren hergestellten Kennzeichnungen weisen eine hohe Beständigkeit auf. Sie sind wasser- und wischfest. • Auch sehr kleine, maschinenlesbare Markierungen wie QR- oder DataMatrix-Codes sind mit Lasersystemen gut herzustellen (bei gewissen Materialeinschränkungen). • Der maximale Gravurbereich für gängige Kennzeichen beträgt circa 400 × 700 mm. Kleine Lasersysteme erreichen einen Gravurbereich von maximal 60 × 60 mm. Die Kosten für größere Systeme steigen überproportional zur Vergrößerung des Gravurbereichs. • Laserverfahren eigenen sich eher für die Serienproduktion als zur Herstellung von Einzelstücken und Kleinserien. • Für die Herstellung farbiger Kennzeichnungen eignen sich Lasersysteme nur beschränkt, da selbst eine eingeschränkte Farbgebung nur bei Einsatz von teurem Mehrschichtmaterial möglich ist. • Wenn bei der Kennzeichnungsherstellung mit Lasersystemen hinsichtlich des Einsatzes der Schildmaterialien und der Schildformate ein hohes Maß an Flexibilität ebenso gewünscht wird wie eine gute Darstellungsqualität, muss mit hohen Investitionskosten gerechnet werden. Die Kosten für ein System mit integrierter Absauganlage und einer Leistungsbreite, die Industrieanforderungen entspricht, liegen bei über 50.000 Euro. Kleine Lasersysteme zur Kennzeichnungsherstellung sind ab 15.000 Euro erhältlich. • Multifunktionale Lasersysteme, die ein großes Anforderungspotenzial erfüllen, benötigen für ihren Einsatz eine komplexe Software. • Bei der Wahl eines Lasersystems sollte darauf geachtet werden, welcher Leistungsbedarf besteht. Eine Unterschätzung des Bedarfs und eine hoch intensive Gerätenutzung bergen das Risiko von hohem Verschleiß und hohen Folgekosten.

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren23

• Zur Handhabung und Bedienung von Lasersystemen wird grundsätzlich qualifiziertes Personal benötigt. Eine definierte Ausbildung/Zertifizierung für Bediener ist Pflicht. Dazu gibt es entsprechende gesetzliche Vorschriften (Berufsgenossenschaft; Laserschutzbeauftragte). • Beim Beschriften und Zuschneiden mit einem Laser müssen Leistung und Geschwindigkeit von Lasererzeugern korrekt eingestellt werden. Dazu liefern die Hersteller solcher Systeme entsprechende Daten (Tabellen, Übersichten), mit denen die Laserbeschriftungssysteme parametriert werden, um optimale Ergebnisse für jedes Material zu erzielen. • Verbrauchsmaterialien gibt es bei Lasersystemen nicht. Man muss jedoch mit erheblichen Betriebskosten (Gerätekühlung), Wartungskosten (Justierungen, Reinigungen) und einem Verschleiß rechnen, der je nach System und Einsatzintensität beträchtlich sein kann. • Hinsichtlich Umwelt und Gesundheit ist anzumerken, dass Lasergravur und Laserbeschriftung wegen des anfallenden Feinstaubs und Materialabtrags den Einsatz von Absaug- und Filteranlagen erfordern (siehe dazu entsprechende Ausführungen im Kap. 15). In diesem Zusammenhang bedarf es besonderer Vorsicht und Aufmerksamkeit, da bei dem Laserabtrag entstehender Feinstaub (Nanopartikel) beim Einatmen bis in die Lungenbläschen und sogar durch das menschliche Zellgewebe wandert und so in die Blutbahn eindringt. Je nach Stoff, der als Feinstaub vorliegt, kann man sogar Gesundheitsschädigungen und Vergiftungen erleiden. Eine krebserzeugende Wirkung ist ebenso nicht auszuschließen. Bei der Laserbearbeitung von Materialien sind entsprechende Richtlinien zu befolgen (Gefahrstoffverordnung GefStoffV; technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft TA Luft; Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS).

Sicherheit beim Umgang mit Laser-Systemen Durch die besonderen Eigenschaften von Laserstrahlung und damit verbundener Umgebungsauswirkungen müssen im Umgang damit besondere Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden. Für die Festlegung konkret erforderlicher Schutzmaßnahmen werden die Laser entsprechend ihres Gefährdungspotenzials in vier Klassen und vier Unterklassen eingeteilt. Maßgebend für die Einteilung der Lasereinrichtungen in die Klassen 1, 1M, 1C, 2, 2M, 3R, 3B und 4 sind die Unfallverhütungsvorschrift „Laserstrahlung“ BGV B2 und die DIN-Norm EN 60825-1 (VDE 0837 Teil 1). Die einzelnen Gefährdungsstufen definieren sich nach DIN-Norm EN 60825-12015-07 wie folgt:

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Laserklasse 1:

Die zugängliche Laserstrahlung ist ungefährlich.

Laserklasse 1M:

Die zugängliche Laserstrahlung ist ungefährlich, solange keine optischen Instrumente, wie Lupen oder Ferngläser, verwendet werden.

Laserklasse 1C:

Die zugängliche Laserstrahlung ist ungefährlich für das Auge, aber in besonderen Fällen gefährlich für die Haut. Diese Laserklasse findet ausschließlich im medizinischen Bereich Anwendung.

Laserklasse 2:

Die zugängliche Laserstrahlung liegt nur im sichtbaren Spektralbereich (400 nm bis 700 nm). Sie ist bei kurzzeitiger Bestrahlungsdauer (bis 0,25 s) ungefährlich, auch für das Auge. Eine längere Bestrahlung wird durch den natürlichen Lidschlussreflex verhindert.

Laserklasse 2M:

Wie Klasse 2, solange keine optischen Instrumente, wie Lupen oder Ferngläser, verwendet werden.

Laserklasse 3R:

Die zugängliche Laserstrahlung ist gefährlich für das Auge und in besonderen Fällen auch für die Haut. Diffuses Laserlicht ist in der Regel ungefährlich.

Laserklasse 3B:

Die zugängliche Laserstrahlung ist gefährlich für das Auge und in besonderen Fällen auch für die Haut. Diffuses Laserlicht ist in der Regel ungefährlich.

Laserklasse 4:

Die zugängliche Laserstrahlung ist sehr gefährlich für das Auge und gefährlich für die Haut. Auch diffus gestreute Strahlung kann gefährlich sein. Die Laserstrahlung kann Brand- oder Explosionsgefahr verursachen.

Einem sicheren Umgang mit Laser-Systemen dient die Lektüre folgender Schriften • • • • •

Die Unfallverhütungsvorschrift „Laserstrahlung“ BGV B2 Unfallverhütungsvorschrift „Betrieb von Lasereinrichtungen“ BGV B2 Umsetzungsrichtlinie für die Unfallverhütungsvorschrift BGI 832 Laserschutzmaßnahmen (Bundesamt für Strahlensicherheit) Sicherheitshinweise zum Betrieb von Klasse-4-Lasern

die für die Kennzeichnungsherstellung genutzt werden (siehe Abb. 2.4). Besonders nichtmetallische Materialien werden damit bearbeitet. Mit Festkörperlasern (Faser-Laser und Kristall-Laser) hingegen lassen sich Metalle und feste Kunststoffe bearbeiten.

2.1.2.1 Gas-Laser Wenn Gas-Laser für die Herstellung von Industriekennzeichen eingesetzt werden, handelt es sich um die Variante des CO2-Lasers. Dessen Arbeitsweise basiert auf einem Kohlendioxid-Gasgemisch, das elektrisch angeregt wird. Mit dem CO2-Laser wird Material von

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren25

Endspiegel

Gasröhre, gehaspelt mit Glasröhre und Kühlsystem

Auskopplungsoptik

Absauganlage für Laserrauch

spezialbeschichtetes Metall (Aluma Mark)

Anlassen

Metall

Metall

Abb. 2.4  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: CO2-Laser. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

der zu bedruckenden Oberfläche abgetragen. Es entsteht eine formgebende Vertiefung. CO2-Laser haben einen hohen Wirkungsgrad und eine sehr gute Strahlqualität. Sie werden deshalb oft eingesetzt und eignen sich für die Kennzeichnung nicht-metallischer Materialien, vor allem für Kunststoffe und Folien.

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Darstellungsqualität und Beständigkeit der Lasergravur sind als gut zu bewerten. Die Flexibilität hinsichtlich herstellbarer Formate bemisst sich nach der Größe des eingesetzten Systems. Je größer das System, desto größere Formate können hergestellt werden. Neben dem Kennzeichnen eignet sich der CO2-Laser auch zum Zuschneiden von Kunststoffen. Aus Kunststoffplattenmaterial können so die benötigten Formate geschnitten werden. Somit entstehen mit Hilfe des CO2-Lasers aus Plattenmaterial komplett gefertigte Kennzeichen. Für leistungsfähige CO2-Lasergravur-Systeme sind Investitionen ab 15.000 Euro zu kalkulieren. Für den Austausch der Laserröhre fallen ebenfalls beträchtliche Kosten an; je nach System von 2500 bis 15.000 Euro. Wobei die Lebensdauer einer Röhre stark differiert und stark davon abhängt, wie oft das System im Einsatz an seine Leistungsgrenze herangeführt wird. Markiersprays und Markiermittel Mit einer hochwertigen CO2-Laserquelle lassen sich manche Metalle (zum Beispiel Edelstahl) zwar direkt beschriften, aber Lasergravuren werden generell mit einem Markiermittel dunkler, gleichmäßiger und besser lesbar. Diese Metallmarkiermittel erzeugen dauerhafte, schwarze Markierungen. Sie sind sehr beständig gegen mechanische und chemische Beanspruchungen sowie gegen hohe Temperaturen. Die Lasermarkiermittel sind als Paste, Spray oder Tape verschiedener Hersteller verfügbar. Die gebräuchlichste Methode ist das Auftragen mittels Spraydose.

2.1.2.2 Festkörperlaser/Faser-Laser Faser-Laser (siehe Abb. 2.5) zählen zur Gruppe der Festkörperlaser. Ende der 1980er Jahre entwickelt, wurden sie wegen ihrer hohen Strahlkraft schnell erfolgreich. Die Hauptbestandteile der Faser-Laser: Pump-Laserdioden (wartungsärmer als Bogenlampen oder Blitzlampensysteme), Einkoppeloptik und Resonator. Sie erzielen einen äußerst kleinen Fokusdurchmesser und damit eine hohe Intensität. Faser-Laser-Systeme eignen sich sehr gut für die Metallbeschriftung mittels Anlassen für Metallgravuren und für kontrastreiche Kunststoffmarkierungen. Sie sind wartungsarm und zeichnen sich durch ihre lange Lebensdauer von mindestens 25.000 Laserstunden aus. Eine besondere Art der Faser-Laser ist der MOPA-Laser (Master Oscillator Power Amplifier), bei dem die Pulsdauern variabel einstellbar sind. Damit ist der MOPA-Laser einer der flexibelsten Laser und kann für viele Applikationen verwendet werden. Er ist für die Bearbeitung folgender Materialien geeignet: Metalle, beschichtete Metalle, Kunststoffe. Die Bearbeitung der Metalle und Kunststoffe mit dem Faser-Laser geschieht durch Materialabtrag, Materialverformung und Verfärbung (Reliefbildung durch Anlassen). Im Gegensatz zum Gas-Laser ist der Faser-Laser nur mit einer sehr hohen Leistung für das komplette Schneiden von Kennzeichenkonturen geeignet.

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren27

Lineare Pumpstrahlung Laserdiode

Einkopplungsoptik

Speziell verspiegelte Faserenden

Auskopplungsoptik

Absauganlage für Laserrauch

Metall

Anlassen

Metall

Metall

Abb. 2.5  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Faser-Laser. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

Zu den Vorteilen dieses leistungsstarken Verfahrens gehört auch der kompakte und wartungsarme Aufbau der Systeme. Auch die hohe Lebensdauer der Laserquelle von über 25.000 Laserstunden ist hier aufzuführen. Die Leistungsstärke der Systeme reicht von 10 bis 120 Watt. Beschriftungsfelder sind ab 110 × 110 mm möglich. Bei Kaufinteresse sind die vergleichsweise hohen Einstiegsinvestitionen von 25.000 bis 30.000 Euro pro System zu berücksichtigen.

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2.1.2.3 Festkörperlaser/Kristall-Laser Wie die Faser-Laser, so zählen auch Kristall-Laser (siehe Abb.  2.6) zu den Festkörperlasern. Für die Kennzeichnungsherstellung eingesetzte Kristall-Laser sind unter der Bezeichnung „Neodymlaser“ bekannt. Dafür stehen die beiden Ausführungen „Nd:YAG“ (Neodym-dotierter Yttrium-Aluminium-Granat) und „Nd:YVO4“ (Neodym-dotierter

Lineare Pumpstrahlung Laserdiode

Einkopplungsoptik

Optionaler Kristall zur Frequenzverdopplung

Auskopplungsoptik

Absauganlage für Laserrauch

Metall

Anlassen

Metall

Metall

Abb. 2.6  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Kristall-Laser. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren29

Yttrium-Ortho-Vanadat) mit Leistungen ab 4 Watt zur Verfügung. Diese Laser sind diodengepumpt (früher via Blitzlampen oder Bogenlampen). Kristall-Laser haben dieselbe Wellenlänge wie Faser-Laser (1064 nm). Sie können deshalb ebenfalls für die Beschriftung von Metallen und Kunststoffen, teilweise auch für Keramik, eingesetzt werden (Beschriftungsfeld: ab 60 × 60 mm). Dabei ist der Nd:YAG-Laser am universellsten zu nutzen, was sich mit der hohen Spitzenleistungen dieses Lasertyps erklärt. Mit diesem Laser kann bei mehreren Kunststoffen durch bestimmte Pigmente ein deutlicher und gut erkennbarer Farbumschlag erzielt werden. Im Vergleich mit Nd:YAG-Lasern haben Nd:YVO4-Laser andere Vorteile: Bei den kompakteren Geräten mit niedriger elektrischer Leistung zeigt sich eine bessere Wärmeleitfähigkeit. Die Geräte sind unempfindlicher gegenüber Schwankungen in der Wellenlänge der Pumpdioden, die beispielsweise durch Temperaturschwankungen oder alternde Dioden entstehen. Daraus resultiert ein geringerer Wartungsbedarf. Außerdem absorbiert ein Nd:YVO4-Kristall die Energie der Pumpdioden besser, sodass für dieselbe Leistung ein kürzerer Kristall (circa 1 mm) als bei einem Nd:YAG-Laser verwendet werden kann. Auch dies vergünstigt die Kosten und trägt zur Kompaktheit der Geräte bei. Allerdings sind bei YAG- oder Vanadatlasern relativ kostspielige Pumpdioden als Verschleißmaterial im Einsatz. Sie sind nach circa 10.000 bis maximal 15.000 Laserstunden auszutauschen. Auch der Kristall selbst hat eine geringere Lebensdauer als der Faser-Laser. Insgesamt bedeutet der Einsatz von Kristall-Lasern für die Kennzeichnungsherstellung eine vergleichsweise kostenaufwändige Option: Für leistungsfähige Geräte zur industriellen Mediumskennzeichnung beginnen die Preise bei circa 15.000 Euro.

2.2 Digitaldruck Der Digitaldruck gehört nicht nur bei der Herstellung industrieller Kennzeichen zu den erfolgreichsten Prozesserneuerungen der jüngeren Technikgeschichte. Das Verfahren kommt ohne Druckplatten aus. Bilder und Texte werden direkt und berührungslos vom Computer in das Druckgerät (Tintenstrahldrucker, Laserdrucker, Kopierer etc.) übertragen und berührungslos auf den gewünschten Kennzeichnungsträger gebracht. Das Drucken ohne feste Druckvorlage wird auch als „Non Impact Printing“ – kurz NIP – bezeichnet und gehört heute zu einem weit verbreiteten Verfahren. Damit entfallen Druckplatten, Drucksiebe, das Belichten von Filmen etc. Diese Reduktion an nötigem Material und Arbeitszeit gehört zu den Auszeichnungen des Digitaldrucks. Dass bei diesem Verfahren keine Druckvorlagen mehr nötig sind, hat den Weg zu wirtschaftlich herstellbaren Einzeldrucken, Kleinserien und personalisierten Produkten freigemacht. Dieser Weg begann mit der Erfindung der Elektrofotografie 1938 durch Chester F. Charlston. Wobei es bis in die 1980er Jahre dauern sollte, bis der Digitaldruck für einen Masseneinsatz reif wurde. 1985 entwickelte Hewlett Packard (HP) den thermischen Tintenstrahldrucker, worauf Canon mit einem Bubble-Jet-Drucker folgte. 1987 legte HP mit dem ersten Farb-Tintenstrahldrucker nach.

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Inzwischen ist das Angebot an Digitaldruckern sehr variantenreich und hinsichtlich der jeweiligen Kosten-/Nutzenrelation nicht einfach zu überschauen. Eine der wichtigsten Unterscheidungen beim digitalen Drucken lässt sich dabei zwischen Laser- und Tintenstrahlgeräten vollziehen. Wobei Laserdrucker wegen ihrer Beschränkung auf das Bedrucken von Papier und Folie vor allem dem Büroeinsatz zuzuordnen sind. Tintenstrahldrucker hingegen stellen aufgrund der größeren Flexibilität hinsichtlich des bedruckbaren Materials eine angemessene Option für das industrielle Kennzeichnen dar. Mit dem digitalen Tintenstrahldruck lassen sich starre und mehrdimensionale Materialien, wie Metall, Glas, Keramik und Stein, aber auch Kunststoffe und Folien in hoher Beständigkeit bedrucken, was dem Bedarf des industriellen Kennzeichnens entspricht. Da der Fokus unserer Abhandlung auf industriellem Kennzeichnen liegt, werden wir für die ausführlichen Beschreibungen und Bewertungen von Digitaldruck-Verfahren lediglich Verfahren heranziehen, die sich des Tintenstrahldrucks bedienen und sich für das industrielle Umfeld eigenen. Dabei haben wir uns auf folgende Verfahren konzentriert: • • • •

UV-Direktdruck Solvent-Druck Eloxal-Unterdruck-Verfahren PrintoLUX®-Verfahren

Für den Digitaldruck insgesamt lassen sich hinsichtlich seiner Eignung für das industrielle Kennzeichnen folgende Vorteile feststellen: • Beim Bedarf kleiner Stückzahlen/Auflagen an Kennzeichen zeigt sich der Digitaldruck aufgrund des hervorragenden Preis-Leistungsverhältnisses weitestgehend als konkurrenzlos. • Mit dem Verfahren lassen sich Kennzeichen herstellen, deren Darstellung auch bei kleinsten Formaten präzise und beständig sind. • Anschaffungskosten und Betriebskosten sind auch bei anspruchsvollen Geräten im Vergleich zu anderen Verfahren günstig. • Für die Handhabung und Bearbeitung der Geräte bedarf es keiner besonderen Vorkenntnisse. Logischerweise sind für den Digitaldruck mit Tintenstrahldruckern – wie bei jedem anderen technischen Verfahren – verfahrensbedingte Einschränkungen zu verzeichnen. • Es fallen relevante Kosten für Verbrauchsmaterialien an (Schildmaterial und Tinten). • Es fallen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an (Druckköpfe können eintrocknen, Druckköpfe können tropfen). • Automatische Reinigungsprozesse verbrauchen zusätzliche Tinte. • Die Farbe Weiß ist nur mit Einschränkungen qualitätvoll zu drucken, kann aber durch weiße Materialien im Negativdruck dargestellt werden.

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren31

2.2.1 UV-Direktdruck Das Verfahren des digitalen UV-Direktdrucks (siehe Abb.  2.7) unterscheidet sich vom herkömmlichen Digitaldruck durch die andersartige Verbindung zwischen Trägermaterial und aufgebrachter Tinte.

UV-Strahlungsquelle

UV-Strahlungsquelle

Metall

Abb. 2.7  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: UV-Direktdruck. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

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Bei herkömmlichen Digitaldruck-Verfahren dringt die Tinte in das Material ein und trocknet durch die Umgebungsluft oder durch thermische Härtung. Beim UV-Direktdruck dringt die Tinte nicht vollständig ein. Sie wird direkt nach dem Auftragen mit ultraviolettem (UV) Licht gehärtet. So bildet sie eine dünn aufliegende Schicht. Das Aushärten erfolgt direkt im Drucksystem und bedarf keines weiteren Arbeitsschrittes. Diese spezielle Art des Druckens ermöglicht eine große Flexibilität bei der Auswahl der Trägermaterialien. Häufig kommen dabei Aluminiumverbundplatten (oft das Produkt Dibond), PVCHartschaumplatten (oft das Produkt Forex) oder Hohlkammerplatten zum Einsatz. Aber auch Metalle oder Holz lassen sich auf diese Weise bedrucken. Der UV-Direktdruck wird auch als Großformat-Druckverfahren (Large Format Printing) bezeichnet, da sein Hauptanwendungsgebiet in der Herstellung von Großformaten zu sehen ist. Auf solchen Formaten werden zumeist Dekorationen und Werbebotschaften appliziert. Der Einsatz erfolgt im Veranstaltungsbereich (Messen) in Shoppingcentern, bei Wahlen etc. Mit modernen UV-Direktdruckern lassen sich auch unterschiedliche Kleinartikel (Werbeartikel) mit Motiven versehen. Für den Industrieeinsatz eignet sich das Verfahren nur eingeschränkt, da die dort geforderte hohe Beständigkeit nicht gegeben ist. Dies resultiert aus der nicht vollzogenen Verbindung von Trägermaterial und Tinte. Besonders gegenüber mechanischen Einflüssen ist die Beständigkeit gering. Auch gegen Witterungseinflüsse (UV-Licht, Feuchtigkeit) sind UV-härtende Tinten nicht ausreichend resistent. Ohne zusätzlichen Schutz (Folien, Lacke) sind sie für den Außeneinsatz nicht zufriedenstellend einsetzbar. Dennoch gibt es auch im industriellen Umfeld einige Einsatzgebiete, die sich für den UV-Direktdruck eignen. Für die Anschaffung eines UV-Direktdruckers im Sektor der industriellen Kennzeichnung ist mit Einstiegspreisen ab circa 15.000 Euro zu rechnen. Regelmäßige Wartungsund Instandhaltungsarbeiten sind erforderlich. Ungeklärt bei Verwendung von UV-Direktdruck ist zumeist die gesundheitliche Unbedenklichkeit UV-härtender Tinten. Im nicht ausgehärteten Zustand können sie erhebliche gesundheitliche Schäden verursachen (siehe dazu die Ausführungen in Kap. 3 und 14). Das in einigen UV-härtenden Tinten noch enthaltene NVC Caprolactam ist mittlerweile in der EU-Reach-Stoffdatenbank als „zielorganschädigender Stoff“ für Leber und obere Atemwege (H372) deklariert (http://echa.europa.eu/registration-dossier/-/registered-dossier/13517/2/1). Substituierende Substanzen, die für NVC eingesetzt werden, sind zumeist nicht weniger kritisch zu bewerten. Details zum Gefährdungspotenzial von Tinten finden sich in den jeweiligen Sicherheitsdatenblättern der Hersteller. Diese sollten bezüglich der letzten Bearbeitung nicht älter als ein Jahr sein. Zu den Vorteilen des UV-Direktdrucks zählen: • • • • •

die große Flexibilität hinsichtlich des Druckmaterials geeignetes Verfahren für den Druck kleinerer und großer Stückzahlen geringe Produktionszeiten, da nach dem Druck keine Nachbearbeitung anfällt variable Druckhöhe bis circa 150 mm bei Standardsystemen Farbdruck inklusive der Farbe Weiß (als Abdeck-, Untergrund- oder Spotfarbe)

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren33

Als Nachteile des UV-Direktdrucks sind zu nennen: • • • •

relativ hohe Investitionskosten eine industrietaugliche Beständigkeit wird mit dem Verfahren nicht erreicht die Druckqualität (Konturenschärfe) lässt oft zu wünschen übrig die Nutzung des Verfahrens erfordert wichtige Sicherheitsvorkehrungen. So ist zu verhindern, dass Bediener dem UV-Licht der Lampen direkt ausgesetzt sind. Weiterhin muss ein Schutz vor Tintennebel (Ink-Misting) gegeben sein • die gesundheitlichen Risiken von nicht ausgehärteter Tinten sind Gegenstand vieler kritischer Kommentierungen des UV-Direktdrucks • auch muss im Zuge der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes die Qualifikation des Arbeiters berücksichtigt werden. Der Unternehmer trägt die Verantwortung für seine Mitarbeiter und seine Produkte. UV-härtende Tinten in der Kritik Gemäß der aktuellen Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) hat jeder Arbeitgeber die Pflicht zur Substitutionsprüfung (Ersatzstoffermittlung), wenn in seinen betrieblichen Einrichtungen ein „offener Umgang“ mit einem Gefahrstoff gegeben ist. Einen offenen Umgang stellt schon das Wechseln von Tintenkartuschen oder Tintenbeuteln dar, weil die Austrittsöffnung der leeren Behälter nicht frei von Tinte ist. Da das in UV-härtenden Lacken, Farben und Klebstoffen enthaltene Monomer „N-Vinyl Caprolactam“ (NVC, auch VCL) offiziell als Gefahrstoff mit weitreichenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingestuft wird, sind die Anwender des UV-Direktdrucks verunsichert, und die Hersteller der UV-härtenden Tinten müssen nach Alternativen suchen, was mit Stand Dezember 2017 noch nicht zu neuen zufriedenstellenden Lösungen geführt hat.

Der Einsatz des UV-Direktdrucks zur Herstellung von industrietauglichen Kennzeichen lässt sich für folgende Situationen als eine sinnvolle Option ins Auge fassen: • • • • • • •

beim Einsatz unterschiedlicher Inhalte auf jedem Kennzeichen (Einzelstücke) wenn stark schwankende Stückzahlen gefordert sind (ab Auflage 1 Stück) wenn die gewünschte Beständigkeit der Kennzeichen nicht besonders hoch sein muss wenn ein Herstellungsverfahren für unterschiedliche Materialien benötigt wird wenn mehrfarbige Kennzeichen zum Einsatz kommen sollen wenn ein einfaches Verfahrenshandling angestrebt wird wenn ein einfaches Handling durch den Einsatz von Standardsoftware begünstigt werden soll • wenn die Herstellung der Kennzeichen im eigenen Hause vorgenommen werden soll

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2.2.2 Solvent-Druck (Lösemitteldruck) Beim Solvent-Druck (siehe Abb.  2.8) wird mit lösungsmittelbasierten Tinten gedruckt. Beim Kontakt mit dem Schildmaterial weichen diese Tinten die Materialoberfläche im Druckbereich auf, um auf diese Weise in das Schildmaterial diffundieren zu können und

Schablone

Metall

Abb. 2.8  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Solvent-Druck. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren35

eine gewisse Beständigkeit zu erzielen. Ältere, übelriechende Tinten sind inzwischen durch eine jüngere Generation abgelöst, die diesen Makel überwunden hat und auch eine erhöhte Beständigkeit aufweist. Trotzdem kann bei höheren Belastungen von Solvent-Druck-Kennzeichnungen nicht auf einen zusätzlichen Schutz (Beschichtung, Laminierung oder Abdeckungen) verzichtet werden. Nur so lässt sich die Beständigkeit von Solvent-Druck-Kennzeichnungen gegenüber scharfen Lösungsmitteln, Benzin oder Kerosin erhöhen. Je aggressiver – dementsprechend auch gefährlicher und aufwändiger in der sicheren Handhabung – ein Lösungsmittel in der eingesetzten Tinte ist, desto tiefer dringt sie in das bedruckte Material ein. Vice versa bedarf es bei stärker chemikalienbeständigen Kunststoffmaterialien des Einsatzes von aggressiveren Lösungsmitteln, um eine ausreichende Eindringtiefe zu erzielen. Beständige Kunststoffkennzeichen erfordern also aggressive Lösungsmittel in der Solventtinte. Zumeist nutzt der Solvent-Druck Kunststoffe und Folien als Schildmaterialien. Auch beim Bedrucken von Stoffen und Polyestergewebe findet das Verfahren häufig Anwendung. Im Maschinen- und Anlagenbau hat der Solvent-Druck vor allem für die SchaltschrankKennzeichnungen Bedeutung. Ein Großteil der in den Schaltschränken eingesetzten Kennzeichnungen (siehe dazu auch Kap. 9) wird mit Solvent-Druck-Systemen gefertigt. Als Trägermaterial kommt dabei in der Regel PC-Polycarbonat zum Einsatz, eine Untergruppe des Kunststoffes Polyester.

Die Begriffe „Lösungsmittel“ und „Lösemittel“ Die beiden Begriffe „Lösungsmittel“ und „Lösemittel“ (englisch: solvent) bezeichnen Flüssigkeiten, die in andere Stoffe eindringen – und sie auflösen können. Sie werden in der Industrie für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. Das kann für Lacke und Druckfarben, ebenso wie zum Abbeizen, Reinigen und Entfetten sein. Hinsichtlich der Begriffsbedeutung gibt es keinen Unterschied zwischen „Lösungsmittel“ und „Lösemittel“. Es unterscheiden sich lediglich die Verwendungsbereiche: Der Wissenschafts- und Laborbereich nutzt den Begriff „Lösungsmittel“. In der industriellen Praxis hat sich der Begriff „Lösemittel“ durchgesetzt.

Die mit dem Solvent-Druck verbundenen Vorteile sind im Kern die grundsätzlichen Vorteile des Digitaldrucks: • Mit dem Verfahren verbinden sich ein einfaches Procedere und eine schnelle Herstellung von Kennzeichen und anderen Druckaufgaben. • Die meisten Solvent-Drucker können über jede Etikettensoftware genutzt werden, die über einen Druckertreiber den Drucker ansteuern. • Dass bei diesem Verfahren die Tinte schnell in das Trägermaterial eindringt, ohne dafür weitere Maßnahmen und Arbeitsschritte zu benötigen, erhöht den Vorteil des effektiven Handlings.

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• Soweit die jüngeren Generationen der Solvent-Tinten zum Einsatz kommen, ist damit, abhängig vom Trägermaterial, auch ein recht hohes Maß an Beständigkeit zu erzielen. • Der Solvent-Druck ist auch und gerade bei kleinen Stückzahlen und Einzelstücken wirtschaftlich einzusetzen. Aus diesem Grunde wird das Verfahren oft für das Bedrucken von Großfolien genutzt. Folgende Nachteile und Einschränkungen sind für den Solvent-Druck zu konstatieren: • Der Einsatz von Lösemitteltinten erfordert im Vergleich zu wasserbasierenden Tinten mehr Sicherheitsmaßnahmen, da beim täglichen Gebrauch dieser Tinten Kontaminationsrisiken im Bereich Haut, Augen und Atemwege bestehen. Produktnamen wie „Eco-Solvent“, „Mild-Solvent“, „Bio-Solvent“ weisen gerade durch ihre Reklame darauf hin, dass es bei dem Verfahren insgesamt um aggressive Lösemittel geht, deren Einsatz einer strengen (auch gesetzlichen) Kontrolle bedarf. • Entsprechend der Risiken für Gesundheit und Umwelt, die sich mit dem Einsatz von Solvent-/Lösemitteltinten verbinden, ist der Aufwand für deren Kontrolle und Minimierung beträchtlich. Beim Großformatdruck bedarf es an Absauganlagen für freiwerdende Lösemitteldämpfe. Zur Lagerung und Verarbeitung der Tinten müssen eigens Schutzmaßnahmen getroffen werden. Und die mit dem Solvent-Druck beschäftigten Mitarbeiter brauchen dafür ausführliche Schulungen und Einweisungen. • Die mangelnde Flexibilität hinsichtlich des einsetzbaren Schildmaterials (keine Metalle) schränkt den Einsatz des Solvent-Druck-Verfahrens für die Industrie deutlich ein. Zusammenfassend lässt sich aufzeigen, unter welchen Umständen und bei welchen Anforderungen sich Solvent-Tinten für Kennzeichnungen im Anlagen- und Maschinenbau besonderes eignen: • beim Bedarf von Einzelstücken und individueller Inhalte auf jedem Kennzeichen • wenn stark schwankende Stückzahlen gefordert sind • wenn ein einfaches Verfahrenshandling und der Einsatz einer Standardsoftware gewünscht ist • wenn durch die Kennzeichnungsherstellung keine Lärmbelästigungen auftreten sollen • wenn die komplette Herstellung der Kennzeichen im eigenen Hause erfolgen soll • wenn keine allzu hohe Beständigkeit gefragt ist

2.2.3 Eloxal-Unterdruck-Verfahren Beim Verfahren des digitalen Eloxal-Unterdrucks (siehe Abb.  2.9) werden offenporig eloxierte Aluminiumplatten digital bedruckt und anschließend in einem Heißwasserbad (destilliertes Wasser plus Sealsalz) bei circa 97 Grad Celsius verdichtet. Diesen Prozess nennt man „Sealbad“. Er dauert circa 45 Minuten. Während des „Sealbades“ lagert sich Wasser in die Aluminiumeloxalschicht ein. Durch die Wassereinlagerung dehnt sich das

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren37

ELOXALUNTERDRUCKVERFAHREN

Plattenmaterial

Trägermaterial (offenporiges Aluminiumeloxal)

Eloxalschicht Aluminium

Offene Poren mit Tinte gefüllt

Tauchbad für ca. 1 Std in mind. 97° C demineralisierten Wasser

verengte Poren mit Tinte gefüllt

Abb. 2.9  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Eloxal-Unterdruck-Verfahren. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

Aluminiumeloxal aus. Das wiederum führt zu einer sehr starken Verengung der Poren und zu einer Verdichtung der Materialstruktur. Die Materialoberfläche gewinnt an Härte. Durch die Verengung können die beim Druck eingedrungenen Farbstoffe nicht mehr entweichen. Ein Eindringen von weiteren Farbstoffen oder anderen Chemikalien ist dann nicht mehr ohne Weiteres möglich. So entsteht eine hohe Kratz- und Chemikalien-Beständigkeit des Drucks. Die Platten müssen dann in einer gesonderten mechanischen Nachbearbeitung zu

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den gewünschten Kennzeichnungsformaten geschnitten, gefräst, gestanzt werden sowie für eine einfache Montage konfektioniert werden. Dass dieses Verfahren allein mit dem Trägermaterial Aluminium funktioniert, verrät schon der Name „Eloxal“ als Kurzform von „elektrolytische Oxidation von Aluminium“. Das Verfahren ist in dieser Form erst seit den Jahren 2007/08 nutzbar. Vor der Durchsetzung des Digitaldrucks war der Eloxal-Unterdruck auf dem Wege des wesentlich aufwändigeren Siebdrucks verfügbar. Diese Variante wird hier nicht weiter ausgeführt, da sie sich unter dem Aspekt des „Kennzeichnens in Eigenregie“ wenig eignet und hohe Risiken hinsichtlich Gesundheit und Umwelt birgt. Der Druck von eloxiertem Aluminium ist sehr beständig und vielseitig einsetzbar. Die Beständigkeit gegen Sonnenlicht (UV-Licht), chemische Substanzen, Kratzer, Abrieb und Feuchtigkeit macht Innen- als auch Außenanwendungen möglich. Beim Eloxalprozess kann eine dünne oder dicke Oxidschicht hergestellt werden, wobei vergleichsweise dicke Eloxalschichten (20 bis 25 µm) oft als Korrosionsschutz in der Bauindustrie, aber auch im Maschinenbau und in der Automobilproduktion genutzt werden. Dünnere Schichten dienen häufig zur Herstellung von Dekorationen und Innenwerbung. Offenporiges Aluminiumeloxal wird mit einer wasserundurchlässigen Folie geschützt, damit sich kein Wasser einlagert und das nicht bedruckt aufbewahrte Material nicht unbrauchbar wird. So kann man die Lagerzeit des unbedruckten Materials wesentlich erhöhen. Der Gesamtprozess mit Druckvorgang, nachfolgendem Verdichten und der mechanischen Nachbearbeitung ist sehr handwerklich und zeitlich aufwändig. In der Regel wird der Eloxal-Unterdruck nicht von den Kennzeichnungsnutzern (firmenintern) angewandt, sondern als Dienstleistung zugekauft.

Effizienz sieht anders aus (I) Es gehört zu den Paradoxien der Kennzeichnungs-Praxis beziehungsweise ihrer Beschaffungswege, dass Anlagen- und Maschinenbauer nicht selten folgende Beschaffungsoption wählen: Sie lassen sich Kennzeichen liefern, die via EloxalUnterdruck-Verfahren mit identischen Inhalten versehen werden (größere Stückzahlen mit identischen Inhalten). Die variablen Inhalte, zum Beispiel von Typenschildern, werden dann in house durch Gravur, Prägen, Ritzen oder Schlagstempel auf diese Kennzeichen aufgebracht. Je nach Anspruch der Lesbarkeit erfolgt nach diesem Individualisierungsprozess noch ein farbiges Auslegen mittels Spezialfarbe (in der Regel schwarz). Dieser Prozess wird in der Regel in Handarbeit ausgeführt. Der Aufwand, der sich mit diesem Vorgehen verbindet, ist so groß, dass jedem, der aktuell noch so verfährt, anzuraten ist, verfügbare Alternativen zu wählen, die bei gleichem Nutzen in wirtschaftlicher Hinsicht klar überlegen sind. Dabei ist das Einsparen von Arbeitszeiten der wesentliche Kostenreduzierungsfaktor. Das nachweisliche Einsparpotenzial liegt zumeist bei 50 % und mehr.

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren39

Effizienz sieht anders aus (II) Der gesamte Ablauf des Eloxal-Unterdruck-Verfahrens soll im eigenen Hause vollzogen werden. Dabei ist zu beachten: Das nötige Plattenmaterial (es gibt dafür lediglich ein einziges Material) kann nur von einigen wenigen Zulieferern bezogen werden. Der mangelnde Wettbewerb führt oft zu überhöhten Preisen und Einschränkungen bei der Konstanz der gelieferten Qualität (unterschiedliche Schichtdicken des Eloxals und in der Folge Farbveränderungen des Materials sowie Beeinträchtigungen bei bestimmten Beständigkeiten). Auch die Lagerfähigkeit des offenporigen Eloxalmaterials ist eingeschränkt. Die Poren schließen sich sukzessive. Damit ist die Logistik gefordert, immer die passenden Mengen bereitzustellen. Die Kennzeichen können via Digitaldruck (in house) komplett (inklusive der individuellen Inhalte) in einem Arbeitsgang auf das Plattenmaterial aufgebracht werden. Dann erfolgt die Materialverdichtung im Sealbad. Ein Teil der Farbe gelangt ins Sealbad, mit dem Effekt, dass dieses Bad regelmäßig zu erneuern ist. Es entsteht Sondermüll. Außerdem führt der sich ständig wechselnde Sättigungsgrad des Sealbads mit Farbe dazu, dass keine definierten Farbtöne – zum Beispiel für Firmenlogos – zu erzielen sind. Jetzt kommt der Verfahrensschritt der mechanischen Nachbearbeitung: Auf der verdichteten Platte befinden sich beispielsweise zehn Typenschilder. Sie sind durch Fräsen mechanisch aus der Platte herauszuarbeiten (Kontur, Bohrungen). Sollte jetzt das Kennzeichen noch mit einem Kleber versehen werden, ist dies gleichfalls von Hand vorzunehmen. Im Idealfall erfolgt das formatgerechte Zuschneiden der Kleber mittels eines Plotters. Die Klebestücke sind dann wiederum per Hand auf die Kennzeichen zu konfektionieren. Merke: So viel Aufwand kann bei der Kennzeichnungsherstellung nötig werden – wenn man das falsche Herstellungsverfahren wählt.

Bei einer Abwägung der Vor- und Nachteile dieses Verfahrens sollten folgende Hinweise dienlich sein: • Der Eloxal-Unterdruck erzeugt eine sehr hohe Beständigkeit in mehrfacher Hinsicht: die hohe Kratzbeständigkeit zählt ebenso dazu wie die hohe Beständigkeit gegen unterschiedliche Öle, Fette, Kraftstoffe und Lösemittel. Dazu kommt eine hohe Korrosionsund UV-Beständigkeit. • Mit dem Verfahren hergestellte Kennzeichnungen sind gut zu reinigen. • Sie haben einen dekorativen, metallischen Glanz. • Farben können problemlos zum Einsatz kommen, lediglich das Realisieren identischer Farbtöne gestaltet sich schwierig.

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Als Nachteile fallen auf: • Die alleinige Verwendung des Schildmaterials Aluminium sowie der hohe Herstellungsaufwand erschweren und verhindern zumeist die Anwendung des Verfahrens im eigenen Haus. • Das Realisieren identischer Farbtöne über mehrere Chargen gestaltet sich als schwierig • Nach RAL/Pantone definierte Farbtöne sind mit diesem Verfahren aller Erfahrung nach nicht zu erzielen. • Auch eine gleichbleibende Optik des Basismaterials ist aufgrund des Herstellungsprozesses schwer machbar. Der metallische Effekt variiert je nach der Stärke der Eloxalschicht, die nicht immer genau gleich zu liefern ist. • Hinsichtlich der Kosten muss zunächst auf das vergleichsweise teure Schildmaterial Aluminium hingewiesen werden. Außerdem verbindet sich mit dem Eloxal-Unterdruck ein außergewöhnlich hoher Verfahrensaufwand. • Da lösemittelhaltige Farben zum Einsatz kommen, muss auch hier auf deren Status als „Gefahrstoff“ und die dringende Beachtung der in Sicherheitsdatenblättern vermerkten Richtlinien hingewiesen werden. So lässt sich vorläufig resümieren, dass der digitale Eloxal-Unterdruck vor allem und nahezu allein durch die damit erzielbare Beständigkeit überzeugt. Das Verfahren genießt zum Zeitpunkt des Verfahrensvergleichs (Dezember 2017) offensichtlich eine relevante Akzeptanz im Markt. Wobei kaum zu erwarten ist, dass dies angesichts eines leistungsstarken Wettbewerbs so bleibt. Die Frage, in welchen Bedarfssituationen der Einsatz des digitalen Eloxal-UnterdruckVerfahren geeignet erscheint, lässt sich wie folgt beantworten: • wenn eine hohe Beständigkeit der Kennzeichen gefordert ist • wenn eine nachträgliche Individualisierung der Kennzeichen, zum Beispiel via Gravur, in house stattfinden soll/kann • wenn ein nachträgliches Auslegen der individuellen Inhalte (i. d. R. mit schwarzer Farbe) in house stattfinden soll/kann • wenn mehrfarbige Kennzeichen zum Einsatz kommen sollen

2.2.4 Das PrintoLUX®-Verfahren Das PrintoLUX®-Verfahren (siehe Abb.  2.10) ist ein patentiertes Spezialverfahren, das sich als eine thermohärtende Variante des Digitaldrucks bezeichnen lässt. Das Verfahren ist seit 2008  verfügbar und hat sich binnen weniger Jahre besonders im Anlagen- und Maschinenbau zu einer oft genutzten Option der Kennzeichnungsherstellung entwickelt. Mit dem Verfahren lassen sich spezielle Trägermaterialien aus Metall, Kunststoff und Folie in industrietauglicher Beständigkeit digital bedrucken. Die maximale Größe

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren41

PRINTOLUX VERFAHREN

Einbrennlack auf Materialoberfläche Thermohärtende, wasserbasierte Spezialtinte, Kohäsion

Metall 11 unterschiedliche PrintoLUX zertifizierte Materialien aus Metallen sowie festen und flexiblen Kunststoffen

Abb. 2.10  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: PrintoLUX®-Verfahren. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

der mit dem Verfahren herstellbaren Formate liegt derzeit bei 320 mm  ×  540 mm. Als wesentliche Verfahrens-Komponenten kommen zum Einsatz: vom Unternehmen PrintoLUX ausgewählte und zertifizierte Schildermaterialien (derzeit elf Sorten), spezielle Drucksysteme (derzeit vier Modelle), eine einzige Standard-Etikettensoftware für alle herzustellenden Kennzeichnungen, hochpigmentierte wasserbasierte Spezial-Tinten,

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Vorbehandlungsprodukte sowie Wärmeeinheiten zur Thermohärtung. Die drei Arbeitsschritte, die beim PrintoLUX®-Verfahren zu absolvieren sind, bestehen aus:   (I) dem Vorbehandeln des Materials (einfaches Aufbringen einer speziellen Flüssigkeit mittels eines fusselfreien Tuches)   (II) dem Drucken (III) und dem Thermohärten in einer zum System gehörenden Wärmeeinheit. Beim thermischen Aushärtungsvorgang dringt die Tinte in das bedruckte Material ein. Es entsteht eine chemische Verbindung (Kohäsion) zwischen Tinte und Trägermaterial, was im Gegensatz zur Adhäsion als physikalischem oberflächlichen Auftrag zu einer sehr hohen Beständigkeit führt. Nach dem Aushärten sind die Kennzeichen einsatzfähig. Der Einsatz von Standard-Nutzenbogen (148 × 200 mm) erhöht die Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens. Nutzenbogen sind Kartonagen und/oder Folien in den Standardformaten 148 × 210 mm und 148 × 200 mm, auf denen sämtliche PrintoLUX-Kennzeichen im Mehrfachnutzen konfektioniert werden können. Die Nutzenbogen sind in der PrintoLUXStandardsoftware als Formatvorlagen hinterlegt. Außerdem bietet das Unternehmen PrintoLUX die einsatzfertige Konfektionierung des Schildmaterials an (Kleber, Bohrungen, Abrundungen der Ecken etc.). Der eigentliche Druckvorgang wird durch eine windowsbasierte Standard-Etiketten-Software (Bartender) gesteuert. Zu den Charakteristika des patentierten Verfahrens, dessen Anwendungsbereiche bisher vor allem in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau liegen, gehört in erster Linie eine positive Kosten-Nutzen-Relation. Komplette PrintoLUX®-Systeme für den Industrieeinsatz sind ab circa 5000 Euro zu erhalten (inklusive Wärmeeinheit, Software und Zubehör). Die Arbeit mit dem System kann in Büroumgebungen stattfinden und bedarf keiner gesonderten Schutzmaßnahmen. Entsprechende Untersuchungen der Berufsgenossenschaft dokumentieren dies. Spezielle Vorkenntnisse sind für den Umgang mit dem System nicht nötig. Für das damit befasste Personal ist es ausreichend, über PC-Basiskenntnisse zu verfügen und sich mittels einer mehrstündigen Einweisung mit dem PrintoLUX®-Verfahren vertraut zu machen. Zu dem Nutzen, der sich mit dem Verfahren erzielen lässt, gehören neben der Wirtschaftlichkeit eine hohe Beständigkeit, die große Materialflexibilität und die Mobilität, die es erlaubt, Kennzeichnungen auch auf Baustellen und bei Montagen herzustellen. Eine Abwägung von Vorteilen und Nachteilen des Verfahrens kann folgende Erfahrungen aufnehmen und je nach Bedarf gewichten: • Das PrintoLUX®-Verfahren ist flexibel hinsichtlich des einsetzbaren Schildmaterials und kann Metalle ebenso bearbeiten wie Kunststoffe und Folien. • Es ist mobil einsetzbar, auch auf Baustellen und bei Montagen.

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren43

• Das Verfahren eignet sich gut für die In-house-Produktion von Kennzeichen. • Mit dem PrintoLUX®-Verfahren lässt sich eine hohe Darstellungsqualität erzielen, was beim Einsatz von Farben ebenfalls zutrifft. • Auch die hohe Beständigkeit gehört zu den Auszeichnungen des Verfahrens. • Das Verfahren ist einfach in der Handhabung und bedarf hinsichtlich des Bedienungspersonals keiner speziellen Ausbildung. • Bei der Bewertung des Aspekts „Gesundheit und Umwelt“ kann das PrintoLUX®-Verfahren ebenfalls punkten. Die eingesetzten Spezialtinten sind wasserbasiert und werden nach aktueller Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen) nicht als Gefahrstoff eingestuft. Der Einsatz des Verfahrens in Büroräumen erfordert keinerlei Schutzmaßnahmen. Dazu liegen entsprechende Prüfberichte akkreditierter Labors vor. Als Einschränkungen sind für das PrintoLUX®-Verfahren zu nennen: • Die industrietauglich hohe Beständigkeit setzt den Einsatz von Materialien voraus, die vom Unternehmen PrintoLUX auf ihre Eignung geprüft, zertifiziert und verkauft werden. Das Junktim von Verfahren und verwendbarem Material schafft für die Anwender ein erhöhtes Maß an Abhängigkeit. Aktuell (Januar 2018) werden elf Materialsorten angeboten (Metalle, Kunststoffe, Folien). • Die mit dem Einsatz des PrintoLUX®-Verfahrens einhergehende Formatbeschränkung liegt im Jahr 2017 bei einem Maximalformat von 320 × 540 mm. • Weißdruck ist möglich, jedoch mit Einschränkungen im Helligkeitsgrad verbunden. Zusammengefasst lässt sich das PrintoLUX®-Verfahren für folgende Bedarfssituationen empfehlen: • • • • • • • • • •

wenn eine deutliche Prozessvereinfachung gefragt ist wenn eine hohe Beständigkeit der Kennzeichen gefordert ist wenn Kennzeichen mit wechselnden Inhalten zum Einsatz kommen wenn bei der Kennzeichenherstellung unterschiedliche Schildmaterialien eingesetzt werden sollen wenn mehrfarbige Kennzeichen gewünscht werden wenn Kennzeichen direkt auf Baustellen und bei Montageeinsätzen herzustellen sind wenn eine einfache Verfahrenshandhabung gefragt ist wenn Umwelt- und Arbeitssicherheitsaspekten eine Entscheidungsrelevanz zukommt wenn eine komplette Herstellung der Kennzeichen im eigenen Hause vorgenommen werden soll wenn Lackbenetzungsstörungsfreiheit (LABS) von Trägermaterial, Kleber und Abdeckpapier gefordert ist

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2.3 Siebdruck Dem Siebdruck ähnliche und ihm vorangehende Verfahren, wie beispielsweise die Schablonentechnik, fanden schon im 18. und 19. Jahrhundert Anwendung zum Bedrucken von Wänden in Wohnräumen, von Stoffen und Pappe beziehungsweise Papier. Für das erste Jahrzehnt im 20. Jahrhundert sind einige Zeugnisse zu US-amerikanischen Unternehmen vorhanden, die mit dem Siebdruckverfahren begannen. In Deutschland kam es erst ab 1925 zum Einsatz, damals zum Bedrucken von Werbetafeln und Stoffen. Die Weiterentwicklung des Verfahrens und seiner Komponenten schufen ein breites Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten und machten das Verfahren weltweit erfolgreich. Neben dem Einsatz in der Industrie sind es vor allem die Bereiche „Textil“, „Verpackung“ und „Werbung“, in denen das Verfahren bis heute seine Anwendung findet. Das große Anwendungsfeld verdankt sich auch der Vielseitigkeit hinsichtlich des einsetzbaren Trägermaterials. Stoffe, Kunststoffe, Papier, Folie, Schichtstoffe, Glas, Keramik und Metalle eignen sich für dieses Verfahren. Zur Funktionsweise des Siebdrucks (siehe Abb. 2.11): Die Druckfarbe wird mit einer Gummirakel durch ein feinmaschiges Gewebe hindurch auf das zu bedruckende Material gedruckt. An denjenigen Stellen des Gewebes, an denen, dem Druckbild entsprechend, keine Farbe gedruckt werden soll, werden die Maschenöffnungen des Gewebes durch eine Schablone farbundurchlässig gemacht. Der Siebdruck wird auch als „Durchdruckverfahren“ bezeichnet und ist eines der vier klassischen Druckverfahren neben Hochdruck, Flachdruck und Tiefdruck (siehe Abb. 2.12). Soweit der Siebdruck für die Herstellung von Industriekennzeichen eingesetzt wird, sind folgende Charakteristika auffällig: Durch den hohen Farbauftrag lässt sich mit dem Verfahren eine gute Beständigkeit erzielen. Gängige Siebdruckfarben sind auf Lösungsmittelbasis oder als UV-härtende Farben hergestellt. Deshalb ist die Beständigkeit von Siebdrucken gegenüber aggressiven Lösungsmitteln nicht hoch. Als Nachteil ist der hohe Aufwand festzuhalten, den das Verfahren erfordert. Im Mehrfarbdruck muss jede Farbe einzeln gedruckt werden, was viel Zeit- und Arbeitsaufwand kostet, der nur von qualifiziertem Fachpersonal zu leisten ist. Im Bereich der hier diskutierten industriellen Anlagenkennzeichnung ist der Siebdruck nicht mehr von großer Relevanz und hat seine vormalige Position in großen Teilen an unterschiedliche Varianten des Digitaldrucks abgegeben. Der Siebdruck kommt bei der industriellen Kennzeichnung dann noch zum (Teil-)Einsatz, wenn mittlere Auflagen (einige hundert Stück) und hohe Auflagen mit identischen Inhalten zu versehen sind. Wenn dabei eine Reduzierung auf nur eine Farbe vorgenommen werden kann, erhöht dies die Wirtschaftlichkeit deutlich. Auch der Siebdruck kann, wie das Eloxal-Unterdruck-Verfahren, dazu verwendet werden, identische Inhalte darzustellen und die variablen Daten später zum Beispiel durch Gravur zu ergänzen.

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren45

SIEBDRUCK farbdurchlässige Druckform

Rakel

Metall

Abb. 2.11  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Siebdruck. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

Derart veraltete Vorgehensweisen sind in der Praxis noch vorhanden; vor allem bei externen Dienstleistern, wo solche Systeme noch zum vorhandenen Maschinenpark gehören. Zeitgemäß ist der Siebdruck für „industrielles Kennzeichnen“ aber nicht mehr. Das Verfahren wird deshalb nicht bei den detaillierten Prüfungen im Folgekapitel mit einbezogen.

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TIEFDRUCK

Abb. 2.12  Hochdruck, Tiefdruck, Flachdruck, Durchdruck. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren47

2.4 Thermotransferdruck Die Entwicklung des Thermotransferdrucks geht auf die SATO Holdings Corporation, einem japanischen Hersteller für Drucker und Verbrauchsmaterialien, zurück. Dieses Unternehmen stellte den ersten Thermotransferdrucker 1981  vor. Das Verfahren funktioniert wie folgt (siehe Abb. 2.13): Die Drucker sind mit Druckköpfen ausgestattet, die

Druckwalze Trägermaterial, Harzband, Adhäsion

Farbband appliziert (thermisch) Adhäsion

Abb. 2.13  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Thermotransferdruck. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

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eine Reihe von speziell antihaftbeschichteten Heizelementen enthalten. Diese Elemente werden als „Dots“ bezeichnet. Die Heizelemente weisen für jeden darzustellenden Pixel in der Breite der Druckfläche eine separat zu beheizende, punktförmige Fläche (englisch „dot“) auf. Beim Druckvorgang wird mit Hitzeeinwirkung Farbstoff von einer Farbfolie, dem Farbband, auf das zu bedruckende Material übertragen. Dazu wird das Trägermaterial zusammen mit dem Farbband unter dem Druckkopf durchgeführt und dort erhitzt, wo die Kennzeichnungen erfolgen sollen. Das Farbband nennt man auch Ribbonband oder Thermotransferfolie. Es ist der Farbgeber beim Thermotransferdruck-Verfahren. Der Druck erfolgt bei diesem Verfahren durch die thermische Aufbringung des Farbbandes unter leichtem mechanischen Druck auf die zu bedruckende Fläche und unterscheidet sich im Ergebnis von anderen Verfahren vor allem durch eine kontrastreiche und vergleichsweise hohe Darstellungsqualität sowie durch eine sehr hohe Herstellungsgeschwindigkeit. Zu den Charakteristika dieses Verfahrens gehört die Beschränkung des verwendbaren Trägermaterials auf Papier, Folien und Textilien. Derart „weiche“ Materialien ermöglichen auch die Verarbeitung als Rollenmaterial, was die Effizienz fördert. Vereinzelte Hersteller von Thermotransferdruckern ermöglichen die Bedruckung von Kunststoffschildern für beispielsweise die Schaltschrankbeschriftung. Etikettenspender und Schneidemesser sind oft in die Drucker integriert. Thermotransferdrucker werden häufig als Desktopdrucker oder als Industriedrucker hergestellt, letztere sind robust und schnell. Druckwerke für industrielle Großanwendungen verwenden teilweise das Thermotransferdruck-Verfahren. Sie können dann in Produktionsstraßen oder anderen Anwendungen verbaut werden. Es gibt auch mobile Thermotransferdrucker. Als mobile Einheiten werden in den meisten Fällen Thermodirektdrucker verwendet, weil sie kein zusätzliches Verbrauchsmaterial benötigen. Thermodirektdrucke sind jedoch sehr anfällig gegenüber Hitzeeinwirkung. Anwendung findet der Thermotransferdruck vor allem bei der Produkt- und Lebensmittelkennzeichnung und bei Verpackungen. Im Industrieeinsatz werden damit überwiegend Etiketten gedruckt. Die gute Darstellungsqualität des Verfahrens erlaubt dabei insbesondere die Produktkennzeichnung mit Barcodes. Industrietaugliche Thermotransferdrucker, mit denen Etiketten gefertigt werden, sind ab circa 2000 Euro erhältlich. Robustere und wartungsärmere Geräte sind etwas teurer. Auch die Handhabung dieser Geräte ist einfach und hinsichtlich der Aspekte „Umwelt und Gesundheit“ unproblematisch. Der Thermotransferdruck ist eine umweltfreundliche Technologie, die keine speziellen Belüftungsmaßnahmen erfordert. Auch andere Investitionen in Schutzvorrichtungen fallen nicht an. Somit lässt sich für das Verfahren in allen Belangen ein nahezu konkurrenzlos hohes Maß an Wirtschaftlichkeit attestieren. Weitere Vorteile sind: • Die Verarbeitung von Rollenmaterial führt zu extrem kurzen Herstellungszeiten und somit zu hoher Effizienz. • Das Verfahren erzielt eine hohe Darstellungsqualität mit hohen Kontrasten. Es ist somit gut in der Lage, komplexen Inhalt auf kleinem Raum darzustellen (Codes).

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren49

• Schließlich ist die hohe Beständigkeit des Druckbildes festzustellen, die über den Einsatz von Harz-Farbbändern erzielt wird. Mit dem Einsatz von Wachsbändern und Wachs-Harzbändern verringert sich die Beständigkeit hingegen deutlich. • Die gängigen Thermotransferdrucksysteme können über jede Etikettensoftware genutzt werden, die über einen Druckertreiber den Drucker ansteuert. Als markante Einschränkungen des Verfahrens lassen sich zusammenfassen: • Das Trägermaterial ist reduziert auf Folien, Papier und Textilien. Spezielle Thermotransferdrucker können auch feste Kunststoffe verarbeiten. Den Kennzeichnungsbedarf des Maschinen- und Anlagenbaus, der sich durch den häufigen Einsatz von Metallschildern definiert, kann der Thermotransferdruck deshalb nur zum geringen Teil decken. • Einschränkungen sind auch im Bereich des Farbdrucks zu verzeichnen. In der Regel fertigt der Thermotransferdruck einfarbige Drucke. Vollfarbige Bilder oder Fotos sind damit nicht herzustellen, und Mehrfarbigkeit erfordert aufwändig ausgestattete Systeme (mehrere Druckköpfe). Häufig gibt es auch farbiges Rollenmaterial, das dann einfarbig schwarz bedruckt wird. • Hinsichtlich des Formats ist das Verfahren in der Kennzeichenbreite (Rollenbreite) beschränkt auf beispielsweise 60, 80, 100, 110 mm. Unterschiedliche Kennzeichenbreiten erfordern also den Einsatz mehrerer Systeme. Im Zusammenhang des hier vorgenommenen Verfahrensvergleichs lässt sich für den Thermotransferdruck resümieren: Für den Etikettendruck zeigt sich das Verfahren – zusammen mit dem Thermodirektdruck – als erste und beste Option. Die Material- und Farbeinschränkungen erfordern zwar den parallelen Einsatz eines weiteren Verfahrens, aber es zeigt sich in aller Regel als wirtschaftlich, den Etikettendruck gesondert abzudecken. Lediglich hinsichtlich der industrietauglichen Beständigkeit sind für dieses Verfahren zum Teil deutliche Abstriche zu machen. Oder es muss mit einem System gearbeitet werden, das die Kennzeichen nach dem Druckvorgang mit einer zusätzlichen Schutzfolie kaschiert. Auch die im Anlagenbau der Automobilindustrie geforderte Freiheit von lackbenetzungsstörenden Substanzen (LABS) bei Trägermaterial, Kleber und Abdeckpapier ist nicht gegeben.

Thermodirektdruck Dieses Thermoverfahren arbeitet ohne Farbbänder und druckt auf thermosensitives Papier oder Folien. Als einfache Variante des Thermodrucks reduziert er dadurch Komplexität und Verbrauchsmaterial, allerdings klar zu Lasten von Beständigkeit und Darstellungsvielfalt. Thermodirektdrucker arbeiten in der Regel nur mit Schwarz. Für das industrielle Kennzeichnen im Anlagen- und Maschinenbau ist dieses Verfahren nicht geeignet.

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2.5

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Plotter (Stift)

Stiftplotter sind ursprünglich für den Druck von großformatigen Zeichnungen, Grafiken oder Skizzen konzipiert. Dabei werden die beiden Varianten Rollenplotter oder Flachbettplotter unterschieden. Bei den Rollenplottern wird der Stift nur antiparallel zur Papierseitenkante bewegt, die Rollen bewegen das Papier vor und zurück. Bei Flachbettplottern (siehe Abb. 2.14) liegt das Papier flach fixiert, während der Plotter den Stift über die komplette Papierfläche bewegt.

(STIFT-) PLOTTER

Metall

Abb. 2.14  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Stiftplotten. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren51

Die sukzessive Ablösung der Stiftplotter durch Laser- und Tintenstrahldrucker setzte in den 1990er Jahren ein. Die Beschriftung von Schildern mittels Stiftplotter kann mit dafür konfigurierten Flachbettplottern realisiert werden. Im Gegensatz zu Laser- und Tintenstrahldruckern arbeiten Plotter mit Vektorgrafiken, die nicht aus Pixeln, sondern aus durchgehenden Linien bestehen. Diese Grafiken können beliebig vergrößert werden, ohne pixelig zu werden. Sie erlauben sehr hohe Genauigkeiten im Druckbild, es entstehen keine unscharfen Ränder. Als nachteilig erweist sich diese Eigenschaft, wenn kleine, eckige Punkte gedruckt werden sollen, wie zum Beispiel bei 2D-Codes. Da die Stifte der Plotter runde Schreibspitzen aufweisen, können sie durch kurzes Aufsetzen nur runde Punkte produzieren. Sie sind weiterhin nicht in der Lage, eine spitz ausgeführte Ecke zu drucken. Somit eignen sich Plotter nicht zum Drucken von gut lesbaren 2D-Codes. Stiftplotter-Systeme für die Erstellung von Kennzeichen sind wegen ihrer einfachen Gerätebauweise robust und transportabel. Die Kaufpreise liegen im unteren bis mittleren vierstelligen Eurobereich. Stiftplotter benötigen keine spezielle Einweisung und kein Fachpersonal. Sie sind nahezu wartungsfrei. Einzig die Stiftspitzen verschleißen durch mechanischen Abrieb und können eintrocknen. Durch die variabel einsetzbaren Stifte im Stiftplotter ist eine Beschriftung von Metallen mit speziellen Stiften, gefüllt mit Ätztinten, möglich. Da die Gefährdungspotenziale von Ätztinten weitgehend bekannt sind, wird ihr Einsatz beim Plotten zumeist vermieden. Für die Kennzeichnungsherstellung werden Stiftplotter in der Regel mit Solvent-Tinten betrieben. Da industriell eingesetzte Kennzeichen immer mehr mit 2D-Codes versehen werden, Stiftplotter aber dazu nur beschränkt fähig sind, werden sie zunehmend von Tintenstrahldruckern verdrängt. Als Vorteile von Stiftplottern lassen sich zusammenfassen: • • • •

Sie sind kostengünstig. Ihr robuster Aufbau macht sie einfach transportabel und nicht störanfällig. Sie benötigen kaum Wartungsaufwand. Die Einsetzbarkeit verschiedener Plotterstifte spricht für ein gewisses Maß an Materialflexibilität.

Die Nachteile der Stiftplotter: • • • •

2D-Codes können damit nicht in akzeptabler Qualität abgebildet werden. Der Druck von Logos und ähnliche Grafiken benötigt einen immens hohen Zeitaufwand. Feine Pixelgrafiken und feine scharfe Kanten sind nicht druckbar. Da bei dem Verfahren ein Stift bewegt wird, ist die Druckgeschwindigkeit gegenüber dem Tintenstrahldruck langsam.

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2.6

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Nadelmarkieren, Ritzmarkieren

Nadelmarkieren und Ritzmarkieren (siehe Abb.  2.15) zählen zu den Einprägeverfahren und stellen eine technische Weiterentwicklung des traditionellen Schlagstempelverfahrens dar. Entsprechende Maschinen wurden gemeinsam mit den ersten Graviermaschinen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt.

Material wird mit Kraftaufwendung verformt.

Meißel

Nadelprägen

Material wird mit Kraftaufwendung verformt.

Ritzstichel Nadelprägen

Metall

Abb. 2.15  Relevante Herstellungsverfahren für industrielle Kennzeichen: Nadel-/Ritzmarkieren. (Ausarbeitung des Herausgebers, März 2018)

2  Industrielles Kennzeichnen: Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren53

Die Arbeitsweise beider Verfahren besteht im Verdichten des Materials durch Krafteinwirkung. Dabei wird nahezu kein Material abgetragen. Das Nadelmarkieren ermöglicht durch eine pneumatisch  angetriebene, oszillierende Hartmetallnadel eine beständige Markierung auf einer Vielzahl von Materialien. Die Hartmetallnadel lässt sich dabei über zwei Schlitten in eine x- und eine y-Richtung bewegen und an festgelegten Positionen regelmäßig ins Metall stoßen. Beim Ritzmarkierer werden ebenfalls Hartmetallnadeln, aber auch Industriediamantnadeln eingesetzt. Damit sind Kunststoffe und Metalle zu bearbeiten. Im Unterschied zum Nadelmarkieren stößt die Nadel nicht auf das Material, sondern gleitet über die zu markierende Fläche und zieht so eine gleichmäßige, durchgehende Linie. Da sowohl beim Nadelmarkieren, als auch beim Ritzmarkieren nahezu kein Material abgetragen wird, gelten beide Verfahren als sehr fälschungssicher und finden deshalb ihren Einsatz häufig im Bereich der Direktkennzeichnung; so zum Beispiel beim Anbringen von Fahrgestellnummern. Kein Materialabtrag bedeutet auch, im Arbeitsprozess auf Absaugund Filteranlage verzichten zu können. Da bei diesen Verfahren die Krafteinwirkung auf das Material sehr gering ist, lassen sich druckempfindliche, dünnwandige, beschichtete, hohle oder leicht gewölbte Erzeugnisse problemlos bearbeiten. Beide Verfahren können, mit entsprechender Software ausgestattet, variable Daten aus Datenbanken nutzen und damit in Fertigungsanlagen integriert werden. Im Bereich der Medienkennzeichnung wird das Nadelmarkieren und das Ritzmarkieren oft für die Herstellung von Typenschildern genutzt. Dass dazu kleine und kostengünstige Geräte angeboten werden, die durchaus in der Lage sind, eine hohe Druckpräzision zu liefern und DataMatrix-Codes gut lesbar darzustellen (jedoch mit geringem Kontrast), macht dieses Verfahren auch im Anlagen- und Maschinenbau zu einer beliebten Option. Eine Zusammenfassung der Vorteile verdeutlicht, warum sich das Nadelmarkieren und das Ritzmarkieren in vielen Fällen für industrielles Kennzeichnen eignen: • Die Geräte sind hinsichtlich Anschaffung und Verbrauchskosten auch im preisgünstigen Segment robust, leistungsstark und einfach in der Handhabung. • Der Geräuschpegel bei Betrieb erfordert keine Maßnahmen hinsichtlich Arbeitsschutz und Umwelt. • Mit den beiden Markierungsverfahren lassen sich hochbeständige Kennzeichen herstellen. Deutliche Einschränkungen weisen die beiden Verfahren hinsichtlich ihres Einsatzbereiches auf: • Farben sind damit nicht darstellbar. • Durch die dem Verfahren eigene Materialveränderung entsteht im Vergleich zu materialabtragenden Verfahren weniger Kontrast.

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H. Oberhollenzer

• Soll ein Schild beschriftet werden, ist eine gute Fixierung des Schildes auf dem Untergrund nötig. Es muss flächig aufliegen. Wird das Schild geklebt, kann die Flexibilität des Klebers unterhalb des Schildes zu Einbußen in der Darstellungsqualität führen. • Bei den Schildmaterialien besteht eine deutliche Beschränkung auf Metalle und nicht elastische Kunststoffe, was den Bedarf an Kennzeichnungsmaterial im Maschinen- und Anlagenbau nur teilweise abdeckt und den Einsatz zusätzlicher Verfahren erfordert. Geben die Ausführungen dieses Kapitels dem Leser die Möglichkeit, sich zu den einzelnen Verfahren der Kennzeichnungsherstellung einen Überblick zu verschaffen, so unterzieht das Folgekapitel als Kernteil des Buches die Verfahren einer ausführlichen Prüfung und nimmt entsprechende Eignungsbewertungen vor.

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Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren Hermann Oberhollenzer

Der anschließende Verfahrensvergleich soll möglichst vielen Anwendern im Anlagen- und Maschinenbau die Entscheidung zum Einsatz eines bestimmten Verfahrens erleichtern. Eine solche Orientierungs- und Entscheidungshilfe liegt bisher weder in elektronischen, noch in Printmedien auch nur ansatzweise vor. Bei der großen Entwicklungsdynamik, der sowohl die Funktionen industriellen Kennzeichnens als auch die einzelnen Herstellungsverfahren unterworfen sind, erscheint es sinnvoll, den gesamten Themenkomplex näher ins Auge zu fassen, um dadurch Entscheidungen für oder gegen den Einsatz bestimmter Verfahren durch Praxiserfahrung und Fachinformation zu fundamentieren. Wir können dazu vorwegnehmen, was niemanden überraschen wird: Es gibt kein Herstellungsverfahren, das alles kann. Der Thermotransferdruck ist das günstigste Verfahren, die Laserbeschriftung das schnellste und das PrintoLUX®-Verfahren das vielseitigste. Und jedes Verfahren hat ganz spezifische Einschränkungen. Gerade weil es kein Verfahren gibt, das absolut herausragt, ist eine differenzierte Betrachtung unumgänglich. Immer noch werden aus Gewohnheit, Tradition und/oder Bequemlichkeit die Stückkosten der Kennzeichen als Hauptkriterium bei der Entscheidung für ein Herstellungsverfahren herangezogen. Dabei gerät der gesamte Aufwand, der nötig ist, bevor ein Kennzeichen dort angebracht ist, wo es hingehört, ganz oder in großen Teilen aus dem Blickfeld. Eine der am häufigsten gestellten Fragen bei der Beschaffung von Kennzeichen lautet nach wie vor: „Was kostet denn ein Schild?“. Gemeint ist damit der Einkaufspreis für das Schildmaterial. Auch Excel-Tabellen mit Formaten und Stückzahlen sind bei Anfragen von Kennzeichen immer noch üblich. Damit werden so ziemlich alle anderen, relevanten Kostenaspekte außer Acht gelassen.

H. Oberhollenzer (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_3

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Ein Beispiel aus der Praxis mag diesen Irrtum verdeutlichen: Ein Maschinenbauer benötigt pro Jahr 10.000 Typenschilder in vier Formaten. Jedes Kennzeichen hat fixe und variable Inhalte. Als Material kommt eloxiertes Aluminium zum Einsatz. Es liegt eine Schätzgröße vor, wie viel Stück pro Format benötigt werden. Die fixen Inhalte werden via Eloxal-Unterdruck-Verfahren auf die Schilder gebracht. Die Kennzeichen sollen per Nieten/Schrauben befestigt werden und sind deshalb mit Bohrungen zu versehen. Die Formatbearbeitung und das Aufbringen der fixen Inhalte erfolgt bei einem externen Unternehmen. Die halbfertigen Kennzeichen werden ins interne Lager aufgenommen. Bei Bedarf werden die Kennzeichen nun aus dem Lager in die interne Werkstatt gebracht, um dort mittels klassischer, mechanischer Gravur mit den variablen Daten versehen zu werden. Als nächster Arbeitsschritt erfolgt das farbige Auslegen der individuellen/variablen Daten mittels einer Spezialfarbe; in der Regel mit Schwarz. Solche Farben stehen hinsichtlich Gesundheit und Umwelt mittlerweile oft in der Kritik. Nach dem flächigen Aufbringen des Nitrolacks und einem leichten Antrocknen werden die überschüssigen Lackreste, die sich nicht in den Vertiefungen befinden, mit einer Flüssigkeit (Nitroverdünnung) abgewischt. Danach muss das Schild noch einige Zeit lagern, bis der verbleibende Lack komplett ausgehärtet ist. Mit moderneren Verfahren lässt sich der beschriebene Arbeitsprozess so vereinfachen, dass die Gesamtkosten (Prozesskosten) über 50 % reduziert werden können. Wobei zu betonen ist, dass es sich hier nicht um eine Modellrechnung, sondern um nachweisbare praktische Erfahrung handelt. Dabei ist es vor allem die einzusparende Arbeitszeit, die den Kostenvorteil generiert. Es werden bei Digitaldruck-Verfahren sämtliche Inhalte (fixe wie variable Daten) in einem Arbeitsgang und mit viel weniger Zeiteinsatz aufgebracht. Eine Lagerhaltung von halbfertigen Kennzeichen ist deshalb nicht mehr erforderlich. Außerdem entfällt die Lärm-/Geräuschbelastung der abgelösten mechanischen Gravur sowie die Gesundheits- und Umweltbelastungen durch den nun nicht mehr benötigten Lack (Nitrolack). Ergänzend böte sich bei dem alternativ gewählten Verfahren noch die Möglichkeit, die variablen Daten zusätzlich mittels eines 2D-Codes abzubilden; ohne zusätzliche Kosten. Das Beispiel verdeutlicht, dass die Material-Stückkosten bei weitem nicht den entscheidenden Kostenfaktor darstellen. Realitätsgerechter wird die Betrachtung, wenn man die unterschiedlichen betrieblichen Prozesse ins Auge fasst, die kostenwirksamen Einfluss nehmen. Neben der Investition in Kennzeichnungs-Herstellungssysteme sind dies unter anderem Zusatzinvestitionen für Absaug- und Filteranlagen sowie Entsorgung, gesonderte Raumkosten, Kosten für Schild- und Verbrauchsmaterial sowie Gerätewartung und Instandhaltung. Wobei die dominante Position in diesem Zusammenhang von den Arbeitskosten eingenommen wird, die für Organisation, Durchführung und Qualifizierung einzubeziehen sind (siehe dazu auch Kap. 2, Industrielles Kennzeichnen – Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren).

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren61

3.1

Die Bedarfsbestimmung FEMSQ und die Festlegung der Prüfkriterien

Vor die detaillierte Auflistung und Begründung der Kriterien, an denen entlang als relevant identifizierte Kennzeichnungsverfahren einer Prüfung unterzogen werden, stellen wir ein Bündel anwendungsbezogener Parameter, die mit dem Kürzel FEMSQ (Flexibilität, Einfachheit, Mobilität, Schnelligkeit, Qualität) zusammengefasst werden (siehe Abb. 3.1). Erfahrungsgemäß verlaufen Orientierungs- und Entscheidungsprozesse hinsichtlich des Einsatzes neuer Herstellungsverfahren für Kennzeichen in folgenden Schritten: Zunächst definieren die Anwender ihren Bedarf und bedienen sich dabei des mit FEMSQ benannten Anforderungsrasters. Bei dem Abgleich dieses Rasters mit den spezifischen betrieblichen Anforderungen werden zumeist ein oder zwei der aufgeführten Parameter stärker gewichtet als die anderen. FEMSQ Was ist Ihnen bei der Herstellung von Kennzeichen besonders wichtig? Flexibilität, Einfachheit, Mobilität, Schnelligkeit, Qualität Erst wenn Anwender eine Priorisierung dieser Anforderungen vorgenommen haben, ist eine weitere Bewertung der Verfahren nützlich und zielführend. Ganz bewusst wurde der

Abb. 3.1  FEMSQ. Flexibilität, Einfachheit, Mobilität, Schnelligkeit, Qualität beim Kennzeichnen. (Ausarbeitung des Herausgebers)

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Aspekt der Kosten bei dieser „Vorentscheidung“ nicht berücksichtigt. Dass Kosten immer relevant sind, steht außer Frage. Aber am Anfang aller Investitionsentscheidungen steht eine möglichst klare Bedarfsbestimmung, dann erst folgt die Kostenoptimierung. Die Prüfkriterien Der im Folgenden dargestellte Vergleich und die entsprechende Bewertung beziehen sich auf folgende zwölf Kennzeichnungsverfahren: mechanische Gravur, CO2-Laser, Faser-Laser, Kristall-Laser, UV-Direktdruck, Solvent-Druck, Eloxal-Unterdruck-Verfahren, PrintoLUX®-Verfahren, Siebdruck, Thermotransferdruck, Stift-Plotter, Nadel-/ Ritzmarkierer. Alle genannten Verfahren wurden unter folgenden Gesichtspunkten geprüft und bewertet: 1.  Wirtschaftlichkeit der Verfahren (siehe Tab. 3.1) 1.1.  Investitionskosten (Erst-) 1.2.  Arbeitsaufwand für Kennzeichnungsherstellung (Standardproduktion) 1.3. Logistik (Lager; Wartungsarbeiten; Haltbarkeit bestimmter Produkte; Bestellprozesse) 1.4.  Aufwand für Einweisung/Schulung (Erst-)

Tab. 3.1  Gesamtbewertung der Wirtschaftlichkeit

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren63

2.  Leistungskapazität der Verfahren (siehe Tab. 3.2) 2.1. Beständigkeit 2.2.  Mobilitätsfähigkeit der Systeme 2.3.  Flexibilität hinsichtlich bearbeitbarer Materialien 2.4.  Flexibilität hinsichtlich herstellbarer Formate 2.5. Darstellungsqualität 2.6.  Herstellbarkeit und Lesefähigkeit von 2D-Codes 2.7.  Einsatzmöglichkeit von Farben 3.  Handhabung der Verfahren (siehe Tab. 3.3) 3.1. Einfachheit des kompletten Verfahrensablaufs 3.2. Software 3.3. Rüstzeiten (im Vorfeld der eigentlichen Kennzeichenherstellung) 3.4. Nachlaufzeiten (im Anschluss der eigentlichen Kennzeichenherstellung) 3.5. Nötiges Fachwissen (beim täglichen Arbeiten mit dem Verfahren) 3.6. Fachpersonal erforderlich/empfehlenswert Tab. 3.2  Gesamtbewertung der Leistungskapazität

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Tab. 3.3  Gesamtbewertung der Handhabung

4.  Gesundheit und Umwelt (siehe Tab. 3.4) 4.1. Allgemeine Risikobewertung hinsichtlich Gesundheit und Umwelt 4.2. Einrichtung und Beachtung von Schutz-/Sicherheitsmaßnahmen 4.3. Besonderes Arbeitsumfeld erforderlich Zusammen mit der oben empfohlenen Gewichtung der fünf Parameter (Flexibilität, Einfachheit, Mobilität, Schnelligkeit, Qualität) gelangt man durch die Prüfung der aufgeführten Kriterien zu einer ziemlich präzisen Aussage, welches Herstellungsverfahren sich am besten für den jeweiligen Bedarf eignet. Nochmals hervorzuheben sind einleitend das Erkenntnisinteresse und das Vorgehen des Herausgebers: Alle hier vorgenommenen Einschätzungen und Bewertungen sind nicht in Stein gemeißelt und verstehen sich als erfahrungs- und evidenzbasiert. Unabhängige Prüfszenarien zu den Verfahren der industriellen Kennzeichnung gibt es derzeit nur zu Einzelfragen und auch dies in äußerst beschränktem Umfang. Solche Untersuchungen wären in breit angelegter Form wünschenswert; sie werden vom Herausgeber dieses Buches in naher Zukunft angeregt. Dies mit der Absicht, kommende Auflagen dieses Buches noch unternehmensunabhängiger zu fundamentieren.

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren65 Tab. 3.4  Gesamtbewertung der Aspekte Gesundheit und Umwelt

In seiner Position als Geschäftsführer der PrintoLUX GmbH kann der Herausgeber auf langjährige Erfahrungen zurückblicken und versichern, dass die hier vorgenommenen Bewertungen nicht vom einfach unterstellbaren Interesse an Eigenwerbung geleitet sind. Es gehört zu den gelebten Prinzipien des Unternehmens PrintoLUX, den Gehalt eigener Leistungsversprechen von renommierten externen Einrichtungen prüfen zu lassen (so zum Beispiel von Bureau Veritas, Testing, Inspection und Certification). Somit stützen sich die im Weiteren vorgenommenen Bewertungen auf Erfahrungen, Mitteilungen und Tests, die im Rahmen einer mehr als zehnjährigen Praxiserfahrung gesammelt und ausgewertet werden konnten. Sollten sich die Erfahrungen der Leser in bestimmten Fragen und Bewertungen nicht mit den hier vorgenommenen Darstellungen decken, sind alle Beiträge, die das industrielle Kennzeichen transparenter machen, ausdrücklich willkommen. Sie werden in jedem Fall geprüft und bei nachweisbarer Substanz in die Fortführung der hier begonnenen Arbeit aufgenommen. Wie bereits der Aufbau der ersten Auflage dieses Buches zu erkennen gibt, geht es dem Herausgeber um die Zusammenarbeit von Experten aus dem Bereich des industriellen Kennzeichnens. Um möglichst profunde und praxisbezogene Aussagen zu erhalten, haben wir im vorliegenden Buch Anwender, Systemhersteller, Führungsmitglieder von Verbänden, Forscher und Fachpublizisten für eine Mitarbeit gewonnen. Für kommende Buchauflagen sind auch Unternehmer willkommen, die unterschiedliche Kennzeichnungsverfahren repräsentieren. Denn dem Kunden und Leser kann nichts Besseres passieren, als dass die Optimierung des industriellen Kennzeichnens auf hohem Niveau aus unterschiedlichsten Perspektiven diskutiert wird.

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Schließlich soll auch an dieser Stelle noch einmal auf die im Vorwort abgebildete und kostenfrei zugängliche App hingewiesen werden. Sie ermöglicht es allen Interessenten, über ein praxisnah konzipiertes Auswahlverfahren zu Vorschlägen für individuell zugeschnittene Kennzeichnungsverfahren zu kommen. Nähere Informationen dazu, wie diese App aufgebaut ist und funktioniert, finden sich im Schlussteil des Buches.

3.2

Detaillierung der Prüfkriterien und Bewertungen

Im Folgenden ist dargestellt, unter welchen Gesichtspunkten und Praxisanforderungen wir die zwölf relevanten Kennzeichnungsverfahren einer Prüfung unterzogen und bewertet haben (siehe Tab. 3.5). Die Auswahl und Detaillierung dieser Prüfpunkte ergab sich aus zahlreichen Gesprächen, bei denen Anwender von industriellen Kennzeichnungen und Kennzeichnungsverfahren gefragt wurden, welche Bewertungsaspekte in der betrieblichen Praxis gemäß unternehmerischer Erfahrungen zum Tragen kommen. Daraus resultierte folgende Zusammenstellung:

3.2.1 Wirtschaftlichkeit der Verfahren (siehe Tab. 3.1) Dass der Aspekt der Wirtschaftlichkeit mehr analytische Aufmerksamkeit und Sehschärfe braucht als kurzschlüssige Bezifferungen von Schildpreisen, wurde einleitend ausführlich erläutert. Hier folgen nun die Aspekte, die in ihrem Zusammenwirken die Wirtschaftlichkeit eines Kennzeichnungsverfahrens prägen.

3.2.1.1 Investitionskosten Die Erstinvestitionskosten für die Anschaffung eines Systems/Geräts zur Kennzeichnungsherstellung bedeuten immer einen wichtigen Aspekt bei der Gesamtbetrachtung der Kosten. Oft sind es übliche, firmenintern vorgegebene Entscheidungsprozesse, die dem Initiator einige Arbeit abfordern, um eine schlüssige Basis für die vorgesehene Investition zu ermitteln. Unter den verglichenen Herstellungsverfahren (siehe Tab. 3.6) gibt es mit dem Thermotransferdruck, dem Nadel-/Ritzmarkieren, dem Stift-Plotten, dem Solvent-Druck und dem PrintoLUX®-Verfahren – alle in der Ausstattung für die Herstellung industrietauglicher Kennzeichnungen – einige Verfahren, die bereits für weniger als 5000 Euro netto an Gesamtkosten entsprechende Systeme für die Kennzeichenherstellung anbieten. Auch die mechanische Gravur kann mit einfachen Systemen in dieser Preiskategorie mitspielen. Als nächste Preiskategorie kommen 15.000 Euro netto ins Spiel. Hier kann mit dem UV-Direktdruck und einfachen Lasergravur-Systemen begonnen werden. Beim Eloxal-Unterdruck-Verfahren (inklusive einem System für die mechanische Nachbearbeitung) sowie dem Siebdruck bewegen wir uns bereits bei über 25.000 Euro netto für den Erwerb tauglicher Systeme. Besonders im Bereich der komplexeren Lasergravur-Verfahren kann der Erstinvest ganz rasch bei 50.000 Euro netto und mehr liegen.

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren67 Tab. 3.5  Bewertung relevanter Verfahren zur Herstellung industrieller Kennzeichen – Gesamtübersicht

68 Tab. 3.5  (Fortsetzung)

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3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren69 Tab. 3.6  Bewertung der Investitionskosten

Diese einfache Kostenbetrachtung, wie sie gerne von Vertriebsleuten vorgenommen wird, muss in der Realität um einiges ergänzt werden. Zum einen schränken auffällig günstige Erstinvestitionskosten oft die Nutzungsmöglichkeiten (format-, material-, beständigkeitsbedingt) drastisch ein. Zum anderen werden teilweise teure Zusatzkosten im Umfeld der Erstinvests erforderlich (besondere Räumlichkeiten, Schutzvorrichtungen, Fachpersonal …). Ein weiterer interessanter Aspekt, der die Investitionskosten zum Teil deutlich reduzieren kann, ist in der Quersubventionierung zu entdecken. Unternehmen, deren Hauptgeschäft nicht im Verkauf von Systemen/Geräten zur Kennzeichenherstellung liegt, sondern im Verkauf von Verbrauchs- und Gebrauchsmaterialien, sind diesbezüglich zum Teil kreativ und bieten außergewöhnlich günstige Systempreise als Lockpreise an. Das ist bei Kennzeichnungssystemen nicht anders als bei Nassrasierern. Die Thematik einer möglichen System-/Gerätefinanzierung ist nicht Gegenstand dieser Ausführungen. Entsprechende Angebote werden deshalb hier nicht erörtert. Wobei zu vermerken ist, dass Angebote einer temporären System-/Gerätemiete für den ein oder anderen Anwender/Nutzer von Interesse sein können. Als Anwender sollte man entsprechende Möglichkeiten und Angebote einzelner Anbieter nicht außer Acht lassen.

3.2.1.2 Arbeitsaufwand für Kennzeichnungsherstellung (Standardproduktion) Parameter bei diesem Bewertungsaspekt sind vor allem das Datenhandling und die Einfachheit des Verfahrensablaufs. Ergänzend wird die nötige oder zu empfehlende Anwenderqualifikation ins Auge gefasst (siehe dazu Tab. 3.7). Besonders das Datenhandling wird mit fortschreitendem technischem Fortschritt der Kennzeichnungsherstellung immer aufwändiger. Die meisten Hersteller haben eigene Softwaretools entwickelt, um die Abhängigkeit der Anwender von ihrem Verfahren zu steigern. Der Ablauf ist bekannt: Einmal auf eine Software eingelassen – gleich in welchem Unternehmensbereich – ist man dem Hersteller zumeist ausgeliefert. Mit Softwareupdates, Nachschulungen und anwenderunfreundlichem Handling, das erst im Tagesgeschäft offensichtlich wird.

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Tab. 3.7  Bewertung des Arbeitsaufwands

Manche Hersteller bieten auch die unterschiedlichsten Herstellungsverfahren an, um alle erforderlichen Kennzeichen (Metalle, Kunststoffe, Folien) produzieren zu können. Das Motto: Vieles kaufen, um Vieles zu produzieren, natürlich mit viel unterschiedlicher Software dazu. Deshalb erfolgt an dieser Stelle die dringende Empfehlung: „Achten Sie bei einem diesbezüglichen Invest immer auf die Einfachheit der Software und auf die Unkompliziertheit beim Datenhandling. Auch die problemlose Übernahme von Kennzeichendaten aus anderer Software, wie beispielsweise E-Plan oder einer Warenwirtschafts-Software, sollte im Vorfeld eines Systemkaufs durch die firmeninterne IT geprüft und dokumentiert werden.“ Einfach Die Verfahren Thermotransferdruck, Stift-Plotten, Solvent-Druck und UV-Direktdruck können hinsichtlich ihrer Handhabung als „einfach“ bezeichnet werden. Beim Stift-Plotten, dem Solvent-Druck und dem UV-Direktdruck werden lösemittelhaltige Tinten eingesetzt. Dass diese Tinten nur mit ständigem Aufwand vor dem Eintrocknen zu schützen sind, beklagen viele Anwender dieser drei Verfahren. Der ansonsten einfache Verfahrensablauf wird dadurch etwas eingeschränkt. Mittel Eine mittlere Bewertung lässt sich bezüglich des Arbeitsaufwandes dem PrintoLUX®-Verfahren sowie dem Verfahren Nadel-/Ritzmarkieren zusprechen. Das PrintoLUX®-Verfahren benötigt für die Herstellung einsatzfertiger Kennzeichen folgende drei Arbeitsschritte: Vorbehandlung, Drucken und Thermohärten. Im Seriendruck können das Vorbehandeln und das Thermohärten immer parallel zum eigentlichen Drucken ablaufen und bedürfen damit keiner zusätzlichen Arbeitszeit. Dennoch sind die genannten Handhabungen vorzunehmen. Beim Nadel-/Ritzmarkieren werden die fixen Kennzeicheninhalte in der Regel durch ein anderes Verfahren aufgebracht. Diese Vorstufe übernimmt oft der Siebdruck oder das Eloxal-Unterdruck-Verfahren.

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren71

Aufwändig Einen vergleichsweise hohen Arbeitsaufwand erfordern der Siebdruck, das Eloxal-Unterdruck-Verfahren (inklusive mechanischer Nachbearbeitung) sowie sämtliche Gravur-Verfahren. Der Siebdruck und das Eloxal-Unterdruck-Verfahren bedürfen viel handwerklicher Arbeit. Spontan oder auf Zuruf ein Kennzeichen herstellen – das funktioniert mit diesen Verfahren nicht. Denn es ist immer eine ganze Reihe an Einzelschritten zu erledigen, bevor das einsatzfertige Kennzeichen verfügbar ist. Und im Nachgang gibt es insbesondere bei diesen Verfahren immer einiges zum Aufräumen, Reinigen und Entsorgen. Bei den Gravur-Verfahren tragen vor allem die Themen „Arbeitssicherheit“ und „umfangreiches Fachwissen“ zum erhöhten Aufwand bei. Das professionelle Bedienen eines Gravur-Systems setzt immer eine spezielle Ausbildung und viel Erfahrung voraus. Das entsprechende Know-how ist zwar in vielen Unternehmen noch vorzufinden, aber der Zenit dieser Verfahren für die Kennzeichenherstellung ist jedoch deutlich überschritten. Neben vergleichsweise hohen Anschaffungskosten sind es vor allem Einschränkungen hinsichtlich der komplizierten Handhabung, der Mobilität, der Qualität (Einsatz von Aluminium) und fehlender Features wie Farbe und fotorealistische Darstellungsqualität. So stellt auch die in der Praxis zunehmend geforderte Generierung eines gut lesbaren 2D-Codes auf Metall bei der mechanischen Gravur und eine kontrastreiche schwarze Schrift auf Aluminium bei Lasergravur-Systemen eine zeitintensive Herausforderung dar und ist für die Produktion großer Stückzahlen ungeeignet.

3.2.1.3 Logistik (Lager; Wartungsarbeiten; Haltbarkeit bestimmter Produkte; Bestellprozesse) Dem Siebdruck und dem Eloxal-Unterdruck-Verfahren ist mit Abstand die aufwändigste Logistik zuzuschreiben. Beim Eloxal-Unterdruck kommt die Materialbeschränkung hinzu und Einschränkungen hinsichtlich des Materialbezugs (kleine Zahl an Lieferanten). Auch die gleichbleibende Materialqualität (Dicke der Eloxalschicht) ist keine Selbstverständlichkeit und erfordert viel Aufmerksamkeit und Zeit. Die Lagerfähigkeit des offenporigen Materials ist zeitlich beschränkt. Der Thermotransferdruck bereitet in puncto Logistik den geringsten Aufwand. Rollen in unterschiedlichen Breiten und Farben einkaufen, lagern und bei Bedarf einsetzen, fertig. Sollten bestimmte Breiten/Farben regelmäßig benötigt werden, lohnt die Überlegung, sich mehrere solcher Drucksysteme zuzulegen und parallel einzusetzen. Diese Systeme sind auch sehr platzsparend und leise. Wartungsarbeiten fallen nur in geringem Maße an. Unter Umständen lohnt sich die Anschaffung eines/mehrerer Reservesysteme/s zur Erhöhung der Produktionssicherheit. Bei Nadel-/Ritzmarkierern kann nicht viel kaputtgehen. Die Systeme sind (vorausgesetzt, man kauft sich kein Billigsystem) robust und zuverlässig. Die benötigten Kennzeichenformate müssen in ausreichender Zahl vorgehalten und/oder intern hergestellt werden. Das kann durch die nötige Vorproduktion der fixen Inhalte etwas aufwändig werden. Die Digitaldruck-Verfahren mit lösemittelhaltigen Tinten (Solvent-Druck; UV-Direktdruck; Stift-Plotten) haben das ihnen eigene Problem des schnellen Eintrocknens der

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Tinten bisher noch nicht zufriedenstellend gelöst. Um dieses Eintrocknen zu verhindern, ist nach wie vor ein deutlich erhöhter Wartungsaufwand nötig. Das PrintoLUX®-Verfahren verbucht mit seiner wasserbasierten Tinte an dieser Stelle einen Vorteil. Ein weiterer Aspekt, der den Aufwand bei Digitaldruck-Verfahren erhöht, ist in der Notwendigkeit zu sehen, immer auf die ausreichende Verfügbarkeit der Tinten zu achten. Dazu kommt der Einsatz von Primer (Vorbehandlung des Schildmaterials) oder anderer zusätzlicher Verfahrenselementen. Hinsichtlich des Bezugs der Kennzeichenträgermaterialien ist der Aufwand bei den digitalen Herstellungsverfahren sehr unterschiedlich. Bei den Solvent-Drucksystemen sowie dem Stift-Plotten kommen in der Regel fertig konfektionierte Kunststoffe (PA, Polyamid; PC, Polycarbonat) zum Einsatz. Diese Materialien lassen sich problemlos kurzfristig bei den jeweiligen Systemherstellern beziehen. Beim UV-Direktdruck verhält es sich anders. Hier muss sich der Anwender zumeist nach geeigneten Lieferanten von Kennzeichenmaterialien umsehen und sich dabei auch um gewünschte Konfektionierungen kümmern. Sind diese Prozesse einmal eingespielt, hält sich dieser Zusatzaufwand in Grenzen. Das PrintoLUX®-Verfahren bietet an dieser Stelle mit einem umfangreichen StandardFormat- und Materialsortiment eine einfache Lösung. Auch individuelle Formate lassen sich bis 320 × 540 mm beziehen. Bei der mechanischen Gravur und der Lasergravur wird in der Regel mit Plattenmaterial gearbeitet. Schildkonturen und Inhalte lassen sich dabei oft in einem Arbeitsgang erstellen. Die Möglichkeiten der Materialbearbeitung sind dabei eingeschränkt, und die oft behauptete Wartungsfreiheit der Laserbeschriftungssysteme entspricht nicht der Realität. Denn bei diesen Systemen sind regelmäßige Nachjustierungen erforderlich, Spiegel und Linsen müssen täglich geprüft, oft gereinigt und bei Beschädigungen ersetzt werden. Ebenso sollte der Gravurtisch täglich gereinigt werden. Die Laserquellen (Laserlampen) verschleißen mit der Zeit und sind zu tauschen. Auch die durch Feinstauberzeugung zum Einsatz kommenden Absaugeinrichtungen (Filteranlagen) unterliegen regelmäßigen Wartungsarbeiten und sind bezüglich der zu verarbeitenden Materialien einzustellen. Wird als Laserkennzeichnungsmethode eine Anlassbeschriftung eingesetzt, die lediglich eine Materialverfärbung durch punktuelle schnelle Erwärmung des Metalls erzeugt, oder kommt eine Karbonisierung zum Einsatz (das punktuelle Verbrennen von Kunststoffen mit ausreichend hohem Kohlenstoffanteil), verhält es sich mit Schutzvorrichtungen hinsichtlich der Emissionen einfacher. Bei diesen Laserbeschriftungsmethoden tritt lediglich eine Geruchsbelästigung auf, die eine Abluftreinigung oder deren Absaugung ins Freie nötig macht (siehe Tab. 3.8)

3.2.1.4 Aufwand für Einweisung/Schulung Grundsätzlich ist es bei der Investition in ein Kennzeichnungsverfahren sehr sinnvoll, sich vor dessen Einsatz im Detail erläutern zu lassen, wie man damit arbeitet. Jedes der hier vorgestellten Herstellungsverfahren hat seine Besonderheiten, die der Anwender kennen sollte (siehe Tab. 3.9).

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren73 Tab. 3.8  Bewertung des Logistikaufwandes

Tab. 3.9  Bewertung des Aufwands für Einweisung und Schulung

Solche Einweisungen bedeuten zumeist den Zeitbedarf eines halben bis eines ganzen Arbeitstages. Dabei stellt die jeweils zum Einsatz kommende Software den zentralen Schulungsaspekt dar. Eine Harmonisierung dieser Kennzeichnungssoftware mit der firmeninternen IT-Abteilung ist sehr empfehlenswert. Wesentlich für den nötigen Zeitaufwand sind auch die Vorkenntnisse der Schulungsteilnehmer. Mittlerweile gibt es auch Online-Schulungen mit Kameraübertragungen. Sie erfordern keinen Reiseaufwand und sind deshalb kurzfristiger planbar und umsetzbar. Demzufolge ist auch der Kostenaufwand geringer. Außerdem finden zur Festigung des Gelernten die Angebote ergänzender Nachschulungen großen Zuspruch. Der oft bestätigte Nutzen dieser Nachschulungen liegt darin, dass die Teilnehmer als Bedienungspersonal der Kennzeichnungsherstellung erste Erfahrungen mit den jeweiligen Verfahren gemacht haben und dadurch wissen, welche neuralgischen Punkte fachmännische Tipps erfordern. So gibt es beispielsweise selbst beim einfachen Thermotransferdruck beim Wechseln der Rollen und bei der Pflege des Druckkopfes Besonderheiten, die vom Anwender gewusst und gekonnt sein wollen. Oder die Digitaldruck-Verfahren: Bei ihnen spielen die Tinten als zentrales Element eine große Rolle. Sie tropfen hin und wieder, sie trocknen leicht ein, die Füllstandanzeige arbeitet nicht zuverlässig. Solche Fragen lassen sich von erfahrenen Experten und Servicekräften aller Verfahren leicht beantworten. Die besten Lerneffekte erzielt

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man allerdings dann, wenn die besprochenen Fragen und Probleme in der Praxis erlebt wurden und eine starke Signifikanz aufweisen. In hohem Maße aufwändig und nur mit Fachpersonal anzuwenden sind Siebdruck, das Eloxal-Unterdruck-Verfahren und sämtliche Gravur-Verfahren. Diese Verfahren setzen fundierte Vorkenntnisse als Grundlage für eine nützliche und professionelle Verfahrensanwendung voraus.

3.2.2 Leistungskapazität der Verfahren Unter dem zentralen Bewertungskriterium der Leistungsfähigkeit haben wir die Anforderungen zusammengeführt, die in der betrieblichen Praxis am häufigsten nachgefragt werden. Dies sind: Beständigkeit, Mobilität, Flexibilität hinsichtlich der Materialien, Flexibilität hinsichtlich herstellbarer Formate, Darstellungsqualität, Herstellbarkeit und Lesefähigkeit von 2D-Codes sowie Einsatzmöglichkeit von Farben (siehe Tab. 3.2).

3.2.2.1 Beständigkeit (siehe dazu Tab. 3.10) Im industriellen Umfeld bestehen generell hohe Anforderungen an die Beständigkeit von Kennzeichen. Die höchsten Beständigkeitsansprüche zeigen sich dort, wo Kennzeichen im Kontakt mit der direkten Produktion von Ölen, Fetten und aggressiven Reinigungsmitteln/-prozessen (Heißdampf, Eisreinigung, Aceton …) angegriffen werden. Geringe Beständigkeitsansprüche bestehen bei Markierungen in Schaltschränken und außerhalb der direkten Produktion. Bei Gesamtbeschilderungen werden die Beständigkeitsanforderungen je nach Einsatzort variiert, um nicht durchgängig die aufwändigste Version an Kennzeichen realisieren zu müssen. Im Prinzip könnten die Kategorien hohe, mittlere und geringe Beständigkeit angenommen werden und dort die entsprechende Zuweisung erfolgen. Einfacher und deutlich zeitsparender ist es jedoch, sich beim Kennzeichnungsbedarf des Anlagen- und Maschinenbaus an einem hohen Beständigkeitsniveau zu orientieren. Dadurch gibt man für den einen oder anderen Randbereich der Anwendung sicherlich mehr Geld für Kennzeichenmaterial aus, Tab. 3.10  Bewertung der Beständigkeit

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spart jedoch einiges im Bereich Logistik – vor allem Arbeitszeit. Summa summarum entwickeln sich bei einem solchen Anwenderverhalten die Prozesskosten aufgrund der Arbeitszeiteinsparung deutlich günstiger als bei einem Verhalten, das wirtschaftliche Vorteile durch die stete Optimierung des Einkaufs von verschiedenen Material-Qualitäten sucht. Hinsichtlich der Beständigkeit von Kennzeichnungen im Anlagen- und Maschinenbau ist die Thematik der Außenbeschriftung unter strapazierenden Witterungsbedingungen (Feuchtigkeit und UV-Licht) als Ausnahmesituation zu sehen. Außerdem sollte in diesem Zusammenhang nicht in Vergessenheit geraten, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen UV-Beständigkeit und Witterungsbeständigkeit gibt. Diese Begriffe werden oft unterschiedslos benutzt, was falsch ist und zu Irrtümern führt. Die UV-Beständigkeit ist ein Teil und somit ein Unterbegriff der Witterungsbeständigkeit. Wie der Name „UV“ verdeutlicht, handelt es sich hier lediglich um den ultravioletten Teil des natürlichen Sonnenlichts. Bei der Bewitterung von Kennzeichen kommt die Feuchtigkeit (Regen) dazu. Sollen Kennzeichen im Außenbereich zum Einsatz kommen, ist der Aspekt der Witterungsbeständigkeit gesondert und detailliert zu betrachten, was hier in Anbetracht der definierten Leser- und Anwendergruppen vernachlässigt werden kann. Die Gravur und das Nadel-/Ritzmarkieren verdienen sich hinsichtlich der Beständigkeit, die sie für Kennzeichen im Anlagen-/Maschinenbau erzielen, Bestnoten. Bei diesem Merkmal sind es zweifellos die führenden Herstellungsverfahren. Auch das Eloxal-Unterdruck-Verfahren muss hier positiv bewertet werden, vor allem hinsichtlich der Kratz- und Chemikalienbeständigkeit. Beim Verfahren des Thermotransferdrucks lässt sich mit der richtigen Kombination von Harzband und Etikettenband und den passenden Geräteeinstellungen eine zumeist ausreichend hohe Beständigkeit gegenüber Chemikalien und auch mechanischer Belastungen (Abrieb- und Kratzbeständigkeit gemäß der in DIN EN ISO 1518 formulierten Beständigkeitsanforderungen) erzielen. Mechanische Belastungen halten die Bänder nicht zuletzt auch wegen ihrer Flexibilität gut aus. Der Siebdruck kann durch seinen hohen Farbauftrag und eine starke Verbindung/Vernetzung mit den Materialoberflächen eine recht hohe Beständigkeit erzielen. Sie ist als industrietauglich zu qualifizieren. Das diesbezügliche Manko des Siebdrucks: Gegenüber stärkeren Lösungsmitteln stehen mit diesem Verfahren hergestellte Kennzeichen jedoch nur auf einer sehr niedrigen Beständigkeitsstufe. Bei Digitaldruck-Verfahren, UV-Direktdruck, Solvent-Druck und dem Stift-Plotten müssen in puncto Beständigkeit deutliche Abstriche gemacht werden. Eine industrietaugliche Beständigkeit bei direktem Kontakt mit Betriebsstoffen oder Reinigungsmitteln ist nur im beschränktem Maße zu konstatieren. Als nötige Hilfe werden Schutzvorrichtungen für die Kennzeichen in Form transparenter Schildträger angeboten. Damit wird der direkte Kontakt strapazierender Einflüsse mit bedruckten Schildoberflächen vermieden. Häufig kommen so beschriftete Kennzeichen auch innerhalb von Schaltschränken zum Einsatz. Dort reicht eine reduzierte Beständigkeit. Das PrintoLUX®-Verfahren kann bei Nutzung seiner zertifizierten Schildmaterialien industrietauglich hohe Beständigkeiten garantieren. Auch eine gute Witterungsbeständigkeit ist beim Einsatz der Farbe Schwarz gegeben.

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3.2.2.2 Mobilität (siehe Tab. 3.11) Grundsätzliche Fragen: Was bedeutet Mobilität für die Kennzeichenherstellung? Wird sie überhaupt benötigt? Wenn ja, von wem? Es gibt zweifellos eine große Zahl an Unternehmen, für die Mobilität keinen Wert darstellt. Leser, die sich dieser Gruppe zurechnen, können bei der Lektüre den folgenden Abschnitt überspringen. Es gibt aber auch eine ganze Reihe an Unternehmen des Anlagen- und Maschinenbaus, die deutliche Arbeitsschwerpunkte fern ihres Unternehmensstandortes haben. Projekte, Montagen und Auslandsniederlassungen gehören dann zum Arbeitsalltag dazu. Bei diesen Unternehmen kommt dem mobilen Kennzeichnen große Bedeutung zu. Insbesondere bei Ersatz- und Nachbeschriftungen und bei Einzel-/Kleinststückzahlen mit unterschiedlichen Materialien und Formaten (zum Beispiel in Instandhaltungsabteilungen) werden sehr vielseitige Systeme benötigt. Wenn diese dann noch einfach in der Handhabung (vor allem in Bezug auf die Software) und mobil einsetzbar sind, ist ein Höchstmaß an Nutzererwartungen erfüllt. Der Thermotransferdruck ist unter den hier geprüften Verfahren mit Abstand das einfachste und günstigste. Die entsprechenden Geräte sind kompakt und gut zu transportieren. Auch Stift-Plotten wird in mobilen Einheiten angeboten. Das Verfahren ist aber in Bezug auf die Einsatzvielfalt sehr begrenzt und kann nur einen Bruchteil dessen abdecken, was an mobiler Kennzeichnung zu bewerkstelligen ist. Zu den deutlichen Schwächen dieses Verfahrens zählen auch die Störanfälligkeit (schnelles Eintrocknen der Tinten) und seine Langsamkeit. Das PrintoLUX®-Verfahren hat sich hinsichtlich der mobilen Kennzeichnung in den letzten Jahren deutliche Vorteile gegenüber der Konkurrenz erarbeitet. Musste man sich bis vor kurzem für mobile Einsätze noch mit dem Stift-Plotten und der einfachen, mechanischen Gravur begnügen, so sind heute die gewachsenen Ansprüche an Materialflexibilität und darzustellende Inhalte von den herkömmlichen Verfahren nicht mehr zu erfüllen. Ob die immer häufiger aufzubringenden 2D-Codes oder auch der gewachsene Umfang an Zahlen und Ziffern auf dem kleinen Raum von Kabelschildern … bei solchen Anforderungen steigen Stift-Plotter ebenso aus wie die mechanische Gravur. Andere Verfahren der Gravur können die Anforderungen des mobilen Kennzeichnens ebenso wenig bedienen. Auch das Nadel-/Ritzmarkieren, der Siebdruck und das EloxalUnterdruckverfahren fallen in diesem Zusammenhang als mögliche Optionen aus.

Tab. 3.11  Bewertung der Mobilitätsfähigkeit

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren77

3.2.2.3 Flexibilität hinsichtlich bearbeitbarer Materialien (siehe Tab. 3.12) Flexibilität als Fähigkeit, unterschiedliche Schildmaterialien zu bearbeiten, ist bei Verfahren wie Thermotransferdruck, Eloxal-Unterdruck und Solvent-Druck nicht gegeben. Thermotransferdrucker und das Eloxal-Unterdruck-Verfahren können nicht mehr als ein bis zwei Materialien bearbeiten. Beim Thermotransferdruck sind es Spezialetiketten und Harzbänder, beim Eloxal-Unterdruck offenporig eloxiertes Aluminium. Wo Materialflexibilität gefragt ist, scheiden diese beiden Verfahren aus. CO2-Laser und Stift-Plotten sind unter dem Gesichtspunkt bearbeitbarer Materialien auf Kunststoffe und Folien beschränkt. Werden Metalle als Kennzeichenträgermaterial gewünscht, müssen die beiden Verfahren passen. Auch der Einsatz von Farben ist bei diesen beiden Verfahren nicht möglich. Sehr vielfältig in der Materialnutzung sind die mechanische Gravur, der Faser- und der Kristall-Laser. Auch Nadel-/Ritzmarkierer können einige unterschiedliche Materialien bearbeiten. Bei diesen Verfahren müssen allerdings folgende Einschränkungen in Kauf genommen werden: Farben können dabei nicht eingesetzt werden, und das zu beschriftende Objekt muss ausreichend fixiert werden. Die Schwäche hinsichtlich der Darstellung von Farben ist gravierend, denn farbige Kennzeichen, wie beispielsweise bei Sicherheitskennzeichen, Gefahrensymbolen und Rohrleitungskennzeichen, gehören inzwischen zu den Standardanforderungen. Ein von Nutzern häufig beschrittener Weg, geforderte Materialvielfalt herzustellen, bestand lange und vielerorts über den Bezug von Standardkennzeichen als fertige Kennzeichen bei speziellen Versandhändlern. Bei einfachen und stark standardisierten Inhalten ist das ein einfacher und günstiger Weg der Beschaffung. Aber gerade im Anlagen- und Maschinenbau werden Kennzeichnungsinhalte immer komplexer, mehrsprachiger und individueller. Dadurch verschließt sich zunehmend der Weg zu „Kennzeichen von der Rolle“. Der Siebdruck bietet auf dem Weg der Dienstleistung annehmbare Lösungen für den Bedarf an Kennzeichnungs- und Materialvielfalt. Als Herstellungsverfahren, das von den Kennzeichnungsnutzern selbst eingesetzt wird, kommt der Siebdruck wegen des hohen Bedienungsaufwandes hingegen kaum in Frage. Tab. 3.12  Bewertung der Flexibilität einsetzbarer Materialien

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Der UV-Direktdruck kann eine Vielzahl an Schildmaterialien bedrucken und ist auch von Kennzeichnungsnutzern zur Eigenproduktion einzusetzen. Diesem Vorteil stehen allerdings deutliche Einschränkungen hinsichtlich der Beständigkeit gegenüber. Außerdem wird von normgebenden Institutionen auf die gesundheitliche Bedenklichkeit der UV-härtenden Tinten, einer zentralen Verfahrenskomponente des UV-Direktdrucks, hingewiesen. Das PrintoLUX®-Verfahren kann Metalle, Kunststoffe und Folien in industrietauglicher Beständigkeit bedrucken. Als Nachteil ist dabei der ausschließliche Einsatz herstellerspezifischer Materialien anzuführen.

3.2.2.4 Flexibilität hinsichtlich herstellbarer Formate (siehe Tab. 3.13) In der Praxis findet sich folgende Faustregel vor: Je kostengünstiger ein Verfahren und je weniger Kosten für den Erwerb eines Systems anfallen, desto kleiner ist die maximal zu beschriftende Fläche. Dies sollten Kennzeichnungsanwender bei der Suche nach bedarfsgerechten Herstellungsverfahren aufnehmen – und zunächst prüfen, welche Formate im Unternehmen benötigt werden. So lässt sich für den Anlagen- und Maschinenbau feststellen, dass die dort vorherrschende Kennzeichnungspraxis mit einem maximalen Kennzeichnungsformat von DIN A4 (210 × 297 mm) bei einer Materialstärke bis 15 mm auskommt. Neben dem Format (Länge × Breite × Höhe/Stärke) sind in diesem Zusammenhang auch bestimmte Konfektionierungsmerkmale von Belang. Dazu zählen Bohrungen, Radien und Montagehilfen (Kleberausstattung, Eignung zum Einrasten, Magnetfolien). Im besten Fall lassen sich solche Ausstattungsmerkmale bei Materialbestellungen mit beauftragen. Bei der Bewertung der Flexibilität von Kennzeichnungsformaten fassen wir zunächst das Gravur-Verfahren ins Auge. Im ganzen Gravur-Bereich wird nach wie vor mit großen Plattenmaterialformaten gearbeitet. Hierbei ergibt sich nach dem Prozess der Gravur ein erheblicher Sortierungsaufwand, um die richtigen Formate montieren zu können. Dies wird bei der Bewertung des Arbeitsaufwandes der Gravur häufig übersehen. Der Thermotransferdruck sowie das Nadel-/Ritzmarkieren haben bei der Formatflexibilität ein deutliches Defizit. Tab. 3.13  Bewertung der Flexibilität von Formaten

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Eine wichtige anwenderorientierte Frage rückt die bedarfsgerechte Konfektionierung in den Blick: Kauft man besser Plattenmaterial in Standardgröße und fertigt die gewünschten Formate selbst an, oder bezieht man die benötigten Formate besser gleich von externen Herstellern? Oder ist eine Mischform von beidem am besten? Als ein gutes Beispiel für den sinnvollen Bezug von fertig konfektioniertem Schildmaterial lassen sich die Kennzeichen aufführen, die in Schaltschränken zum Einsatz kommen. Sie sind aus Kunststoffen (PA, Polyamid; PC, Polycarbonat) und werden in konfektionierten Einheiten einsatzfertig für das Beschriften geliefert. Zu den namhaften Anbietern solcher Produkte zählen beispielsweise Phoenix Contact, Weidmüller Interface, WAGO Kontakttechnik, Murrplastik Systemtechnik und Schneider Electric. Auch beim Einkauf von Taster- und Einlegeschildern (ebenfalls Kunststoffmaterial) kann man einsatzfertig konfektioniertes Schildmaterial günstig erhalten. Anbieter dafür sind beispielsweise Eaton, Siemens und ABB. Lasergravur-Systeme und das PrintoLUX®-Verfahren können solche Kennzeichen ohne Einschränkung beschriften. Auch der Solvent-Druck kommt hier zum Einsatz. Für den Einsatz bei Gravur-Verfahren passende Materialien (beispielsweise zweischichtiges Spezialgravurmaterial) sind auf dem Markt unschwer zu finden. Zu den Anbietern zählen sowohl Hersteller von Gravur-Systemen (beispielsweise TROTEC Laser oder GRAVOTECH MARKING), aber auch eine ganze Reihe herstellerunabhängiger Anbieter. Das Eloxal-Unterdruck-Verfahren bietet sein (einziges) Material lediglich als Plattenmaterial. Jedes benötigte Format ist nach dem Bedrucken und Materialverdichten aus diesem Plattenmaterial zu fräsen. Das Verfahren wird noch häufig für die zweigeteilte Herstellung von Typenschildern genutzt: Die fixen Inhalte werden dabei von einem externen Dienstleister aufgebracht. Derselbe Dienstleister kümmert sich auch um die Konfektionierung der Kennzeichen (Formate, Bohrungen etc.). Die variablen Inhalte werden dann vom Anwender via Gravur auf das Material gebracht. Sehr flexibel bei der Formatauswahl ist auch der Siebdruck. Den zentralen Verfahrensnachteil des vergleichsweise hohen Arbeitsaufwandes kann das aber nicht aufwiegen. Mit dem Siebdruck wird von Anwenderseite zumeist so verfahren wie mit dem EloxalUnterdruck-Verfahren: Auch hier kommt die zweigeteilte Herstellung oft zum Einsatz. Der Siebdruck mit der Abbildung fixer Inhalte wird auf konfektionierten Kennzeichen von externen Dienstleistern zugekauft, während die variablen Daten vom Anwender aufgebracht werden. Einen großen Anwendernutzen erzielt in diesem Zusammenhang das PrintoLUX®Verfahren. Mit diesem Verfahren lässt sich auf Nutzenbogen eine Vielzahl konfektionierter Standardformate schnell und kostengünstig herstellen; aus unterschiedlichen Materialien und mit unterschiedlicher Ausstattung hinsichtlich gewünschter Befestigungsmöglichkeiten. Alternativ bietet das Verfahren die Möglichkeit, jedes individuelle Format bis max. DIN A3 (297 × 420 mm) zu erhalten. Nicht zu beziehen ist dabei Plattenmaterial. Mit dem PrintoLUX®-Verfahren lassen sich beispielsweise auch sämtliche Kennzeichen bedrucken, die in Schaltschränken zum Einsatz kommen.

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3.2.2.5 Darstellungsqualität (siehe Tab. 3.14) Die Laserbeschriftung, gleich in welcher Ausprägung, das Eloxal-Unterdruck-Verfahren und der Thermotransferdruck bieten eine durchgehend gute Darstellungsqualität. Diese Qualität äußert sich in einer hohen Konturenschärfe, die auch bei kleinster Typografie und Linienstärke gewahrt bleiben sollte. Bei der mechanischen Gravur, dem UV-Direktdruck, dem Solvent-Druck und dem Siebdruck sind diesbezüglich Abstriche festzustellen. Das Nadel-/Ritzmarkieren muss wegen der reinen Materialverformung, die den Verfahren eigen ist, in dieser Prüfkategorie noch stärkere Abstriche in der Bewertung hinnehmen. Die Laserbeschriftung bietet eine Vielzahl an diesbezüglichen Einstellmöglichkeiten (Fachbegriff: Parametrierung; die Definierbarkeit von variablen Größen) und kann somit nahezu jede Darstellungsqualität erzielen. Die möglichen Parameter der Laserbeschriftungsanlage müssen ebenso auf das Material und die Art der Laserbeschriftung angepasst sein. Beispielsweise muss für das Anlassen von Edelstahl, dem Karbonisieren von Kunststoffen oder der Lasergravur durch Materialabtrag mit verschiedenen Parametrierungen gearbeitet werden. Das dafür nötige Fachwissen und der benötigte Zeitaufwand stehen jedoch in keinem Verhältnis zur Aufgabe, dem „einfachen“ Kennzeichen. Deshalb werden diese Möglichkeiten aufgrund der Praxisrelevanz nicht berücksichtigt. Im Gegensatz dazu kann mit dem PrintoLUX®-Verfahren ohne zusätzlichen Aufwand eine außerordentlich hohe Darstellungsqualität umgesetzt werden. 3.2.2.6 Herstellbarkeit und Lesbarkeit von 2D-Codes (siehe Tab. 3.15) Der Einsatz des 2D-Codes (als DataMatrix und/oder QR-Code) hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Günstige Kosten bei der Herstellung, breite Anwendungsmöglichkeiten, visuelle Lesbarkeit und eine ausgereifte Herstellungstechnik haben die Verbreitung des QR-Codes unterstützt. Auch günstige und einfach zu handhabende Lesegeräte sowie die weltweite Vernetzung von Daten haben den Einsatz des QR-Codes deutlich forciert. In unserer Betrachtung geht es neben der grundsätzlichen Herstellbarkeit eines solchen Codes durch die untersuchten Verfahren vor allem um dessen langfristige Lesbarkeit (siehe dazu auch Kap. 7, Codes in der industriellen Kennzeichnung). Tab. 3.14  Bewertung der erzielbaren Darstellungsqualität

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren81 Tab. 3.15  Bewertung der Herstellbarkeit und Lesbarkeit von 2D-Codes

Zu diesem Prüfkriterium gibt es erstaunliche Beobachtungen: Die mechanische Gravur scheidet bei einem solchen Thema komplett aus. Auch Lasergravur-Systeme haben damit Probleme, wenn das häufig zum Einsatz kommende Material Aluminium genutzt werden soll. Das silberne Aluminium ist wegen seines unzureichend vorhandenen Kohlenstoffanteils nicht durch Lasergravur zu schwärzen. Lediglich ein dunkler Braunton ist generierbar. Dies geht zu Lasten des Kontrastes und somit der Lesbarkeit von 2D-Codes. Wenn einem der Aufwand nicht zu hoch ist, kann dieser Einschränkung bei Einzelschildern oder kleineren Stückzahlen mit Laserpaste begegnet werden. Für die industrielle Serienproduktion ist dieses Kompensieren jedoch nicht sinnvoll. Gute Ergebnisse auf Aluminium liefern das Eloxal-Unterdruck- und das PrintoLUX®-Verfahren. Andere Digitaldruck-Verfahren fallen mit mangelnder Konturenschärfe aufgrund eines zu dicken Tintenauftrags auf (UV-Direktdruck; Stift-Plotten; Solvent-Druck) und stoßen dabei an ihre Grenzen. Das Nadel-/Ritzmarkieren kann einen DataMatrix-Code lesbar darstellen.

3.2.2.7 Einsatzmöglichkeit von Farben (siehe Tab. 3.16) In Bezug auf dieses Prüfkriterium sind die digitaldruckbasierten Verfahren klar im Vorteil. Beim Digitaldruck werden zu erzielende Farbtöne simuliert. Je nach Zahl der Farbkartuschen (CMYK + diverse Lighttöne) lassen sich diese Simulationen besser oder

Tab. 3.16  Bewertung der Einsatzmöglichkeiten von Farben

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schlechter darstellen. Dazu bedarf es weiterhin der entsprechenden Software, anhand derer die gewünschten Farbtöne zu reproduzieren sind. Auch fotorealistisches Drucken ist im Digitaldruck (Ausnahme: Stift-Plotten) gut bis sehr gut umzusetzen. Echte, verbindliche Sonderfarben nach RAL, Pantone, ANSI, HKS sind nur mit dem Siebdruckverfahren herzustellen. Hier kommen die definierten Farben als Sonderfarben zum Einsatz. Jede Farbe wird mit einem Sieb aufgebracht, was sich als besonders aufwändig, aber auch sehr wirkungsvoll erweist. Bei wechselnden Inhalten und geringen Stückzahlen/Auflagen führt dieses Vorgehen selbstredend in die Unwirtschaftlichkeit. Fotorealistisches Drucken ist mit dem Siebdruckverfahren nicht möglich. Bei der Gravur können einzelne (definierte) Farben durch mehrschichtiges Spezialmaterial ansatzweise umgesetzt werden. Die Materialien werden auch von Gravur-System-Herstellern angeboten. In der Standardversion handelt es sich dabei um sogenanntes Zweischichtmaterial. Die Oberfläche ist silbern, weiß oder schwarz, das darunterliegende Material schwarz, silbern oder weiß. Auch mit HPL (High Pressure Laminate; oft bekannt unter dem Produktname „Resopal“, der als Gattungsbegriff für diese Materialqualität genutzt wird) und Aluminiumverbundmaterial (oft bekannt unter dem Produktnamen „Dibond“, ebenfalls als Gattungsbegriff für diese Materialqualität genutzt) können diese Effekte umgesetzt werden. Beim Stift-Plotten kann die zum Einsatz kommende lösemittelhaltige Ätztinte lediglich mit einer Farbe (in der Regel Schwarz) genutzt werden. Fotorealistisches Drucken ist nicht möglich. Das Nadel-/Ritzmarkieren ist nicht in der Lage, Farben einzusetzen oder zu erzielen.

3.2.3 Handhabung der Verfahren (siehe Tab. 3.3) Bei der täglichen Arbeit mit einem Kennzeichnungsverfahren ist dieser Bewertungsbereich von wesentlicher Bedeutung. Es wird niemanden überraschen: Je komplexer ein Herstellungsverfahren, je detaillierter die Vorschriften der Verfahrensnutzung, je mehr unterschiedliche Geräte im Einsatz, je individueller und umfangreicher die benötigte Software … desto komplexer ist die gesamte Handhabung. Und das ist noch nicht alles. Handling, Personalaufwand, Handlungsaufwand … wie immer man die Perspektive dieses Aspekts von industrieller Kennzeichnung im Detail einnimmt, wird damit ein Thema berührt, dem in der Praxis große Bedeutung zukommt. Die Kennzeichnungsfunktionen werden vielfältiger, die Inhalte und die Schildmaterialien anspruchsvoller. Diese Entwicklung ist eine Konsequenz aus der immer stärkeren Vernetzung sämtlicher Arbeitsschritte und Teilprozesse im gesamten Produktionsprozess. Oft wird diese Entwicklung unter dem Begriff: Industrie 4.0 zusammengefasst (siehe auch Kap. 8, Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“). Zu den zentralen Zielen dieser Entwicklung zählen: Automatisierung, Standardisierung, Effizienzsteigerung und Prozessvereinfachung. Quer zu dieser Entwicklung steht eine Herstellung von Kennzeichnung, die eines hohen Personalaufwands bedarf.

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren83

3.2.3.1 Einfachheit des kompletten Verfahrensablaufs (siehe Tab. 3.17) In der Praxis des Maschinen- und Anlagenbaus zeigt das Kennzeichnen folgende Konstanten: Zum einen werden mehrere Schildmaterialien (Metalle, Kunststoffe und Folien) und Formate eingesetzt; zum andern kommt den Aspekten Darstellungsqualität und Beständigkeit große Bedeutung zu. Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen lässt sich ein relativ einfacher und wenig aufwändiger Herstellungsprozess lediglich für einzelne Verfahren der Lasergravur und für das PrintoLUX®-Verfahren konstatieren. Unter den Lasergravur-Verfahren muss bei CO2-Lasern allerdings berücksichtigt werden, dass damit die Beschriftung von Metallen nicht – beziehungsweise nur sehr eingeschränkt möglich ist. Damit verbleiben als relativ einfach handhabbare Verfahren zur Herstellung industriell nutzbarer Kennzeichnungen neben dem PrintoLUX®-Verfahren die Festkörperlaser-Verfahren in den Ausführungen Faser- und Kristall-Laser-Verfahren. 3.2.3.2 Software (siehe Tab. 3.18) Sämtliche analysierten Herstellungsverfahren werden von einzelnen Herstellern für die Umsetzung mit unternehmensindividueller Software ausgestattet. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass in vielen Unternehmen unterschiedliche Kennzeichnungssysteme zum Einsatz kommen, um sämtliche Anforderungen des Kennzeichnungsbedarfs abzudecken, bedeutet dies einen (unnötig) großen Aufwand in Bezug auf die Arbeit mit mehreren Tab. 3.17  Bewertung der Einfachheit des Verfahrensablaufs

Tab. 3.18  Bewertung zur Software-Verwendung

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Softwarevarianten. Selbst bei einem Bezug unterschiedlicher Systeme von gleichen Herstellern hat oft jede (Teil-)Software ihre Besonderheiten. Einzig das PrintoLUX®-Verfahren kann mit einer einzigen Standard-Etikettensoftware (BarTender®-Software) alle Kennzeichenaufgaben erledigen. Jedes Kennzeichnungsverfahren benötigt heute eine Software und sei es nur für das Handling der variablen Kennzeichendaten. Oft werden die fixen Kennzeicheninhalte einmal zentral durch Marketing und/oder IT angelegt. Die variablen Daten werden dann im täglichen Arbeitsprozess durch den Anwender zugeführt. Es gibt auch Umsetzungsmodelle, bei denen der Anwender die Kennzeichen bereits mit fixen und variablen Daten im PDF-Format o. a. erhält und diese lediglich noch herzustellen hat. Besonders bei eingeschränkten Personalqualifikationen und/oder häufig wechselndem Personal kann dies eine sinnvolle Lösung sein. Einfache Beschriftungen arbeiten nur mit variablen Daten. Dazu gehören beispielsweise sämtliche Beschriftungen, die innerhalb eines Schaltschranks zum Einsatz kommen. Die Daten können dann einzeln in die Software eingegeben werden (bei Ersatz- und Nachbeschriftungen) oder kommen via Excel-Tabelle oder direkt aus einer Software, so zum Beispiel E-Plan. Bei der Maschinengravur werden Vektordateien benötigt. Typische Formate sind: die CAD-Formate DWG und DXF, Zeichenformate CDR (Corel Draw), SVG und EPS, Al (Adobe Illustrator) sowie FH (Freehand). Bitmap-Formate (zum Beispiel: TIF, JPG, BMP, PCX, TGA, PSD) sind hinsichtlich des Datenvolumens meist unzureichend. Auch OfficeFormate und Fotos sind nicht zu verarbeiten. Für die Lasergravur kann ein hochauflösendes JPG verwendet werden. Im Optimalfall sollte aber die Gravur-Vorlage als Vektor-Grafik im Format AI, EPS oder CDR erstellt werden. Besonders für eine filigrane Gravur ist eine Gravur-Vorlage als Vektor-Grafik nötig. Dementsprechend wird mit der Laser-Gravur das Material flächig abgetragen. Neben der Gravur kann Ritzen und Schneiden als Bearbeitung eingesetzt werden. Alle drei Bearbeitungsformen variieren je nach Materialart, nach gewünschter Tiefe der Beschriftung sowie entsprechend der benötigten Laser-Energie. Die Beschränkungen bei der umsetzbaren Typografie sind bei der Maschinengravur sehr deutlich, bei professionellen Laserbeschriftungssystemen hingegen liegt die Variantenzahl bereits bei über 200. Damit kann in der Regel der Bedarf bei der Kennzeichenherstellung gut abgedeckt werden. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Umsetzung in kyrillische und chinesische Schriftzeichen (Mandarin; Kantonesisch) geschenkt werden. Es gibt immer noch Softwareangebote, die diesbezüglich große Lücken aufweisen. Digitaldruckbasierte Herstellungsverfahren arbeiten zumeist mit windowsbasierter Software. Dies kann heute als Standard angesehen werden und ist einfach zu bedienen.

3.2.3.3 Rüstzeiten und Nachlaufzeiten (siehe Tab. 3.19 und 3.20) Im Vorfeld der eigentlichen Kennzeichenherstellung und im Anschluss daran ergeben sich diverse Arbeitsgänge, die als Rüstzeiten beziehungsweise Nachlaufzeiten bezeichnet werden.

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren85 Tab. 3.19  Bewertung der Rüstzeiten

Tab. 3.20  Bewertung der Nachlaufzeiten

Diese Arbeiten gestalten sich von Verfahren zu Verfahren sehr unterschiedlich: Stichel sind zu tauschen oder zu schleifen, Lasersysteme zu kalibrieren und Filteranlagen, Linsen und Spiegel der Lasersysteme müssen überwacht und regelmäßig gewartet werden. Beim Siebdruck sind nach dem eigentlichen Siebdruckvorgang die Siebe zu reinigen, und die entsprechend mit Farbresten verschmutzten Flüssigkeiten sind als Sondermüll zu entsorgen. Im Eloxal-Unterdruck-Verfahren hergestellte Kennzeichen sind nach dem Verdichten im Sealbad noch mechanisch aus dem Plattenmaterial herauszufräsen. Die digitaldruckbasierten Herstellungsfahren haben bis auf das Eloxal-Unterdruck-Verfahren kaum klassische Rüstzeiten. Selbstverständlich ist auch hier der Tintenstand zu kontrollieren, gegebenenfalls eine Wärmeeinheit einzuschalten, oder es läuft ein automatisierter Reinigungsprozess direkt nach dem Einschalten des Systems. Vereinfacht gesagt verlagert der Digitaldruck das handwerkliche Arbeiten der Gravur, des Siebdrucks, des Nadel-/Ritzmarkierens in die Software, was die Rüstzeiten und Nachlaufzeiten bei Digitaldruck-Verfahren natürlich deutlich verkürzt.

3.2.3.4 Nötiges Fachwissen beim täglichen Arbeiten mit dem Verfahren (siehe Tab. 3.21) Jede Technik hat ihre Besonderheit, und das Vertrautsein mit diesen Besonderheiten erleichtert die Arbeit. So kommt heute bei jedem Verfahren der Kennzeichnungsherstellung eine bestimmte Software zum Einsatz, womit entsprechende Kenntnisse in Bezug auf den Umgang damit grundsätzlich nötig sind.

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Tab. 3.21  Bewertung der Anforderung „nötiges Fachwissen“

Auf der Skala des nötigen Fachwissens nimmt der Thermotransferdruck eine sehr gute Position ein. Für das Arbeiten mit diesem Verfahren wird kein spezielles Fachwissen benötigt. Auch die digitaldruckbasierten Herstellungsverfahren sind diesbezüglich gut zu bewerten, da sie ohne besondere Vorkenntnisse anzuwenden sind. Dies gilt für den UV-Direktdruck ebenso wie für den Solvent-Druck, das PrintoLUX®-Verfahren und das Stift-Plotten. Die Gravur-Verfahren, der Siebdruck und das Eloxal-Unterdruck-Verfahren hingegen (inklusive mechanischer Nachbearbeitung) bedürfen ausnahmslos eines soliden und umfangreichen Fachwissens, was auch für das Nadel-/Ritzmarkieren gilt.

3.2.3.5 Fachpersonal erforderlich/empfehlenswert (siehe Tab. 3.22) Alle Praxiserfahrungen zeigen, dass sich Verfahrensprobleme beim Einsatz qualifizierten und engagierten Personals deutlich reduzieren. Umgekehrt steigt die Problemhäufigkeit (nicht selten bis hin zu System- und Geräteausfällen) beim Einsatz wenig oder nicht qualifizierten Personals. Dabei bedeutet „qualifiziert“ nicht die Notwendigkeit bestimmter Ausbildungen, sondern geht von einem technischen Grundverständnis aus sowie von einer gewissen Routine im Umgang mit Software. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, lassen sich sämtliche Digitaldruck-Verfahren (bis auf das Eloxal-Unterdruck-Verfahren) auch ohne

Tab. 3.22  Bewertung der Personalanforderung „Einsatz von Fachpersonal nötig?“

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren87

Fachpersonal problemlos bedienen. Dies gilt auch für den Thermotransferdruck und das Nadel-/Ritzmarkieren. Beim Siebdruck, dem Eloxal-Unterdruck-Verfahren sowie der Gravur sieht das anders aus. Zur Anwendung dieser Verfahren führt kein Weg am Einsatz von Fachpersonal beziehungsweise von Mitarbeitern mit langjähriger, spezifischer Erfahrung vorbei.

3.2.4 Gesundheit und Umwelt (siehe Tab. 3.4) Die Grundlagen für diese Bewertungen finden sich in Gesetzen, Verordnungen, Normen (DIN, ISO) und EU-Richtlinien. Detaillierte Angaben dazu gibt die thematisch gegliederte Normensammlung in Kap. 16. Die folgenden Ausführungen erheben ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Rechtsverbindlichkeit. Wegen ständiger Anpassungen, Ergänzungen und Neuformulierungen können hier vorgenommene Einschätzungen auch nur eine Momentaufnahme sein. Das Thema „Gesundheit und Umwelt“ tangiert die Herstellung industriell eingesetzter Kennzeichnungen in verschiedener Hinsicht und wird unseres Erachtens in der Praxis nicht mit gebührender Aufmerksamkeit und Sorgfalt behandelt. Unsere diesbezüglichen Ausführungen sollen einen ersten kritischen Blick auf diese Thematik richten und einzelne Verfahren dazu beleuchten. Von besonderer Bedeutung sind die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsdatenblätter für alle beim Kennzeichnen zum Einsatz kommenden Stoffe und Gemische, wie Tinten, Reinigungsmittel, Vorbehandlungsflüssigkeiten etc. Diese Datenblätter setzen berufsmäßige Verwender strukturiert, schnell und umfassend über alle möglichen Gefahrenpotenziale in Kenntnis und zeigen auf, wie damit im Sinne von Gesundheit und Arbeitssicherheit umzugehen ist. Es ist sehr zu empfehlen, sich diese Datenblätter aufmerksam anzuschauen, bevor man sich für ein bestimmtes Kennzeichnungsverfahren entscheidet. Es empfiehlt sich, bei der Betrachtung dieses Aspekts das hausinterne Qualitätsmanagement und Sicherheitsbeauftragte einzubeziehen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA, Dortmund; https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltungim-Betrieb/Gefahrstoffe/Sicherheitsdatenblatt/Sicherheitsdatenblatt_node.html) bietet entsprechende Informationen über den Aufbau solcher Dokumentationen.

3.2.4.1 Risikobewertung hinsichtlich Gesundheit und Umwelt (siehe Tab. 3.23) Mit der Herausgabe von gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsdatenblättern, beispielsweise für Tinten, die bei der Kennzeichnungsherstellung zum Einsatz kommen, sind einige Hersteller sehr zurückhaltend. Durch intensive Recherchearbeit konnten wir einige dieser Dokumente erhalten. Nicht sonderlich erstaunt waren wir über die sich darin zeigenden gesundheitlichen Gefährdungsgrade der Tinten. Wir empfehlen deshalb allen Anwendern, sich im Vorfeld von Entscheidungen intensiv mit dieser Thematik zu beschäftigen. Eine

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Tab. 3.23  Allgemeine Risikobewertung

solche Ausführlichkeit dient der eigenen Gesundheit und der Gesundheit von Kollegen, die entsprechenden Stoffen täglich ausgesetzt sind. Stoffe oder Gemische gelten dann als gefährlich, wenn sie eines der 15 in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) genannten Gefährlichkeitsmerkmale aufweisen: • • • • • • • • • • • • • • •

explosionsgefährlich brandfördernd hochentzündlich leichtentzündlich entzündlich sehr giftig giftig gesundheitsschädlich ätzend reizend sensibilisierend krebserzeugend (kanzerogen) fortpflanzungsgefährdend (reproduktionstoxisch) erbgutverändernd (mutagen) umweltgefährlich

Nicht nur bei Farben, sondern auch bei eingesetzten Zusatzprodukten kommt man unweigerlich mit Gefahrstoffen in Berührung. Dies betrifft die Gravur (farbiges Auslegen, Reinigen …) ebenso wie die Arbeit mit Laserpasten zum zusätzlichen Bearbeiten von Aluminium bezüglich des Schwärzungsgrades. Bei den Farben und Tinten sollte man vor allem gegenüber UV-härtenden Tinten und Solvent-Tinten ein kritisches Bewusstsein walten lassen. Lärm gehört ebenfalls zu den Emissionen von Kennzeichnungsverfahren. Ohne Schutzvorrichtungen und täglich erfahren, kann er zu Gehörschäden führen oder extra-aurale Wirkungen haben. Extra-aurale Wirkungen sind indirekte Auswirkungen von andauerndem

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren89

Lärm. Dies können ebenso psychische Belastungen sein wie die Erhöhung des Blutdrucks oder der Herzfrequenz. Am Arbeitsplatz stellt Lärmbelastung einen klaren Gefährdungsfaktor dar. Die Irritation durch Lärm kann zu mehr fehlerhaftem Verhalten und damit zu mehr Arbeitsunfällen führen. Ist der Lärmpegel besonders hoch, können Störungen der Verständigung und daraus resultierende Unfälle die Folge sein. Allgemein gilt: Ab 65 dB(A) reagiert der Mensch auf Lärm, ab 80 dB(A) können bereits Hörschäden auftreten (ohne Schutzmaßnahmen). Details regelt die TRLV Technische Regeln zur Lärm- und Vibrationsschutzverordnung, Ausgabe August 2017 (GMBI 2017 S. 590 (Nr. 34/35) der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin)). Lasergravur-Systeme geben Schall – kombiniert aus Kühlsystemen und Abluftsauganlagen – von zum Teil über 85 dB(A) ab und sind damit nicht weniger laut als die Maschinengravur. Vor allem durch gepulste Faser-Laser entstehen bei der Lasergravur durch Materialabtrag zusätzlich unangenehme Geräusche, die man als eine Mischung aus hochfrequentem Pfeifen und Rauschen beschreiben kann. Dem ersten Anschein nach wirken digitaldruckbasierte Herstellungsverfahren in puncto Gesundheit und Umwelt unbedenklich. Dieser Eindruck bestätigt sich bei näherem Hinsehen nicht immer. Entscheidend ist dabei, welche Tintenausführungen zum Einsatz kommen. Werden UV-härtende Tinten verwendet, ist Vorsicht geboten. Diese Tinten sind außerordentlich kritisch zu betrachten. Auch Solvent-Tinten (= Lösemitteltinten) und Ätztinten (beim Stift-Plotten im Einsatz) sind gesundheitlich nicht unbedenklich. Einzig die wasserbasierte Spezialtinte, die im PrintoLUX®-Verfahren zum Einsatz kommt, hat eine dokumentierte Gesundheitsunbedenklichkeit. (Siehe dazu auch Kap. 14, Tinten bei der industriellen Kennzeichnung.) Auch das Stichwort „Ink-Misting“ (Tintennebel) macht auf ein Problem aufmerksam: Tinten, die solche Nebel bilden, werden vor allem im Großformatdruck eingesetzt. Sie erfordern in jedem Fall entsprechende Absauganlagen. Bei den relativ kleinen Systemen/ Geräten, die im Bereich der Kennzeichenherstellung genutzt werden, treten solche Phänomene nicht auf. Es ist deshalb nicht nötig, hier näher darauf einzugehen.

3.2.4.2 Einrichtung und Beachtung von Schutz-/Sicherheitsmaßnahmen (siehe Tab. 3.24) Die Bewertung zu diesem Kriterium erfolgt in Orientierung an die Sicherheitsdatenblätter von Herstellungssystemen. Aus diesen Informationen lässt sich ableiten, welcher Aufwand nötig ist, um durch die Einrichtung von Filteranlagen, Abluftvorrichtungen und anderen erforderlichen Schutzvorrichtungen dafür Sorge zu tragen, dass beim Kennzeichnen ein effektiver Arbeits- und Umweltschutz stattfindet. Zu den Gefahrstoffen, denen beim Kennzeichnen große Bedeutung zukommt, gehören in erster Linie Stäube (Lasergravur-Verfahren) sowie Tinten (Digitaldruck-Verfahren). Bewertet man einen sehr hohen Aufwand (und entsprechende Kosten) für Schutzvorrichtungen mit der Schulnote 6 (ungenügend) und einen sehr niedrigen Aufwand mit der

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Tab. 3.24  Bewertung der Anforderung „Einrichtung von Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen“

Schulnote 1 (sehr gut), so ergeben sich die Bewertungen 4 (ausreichend) für die Verfahren mechanische Gravur, Faser-Laser, Kristall-Laser, CO2-Laser, UV-Direktdruck, SolventDruck, Eloxal-Unterdruck und Siebdruck. Weniger Emissionen und daher weniger notwendige Schutzvorrichtungen sind für Nadel- und Ritzmarkierer, das PrintoLUX®-Verfahren sowie für das Stift-Plotten festzustellen. Sie können mit 2 (gut) bewertet werden. Die Bestnote 1 (sehr gut) verdient sich in diesem Zusammenhang der Thermotransferdruck. (Siehe auch Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) und Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) in Kap. 16, Richtlinien, Rechtsgrundlagen, Regeln, Verordnungen und Normen zum industriellen Kennzeichnen.)

3.2.4.3 Besonderes Arbeitsumfeld erforderlich (siehe Tab. 3.25) Dieser Punkt ist eine direkte Folge des vorangegangenen Punktes, der Betrachtung nötiger Schutz-und Sicherheitsmaßnahmen. Der Thermotransferdruck sowie das Stift-Plotten bedürfen keiner besonderen Arbeitsumfelder. Gleiches gilt für das PrintoLUX®-Verfahren. Separate Räumlichkeiten wegen einer verfahrensbedingt hohen Geräuschentwicklung sind bei sämtlichen Gravur-Verfahren sowie beim Nadel-/Ritzmarkieren erforderlich. Auch das mechanische Nachbearbeiten beim Eloxal-Unterdruck-Verfahren fällt unter diese Kategorie. Zudem bedürfen sämtliche Lasergravur-Verfahren einer Feinstaubentsorgung – entweder mittels einer Absauganlage oder einer Wasserfilteranlage. Der Siebdruck bedarf separater Räumlichkeiten wegen der Geruchsentwicklung der zum Einsatz kommenden Stoffe wie Farbe und Reinigungsmittel. Das Verdichtungsbad als Bestandteil des Eloxal-Unterdruck-Verfahrens bedarf eines Werkstattumfelds. Zusammenfassung: 

Der richtige Weg zum richtigen Kennzeichnungsverfahren Wenn in einem Anlagen-/Maschinenbauunternehmen bei der Eruierung und Neueinführung eines Kennzeichnungsverfahrens ein idealtypisches Vorgehen aufgezeigt werden sollte, könnte es folgendermaßen aufgebaut sein:

3  Leistungsvergleich zu ausgewählten Kennzeichnungsverfahren91 Tab. 3.25  Bewertung der Anforderung „Besonderes Arbeitsumfeld nötig?“

• Ermitteln eines Verantwortlichen, der sich der Thematik „Kennzeichnung“ unternehmensweit annimmt. Der Bereich „Normung und Standardisierung“ hat sich dafür bereits in einigen Unternehmen als geeignet erwiesen. Wobei es sich als großer Vorteil zeigt, wenn dieser Bereich mit ausreichender Umsetzungskompetenz ausgestattet ist. • Dieser Bereich sollte zunächst eine Analyse und Bewertung des Ist-Zustandes vornehmen. • Entwickeln eines praktischen Handlungskonzeptes. Ein wesentlicher Bestandteil ist dabei die Identifizierung eines bedarfsgerechten Herstellungsverfahrens. • Nach der Auswahl eines geeignet erscheinenden Verfahrens erfolgt die Formulierung eines Zeit- und Kostenplans für die Umsetzung. • Erarbeiten eines Dokumentes, in dem sämtliche Details zum Kennzeichnungsthema definiert werden. Diese Vorgabe kommt in der Folge unternehmensweit verbindlich zum Einsatz. Einige Automobilhersteller haben in dieser Weise inzwischen umfassende und präzise Vorgaben eingeführt. • Der Start zur Umsetzung erfolgt an einem Standort. Dort wird über einen definierten Zeitraum geprüft, ob sich die entwickelten Maßnahmenvorschläge in der Praxis bewähren. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist sicherlich die frühzeitige Einbindung aller mit der späteren Umsetzung betroffenen Kollegen. Diese Test- und Optimierungsphase dauert sicherlich zwölf bis 15 Monate. Nach Abschluss dieser Phase kann die sukzessive Umsetzung an den einzelnen Standorten erfolgen. • Siehe dazu auch Kap. 11, Prozessvereinfachung und Wirtschaftlichkeit bei industrieller Kennzeichnung: Ein Fallbeispiel.

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4

Herstellung von Kennzeichen: Outsourcing oder Implementierung? Helmuth Bischoff

Im Anlagenbau, im Maschinenbau, in der Automotive-Branche und in anderen Industriebereichen kommen tagtäglich viele unterschiedliche Kennzeichnungen zum Einsatz. Ob es für Unternehmen besser ist, benötigte Kennzeichen selbst herzustellen, sie extern zu beziehen oder beide Beschaffungswege zu mischen, ist nicht einfach zu beantworten. Neben verschiedenen rationalen Parametern sind in der Praxis oft auch „Gewohnheiten“ als Entscheidungskriterien zu verzeichnen. Was „schon immer gut war“, wird in vielen Unternehmen nur dann auf den Prüfstand gestellt, wenn die Evidenz des „Guten“ deutlich verloren gegangen ist. Erst wenn wenn Probleme auftauchen und das tradierte Handling als deutliche Störung von Prozessabläufen erfahren wird, kommen Änderungsoptionen ins Gespräch. Auch neue Anforderungen, wie zum Beispiel der Einsatz von Farbe, von QR-Codes oder anderen Elementen sowie eine tiefer durchgreifende Kostenkontrolle, können Altbewährtes in Frage stellen. Da sich „Gewohnheiten“ und ihre Störfälle einer systematischen Untersuchung kaum erschließen, kümmern wir uns hier um rationale, kennzeichnungsbezogene Parameter. Als solche lassen sich darstellen:

4.1

Umfassende Bewertung der aktuellen Situation und des Anforderungsprofils

Um eine sachgerechte und begründete Entscheidung über die interne, externe oder gemischte Herstellung von Kennzeichnungen treffen zu können, ist es zunächst sinnvoll, das Thema

H. Bischoff (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_4

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„Kennzeichnung“ im jeweiligen Ist-Zustand ausführlich zu analysieren und zu bewerten. Entsprechende Fragestellungen lauten: • Wie sehen die aktuellen Beschaffungswege aus? • Welchen Personaleinsatz erfordert die derzeitige Beschaffungspraxis? • Welche Gesamtkosten verursachen die aktuell praktizierten Beschaffungswege einschließlich der Kosten für alle internen Prozesse, die mit dem Kennzeichnungsthema verbunden sind? • Welche Faktoren lassen sich in der gegenwärtigen Beschaffungspraxis als positiv bezeichnen? Und welche Faktoren weisen auf Optimierungspotenziale hin? Eine genaue Betrachtung des Ist-Zustandes unter wirtschaftlichen und organisatorischen Gesichtspunkten als Ausgangspunkt zu wählen, erscheint ratsam (siehe Abb. 4.1). Denn in einer Vielzahl von Produktionsbetrieben wird das Kennzeichnungsthema als unbedeutend gewertet und hinsichtlich möglicher Optimierungen nicht untersucht, sondern nur vage beurteilt. So ist es keine Einzelstimme, wenn ein Projektverantwortlicher eines Automobilzulieferers die Ersatz- und Nachbeschriftung bei Montagen auf folgenden Nenner

Abb. 4.1  Aufwand beim Outsourcing der Kennzeichnungsherstellung. Diese Einzelschritte und der damit verbundene Arbeitsaufwand verbinden sich mit dem Outsourcen der Kennzeichnungsherstellung. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2015)

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bringt: „Dieser Aufwand wird dramatisch unterschätzt.“ Oft wird der Personal- und Kostenaufwand, der für die Kennzeichnungsbeschaffung nötig ist, wirklich nur „geschätzt“ und „unterschätzt“, weil die Mitarbeiter, die Kennzeichnungen einsetzen, und die Mitarbeiter, die für deren Beschaffung zuständig sind, zu wenig miteinander kommunizieren. Erhellend zu der Thematik sind in diesem Buch auch der Beitrag von Lisa Foshag zur „Prozessvereinfachung und Wirtschaftlichkeit bei industrieller Kennzeichnung“ (siehe Kap. 11) und das Interview mit Bauleiter Nikolaos Adamidis zum Thema „Kennzeichnen und Montage: Die Gesamtheit sehen“ (siehe Kap. 10). Wenn der Ist-Zustand hinsichtlich der praktizierten Beschaffungswege so analysiert ist, dass die Stellschrauben für Optimierungen sichtbar werden, können Änderungen ins Auge gefasst werden. Dabei lässt sich im Rahmen eines Soll-Ist-Vergleichs definieren, in welchen Aspekten und mit welchen Prioritäten die künftige Organisation des Kennzeichnens geändert werden soll. Kosten, Zeit, Flexibilität und Qualität sind dabei die wesentlichen Parameter, wobei einer dieser Aspekte die anderen oft überragt. Dem Parameter „Kosten“ kommt immer eine hohe Relevanz zu, und dennoch kann beispielsweise der Faktor „Zeit“ entscheidender sein, um bestimmte Prozesse im Unternehmen zu vereinfachen und zu verbessern. Die zugrundeliegende Erfahrung lautet: Durch Prozessvereinfachung wird Arbeitszeit gespart und damit Geld. Eine solche Einsparung kann mögliche Mehrkosten an anderen Stellen des Kennzeichnungsaufwandes (zum Beispiel Materialbezug) unter Umständen mehr als kompensieren. Ein wichtiges Kriterium ist auch die Frage, ob sich der Kennzeichnungsbedarf verstärkt am Produktionsstandort oder mehr auf Baustellen und Montagen zeigt. Schließlich ist es in hohem Maße kostenrelevant, ob der Inhalt der benötigten Kennzeichnungen auf größeren Stückzahlen identisch bleibt oder wechselt. Wechselnde Inhalte bedeuten dabei immer eine Erhöhung des Aufwandes. Wenn eine entsprechende Detaillierung hinsichtlich Bedarf und Zielerreichung vorgenommen ist, lässt sich prüfen, ob eine interne oder externe Beschaffung von Kennzeichnungen dienlicher ist.

4.2

Anforderungen an eingesetzte Kennzeichnungen

Bei der Festlegung von interner oder externer Herstellung bilden die Mengen-, Ausstattungs- und Qualitätsanforderungen an die Kennzeichnungen wichtige Kriterien. Zu diesen Anforderungen zählen die eingesetzten Stückzahlen, Formate, Materialien und Farben der Kennzeichnungen ebenso wie die Darstellungsqualität und vor allem auch die erforderliche Beständigkeit der Kennzeichnungen gegenüber physischen und chemischen Belastungen. Eines der wichtigsten Kriterien bei der Entscheidung für oder gegen eine interne Kennzeichnungsproduktion stellt die benötigte Stückzahl dar. Werden pro Jahr beispielsweise Stückzahlen im fünf- und sechsstelligen Bereich benötigt, liegt es nahe, eine interne

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Produktion ins Auge zu fassen. Dabei ist auch zu prüfen, ob es mehrheitlich um wechselnde oder identische Inhalte geht. Hinsichtlich der Kennzeichnungsformate erlaubt die Praxiserfahrung die Aussage, dass die große Mehrzahl der industriell eingesetzten Kennzeichnungen aus kleinen Formaten besteht, selten größer als 300 × 420 mm. Für die Herstellung der vielen kleineren Formate (Kabelschilder, Typenschilder, Betriebsmittelschilder sowie Kennzeichen innerhalb der Schaltschränke) gibt es einige kostengünstige Verfahren. Kleine Kennzeichnungsformate mit hohen Auflagen und gleichbleibenden Inhalten können von Dienstleistern in der Regel trotzdem günstiger hergestellt werden. Je individueller die Kennzeichnungen zu gestalten sind und je kleiner die Auflage, desto teurer gestaltet sich die externe Herstellung. Dies trifft auch bei einem größeren Bedarf an Sonderformaten zu. Wenn viele unterschiedliche Schildmaterialien (Metalle, Kunststoffe, Folien) für die benötigten Kennzeichnungen eingesetzt werden, ist eine Empfehlung hinsichtlich interner oder externer Beschaffung schwer zu leisten. Unterschiedliche Schildmaterialien machen oft den Einsatz unterschiedlicher Herstellungsverfahren nötig, was die Herstellung deutlich verteuert. Es sei denn, es werden Verfahren eingesetzt, mit denen sich unterschiedliche Materialien kennzeichnen lassen. In diesem Fall ist zu prüfen, ob diese Materialien einen Großteil des Nutzerbedarfs abdecken. Falls ja, kann die Investition in ein solches Verfahren sinnvoll und wirtschaftlich sein. Ähnlich verhält es sich bei anspruchsvollen Kennzeichnungsinhalten (Symbole, Logos, Bilder, 2D-Codes) und der Verwendung von Farben (siehe dazu beispielhaft Abb. 4.2). Auch hier gilt: Je facettenreicher und anspruchsvoller sich in dieser Hinsicht das Anforderungsprofil darstellt, desto vielseitiger muss das Verfahren sein, mit dem diese Anforderungen zu erfüllen sind. A priori ist deshalb nicht zu beantworten, ob bei hohen Anforderungen an den Farbdruck besser intern oder extern produziert werden sollte. Allerdings ist in dieser Hinsicht unverkennbar, dass digitaldruck-basierte Verfahren der Kennzeichnungsherstellung hinsichtlich des Farbeinsatzes und der Darstellungsqualität große Vorteile gegenüber konventionellen Verfahren, wie Siebdruck oder Gravur, aufweisen. Dies gilt für die einfacher gewordene Handhabung von Digitaldruck-Verfahren ebenso wie für Investitionskosten bezüglich des erforderlichen Geräts. Unternehmen, die sich digitale Druckverfahren an Bord holen, brauchen zur Bedienung kein eigens dafür ausgebildetes Personal und verzeichnen überschaubare Kosten. Sich eine Siebdruckmaschine ins Haus zu holen, bedeutet hingegen, viel Geld für eine entsprechende Maschine zu bezahlen und einen gelernten Siebdrucker gleich mit zu engagieren. Der Entwicklungssprung, den der Digitaldruck gegenüber dem Siebdruck darstellt, bezieht sich auch auf die erzielbare Darstellungsqualität: Wo auf kleinen Formaten kleinste Punktgrößen Abb. 4.2  Die Globalisierung findet auch auf Kennzeichen statt. (Quelle: PrintoLUX GmbH)

Flow control recirculating pump

4  Herstellung von Kennzeichen: Outsourcing oder Implementierung? 

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aufgebracht und lesbar sein sollen, ist der Digitaldruck gegenüber den konventionellen Verfahren klar überlegen. Die Anforderung der Druckbild-Präzision, insbesondere bei kleinen, eng beschrifteten Formaten, hat in jüngerer Zeit erheblich an Bedeutung gewonnen und wird an Wichtigkeit weiter zunehmen. Da 2D-Codes immer häufiger als Bestandteile von Kennzeichnungen erwartet werden, kommt der dabei erforderlichen Präzision und Darstellungsqualität hohe Bedeutung zu. Die Beständigkeit ist ein weiteres Prüfkriterium hinsichtlich einer Entscheidung für eine externe oder interne Kennzeichnungsherstellung. Ist eine niedrige oder hohe Beständigkeit gefordert? Im Anlagen- und Maschinenbau sind die Anforderungen an die eingesetzten Kennzeichen hoch. Zu den typischen Belastungen gehören vor allem Reinigungsmittel, wie Heißdampf, Eisreinigung, Aceton oder Nitroverdünnung, aber auch Betriebsstoffe, wie Öle oder Fette. In Bezug auf die Beständigkeit bieten Digitaldruck und Gravur interessante Optionen für In-house-Lösungen, wobei sich voreilige Beurteilungen hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit von externer oder interner Herstellung der Kennzeichen auch hier verbieten. Erst wenn man die Anforderung nach Beständigkeit der Kennzeichen mit anderen Anforderungen verknüpft, lässt sich vernünftig über die zentrale Frage dieses Kapitels befinden.

4.3

Kostengünstige Beschaffung von Kennzeichen

Ein weiteres Kriterium für die Entscheidung über die interne oder externe Herstellung benötigter Kennzeichnungen stellen die Kosten dar. Dabei erschwert die insgesamt unübersichtliche Kostenstruktur der Kennzeichnungsbranche mit ihrem weit verzweigten Dienstleistungs- und Produktangebot eine sichere Entscheidung immens. Dies gilt sowohl für die Option der eigenen Herstellung als auch für den Zukauf. Das Preisgefüge für Geräte, Materialien und Dienstleistungen weist bei vergleichbaren Leistungen und Qualitäten oft eine Kostendifferenz von 100 Prozent und mehr auf. Fragen nach der richtigen Wahl zwischen externer und interner Herstellung sind wegen der extrem breit gefächerten Nutzerprofile in vielen Fällen erst durch einen genauen Blick auf diese Profile zu beantworten. Das Spektrum der Nutzeranforderungen reicht vom einfachen, einfarbigen Thermotransfer-Etikett für wenige Cent bis hin zum DIN-A3-formatigen, mehrfarbigen Metallschild mit wechselnden Inhalten für über 100 Euro pro Stück. Wobei angenommen werden kann, dass sich der Kennzeichnungsbedarf in Unternehmen der industriellen Produktion an deutlichen Anforderungsschwerpunkten orientiert und somit auch einfacher zu kalkulieren ist. Betrachten wir zunächst die Kostensituation beim Bezug von Kennzeichen durch externe Hersteller/Dienstleister. Bei dieser Variante findet in der Praxis oft eine stark verkürzte Kostenbewertung statt, indem die Stückkosten der Kennzeichen als einzige Berechnungsgrößen herangezogen werden. Dass Stückkosten aber nur einen Teil der gesamten Beschaffungskosten ausmachen, zeigt erst der zweite Blick. Bei einem Bezug der Kennzeichnungen von außen fallen für den Anwender zuzüglich zum Stückpreis regelmäßig Arbeitskosten für Angebotseinholung, Bestell-, Kontroll-, Nachbestell- und

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Abrechnungsvorgänge an. Oft müssen beim Bezug der Kennzeichnungen auch durchschnittliche Verzugskosten dazu gerechnet werden. Sie fallen vor allem dann an, wenn Kennzeichen kurzfristig benötigt werden, was bei Projekt- und Montagearbeiten nicht selten der Fall ist. Dann kostet es mitunter Tage und Wochen, bis die neuen Kennzeichnungen verfügbar und montiert sind. Dem entsprechend verzögert sich der Projektabschluss. Ein Maschinenbauer schildert diese Situation wie folgt: „Ob fehlende Schilder, nachträgliche Forderungen von Kunden oder fehlerhafte Schilder … Es gibt immer wieder Situationen, bei denen sich Maschinenlieferungen und Projektabnahmen verzögern, wenn wir auf die richtigen und vollständigen Kennzeichnungen warten müssen. So verlorene Zeiten verursachen erhebliche Kosten. Sie belasten die Liquidität, da sie geplante Abrechnungen nach hinten verschieben.“ Zur Kalkulation der Kosten bei interner Herstellung von Kennzeichnungen sind folgende Berechnungsgrößen heranzuziehen: • Investition in Herstellungssysteme • möglicherweise erforderliche Zusatzinvestitionen für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften. Je nach Verfahren können zum Beispiel Zusatzkosten anfallen für Absauganlagen, Lüftungsgeräte, Gefahrstofflagerung, gesonderte Abfallentsorgung etc. • Raum-/Platzbedarf für Herstellung und Lager • eingesetzte Schildmaterialien (wobei es oft lohnt, das Potenzial zur Vereinheitlichung von Schildmaterialien und Schildformaten zu überprüfen) • Verbrauchsmaterial (Tinte/Farben, Reinigungsmittel, Stichel, Farbbänder etc.) • Kosten für Service und Wartung des Geräts • Kosten für Personal zur Organisation und Durchführung der Kennzeichnungsherstellung. Um diesen Kostenfaktor näher bestimmen zu können, ist beispielsweise zu prüfen, ob Mitarbeiter verfügbar sind, die für eine interne Lösung qualifiziert sind; oder ob Verfahren einsetzbar sind, die keine besonderen Qualifikationen voraussetzen. Bei den am Markt verfügbaren Kennzeichnungsverfahren lässt sich generell feststellen, dass es eine Reihe an Verfahren gibt, die bei hoher Leistungskraft auch ohne besondere Qualifikation zu bedienen sind. Vor diesem Hintergrund ist auch die allgemeine Feststellung zu rechtfertigen, dass interne Arbeitskosten für die Herstellung von Kennzeichnung in der Regel niedriger angesetzt werden können als zu bezahlende Arbeitskosten bei einer externen Produktion. Bei einer internen Kennzeichen-Produktion verhelfen folgende Faktoren zu einer Kostenminderung: • die deutliche Reduktion von Bestell-, Kontroll- und Abrechnungsvorgängen • Kosten für Lagerflächen entfallen ebenso, da die Produktion von Kennzeichnungen just in time stattfinden kann. • die zeitnahe Verfügbarkeit der Kennzeichnungen senkt die Anzahl an Schnittstellen und beschleunigt Projektübergaben

4  Herstellung von Kennzeichen: Outsourcing oder Implementierung? 

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Insgesamt kann vor dem Hintergrund dieser Variablen davon ausgegangen werden, dass Industrieunternehmen, die ihren Kennzeichnungsbedarf durch Eigenproduktion selbst decken, kostengünstiger arbeiten als Unternehmen, die ihren Kennzeichnungsbedarf über Zulieferer beziehen.

4.4

Die schnelle Verfügbarkeit von Kennzeichnungen und mobiles Kennzeichnen

Neben dem Kostenaspekt ist auch die schnelle Verfügbarkeit von Kennzeichnungen ein wichtiges Kriterium für die Wahl des Beschaffungsweges. Diesbezüglich kann die interne Herstellung von Kennzeichnungen deutlich punkten: Wer Kennzeichnungen für den Eigenbedarf selbst herstellt, verzeichnet die Vorteile einer großen Flexibilität und hohen Verfügbarkeit. Bestell- und Lieferzeiten gibt es dann nicht mehr. Es sei denn, die Eigenherstellung der Kennzeichnungen ist stationär an einem bestimmten Standort des betreffenden Unternehmens verankert, während der Kennzeichnungsbedarf sich dezentral an diversen Baustellen oder Projekten zeigt. Dann ist die Verfügbarkeit von Kennzeichnungen ebenfalls eingeschränkt. Es gehört zu den Konstanten der Montage von Anlagen, dass einige Funktionen und Leistungen in der Bauphase noch abgeändert werden, was den Bedarf an entsprechenden Neu- oder Ersatzkennzeichnungen nach sich zieht. Ob Schilder für Kabel, Geräte, Leitungen, Gehäuse, Ventile, Bedienelemente, Klemmkästen oder ganze Baugruppen – die Inhalte der Kennzeichen müssen bei geänderten Anlagen-Features korrigiert werden, und die geänderten Schilder sind neu herzustellen. Je nach Qualität der Kommunikation zwischen dem Team auf der Baustelle und dem Unternehmensstandort, an dem die Kennzeichnungsherstellung stattfindet, ist die Verfügbarkeit spontan benötigter Kennzeichnungen besser oder schlechter. Am längsten dauert es, wenn die Ersatz- oder Nachbeschilderung von externen Herstellern abhängig ist. Der entsprechende Aufwand steigert sich noch, wenn sich besagte Änderungen der Anlage häppchenweise vollziehen, was oft der Fall ist. Dann heißt es: Hier noch ein stärkerer Motor, da noch der nachträgliche Einbau einer Motorbremse und so weiter. Das bedeutet eine sehr unstete und langwierige Kommunikation mit den Kennzeichnungslieferanten, immer wieder neue Lieferwege, immer wieder ein technisches und kaufmännisches Erfassen der Änderungen. Dadurch wird das Thema „Kennzeichnung“ auf Baustellen oft zu einem Bremsklotz. Besonders Montageverantwortliche mit langjähriger Erfahrung kennen dieses Problem gut. Sie arbeiten vor Zwischen- und Endabnahmen zumeist unter erheblichem Zeitdruck. Langwierige Beschaffungsprozesse für Ersatzkennzeichnungen sind dabei ein absolutes Manko (siehe dazu auch den Beitrag „Nachbeschilderung von Schaltschränken auf Baustellen“, Kap. 9). Da in solchen Situationen jedoch nur geringe Stückzahlen in unterschiedlichen Formaten und Materialien benötigt werden, ist es nicht einfach, über geeignete Herstellungsverfahren und die passende Software zu befinden, die vor Ort eingesetzt werden können.

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Die Umstellung auf Eigenherstellung lohnt. Zwei Beispiele aus der Praxis Zwei Beispiele aus dem Maschinenbau zeigen, um welche Einsparpotenziale es beim Kennzeichnen geht.

Beispiel 1: Einsparungen von 50 Prozent im Maschinenbau

Ein Maschinenbauer mit circa 6600 Mitarbeitern verfügt an mehreren Standorten über eigene Werkstätten und eigenes Gerät zur Kennzeichenherstellung. Mehrere Jahre beschaffte das Unternehmen seine benötigten Kennzeichen wie folgt: Metallkennzeichen wurden im Hause mittels eines Faser-Lasers produziert, während Sicherheitskennzeichen nach DIN/ISO 7010 extern hergestellt wurden und zwar mittels Siebdruck. Das Siebdruckverfahren selbst ist schon sehr aufwändig. Noch größer wird der Aufwand, wenn Klein- und Kleinstauflagen für Ersatz- und Nachbeschriftungen herzustellen sind. Deshalb behalf man sich in solchen Fällen mitunter auch mit laminierten Farbausdrucken, die nach kurzer Zeit durch äußere Einflüsse (Wärme, Feuchtigkeit, Anlagenreinigungsprozesse) ihrer Funktion nicht mehr gerecht wurden. Für den Maschinenbauer zog diese Praxis nicht nur hohe Kosten, sondern auch erhebliche rechtliche Risiken nach sich. Erschwerend kam hinzu, dass die Exportorientierung des Unternehmens eine große Anzahl an Sicherheitskennzeichen in unterschiedlichen Sprachversionen erfordert. Zur großen Diversifizierung des Bedarfs tragen auch inhaltliche Varianten (blaue Gebotsschilder, rote Gefahrenschilder, gelbe Verbotsschilder und orangefarbene Warnhinweise) bei. Schließlich addieren sich Formatvarianten, Materialvarianten und unterschiedliche Befestigungsarten auf. Damit kamen schnell Hunderte an unterschiedlichen Kennzeichen zusammen. Für die im Siebdruck pro Jahr 7500 hergestellten Sicherheitskennzeichen (Material, Aluminium, einseitig weiß, vier Bohrungen) bezahlte das Unternehmen 112.500 Euro netto. Nach der Sondierung von Herstellungsalternativen entschied sich das Unternehmen dazu, alle benötigten Sicherheitsschilder mit dem PrintoLUX®-Verfahren herstellen zu lassen; inklusive der Klein- und Kleinstauflagen für Ersatz- und Nachbeschriftungen. Damit verschwanden nicht nur alle Qualitätseinbußen und damit verbundene Sicherheitsrisiken, sondern auch knapp die Hälfte der bis dahin angefallenen Kosten. Die Jahreskosten für Sicherheitsschilder/-kennzeichen betragen jetzt circa 60.000 Euro netto.

Beispiel 2: Knapp 36.000 € pro Jahr gespart

Ein Maschinenbau-Unternehmen mit circa 2400 Mitarbeitern bezog sämtliche benötigten Typenschilder durch externe Hersteller. Dabei wurde ein Jahresbedarf von 700 Typenschildern1 (300 × 420 × 1,5 mm, Edelstahl) verzeichnet. Typografie und Das Unternehmen setzt auch andere Kennzeichenarten und -formate ein. Zur Vereinfachung des Zahlenwerts wurde lediglich eines der Formate zum Kostenvergleich herangezogen. Fänden in dem Beispiel sämtliche von dem Unternehmen eingesetzte Kennzeichen Berücksichtigung, würde sich das realisierte Einsparvolumen noch viel dramatischer darstellen.

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4  Herstellung von Kennzeichen: Outsourcing oder Implementierung? 

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Illustrationen waren in Schwarz aufgebracht. Dazu nutzen die beauftragten Dienstleister die mechanische Gravur; das Schildmaterial wurde mit schwarzer Farbe ausgelegt. Die Kennzeichen mussten UV-beständig sein (Sonnenlicht). Mittlerweile stellt das Unternehmen sämtliche benötigte Kennzeichen mit dem PrintoLUX®-Verfahren selbst her. Kosten vorher: 156,00 Euro/Stück (mechanische Gravur + farbiges Auslegen) Kosten nachher2: 80,03 Euro/Stück (PrintoLUX®-Verfahren) Einsparpotenzial: 51,30 Euro/Schild × 700 Schilder = 35.910,90 Euro netto p. a.

Zusammenfassung (siehe dazu auch Abb. 4.3) 

• Je weniger Leistungs- und Qualitätsanforderungen sich an das Kennzeichnungsmaterial und an die Kennzeichnungen richten und je höher die Auflagen der benötigten Kennzeichnungen mit identischen Inhalten sind, desto eher ist eine Beschaffung durch Dienstleister zu empfehlen.

Abb. 4.3  Externe und interne Kennzeichnungsherstellung auf dem Prüfstand. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2016) Materialkosten: 56,23 Euro/Stück Arbeitszeit/Schild circa 15 Minuten bei 65 Euro/Std. = 16,25 Euro/Schild Verbrauchsmaterialien 14,50 Euro/m² = 1,83 Euro/Schild Gesamtsumme: 56,23 Euro + 16,25 Euro + 1,83 Euro + 5,72 Euro = 80,03 Euro/Schild netto Invest circa 20.000 Euro, Laufzeit 5 Jahre = 3500 Schilder = 5,72 Euro/Schild

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• Je höher die Anforderungen an die Kennzeichnungen sind und je individueller deren Inhalte, desto mehr empfiehlt sich die Eigenproduktion der Kennzeichnungen. • Ein Mix aus externer und interner Herstellung erscheint dann sinnvoll, wenn der Kennzeichnungsbedarf eines Unternehmens beides aufweist: Hohe Auflagen mit geringen Anforderungen an Material und Qualität; dazu eine relevante Anzahl an Kleinserien oder Einzelschildern mit hoher Material- und Darstellungsqualität. • Bei den üblichen Anforderungen des Maschinen- und Anlagenbaus an die dort eingesetzten Kennzeichnungen liegt die These nahe, dass sich für die Unternehmen dieser Branchen eine Inhouse-Produktion der Kennzeichen empfiehlt.

Weiterführende Literatur Bruhn M, Stauss B (Hrsg) (2013) Dienstleistungsqualität. Gabler, Wiesbaden Klesse H-J (2015) Warum Outsourcing nicht immer die beste Lösung ist. Resource document. Wirtschaftswoche. http://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/logistik-abteilungen-warum-outsourcing-nicht-immer-die-beste-loesung-ist/12027076.html. Zugegriffen: 4. Nov. 2017 Outsourcing – Vorteile und Risiken (2003) Resource document. Handelsblatt. http://www.handelsblatt.com/archiv/outsourcing-vorteile-und-risiken/2258606.html. Zugegriffen: 2. Nov. 2017 Schödel G (2009) Faktoren, Auswirkungen und Vermeidung von Risiken bei Outsourcing-Entscheidungen. GRIN, München

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Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung Niclas Gottfried

Dieser Beitrag behandelt eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit und diejenigen, die sich ihre Ausübung zum Beruf erwählt haben. Es geht dabei auch um das Abrücken eines klassischen Berufsbildes aus dem Zentrum der industriellen Fertigung in wirtschaftliche Randbereiche. In den Zeiten von Industrie 4.0 und mit dem Erfolg additiver Fertigungsmöglichkeiten für Kennzeichnungen sind Spezialgebiete der Reliefbeschriftung für Graveurinnen und Graveure zum Refugium geworden. Dabei ist die Rede vom Berufsbild und seiner Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, nicht von der Technik an sich. Wie alles, was sich dauerhaft bewähren will, streben eine Technik und diejenigen, die sie ausüben, der Perfektion entgegen. Wenn dann keine Weiterentwicklung mehr stattfindet, muss sie notgedrungen einer neuen, moderneren Technologie Platz zu machen. Das gilt auch für die Gravur, die ihre historische Vorrangstellung beim industriellen Kennzeichnen inzwischen eingebüßt hat.

5.1

Gravur als Kommunikationsmittel

Es gehört zu den historischen Konstanten, dass Menschen miteinander kommunizieren. Und es gibt neben der Musik und der Sprache kein älteres Kommunikationsmittel als das Schrift-Zeichen. Die verschiedenen Schrift-Techniken und ihre Verbreitung entwickelten sich fortlaufend, aber das Prinzip der schriftlichen Kommunikation ist wie die Aufnahme derselben

N. Gottfried (*) GSV Gottfried GmbH, Solingen, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_5

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durch den Empfänger immer das gleiche: Über einen erzeugten Kontrast werden Zeichen erkennbar, hell/dunkel, erhaben/vertieft. Das ist auf Papyrus nichts anders als auf E-Paper. In den frühzeitlichen, kleinen Gemeinschaften von Menschen wurde begonnen, Geschichte festzuhalten und zu erzählen, indem Bilder auf Höhlenwände gemalt und in den Stein graviert wurden. Die ältesten Gravur-Funde in Südafrika sind circa 70.000 Jahre alt. Wir blicken also auf eine recht lange Zeitspanne, in der sich das Prinzip der Oberflächenbearbeitung kaum änderte: Material wurde durch Meißeln, Stemmen, Ritzen und Gravieren abgetragen. Graveure, wenn wir die frühzeitlichen Höhlen-Künstler für unser Berufsbild vereinnahmen dürfen, erweiterten die gemalte Information durch das Relief: Sie machten die Information über die Tiefen-Bearbeitung der Oberfläche dauerhaft haltbar, für nachfolgende Generationen verfügbar und nicht zuletzt damit auch für diejenigen zugänglich, denen das Augenlicht nicht zur Verfügung stand. Denn auch dieses Prinzip hat sich nicht geändert: Anwendungshinweise sind heute mittels von Graveuren hergestellten Prägewerkzeugen in Blindenschrift auf Medikamentenverpackungen erhaben geprägt.

5.2

Frühe Techniken und fortlaufende Spezialisierung

Die Technik entsprach dabei immer dem technologischen Stand der Zeit. Haltbarere Werkzeuge und Materialien wurden gefunden beziehungsweise erfunden und weiterentwickelt. Die Meißel für die Steinbearbeitung wurden feiner, siehe die filigrane Schrifttypografie aus der Zeit des römischen Reiches. So fand in der Antike auch bereits die erste große Spezialisierung des Berufsbildes statt: Der Formenbauer ist heute nichts Anderes als der Werkzeugmacher, der wiederum als Graveur in der Lage war, Form- und Prägestanzen für Münzen, Orden, Knöpfe und Bestecke herzustellen. Die großen technologischen Sprünge in der Graviertechnik wurden zur Zeit Guttenbergs mit der Entwicklung des Buchdrucks im 16. Jahrhundert gemacht. Renaissance und Humanismus setzten Techniken und Möglichkeiten frei, die bereits Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden haben. „Etwas ist in Stein gemeißelt“ heißt heute immer noch, dass von gravierenden Einschnitten die Rede ist. Und „man prägt sich etwas ein“, versichert mit „Brief und Siegel“ jemandem etwas oder „drückt etwas seinen Stempel auf“ … Diese Reihe ließe sich leicht verlängern. Die Fertigkeiten eines Graveurs, ein Relief zu reproduzieren oder Klischees zur Vervielfältigung zu erstellen, wurden in Anspruch genommen, wenn das von der Schreibergilde, den Skryptografen nicht geleistet werden konnte. Für den Geldverkehr wurden Münzen geprägt, das Hoheitssiegel, ein Petschaft musste für seinen Einsatz, den wiederholbaren Abdruck in Siegellack, hergestellt werden. Die Zollplombe ist in ihrer Machart nichts Anderes. Auch andere Berufe entwickelten sich bereits in frühesten Zeiten parallel oder aus der Gravier-Technik heraus: Steinmetze, Bildhauer, Plastiker, Drucker, Werkzeugmacher – all diesen Arbeiten wohnt grundsätzlich die disziplinierte Betrachtung eines Gegenstandes zum Ziel der stimmigen, alltagstauglichen Reproduktion inne.

5  Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung107

5.3

Die Graveurin/Der Graveur: Ein Berufsbild entsteht

Im 16. Jahrhundert entstand mit den Manufakturen, ersten Großbetrieben und dem einsetzenden Merkantilismus eine Vielzahl von Berufen, die letztlich alle im Graveurhandwerk wurzeln. So basierte auch der Aufbau stehender Heere und größerer Verwaltungsapparate auf der günstiger und schneller gewordenen Vervielfältigung von Schrifttum und anderen Gegenständen. Die Massenproduktion setzte ein. Vom Notenstecher bis zum Reliefgraveur: Vervielfältigungsbedürfnisse wurden in allen denkbaren Varianten mit originalgetreuen Kopien bedient. Vom erdachten und gestalteten Original wurden Maße und Gestaltungscharakteristika abgenommen, auf technisch machbare sowie wirtschaftlich sinnvolle Art auf eine Kopie übertragen, um dann mit deren Hilfe die Produktionswerkzeuge herzustellen: Gussformen, Stanzen, Werkzeuge und Matrizen. Ein Spannungsfeld, in dem Graveure auch heute noch arbeiten: Gestalterisch so nah wie möglich am Original zu bleiben und dabei dem vorgegebenen Budget zu folgen, fordert ein hohes Maß an Kreativität, Verständnis von technischen Zusammenhängen und Materialien, gestalterischer Kompetenz und kalkulatorischer Sicherheit. Letzteres gehört übrigens zu den Gründen, warum heute kaum noch Auszubildende in den Beruf finden, geschweige denn nach der Ausbildung dort bleiben. Künstlerisches Gespür für Stilelemente und ihre Herkunftsepochen, das heißt, ihr geschichtliches Habitat zu erkennen, geht nicht zwangsläufig einher mit der Unterordnung unter wirtschaftliche Zwänge. Ein flüchtiger Blick auf die verschiedenen Berufsbezeichnungen lässt erkennen, wie facettenreich das Berufsbild des Graveurs einmal gewesen ist und in welche neuen Disziplinen die Graviertechnik teilweise migrierte, um sich als neues, eigenständiges Berufsbild zu etablieren. Der Schildermaler entwickelt sich zum Leuchtreklamehersteller, der Moulettengraveur zum Rasterwalzengraveur, der wiederum heute in der Flexografie, der Stempel- und Rollstempelerzeugung tätig ist. Andere Berufe, wie der Notenstecher, der gebraucht wurde, um mittels einer Radierung oder des Kupferstichs Partituren über Kupferdruckplatten zu vervielfältigen, und damit Orchester bediente, werden schon lange nicht mehr gebraucht. Der Beruf des Schriftschneiders, der zum Schriftsetzer wurde und im heute nicht mehr praktizierten Bleisatz Zeitungsseiten gestaltete, ist ausgestorben. Seine Arbeit wird heute per Desktop-Publishing von den schreibenden Redakteuren ausgeübt. Heute, nach der jüngsten Novelle der Ausbildungsverordnung, die 2016 in Kraft getreten ist, sprechen wir vom Graveur als Monoberuf ohne Meisterzwang (das heißt, der Meisterbrief wird nur noch verlangt, wenn ausgebildet wird). Das Berufsbild führt Spezialisierungen mit sich, die früher eigenständige Berufe gewesen sind. Der Waffengraveur wird immer noch ausgebildet. Der Flachstichgraveur verziert Ringe und Bestecke. Der Stahlstempelgraveur stellt Prägestempel her, die bei der Veredelung von Buchdeckeln, Pralinenschachteln etc. eingesetzt werden. Der Flachgraveur fertigt Schilder und Matrizen für Banknoten oder Briefmarken an. Von den vielen heute noch ausgeübten Graviertechniken haben sich einige fast ausschließlich im Kunsthandwerk gehalten, andere werden nur noch in Spezialbetrieben

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durchgeführt, von denen es in Deutschland nur noch eine Handvoll gibt. Das Dilemma der Graveurinnen und Graveure bezüglich ihrer schwindenden Bedeutung in einem eigenständigen Berufsbild: Sie sind als Experten darauf spezialisiert, kleinste Details und Muster zu erkennen. Über diese Spezialisierung lernen sie, gestalterisch die vorgegebenen Proportionen und Charakteristika der zu reproduzierenden Vorlage einzuhalten – ohne die Kosten dabei aus den Augen zu verlieren (siehe dazu Abb. 5.1). Das bezieht sich zum Beispiel auf Faksimile-Darstellungen von Namenszügen in Unterschriften oder Banknoten. Ein Beispiel, das verdeutlicht, dass ohne diese Expertise auch Fälschungen nicht möglich sind. Allein aus diesem Grund braucht man sich wohl auch keine Sorgen um das vollständige Verschwinden dieses Berufs zu machen. Neben den Reliefgraveuren, die Prägestempel und Walzen herstellen, stehen die Flachgraveure, die im 20. Jahrhundert im Wesentlichen von der Herstellung von Typenschildern und Maschinenbedienpulten lebten, wenn sie keine Schmuckgravuren herstellten (siehe Abb. 5.2). Graveure verbinden heutzutage nicht selten ihr Können mit der Ausübung angrenzender Berufe: Folienschnitte für Werbebeschriftungen, Digitaldrucke und LeuchtreklameAnlagen werden von Graveuren heute genauso appliziert, wie Schuster neben Schuhreparaturen auch Schlüssel und Klingel- und Pokalschilder herstellen.

5.4

Industrialisierung und Hoch-Zeit im 20. Jahrhundert

Wenn von Prägewerkzeugen die Rede ist, leuchtet der Verweis auf den Graveur sofort ein nicht so bei Kennzeichnungen und Beschriftungen, hier drängt sich vor dem Hintergrund moderner Druck- und Lasertechniken und -Verfahren der Graveurberuf nicht zwingend auf. Dabei sind die Graviertechnik und das Ätzverfahren über viele Jahrzehnte des

Abb. 5.1  Messingbodenplatte graviert. Beständigkeit und Präzision gehören zu Auszeichnungen der Gravur. (Foto: Niclas Gottfried)

5  Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung109

Abb. 5.2  Handgravur an einem Silberring. Die Handgravur findet mittlerweile fast nur noch in der Schmuck- und Uhrenherstellung Anwendung. (Foto: Niclas Gottfried)

vergangenen Jahrhunderts die einzigen bekannten und anerkannten Verfahren für beständige Industriekennzeichnung gewesen. Die Graviertechnik dominierte die industriellen Beschriftungsverfahren, nichts ging ohne das Relief. Der Abdruck in Sandformen für Typenschilder aus Aluminium-Guss, Markierungen und Kennzeichnungen von Werkzeugen, die Herstellung von Maschinenschildern, die nahezu unverwüstlich in anspruchsvollsten Umgebungen eingesetzt wurden, fräsbearbeitete und gravierte Bedienpulte aus Edelstahl für explosionsgeschützte Anlagen, Produktionsschemata auf meterlangen Plexiglas-Leuchtschaltbildern an Bedienständen von Stahlwerken oder Elektrizitätswerken – nichts von dem konnte ohne die Graviertechnik hergestellt werden. Alternative Beschriftungsverfahren waren nicht erfunden oder noch nicht verfügbar. Stahl konnte nur graviert werden, im Bereich von Einzelstücken und Kleinserien waren die sogenannten Vorkosten (für die Herstellung von Gestellen und Ätzklischees) astronomisch, sie rechneten sich, wie heute immer noch, erst über die große Stückzahl. Individuelle Kennzeichnungen konnten auf Typenschilder, wenn nicht graviert, nur über einen Handschlagstempel aufgebracht werden – natürlich erst, nachdem dieser von einem Graveur hergestellt worden war. Selbst Belichtungsmatrizen für gedruckte Straßen- und Landkarten wurden von Graveuren bearbeitet: der kurvige Verlauf der Autobahnendarstellung wurde bis in die neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit einem Fadenstichel von Hand erzeugt. Heute, in Zeiten von „Computer to Print“ undenkbar. Wo sich „Old-School“-Graveure heute immer noch der Liebe zum Detail und größtmöglicher Exaktheit rühmen, sind sie im Feld der industriellen Fertigung und Bearbeitung bereits geschlagen und zu Beginn des noch jungen Jahrhunderts überholt worden. Digitalisierung und Miniaturisierung machten es möglich, wenngleich natürlich immer noch graviert wird. Die Anforderungen an Beständigkeit haben sich nicht verändert, im Gegenteil, aber die Lasertechnologie macht die Gravurtechnik erschwinglich, vor allem schneller und letztlich auch für einen größeren, nicht spezialisierten Anwenderkreis verfügbar.

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Dazu kommt, dass moderne Druckverfahren heute eine ausreichende Beständigkeit mitbringen, die den vergleichsweise aufwändigen, spanabhebenden Gravierprozess überflüssig macht. Ein Bild mag als Vergleich dienen: so wie ein SUV als Fortbewegungsmittel in der Stadt keinen Sinn ergibt, so braucht es in der breiten Masse der industriellen Anforderungen nicht mehr die höchstbeständige Kennzeichnung; die Fertigkeit, eine mechanische Gravur auszuführen, wird nur noch in Spezialanforderungen benötigt. Digital erzeugte Beschriftungen und auch Laser-Gravuren sind nicht so tief wie mechanische Gravuren, dafür, und das ist letztlich das ausschlaggebende Argument, können sie in ausreichender Qualität und in kürzester Zeit erzeugt werden. Ganz davon abgesehen, dass im Bereich der Mikrogravuren Laser Miniaturen abbilden, die mit einem Gravierstichel oder Fräser zu erzeugen physikalisch ohnehin unmöglich ist.

5.5

Stand der Graviertechnik im 21. Jahrhundert

Gravuren sind gegenwärtig immer noch die wichtigste Industriekennzeichnungsart, weil in Maschinenumgebungen ein Höchstmaß an Abriebfestigkeit und Lösemittelbeständigkeit gefordert wird. Lasergravierte Edelstahl-Bezeichnungsschilder sind mittlerweile unvergleichlich schnell und zu einem Bruchteil der Kosten mechanisch gravierter Schilder herzustellen. Schilder und Kennzeichnungen sind heutzutage allerdings vermehrt als integrierter Maschinenbestandteil oder als Herstellungskomponente innerhalb der Fertigungskette von Komplett- oder Modulanbietern erhältlich. Exaktheit, wie sie von Graveuren reklamiert wird, spielt im industriellen Umfeld häufig eine untergeordnete Rolle, denn die Abbildung digital erzeugter Konturen, ob gedruckt oder gelasert, ist in den allermeisten Fällen mehr als ausreichend. Das menschliche Auge nimmt bei Digitaldrucken im Idealfall auch keine dpi’s, also einzelne Druckpunkte, sondern farbige Flächen wahr. Die von ausgebildeten Graveuren praktizierte Genauigkeit und professionelle Detailversessenheit wird heute fast nur noch im Kunsthandwerk und bei industriellen Spezialanwendungen angemessen bezahlt. Die Gestaltungskompetenz wird wirtschaftlichen Rahmenbedingungen untergeordnet. Nennenswerte Budgets gibt es nur dort, wo sich das menschliche Auge nicht betrügen lässt und Computersimulationen den Charme eines polierten Reliefs nicht imitieren können, oder Text-Spationierung von Logos, das heißt, die gelungene Buchstaben- und Zeilenlaufweite einer typografischen Anforderung in Handarbeit ausartet. Das ist übrigens auch in der Werbung der Fall: Bei den meisten TVtauglich inszenierten Bier- oder Sektflaschen sind die „Markenstars“ in der Tat mit ausgeschnittenen (geätzt, gesägt oder gefräst) und vergoldet aufgesetzten Buchstaben und Schriftzügen versehen, weil die gewünschte Plastizität nur so „echt“ aussieht. Die gesamte Kennzeichnung hat im industriellen Fertigungs- und Bedienungsumfeld immens an Bedeutung gewonnen. Warn- und Bedienhinweise sichern uns, geben Orientierung und lassen wichtige Herstellerangaben erkennen. Sie erleichtern den Umgang und die Bedienung komplizierter Maschinen. Es versteht sich, dass Piktogramme und

5  Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung111

Warnhinweise nicht mehr den Geist frühindustrieller Eisenguss-Ästhetik atmen, sondern unmissverständlich, schnörkellos funktional und preiswert herstellbar sein müssen. Hier ein kurzer Überblick von wichtigen, heute noch applizierten Graviertechniken. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird dabei nicht erhoben:

5.5.1 Handgravur, Meißeln/Treiben Kurzbeschreibung:  spanabhebende Technik, bei der mit einem Metallstichel von Hand oder mit maschineller Unterstützung eine Grundplatte oder Schmuck aus Edel- oder Buntmetall (Kupfer, Messing etc.) und Stahl bis auf eine Tiefe von circa 1 bis 2 mm graviert wird. Das Ausschneiden von Material ist technisch vergleichbar mit dem Linolschnitt. Tiefere Ornament-Gravuren/Tauschierungen zum Beispiel bei Jagdwaffen (IntarsienArbeiten) werden ebenfalls von Hand gemeißelt. Dabei ist der Meißel natürlich wesentlich zierlicher als bei einem Steinmetz. Anwendungsbeispiel:  Früher wurden auf diese Art Druckplatten hergestellt: Nach der Gravur wird Farbe auf die Platte aufgebracht, nach der Reinigung hält sich die Farbe in den vertieften Gravuren und Papier wird mit einer Gummi-Walze aufgedrückt, Ornamente werden auch gemeißelt, wie an den Schäften von teuren Jagdwaffen zu sehen. Bei anderen Materialien wird auch geschliffen, so zum Beispiel bei Glasgravuren. Aufwand:  Maschinen und Apparate sind im Vergleich zu hochtechnologischen Maschinen erschwinglich. Die Technik selbst ist zeitintensiv und erfordert vom Bearbeiter jahrelange Praxis. Bedeutung heute:  Für die Industrie und Industriekennzeichnung ist diese Technik mittlerweile unbedeu- tend. Anwendungsrelevant ist sie inzwischen fast nur noch im Kunsthandwerk und der Manufaktur beziehungsweise in der Schmuck- und Uhrenindustrie, wo Handarbeit nach wie vor unersetzlich ist.

5.5.2 Prägen/Punzieren, Radieren Kurzbeschreibung:  Maschinelle Nadelpräger „hämmern“ punktartig Muster oder Schriften in die zu bearbeitende Oberfläche. Das funktioniert ähnlich wie ein Schlagstempel, mit dem Maschinenwerte (Buchstaben und Ziffern) auf Typenschilder eingeschlagen werden. Die mechanische Bearbeitung der Oberfläche macht die Beschriftung irreversibel. Anwendungsbeispiel:  Das Prägen ist einem jeden durch die Geldmünzen bekannt. Es wird heute noch bei der Lederbearbeitung (Verzierung, Strukturen etc.) eingesetzt. Punzieren

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ist eine Treibtechnik, bei der kaltes oder erhitztes Material eine Oberflächenstruktur erhält. Seinen Einsatz findet das Punzieren zum Beispiel beim Verzieren von Buntmetallen bei der Leuchtenherstellung. Beim Radieren, ebenfalls einer sehr alten Technik, wird Material „geritzt“. Das heißt, hier wird kein Span erzeugt, sondern Material mit einer Nadel oder einem Diamanten „weggedrückt“. Die Radierung ist im Kunstbetrieb heute noch ein gängiges Verfahren. Aufwand:  Für die Anwendung dieser Techniken bedarf es Muskelkraft, eines guten Auges, einer ruhigen Hand oder einem Budget für vergleichsweise günstige Nadelpräger. Prägestempel zum Einsatz in der Industrie sind aufgrund der eingesetzten Stähle teuer und verschleißen recht schnell. Bedeutung heute:  Im Wesentlichen wird noch in der Stahlindustrie geprägt, zum Beispiel gegossene Waggonräder, die im rotglühenden Zustand eine Kennzeichnung erfahren. Zumeist werden maschinelle (Nadel)-Präger eingesetzt. Die Ausübung von Punzieren und Radieren erfolgt vor allem noch in der Lederbearbeitung und im Kunsthandwerk.

5.5.3 Maschinengravur Kurzbeschreibung:  Die Maschinengravur ist ein spanabhebendes Verfahren. Ein geschliffener Fräser, auch Gravierstichel genannt, sitzt wie ein Bohrer in einer Spindel und wird von einem Motor angetrieben. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts funktionierte der Motor über einen Riemenantrieb. Inzwischen ist der Fräser durch CNC-Gravier- und Fräsmaschinen ersetzt. Anwendungsbeispiel:  Die Anwendung besteht in der Erzeugung von Gravuren/Reliefs bei Stempeln und Schildern. Auch der Anlagenbau kennt diese Technik. So zum Beispiel beim Dekupieren von Frontplatten – eine Art Formgebung – oder im Werkzeugbau beim „Räumen“ von Materialflächen (beispielhaft in Abb. 5.3 dargestellt). Aufwand:  CNC-Graviermaschinen werden von Werbetechnikern wie von Stahlstempelherstellern eingesetzt. Entscheidend für die Preisfindung zwischen 10.000 und 500.000 Euro ist zunächst die Stabilität der Spindel beim Vorschub. Polystyrol ist natürlich wesentlich leichter und damit leichter spanend zu bearbeitet als Stahl beziehungsweise Edelstahl. Deshalb richten sich Investitionen immer auch an den zu bearbeitenden Materialien aus. Auch die Anzahl der Achsen hat eine klare Relevanz in Bezug auf den Anschaffungspreis. Bedeutung heute:  Im Formenbau und der Stahlstempelerzeugung (siehe Prägen) ist das Verfahren unersetzlich. Im Prototypenbau lässt sich eine allmähliche Substituierung durch den wesentlich günstigeren, gesinterten 3D-Druck registrieren. Im Schilder- und Beschriftungsbereich

5  Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung113

Abb. 5.3  Plakette mit graviertem Relief. Bei der aufwändigen Einzelstückkennzeichnung ist die Maschinen-Reliefgravur auch heute noch kaum zu ersetzen. (Foto: Niclas Gottfried)

verdrängen moderne Laser- und Drucktechniken die Maschinengravur. Bei der Einzelstückkennzeichnung von Stählen ist das Verfahren allerdings noch häufig ohne Alternative.

5.5.4 Elektrogravur Kurzbeschreibung:  Das Verfahren ist eine Buntmetall-(Aluminium-Kupfer)-Drahtschmelze. Dabei wird der geschmolzene Tropfen mit Druckluft auf das Beschriftungsgut gesprüht. Das so aufgetragene Material verschmilzt mit dem Stahl an der Oberfläche, baut sich wie ein Druckauftrag auf und graviert sich gleichzeitig über die Schmelzhitze in die Oberflächen. Selbst nach witterungsbedingtem Abrieb (Eis, Schnee, Salzwasser oder Wüstensand) ermöglicht die Stahlverfärbung als Anlassgravur noch eine ausreichende Erkennbar- und Lesbarkeit. Anwendungsbeispiel:  Dauerhaftes Beschriften von groß dimensionierten Stahlkörpern (Brammen) durch elektrische Verschmelzung. In ihrer Beständigkeit ist die Elektrogravur vergleichbar mit der Gravur. Meistens sind die erzeugten Schriften patentiert, sodass eine absolute Rückverfolgbarkeit von eingesetzten Materialien und den daraus zusammengebauten Anlagen und ihren Herstellern gegeben ist. Aufwand:  Investitionsgüter im einstelligen Millionen-Euro-Bereich, es gibt weltweit nur eine Handvoll Anbieter solcher Maschinen. Bedeutung heute:  Wird ausschließlich im Investitionsgütersegment großer Anlagenbauer direkt im Stahlwerk eingesetzt.

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N. Gottfried

5.5.5 Ätzen Kurzbeschreibung:  Das Ätzen ist ein chemisches Verfahren. Es wird bevorzugt in Verbindung mit Schwarzchrom (zum Färben der Gravur) eingesetzt. Die Gravur entsteht durch eine Ätzlauge, die sich in unbeschichtetes, also ungeschütztes Material „hineinfrisst“. Dabei beiben die fotobeschichteten Stellen unversehrt. So entstehen Vertiefungen, und geschützte Zonen bleiben „erhaben“. Anwendungsbeispiel:  Schöne Beispiele stellen Stahlmaßbänder, Lineale und Skalen da. Ätzen ist ein sehr präzises Verfahren. Dabei ist die erzielbare Ätz-Tiefe geringer als bei der mechanischen Gravur ist. Geätzt werden dauerhafte Serien-Beschilderungen, die beispielsweise im Bergwerk/Tagebau zum Einsatz kommen. Aufwand:  Galvanoanlagen unterliegen höchsten Umweltschutzvorgaben und Bestimmungen. Sie sind deswegen sehr teuer und erfordern behördlich genehmigte Standorte. Der laufende Betrieb hat einen hohen Energiebedarf. Bedeutung heute:  Im Gegensatz zur spanabhebenden Gravur lohnt sich dieses Verfahren – ähnlich wie beim Siebdruck – für Nutzenserienbeschriftungen oder zur Herstellung feinster Abbildungen und filigraner Kennzeichnungen, Motive und Ornamente.

5.5.6 Laser-Gravur und -Anlassbeschriftung Kurzbeschreibung:  Der gebündelte Lichtstrahl des Lasers (im Wellenlängenspektrum rechts UV und links Infrarot neben dem sichtbaren Spektrum liegend) ist so intensiv, dass im Moment des Auftritts auf die Oberfläche das Material durch Verbrennung oder Verdampfung abgetragen, also graviert wird. Bei weniger fokussierter und damit nicht so hoch temperierter Einwirkung wird das Material nicht abgetragen, sondern verfärbt sich, wird „angelassen“. Ein ähnlicher, umgekehrter Effekt kann bei der Laserbeschriftung von Kunststoff entstehen: durch die Laserenergie verfärbt sich das Material, eine kontrastreiche Beschriftung entsteht, oder das Material „schäumt“, baut sich auf und ein fühlbares gefärbtes oder farbloses Relief entsteht. Anwendungsbeispiel:  Zu den Anwendungsbeispielen zählen Kennzeichnungsschilder in Schaltschränken ebenso wie Schmuckgravuren. Kleine und extrem kleinste, bisweilen nur unter dem Mikroskop erkennbare Markierungen und Beschriftungen werden dabei graviert. Lasergravierte Sicherheitsfolien tragen zum Kopierschutz bei. Auch DataMatrix-Codes, die mit einem klassischen Gravierverfahren nicht aufgebracht werden können, gehören zu den Anwendungsfeldern der Lasergravur. (Siehe dazu Abb. 5.4 und 5.5)

5  Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung115

Abb. 5.4  Mit Laser-Gravur hergestellte Skalierung. (Foto: Niclas Gottfried)

Abb. 5.5  Direktkennzeichnung von Stahl mit Lasergravur. (Foto: Niclas Gottfried)

Aufwand:  Einfache Laserbeschrifter sind mittlerweile vergleichsweise preiswert auch schon als handgeführte Kennzeichnungsgeräte verfügbar. Sie sind einfach zu bedienen. Höchste Genauigkeit und Leistung sind dabei natürlich eine Frage der Investitionsbereitschaft. Für leistungsstarke Maschinen werden durchaus 100.000 Euro und mehr verlangt. Es gelten hohe Sicherheitsauflagen in unterschiedlichen Schutzklassen. Offene, nicht „eingehauste“ Maschinen dürfen nur in besonders abgeschirmten Räumen betrieben werden. Bedeutung heute:  Modernste, schnellste und preiswerteste Graviertechnik. Standardverfahren für Serienbeschriftungen und Kennzeichnungen. Aber Laser sind keine Alleskönner, wie im Folgenden noch beschrieben wird, sondern nur eine von verschiedenen, sinnvollen Graviermöglichkeiten.

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5.6

N. Gottfried

Grenzen der Graviertechnik

Die Grenzen der Graviertechnik sind so unterschiedlich wie die unterschiedlichen Varianten der Technik selbst. Generell liegen diese Grenzen in der Mechanik der Oberflächenveränderung begründet: Die spanabhebende Gravur ist aus physikalischen Gründen nur bis zu einer gewissen Größe machbar. Diese Begrenzung richtet sich am kleinstmöglichen Fräser-Radius aus und hängt wesentlich von der Härte oder der Zähigkeit des zu gravierenden Materials ab. Außerdem wird die mechanische Gravur linear appliziert. Das bedeutet, eine Gravur kann beliebig oft wiederholt werden, aber nur schrittweise nacheinander – ganz anders als der Digitaldrucker, der dafür prädestiniert ist, beispielsweise Schilder im Nutzen zu drucken, und von Haus aus vierfarbig arbeitet. Die Lasergravur ist die oft eingesetzte Ergänzung und Weiterentwicklung der mechanischen Gravur. Sie ist extrem schnell umzusetzen und erlaubt auch das Erzeugen kleinster Gravuren, die nur noch über eine Lupe erkennbar sind. QR- und Bar-Codes werden von den Programmen graviert und können in nahezu alle nicht transluzente Materialen eingebracht werden. Die Materialvielfalt ist immens, von Stahl bis zu dünnsten Folien kann nahezu alles mit dem jeweils dafür geeigneten Laser beschriftet oder graviert werden. Hier liegt allerdings auch die Krux: Viele unterschiedliche Materialien erfordern unterschiedliche Wellenlängen-Bereiche des Laserstrahls, die nicht in einer einzigen Maschine vereint werden können: YAG- und Faser-Laser für eloxierte Oberflächen und Stahl sind anders einzusetzen als der sogenannte grüne oder der UV-Laser für komplizierte Kunststoffe. Der wie ein Drucker arbeitende CO2-Laser schließlich graviert wiederum Glas und andere transluzierende Materialien – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Weitere Grenzen, die von der Graviertechnik nicht überschritten werden können, sind in den Druckflächen und der benötigten Zeit zu sehen. Die Bearbeitung von großen Flächen ist zeitintensiv, weil Material nicht en bloc abgetragen werden kann, sondern nur Stück für Stück. Das ist beim Laser-Gravieren nicht anders als bei der mechanischen Gravur. Beim Lasern geht es zwar deutlich schneller, aber dafür nur auf kleinster Fläche. Der Laserstrahl muss wie das Brennglas seinen Brennpunkt haben. Und das sind nur wenige Quadratmillimeter, die zwar durch größere Objektive, aber auch hier nur bis zu einer gewissen Grenze erweitert werden können. Das bedeutet: Die Fläche muss unter dem Objektiv verschoben werden, die Gravur wird angesetzt. Ein Verfahren, das gut funktioniert, aber nur von Spezialisten beherrscht wird. Leider machen technische Neuerungen und Vereinfachungen die Verfahren nicht nur profitabler. Sie beschränken über ihre technische Differenzierung auch die Einsatzmöglichkeiten sowie die grafischen und optischen Standards und die Qualität der Ausführung. Bei der Lasergravur entsteht je nach Intensität in Metallen ein Grat, der bei bestimmten Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit erst noch entfernt werden muss. Ein kostspieliges Unterfangen, das durch Gleitschleifen oder Elektro-Polieren bewerkstelligt wird, aber wiederum die gesamte Oberfläche des Werkstücks in Mitleidenschaft zieht. Dieser Aufwand lässt sich durch eine verminderte Laserintensität vermeiden, was wiederum bedeutet, dass die Gravur sehr flach wird. Die Schwärzung der Lasergravur entsteht

5  Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung117

durch verbrannten Kohlenstoff und verschwindet mit der Zeit – je flacher die Gravur, umso schneller. Zudem machen die unterschiedlichen Materialmischungen im Kunststoffbereich das exakte Reproduzieren von immer gleichen kontrastreichen Kennzeichnungen fast unmöglich. So fein, filigran und exakt der Laser arbeitet, so kompliziert und zeitaufwändig ist seine Justierung auf häufig nur leicht veränderte Beimischungen in den Kunststoff-Grundmaterialien.

Fazit: 

Laser haben die mechanischen Graviertechniken und andere existierende Beschriftungsmöglichkeiten ungeheuer bereichert und bieten eine nicht zu überblickende Variantenvielfalt in ihrer Ausführung. Aber alle haben unter ökonomischen Gesichtspunkten auch Schwächen.

5.7

Ausblick: Zukunft der Gravur – die Zukunft eines Berufs

Die Frage, ob die Graviertechnik ausstirbt, stellt sich nicht. Sie würde die Realität verkennen. Es gibt neben dem Ätzen keine vergleichbare, beständige Beschriftungsmöglichkeit. Die Anforderungen an dauerhafte Beschriftungen und Kennzeichnungen sind mannigfaltig und richten sich im Wesentlichen nach den äußeren Bedingungen und Oberflächenbeanspruchungen vor Ort. Die Klimata reichen von Salzwasser beziehungsweise salzwasserhaltiger Umgebungsluft, wie auf Bohrinseln, über Standorte in Wüsten bis hin zum explosionsgefährdeten Bergbau. Überall muss gewährleistet sein, dass Beschriftungen auch nach extremen Belastungen unter Einfluss von höchsten Temperaturen, wie sie zum Beispiel bei Explosionen entstehen, lesbar bleiben, beziehungsweise die Maschinen- oder Geräteinformation – oder das, was im Unglücksfall davon übrig bleibt, zurückverfolgt werden kann. Es geht also nicht nur um Urheberrecht, das im Fall von Diebstahl und Raubkopie zum Tragen kommt, sondern auch um nachhaltige Identifikationsmöglichkeiten. Reinigungsprozesse mit stärksten Industrie-Dampfstrahlern, wie sie zum Beispiel in der Hochseefischerei an Bord von Trawlern angewendet werden, haben abrasiven Einfluss auf die Oberfläche. In Edelstahl gravierte Informationen bleiben, auch wenn die Farbe ausgewaschen ist, immer lesbar, egal, ob sie spanend-, lasergraviert oder geätzt worden sind. Die Art der Ausführung beziehungsweise die jeweilige Technik zur Erzeugung einer Gravur wird unter ökonomischen Gesichtspunkten gewählt und folgt, abhängig von den Anforderungen an die Kennzeichnung, naturgemäß den technischen Rahmenbedingungen: die Art des Grundmaterials, die Größe der zu gravierenden Abbildung und natürlich die Anzahl der herzustellenden Kopien. Die spanabtragende Gravur ist die teuerste aller Varianten – und wird dort eingesetzt, wo Laser an ihre Grenzen stoßen, wie oben ausgeführt. Auch wenn neue, vor allem immer stabilere additive Verfahren (Sinter 3D-Druck) in die Produktionsweisen Einzug halten, ist die Gravur in puncto Haltbarkeit nicht zu

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N. Gottfried

ersetzen. Dass Informationen auch günstiger und technisch raffinierter abgebildet werden können, wie zum Beispiel in Form von Projektionen oder durch die Erzeugung von Hologrammen, ist unbestritten. Der Charme der Gravur liegt in der unbegrenzten Haltbarkeit, die nur dort endet, wo das Trägermaterial zerstört wird. Das ist bei Maschinenteilen so wie bei gravierten Eheringen. Und hier schließt sich der Kreis unserer Betrachtung: Wenn mechanische Gravuren immer seltener appliziert werden, weil sie zu teuer sind, und im jeweiligen Anwendungsfall eine derart anspruchsvolle Technik nicht erforderlich ist, was geschieht dann mit den Menschen, die diese Fertigkeit beherrschen? Die technische Weiterentwicklung der Beschriftungs- und Graviermaschinen erleichtert deren Einsatz auch in Betrieben, in denen der Graveurberuf nicht ausgeübt wird. So kehrt sich der Trend in der Industrie wieder um: Wo in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Auslagerungsprozesse stattfanden, kostenintensive Spezialabteilungen wie Gravierwerkstätten aus der primären Produktionskette als Zulieferer in den Wettbewerb entlassen wurden, kehrt die In-House-Beschriftung seit geraumer Zeit wieder in diese Unternehmen zurück. Vergleichsweise günstige Drucker und Laser-Graviermaschinen, die nach einer Einarbeitung und Vorbereitung auf den erforderlichen Einsatz auch von Nicht-Graveuren bedient werden können, machen es möglich – und den Graveur als Dienstleister weitgehend überflüssig. Graveurinnen und Graveure erfinden sich dort, wo sie sich nicht ins Kunsthandwerk retten, neu und integrieren ihre Expertise in neu entstehende Berufsbilder und Angebote. Man darf nicht vergessen: Das, was den Graveurberuf ausmacht, die Kompetenz zu gestalten und zu kopieren, wurde durch die Nachfrage nach Massenkennzeichnung aus der Industrie letztlich nur angereichert – weil es niemand anders konnte. Das allein verleiht den Graveuren aber kein naturgegebenes Monopol auf beständige Serien-Beschriftungen. Die Kolleginnen und Kollegen werden sich also weiter neu erfinden. Hier liegen bekanntermaßen die größten Chancen, weil auch in einer alten Technik der Zwang sich weiter zu entwickeln neue Kräfte und Angebote freisetzt. Nicht die Abkehr von der Gravur, sondern ihre Weiterentwicklung ist gefragt.

Weiterführende Literatur Eloxalunterdruck, Siebdruck und Digitaldruck (2015) Resource document. GSV Gottfried. http:// www.gsv-solingen.de/index.php?id=18. Zugegriffen: 13. Mai 2015 Geschichte der Berufe. Resource document. Buchbinderei Müller, Landau-Nußdorf. http://www. mueller-buch.de/fileadmin/user_upload/lpbeschl.pdf. Zugegriffen: 4. Dez. 2015 Graveur. Resource document. Wikipedia. https://de.wikipedia.org/wiki/Graveur. Zugegriffen: 4 Dez. 2015 Graveure. Resource document. Technisches Berufskolleg, Solingen. http://tbk-solingen.de/bildungsgaenge/graveure. Zugegriffen: 4. Dez. 2017 Häußler J (2001) Der Schildermarkt für den Siebdruck. Infratest Burke Wirtschaftsforschung, München

5  Die Gravur in der industriellen Kennzeichnung119 Häußler J (2001) Der Schildermarkt für Flexografen und Graveure. Infratest Burke Wirtschaftsforschung, München Hoffman E (o. J.) Gravieren – die gesamte Technik. Kindle-Edition. Amazon Jakob P (2014) Thermohärtender Digitaldruck gewinnt an Bedeutung. MaschinenMarkt. 47:30 Kennzeichnungslösungen (2015) Resource document. 3M Deutschland GmbH. http://solutions.3mdeutschland.de/wps/portal/3M/de_DE/Industrie-Klebebaender-Klebstoffe-Kennzeichnung/-/Klebeanwendungen/Kennzeichnung/. Zugegriffen: 18. Mai 2015 Niedballa R (1982) Die englische Schreibschrift. Selbstverlag, Kürten Niedballa R (1981) Der Stichel. Selbstverlag, Kürten Protokolle der Fachgruppensitzungen, Archiv des Bundesinnungsverbandes der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner (BIV). Zentralverband Oberflächentechnik, Hilden Schäfer E (2009) Gravieren mit der Pantographengraviermaschine (Unterweisung Industriemechaniker/-in, Fachrichtung Industrietechnik). GRIN, München Schierbock P, Weckerle D (2012) Erodiertechnik: Senkerodieren, Schneiderodieren. Lehr- und Aufgabenbuch. Soester Fachbuchverlag, Soest Siebdruckverfahren (2013) Resource document. Thieme. http://www.thieme.eu/de/siebdruckverfahren. Zugegriffen: 13. Mai 2015 Tampondruck – Technik und Anwendung (o. J.) Resource document. Varioprint. http://www.varioprint.de/tampondruck-maschine-schneller-wechsel-druckmotiv-klischee-automatisch.html. Zugegriffen: 13. Mai 2015 Weber T (2013) CO2-Laser-Wissen. Resource document. Trotec. http://web.archive.org/web/ 20150519001116/http://trotec-leipzig.de:80/co2-laser-wissen.html. Zugegriffen: 13. Mai 2015 Weber T (2013) YAG-Laser-Wissen. Resource document. Trotec. http://archive.is/nUtjU. Zugegriffen: 13. Mai 2015

6

Bedeutung von Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen von Maschinen und Anlagen als Mittel der Benutzerinformation Gerhard Steiger

6.1 Einleitung Sicherheitsrelevante Kennzeichnungen als Mittel der Benutzerinformation stehen im Regelfall im Kontext zu gesetzlichen technischen Regelungen, die die körperliche Unversehrtheit und Gesundheit von Personen (Arbeitnehmern und Verbrauchern) sicherstellen sollen. Dabei können sich die grundsätzlichen Konzeptionen, die diesen gesetzlichen technischen Regelungen zugrunde liegen, signifikant unterscheiden. Während im Europäischen Binnenmarkt (und damit auch in Deutschland) auf gesetzlicher Ebene eine eindeutige Trennlinie der Verantwortlichkeiten zwischen einerseits Herstellern und andererseits Benutzern/Betreibern eines Produktes besteht, werden in Regionen/Ländern außerhalb der Europäischen Union gesetzliche Sicherheitsanforderungen eher pauschal ohne Differenzierung der bestehenden Verantwortlichkeiten adressiert. Darüber hinaus können in einigen Ländern spezifische Rechtspraktiken eine dominierende Rolle spielen. Die USA sind hier ein herausragendes Beispiel. Dort sind die gesetzlichen Regelungen zur Produkthaftung mit den drohenden finanziellen Konsequenzen im Falle eines Rechtsstreits für den Hersteller maßgeblich für die Gewährleistung der Sicherheit, der von ihm angebotenen Produkte. Solche Rechtspraktiken können dann wiederum signifikanten Einfluss darauf haben, wie sicherheitsrelevante Kennzeichnungen als Mittel der Benutzerinformation durch den Hersteller umzusetzen sind. Da es in diesem Rahmen nicht möglich ist, das existierende Spektrum der gesetzlichen technischen Regelungen mit Bezug auf sicherheitsrelevante Kennzeichnungen als Mittel

G. Steiger (*) Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) e. V., Frankfurt/Main, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_6

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G. Steiger

der Benutzerinformation zu beschreiben, wird im Weiteren nur auf die Regelungen innerhalb der Europäischen Union eingegangen.

6.2

Gesetzlicher Rahmen für Maschinen und Anlagen in der Europäischen Union

Wie eingangs beschrieben wird in der Europäischen Union nach Rechtsakten zum Binnenmarkt (sicherheitstechnische Anforderungen an Hersteller von technischen Erzeugnissen zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens) und Rechtsakten zur Verwendung von technischen Erzeugnissen (Anforderungen an Betreiber von technischen Erzeugnissen, das heißt den Arbeitgeber während der gesamten Nutzungsphase) unterschieden.

6.2.1 Rechtsakte für Maschinen und Anlagen im Rahmen des EU-Binnenmarkts Zur Gewährleistung des ungehinderten Warenverkehrs im EU-Binnenmarkt bei gleichzeitiger Erfüllung von grundlegenden sicherheitstechnischen Schutzzielen existiert eine Reihe von Europäischen Rechtsakten, die, sofern für das jeweilige Produkt relevant, durch den Hersteller von Maschinen und Anlagen erfüllt werden müssen. Neben der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (siehe: www.eurolex.eu), [1] die zentrale Bedeutung besitzt, sind insbesondere die folgenden Rechtsakte zu nennen: • Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU (siehe: www.eurolex.eu) • Explosionsschutzrichtlinie (ATEX) 2014/34/EU (siehe: www.eurolex.eu) • Richtlinie zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) 2014/30/EU (siehe: www. eurolex.eu) • Richtlinie für einfache Druckbehälter 2014/29/EU (siehe: www.eurolex.eu) • Aufzugsrichtlinie 2014/33/EU (siehe: www.eurolex.eu) • Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU (siehe: www.eurolex.eu) Alle diese Rechtsakte enthalten mehr oder minder umfangreiche Anforderungen zur sicherheitstechnischen Kennzeichnung als Mittel der Benutzerinformation.

6.2.2 Rechtsakte im Zusammenhang mit der Verwendung von technischen Erzeugnissen Bezogen auf die Verwendung von technischen Erzeugnissen im gewerblichen Rahmen ist die Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit 89/391/EWG (Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie) [1] von zentraler Bedeutung.

6  Bedeutung von Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen von…

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Unterhalb dieser Rahmen-Richtlinie existieren eine Reihe von Einzelrichtlinien, die spezielle Aspekte des Arbeitsschutzes behandeln. Die darin spezifizierten Anforderungen müssen durch den Arbeitgeber eingehalten werden. Bezogen auf Mindestvorschriften zur Bereitstellung von Maschinen und Anlagen durch den Arbeitgeber und deren Nutzung ist die Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie 2009/104/ EG (2. Einzelrichtlinie zur 89/391/EWG) von Relevanz. Sie enthält unter anderem die Anforderung, dass Arbeitsmittel (zum Beispiel Maschinen und Anlagen) zur Gewährleistung der Sicherheit der Arbeitnehmer mit den erforderlichen Gefahrenhinweisen und Kennzeichnungen versehen sein müssen. Der Aspekt der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung wird durch eine weitere Einzelrichtlinie direkt abgedeckt. Es handelt sich dabei um die Richtlinie über Mindestvorschriften für die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz 92/58/EWG [4], 9. Einzelrichtlinie zur 89/391/EWG). Diese Richtlinie enthält im Anhang I Hinweise zur Verwendung von Sicherheitsfarben (siehe Tab. 6.1). Im Anhang II sind Vorgaben für die einheitliche Verwendung von Sicherheitszeichen enthalten. Dabei werden die Sicherheitszeichen nach den folgenden Kategorien unterteilt: • • • • •

Verbotszeichen Warnzeichen (siehe Abb. 6.1) Gebotszeichen Rettungszeichen Hinweisschilder für Material zur Brandbekämpfung

Die Richtlinie 92/58/EWG ist in Deutschland durch die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) Anhang 1.3 [5] formal in nationales Recht umgesetzt worden. Die DGUV Tab. 6.1  Hinweise zur Verwendung von Sicherheitsfarben aus 92/58/EWG Sicherheitsfarbe

Bedeutung

Hinweise – Angaben

Rot

Verbotszeichen

Gefährliches Verhalten

Gefahr – Alarm

Halt, Stillstand, Not-Ausschalteeinrichtung Evakuierung

Gelb oder Gelb-Orange

Material und Ausrüstungen zur Brandbekämpfung

Kennzeichnung und Standort

Warnzeichen

Achtung, Vorsicht Überprüfung

Blau

Gebotszeichen

Besonderes Verhalten oder Tätigkeit – Verpflichtung zum Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung

Grün

Erste-Hilfe-, Rettungszeichen

Türen, Ausgänge, Wege, Betriebsmittel, Stationen, Räume

Gefahrlosigkeit

Rückkehr zum Normalzustand

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G. Steiger

Abb. 6.1  Warnzeichen aus 92/58/EWG [4]

Information 211-041 (siehe: http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/211-041.pdf) enthält dazu weitergehende Erläuterungen.

6.3

Maschinenrichtlinie 2006/42/EG – Anforderungen zu sicherheitstechnischen Kennzeichnungen

Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, die in Deutschland durch die 9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz [3], in nationales Recht übernommen wurde, spezifiziert im Anhang I grundlegende Anforderungen, die soweit sie auf die Maschine/Anlage zutreffen,

6  Bedeutung von Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen von…

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durch den Hersteller zu erfüllen sind. Unter der Rubrik Informationen enthält Anhang I eine Reihe von Anforderungen, die im Zusammenhang mit sicherheitstechnischen Kennzeichnungen stehen. Nachfolgend sind die wichtigsten aufgeführt: a) Generell (auf alle Arten von Maschinen zutreffend) Abschn.  1.7.1 Informationen und Warnhinweise an der Maschine – Informationen und Warnhinweise sollten vorzugsweise in Form leicht verständlicher Symbole oder Piktogramme gegeben werden Abschn. 1.7.1.2 Warneinrichtungen – Die Vorschriften der speziellen Gemeinschaftsrichtlinien über Sicherheitsfarben und -zeichen sind anzuwenden (Verweis auf Richtlinie 92/58/EWG) Abschn. 1.7.2 Warnung vor Restrisiken – bei bestehenden Restrisiken sind die erforderlichen Warnhinweise … vorzusehen Abschn. 1.7.3 Kennzeichnung der Maschinen – ist die Maschine für den Einsatz in explosionsgefährdeter Umgebung konstruiert und gebaut, muss sie einen entsprechenden Hinweis tragen; muss ein Maschinenteil während der Benutzung mit Hebezeugen gehandhabt werden, so ist sein Gewicht anzugeben b) mobile Maschinen Abschn. 3.6.1 Zeichen, Signaleinrichtungen und Warnhinweise – Wenn für Sicherheit und Schutz der Gesundheit von Personen erforderlich, muss jede Maschine mit Zeichen und/oder Hinweisschildern für die Benutzung, Einstellung und Wartung versehen sein Abschn. 3.6.2 Kennzeichnung – Auf jeder Maschine müssen folgende Angaben deutlich lesbar und dauerhaft angebracht sein: –– die Nennleistung ausgedrückt in Kilowatt (kW) –– die Masse in Kilogramm (kg) beim gängigsten Betriebszustand sowie gegebenenfalls –– die größte zulässige Zugkraft an der Anhängevorrichtung in Newton (N) –– die größte zulässige vertikale Stützlast auf der Anhängevorrichtung in Newton (N) c) Hebezeuge Abschn. 4.3.1 Ketten, Seile und Gurte – Kennzeichnung mit diversen Herstellerangaben insbesondere die maximale Tragfähigkeit Abschn. 4.3.2 Lastaufnahmemittel – Kennzeichnung mit diversen Herstellerangaben insbesondere die maximale Tragfähigkeit Abschn.  4.3.3  Maschine zum Heben von Lasten – Auf der Maschine muss durch eine Kennzeichnung an gut sichtbarer Stelle die maximale Tragfähigkeit angegeben werden.

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G. Steiger

d) Maschinen zum Heben von Personen, die feste Haltestellen anfahren (Bauaufzüge) Abschn. 6.5 Kennzeichnung – Auf dem Lastträger müssen die für die Gewährleistung der Sicherheit erforderlichen Angaben angebracht sein; hierzu gehört unter anderem –– die zulässige Zahl beförderter Personen –– die maximale Tragfähigkeit Der Hersteller von Maschinen und Anlagen beziehungsweise von Lastaufnahmemitteln greift bei der Erfüllung dieser Anforderungen soweit relevant weitestgehend auf die in anerkannten Normen spezifizierten Sicherheitszeichen zurück.

6.4

Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen

Grafische Symbole/Piktogramme und insbesondere solche mit Sicherheitsrelevanz sind essenziell, wenn es darum geht, Informationen klar und deutlich zu vermitteln, speziell, wenn dazu eine wörtliche Beschreibung nicht geeignet ist. In diesem Kontext bietet sich die Vereinheitlichung von grafischen Symbolen/Piktogrammen über die Normung an.

6.4.1 Internationale Normung Im Rahmen der „International Organization for Standardization (ISO)“ hat das Technische Komitee ISO/TC 145 „Graphical Symbols“ (siehe: www.iso.org/technical-committees. html) seit 1970 diese Aufgabe übernommen [2]. Dieses Technische Komitee erarbeitet Normen, in denen international anerkannte Anforderungen für die Gestaltung, Form, Farbgebung und Inhalte von grafischen Symbolen spezifiziert werden. Darüber hinaus koordiniert es die Erstellung aller grafischen Symbole im Rahmen anderer Technischer Komitees mit speziellem Produktbezug und ist als Registrierungsstelle für grafische Symbole innerhalb von ISO aktiv. Von besonderer Bedeutung für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen ist das Unterkomitee ISO/TC 145/SC 2 „Safety identification, signs, shapes, symbols and colours“.

6.4.1.1 Normen mit produktübergreifenden Kennzeichnungen Das Technische Komitee ISO/TC 145/SC 2 hat insbesondere zwei Basisnormen erstellt, die für die produktübergreifende sicherheitstechnische Kennzeichnung maßgebend sind. Es handelt sich dabei einerseits um die Normenreihe ISO 3864 „Graphical symbols – Safety colours and safety signs – Design principles“. In den vier Teilen dieser Normenreihe werden grundlegende Anforderungen für eine einheitliche Gestaltung von Sicherheitszeichen hinsichtlich Form, Farbgebung, Inhalten sowie sonstiger Kriterien spezifiziert. Andererseits enthält die Norm ISO 7010 „Graphical symbols – Safety colours and safety signs –

6  Bedeutung von Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen von…

127

Registered safety signs“ produktübergreifend alle Sicherheitszeichen, die entsprechend einheitlicher ISO-Kriterien registriert wurden. In diese Norm werden über Ergänzungen (Amendments) beziehungsweise eine Revision der gesamten Norm weitere registrierte Sicherheitszeichen kontinuierlich neu aufgenommen.

6.4.1.2 Normen mit produktspezifischen Kennzeichnungen In ISO existieren eine Reihe von produktspezifischen Technischen Komitees, die sich bezogen auf ihren Verantwortungsbereich mit der Erarbeitung von sicherheitstechnischen Kennzeichnungen beschäftigen. Bezogen auf den Maschinenbau sind auf diesem Gebiet insbesondere Technische Komitees für mobile Maschinen und Hebezeuge aktiv, um einheitliche produktspezifische Kennzeichnungen zu entwickeln. Tab. 6.2 gibt einen Überblick über in diesem Rahmen entwickelten Normen. Die Abb. 6.2, 6.3 und 6.4 zeigen Beispiele für sicherheitstechnische Kennzeichnungen an Straßenbaumaschinen, die auf der internationalen Norm ISO 9244 beruhen. Tab. 6.2  Normen für maschinenspezifische Kennzeichnungen Maschinenkategorie

Normen

Werkzeugmaschinen

ISO 369 „Machine tools – Symbols for indications appearing on machine tools“

Flurförderzeuge

ISO 3287 „Powered industrial trucks – Symbols for operator controls and other displays“ ISO 15870 „Powered industrial trucks – Safety signs and hazard pictorials – General principles“

Traktoren, Land-, Forstmaschinen und Gartengeräte

ISO 3767 „Tractors, machinery for agriculture and forestry, powered lawn and garden equipment – Symbols for operator controls and other displays“ (Normenreihe) ISO 11684 „Tractors, machinery for agriculture and forestry, powered lawn and garden equipment – Safety signs and hazard pictorials – General principles“

Textilmaschinen

ISO 5232 „Graphical symbols for textile machinery“

Erdbaumaschinen

ISO 6405 „Earth-moving machinery – Symbols for operator controls and other displays“ (Normenreihe) ISO 9244 „Earth-moving machinery – Machine safety labels – General principles“

Krane

ISO 7296 „Cranes – Graphical symbols“ (Normenreihe) ISO 13200 „Cranes – Safety signs and hazard pictorials – General principles“

Verbrennungsmotoren

ISO 8999 „Reciprocating combustion engines – Graphical symbols“

Luftfahrtbodengeräte

ISO 11532 „Aircraft ground equipment – Graphical symbols“

128

G. Steiger

Tab. 6.2  (Fortsetzung) Maschinenkategorie

Normen

Druckmaschinen

ISO/TR 15847 „Graphic technology – Graphical symbols for printing press systems and finishing systems, including related auxiliary equipment“

Mobile Hebebühnen

ISO 20381 „Mobile elevating work platforms – Symbols for operator controls and other displays“

Gelegentlich finden produktspezifische Kennzeichnungen aus diesen Normen auch Eingang in die Norm ISO 7010.

Abb. 6.2  Warnung vor Quetschgefahr durch Knicklenkung bei einer Straßenwalze. (Foto: FAYAT BOMAG GmbH & Co. KG)

6.4.2 Europäische Normung Auf europäischer Ebene gibt es keine spezifischen Aktivitäten zur Normung von sicherheitstechnischen Kennzeichnungen. Lediglich die Basisnorm ISO 7010  wurde über die Wiener Vereinbarung zwischen ISO und CEN in das europäische Normenwerk übernommen und ist bedingt durch die nationale Übernahmeverpflichtung auch als nationale Norm DIN EN ISO 7010 in deutscher Sprache verfügbar.

6.4.3 Nationale Normung und Standardisierung Vor dem Start auf internationaler Ebene fand die Normung zur sicherheitstechnischen Kennzeichnung für Maschinen national statt. Aus der damals entwickelten Normenreihe DIN 24900 „Bildzeichen für den Maschinenbau“ bestehen heute nur noch wenige Teile als aktuelle Normen. Als Beispiele sind hier folgende Normen zu nennen:

6  Bedeutung von Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen von…

129

Abb. 6.3  Warnung vor Gefahr durch rotierendes Werkzeug beziehungsweise Maschinenteile bei einer Straßenfräse. (Foto: FAYAT BOMAG GmbH & Co. KG)

Abb. 6.4  Warnung vor Gefahr durch rotierende Kraftübertragungsteile/Lüfter im Motorraum. (Foto: FAYAT BOMAG GmbH & Co. KG)

• DIN 24900-12 „Bildzeichen für den Maschinenbau – Teil 12: Nähmaschinen“ und • DIN 24900-20 „Bildzeichen für den Maschinenbau – Teil 20: Kunststoff- und Gummimaschinen“ Teilbranchen des deutschen Maschinenbaus haben eine Vereinheitlichung von produktspezifischen Kennzeichnungen über das vom VDMA angebotene Standardisierungsinstrument – das VDMA-Einheitsblatt – realisiert. Beispiele hierfür sind:

130

G. Steiger

• VDMA 24119 „Bau- und Baustoffmaschinen – Bildzeichen von Betonpumpen“ und • VDMA 24120 „Bau- und Baustoffmaschinen – Sicherheitskennzeichnung an Betonpumpen“.

Zusammenfassung 

Sicherheitsrelevante Kennzeichnungen sind für die Hersteller von Maschinen und Anlagen ein wichtiges Element, um einerseits dem Nutzer dieser Produkte wichtige Informationen zur sicheren Verwendung zukommen zu lassen. Andererseits sind sie auch ein Mittel, welches durch gesetzliche Regelungen zum Inverkehrbringen von Maschinen und Anlagen sowie deren Verwendung im Betrieb explizit gefordert wird. Erst durch die Spezifizierung einheitlicher sicherheitstechnischer Kennzeichnungen mittels Normen können diese die ihnen zugedachte Aufgabe auch erfüllen: die schnelle, deutliche und verständliche Bereitstellung von sicherheitsrelevanten Informationen und Warnungen an den Bediener von Maschinen und Anlagen. Die vorzugsweise praktizierte internationale Normung im Rahmen von ISO ist die Basis dafür, dass sicherheitstechnische Kennzeichnungen weltweit einheitlich zur Anwendung kommen. (Siehe dazu auch Kap. 16, Richtlinien, Rechtsgrundlagen, Regeln, Verordnungen und Normen zum industriellen Kennzeichnen.)

Literatur [1] eurolex.eu (o. J.) Resource document. www.eurolex.eu. Zugegriffen: 13. Dez. 2017 [2] Resource document. International Organization for Standardization. www.iso.org/technicalcommittees.html. Zugegriffen: 13. Dez. 2017 [3] Neunte Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Maschinenverordnung) (9. ProdSV) (2011) Resource document. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. www.gesetzeim-internet.de/gsgv_9/9._ProdSV.pdf. Zugegriffen: 13. Dez. 2017 [4] Richtlinie 92/58/EWG des Rates über Mindestvorschriften für die Sicherheits- und/oder Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz (Neunte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG). ArbSch 2. 1.09 (2014) Resource document. Rat der Europäischen Gemeinschaften. www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16050/2_1_09.pdf. Zugegriffen: 13. Dez. 2017 [5] Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV). Anhang Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach § 3 Absatz 1 (2004) Resource document. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. www.gesetze-im-internet.de/arbst_ttv_2004/ anhang.html. Zugegriffen: 13. Dez. 2017

6  Bedeutung von Normen für sicherheitsrelevante Kennzeichnungen von…

131

Weiterführende Literatur ASR A1.3 Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennung. Technische Regeln für Arbeitsstätten (2017) Resource document. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. https://www. baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/ASR/ASR-A1-3.html. Zugegriffen: 13. Dez. 2017 Sicherheitskennzeichnung (2013) DIN-Taschenbuch 445. Deutsches Institut für Normung Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung (2016) DGUV-Information 211-041. Resource document. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Spitzenverband. http://publikationen. dguv.de/dguv/pdf/10002/211-041.pdf. Zugegriffen: 13. Dez. 2017

7

Codes in der industriellen Kennzeichnung Bernhard Lenk

Optische Codierungen wurden entwickelt, um Daten schnell und sicher auf optischem Wege, maschinenlesbar zu erfassen. Diese Art der Datenerfassung wird mit dem Begriff Identifikation beschrieben und definiert sich weiter mit dem eindeutigen und zweifelsfreien Erkennen eines Objekts. Zu diesem Zweck werden Objekte indirekt, das heißt mittels eines Etiketts beziehungsweise einem Schild, oder direkt, das heißt durch Einflussnahme auf das Objekt, zum Beispiel durch Laser- Beschriftung, eindeutig gekennzeichnet. Dabei kann die Kennzeichnung zum Zwecke der Identifikation eine sehr kurze Lebensdauer, das heißt von wenigen Minuten, zum Beispiel bei der Frischeinwaage im Handel bis lebenslänglich, zum Beispiel bei der Kennzeichnung von Bauteilen in der Industrie, besitzen. Mittels der Kennzeichnung kann das codierte Objekt manuell, halbautomatisch oder automatisch mit dem dafür vorgesehenen Lesegerät identifiziert werden. In Falle des manuellen Erfassens der ID-Daten nimmt ein Mensch das zu lesende Teil in die Hand und liest aktiv die Daten mit einem Handlesegerät. Bei einem halbautomatischen System präsentiert ein Mensch die zu lesende codierte Kennzeichnung mit einem dafür vorgesehenen automatisch arbeitenden Lesesystem. Im dritten Fall der automatischen Lesung laufen alle Prozesse ohne Einflussnahme des Menschen automatisch ab. Im letzteren Fall spricht man von Materialflusslösungen, die in industriellen und logistischen Abläufen eingesetzt werden. Hier kommt die Identifikation voll zum Tragen und ist in unserem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken, denn ohne Identifikation würde heute kein Auto mehr vom Band rollen, kein Lager würde mehr funktionieren und niemand würde im Zeitalter von E-Commerce seine bestellte Ware am nächsten Tag nach Hause geliefert

B. Lenk (*) Autor, Kirchheim unter Teck, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_7

133

134

B. Lenk

bekommen. Damit die automatische Identifikation reibungslos mit einer hohen Leserate, in Annäherung an 100 %, abläuft, um manuelle Nacharbeiten zu vermeiden, haben die Codes eine bestimmte Mindestqualität zu erfüllen, und die Lesesysteme müssen auf die zu lesenden Codes abgestimmt sein. Die Identifikation ist heute ein zentrales Element für alles, was in Bewegung ist und automatisch bearbeitet werden soll. Ferner ist das eindeutige Erkennen eines Objekts qualitätsbestimmend für Produkte wie für Dienstleistungen ohne Ausnahme einer Branche. Kein Service- oder Wartungskonzept wird mehr ohne Identifikation wirtschaftlich ablaufen. Die typischen Branchen, in denen die Identifikation sehr stark genutzt wird, sind im Wesentlichen die herstellende Industrie, die Distribution, die Logistik, der Handel und Dienstleistungen wie Parking, Ticketing, Werbung sowie das gesamte Gesundheitswesen.

7.1

Leistungsvielfalt von Codes in Wirtschaft und Industrie

Moderne Identifikationstechniken können bei richtigem Einsatz der Systeme heute deutlich mehr leisten als das reine Erkennen einzelner Objekte. Ihre Grundfunktion – das Identifizieren von Objekten – lässt sich oft vorteilhaft mit zusätzlichen Funktionen verknüpfen. So lassen sich mit den ID-Techniken zum Beispiel folgende Ziele erreichen: • • • • • • • • • •

eindeutige Zuordnung von Material und Information eindeutige Zuordnung von Material und Zeit durchgängige Objektverfolgung, das heißt Tracking Automatisierung von Transport- und Materialflüssen Kosteneinsparung durch schnelles Auffinden von Objekten permanente Inventur nahtlose Rückverfolgbarkeit, das heißt Tracing Qualitätsmanagement nachhaltige Wartungs- und Servicekonzepte Unterstützung von Industrie 4.0 durch Mensch-Maschine- und Maschine-MaschineSchnittstellen

Durch den richtigen Einsatz von Identifikation lassen sich Wettbewerbsvorteile erzielen, denn optische Codierungen ermöglichen in Verbindung mit der geeigneten Lesetechnik eine sehr stabile und zuverlässige Kopplung von Material- beziehungsweise Objektfluss mit dem Informationsfluss. Im Zeitalter von E-Commerce ist das eine wichtige Voraussetzung, um den Endkunden mit Online-Daten zu versorgen, was Ort und Zeit seiner Bestellung betreffend angeht. Daraus leitet sich auch direkt die Struktur der Daten in Codes ab, die sich im Laufe der Zeit verändert hat, was Inhalt und Menge angeht. Bezogen auf den Inhalt kann es sich um numerische, alphanumerische oder ASCII-Daten handeln. Für komplexere Informationen kommen auch ISO-Zeichensätze oder unicode-codierte Information zur Anwendung. Dem gerecht werdend leitet sich auch die Anforderung an eine optische

7  Codes in der industriellen Kennzeichnung135

Codierung ab, wie sich das in der historischen Code-Entwicklung zeigt. Ein weiterer Parameter, der mit dieser Entwicklung gekoppelt ist, ist die Datenmenge. Die sich aber je nach Einsatz relativiert und die abgewägt werden kann. Grundsätzlich liefert die Identifikation nur den Schlüssel zu einer elektronischen Datenbank. Deshalb reichen in der Praxis relativ wenige Ziffern aus, wie es zum Beispiel das System des EAN-Codes mit 13 Stellen täglich an der Kasse seit Jahrzehnten zeigt. In Anlehnung dessen lassen sich die meisten Identifikationsaufgaben mit zehn bis 16 Ziffern/Zeichen pro Code lösen. Sobald dezentrale und sprechende Informationen mit ins Spiel kommen, ist die Datenkapazität der 1D-Codes, zum Beispiel beim am meisten verwendeten Code 128 mit circa 30 Zeichen ausgeschöpft, um die Lesbarkeit nicht einzuschränken. An dieser Stelle betritt man bereits das große Feld der Datenstrukturen, die für die Identifikation heute nicht mehr wegzudenken sind. Wird noch mehr dezentrale Information in einem Code benötigt, bleibt nur der Wechsel in die Welt der 2D-Codes, in Form von Matrixcodes, die mehrere hundert Zeichen codieren können. In diesem Moment wechselt man von einem Identifikationssystem in ein Informationssystem. Mit beiden Möglichkeiten lassen sich moderne Datenkonzepte realisieren, denn aufgrund des allgegenwärtigen Internets kann es ausreichen, einen automatischen Link, codiert im optischen Datenträger zu haben oder diesen mit mehreren hundert Zeichen als Datenträger in Form einer dezentralen Datenbank zu nutzen. Identifikation ist damit ein wichtiger Baustein für Themen wie zum Beispiel Industrie 4.0, um die Informationsflüsse mit der realen Welt des Objekts und der Dinge zu koppeln.

7.2

Historische Entwicklung

Die innovative Entstehungsphase der Barcodes begann in den 70er Jahren, circa 20 Jahre nach dessen Erfindung. In dieser Zeit standen nur numerische Daten im Vordergrund mit zwei bis circa zehn Stellen. Die 80er Jahre waren der Entwicklung von Applikationen sowie der Definition von Firmen- und Branchenstandards gewidmet. Zu diesem Zeitpunkt fand auch die Markteinführung der optischen Identifikation im großen Stil statt. Jeder und jedes Unternehmen hatte sich mit der Einführung von Barcode beschäftigt, um Prozesse zu automatisieren, schneller und zuverlässiger zu machen. Die 90er Jahren können als das Feintuning der optischen Identifikation angesehen werden. Hier galt es, die Ablaufketten zu stabilisieren und vor allem prozesssicher zu machen. Diese Phase kann als Reifeprozess einer bis dahin stabil und problemlos funktionierenden ID-Technik angesehen werden, die sich in einer sehr umfangreichen Normungsarbeit manifestiert und niedergeschlagen hat. Diesen Prozess hat die RFID-Technik als Schwestertechnologie zur optischen Identifizierung gerade in jüngster Vergangenheit durchlaufen. Im Jahre 1996 wurden die wichtigsten Codenormen auf europäischer Ebene für den Code 2/5 Interleaved, Code 39, Code 128 und EAN/UPC Code verabschiedet. Stand heute, 2018, gibt es in der Praxis nur noch den Code 2/5 Interleaved und den Code 128 in der Industrie und Logistik. Für neue Anwendungen kommt in erster Linie der Code 128 zum Einsatz. Damit lässt sich im Prinzip absehen, dass der Code 128 als alleiniger

136

B. Lenk

Barcode in diesem Bereich der 1D-Codes für die industrielle Nutzung übrig bleiben wird. Im Handel sollte sich schon ein Wandel vom EAN-Code zum GS1  DataBar vollzogen haben, der aber weiter auf sich warten lässt. Auch hier besteht der Bedarf einer Neuerung hinsichtlich Datenmenge und -struktur. Abb. 7.1 zeigt das Parameterprofil des Code 128, Abb. 7.2 die Entwicklung der 1D-Codes. Datenstrukturen mit ihrer weltweiten Gültigkeit gibt es auf der Basis des ASC/ MH10 Standards und des GS1-Systems im Bereich der Logistik und der allgemeinen Rückverfolgbarkeit. Der Zeitraum von 1996 bis 2006 kann als die breite Massennutzung des Barcodes in allen Industriezweigen dieser Welt, ob in der Produktion, Logistik oder Handel, angesehen werden. Der Barcode ist in dieser Zeit zur Selbstverständlichkeit für jedermann im Beruf sowie im täglichen Umgang, was den Handel angeht, geworden. Alle Tools zur Codeerstellung, Codeaufbringung und zur Codelesung haben sich zu einer „Commodity“ entwickelt, sprich zu einer allgemein gültigen Ware. Ein Handscanner wird seit Ende der 90er Jahre im Internet angeboten. Das Lesegerät wird wie eine Maus an den PC angeschlossen. Der Barcode-Spezialist wird nur noch in Ausnahmefällen befragt, denn es ist ab dem Jahre 2006 so gut wie nicht mehr möglich, einen schlechten Barcode zu drucken oder ein Lesegerät zu finden, das eine unzureichende Lesefähigkeiten besitzt. Man konnte ab diesem Zeitpunkt den Barcode nutzen ohne zu überlegen. Tab. 7.1 zeigt primär die chronologische Entwicklung der Barcodes.

Abb. 7.1  Profil des Codes 128. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk)

7  Codes in der industriellen Kennzeichnung137

Abb. 7.2  Entwicklungsphase der 1D-Codes. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk) Tab. 7.1  Entwicklungsphase der 1D-Codes = Barcodes. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk) Jahr

1D-Codes

2D-Codes

Barcodes

Stapelcodes

1949

1. Patent

1968

Code 2/5

1969 1970 1971

Plessey Code IBM Delta Distance

1972

2/5 Interleaved Codabar

1973

UPC Nixdorf Code

1974

Code 39 ADS Anker MSI 4-State Customer Postnet Bar Code

1975 1976

EAN IAN Identicon Zellweger 2/5 Invertiert

CC*

Dotcodes

Matrixcodes

138

B. Lenk

Tab. 7.1    (Fortsetzung) Jahr

1D-Codes

2D-Codes

Barcodes

Stapelcodes

1977

Code 11

1978

Code 13 Code 2/5 3 Striche Matrix Code 2/5 3 Striche IATA

1979

Code 2/5 3 Striche Datalogic

1980

Code BCD Matrix

1981

Code 128

1982

Binärcode Code 93 Telepen

1983

STK Code

CC*

Dotcodes

Matrixcodes

Snowflake

1984

Dot Code A

1985 1986 1987

Code 49

1988

Code 16k

1989

Codablock

1990

Mini Code DataMatrix Vericode

* CC steht für Composite Codes

7.3

Neue 2D-Codes verändern den Markt

Nach dem Jahr 2000 bis heute und insbesondere 2011 hat sich ein kompletter neuer Markt mit neuen 2D-Codes hinzu entwickelt. Die Stapelcodes als Variante der 2D-Codes (siehe Abb. 7.3) spielten nur im Übergang vom Barcode zu den Matrixcodes eine gewisse Rolle, bis die Handscanner als Imager am Markt zu erschwinglichen Preisen in der vollen Breite zur Verfügung standen. (Siehe dazu auch Kap. 12, Praxistest zur Darstellungsqualität von 2D-Codes.) Durch den Einsatz von Imagern (bildverarbeitende Scanner) in der Industrie und Logistik steht dem 2D-Code in Form des Matrixcodes als Medium prozessmäßig nichts mehr im Wege (siehe Abb. 7.4). Mit dem Smart-Phone steht dem Marketing und der Werbung der

7  Codes in der industriellen Kennzeichnung139

Abb. 7.3  Phase der 2D-Codes – Stapelcodes als Übergang zu Matrixcodes. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk)

Abb. 7.4  Der Sprung in die heutige Welt der 2D-Codes sind die Matrixcodes. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk)

2D-Code und der farbige 3D-Code offen, um so die Möglichkeiten im Bereich von Mobile Commerce voll auszuschöpfen. Selbst Studien zu 4D-Codes, in dem ein farbiger Data-Matrix-Code als Film gezeigt wird, sind im Internet vorhanden. An neuen Ideen fehlt es also nicht. Der Treiber für dieses neue Thema von optischen Codierungen, in den schillerndsten Formen und Farben, sind die Smart-Phones mit eingebauter Kamera. Applikationsprogramme (Apps) ermöglichen es für jeden, die 2D-Codes zu lesen. Ein sehr bekannter Vertreter des 2D-Codes ist inzwischen der QR-Code, der im Mobile-Tagging-Prozess an

140

B. Lenk

erster Stelle steht. Nach dem Einscannen des Codes wird der Code decodiert. Typischerweise ist eine URL, als ein direkter Link auf eine mobile Homepage, im Code hinterlegt, mit der dann das Smart-Phone direkt eine Verbindung herstellt. Vorzugsweise dienen die Codes dazu Eintrittskarten zu aktivieren, Fahrplanauskünfte abzufragen, Zusatzinformationen für ein Produkt einzuholen, Nachrichten, Museums- und Stadtführer-Informationen zu lesen, selbst im Service-Bereich sind die Anwendungen nicht mehr wegzudenken. Tab.  7.2 zeigt, in welchen Jahren die Ideen zu den Matrixcodes für die industrielle Nutzung geboren wurden und wann der Hype des Mobile Tagging in Erscheinung trat.

Industriell genutzt, ist der DataMatrix-Code nichts Neues Mit diesem Matrixcode wurden in den letzten zehn Jahren ganze Industrien automatisiert oder ein geschlossenes Tracking und Tracing implementiert. In diesem Zusammenhang wurde auch das Direct Part Marking (DPM) geboren. Branchen, die hier vollen Gebrauch davon machen, sind zum Beispiel die Elektronikfertigungen und Automobil-Hersteller im Bereich der Komponenten. Briefe, Dokumente und Produktkennzeichnungen lassen sich ohne einen DataMatrix-Code gar nicht mehr handhaben. Dasselbe gilt für die Datensicherheit zum Beispiel bei Analysegeräte und bei der Rückverfolgbarkeit von Medikamenten im Health-Care-Bereich.

Bis auf die 2D-Code-Briefmarke werden die genannten technischen Anwendungen von Matrixcodes in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, denn selbst wenn jemand einen DataMatrix-Code zufällig finden und abscannen würde, wäre es nutzlos, denn im Normalfall kann die Bedeutung des Codeinhalts nicht interpretiert werden, solange die Daten im Code keiner normierten Datenstruktur (GS1 oder ASC/MH10) folgen. Dies gilt für den DataMatrix-Code in USA und Europa sowie seinem Pedant dem QR-Code bis zu dem Zeitpunkt, als in Asien die Kombination von Kamera-Handy in Verbindung mit dem QR-Code für Werbezwecke entdeckt wurde. Ab diesem Moment erfüllt der Matrixcode einen weiteren neuen Zweck. Der Code dient nicht mehr der Identifikation oder zur Information im Sinne eines Portabel Data File (PDF), sondern vielmehr als Brücke für mehr Information im Internet. Es ist jetzt der Link von einer Aussage A zu einer weiterführenden Information B. Damit wurde ein neues Feld von Anwendungen geboren, das im Zusammenspiel von Mobilität mit einem Smartphone und dem Internet zustande gekommen ist. Bislang dienten alle Barcodes und die meisten 2D-Code-Anwendungen auf der Basis der Matrixcodes nur der reinen Identifikation, um ein Produkt eindeutig zu erkennen. In diesem Umfeld ist der DataMatrix-Code, das Leistungspferd in USA und Europa, sowie der QR-Code in Asien zu Hause. Ziel: sehr wenige Zeichen in einem Code mit möglichst kleinen Abmessungen. Die eigentliche Fähigkeit, hohe Datenmengen in einem 2D-Code zu speichern, wurden bis heute wenig genutzt. Es sei denn, man befindet sich im Bereich der Dienstleistung oder im Ticketing, um sich als berechtigte Person auszuweisen, wie zum Beispiel bei

7  Codes in der industriellen Kennzeichnung141 Tab. 7.2  Entwicklungsphasen der 2D-Codes. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk) Jahr

1991

1D-Codes

2D-Codes

Barcodes

Stapelcodes

BC 412

1992 1993

Comp. Codes

3-DI

C.I.P Code Code 32 EAN 128

Maxi Code Array Tag Data Glyph Super Code Stacked Channel Code

QR-Code

1995 1996

Aztec-Code Microglyph RSS-14

1997

EAN/UCC Composite

1998

Aztec Mesas

1999

Matrixcodes Code One

PDF 417 Micro PDF

1994

DC

Tag-Code

Micro QR Shotcode

2000 2001 2002 2003

Visisdot (3D-Code) GM-Code = Grid-MatrixCode GM-U-Code (2D-Code)

2004

qcode (2D-Code) (Mobile Tagging)

2005

BeeTag Shot Code EZcode (Mobile Tagging)

142

B. Lenk

Tab. 7.2    (Fortsetzung) Jahr

1D-Codes

2D-Codes

Barcodes

Stapelcodes

2006

2007

2008

Comp. Codes

DC

Matrixcodes Mytago Trillcode ZAPCODE (Mobile Tagging)

GS1 DataBar Familie mit 7 Varianten

UPCODE HCCB = High Capacity Colour Barcode = Microsoft Code (3D-Code) V-Code (Mobile Tagging) 4D-Code, der als Data Matrix Film abläuft

2009 2010 2011 2012 2013

iQR-Code

2014 2015 2016

Ultracode wird AIM Standard

2017

Flug- oder Bahntickets. Hier werden als Portable Data Files PDF 417 oder Aztec-Codes verwendet. Ziel: viele Zeichen, um komplette Prozess- und Stammdaten mitzuführen. Einen weiteren Anwendungsfall findet man bei Paketdiensten, um den Prozessablauf steuern zu können, falls keine voreilenden Daten des Versenders vorhanden sind. So sind in jedem Fall bei der Übernahme des Pakets im ersten Verteildepot alle Daten auf dem Paket vorhanden, und die Weiterleitung des Pakets kann ohne Wartezeiten erfolgen. So

7  Codes in der industriellen Kennzeichnung143

bedient sich zum Beispiel UPS in USA des eigens dafür entwickelten MaxiCodes, der besonders schnell von Kamerasystemen über der Fördertechnik automatisch gelesen werden kann, denn der MaxiCode hat ein sehr ausgeprägtes Suchmuster, das sehr leicht und damit sehr schnell gefunden werden kann. Final stehen über den MaxiCode alle relevanten Informationen bei der Auslieferung auf der letzten Meile zum Endkunden dezentral zur Verfügung. In diesem Fall werden alle Eigenschaften eines Matrixcodes genutzt. Die Nutzung eines Matrixcodes als Träger einer URL ist hingegen eine neue Anwendung, die sich im Jahr 2011 in Deutschland sehr auffallend entwickelt hat. In Japan und in Korea wurden diese Technik – QR-Code – Smart-Phone – Software Applikation – Internetverbindung zu einer URL – schon vor Jahren in der breiten Öffentlichkeit genutzt und ist nun samt dem Code nach Europa und Deutschland wie ein Tsunami geschwappt. Der DataMatrix-Code (siehe Abb. 7.5), der dieselbe Funktion in Europa hätte erfüllen können, kam gar nicht mehr in Betracht, denn die Lösungen mit dem QR-Code (siehe Abb. 7.6), wurden schon komplett auf den deutschen und europäischen Markt gespült. Auch wurde der QR-Code schon mit dieser Art der Nutzung alternativlos in Verbindung gebracht, was nicht zuletzt auch auf die augenfälligere Erscheinung des Suchmusters zurückzuführen ist. Kreative Modifikationen und der künstlerische Einsatz des QRCodes haben so zu diesem Kultsymbol geführt, das die Verlinkung einer Anzeige mit

Abb. 7.5  Profil des DataMatrix-Codes. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk)

144

B. Lenk

Abb. 7.6  Profil des QR-Codes. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk)

dem Internet mittels Handy herbeigeführt hat. Ziel: wenige Zeichen in einem Matrixcode codieren typischer Weise eine URL.

7.4

Profile der bekanntesten 2D-Codes

Die nachfolgenden Profile der bekanntesten 2D-Codes geben noch mehr Aufschluss über die möglichen Einsatzgebiete dieser Codes. Bislang wurden in die Matrixcodes nur die Datenmengen, die in Barcodes verwendet werden, hineincodiert. Die Codierung größerer Datenmengen in Form eines Portabel Data Files hilft, falls keine Online-Verbindung vorhanden ist, um den Prozess bei der Auslieferung abschließen zu können. Vor dem jeweiligen Einsatz gilt natürlich zu prüfen, welche Merkmale des jeweiligen Codes relevant sind, denn es gibt Unterschiede. Soll der Code möglichst klein sein, soll er viele Daten speichern können, oder soll er im Materialfluss sehr schnell gelesen werden können. Die Frage richtet sich auch nach der bestehenden Infrastruktur, was die Druck- und Lesetechnik angeht. Soll die Lesetechnik das Smart-Phone, das industrielle Handlesegerät oder

7  Codes in der industriellen Kennzeichnung145

das automatische Visionsystem sein. Es ist deshalb auch wichtig, den gesamten Lebensprozess eines Codes von der Entstehung bis zu seinem Lebensende einmal strategisch hinsichtlich der Lesbarkeit durchzuspielen, um die Funktionalität im Gesamtprozess sicherzustellen. Je nachdem, welche technischen Anforderungen an den Code gestellt sind, eignet sich der eine oder andere Code besser. Falls keine Erfahrungen vorliegen, sollte ein kleiner Feldtest durchgeführt werden, um die beste Eignung für einen Matrixcode herauszufinden, denn auch das direkte Umfeld des Codes bei der Aufbringung sollte nicht außer Acht gelassen werden, da Einflüsse auf den Lesevorgang nicht ausgeschlossen werden können. Sollte von einem Barcode auf einen Matrixcode umgestellt werden, so gilt als Faustregel die Verdoppelung der Modulbreite X für die Zellgröße X. Hat zum Beispiel ein Barcode eine Modulbreite X = 0,38 mm, so sollte die Zellgröße eines Matrixcodes X = 0,75 mm mal 0,75 mm groß sein, um dieselbe Tiefenschärfe in einer Applikation beibehalten zu können, sofern man mit einem Fixfokussystem arbeitet. In der industriellen Anwendung gibt es für jeden Codetyp unterschiedliche Reaktionszeiten bei gleichem Codeinhalt. Der QR-Code macht seinem Namen „schnelle Antwort“ in jedem Fall alle Ehre. Eines kann man sagen, dass die Ära des Matrixcodes in der Industrie schon vor zehn Jahren begonnen hat. In der Logistik wurde bislang in Europa nur spärlich auf den Matrixcode zurückgegriffen, da alle Systeme zentrale Steuerungskonzepte sind und die IT-Anbindung allgegenwärtig ist. Dafür reicht der Barcode auch heute noch vollkommen aus, es sei denn, man plant anderes und benötigt alle Daten auf der Palette, einem Paket oder Typenschild. Der Handel ist nach wie vor dem EAN-Code verbunden, aber die Werbung in der Dienstleistung und im Handel hat in den letzten Jahren reichlich vom QR-Code Gebrauch gemacht, der nun in der Öffentlichkeit als der Matrixcode schlechthin bekannt ist, was heute in der vollen Breite in die Industrie hinein reflektiert.

Zusammenfassung 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im Zeitraum ab 2010 eine starke Konsolidierung bei den in der Praxis eingesetzten Codes stattgefunden hat. Bei den 1D-Codes verbleibt heute nur noch der Code 128 – bis auf den Handel, der nach wie vor den EAN-Code einsetzt. Im Bereich der 2D-Codes dominieren die Matrixcodes, die sich mit dem Aztec-Code (siehe Abb. 7.7), dem DataMatrix-Code und dem QR-Code manifestiert haben (siehe Abb. 7.8a–c). Es gilt noch abzuwarten, wie sich der chinesische Han-Xin-Code etabliert und wie sich die farbigen 3D-Codes in der Praxis handhaben lassen, da es Stand heute eigentlich keinen richtigen Bedarf dafür gibt.

146

B. Lenk

Abb. 7.7  Profil des Aztec-Codes. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk)

Abb. 7.8  Aztec-Code, DataMatrix ECC 200 und QR-Code. (Quelle: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lenk)

7  Codes in der industriellen Kennzeichnung147

Weiterführende Literatur Lenk B (2004) Handbuch der automatischen Identifikation, Band 3, 1. Aufl. Monika-LenkFachbuchverlag, Kirchheim unter Teck Lenk B (2005) Einführung in die Identifikation. Monika-Lenk-Fachbuchverlag, Kirchheim unter Teck Lenk B (2007a) Data-Matrix-Code ECC 200. Der 2C-Code für die optische Identifikation. MonikaLenk-Fachbuchverlag, Kirchheim unter Teck Lenk B (2007b) Handbuch der automatischen Identifikation, Band 1, 3. Aufl. Monika-LenkFachbuchverlag, Kirchheim unter Teck Lenk B (2008) Auto-ID-Lexikon. Monika-Lenk-Fachbuchverlag, Kirchheim unter Teck Lenk B (2012) QR-Code. Monika-Lenk-Fachbuchverlag, Kirchheim unter Teck Lenk B (2014) Handbuch der automatischen Identifikation, Band 2, 2. Aufl. Monika-LenkFachbuchverlag, Kirchheim unter Teck Lenk B (2016) Codes der automatischen Identifikation. Monika-Lenk-Fachbuchverlag, Kirchheim unter Teck Lenk B (gepl. 2018) Auto-ID-Handbuch. Monika-Lenk-Fachbuchverlag, Kirchheim unter Teck

8

Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“ Markus Hüttel

Eine Erörterung über die Kennzeichnungsrelevanz unter dem Aspekt „Industrie 4.0“ wird einfacher verständlich, wenn man die aktuelle Phase der industriellen Entwicklung in ihren historischen Kontext stellt. Wir unterscheiden folgende Epochen der Industrialisierung: Die Mechanisierung der Produktion wurde durch den Maschinenbau beziehungsweise durch Wasser- und Dampfkraft Ende des 18. Jahrhunderts möglich und bildete die erste industrielle Epoche. Die zweite Phase bedeutete die Massenproduktion, die mit der Elektrifizierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts möglich wurde. Darauf folgte die Automatisierung der Produktion durch Elektronik und Informationstechnologien in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Und heute wird unter dem Begriff „Industrie 4.0“ die vierte industrielle Revolution verstanden, die mit der Einführung von „Cyber-physischen Systemen“, dem „Internet der Dinge“, und daraus erwachsenden Möglichkeiten der intelligenten und lernfähigen Informationsverarbeitungen ihre Bestimmungsgrößen hat.

8.1

Cyber-physische Systeme: auf dem Weg zum „Internet der Dinge“

Als cyber-physische Systeme werden technische Einrichtungen bezeichnet, die mechanische und elektronische Komponenten mit informations- und softwaretechnischen Komponenten verbinden und über Dateninfrastrukturen, wie beispielsweise das Internet,

M. Hüttel (*) Abteilungsleiter Bild- und Signalverarbeitung, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_8

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M. Hüttel

kommunizieren. Cyber-physische Systeme sind demzufolge die physischen Komponenten der Vision „Internet der Dinge“, die eine globale Infrastruktur der Informationsgesellschaft beschreibt und es ermöglichen soll, physische und virtuelle Gegenstände miteinander zu verbinden. Informations- und Kommunikationstechnologien sollen dabei mit dem Ziel zusammenarbeiten, die Menschen bei ihren Tätigkeiten und Entscheidungen möglichst unmerklich zu unterstützen beziehungsweise solche Tätigkeiten autonom durchzuführen. Ist letzteres der Fall, spricht man auch von smarten, cyber-physischen Systemen oder einfach von smarten Systemen. Beispiele bereits realisierter oder in Entwicklung befindlicher cyber-physischer Systeme finden sich in intelligenten Netzen (smart Grids, zum Beispiel Stromnetze), in digitalen Technologien des Gesundheitswesen (E-Health, zum Beispiel elektronische Gesundheitskarte), altersgerechten, häuslichen Assistenzsysteme (AAL = Ambient Assisted Living, zum Beispiel Sturz- und Gefahrenerkennungssysteme), in vernetzten Sicherheits- und Fahrerassistenzsystemen (zum Beispiel Autopilot in Fahrzeugen) und in zunehmendem Maße auch in Fertigungs- und Logistikeinrichtungen (zum Beispiel Maschinen, Roboter, Transportsysteme, Lager etc.) von industriellen Fertigungsbetrieben und Fabriken. Der zentrale Zweck von industriellen Fertigungsbetrieben und Fabriken ist die Verarbeitung von Rohstoffen oder die Weiterverarbeitung und/oder die Assemblierung von Halbzeugen zu höherwertigen Produkten in einer funktional und räumlich definierten Umgebung. Um diesen Zweck erfüllen zu können, bedarf es einerseits Betriebs- und Produktionsmittel, andererseits der Rohstoffe und/oder der Halbzeuge, aus denen die höherwertigen Produkte hergestellt werden. Betriebs- und Produktionsmittel, wie beispielsweise Energie, Betriebsstoffe und Maschinen, sind aus Sicht der industriellen Fertigungsbetriebe und Fabriken Verbrauchsgüter. Dahingegen sind Rohstoffe und/oder Halbzeuge die materiellen Wertgüter, die von den industriellen Fertigungsbetrieben beziehungsweise den Fabriken bezogen und in Form von höherwertigen Gütern verkauft und gegebenenfalls in Form von Abfällen abgegeben werden. Um wettbewerbsfähig zu sein, sind industrielle Fertigungsbetriebe und Fabriken stets bestrebt, verschiedenste fertigungs- und kostenrelevante Einflussfaktoren wie Kapitalbindung, Energieeinsatz, Verfügbarkeit und Auslastung der Produktionsmittel, Effizienz der Fertigung, Vermeidung von Abfällen und Qualität der hergestellten Güter, um nur die augenfälligsten zu nennen, zu optimieren. Da mit zunehmender Betriebsgröße, Komplexität der Herstellungsverfahren, Komplexität der hergestellten Produkte und aktuell beobachtbarem, zunehmendem Bedarf an personalisierten Produkten die Abhängigkeiten dieser fertigungs- und kostenrelevante Einflussfaktoren immer weniger überschaubar werden, gelingen solche Optimierungen, die meist auf dem Wissen erfahrener Mitarbeiter basieren, nur bis zu einem gewissen Grad und häufig nur in Fällen offensichtlicher Kausalitätszusammenhänge. Dies begründet sich insbesondere darin, dass Produktionsmittel wie Maschinen, Roboter, Transporteinrichtungen, Lagersysteme etc. ihren eigenen Zustand mehr oder weniger gut kennen und diesen zur Aufrechterhaltung ihrer Funktion auch nutzen. Aber den Zustand der sie umgebenden, vor- oder nachfolgenden Produktionsmittel und der durch diese zu verarbeitenden Rohstoffe und/ oder Halbzeuge berücksichtigen sie kaum oder gar nicht.

8  Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“151

8.2

Informationstechnologie optimiert die Produktion

Die Erkenntnis der Notwendigkeit, diese Zustände und deren gegenseitige Abhängigkeiten zu kennen, um flexiblere, effizientere und optimalere Herstellungsprozesse im obigen Sinne realisieren zu können, führt seit einigen Jahren zu umfassenden Neuerungen. So statten Hersteller von Produktionsmitteln diese zunehmend mit Sensoren zur Erfassung von Betriebsund Produktionszuständen aus, die weit über die klassische Maschinendatenerfassung (MDE) hinausgehen. Außerdem werden Produktionsmittel mit digitalen, informationstechnischen Einrichtungen zur Kommunikation mit ihrer Umgebung ausgestattet, also im Sinn von Industrie 4.0 zu cyber-physischen Systemen gemacht. Dabei ist zu beobachten, dass die klassischen Feldbussysteme, die bislang vor allem dazu gedient haben, Komponenten einzelner Produktionsmittel (zum Beispiel Komponenten einer Maschine) datentechnisch miteinander zu verbinden, durch informationstechnische Einrichtungen, die auf den Technologien und weltweit einheitlichen Standards des Internets aufbauen, ersetzt werden. Dadurch ist mindestens auf dieser Ebene die Interoperabilität von Produktionsmittel zu Produktionsmittel beziehungsweise von Produktionsmitteln zu informationsverarbeitenden Systemen und umgekehrt gegeben. Jedoch reichen die digitale Erfassung von Betriebs- und Produktionszuständen und die Fähigkeit, diese kommunizieren zu können, nicht aus, um flexiblere, effizientere und optimalere Herstellungsprozesse realisieren zu können. Dafür bedarf es informationstechnischer Verarbeitungssysteme und informationstechnischer Verfahren und Methoden, die aus den verfügbar gemachten Daten Schlüsse ziehen und daraus Handlungsempfehlungen ableiten oder Handlungsanweisungen erzeugen und diese sogar autonom umsetzen können. Auf diesem Gebiet, einem Teilgebiet der Informatik mit der Bezeichnung „Künstliche Intelligenz“ (KI) werden in Forschungseinrichtungen und relevanten IT-Unternehmen aktuell eine Vielzahl von Verfahren und Methoden auf Basis großer Datenmengen (Big data), analytischen Methoden (Analytics) und Verfahren des maschinellen Lernens (Deep learning) erforscht und entwickelt. Für deren Anwendung im Kontext von Industrie 4.0 werden darüber hinaus Datenmodelle erforscht und entwickelt, mit deren Hilfe die für diese Verfahren notwendigen Informationen abgebildet und bereitgestellt werden können. Zu nennen ist hier beispielsweise der „digitale Zwilling“ als digitales, datentechnisches Abbild von materiellen oder immateriellen realen Gegenständen (zum Beispiel Maschinen, Prozesse etc.), anhand dessen ihr Verhalten oder ihre Zustände unter sich ändernden Einflüssen simuliert und gegebenenfalls Handlungen abgeleitet werden können. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der „digitale Schatten“, der zunächst ein echtzeitnahes Abbild aller digitalen Informationen eines Fertigungsbetriebs beziehungsweise einer Fabrik realisiert, auf das dann Analyse- und maschinelle Lernverfahren, Simulationen, Prognoseund Auswerteverfahren in Form von Softwareservices zugreifen, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten oder Handlungsanweisungen vorzuschlagen und gegebenenfalls autonom auszuführen. Dies mit dem Ziel eines möglichst transparenten, optimalen Fertigungs- beziehungsweise Fabrikbetriebs. Zusammengefasst wird es zukünftig in Fertigungsbetrieben und Fabriken sowohl eine reale als auch eine virtuelle Fertigung in Form digitaler Abbilder der Realität geben, wobei letztere dazu dienen, anhand der Daten aus

152

M. Hüttel

der realen Fertigung Informationen, Analysen, Handlungsempfehlungen, Handlungsanweisungen und Prognosen bezüglich der realen Fertigung und der real hergestellten Produkte zu liefern.

8.3

Kennzeichnung als Kernvoraussetzung

Eine Kernvoraussetzung für eine derartige, in sich konsistente Abbildung ist jedoch die eindeutige Zuordnung der Quellen von Informationen der realen Welt zu den Daten der virtuellen Welt und umgekehrt. Diese Zuordnung wird üblicherweise über Kennzeichnungen in Form von maschinen- und von Menschen lesbaren Identifikationsnummern und -zeichen realisiert. Auf der Ebene des Internets ist das in erster Linie durch die weltweit eindeutige MAC-Adresse jedes am Informationsaustausch beteiligten Teilnehmers realisiert und erst in zweiter Linie über die IP-Adresse, die in Abhängigkeit lokaler Netzwerktopografien eingestellt beziehungsweise vergeben wird. Wobei für den Datenaustausch nur der Datenpfad, nicht jedoch die räumliche Lokalisierung der Kommunikationspartner von Relevanz ist. Für cyber-physische Systeme in industriellen Fertigungsbetrieben und Fabriken ist diese Information zwar essenziell wichtig, jedoch beispielsweise für Mitarbeiter der Instandhaltung wenig hilfreich, wenn ein intelligentes, lernfähiges Informationssystem folgende Meldung anzeigt: „Der Temperatursensor der über die MACbeziehungsweise IP-Adresse erreichbaren Kommunikationseinrichtung signalisiert eine erhöhte Temperatur, was auf einen Lagerverschleiß hindeutet.“ Sehr viel hilfreicher wäre eine Meldung der Art: „Die Lagerüberwachung der Schleifmaschine mit der Nummer in Fertigungshalle signalisiert am Antriebslager einen erhöhten Lagerverschleiß.“ Dies würde allerdings die Kennzeichnung der Antriebslager der Maschinen, die Kennzeichnung der Maschinen selbst und die Kennzeichnung der Fertigungshallen in einer von Menschen und idealerweise auch von Maschinen lesbaren Form voraussetzen. Dazu wiederum sind aus Sicht der Informationssysteme abstrakte Beschreibungen nötig, aus denen diese Zusammenhänge „Antriebslager – Maschine – Fertigungshalle“ deutlich werden, damit einerseits Analysen, maschinelles Lernen und Prognostizieren überhaupt sinnvoll möglich sind und andererseits für den Menschen hilfreiche Informationen generiert werden können. Ein im wissenschaftlichen und industriellen Umfeld favorisierter Ansatz besteht darin, die cyber-physischen Systeme, zu denen im Sinn von Industrie 4.0 auch die Fabrikhallen zählen, sich ihre Fähigkeiten und ihre Bezüge zueinander selbst beschreiben zu lassen.

8.4

Produktqualität durch Kennzeichnung

Hinsichtlich einer angemessenen Bedeutungszumessung von Kennzeichnung für Industrie 4.0 und damit verbundenen Szenarien in Fertigungsbetrieben und Fabriken ist auch der Blick auf das Thema „Produktqualität“ von Nutzen. Denn diesbezüglich übernimmt die

8  Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“153

Kennzeichnung eine Schlüsselrolle für die eindeutige Zuordnung von realen Produkt zu ihren digitalen Abbildern. Industrielle Fertigung in Fertigungsbetrieben und Fabriken ist geprägt durch Arbeitsteilung und Spezialisierung. Spezialisierte Unternehmen stellen, entsprechend ihrer Ausrichtung, mitunter massenhaft Teile her, die in anderen spezialisierten Unternehmen zu Produktkomponenten oder zu Endprodukten zusammengesetzt werden. Ein klassisches Beispiel hierfür sind Automobilzulieferer, die sich häufig aus Zulieferketten zusammensetzen, und Automobilhersteller. Dass diese Art der Herstellung von Produkten möglich ist, beruht auf dem sogenannten Honoré-Blanc-Konzept (circa 1750) des Austauschbaus, wonach „beliebig viele, zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten gefertigte Teile ‚A‘ mit beliebig vielen, ebenso gefertigten Teilen ‚B‘ ohne Nacharbeit zusammenpassen müssen“ (Quelle: Wikipedia®). Um dies zu erreichen, werden in der Konstruktionsphase von Komponenten Toleranzen nach einem standardisierten Toleranzsystem festgelegt und darauf basierend die Fertigung so realisiert, dass diese Toleranzen nach Möglichkeit eingehalten werden. Da es im Allgemeinen jedoch nicht möglich ist, die Einhaltung der Toleranzen nur aus dem Fertigungsprozess heraus zu gewährleisten, müssen die tolerierten Merkmale mit Methoden der Qualitätssicherung gemessen und bezüglich der Toleranzen geprüft werden. Diese Prüfung erfolgt mindestens stichprobenartig, in der modernen Fertigung jedoch, sofern möglich, kontinuierlich, das heißt zu 100 Prozent. Hergestellte Komponenten und Produkte sind dann in Ordnung, wenn die tolerierten Merkmale innerhalb der festgelegten Toleranzen liegen. Sie müssen ausgesondert oder nachgearbeitet werden, wenn tolerierte Merkmale Toleranzgrenzen überschreiten. Bemerkenswert ist, dass die Qualität von Produkten, die auf dem Prinzip des Austauschbaus hergestellt werden, trotzdem schwankt. Ursache dafür ist der Effekt, dass es trotz Einhaltung der Toleranzen zu ungünstigen Kombinationen kommt, wenn Komponenten, deren tolerierte Merkmale nahe der einen Toleranzgrenze, mit Komponenten kombiniert werden, deren tolerierte Merkmale nahe der anderen Toleranzgrenze liegen. Demzufolge garantiert der Austauschbau nur eine Mindestqualität, die nur durch Verringerung der Toleranzen erhöht werden kann, was in der Regel zu höheren Herstellungskosten oder höherem Ausschuss führt, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit von Fertigungsbetrieben und Fabriken mindert. In der Praxis wird die Einhaltung von tolerierten Merkmalen von Produkten am Ende des Herstellungsprozesses mittels aus Konstruktionsunterlagen abgeleiteten Prüfplänen festgestellt. Entsprechend den Prüfergebnissen werden die Produkte, deren tolerierte Merkmale außerhalb der Toleranzgrenzen liegen, von den Produkten, deren tolerierte Merkmale innerhalb der Toleranzgrenzen liegen, separiert. Die im Moment der Prüfung ermittelten Daten werden in der Regel lediglich für den Entscheidungsprozess „Qualität in Ordnung“ (IO) beziehungsweise „Qualität nicht in Ordnung“ (NIO) und zum Teil für unmittelbar durchgeführte, statistische Berechnungen von Qualitätssicherungsgrößen (zum Beispiel Regelkarte) verwendet und anschließend verworfen. Eine Hinterlegung und gegebenenfalls spätere Nutzung der bei der Prüfung gewonnenen Daten erfolgt in der Regel nur bei sicherheitstechnisch hoch kritischen oder technologisch hoch anspruchsvollen Komponenten. In dem Maße, wie sich Prüfmittel der Qualitätssicherung zu cyber-physischen

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M. Hüttel

Systemen entwickeln und diese mit entsprechenden informationsverarbeitenden Systemen kommunizieren können, besteht die Möglichkeit, die bei der Qualitätssicherung ermittelten Daten relevanter Merkmale und gegebenenfalls weitere, das Produkt beschreibende Informationen als digitales Abbild für einen späteren Nutzen zu hinterlegen. Spätestens hier wird klar, dass die gewonnenen und hinterlegten Daten, wenn sie nicht im Produkt selbst hinterlegt werden können, was für alle Produkte zutrifft, die selbst kein cyberphysisches System darstellen, später nur nutzbringend verwendet werden können, wenn ein „Link“, also ein Bindeglied zwischen dem Produkt und den Daten seines digitalen Abbilds besteht. Aus informationstechnischer Sicht stellen eindeutige Identifikationsnummern die am einfachsten und effizientesten verarbeitbaren Identifikationsmerkmale dar. Deshalb werden Produkte üblicherweise mit solchen Identifikationsnummern oder mit Kombinationen aus denselben gekennzeichnet.

8.5

Anforderungen an „Kennzeichnungen 4.0“

Bezüglich der Eigenschaften von Kennzeichnungen an Produkten sind insbesondere folgende Aspekte relevant: • Sie sollten mindestens maschinenlesbar, idealerweise aber auch durch Menschen lesund interpretierbar sein. • Sie sollten robust gegenüber Einflüssen aus dem Gebrauch und der Alterung des Produkts für die Mindestdauer des Lebenszyklus der Produkte sein. • Sie dürfen die funktionalen Eigenschaften des Produkts nicht und die Eigenschaften des Erscheinungsbilds nur im vertretbaren Maß beeinträchtigen. • Die Kosten für die Herstellung und Anbringung der Kennzeichnungen dürfen die Kosten des Produkts nur so weit beeinflussen, wie der Nutzen oder die Notwendigkeit dies rechtfertigt. Für die Codierung von passiven Kennzeichnungen haben sich in der Praxis neben den durch Menschen les- und interpretierbaren Zeichen der Schriftregion, in denen die Produkte hergestellt werden, insbesondere maschinenlesbare, standardisierte, eindimensionale Barcodes und zweidimensionale Dot-Matrix-Codes (DMC) etabliert. Für die direkte Applikation von Kennzeichnungen auf hergestellte Produkte werden mechanisch umformende (zum Beispiel Gravieren, Prägen), elektrochemische (zum Beispiel Galvanik), photonische (zum Beispiel Laser) und Drucktechnologien (zum Beispiel Inkjet-, Laser-, Thermo- oder Tampondruck) angewendet. Ist aus material-, kosten- oder aus Gründen der Zugänglichkeit (zum Beispiel Markierung von Komponenten und Leitungen in einem Schaltschrank) eine direkte Applikation nicht erwünscht oder nicht möglich, werden Kennzeichnungen häufig mittels bedruckter Schilder oder Etiketten, selbstklebend oder montierbar, realisiert. Der Vorteil von Etiketten besteht darin, dass sie preisgünstig, auch in Massen, auf spezialisierten Materialien mit spezialisierten Geräten abseits von Fertigungsprozessen, die mitunter

8  Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“155

die direkte Applikation ausschließen, hergestellt werden können. Das maschinelle Lesen passiver, durch mechanische Umformung, elektrochemischer oder photonischer Bearbeitung oder durch Drucktechnik hergestellter Kennzeichnungen erfolgt üblicherweise über bildgebende Systeme wie Scanner oder Kamera basierte Lesegeräte. Eine deutlich flexiblere Art der Kennzeichnung kann mit Sende-Empfänger-Systemen, der so genannten RFID-Technologie (radio-frequency identification), realisiert werden. Solche Systeme bestehen aus Transpondern, auch RFID-Tag genannt, die sich an oder in Produkten befinden und typabhängig einen programmierbaren Code enthalten, der mittels Lesegeräten berührungslos ausgelesen werden kann. Damit lassen sich individuelle Produkte eindeutig kennzeichnen, identifizieren und sogar lokalisieren. Neben dem Identifikationscode können in Transpondern nachträglich auch Daten hinterlegt werden, was zur Speicherung produktspezifischer Informationen genutzt werden kann. Die Flexibilität der RFID-Technologie ist jedoch im Vergleich mit den passiven Kennzeichnungen mit höheren Kosten verbunden, weshalb diese Technologie nur bei entsprechender Produktwertigkeit und der Möglichkeit zur Integration der Transponder geeignet ist. Sofern es sich bei den in Fertigungsbetrieben und Fabriken hergestellten Produkten selbst um cyber-physische Systeme handelt, besteht intrinsisch die Möglichkeit, Identifikationsnummern, produktspezifische Informationen und Selbstbeschreibungen in maschinenlesbarer Form ohne nennenswerten Mehraufwand (Speicherplatz) zu hinterlegen. Um jedoch Produkte, die selbst cyber-physische Systeme darstellen oder deren datentechnische Identifikation auf RFID-Technologie beruht, auch für Menschen ohne Hilfsmittel identifizierbar zu machen, ist es notwendig, die Produkte auch mit einer von Menschen lesbaren Kennzeichnung auszustatten, was sinnvollerweise in Form einer passiven Kennzeichnung realisiert wird.

8.6

Ein Blick in die Praxis

Der potenzielle Nutzen, der sich im Kontext von Industrie 4.0 auf Basis cyber-physischer Systeme, Internet der Dinge und der damit verbundenen Notwendigkeit der eindeutigen Zuordnung von Produktionsmitteln beziehungsweise produzierten Produkten zu ihren digitalen Abbildern ergibt, sei hier anhand eines vereinfachten Beispiels unter dem Aspekt „Produktqualität“ erläutert. Ein Fertigungsbetrieb beziehungsweise eine Fabrik erhält den Auftrag, Produkte, die durch eine Konstruktionszeichnung definiert sind, in großen Mengen herzustellen. Dazu wird aus der Konstruktionszeichnung manuell oder mittels eines CAD-CAMProzessors das Steuerprogramm für den beziehungsweise die Fertigungsautomaten, auf dem beziehungsweise denen das Produkt gefertigt werden soll, erzeugt. Ferner wird aus der Konstruktionszeichnung das Prüfprogramm für den/die Prüfautomaten erstellt, die für die Sicherstellung qualitätsrelevanter Merkmale vorgesehen sind. Nach diesen und weiteren, hier nicht näher beschriebenen Vorbereitungsschritten wird dann der Auftrag, wie in Abb.  8.1 skizziert, abgearbeitet, indem aus Vorprodukten mittels

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M. Hüttel &$'=HLFKQXQJ

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Abb. 8.1  Produktionsmittel und Produktionsablauf zur Herstellung eines Produkts. (Quelle: Markus Hüttel)

Fertigungsautomat(en) die Produkte hergestellt und mittels Prüfautomat(en) die Einhaltung der qualitätsrelevanten Merkmale geprüft und entsprechend den Prüfergebnissen sortiert werden. Sollen die an der Herstellung beteiligten Produktionsmittel „Konstruktionszeichnung“, „Steuerprogramm“, „Prüfprogramm“, Fertigungsautomat“ und „Prüfautomat“ in Datenmodellen auf einer IT-Infrastruktur in Form eines „digitalen Zwillings beziehungsweise digitalen Schattens des Fertigungsbetriebs/ der Fabrik“ abgebildet werden, um daraus später Aussagen wie beispielsweise „Die Produkte des Auftrags X wurden nach Konstruktionszeichnung A auf den Fertigungsautomaten B und C hergestellt und mit Prüfplan D auf dem Prüfautomaten E geprüft“ ableiten zu können, müssen die beteiligten Produktionsmittel mit ihren digitalen Abbildern, wie in Abb. 8.2 dargestellt, über eindeutige Identifikationsnummern (IDs) verbunden werden. Damit Menschen, die an diesem Herstellungsprozess beteiligt sind, eine über die IT-Infrastruktur generierte Anweisung, wie beispielsweise „Die Herstellung der Produkte von Auftrag X soll nach Konstruktionszeichnung A auf den Fertigungsautomaten B und C und deren Qualitätssicherung mit Prüfplan D auf dem Prüfautomaten E erfolgen“ interpretieren – und entsprechend handeln können, bedarf es zudem der eindeutigen, mit den Identifikationsnummern übereinstimmenden Kennzeichnung der Produktionsmittel in einer von Menschen les- und interpretierbaren Form. Zu den relevanten Merkmalen der hergestellten Produkte zählen u. a. „Qualitätsmerkmale der Vorprodukte“ (zum Beispiel Legierungszusammensetzung), „Prozessparameter der Herstellung“ (zum Beispiel Drehzahl, Vorschub etc.) und „Qualitätsmerkmale des Produkts“ (zum Beispiel tolerierte Abmessungen). Sollen diese Merkmale in Datenmodellen in Form „digitaler Zwillinge beziehungsweise digitaler Schatten der Produkte“ abgebildet werden, müssen zusätzliche, über Identifikationsnummern mit dem „digitalen Zwilling/ digitalen Schatten des Fertigungsbetriebs/ der Fabrik“ verbundene Produktionsmittel in Form von ID-Lesegeräten und Kennzeichnern eingeführt werden (siehe dazu Abb. 8.3).

8  Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“157 &$'=HLFKQXQJ

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Abb. 8.2  Verknüpfung von Produktionsmitteln mit ihren digitalen Abbildern durch eindeutige Identifikationsnummern. (Quelle: Markus Hüttel) &$'=HLFKQXQJ 

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Abb. 8.3  Verknüpfung von Produktionsmitteln und auf ihnen hergestellten Produkten mit ihren digitalen Abbildern durch eindeutige Identifikationsnummern. (Quelle: Markus Hüttel)

Über ID-Lesegeräte können beispielsweise vor der eigentlichen Herstellung eines Produkts die beim Lieferanten hinterlegten oder von diesem zur Verfügung gestellten „Qualitätsmerkmale der Vorprodukte“, dem „digitalen Zwilling/ digitalen Schatten des herzustellenden Produkts“ zugeordnet werden. Die bei der Herstellung aufgezeichneten

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M. Hüttel

Prozessparameter werden dem „digitalen Zwilling/ digitalen Schatten des herzustellenden Produkts“, der von nun an zum „digitalen Zwilling/ digitalen Schatten des Produkts“ mit einer Identifikationsnummer wird, zuordnen. Damit nach der Herstellung eine eindeutige Zuordnung des „digitalen Zwillings/ digitalen Schattens des Produkts“ mit dem hergestellten Produkt gewährleistet bleibt, muss das Produkt mit der Identifikationsnummer mittels eines Beschriftungsgeräts gekennzeichnet werden. Abschließend werden dann der „digitale Zwilling/ digitale Schatten des Produkts“ um die Ergebnisse der Prüfung qualitätsrelevanter Merkmale vervollständigt. Somit liegt für jedes durch eine Identifikationsnummer gekennzeichnete Produkt ein über dieselbe Identifikationsnummer gekennzeichneter Datensatz zur Verfügung, der über alle wesentlichen Eigenschaften und Herstellungsschritte Auskunft geben kann.

Zusammenfassung 

Resümierend ergibt sich also die Erkenntnis, dass Kennzeichnung im Kontext von Industrie 4.0, in welcher Form auch immer, das Schlüsselelement für die Schaffung einer eindeutigen Beziehung zwischen realen Produktionsmitteln und Produkten zu ihren virtuellen, digitalen Abbildern darstellt. Sie bildet somit auch künftig einen wichtigen Faktor für die Flexibilisierung, Effizienzsteigerung und Wettbewerbsfähigkeit von Fertigungsbetrieben und Fabriken. Einige konkrete Vorteile, die sich über eine Erhöhung von Transparenz mittels Kennzeichnung erzielen lassen, sind: • Die Steigerung der Qualität von Produkten ohne kostensteigernde Verringerung der Toleranzen durch geeignete Paarung von Bauteilen; eine Praxis, die aus Sicht des Austauschbaus rückschrittlich erscheint, jedoch in der Automobilindustrie im Motoren- und Getriebebau seit Jahren praktiziert wird, da in diesem Bereich die Anforderungen an Qualität, Effizienz etc. die Grenzen des Machbaren erreicht haben. • Eine erheblich effizientere Fehlerursachenanalyse, da alle produktrelevanten Daten wie Hersteller, Vorprodukt, Produktionsanlage, Prüfmittel etc. eindeutig identifizierbar sind. Das kann für den Fehlerverursacher unangenehm sein, ist jedoch betriebsund volkswirtschaftlich von erheblichem Nutzen. • Die Gewährleistung der Ersatzteilbeschaffung auch bei Produkten mit gepaarten Bauteilen, da ihre Eigenschaften über ihre Identifikationsnummer eindeutig aus ihrem „digitalen Zwilling beziehungsweise digitalen Schatten“ ermittelt werden kann. • Eine optimale Instandhaltung durch ein intelligentes Lifecycle-Management • Ein effizientes, sortenreines Recycling • Ein intrinsischer Plagiatsschutz bei Produkten, die aus mehreren Teilprodukten zusammengesetzt sind (zum Beispiel Auto), da nur der Hersteller die Kombinationen der Identifikationsnummern der Teilprodukte kennt.

8  Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“159

Weiterführende Literatur Baums A, Schössler M, Scott B (Hrsg) (2015) Kompendium Industrie 4.0. Resource document. issuu. https://issuu.com/causagmbhco.kg/docs/kompendium-high. Zugegriffen: 12. Nov. 2017 Finkenzeller K (2003) RFID-Handbuch, Grundlagen und praktische Anwendungen von Transpondern, kontaktloser Chipkarten und NFC, 5. Aufl. Hanser, Leipzig Hansen M, Wiese M (2004) RFID-radio frequency identification. Datenschutz und Datensicherheit 28(2):109 Hippenmeyer H, Moosmann T (2017) Automatische Identifikation für Industrie 4.0. Springer, Berlin

9

Nachbeschilderung von Schaltschränken auf Baustellen Ein Gespräch bei der VESCON Installation GmbH Helmuth Bischoff

Wer mit den elektrischen Installationen im Anlagenbau zu tun hat, kennt die Situation: Auf den Baustellen kommt es immer wieder zu Planänderungen, und diese machen Neubeschilderungen in den Kabelschränken nötig. Dafür stehen vor Ort aber keine Kennzeichen zur Verfügung. Sie müssen in heimischen Werkstätten angefordert werden. Nach- und Ersatzbeschilderungen auf den Baustellen des Anlagenbaus sind aufwändig und zeitraubend. Gibt es zum umständlichen Hin und Her zwischen Baustellen und heimischen Werkstätten keine Alternativen zur Beschaffung von Ersatzkennzeichen? Ein Praxisgespräch erhellt die Situation. Als Geschäftsführer des Schaltschrank-Herstellers VESCON Installation GmbH (Eching bei München) weiß Torsten Roll sehr gut, welche Bedeutung der Beschilderung von Schaltschränken zukommt. VESCON Installation übernimmt bei der Anlageninstallation – zumeist für Automobilhersteller – entweder den gesamten Part der Elektroinstallation inklusive der Herstellung und Montage von Schaltschränken. Es kommt aber auch vor, dass sich die Aufträge auf die Herstellung und Montage der Schaltschränke beschränken. Zusammen mit Werkstattleiter Andreas Patzig und Baustellenleiter Bodo Ullmann schildert Torsten Roll seine diesbezüglichen Erfahrungen. Im Gespräch mit den drei Schaltschrankspezialisten, im Juli 2017 geführt, entwickelt sich die Situation der „Nachbeschilderung von Schaltschränken auf Baustellen“ zu einem deutlichen Fokus. Redaktion: „Wie erleben Sie aktuell den Markt des Schaltschrankbaus?“

H. Bischoff (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_9

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H. Bischoff

Geschäftsführer Torsten Roll: „Der Markt ist sehr groß und stark diversifiziert. Es gibt allein in Deutschland nach den Angaben von Branchenpublikationen über 60.000 Schaltanlagen- und Schaltschrankbauer. Die Range erstreckt sich weit. Bei Elektrokonzernen gehört der Schaltschrankbau zumeist als eine Abteilung dazu. Große Automotive-Unternehmen haben ebenfalls eine eigene Schaltschrankbau-Abteilung. Dann gibt es Anlagentechnik-Unternehmen wie VESCON Installation, die im Anlagenbau den gesamten Bereich der Elektrik samt Schaltschränken übernehmen. Und es tummeln sich viele kleine und mittelgroße Unternehmen auf dem Markt, die sich auf den Schaltschrankbau spezialisiert haben. Bei den kleineren Herstellern drängen übrigens in jüngerer Zeit zunehmend osteuropäische Unternehmen mit Dumpingpreisen auf den Markt, was sich zumeist mit deutlichen Qualitätsmängeln in der Ausführung verbindet und den Satz von Albert Einstein bestätigt: ‚Was nichts kostet, ist nichts wert.‘ Wir als Unternehmen VESCON Installation installieren in vielen Produktionsanlagen die Elektrik komplett, inklusive der von uns gebauten Schaltschränke. Dabei übernimmt unser Schwesterunternehmen Vescon Automation GmbH die Planung und Programmierung. Seltener ist es der Fall, dass wir im Anlagenbau ausschließlich für den Bau und die Montage von Schaltschränken zuständig sind. Für die Installation von Schaltschränken bedarf es übrigens der Qualifikation eines Elektromeisters.“ Redaktion: „Wie viele Mitarbeiter hat Ihr Unternehmen?“ Geschäftsführer Torsten Roll: „Mitte 2017 sind es zwei Geschäftsführer, eine Sekretärin, sechs Mitarbeiter in Werkstatt, bis zu 100 Mitarbeiter von Subunternehmen auf Baustellen; dabei 6 Bauleiter für die Elektroinstallation.“ Redaktion: Gibt es für den Schaltschrankbau einen eigenen Ausbildungsberuf? Werkstattleiter Andreas Patzig: „Nein, dafür gibt es keinen eigenen Ausbildungsgang. Die Berufe, die unter anderem zum Schaltschrankbau befähigen und zu denen wir auch ausbilden, heißen ‚Energieelektroniker‘ und ‚Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik‘. Sie umschließen eine dreieinhalbjährige Ausbildungszeit.“ Redaktion: „Zum Thema Kennzeichnung – von 100 Stunden Arbeit beim Schaltschrankbau entfallen Ihrer Erfahrung nach wie viele Stunden auf die Beschaffung/Herstellung von darin eingesetzten Kennzeichnungen? Und wie viele Stunden entfallen auf die Montage dieser Kennzeichnungen im Schaltschrank?“ Nach kurzer Abwägung sind sich alle drei Gesprächspartner einig, was Geschäftsführer Roll wie folgt zusammenfasst: „Bei einer Gesamtheit von 100 Arbeitsstunden für den Schaltschrankbau benötigen wir etwa zehn Stunden für die Beschaffung oder eigene Herstellung und die Montage; also fallen bei uns im Schaltschrankbau etwa zehn Prozent der Arbeitszeit dem Thema ‚Kennzeichnen‘ zu. Weiter untergliedert lässt sich dabei die Beschaffung/Herstellung von Kennzeichnungen mit circa sechs Prozent der

9  Nachbeschilderung von Schaltschränken auf Baustellen163

gesamten Zeit für den Schaltschrankbau beziffern und vier Prozent auf die Montage der Kennzeichnungen.“ Redaktion: „Wie hoch ist etwa der Anteil an den von Ihnen eingesetzten Kennzeichnungen, den Sie im eigenen Haus fertigen – und wie hoch der Anteil, den Sie von Dienstleistern außer Haus fertigen lassen?“ Torsten Roll: „Wenn ich unser Schwesterunternehmen Vescon Automation GmbH, im Anlagenbau zumeist zuständig für Elektroplanung und -Programmierung, und unser Unternehmen hinsichtlich dieser Frage zusammenfasse, lässt sich sagen, dass circa 90 Prozent der eingesetzten Kennzeichnungen intern hergestellt werden und circa zehn Prozent von Dienstleistern kommen. Hierbei will ich auch ansprechen, dass wir seit circa fünf Jahren in beiden Unternehmen die Quote der eigenproduzierten Kennzeichnungen in Richtung 100 Prozent erhöht haben. Über Dienstleister beziehen wir eigentlich nur noch vorgedruckte Etiketten, die es auf der Rolle gibt und die im eigenen Betrieb nicht wirtschaftlich herzustellen wären. Bei der Herstellung von Kennzeichnungen in Eigenregie stellen wir klare Vorteile des Workflows, der Verfügbarkeit und des eingesparten Aufwandes fest. Wir haben dabei deutlich weniger Aufwand an Administration hinsichtlich Angebotseinholung, Bestellung, Abrechnung, Korrekturgängen, Lagerhaltung und so weiter. Wir können durch die Eigenproduktion auch viel schneller auf geänderte Kundenanforderungen reagieren.“ Redaktion: „Welche Funktionen im und am Schaltschrank müssen in welcher Weise gekennzeichnet werden?“ Werkstattleiter Andreas Patzig: „Das Lastenheft des Auftraggebers beschreibt alle Prozesse in einem Schaltschrank und damit auch die Beschriftungsinhalte. In aller Regel besteht die Außenbeschriftung eines Schaltschrankes aus einem Metallschild, auf dem der Standort des Schrankes (Anlagenbereich), Name des Schrankes, Kundenlogo sowie neuerdings oft ein QR-Code als Definition des Schaltschrankes im E-Plan zu finden sind. Im Innern erfolgt die Bauteilbeschriftung in dreifacher Ausführung – und zwar auf der Montageplatte als Kennzeichnungsschild aus Kunststoff oder Pappe, außerdem direkt auf den Bauteilen selbst als Kennzeichnungsschild aus Kunststoff. Und drittens findet sich die Bauteilbeschriftung schließlich auf der zum Bauteil führenden Ader; dort als Clip oder in einer Kunststofftülle. – Zu kennzeichnen sind auch die Klemmleisten und Klemmen mit durchnummerierten Plastikschildern. Außerdem sind alle Befehls- und Bedienelemente im Schrank zu kennzeichnen. Dazu zählen zum Beispiel Leuchtelemente, Notausknöpfe und andere Drucktaster, Schlüsselschalter, USBSchnittstellen. Sie sind alle mit Klebeschildern aus Plastik gekennzeichnet.“ (Siehe dazu Abb. 9.1). Redaktion: „Machen Kunden ausführliche Vorgaben zu Material und Design der Kennzeichnungen im Schaltschrank?“

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Abb. 9.1  Kennzeichnungsvielfalt im Schaltschrank. Schon der erste Blick in einen Schaltschrank im Anlagenbau zeigt das hohe Kennzeichnungsaufkommen. (Foto: VESCON Installation GmbH)

Geschäftsführer Torsten Roll: „Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Kunden, die machen diesbezüglich sehr detaillierte Vorgaben. Generell lässt sich aber sagen, dass die Außenschilder am Schrank vom Kunden in Format, Material, Inhalt ausführlich vorgeschrieben werden. Bei den Kennzeichnungen im Innern des Schaltschrankes ist es den Herstellern noch weitgehend selbst überlassen, das eingesetzte Material und das Design selbst festzulegen.“ Redaktion: „Welche Aufgabenstellung erleben Sie als Schaltschrankhersteller öfter: Herstellung und Lieferung des Schaltschrankes zur Baustelle des Anlagenbaus – oder: Lieferung und Montage des Schaltschrankes auf der Baustelle plus Nachvollzug aller Anlagenänderungen bis zur Endabnahme der Anlage?“ Baustellenleiter Bodo Ullmann: „Das erstgenannte Szenario verzeichnen wir viel seltener als das Szenario zwei. Bei Szenario eins zeigen sich die Abläufe wie folgt: Der Bau des Schrankes erfolgt gemäß dem Konstruktionsplan. Nach der Fertigung wird der Schrank in allen Details geprüft. Gibt es dabei keine Beanstandungen, kann der Schrank ausgeliefert werden, und wir können den Auftrag abrechnen. Wird in diesem Fall eine Nachbeschilderung im Schrank nötig, sorgt der Kunde selbst dafür. Er oder ein Subunternehmen bestellen dann die nötigen Ersatzschilder. Szenario zwei ist vor allem abrechnungstechnisch ganz anders gelagert, denn die Abrechnung erfolgt viel später. Vor allem hinsichtlich der Nachbeschilderungen gibt

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es dabei viele Leistungselemente und oft auch Komplikationen, die nicht abzurechnen sind und zu Lasten unserer Bilanz hingenommen werden müssen. Dies entwickelt sich oft wie folgt: Nach Auslieferung des Schrankes werden am E-Plan vom Kunden kurzfristig und mehrfach Änderungen vorgenommen. Veränderte Features der Anlage, die beim Bau der Schaltschränke noch nicht absehbar waren, erfordern dann auf der Baustelle die Nachrüstung und Nachbeschilderung der Schaltschränke. Soweit dies nicht oder nur zum Teil direkt auf der Baustelle vorgenommen werden kann, sondern in Abstimmung mit der heimischen Werkstatt geleistet werden muss, bedeutet dies immer einen großen Aufwand, der nur zu kleinen Teilen abgerechnet werden kann. Die dann erforderlichen Abstimmungsprozesse bedeuten nicht nur einen erheblichen Zeitverlust, sondern auch eine Bruchstelle, an der sich gerne Fehler einschleichen. Wenn in der Klemmleiste zum Beispiel die laufenden Nummern geändert werden und aus der Werkstatt die Kennzeichnungen mit den Ziffern fünf und sechs kommen sollen, hat man dort wegen zweier läppischer Schildchen nicht gleich Zeit, den Auftrag auszuführen. Er wird dann zunächst auf die Seite gelegt, und wenn es zur Ausführung kommt, erhält man auf der Baustelle nicht selten Kennzeichen mit den Nummern sechs und sieben geliefert. – Der beschriebene Aufwand steigert sich erheblich, wenn die Änderungen an der Anlage in mehreren Schritten vorgenommen werden, was oft der Fall ist. Dann heißt es: hier noch ein stärkerer Motor, da noch der nachträgliche Einbau einer Motorbremse und so weiter. Das bedeutet eine sehr holprige und langwierige Kommunikation mit der Werkstatt.“ Redaktion: „Gibt es keine Möglichkeit, fertige Ersatzschilder in einem Koffer mit auf die Baustelle zu nehmen?“ Bodo Ullmann: „Wir führen zwar ein kleines Sortiment an bedruckten Standardschildern mit, das reicht aber nur für einen Bruchteil dessen, was an Ersatzbeschilderung

Abb. 9.2  Schaltschrank-Ziffernschilder. Selbst wenn einfachste Kennzeichnungen ersetzt oder ergänzt werden müssen, löst dies mitunter komplizierte Beschaffungsvorgänge aus. (Foto: VESCON Installation GmbH)

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benötigt wird. Den wirklichen Bedarf auf der Baustelle kann man nicht antizipieren. Man müsste ein viel zu großes Sortiment mitführen, um den tatsächlichen Bedarf zu decken und hätte dabei auch einen sehr großen Posten an unnötig hergestellten Kennzeichen.“ (Siehe dazu Abb. 9.2). Redaktion: „Welche Einsparpotenziale liegen in der Möglichkeit, den gesamten Bedarf an Nachbeschilderung an der Baustelle selbst herzustellen? Achtung: Wir sprechen nicht über die Herstellung aller benötigten Kennzeichnungen auf der Baustelle, sondern lediglich über die Herstellung von Ersatz- und Zusatzkennzeichen.“ Nach kurzem Abwägen kommen der Geschäftsführer, der Werkstattleiter und der Baustellenleiter zu folgender gemeinsamen Aussage: „Wenn man direkt an der Baustelle mit einem einzigen Herstellungsverfahren die erforderliche Nachbeschilderung für innerhalb und auch außerhalb des Schaltschrankes herstellen kann – Schilder für Klemmen ebenso wie für außerhalb liegende Kabel oder andere Betriebsmittel – dann liegt das Einsparpotenzial bei 80 Prozent gegenüber den Kosten, die anfallen, wenn alles in der Werkstatt nachzufordern ist. In konkrete Zahlen gefasst: Bei angenommenen 2000 Euro Zusatzkosten für eine mehrstufige Nachbeschilderung mittels Werkstatt-Einsatz reduzieren sich die Kosten durch mobiles Nachkennzeichnen um 1600 Euro auf 400 Euro. Dieses hohe Einsparpotenzial lässt sich aber nur dann voll ausschöpfen, wenn man auf der Baustelle nicht drei oder vier unterschiedliche Geräte braucht, um die erforderliche Nachbeschilderung vornehmen zu können, sondern nur ein einziges Gerät, das auch einfach zu bedienen ist. Mobiles Kennzeichnen für die Nachbeschilderung innerhalb und außerhalb des Schaltschrankes wird dann zum großen Kostensenker, wenn Zeitverzüge ebenso entfallen wie Kommunikationsfehler; aber auch die Logistik und Handhabung müssen stimmen.“ Redaktion: „Wie viele Kennzeichen werden pro Jahr von VESCON Installation verbaut?“ Geschäftsführer Torsten Roll: „Wir bauen pro Jahr circa 50 bis 60 große Schaltschränke und circa zehn kleinere. Pro Schrank brauchen wir im Schnitt etwa 150 Kennzeichnungen. Für die Schränke sind es also rund 10.000 Kennzeichnungen im Jahr. Dazu kommen weitere 20.000 Kennzeichnungen für Kleinverteiler, Unterverteiler, Bedienpulte etc. Weitere 20.000 Kennzeichnungen fallen pro Jahr für Kabelbeschriftung an, circa 10.000 bis 15.000 für Anlagenkennzeichnung. Insgesamt setzen wir pro Jahr also etwa 60.000 bis 65.000 Kennzeichnungen ein.“ Redaktion: „Durch welche Eigenschaften zeichnen sich ,gute‘ Kennzeichnungen im Schaltschrank und außerhalb aus?“ Werkstattleiter Andreas Patzig: „Der Schaltschrank bedeutet ja per se ein geschützter Raum. Da müssen die Kennzeichnungen nicht sonderlich beständig sein. Da heißen die Tauglichkeitskriterien ‚gute Lesbarkeit, auch bei Kleinstformaten‘, ‚wirtschaftliche Beschaffung und Herstellung‘ sowie ‚einfache Montage und Austauschbarkeit‘.

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Bei der Anlagenkennzeichnung außerhalb der Schaltschränke sieht es ganz anders aus: Da steht die hohe Beständigkeit als Qualitätskriterium ganz oben. Da diese Kennzeichnungen nicht selten hohen physischen wie chemischen Belastungen ausgesetzt sind, zeugt es von hoher Qualität, wenn die Kennzeichnungen in ihrer einwandfreien Lesbarkeit solchen Belastungen standhalten. Selbstverständlich gelten auch bei der Anlagenkennzeichnung das Kriterium der Wirtschaftlichkeit hinsichtlich Beschaffung sowie das Kriterium einer einfachen Handhabung. Wie oben schon erwähnt, lassen sich gute Kennzeichen inzwischen ja ohne große Fachkenntnisse von den Anwendern selbst herstellen. Und wenn von der Wirtschaftlichkeit der Kennzeichnungsherstellung die Rede ist, muss man den Blick nicht nur auf die Herstellung und Beschaffung von Kennzeichnungen richten, sondern auch auf die Arbeit, die sich mit ihrer Montage verbindet. Meiner Erfahrung nach ist es hohe Zeit, dass die Anlagenbetreiber realisieren, wie zweitaufwändig die traditionelle Art der Befestigung durch das Nieten ist. Diese traditionelle Art der Montage könnte inzwischen an vielen Stellen durch zeitsparendes Kleben ersetzt werden. Die Weiterentwicklung der Klebetechnik rechtfertigt diese Überlegung meines Erachtens für viele Montagesituationen, in denen heute noch genietet wird.“ Redaktion: „Wenn bei VESCON Installation 90 Prozent der eingesetzten Kennzeichnungen in house gefertigt werden,wäre es interessant zu hören, ob Sie dafür einen ‚Spezialisten‘ abstellen, oder wie Sie die Kennzeichnungsherstellung organisieren?“ Geschäftsführer Torsten Roll: „Alle Mitarbeiter unserer Werkstatt stellen Kennzeichnungen her, und wir weisen auch Mitarbeiter von Subunternehmen in diese Aufgabe ein. Das setzt natürlich voraus, über Herstellungsverfahren zu verfügen, die einfach zu handhaben sind. Auf der Baustelle sind unsere Baustellenleiter damit betraut, das herzustellen, was möglich ist, ohne die heimische Werkstatt dafür zu bemühen. Wobei ich noch einmal betone, dass wir zwar ein kleines Sortiment fertiger Kennzeichen mit auf die Baustelle nehmen und auch ein kleines Beschriftungsgerät. Damit können wir aber höchstens 10 Prozent der erforderlichen Ersatzbeschriftungen abdecken. Der größte Anteil der Ersatzbeschilderung, die auf den Baustellen gebraucht wird, muss in der heimischen Werkstatt geordert und gefertigt werden.“

Weiterführende Literatur Das Schaltschrank-Expertenwissen (2014) Resource document. Rittal, Herborn. Rittal-Technik-Bibliothek 3. https://www.google.de/search?ei=J8yuWqGlCYWlsgHC9YSQDQ&q=rittal+das+sc haltschrank-expertenwissen&oq=rittal+das+schalt&gs_l=psy-ab.1.0.0i22i30k1l8j0i22i10i30k1j 0i22i30k1.498682405.498686705.0.498689214.29.21.0.0.0.0.262.2489.1j14j2.17.0…0…1.1.64. psy-ab.14.15.2284..0j0i30k1j0i5i30k1j0i131k1.0.-JtMD4ucIyI#. Zugegriffen: 15. Okt. 2017 EMV-gerechter Schaltschrankaufbau. Leitfaden. Version 1 (2001) Resource document. Deutsche Gesellschaft für EMV-Technologie, Rosenheim. http://www.pci-card.com/schaltschrank-planung-demvt.pdf. Zugegriffen: 12. Okt. 2017

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Ersatz- und Nachbeschilderung auf der Baustelle (2015) Schaltschrankbau 5:900–901 Fachwissen vom Experten aus der Rittal-Technik-Bibliothek. Resource document. Rittal, Herborn. https://www.rittal.com/com_en/technology_library/public/index.php/. Zugegriffen: 12. Okt. 2017 Nachweise und Dokumentation für den Schaltschrankbau (2015) Resource document. Siemens, München. https://www.siemens.de/DigitalFactory/download/EventDocs/Siemens_IEC2_Nachweisfuehrung_Teilnehmerhandout_IEC2_Stand%2003_2015.pdf. Zugegriffen: 15. Okt. 2017 Schaltschränke in Maschinen/Anlagen. Beschaffung bei Fremdunternehmern (2017) Resource document. DGUV-Information 9. http://www.dguv.de/medien/fbholzundmetall/publikationen/ infoblaetter/infobl_deutsch/090_schaltschraenke.pdf. Zugegriffen: 2. Okt. 2017

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Kleben als zeitsparende Alternative zu Schrauben und Nieten Helmuth Bischoff

Trotz der offensichtlichen Kostenvorteile des Klebens gehört es im Maschinen- und Anlagenbau oft noch zu den geforderten Standards, bei der Schilderbefestigung mit Schrauben und Nieten zu arbeiten. Dies, obwohl leistungsstarke Kleber in der großen Mehrzahl der Montagesituationen die Anforderungen der Anlagenbauer erfüllen. Gute Kleber zeigen auf den unterschiedlichsten, auch strukturierten Untergründen (zum Beispiel Gussgehäuse) ebenso die geforderte Haftfähigkeit und Beständigkeit wie gegenüber Ölen, Fetten und Reinigungsmitteln. Man sieht: Das Herstellen von Kennzeichen ist eine Sache. Bis diese Kennzeichen montiert sind, braucht es Zeit und Arbeit. Auch das gehört zum Thema „Industrielles Kennzeichnen“ dazu. Ein im Juli 2017 mit dem Bauleiter Nikolaos Adamidis (siehe Abb. 10.1) geführtes Gespräch gibt Einblicke in die Praxis der Anlagenkennzeichnung und der Kennzeichnungsmontage. Nikolaos Adamidis ist 1972 in München geboren. Beim ABB-Konzern ließ er sich zum Energieanlagenelektroniker ausbilden. Dann folgte die Weiterbildung zum Techniker Fachrichtung Anlagentechnik. Seit 1998 arbeitet Herr Adamidis bei NAT, seit dem Jahr 2000 als Bauleiter für den Bereich Elektrik und elektrische Installation. – Das heißt, er ist jetzt 17 Jahre in verantwortlicher Tätigkeit bei der elektrischen Ausstattung von großen Produktionsanlagen. Redaktion: „Herr Adamidis, erklären Sie uns zu Anfang unseres Gesprächs bitte kurz das Unternehmen NAT.“ Nikolaos Adamidis: „Die NAT Neuberger Anlagen-Technik AG trägt ihre wesentliche Leistung schon im Unternehmensnamen. Wir projektieren, planen und führen

H. Bischoff (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_10

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Abb. 10.1  Für den langjährigen Bauleiter Nikolaos Adamidis gehört das Kennzeichnen im Anlagenbau immer dazu. Er beziffert den Aufwand dafür mit circa 30 Prozent der gesamten Arbeiten für Elektroinstallationen. (Foto: privat, Nikolaos Adamidis)

Elektroanlagen aus. Selbstredend gehört auch die Installation und Wartung der Elektrik und Elektronik von Anlagen, die nicht von uns geplant wurden, zu unserer Kernkompetenz. NAT wurde 1994 gegründet, hat inzwischen 350 Mitarbeiter/innen und steuert mehrere Standorte und Projekte in Deutschland von der Zentrale in Dachau aus. Zu dem Unternehmen gehört die Tochtergesellschaft NAT Hungaria Kft. mit Sitz in Györ, Ungarn. Sie beschäftigt 50 Mitarbeiter. NAT gehört zum französischen Konzern Eiffage, einem der größten Infrastrukturkonzerne Europas.“ Redaktion: „Herr Adamidis, können Sie die Projekte kurz skizzieren, bei denen Sie für den elektrischen Part sorgen?“ Nikolaos Adamidis: „Meine Abteilung arbeitet bei einem Großteil der Projekte für die Automobilindustrie. Wir liefern dabei unseren Beitrag bei der Einrichtung neuer Produktionsanlagen im Bereich Karosseriebau. Im Durchschnitt haben solche Projekte vom Start der Baustelle bis zur Fertigstellung der Elektrik eine Laufzeit von circa einem Jahr. Im Gesamtprojekt sind vier Arbeitsblöcke oder große Abschnitte zu unterscheiden: die Mechanik, die Elektrik, die Programmierung und schließlich die Inbetriebnahme. Damit vorab kalkulierte Projektlaufzeiten auch eingehalten werden können, muss das Zusammenspiel der genannten Blöcke gut funktionieren.“ Redaktion: „Seit wann und in welcher Weise haben Sie bei solchen Projekten mit dem Thema ,Kennzeichnungen‘ zu tun?“

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Nikolaos Adamidis: „Die ganzen 17 Jahre, in denen ich als Bauleiter agiere, gehört das Kümmern um lückenlose Kennzeichnung zu meinen Aufgaben.“ Redaktion: „Auch für die Kennzeichnungen im Schaltschrank?“ Nikolaos Adamidis: „Nein. Wir kennzeichnen zwar alle Kabel, die in die Schaltschränke führen, aber in den Schaltschränken selbst sorgen die Schaltschrankbauer für die entsprechenden Kennzeichnungen.“ Von 100 Arbeitsstunden entfallen 30 Stunden auf das Thema „Kennzeichnen“ Redaktion: „Bei 100 Arbeitsstunden in den von Ihnen erwähnten Projekten für den Automobilbau entfallen Ihrer Erfahrung nach wie viele Arbeitsstunden auf die Kennzeichnung, also auf Beschaffung und Montage?“ Nikolaos Adamidis: „Von der Herstellung in unserer zentralen Werkstatt, über den Transport bis zur Baustelle, dort das Zuordnen und Montieren … all das zusammen sehe ich bei 30 Stunden, also bei 30 Prozent unserer gesamten Arbeit.“ Redaktion: „Ist darin die Arbeit für die Erstellung der Kennzeichnungsinhalte enthalten?“ Nikolaos Adamidis: „Ja – nach meinem Dafürhalten schon. Ich stütze mich dabei auf die Einschätzung unseres Elektroplaners, der auch mit der Beschriftung der Kennzeichen zu tun hat. Er erstellt die Dateien, die ausgedruckt werden müssen.“ Redaktion: „Das erscheint uns insgesamt sehr viel Aufwand für die Kennzeichnungsthematik.“ Nikolaos Adamidis: „Mir auch. Es ist aber so. Was damit zusammenhängt, dass die Kennzeichnung in verschiedener Hinsicht an Bedeutung gewonnen hat und weiter gewinnt. Zum einen fordern die Kunden, dass immer mehr Komponenten eine Kennzeichnung erhalten. Zum andern dürfen Kennzeichen immer weniger das handgeschriebene Etikett sein, das man rasch in eine transparente Plastiktülle schob, sondern müssen in Material, Darstellungsqualität und Montage immer höheren Anforderungen genügen. Bis vor wenigen Jahren konnten wir unseren ganzen Kennzeichnungsbedarf noch mit dem firmeninternen Gravierdienst abdecken. Mit den gestiegenen Anforderungen war aber zu entscheiden, ob wir dafür externe Dienstleister benutzen oder Mitarbeiter im eigenen Unternehmen in die Herstellung von Kennzeichnungen einweisen. Inzwischen gibt es bei Anlageninstallationen klare Kundenvorgaben hinsichtlich gesteigerter Qualität und Inhalt der Kennzeichen. So müssen bei Kunden aus dem Automobilbereich aktuell immer mehr Kennzeichen mit einem QR-Code oder DataMatrix-Code versehen werden. Dazu bedarf es einer modernen Kennzeichnungsherstellung. Gesteigerte Bedeutung heißt in diesem Zusammenhang einfach auch gesteigerten Aufwand.“ Redaktion: „Das klingt nach viel Arbeit, hat aber auch seinen Sinn, denn die heutzutage geforderte Anlagendokumentation ermöglicht durch die Vielzahl und Differenziertheit der darin aufgenommenen Kennzeichnungen einen schnellen und gezielten Zugriff

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auf alle Anlagenkomponenten, was insbesondere bei Wartung und Instandhaltung ein großer Vorteil ist.“ Nikolaos Adamidis: „Ja, das ist so, bedeutet aber hinsichtlich der Kennzeichnung einen deutlich größeren Aufwand.“ Redaktion: „Nennen Sie uns doch bitte beispielhaft ein paar Komponenten, die von Ihnen nach Kundenvorgaben gekennzeichnet werden müssen.“ Nikolaos Adamidis: „Das sind Spanner, Initiatoren und Initiatorkabel ebenso wie alle möglichen Werkzeuge, Ventile und Ventilinseln. Dazu kommt eine ganze Reihe an technischem Gerät, wie Greifer und Roboter, an dem eine Vielzahl von unterschiedlichen Kennzeichnungen zu montieren ist. Und wenn Sie gerade von ‚Kundenvorgaben’ sprechen, ist hier auch zu erwähnen, dass immer mehr Kunden nicht nur die Inhalte der Kennzeichnungen vorgeben, sondern auch klare und strenge Vorgaben machen, mit welchem Schildmaterial wir zu kennzeichnen haben, mit welchen Verfahren die Schilder herzustellen sind, beziehungsweise welche Beständigkeit zu erfüllen ist und wie die Kennzeichen zu montieren sind. Dazu kommt, dass bei großen und komplexen Projekten im Verlauf der Anlagen-Installationsarbeiten immer wieder Änderungen an einzelnen Komponenten nachgeschoben werden. Eigentlich müssen solche Modifizierungen immer gleich durch geänderte Kennzeichnungen nachvollzogen werden.“ Die Nach- und Ersatzbeschilderung ist lästig und teuer Redaktion: „Das Wörtchen ,eigentlich‘ in Ihrem letzten Satz deutet auf Probleme hin?“ Nikolaos Adamidis: „Ja, das verstehen Sie richtig. Denn es gibt bei vielen Großprojekten oft bestimmte Phasen, in denen wir mit Hochdruck arbeiten. Das können Plankorrekturen durch den Kunden sein. Das können aber auch Phasen sein, in den wir mit 20 bis 30 Monteuren vor Ort powern, um vorwärts zu kommen und vorhandenes Material zügig zu verarbeiten. In solchen Phasen passiert es oft genug, dass man das Kennzeichnen vernachlässigt und nicht parallel zu den vorgenommenen Arbeiten durchführt, weil neue Kennzeichnungen immer wieder Bestellvorgänge in der heimischen Werkstatt erfordern und das Vorwärtskommen behindern. Das rächt sich dann später. Denn später, wenn wir wieder mit vier oder fünf Leuten auf der Baustelle arbeiten, muss man erst wieder mühsam rekonstruieren und nachfragen, welche Kennzeichnungen und welche Inhalte noch nachzuarbeiten sind.“ Redaktion: „Fällt die mit Plankorrekturen durch den Kunden nötig werdende Nach- und Ersatzbeschilderung ins Gewicht, oder sind das Nebensächlichkeiten?“ Nikolaos Adamidis: „Bei kleineren Projekten kann man das noch als Nebensächlichkeit bezeichnen. Aber bei den Großprojekten, die sich über viele Monate erstrecken und eine hohe Komplexität aufweisen, fallen solche Nachbearbeitungen und Nachbeschilderungen schon ins Gewicht. Vor allem deshalb, weil sie immer wieder den Arbeitsfluss unterbrechen und aufwändiges Bestellen von Ersatzkennzeichen erfordern. Das ist natürlich nicht immer so. Es gibt Projekte, bei denen alles plankonform läuft. Da geht das Kennzeichnen dann flott und ohne Verzug. Dann wiederum gibt es Projekte,

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bei denen so viele Nacharbeiten erforderlich werden, dass man Mühe mit ihrer Ausführung hat, was natürlich auch das Kennzeichnen und die damit verbundenen Bestellvorgänge betrifft.“ Redaktion: „Warum stellen Sie Ihre Kennzeichnungen nicht vor Ort an den Baustellen her?“ Nikolaos Adamidis: „Das System, das wir für die Herstellung von Kennzeichnungen benutzen, braucht eine saubere Umgebung, was auf den Baustellen nicht immer gegeben ist. Damit befasste Mitarbeiter müssen bei der Erstellung und der Sortierung der Schilder konzentriert arbeiten, was auf Baustellen auch erschwert ist. Dazu kommen räumliche Voraussetzungen, wie eine gute Belüftung, da man die bei dem System eingesetzten Reinigungsmittel nicht den ganzen Tag einatmen sollte. Es gäbe auch die Möglichkeit, die Schilder in einem Baucontainer vor Ort herzustellen. Aber wir haben uns für die Herstellung in der Werkstatt entschieden, da die Baustellen in der Regel nicht so weit davon entfernt sind. Wir ziehen aber durchaus die Möglichkeit in Betracht, die Kennzeichnungen auf den Baustellen zu produzieren, wenn sie weiter entfernt liegen.“ Redaktion: „Zur Montage der Kennzeichnungen. Sie erwähnten, dass bei den von Ihnen geleiteten Projekten der Anlageninstallation von 100 Arbeitsstunden circa 30 Stunden für die Herstellung, den Transport und das Montieren von Kennzeichnungen benötigt werden. Welcher Anteil kommt dabei der Montage zu?“ Nikolaos Adamidis: „Etwa zwei Drittel. Wenn ich 30 Prozent unserer gesamten Arbeitszeit dem Kennzeichnen zumesse, dann sind es circa 20 Prozent für Montagearbeiten und zehn Prozent für die Beschaffung beziehungsweise Herstellung der Kennzeichnungen.“ Redaktion: „Auch diese Aufwandsbeschreibung überrascht uns in ihrem Ausmaß.“ Nikolaos Adamidis: „Ja, der Aufwand für die Montage von Kennzeichnungen ist sehr hoch. Bei unseren Projekten geht es dabei in aller Regel um zwei Arten der Kennzeichnungsbefestigung: Etwa 50 Prozent der von uns eingesetzten Kennzeichnungen werden genietet, die anderen 50 Prozent mit Kabelbinder festgemacht. Die Befestigung mit dem Kabelbinder geht schnell. Aber das Nieten ist richtig viel Arbeit; vor allem dann, wenn es um Stellen geht, die nur schwer erreichbar sind.“ Kleben statt Nieten? Redaktion: „Könnten Sie das Nieten nicht durch starke Kleber ersetzen?“ Nikolaos Adamidis: „Bisher nicht. Wenn uns Kunden aus der Automobilindustrie in das Pflichtenheft schreiben, dass wir die Kennzeichnungen zu nieten haben, dann müssen wir das eben tun. Es wäre sinnvoll, die dafür Verantwortlichen bei den Automobilherstellern davon zu überzeugen, dass die geforderte Dauer und Stärke an Haftfestigkeit auch durch spezielle Kleber zu erreichen ist. Dann bekämen wir vielleicht die Möglichkeit, einen Großteil der eingesetzten Kennzeichnungen zu kleben, was eine große Arbeits-, Zeit- und Kostenersparnis bedeuten würde. Ich weiß, dass sich die Qualität der Klebetechnik weiterentwickelt hat und Kleber entwickelt wurden, die stark genug

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sind, die Zehn-Jahre-Forderung der Automobilindustrie zu erfüllen. Aber die entsprechende Überzeugungsarbeit gegenüber der Automobilindustrie müssen andere leisten. Das kann nicht unser Job sein, obwohl wir sehr davon profitieren würden.“ Redaktion: „Haben Sie den Arbeits-, Zeit- und Kostenaufwand für die Montage beziehungsweise das Kennzeichnen insgesamt an einem Projekt oder einem Teilbereich einmal in Zahlen festgehalten?“ Nikolaos Adamidis: „Nein, das haben wir bisher noch nicht getan. Wir kalkulieren und berechnen nur die Kosten für definierte Einheiten, wie zum Beispiel für die Installation und Programmierung eines Roboters mit 10.000 Euro, oder für die Installation eines Spanners, eines Initiators und anderer Einheiten. Aber Sie haben Recht. Man sollte testweise einmal bei einer Einheit die erforderlichen Kennzeichen mit Kleber montieren und bei der gleichen Einheit die Kennzeichen nieten. Dann hätte man ganz konkrete Zahlen.“ Redaktion: „Wenn die Kennzeichnungsmontage einen so großen Aufwand bedeutet, ist anzunehmen, dass Sie nach Möglichkeiten suchen, die Sache effizienter zu gestalten. Oder sehen wir das falsch?“ Nikolaos Adamidis: „Das ist schon so, wie Sie sagen. Wir denken darüber nach, wie das Montieren von Kennzeichnungen zusammen mit den beteiligten Partnern und auch von uns alleine effizienter gestaltet werden kann. Bei unserer täglichen Arbeit versuchen wir, eine höhere Effizienz zu erreichen, indem wir die Montage von Reihen-Kennzeichnungen wie folgt vornehmen: Wir positionieren mit Kleber konfektionierte Schilder zunächst an die vorgegebenen Stellen. Anschließend können alle Bohrungen erfolgen, dann – ebenfalls in einem einzigen Arbeitsgang – sämtliches Nieten oder Schrauben. Die Rechnung ist einfach: Alle 100 Schilder reihenweise anheften, dann bohren und dann nieten geht schneller, als alle Schilder einzeln und jedes für sich anhalten, bohren und nieten. Denn bei dem von uns gewählten Arbeitsablauf muss man nicht ständig die Arbeitsgeräte wieder aus der Hand legen, sondern arbeitet mit dem jeweils benutzten Gerät die ganze Reihe durch. Pro 100 Schilder lässt sich auf diese Weise mehr als eine Stunde Arbeitszeit einsparen. Bei dem enormen Zeitdruck, unter dem unsere Arbeiten in aller Regel stehen, ist das Verkürzen von Montagezeiten und das Einsparen von Arbeitszeiten generell ein großer Vorteil.“ Redaktion: „Wenn Sie das Kleben als Montagehilfe einsetzen, um Zeit einzusparen, dann sind die eingesetzten Kennzeichnungsschilder mit entsprechendem Kleber konfektioniert, was den Einkauf verteuert. Lohnt sich diese Art der Montagehilfe trotzdem, wenn Sie diese Mehrkosten gegen die eingesparte Zeit aufwiegen?“ Nikolaos Adamidis: „Die Mehrkosten für das Konfektionieren der Schilder mit leicht haftendem Montagekleber erreichen bei weitem nicht die Summe, die wir durch die Zeitersparnis erzielen können. Um es in Zahlen zu fassen: Wenn wir durch das Kleben als Montagehilfe circa 30 Prozent an Arbeitszeit und -lohn einsparen, stehen die Kosten für die Konfektionierung der Kennzeichen mit circa zehn Prozent Aufschlag zu Buche. Da sich diese Aufschläge in Cent-Bereichen bewegen, schmälern sie die Nettoersparnis nur unwesentlich.“

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Redaktion: „Und wie hoch würden Sie die Ersparnisse einschätzen, wenn das Nieten oder Schrauben als Montageform durch das Kleben ersetzt werden könnte?“ Nikolaos Adamidis: „Würde das Kleben in weiten Bereichen als Befestigungsalternative zu Schrauben und Nieten zugelassen, dann könnten wir etwa zwei Drittel der derzeitigen Kosten für Kennzeichnungsmontage einsparen. Anfallende Mehrkosten für die Konfektionierung der Kennzeichen mit einem stark haftenden Spezialkleber würden diese Einsparung nur wenig mindern.“ (Siehe dazu auch Abb. 10.2).

Zusammenfassung 

Nikolaos Adamidis arbeitet seit dem Jahr 2000 im Anlagenbau als Bauleiter für den Bereich Elektrik und elektrische Installation. Er hat dabei in jüngerer Zeit ein besonderes Augenmerk auf das Thema „Kennzeichnung“ gerichtet und folgende Feststellungen gemacht: • Dieser Aufgabenbereich erfordert mehr Arbeitszeit als gemeinhin angenommen. Herr Adamidis veranschlagt 30 Prozent seiner gesamten Projektarbeiten für das Kennzeichnen. • Als besonders zeitaufwändig erlebt er dabei die Montage und speziell das Nieten. Adamidis stellt in Frage, ob die allgemeine Wertschätzung des Nietens als Befestigungsoption noch zeitgemäß ist. Er führt aus, dass es inzwischen leistungsstarke

Abb. 10.2  Die Gegenüberstellung veranschaulicht, welche Einsparungen beim Anlagenbau zu realisieren sind, wenn Kennzeichen bei der Montage geklebt statt genietet werden können. (PrintoLUX GmbH, 2016)

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Kleber gibt, die in der großen Mehrzahl der Montagesituationen die Anforderungen der Anlagenbauer erfüllen. Und er macht zu Recht darauf aufmerksam, welche Einsparmöglichkeiten sich mit dieser Befestigungsoption eröffnen.

Weiterführende Literatur Günther T (2015) Baustellenmanagement im Anlagenbau. Springer, Berlin Lotter B, Wiendahl HP (Hrsg) (2013) Montage in der industriellen Produktion. Springer, Berlin Meiß E (o. J.) Kleben liefert Lösungen für Industrieanlagen. Resource document. Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung. https://www.weiterbildung.ifam. fraunhofer.de/de/maschinen--und-anlagenbau/kt-anlagenbau/personalqualifizierung-kt-anlagenbau.html. Zugegriffen: 11. Okt. 2017 Müller A (2011) Das Nieten ist Standard – wie lange noch? Resource document. Produktion 41. https://www.produktion.de/technik/fertigung/kleben-versus-nieten-klebe-ist-standard-wie-lange-noch-105.html. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 Sicher, sauber, schnell: Verbindungen in der Automobilindustrie (o. J.) Resource document. 3M. http://solutions.3mdeutschland.de/wps/portal/3M/de_DE/Automotive-OEM/automobilzulieferer/loesungen/verbinden/. Zugegriffen: 12. Okt. 2017

Prozessvereinfachung und Wirtschaftlichkeit bei industrieller Kennzeichnung

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Ein Fallbeispiel Lisa Foshag geb. Morr

Dass die systematische Einführung eines neuen Kennzeichnungsverfahrens in einem Unternehmen nicht im Handumdrehen geschehen kann, sondern ein bedachtes Vorgehen erfordert, zeigt dieser Beitrag. Der Eaton-Konzern beschäftigt weltweit mehr als 100.000 Mitarbeiter und ist ein führender Anbieter für Energiemanagementlösungen im Bereich Elektrik, Hydraulik und Mechanik. Ein Teil der Produkte findet in anspruchsvollen Anwendungen und Industrieanlagen seinen Einsatz. Dazu gehören Sicherheitslösungen im Bereich Leuchten, Schaltgeräte und Steckverbinder. Das Kennzeichnen in Bereichen mit extremen Umgebungsbedingungen gilt als essenzieller Bestandteil zur Gewährleistung der Normenkonformität der Produkte. Je nach Zulassung tragen solche Kennzeichnungen durch Normen festgeschriebene Angaben, mit denen der Hersteller seine Produkte zwingend ausstatten muss. Dabei ist sicherzustellen, dass diese Angaben auch unter widrigen Umgebungsbedingungen dauerhaft lesbar sind. Vor dem Hintergrund dieser Maßgaben wurden in der Produktion von Eaton über einen längeren Zeitraum viele verschiedene Beschriftungsmethoden eingesetzt, um Typenschilder selbst herzustellen oder fremd hergestellte Schilder zu beziehen. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Kennzeichnungsarten, die dabei zum Einsatz kommen: „Typenschilder“ und „Taglabels“. Als „Typenschilder“ bezeichnen wir selbstklebende Etiketten, die mit Hilfe eines Thermotransferdrucks hergestellt werden. Das gewünschte Druckbild wird durch partielle Wärmeerzeugung ohne größere mechanische Beeinflussung des Druckguts erzeugt. Das entstandene Druckbild ist über den gesamten Produktlebenszyklus erkennbar und kann auf unterschiedlichen Bedruckstoffen zum Einsatz

L. Foshag geb. Morr (*) Hirschhorn, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_11

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Abb. 11.1  Beschriftungsschild für Not-Aus-Taster. (Lisa Foshag geb. Morr)

kommen. Wählt man die richtige Kombination aus Trägermaterial und Thermotransferband, dann sind die Schilder außerdem gegen mechanische und chemische Einflüsse beständig (Labelident GmbH, 2013). In der Produktion von Eaton wird der Thermotransferdruck bei verschiedenen Folienetiketten angewandt. Mit Hilfe dieser Schilder erhalten die Produkte in der Regel eine Materialidentifikationsnummer und eine Seriennummer. Außerdem werden mit ihrem Inhalt relevante Daten der Endgeräte mit an den Kunden/Anwender weitergegeben. Auch sogenannte „Taglabels“ kommen bei Eaton als Kennzeichnungsart zum Einsatz. Dabei handelt es sich in der Regel um kundenindividuelle Schilder, auf denen zum Beispiel die Funktionsweise oder Einsatzorte von Endgeräten dargestellt werden. Mit Hilfe eines Schilderhalters werden die Taglabels über dem Drucktaster eingesetzt, um dessen Funktion zu beschreiben. Das unter Abb. 11.1 dargestellte Taglabel wird nach Kundenvorgaben gestaltet und beschriftet. Es ist außerdem möglich, dass Kunden mit Hilfe von Taglabels spezielle Beschriftungen auf den Produkten vornehmen lassen; auch in unterschiedlichen Sprachen. Sondersymboliken und kleine Grafiken werden dabei kundenindividuell realisiert. Um entsprechende Kundenwünsche abdecken zu können, sind viele eingesetzte Beschriftungsmethoden auf unterschiedlichsten Trägermaterialien auszuführen. • Je nach Verteileranlage und Kundenwunsch ist es möglich, die Daten mit Schlagzahlen auf Metallschilder zu prägen. • Bei anderen elektrischen Betriebsmitteln ist es üblich, zum Beispiel die elektrischen Stromkennwerte mit Hilfe von Nadelprägen in bereits vorbedruckte, extern bezogene Edelstahlschilder einzuschlagen. • Um Befehlsgeräte und andere elektrische Bauelemente zu beschriften, ist eine Gravur in verschiedenfarbige Kunststoffschichtplatten möglich. • Besteht der Kunde auf Edelstahl, können die Taglabels auch mit einem Laser beschriftet werden. Die unterschiedlichen Arten von Schilderproduktionsstätten befinden sich bei Eaton Deutschland an einem einzigen Standort in verschiedenen Produktionshallen und sind räumlich voneinander getrennt. So entstehen lange Wege, bevor alle Schilder den Endgeräten zugeordnet werden können. Einige der speziellen Kundenwünsche hinsichtlich Kennzeichnungen sind bei Eaton derzeit als In-house-Lösungen nicht realisierbar. Solche Kennzeichnungen müssen dann über mehrere externe Gravurdienstleister bezogen werden. Das sind zum Beispiel Schilder mit chinesischen Schriftzeichen, Sondermaßen, Farbwünschen oder speziellen Grafiken und Symbolen. Zu den von außen bezogenen Kennzeichnungen gehören auch

11  Prozessvereinfachung und Wirtschaftlichkeit bei industrieller Kennzeichnung

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Firmenschilder, die im Eloxalunterdruck-Verfahren hergestellt werden. Dabei wird der Text mit Hilfe des Siebdruckverfahrens auf ein offenporiges Aluminium gedruckt und anschließend durch eine künstliche Oxidation verdichtet. So beschreibt es die Website der Ernst Wenzelmann Schilderfabrik GmbH [1]. Durch die vielen parallel eingesetzten Beschriftungs- und Kennzeichnungsmethoden wurden bei uns im Unternehmen bisher große zeitliche Ressourcen und beträchtliche Geldmittel gebunden. Deshalb suchten wir ein Verfahren zur Kennzeichnungsherstellung, mit dem es gelingen sollte, die bisher eingesetzten Verfahren abzulösen und deren Leistungskraft zusammenzuführen.

11.1 Ziele hinsichtlich der Kennzeichnungsbeschaffung Durch eine Masterthesis, die ich als Mitarbeiterin von Eaton zwischen März und September 2016 verfasste, sollte der Produkteinführungsprozess eines neuen Verfahrens zur Kennzeichnungsherstellung begleitet werden. Dass dieses Verfahren den Unternehmensanforderungen entspricht und sich die Investition lohnt, wurde im Vorfeld bereits unternehmsintern ausgelotet. Dazu war der bisherige Aufwand an Zeit und Kosten für internes Kennzeichnen bewertet und mit den zu erwartenden Kosten verglichen worden, die sich nach Implementierung eines neuen Verfahrens einstellen sollten. Mit diesem Umstellungsprozess, der im Februar 2016 in Gang gesetzt wurde, verband sich folgende Ergebniserwartung: • Durch die Reduktion auf eine einzige Schilderproduktionsstätte sollte für die Herstellung von Kennzeichnungen eine Prozessvereinfachung durchgesetzt werden. • Da das neu einzuführende Herstellungsverfahren ein umfangreiches Leistungsspektrum aufweist, sollten Kennzeichen mehr intern und weniger über Dienstleister hergestellt werden. • Die einfach handhabbare Software des neuen Verfahrens sollte den gesamten Prozess der Typenschildherstellung vereinfachen und die gesamte Prozesssteuerung der Kennzeichnungsherstellung optimieren. • Mit dem Einsatz des neuen Verfahrens sollte sich auch die Beschriftungsqualität der Taglabels verbessern. • Weiterhin sollte die Änderung des Herstellungsverfahrens zu einer Reduzierung der unterschiedlich beschrifteten Schilder führen. • Schließlich zielte die Implementierung des neuen Verfahrens auf eine deutliche Kostenreduktion bei Beschaffung und Herstellung benötigter Kennzeichnungen. Die Ziele wurden in Form der „SMART“-Zielformulierung festgehalten, um eine Quantifizierbarkeit sicherzustellen. „SMART“ steht als Abkürzung von Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch und Terminiert [2]. Hinsichtlich der Projektdauer nahmen wir uns vor, ein neues, funktionsfähiges Drucksystem innerhalb von vier Monaten komplett in die Produktion zu implementieren. Diesen

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Prozess im Rahmen einer Masterarbeit zu beschreiben, sollte einen Beitrag zur wissenschaftlichen Erhellung der Praxis des Change Management liefern. Die Umsetzung des Projekts sollte unter strenger Beachtung des zeitlichen Rahmens, der Kosten und der qualitativen Zielerreichung erfolgen. Dabei war insgesamt darauf zu achten, alle Prozessbeteiligten bereichsübergreifend einzubeziehen. Hinsichtlich der Gestaltung benötigter Kennzeichnungen sollte die Implementierung des neuen Verfahrens sicherstellen, dass schwarze und farbige Schriften auf den ausgewählten, zuvor standardisierten Formaten in Kunststoff und Edelstahl, druckbar würden. Die Auswahl und Überprüfung der Schildformate, die mit dem neuen Verfahren eingesetzt werden sollten, stellte einen zentralen – zunächst unterschätzten Teil – des Projekts dar. Es musste genau überprüft werden, welche Formate aus wirtschaftlicher Sicht für eine Umstellung auf das neue Verfahren in Frage kämen. Zu einer diesbezüglichen Überprüfung kamen die bisher durch Dienstleister bezogenen Schilder (graviert und bedruckt) sowie bislang intern gefertigte Formate. Dabei war es besonders wichtig, angemessene Bedarfsaussagen zu machen: Wie viele Schilder von welcher Größe werden pro Jahr benötigt? Denn je nach benötigter Stückzahl setzt der Materiallieferant, von dem wir auch das neue Herstellungsverfahren übernahmen, wirtschaftlich attraktive oder weniger attraktive Techniken der Herstellung ein. Generell kann mit dem von Eaton bei der Umstellung ausgewählten Drucksystem jedes Format bis zu einer Fläche von 320 × 540 mm bedruckt werden. Sind die benötigten Schilderformate bereits als Standardschilder im Katalog des Herstellers gelistet, können sie in der Regel mit einem Stanzwerkzeug hergestellt werden. Diese Herstellungsart hat den Vorteil, dass die Toleranzen relativ klein sind, was ein passgenaues Fertigen der Schilder zur Folge hat. Auf Basis von Grundwerkzeugen kann kundenindividuell ein Einsatzwerkzeug gebaut werden. Ist ein solches Werkzeug bereits vorhanden, kann jeder Kunde dieses Werkzeug nutzen und erhält günstigere Stückpreise. Kosten für Instandhaltung und Reparatur der Stanz- und Spritzgießwerkzeuge übernimmt der Lieferant. Wählt der Endanwender individuelle, bisher nicht im Standard-Sortiment des Anbieters vorhandene Formate, kann es sich je nach Stückzahlen lohnen, ein eigenes Einsatzwerkzeug erstellen zu lassen, um aufgrund der benötigten Anzahl einen geringeren Preis für die Rohschildträger zu erzielen. Bei Klein- und Kleinstmengen gibt es die Möglichkeit, das benötigte Format aus einer Platte ausschneiden zu lassen, da die Kosten für die Erstellung eines eigenen Werkzeugs nicht gerechtfertigt sind. Die Toleranzgrenzen beim Zuschneiden sind im Vergleich zur Stanztechnik größer. Auch Bohrungen sowie Abrundungen der Schildecken sind möglich, werden aber manuell ausgeführt. Bei der Produktion von Stückzahlen zwischen 50 und 2500 Stück werden die Formate mit einer Fräsmaschine hergestellt. Dabei können im Vergleich zur Schneidetechnik und zur Stanztechnik mit einem Werkzeug die kleinsten Toleranzen eingehalten werden. Vor dem Hintergrund all dieser Herstellungsvoraussetzungen sollte zu Projektbeginn genau geprüft werden, mit welchen Schilderbedarfen bei Eaton für die Zukunft zu rechnen war.

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Im Folgenden soll dargestellt werden, wie vor Einführung des neuen Druckverfahrens bei Eaton Schilder beschafft, produziert und montiert wurden. Anschließend zeige ich auf, wie dieser Prozess durch das neu gewählte Verfahren vereinfacht werden konnte und welchen Einfluss die beteiligten Mitarbeiter auf den Erfolg des Projekts hatten.

11.2 Die Implementierungsphase Im Folgenden kommt zur Darstellung, wie ein neues Verfahren zur Kennzeichnungsherstellung in der Zeit von März bis September 2016 bei Eaton eingeführt wurde. Dabei wird die Funktionsweise des Verfahrens erläutert und aufgezeigt, welche Abteilungen bei der Einführung beteiligt waren. Dazu wurden zunächst alle Stakeholder betrachtet, die mit dem Verfahren zu tun haben (Siehe Abb. 11.2). Die Geschäftsleitung war bereits zu Beginn des Projektes mit einbezogen. Die Unterstützung und Freigabe des Investitionsantrags durch die Geschäftsleitung waren Voraussetzungen für die Umsetzung.

Abb. 11.2  Stakeholder bei der Einführung eines neuen Verfahrens zur Kennzeichnungsherstellung bei Eaton. (Quelle: Ausarbeitung der Autorin)

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Zunächst legte die Projektierungsabteilung fest, welche Schildergrößen in Zukunft verwendet werden sollen. Da bei den Geräten von Eaton spezielle Stellen auf den Produkten für die Kennzeichnung mit Edelstahl- und Kunststoffschildern vorgesehen sind, galt es, für alle Produkte ein passendes Schild festzulegen. Dies stellte sicher, dass die ganze Produktion einheitlich auf das neue System umgestellt werden konnte. Jedem Produkt sollte vor Einführung des Druckverfahrens ein passendes Schild zugeordnet werden. Die IT-Abteilung war für die benötigte Hardware und die Anbindung ins interne Firmennetz verantwortlich. Um die Bestellkontrakte beim Lieferanten für das Rohmaterial kümmerte sich die Einkaufsabteilung. Da die Taglabels nun in house hergestellt werden sollten, mussten die notwendigen Maßnahmen von der Fertigungssteuerung veranlasst werden. In der Produktion galt es auch, die Themen „Arbeitssicherheit“ und „Arbeitsplanung“ in den Prozess mit einzubeziehen. Um die Rohmaterialien zur richtigen Zeit verfügbar zu haben, war eine funktionsfähige Logistik aufzubauen. Die Qualitätsabteilung stellte sicher, dass der Prozess und die nun selbst gefertigten Taglabels den Unternehmensanforderungen gerecht wurden. Die Marketing-Abteilung informierte die Kunden über die neuen Schilder, und der Vertrieb war dafür verantwortlich, dass die neuen Taglabels zeitnah eingesetzt werden konnten. Dabei sollten Mitbewerber möglichst keine Informationen über die neuen Taglabels erhalten, damit Eaton entsprechende Wettbewerbsvorteile halten konnte. Meine Aufgabe war es, dafür Sorge zu tragen, dass alle Projektschritte innerhalb der vorgegebenen Zeit unter Budgeteinhaltung abgearbeitet wurden. Hauptbestandteile stellten dabei die interne Koordination sowie die externe Abstimmung mit dem Verfahrenshersteller und Materiallieferanten dar. Als Projektleiterin war ich auch dafür verantwortlich, dass alle Beteiligten, deren Tätigkeiten bedeutende Auswirkungen auf den Projekterfolg haben könnten, entsprechende Schulungen erhielten [3]. Diesbezüglich erwies es sich als sinnvoll, vor und während der Einführung des neuen Kennzeichnungsverfahrens Schulungsmaßnahmen durchzuführen, insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen. Hierbei bestand die Möglichkeit, die Schulung mittels eines externen Anbieters oder intern durchzuführen. „Off-the-job“-Trainings finden außerhalb des gewohnten Arbeitsumfeldes statt und nehmen zusätzliche Zeiten in Anspruch. Der Vorteil davon ist, dass sich die zu schulenden Mitarbeiter vollständig auf den neuen Lerninhalt konzentrieren können. „On-the-job“Trainings finden direkt am Arbeitsplatz statt, wodurch die Transferlücke minimiert wird. Erfolgversprechend ist daher oft die Kombination aus „off the job“ und „on the job“ [4]. Einführung des neuen Verfahrens in drei Stufen Die Einführung des neuen Verfahrens zur Herstellung von Kennzeichnungen wurde in drei Stufen durchgeführt, um alle am Prozess beteiligten Mitarbeiter einzubinden und schnell sichtbare Erfolge zu erreichen. Es wurde eine Kombination aus „Off-“ und „Onthe-job“-Trainingselementen gewählt. Als sinnvoll erwies sich, die Schulung nicht direkt am Arbeitsplatz durchzuführen, sondern einen separaten Schulungsraum nahe der Produktion zu wählen, da die notwendige Konzentration im Produktionsbereich wegen externer Störfaktoren nicht vorhanden war. Dabei war es wichtig und richtig, die Schulung direkt an dem neuen Kennzeichnungssystem durchzuführen. So wurden die Mitarbeiter bereits mit dem tatsächlichen Ablauf und den eigenen neuen Geräten vertraut gemacht.

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Stufe 1: Bei der ersten Schulung wurden die Abteilungsleiter und deren Vorarbeiter durch den Hersteller des neuen Systems geschult. Zu diesem Kreis kamen alle Kollegen hinzu, die administrativ mit dem System zu tun haben, wie zum Beispiel die Abteilungsleitung der Produktion, die IT-Verantwortlichen, die Arbeitsvorbereitung und die Projektleitung. Der Fokus dieser Schulung lag hauptsächlich auf der Einrichtung und Handhabung des Systems. Stufe 2: Um die Anwender bereits zu einem frühen Zeitpunkt in das Projekt einzubinden, wurde diesen das Drucksystem zunächst kurz vorgestellt. Im Anschluss an diese erste Schulung wurde eine Art Probephase initialisiert, in der das System von der Projektleitung und anderen ausgewählten Mitarbeitern in einem Büro an Musterformaten getestet wurde. Überraschend war hierbei, wie schnell die Beteiligten mit dem neuen Kennzeichnungsverfahren umzugehen wussten. Stufe 3: Mit Fertigstellung und Lieferung der ersten Edelstahlrohschildträger wurde die eigentliche Hauptschulung durch die Mitarbeiter des Verfahrensherstellers durchgeführt. Das Ziel dieser Veranstaltung war, dass alle Mitarbeiter, die direkt mit dem Verfahren arbeiten, also die Schilder produzieren, mit dem neuen Verfahren und den Geräten vertraut gemacht wurden. Zum Einstieg in die Schulung wurden Probleme und Fehler, die in der Testphase aufgetreten waren, besprochen. Dies hat sich als sehr wertvoll erwiesen, um die entsprechenden Punkte von Beginn an zu eliminieren. Damit sollten den Anwendern Berührungsängste und Bedenken gegenüber dem neuen Verfahren genommen werden. Es wurde deutlich, dass es etwas Zeit bedarf, bis fehlerfrei mit dem Verfahren gearbeitet werden konnte. Bereits im Vorfeld wurden durch den Verfahrenshersteller geeignete Formatvorlagen erstellt, sodass während der Schulung erste Schilder für richtige Kundenprojekte hergestellt werden konnten. Dies hatte sich als sehr sinnvoll erwiesen, da sich durch dieses Vorgehen bereits während der Schulung erste Erfolge erzielen lassen. Im Anschluss an diese Schulung sollten weitere Taglabels zum Einsatz auf Kundenanlagen gedruckt werden. Die Kunststoffformate wurden in einem separaten Schritt in die Produktion eingeführt. Dies fand etwa drei bis vier Wochen nach Produktionsstart der Edelstahlformate statt. Die Aufteilung der Einführung in mehrere Phasen erwies sich als sehr sinnvoll, da den Mitarbeitern damit schnelle Erfolge garantiert wurden, ohne dass komplexe Inhalte von Anfang an hätten vermittelt werden müssen. Insgesamt förderten die Schulungsmaßnahmen auch die Motivation der einbezogenen Mitarbeiter, da die Weiterbildungsmöglichkeiten als eine Form der Wertschätzung wahrgenommen wurden. Es stellte sich auch der allgemein positive Effekt ein, dass gezielt geschulte Mitarbeiter den täglichen Anforderungen besser gerecht werden und damit die Effizienz der Abläufe verbessern, was sich positiv auf die Unternehmensproduktivität auswirkt. Abb. 11.3 stellt die im Vorfeld beschriebenen Aufgaben der einzelnen Abteilungen grafisch dar und zeigt auf, wie der Prozess der Taglabel-Herstellung nach Einführung des neuen Verfahrens erfolgt.

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Abb. 11.3  Soll-Prozess-Taglabeldruck. (Quelle: Ausarbeitung der Autorin Lisa Foshag geb. Morr)

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11.3 Die neuen Abläufe werden eingeübt und führen zum Erfolg (Siehe dazu Abb. 11.3). Mit der Implementierung des neuen Herstellungsverfahrens für Kennzeichnungen änderte sich der Beschaffungsprozess für benötigte Kennzeichnungen wie folgt: Nach dem Erfassen des Kundenauftrages im EDV-System werden die Taglabels in der Projektierungsabteilung festgelegt und an die Fertigungssteuerung übergeben. Diese entscheidet, ob die Schilder intern gefertigt werden können oder weiterhin extern vergeben werden müssen. Diese Entscheidung hängt hauptsächlich davon ab, ob sich die Schilder mit Hilfe des neuen Verfahrens wirtschaftlich herstellen lassen und die geforderten Formate in der Produktion vorhanden sind. Um diese Entscheidung zu erleichtern, wurden die Möglichkeiten des neuen Verfahrens in einer kleinen Broschüre zusammengefasst und der Fertigungssteuerung zur Verfügung gestellt. Durch die Einführung des neuen Verfahrens wurde es möglich, den ursprünglichen Prozessablauf deutlich zu vereinfachen, da die Fertigungssteuerung nicht mehr unterscheiden muss, in welcher Gravierabteilung die Schilder gefertigt werden sollen, da die Fertigung nun zentral erfolgt. Mit Einführung der neuen Softwareschnittstelle zwischen Projektierung und Gravierraum wird die Fertigungssteuerung weiter entlastet. Denn die Projektierungsabteilung legt gleich fest, ob benötigte Schilder intern oder extern hergestellt werden. Nach dem Auftragseingang im Schild-Produktionsraum werden die Taglabels entsprechend den Projektierungsvorgaben erstellt. Anschließend erfolgt ihre Zuordnung zum Kundenauftrag, dann die Befestigung auf den elektrischen Betriebsmitteln. Nach der Warenausgangskontrolle schließt die Auslieferung der Anlage an den Kunden den Prozess ab. Wir haben uns dazu entschieden, diesen Prozessablauf in unserem Qualitätsmanagementhandbuch darzustellen.

11.4 Zielerreichung Die Projektübergabe an die verantwortlichen Fachabteilungen fand im September 2016 zusammen mit dem Abschlussgespräch des Projektteams statt. Mit der damit verbundenen Freigabe wurden das Projektteam und die Projektleitung entlastet. Dies erfolgte durch eine „Entwicklungsfreigabe“. Sie bescheinigte die anforderungsgemäße Bearbeitung des Projekts sowie die Erfüllung der Projektaspekte im Hinblick auf technische Merkmale des neuen Kennzeichnungsverfahren, des Schildmaterials, der Preise, Qualitätsanforderungen und Produzierbarkeit. Noch offene Punkte wurden aufgezeigt und im Gespräch erläutert. Soweit die betroffenen Abteilungen Arbeitsplanung, Qualitätswesen, Produktion und Entwicklung mit der Übergabe einverstanden und alle notwendigen Informationen vorhanden waren, wurde dies mit einer Unterschrift bestätigt. Ziel des Projekts war es, mit Hilfe einer methodischen Vorgehensweise ein funktionsfähiges Herstellungsverfahren für Kunststoff- und Edelstahlkennzeichen im Unternehmen

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Eaton zu etablieren. Damit dies gelingen konnte, war es notwendig, den aktuellen Forschungsstand in den Themengebieten „Change Management“ und den „Anforderungen an die Produktkennzeichnung“ miteinander zu verknüpfen. An moderne Führungstheorien anknüpfend ist es nach heutigem Stand besonders wichtig, die Mitarbeiter aktiv in den Wandlungsprozess einzubinden, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Schulungsmaßnahme gelegt wurde. Um den Wandel optimal zu gestalten, wurden die Change-Management-Ansätze mit den Projektmanagementmethoden verbunden. Diese Koppelung sollte dazu verhelfen, das Projekt innerhalb der vorgegebenen Zeit, der angestrebten Kosten und mit der erforderlichen Qualität durchzuführen. Dies hat sich als sinnvoll erwiesen. Bei der Umsetzung der Verfahrenseinführung wurden alle mit dem Projekt in Verbindung stehenden Stakeholder betrachtet. Dabei musste sichergestellt werden, dass die verantwortlichen Abteilungen durch die Projektleitung angeleitet wurden, selbstständig die notwendigen Strukturen in Absprache festzulegen, um einen definierten Sollprozess abzuleiten. Wobei die Grenzen des eingeführten Verfahrens zur Kennzeichnungsherstellung nicht außer Acht gelassen wurden. Betrachtet man das neu eingeführte Verfahren zur Kennzeichnungsherstellung vom technischen Gesichtspunkt aus, sind Grenzen zum Beispiel durch die Abmessungen und damit verbundenen maximalen Typenschildgrößen gegeben. Kapazitätsbegrenzungen verbinden sich mit dem Verfahren ebenfalls. Mit dem Drucksystem, das bei Eaton eingeführt wurde, ist es außerdem nicht möglich, die Farbe Weiß zu drucken. Bei unseren Anforderungen ist dies allerdings auch nicht nötig. Sollte dieses Feature zukünftig doch benötigt werden, besteht jederzeit die Möglichkeit, das System umzurüsten oder auf ein anderes Druckermodell des Herstellers umzusteigen. Nach wie vor gibt es einzelne Schilder, die rein technisch zwar mit dem neuen Verfahren hergestellt werden könnten, aber nicht Teil des Projektes waren. Dazu zählt zum Beispiel ein fremd bezogenes Schild zu Werbezwecken, das mit dem EloxalunterdruckVerfahren hergestellt wird und auf jede kundenindividuelle elektrische Anlage kommt. Aufgrund der großen Stückzahl mit dauerhaft gleichem Inhalt macht es wirtschaftlich keinen Sinn, dieses Schild auf das neue Verfahren umzustellen. Solche Standardschilder können mit dem bestehenden Eloxalunterdruck-Verfahren deutlich kostengünstiger bedruckt werden und sind daher nicht geeignet für das neue Verfahren, das für wechselnde Inhalte konzipiert wurde, für die hohe Beständigkeiten und gute Darstellungsqualitäten benötigt werden. Die Wirtschaftlichkeit des Projekts wurde nach unternehmensinternen Richtlinien überprüft und als in hohem Maße gegeben bewertet Abschließend wurde das Projekt durch die bereits erwähnte Entwicklungsfreigabe beendet. Wobei zu erwähnen ist, dass trotz der Übergabe weiterhin ein Support durch die Projektleitung beim Drucken der Taglabels geleistet werden musste. Unter anderem mag dies an der mangelnden Zeit der Mitarbeiter gelegen haben, sich selbstständig in das Verfahren einzuarbeiten.

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Das Ziel, ein funktionsfähiges Kennzeichnungsverfahren zu implementieren, ist, zusammenfassend gesagt, als „erreicht“ zu beschreiben. Alle oben genannten Anforderungen an das neue Verfahren wurden zufriedenstellend erfüllt. Schon im Laufe der Projektphase konnten Taglabels auf elektrischen Anlagen für Kunden angebracht werden. Für die Zukunft ist es wichtig, das Potenzial möglicher Projekterweiterungen kontinuierlich zu verfolgen, zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen. Dies könnte zum Beispiel das ebenfalls mit dem neuen Verfahren mögliche, direkte Bedrucken der Gerätedeckel sein. Dabei wird es darauf ankommen, sich schnell wandelnde Anforderungen im Projektumfeld zu beobachten und angemessen darauf zu reagieren.

Zusammenfassung 

Das hier vorgestellte Praxisbeispiel dokumentiert eine strategisch definierte und planvoll umgesetzte Neuorientierung der Kennzeichnungsbeschaffung in einem Industriekonzern. Die Autorin des Beitrages begleitete bei Eaton den Einführungsprozess eines neuen Verfahrens zur Kennzeichnungsherstellung. Sie verdeutlicht in ihrem Beitrag, wie sich am Thema „Kennzeichnungsbeschaffung“ das Unternehmensziel „Einsparungen durch technische Änderungen“ verwirklichen lässt.

Literatur [1] Ernst Wenzelmann Schilderfabrik GmbH (o. J.) Resource document. Wenzelmann. http://www. maschinenbau.de/web/ernst-wenzelmann-schilderfabrik-gmbh. Zugegriffen: 2. Aug. 2016 [2] Felkai R, Beiderwieden A (2015) Projektmanagement für technische Projekte. Springer, Berlin [3] Heidenberger B (o. J.) Schulung der Mitarbeiter – was bringt’s? Viel! Resource document. Zeitblüten. http://www.zeitblueten.com/news/schulung-mitarbeiter/. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 [4] Kauffeld S (2016) Nachhaltige Personalentwicklung und Weiterbildung. Springer, Heidelberg, S 30 f

Weiterführende Literatur Kleinschmidt C (2014) Grenzen. Resource document. Bundeszentrale für politische Bildung. http:// www.bpb.de/apuz/176297/semantik-der-grenze?p=all. Zugegriffen: 1. Aug. 2016 Lauer T (2014) Change management: Grundlagen und Erfolgsfaktoren. Springer, Heidelberg Oberhollenzer H (2015) Nehmen Sie die Kennzeichnung selbst in die Hand. Resource document. PrintoLUX. http://www.printolux.com/de/das-verfahren/so-funktioniert-printolux/. Zugegriffen: 9. Juli 2016 Schuh G, Kampker A (2011) Strategie und Management produzierender Unternehmen. Springer, Heidelberg Thermotransferdruck (2013) Resource document. EtikettenWissen.de. http://www.etikettenwissen. de/wiki/Thermotransferdruck. Zugegriffen: 26. Juni 2016 Walter L (2015) Grobe Machbarkeitsstudie zur Einführung eines neuen Typschildsystems mit Berücksichtigung der Rentabilität. Eberbach

Praxistest zur Darstellungsqualität von 2D-Codes

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Im Dezember 2017 unternahm der Herausgeber dieses Buches in Zusammenarbeit mit dem Prüflabor Barcode Verifier, Technical Support & Documentation, REA Elektronik GmbH (Auswertung der Testmuster) einen Vergleichstest, bei dem es um die Darstellungsqualität von 2D-Codes ging. Im direkten diesbezüglichen Leistungsvergleich der beiden Herstellungsverfahren PrintoLUX® und Lasergravur wurde ermittelt, welche Eigenheiten sich hinsichtlich der Darstellungsqualität von 2D-Codes mit den beiden Kennzeichnungsverfahren verbinden. Für die Lasergravur kamen dabei CO2-Laser, Faser-Laser und Kristall-Laser zum Einsatz. Um ein möglichst praxisnahes Szenario simulieren zu können, wurden in Betrieb befindliche Lasersysteme unterschiedlichen Alters genutzt.

12.1 Bedeutungszuwachs von 2D-Codes im Anlagen- und Maschinenbau Die einwandfreie und leicht lesbare Darstellung von 2D-Codes ist für die Kennzeichnung im Anlagen- und Maschinenbau sowie in der Automobilindustrie zu einer wichtigen Anforderung geworden. Als zweidimensionale Weiterentwicklung der eindimensionalen Barcodes (Strichcodes), die bereits Ende der 40er Jahre erfunden wurden, gibt es 2D-Codes seit den 1990er Jahren. Sie verfügen über eine größere Informationsdichte als die eindimensionalen Strichcodes und können vielseitiger eingesetzt werden. Während Strichcodes nur eine zweistellige Anzahl an Zeichen wiedergeben können, nehmen 2D-Codes einige

H. Bischoff (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_12

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tausend alphanumerische Zeichen auf. Sie haben inzwischen weltweit in vielen Produktionsanlagen Einzug gehalten und verhelfen in ihrer Eigenschaft als Informationsträger zur Optimierung logistischer Abläufe und damit zu mehr Wirtschaftlichkeit. Allein dadurch, dass in der Industrieproduktion inzwischen nicht nur große Komponenten, sondern eine groß gewordene Anzahl an Einzelelementen mit 2D-Codes gekennzeichnet wird, konnte die Prozesssteuerung weiter optimiert werden. Ausfälle und Störungen an gekennzeichneten Einzelelementen werden schnell und präzise an die Warenwirtschaft gemeldet. Die Ersatzteilbesorgung verläuft zügiger. Defekte und deren Häufigkeiten lassen sich differenzierter dokumentieren und auswerten. Elektronisch lesbare Kennzeichen optimieren also die Ersatzteilbeschaffung, die Dokumentation und die Auswertung von Schadenssituationen. Instandhaltungen können ihre Abläufe ebenfalls optimieren und Zeit einsparen. Außerdem verschaffen 2D-Code-Kennzeichnungen Vorteile durch das damit möglich gewordene Verlinken von Komponenten und übergeordneten Systemen sowie durch die Förderung einer transparenten und einfach zugehbaren technischen Dokumentation. (Siehe dazu auch Kap. 7 Codes in der industriellen Kennzeichnung sowie Kap. 8 Relevanz der Kennzeichnung unter dem Aspekt „Industrie 4.0“). Zu den Vorteilen von 2D-Codes gehört es auch, dass sie – im Unterschied zu Strichcodes – bei leichter Schadhaftigkeit noch lesbar sind. Trotzdem erwarten die Anwender dieser Codes natürlich eine hohe Beständigkeit sowie eine möglichst kontrastreiche Darstellung und damit eine einfache elektronische Ablesbarkeit. Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen sind in den Jahren nach 2010 in Deutschland im Bereich der Automobilproduktion zwei Kennzeichnungsverfahren in den Blickpunkt gerückt: Die Lasergravur und das PrintoLUX®-Verfahren wurden zu häufig nachgefragten Optionen für die Herstellung von Kennzeichen mit 2D-Codes. Ob sich unter den beiden favorisierten Verfahren ein „Best of“ ermitteln lässt und ein Qualitätsunterschied hinsichtlich der jeweiligen 2D-Code-Darstellung festzustellen ist, sollte der im Folgenden dokumentierte Test ermitteln.

12.2 Darstellungsnormen und Richtlinien für 2D-Codes Als Maßstäbe für diesen Vergleichstest wurden die Normen DIN ISO/IEC 15415 und DIN ISO/IEC 16022 festgelegt. Die Norm DIN ISO/IEC 15415 (Mediumskennzeichnung) ist ein Prüfstandard für die Symbolqualität von 2D-Codes (siehe Tab. 12.1). Sie definiert acht Prüfkriterien für die Beurteilung der Lesbarkeit eines 2D-Codes. Sieben Kriterien dienen der Einzelbewertung, und ein Bewertungselement stellt die Zusammenfassung der Einzelauswertungen dar. Je Einzelbewertung wird ein Beurteilungswert zwischen 4 = sehr gut und 0 = schlecht vergeben. Mit der Norm DIN ISO/IEC 16022 wird die einheitliche Erstellung und Lesbarkeit des DataMatrix-Codes unabhängig von unterschiedlichen Systemen und Herstellern der Kennzeichnungs- sowie der Prüfgeräte definiert. Auch der Fehlerkorrektur-Code (ECC200) wird über die Norm DIN ISO/IEC 16022 abgebildet.

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Prüfkriterium

Beschreibung

Kontrast

Grauwertdifferenz zwischen hellen und dunklen Modulen sowie der Übergänge zur Ruhezone

Modulation

Verhältnis zwischen Schwarz- und Weißanteil. Ein ausgewogenes Verhältnis ist ideal für einen hohen Qualitätswert

Defekte feste Muster

Feste Muster sind die L-Border, die Ruhezone sowie das gleichmäßig unterbrochene Auflösungsmuster. Je mehr Fehler die Muster aufweisen, desto geringer der Qualitätswert

Axiale Verzerrung

Verhältnis von horizontaler zu vertikaler Ausdehnung. Für einen hohen Qualitätswert ist ein ausgewogenes Verhältnis ideal

Allgemeine Verzerrung

Wert für die Beurteilung der generellen Form des 2D-Codes. Ideal ist ein gleichmäßig angeordnetes Muster.

Fehlerkorrektur

Kennzahl für die korrigierten Fehler

Wachstum

Wert für die Modulgröße

Gesamtbewertung

Gesamtergebnis der Einzelbewertungen

 Quelle: www.bci-gmbh.de

12.3 Aufbau und Durchführung des Vergleichstests Für den Test wurden vier unterschiedliche 2D-Code-Kennzeichen ausgewählt. Sie waren durch das PrintoLUX®-Verfahren sowie durch drei unterschiedliche Lasergravur-Verfahren angefertigt, nämlich durch: Gas-Laser (mit zwei unterschiedlichen Systemen), FaserLaser und Kristall-Laser (siehe Tab. 12.2). Für die Auswahl der konkreten Fertigungsgeräte/Systeme wurden folgende Vorgaben gemacht, um der Anwendungspraxis möglichst nahe zu kommen: • • • •

Die Systeme sollten sich im praktischen Einsatz befinden. Die Systeme sollten unterschiedlicher Größen und unterschiedlichen Alters sein. Es sollten alle drei Laser-Verfahrensarten (Gas-, Faser-, Kristall-Laser) geprüft werden. Für die Tests war durchgehend das Schildmaterial Aluminium zu verwenden, da der Anlagen- und Maschinenbau für seine Kennzeichnungsaufgaben vorwiegend dieses Material nutzt.

So erfolgte die in Tab. 12.2 dargestellte Testauswahl:

12.3.1 Informationen zu den getesteten Verfahren: Gas-Laser Wenn Gas-Laser für die Herstellung von Industriekennzeichen eingesetzt werden, handelt es sich um die Variante des CO2-Lasers. Dessen Arbeitsweise basiert auf einem

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Tab. 12.1  Verifizieren mit der Norm ISO/IEC 15415. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2017)

Kohlendioxid-Gasgemisch, das durch elektromagnetische Wellen in Schwingungen versetzt wird. CO2-Laser tragen Material von der zu bedruckenden Oberfläche ab. Dadurch entsteht eine formgebende Vertiefung. CO2-Laser haben einen hohen Wirkungsgrad und eine sehr gute Strahlqualität. Sie werden deshalb oft eingesetzt und eignen sich für die Kennzeichnung nicht-metallischer Materialien, vor allem für Kunststoffe und Folien. Metalle sind mit dem CO2-Laser nur durch eine Anlassbeschriftung oder durch einen Abtrag einer oberflächlichen, sich farblich abhebenden Beschichtung kontrastreich zu beschriften. Kunststoffe und Folien können bei geeignetem Material karbonisiert werden. Ebenso wie bei Metallen besteht die Möglichkeit, durch Abtragen einer andersfarbigen Materialschicht eine kontrastreiche Beschriftung zu generieren. Der CO2-Laser ist aufgrund seiner Wellenlänge des Lichtes (mittlerer Infrarotbereich) ebenso zum Beschriften von Glas geeignet.

12  Praxistest zur Darstellungsqualität von 2D-Codes

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Tab. 12.2  Fertigungsarten, Verfahren und Geräte im Vergleichstest von 2D-Code-Darstellungen. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2017)

Anmerkung: Als weiteres System sollte noch das Lasergerät Pulsar von Murrplastik in Verbindung mit der ACS Gold Studio Software geprüft werden. Die Anfertigung der Musterteile ließ sich jedoch nicht realisieren, da der DataMatrix-Code von der Software nicht verarbeitet werden konnte. Der erfahrene Anwender (mittelständisches Maschinenbauunternehmen mit über 500 Mitarbeitern) musste nach einer Reihe von Lösungsversuchen die Mustererstellung für unseren Test leider einstellen.

Faser-Laser Faser-Laser zählen zur Gruppe der Festkörperlaser. Ende der 1980er Jahre entwickelt, wurden sie wegen ihrer hohen Strahlkraft schnell erfolgreich. Die Hauptbestandteile der gängigen Faser-Laser: Pump-Laserdioden, Einkoppeloptik und Resonator. Sie erzielen einen äußerst kleinen Fokusdurchmesser und damit eine hohe Intensität (hohe Energiedichte auf kleiner Fläche). Das Verfahren eignet sich sehr gut für die Metallbeschriftung mittels Anlassen, für Metallgravuren und für kontrastreiche Kunststoffmarkierungen. Faser-Laser sind grundsätzlich wartungsarm. Die optischen Elemente des Lasers sowie der Arbeitsbereich des Lasers müssen im Dauerbetrieb täglich bis wöchentlich gereinigt werden. Es zeichnet sich durch eine lange Lebensdauer von mindestens 25.000 Laserstunden aus. Wird das Lasersystem allerdings im Bereich der maximalen Energieleistung des Lasers betrieben, ist ein Überschreiten der Mindestlebensdauer kaum zu erwarten. Eine besondere Art ist der MOPA- oder auch MOFPA- (Master Oscillator Fiber Power Amplifier) Laser, bei dem die Pulsdauer variabel eingestellt werden kann. Damit ist dieser Laser einer der flexibelsten und kann für viele Applikationen verwendet werden. Er ist für die Bearbeitung folgender Materialien geeignet: Metalle, beschichtete Metalle und Kunststoffe. Zu den Vorteilen dieses leistungsstarken Verfahrens gehört auch der kompakte und wartungsarme Aufbau der Systeme. Im Gegensatz zum Gas-Laser ist der Faser-Laser jedoch nicht für das komplette Schneiden der Kennzeichenkontur geeignet.

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Kristall-Laser Wie die Faser-Laser zählen auch Kristall-Laser zu den Festkörperlasern. Für die Kennzeichnungsherstellung eingesetzte Kristall-Laser sind unter der Bezeichnung „NeodymLaser“ bekannt. Dafür stehen die beiden Ausführungen „Nd:YAG“ (Neodym-dotierter Yttrium-Aluminium-Granat) und „Nd:YVO4“ (Neodym-dotierter Yttrium-Ortho-Vanadat) mit Leistungen ab 4 Watt zur Verfügung. Diese Laser sind diodengepumpt (vormals durch Blitzlampen). ND:YAG-Laser liegen im gleichen Wellenlängenbereich wie FaserLaser. Sie können deshalb ebenfalls für die Beschriftung von Metallen und Kunststoffen, teilweise auch für Keramik, eingesetzt werden (Beschriftungsfeld: ab 70 × 70 mm). Dabei ist der Nd:YAG-Laser am universellsten zu nutzen. Diodengepumte Nd:YAGLaser erreichen eine Energieeffizienz von bis zu 50 % (Faser-Laser erreichen etwa 30 %, CO2-Laser liegen bei bis zu 20 %), benötigen aber zumeist eine Wasserkühlung, die eine nicht unerhebliche Menge an zusätzlicher Energie verbraucht und gegenüber einer Luftkühlung wartungsintensiver ist. Bei mehreren Kunststoffen kann durch bestimmte Pigmente ein deutlicher und gut erkennbarer Farbumschlag erzielt werden. Im Vergleich mit Nd:YAG-Lasern haben Nd:YVO4-Laser andere Vorteile: Vor allem bei kompakteren Geräten mit niedriger elektrischer Leistung zeigt sich eine effizientere Absorption (Umwandlung der Energie) der abgegebenen Strahlungsleistung der Pumpdioden. Dies wird möglich, weil der Kristall besser in der Lage ist, größere Abweichungen in der Wellenlänge der Pump-Laserdioden zu tolerieren als der Nd-YAG-Kristall. Die Geräte sind aus diesem Grund unempfindlicher gegenüber Schwankungen in der Wellenlänge der Pumpdioden, die beispielsweise durch Temperaturschwankungen oder alternde Dioden entstehen. Der YVO4-Kristall erreicht bedingt durch seine kristalline Struktur eine bessere Wärmeleitfähigkeit. Dadurch werden bei gleicher abgegebener Laserenergie ein kürzerer Kristall und eine nicht so anspruchsvolle Kühlung benötigt als bei YAG-Kristallen. Auch dies vergünstigt die Kosten und trägt zur Kompaktheit der Geräte bei. Allerdings sind bei Nd:YAG-Lasern oder Nd:YVO4-Lasern relativ kostspielige Pumpdioden als Verschleißmaterial im Einsatz. Die Dioden sind nach circa 10.000 bis max. 15.000 Laserstunden auszutauschen. Auch der Kristall selbst hat eine geringere Lebensdauer als die Laserquelle im Faser-Laser. PrintoLUX®-Verfahren Das PrintoLUX®-Verfahren ist ein patentiertes Spezialverfahren, das sich als eine thermohärtende Variante des Digitaldrucks bezeichnen lässt. Das Verfahren ist seit 2008 verfügbar und hat sich binnen weniger Jahre besonders im Anlagen- und Maschinenbau zu einer oft genutzten Option der Kennzeichnungsherstellung entwickelt. Mit dem Verfahren lassen sich Trägermaterialien aus Metall, Kunststoff und Folie in industrietauglicher Beständigkeit digital bedrucken. Die maximale Größe der mit dem Verfahren herstellbaren Formate liegt aktuell (im Januar 2018) bei 320 mm × 540 mm. Als wesentliche Verfahrenskomponenten kommen zum Einsatz: vom Unternehmen PrintoLUX GmbH ausgewählte und zertifizierte Schildermaterialien (derzeit elf Sorten),

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spezielle Drucksysteme, eine einzige Standardsoftware für alle herzustellenden Kennzeichnungen, hochpigmentierte wasserbasierte Tinten, Vorbehandlungsprodukte sowie Wärmeeinheiten zur Thermohärtung. Die drei Arbeitsschritte, die beim PrintoLUX®-Verfahren zu absolvieren sind, bestehen aus dem Vorbehandeln des Materials (einfaches Aufbringen einer speziellen Flüssigkeit mittels eines fusselfreien Tuches), dem Drucken und dem Thermohärten in einer zum System gehörenden Wärmeeinheit. Beim Aushärten entsteht eine chemische Verbindung (Kohäsion) zwischen Tinte und Trägermaterial, was im Gegensatz zur Adhäsion als physikalischem, oberflächlichem Auftrag zu einer sehr hohen Beständigkeit führt. Nach dem Aushärten sind die Kennzeichen einsatzfähig. Der Einsatz von Standard-Nutzenbogen (148 × 200 mm) erhöht die Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens. Außerdem bietet das Unternehmen PrintoLUX GmbH die einsatzfertige Konfektionierung des Schildmaterials an (Kleber, Bohrungen, Abrundungen der Ecken etc.). Der eigentliche Druckvorgang wird durch eine windowsbasierte Standard-Etiketten-Software (BarTender®) gesteuert. Zu den Charakteristika des patentierten Verfahrens gehört in erster Linie ein hohes Maß an Prozessvereinfachung im Vergleich zu anderen Herstellungsverfahren und damit das Potenzial zur deutlichen Einsparung von Arbeitszeit.

12.3.2 Leistungsdaten zu den im Test verwendeten Geräten Die im Test eingesetzten Geräte weisen folgende Leistungsdaten aus: Leistungsdaten Trotec Speedy 400 (Gas-Laser): • • • • • • • • •

nutzbare Arbeitsfläche: 1000 × 610 × 305 mm maximale Leistung des Lasers: 40–120 Watt erhöhter Kontrast mittels Anlassen, eloxiertem Aluminium oder Markiersprays Negativgravur möglich Software: JobControl (firmeneigene Software) seriendruckfähig: ja Datenbankanbindung: ja Baujahr: 2013 Anschaffungskosten: 70.000 Euro

Leistungsdaten Gravograph LS 100 (Gas-Laser): • • • • •

nutzbare Arbeitsfläche: 460 × 305 × 145 mm Leistung des Lasers: 40 Watt erhöhter Kontrast mittels Anlassen, eloxiertem Aluminium oder Markiersprays Negativgravur möglich Software: Gravostyle 8 (firmeneigene Software)

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• • • •

H. Bischoff

seriendruckfähig: ja Datenbankanbindung: ja Baujahr: 2017 Anschaffungskosten: 15.000 Euro

Leistungsdaten ACSYS Barracuda (Faser-Laser): • • • • • • • • • •

nutzbare Arbeitsfläche: 890 × 460 × 375 mm maximale Leistung des Lasers: 20 Watt verwendete Optik: 110 × 110 mm (f = 160) erhöhter Kontrast mittels Anlassen, eloxiertem Aluminium oder Markiersprays Negativgravur möglich Software: AC Laser (firmeneigene Software) seriendruckfähig: ja Datenbankanbindung: ja Baujahr: 2014 Anschaffungskosten: circa 170.000 Euro

Leistungsdaten Baublys SL65 (Kristall-Laser): • • • • • • • • • •

nutzbare Arbeitsfläche: 312 × 312 × 136 mm maximale Leistung des Lasers: 100 Watt verwendete Optik: 110 × 110 mm (f = 160) erhöhter Kontrast mittels Anlassen, eloxiertem Aluminium oder Markiersprays Negativgravur möglich Software: WinLaser (Universalsoftware) seriendruckfähig: nein Datenbankanbindung: nein Baujahr: 1994 Anschaffungskosten: 120.000 DM

Leistungsdaten PrintoLUX®-FB-10/2000: • • • • • • • • •

Druckfläche bis 320 × 540 mm Auflösungen bis zu 5720 dpi × 1440 dpi farbiges Drucken bis hin zu fotorealistischem Drucken ohne zusätzlichen Aufwand Simulieren definierter Farbtönen (RAL, Pantone o.a.) Negativdruck möglich seriendruckfähig: ja netzwerkfähig mittels Printserver Software: BarTender® (Universalsoftware) Datenbankanbindung: ja

12  Praxistest zur Darstellungsqualität von 2D-Codes

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• Baujahr: 2014 • Anschaffungskosten: 16.900 Euro

12.3.3 Ablauf der Prüfung Bei allen in dem Test hergestellten Mustern mit 2D-Codes wurde Aluminium als Trägermaterial genutzt. Aluminium ist als Schildmaterial für die Kennzeichnung im Anlagenbau und Maschinenbau weit verbreitet. Diese oft vorgenommene Materialwahl basiert auf den vergleichsweise günstigen Materialkosten und die einfache Bearbeitung mittels mechanischer Gravur, Stanzen, Bohren und Fräsen. Die Muster „PrintoLUX®-Verfahren“ wurden im Unternehmen PrintoLUX GmbH hergestellt. Zum Einsatz kam das PrintoLUX®-zertifizierte Material AE, Aluminium. Für die Herstellung der Muster „Trotec Speedy 400, Gas-Laser“, „Gravograph LS 100, GasLaser“, „ACSYS Barracuda, Faser-Laser“ und „Baublys SL65, Kristall-Laser“ konnten Unternehmen gewonnen werden, die mit den genannten Verfahren und Geräten durch den täglichen Gebrauch viel Anwendungsroutine gewonnen hatten. Bei diesen Verfahren kam durchgängig das Alu-Material mit dem Produktname „Gravoxal“ zum Einsatz. Für den Gas-Laser (CO2-Laser) Gravograph LS 100 kam auch das Spezialmaterial AlumaMark zum Einsatz.

AlumaMark™ AlumaMark ist ein eloxiertes Aluminium mit einer einseitigen Speziallackierung aus Kunststoff. Das US-amerikanische Unternehmen Horizones Imaging Systems Group (Cleveland, Ohio) hält dazu den Markenschutz. Mit diesem Spezialmaterial lässt sich auch Aluminium mit einem CO2-Laser beschriften. Als Materialstärke ist lediglich das Format 0,51 mm verfügbar. Bei Bearbeitungsmöglichkeiten und industriell geforderten Beständigkeiten unterliegt das Material deutlichen Einschränkungen. Um die in dem beschriebenen Vergleich ausgewählten Lasergravur-Verfahren unter identischen Bedingungen testen zu können, wurde AlumaMark™ nicht mit einbezogen, sondern mit dem Gravoxal für ein für alle Lasertypen anwendbares Material gewählt. Aus Interesse und sozusagen „außer Konkurrenz“ haben wir AlumaMark in der Praxis bei einem renommierten mittelständischen Maschinenbauer prüfen lassen. Zum Einsatz kam ein CO2-Laser (maximal 40 Watt), Baujahr 2017. Die Prüfung wurde gemäß DIN ISO/IEC 15415 im selben Prüflabor wie die anderen beschriebenen Tests durchgeführt. Im Gesamtergebnis kam es zur Bewertungsklasse F (schlecht). In der Detailbetrachtung lag der „Kontrast“ im Vergleich zu den anderen Lasertypen mit 28 % besser.

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H. Bischoff

Die mit dem PrintoLUX®-Verfahren hergestellten Muster wurden in der maximal höchsten Qualitätsstufe (5) mit einer Auflösung von 5760 × 1440 dpi erstellt. Bei der Anwendung der vier Lasergravur-Varianten wurde die Festlegung des Herstellungsmodus durch versierte Anwender praxisnah getroffen. Die Mustererstellung erfolgte hier auf einem Mittelweg zwischen Qualität und Produktionszeit. Eine zu hohe Gewichtung der Zeitanforderung hätte hier die Qualität und Lesbarkeit des 2D-Codes negativ beeinflusst. Bei einer extremen Ausrichtung auf Qualität hingegen wäre die Produktionszeit in einem unwirtschaftlichen Ausmaß angestiegen. Alle Prüfmuster wurden mit einem REA-Prüfgerät Typ VeriCube mit Direktbeleuchtung und 12-mm-Optikmodul gemessen; Beleuchtung mit 660 nm Wellenlänge, Messblende 16 mil, entsprechend 0,41 mm. Alle 2D-Code-Muster wurden jeweils nach den Normen ISO/IEC 15415 und ISO/IEC 16022 gemessen und ausgewertet. Die Bewertung der Einzel- und des Gesamtergebnisses erfolgte über a) einen nummerischen Wert (4 = sehr gut, 0 = schlecht) b) und nach dem amerikanischen Schulnotensystem mit Buchstaben (A bis D beziehungsweise F). Qualität

Nummernsystem

Buchstabensystem

sehr gut

4

A

gut

3

B

mittel

2

C

akzeptabel

1

D

schlecht

0

F

  gemäß REA Verifier – Barcode Verification Devices

12.4 Ergebnisse Einen Überblick über die Testergebnisse gibt Tab. 12.3 Resümee: Tab. 12.3 zeigt die Ergebnisse der Musterbegutachtungen gemäß der Norm DIN ISO/IEC 15415. Die blau unterlegten Rubriken geben die Einzelbewertungen zu erkennen. Das PrintoLUX®-Verfahren erreichte hinsichtlich der Darstellungsqualität des 2D-Codes beim Kontrastwert mit 48 % das beste Ergebnis (mittel). Faser- und Kristall-Laser erreichten mit 22 beziehungsweise 21 % eine Bewertungsstufe schlechter, die Klasse D beziehungsweise 1 (akzeptabel). Der Gas-Laser (CO2-Laser) Trotec Speedy 400 fiel komplett durch und wurde mit der Klasse F beziehungsweise 0 dokumentiert.

12  Praxistest zur Darstellungsqualität von 2D-Codes

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Tab. 12.3  Vergleichsübersicht der Lesbarkeit von 2D-Codes: PrintoLUX®-Verfahren versus Lasergravur. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2018)

X: bei dem Verfahren nicht prüfbare Parameter

Auch bei der Gesamtbewertung gab es für den Gas-Laser mit 0,0/F ein „schlecht“ und den letzten Platz in der Bewertungsskala. Das PrintoLUX®-Verfahren erhielt als Gesamtbewertung eine 2,0/C („mittel“), während die Faser-Lasergravur und die YAG-Lasergravur mit 1,0/D („akzeptabel“) bewertet wurden. Hinsichtlich der Darstellungsqualität von 2D-Codes auf Aluminium lassen sich im Vergleich Lasergravur/PrintoLUX®-Verfahren folgende Ergebnisse zusammenfassen: • Bei Einsatz der Lasergravur muss die spezifische Variante mit viel Bedacht ausgewählt werden. Der Einsatz von Gas-Laser-Geräten empfiehlt sich gemäß den Testergebnissen nicht. • Das PrintoLUX®-Verfahren kann bezüglich des erzielbaren Bildkontrasts und im Gesamtergebnis Vorteile für sich verbuchen (siehe auch Tab. 12.4).

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H. Bischoff

Tab. 12.4  Dokumentation zum Vergleichstest von PrintoLUX®-Verfahren und Lasergravur zur Lesbarkeit von DataMatrix-Codes In diesem Test kamen alle relevanten Lasergravur-Verfahren für die Mediumskennzeichnung zum Einsatz. Somit sollten abweichende Eigenschaften innerhalb der Fertigungsart Lasergravur abgebildet werden. Bei der Auswahl der Laser waren folgende Parameter wichtig: a. b. c. d.

Die Systeme sollten sich im praktischen Einsatz befinden. Die Systeme sollten unterschiedlicher Leistung und unterschiedlichen Alters sein. Es sollten drei Laserarten (Gas-, Faser-, Kristalllaser) geprüft werden. Es sollte immer das genau gleiche Material (Aluminium) von allen 3 Lasertypen geprüft werden.

Verwendete Prüfmaterialien:



• •

PrintoLUX®-zertifiziertes AE, Aluminium, silbern, matt, einseitig mit einem speziellen Einbrennlack versehen Gravograph Gravoxal, Aluminium, silbern, matt, beidseitig eloxiert AlumaMark, eloxiertes Aluminium, silbern, satiniert, einseitig mit einer Spezialbeschichtung versehen

Nummer

Fertigungsart

Lasergravur

Digitaldruck

Prüfmaterial: Gravoxal System: ACSYS Barracuda

Verfahren/Typ

Systembezeichnung

Gaslaser

Trotec Speedy 400

Gaslaser

Gravograph LS 100

Faserlaser

ACSYS Barracuda

Kristalllaser

Baublys SL65

PrintoLUX®-Verfahren PrintoLUX®-FB-10/2000

Prüfmaterial: Gravoxal System: Trotec Speedy 400

Prüfmaterial: AlumaMark System: Gravograph LS 100

Prüfmaterial: Gravoxal System: Baublys SL65

Prüfmaterial: AE, Aluminium System: PrintoLUX®-FB-10/2000 Quelle: PrintoLUX, 2018

12  Praxistest zur Darstellungsqualität von 2D-Codes

201

Zusammenfassung 

Einen praktischen, anwendungsbezogenen Nutzen erhalten die ermittelten Ergebnisse unseres Erachtens dann, wenn sie in den Kontext weiterer zentraler Nutzeranforderungen gestellt werden. Dazu lassen sich ergänzend zum Thema dieses Beitrages aufführen: Vorteile der Lasergravur: • große Bandbreite an zu beschriftenden Kennzeichenmaterialien1 • es werden keine Verbrauchsmaterialien2 benötigt • es werden keine Wartungsarbeiten3 benötigt Vorteile des PrintoLUX®-Verfahrens: • M  it einem einzigen Verfahren lassen sich alle industriellen Kennzeichnungsaufgaben durchführen. • Das einfache Verfahrenshandling kann auch von ungelerntem Personal übernommen werden. • Die zum Einsatz kommenden, wasserbasierenden Tinten weisen eine geprüfte gesundheitliche Unbedenklichkeit auf. • Die industrietauglichen Beständigkeiten, die das Verfahren erzielt, sind von externen Prüflabors geprüft und bestätigt. • Das Verfahren umschließt mobile Einsatzmöglichkeiten (Baustellen, Montagen). • Farbiges Drucken ist möglich. • Das Betreiben des Kennzeichnungsdrucks ist im Büroumfeld möglich. • Es sind keine besonderen Sicherheitsvorschriften zu beachten. • Es entsteht kein Feinstaub, der, wie bei der Lasergravur, durch Absauganlagen zu filtern wäre. • Mit dem Einsatz einer einfachen Standardsoftware können alle Kennzeichen hergestellt werden.

Unterschiede bei der Materialbearbeitbarkeit je nach Laserart: Gas-Laser, Festkörperlaser (FaserLaser, Kristall-Laser). 2 Gilt, wenn Zubehör wie beispielsweise Zaponlackspray als Anlaufschutz von Metallen; Nitrolacke für Farbauslegungen; Reinigungsspray, Metall Hochglanzpolierwatte, Lasermarkierpaste, Lasermarkierspray, Lasermarking Tapes, … nicht benötigt wird. 3 Gilt, wenn Linsen und Spiegel regelmäßig vom Feinstaub gereinigt werden; wenn Feinstaub-Filteranlagen regelmäßig gewartet werden; wenn die Anwender gut geschult sind und sich mit der vielfältigen Parametrierung von Lasersystemen auskennen. 1

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H. Bischoff

Weiterführende Literatur Etikettenwissen.de. Das Online-Lexikon zum Thema Kennzeichnung und mehr (o. J.) Resource document. EtikettenWissen.de. www.etikettenwissen.de. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 Hartz W (2013) Basiswissen QR-Code. Resource document. Hartz. http://qrcode.wilkohartz.de/. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 Industrielle Bildverarbeitung (2017) Resource document. bci GmbH. www.bci-gmbh.de. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 Laser at your service (o. J.) Resource document. FOBA. https://www.fobalaser.com/de/. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 Leitfaden für die Überprüfung von 2D-Codes (o. J.) Resource document. Keyence. https://www. keyence.de/download/download/confirmation/?dlAssetId=AS_66616&dlSeriesId=&dlModelI d=&dlLangId=&dlLangType=de-DE. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 Schlagowski H (2015) Technische Dokumentation im Maschinen- und Anlagenbau. 2. überarbeite Aufl. Beuth, Berlin Tropf H (2006) Qualitätsbeurteilung von Data-Matrix-Codes in der Praxis. Bildverarbeitung in der Automobilindustrie. Resource document. Vision Tools Bildanalyse Systeme GmbH. http://spectronet.de/story_docs/vortraege_2006/060613_10_jahre_vc/060613_03_tropf_vision_tools.pdf. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 Verifizieren mit der Norm ISO/IEC 15415 (2017) Resource document. Bildverarbeitung Marienberg GmbH. http://www.bv-m.de/index.php/11-leistungen/26-verifizieren-mit-der-norm-isoiec-15415. Zugegriffen: 16. Dez. 2017 Verifizierungsleitfaden für 1D- und 2D-Codes (o. J.) Resource document. Keyence. https://www. keyence.de/landing/lpc/en_nots6_tnt_622c37.jsp. Zugegriffen: 16. Dez. 2017

Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung

13

Thorsten Wohninsland

In deutlicher Praxisorientierung kommen in diesem Kapitel diejenigen Schildmaterialien zur Vorstellung, die beim Kennzeichnen im Anlagen- und Maschinenbau am häufigsten eingesetzt werden. Soweit die Anwender unter den Lesern beim Kennzeichnen lediglich ein einziges Material nutzen, lässt sich mit dieser Setzung in Kap. 2 und 3 recht einfach das dafür geeignete Kennzeichnungsverfahren finden. Zumeist aber werden bei den Kennzeichnungsaufgaben des Maschinen- und Anlagenbaus unterschiedliche Schildmaterialien aus den Materialgruppen Kunststoff, Kunststoffverbund, Metalle sowie Verbundmaterial mit Metall verwendet (beispielhaft dargestellt in Abb. 13.1 und 13.2). Besonderes Interesse wird bei dieser Materialpräsentation die Frage finden, wie viele unterschiedliche Materialien mit einem einzelnen Kennzeichnungsverfahren bearbeitet werden können. Ebenso wichtig ist vielen Anwendern der Zusammenhang von Material und Beständigkeiten: Welche Materialien weisen hohe Wisch- und Abriebfestigkeit, Haftfähigkeit und Witterungsbeständigkeit auf, welche sind weniger beständig? Außerdem gibt es natürlich klare Zusammenhänge von bestimmten Schildmaterialien und den Darstellungsqualitäten, die sich darauf applizieren lassen. Als Maßstab für die Darstellungsqualität wird in diesem Beitrag der immer häufiger zum Einsatz kommende 2D-Code gewählt und dabei die Prüfnormen für die Lesbarkeit von 2D-Codes: DIN ISO/ IEC 15415; DIN ISO/IEC 16022. Zur Vorstellung kommen die in Tab. 13.1 aufgeführten Materialien.

T. Wohninsland (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_13

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204

T. Wohninsland

Abb. 13.1  Schildmaterialien. Unterschiedlichste Materialien, Formate und Konfektionierungen: Eine bedarfsgerechte Auswahl funktioniert nur auf der Grundlage von ausreichendem Basiswissen. (Foto: PrintoLUX GmbH)

13.1 Feste Kunststoffe Grundsätzlich lassen sich Kunststoffe in feste und flexible Kunststoffe unterscheiden. Bei festen Kunststoffen sind die Polymere stark vernetzt und starr. Flexible Kunststoffe haben hingegen einfache Polymerketten, was zu einem eher biegsamen und elastischen Material führt. Soweit die Kunststoffe als Schildmaterialien für das industrielle Kennzeichnen genutzt werden, ist es hinsichtlich der Beständigkeit der Kennzeichen nicht relevant, ob dafür feste oder flexible Kunststoffe zum Einsatz kommen.

13.1.1 Polyamid Polyamide gehören zur Gruppe der technischen Kunststoffe. Beim Einsatz als Schildmaterialien haben sich dabei die Zusammensetzungen PA 6.6 und PA 6 am stärksten

13  Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung205 Tab. 13.1  Materialgruppen und Materialien, die als Schildmaterialien beim industriellen Kennzeichnen hauptsächlich eingesetzt werden. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2017) Materialgruppen

Einzelmaterialien

Feste Kunststoffe

Polyamid, PA, 6.6 (weiß) Polyamid, PA, 6.0 (weiß) Polycarbonat, PC (weiß) Polyethylenterephthalat (PET-A/PET-C)

Flexible Kunststoffe

Polyesterklebefolie, PK (0,1 mm) Dokumentenfolie (Sicherheitsetikett)

Kunststoffverbundmaterial

HPL (High Pressure Laminate) (weiß, dunkler Kern) Thermotransferetiketten (Farbband) mehrschichtiger Kunststoff als Gravurmaterial

Metalle

Aluminium Edelstahl, V2A, 1.4301 (glänzend) Edelstahl, V4A, 1.4571 (glänzend) Messing, CuZn37 (goldgelb)

Verbundmaterial mit Metall

Aluminium-Verbundplatten (weiß, schwarzer Kunststoffkern) Gravurmaterial, Metall (Aluminiumeloxal)

durchgesetzt. PA 6.6 neigt dazu, weniger Wasser aus seiner Umgebung aufzunehmen als PA 6. Dadurch ist PA 6.6 weniger anfällig für eine wasseraufnahmebedingte Ausdehnung als PA 6. Dieser Vorteil geht allerdings zulasten einer geringeren Schlagzähigkeit. Um die Materialeigenschaften von Polyamid entsprechend der Nutzerbedürfnisse zu modifizieren, können Metallsalze, Flammschutzmittel oder Glasfaser zugegeben werden. Die Witterungsstabilität ist bei PA 6 besser als bei PA 6.6. Hinsichtlich der Chemikalienbeständigkeit bei höheren Temperaturen verhält es sich umgekehrt. Die definitive Beständigkeit, wie sie sich auf fertigen Kennzeichen zeigt, hängt in nicht geringem Maße von dem jeweiligen Verfahren ab, mit dem die Kennzeichen hergestellt werden. Bezüglich der Verwendung von Polyamid als Kennzeichnungsmaterial sind dieses die wichtigsten Merkmale: Vorteile: • • • • •

beständig gegenüber aliphatischen sowie aromatischen Kohlenwasserstoffen beständig gegenüber Alkoholen, Ester und Ketonen beständig gegenüber Schmierstoffen, Ölen und Fetten beständig gegenüber Aceton gut spanend zu bearbeiten

206

T. Wohninsland

Nachteile: • unbeständig gegenüber Säuren und Laugen wegen der Säureamid-Struktur von Polyamid • bedingt beständig gegenüber Heißwasser • bedingt beständig gegenüber UV-Strahlung • bedingt beständig gegenüber Ammoniak • schlechter Isolator gegenüber elektrischer Spannung

13.1.2 Polycarbonat Polycarbonat wird wegen der vergleichsweise hohen Materialkosten nur dort eingesetzt, wo andere technische Kunststoffe zu weich oder nicht klar genug sind. Auch in Anwendungssituationen, in denen eine verlässlich gute Isolierung gegenüber elektrischer Spannung gefordert ist, eignet sich Polycarbonat als Schildmaterial. In der Kennzeichnungstechnik finden Polycarbonate Verwendung bei der Kennzeichnung von Displays, Bedienungstafeln, bedruckbaren Gehäusen und Klemmen. Durch den Einsatz unterschiedlicher Kennzeichnungsverfahren variiert die Beständigkeit der Kennzeichen, die mit Polycarbonat hergestellt sind, erheblich. Zu den wichtigsten Merkmalen des Schildmaterials Polycarbonat zählen: Vorteile: • • • • • • •

Das Material weist eine hohe Schlagzähigkeit auf. Es ist in optisch klarer Transparenz (durchsichtig) produzierbar. Es ist beständig gegenüber verdünnten Säuren. Es ist beständig gegenüber Schmierstoffen, Ölen und Fetten. Es ist beständig gegenüber Ester und Ketonen. Es ist beständig gegenüber Alkohol. Es ist beständig gegenüber Heißwasser.

Nachteile: • • • • •

Polycarbonat ist unbeständig gegenüber Laugen und konzentrierten Säuren. Es ist unbeständig gegenüber aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen. Es ist unbeständig gegenüber Aceton. Es ist unbeständig gegenüber Ammoniak. Es ist nur bedingt beständig gegenüber UV-Strahlung.

13  Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung207

13.1.3 Polyethylenterephthalat (PET-A/PET-C) Ein weiterer oft eingesetzter Kunststoff aus der Gruppe der Polyester ist das Polyethylenterephthalat (PET). Dieses Material wird als Etikettenmaterial für Thermotransferdruck, für die Herstellung von Einlegeschildern (beispielsweise bei SPS-Steuerungsbausteinen) sowie als Grundmaterial für die Erstellung von Kennzeichen eingesetzt. Eine Metallisierung oder Färbung der Etikettenoberfläche ist bei diesem Material problemlos möglich. Je höher verdichtet (Kristallisationsgrad) der Stoff vorliegt, desto beständiger ist er. Ergänzende Maßnahmen im Fertigungsprozess sowie die Wahl unterschiedlicher Kennzeichnungsverfahren können die Beständigkeit bedruckter Etiketten modifizieren. Vorteile: • Polyethylenterephthalat ist beständig gegenüber Ester und Alkoholen (Ausnahme: Benzylalkohol). • Es ist beständig gegenüber Kohlenwasserstoffen (Ausnahme: chlorierte Varianten). • Es ist beständig gegenüber schwächeren und niedrig verdünnten Säuren. • Es ist beständig gegenüber Aceton. • Es ist beständig gegenüber organischen Lösungsmitteln, Schmierstoffen, Ölen und Fetten. Nachteile: • • • •

Polyethylenterephthalat ist unbeständig gegenüber Laugen. Es ist unbeständig gegenüber stärkeren und konzentrierten Säuren. Es ist unbeständig gegenüber Phenol und Nitrobenzol. Es ist nur bedingt beständig gegenüber Heißwasser.

13.2 Kunststoffverbundmaterial Verbundwerkstoffe, wie die hier vorgestellten Kunststoffverbundmaterialien, bestehen aus zwei oder mehreren verbundenen Materialien. Der Verbund dieser Materialien hat andere Eigenschaften als die Komponenten, aus denen der Verbund besteht.

13.2.1 HPL-Material (High Pressure Laminate) Der Name dieses Material gibt schon zu erkennen, wie es hergestellt wird: Man tränkt Papier, Pappe oder Gewebe mit Melaminharz und Phenolharz, heizt es auf und presst es

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T. Wohninsland

unter hohem Druck zusammen. Diese Laminate sind auch unter dem Namen „HochdruckSchichtpressstoffplatten“ bekannt. Eingesetzt wird das Material für Werbetafeln, Bedienpulte und Gehäuseabdeckungen (Schalträume). Da die Beständigkeit je nach Hersteller und Produkt stark variiert, ist eine detaillierte Vorteils- und Nachteilsbeschreibung nicht möglich. Die Wahl des Kennzeichnungssystems, bei dem dieses Material eingesetzt wird, nimmt ebenfalls deutlichen Einfluss auf die Beständigkeit der Kennzeichen, die mit HPL-Material (High Pressure Laminate) gefertigt werden. Allgemein neigen diese Laminate durch Aufnahme von Feuchtigkeit dazu sich zu verziehen.

13.2.2 Thermotransferetiketten und Harz Für die Herstellung von Thermotransferetiketten sind verschiedene Grundmaterialien als Basis in Verwendung. Sehr verbreitete Materialien sind Polyester und Papier. Es werden aber auch Polyethylen, Polypropylen, textiles Gewebe sowie PVC eingesetzt. Zur Erzielung der gewünschten Beständigkeit eines Etiketts ist es unerlässlich, beim Bedrucken des Trägermaterials das dazu passende Farbband einzusetzen. Diese Kombination prägt die Gesamtbeständigkeit des Etikettes. Wobei eine hohe Beständigkeit bei Etiketten in vielen Fällen nicht erforderlich ist. Für das Bedrucken von Papier als Etikettenmaterial wird ein Wachsfarbband eingesetzt. Ein Etikett dieser Art ist wenig kratz-, hitze- und abriebbeständig. Von einer Chemikalienbeständigkeit kann bei dieser Variante nicht die Rede sein. Ein Mischfarbband aus Wachs und Harz wird bei beschichteten Papieren, Polyethylen, Polypropylen und PVC verwendet. Die Beständigkeit, die sich mit diesem Mischfarbband herstellen lässt, liegt auf einer mittleren Stufe zwischen Wachs- und Harzfarbbändern. Ein Harzfarbband ist für Polypropylen, PVC und Polyester geeignet und ermöglicht unter den Thermotransfer-Farbbändern bei den hergestellten Kennzeichen die höchste Beständigkeit. Will man mit diesem Material möglichst beständig drucken, sind ein schwarzes Harzband und ein hochtemperaturfestes Polypropylen-Etikett zu empfehlen. In dieser Kombination können bei ausreichend beständigem Etikettenkleber Hitzebeständigkeiten bis zu 250 °C sowie eine akzeptable Lösungsmittelbeständigkeit und Lichtechtheit (UV-Strahlung) erreicht werden. Bedingt durch die hohe Temperaturfestigkeit ist selbst bei leistungsstarken Etikettendruckern eine maximale Druckgeschwindigkeit von nur etwa 2,5 cm pro Sekunde möglich, damit das Harz sorgfältig und sicher auf die Oberfläche des Etikettes anzuheften ist. Bei weniger beständigen Varianten ist eine Druckgeschwindigkeit (Rollendurchsatzgeschwindigkeit) von circa 15 cm pro Sekunde erreichbar. Bedingt durch die Vielfalt einsetzbarer Grundmaterialien ist eine allgemeine Vorteilsund Nachteilsbeschreibung bei Thermotransfer-Folienetiketten nicht zu leisten.

13  Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung209

13.2.3 Mehrschichtiger Kunststoff als Gravurmaterial Üblicherweise werden mehrschichtige Kunststoffmaterialien aus PVC-U (Hart-PVC), Polymethylmethacrylat (farbiges Acrylglas) oder Resopal®-HPL-Material gefertigt. Je nach verwendetem Kunststoff zeigt sich auch die Beständigkeit der damit gefertigten Kennzeichen unterschiedlich. Generell richtet sich die Materialwahl deshalb nach den Einsatzorten und den damit geforderten Beständigkeiten der herzustellenden Kennzeichen. Vorteile: Mit mehrschichtigem Kunststoff als Gravurmaterial lässt sich für die damit herzustellenden Kennzeichen nahezu jede gewünschte Beständigkeit erzielen. Einzig gegenüber sehr aggressiven Substanzen (zum Beispiel konzentrierte Säuren) oder hohen Temperaturen sind diesbezüglich Einschränkungen zu vermerken. Nachteile: • Mehrschichtige Kunststoffe sind in Herstellung und Bezug teuer. • Bestimmte Kombinationen an Beständigkeitsanforderungen sind damit nicht zu erzielen. • Wählt man zum Beispiel Resopal®-HPL wegen der guten Beständigkeit gegenüber Aceton, Benzin und Terpentin, verbindet sich damit eine schlechte Beständigkeit gegenüber anorganischen Säuren (> 10 Prozent) sowie gegenüber chemisch härtenden Klebstoffen. Bezieht man Acrylglas ein, ist eine gute Witterungsbeständigkeit, Kratzfestigkeit und Resistenz gegenüber mittelstarken Säuren und Laugen die Folge; aber auch eine Unbeständig gegenüber Lösungsmitteln, Benzin und Ölen. • PVC-U ist unbeständig gegenüber Ester und scharfen Lösungsmitteln wie zum Beispiel Aceton. • PVC-U setzt bei der Bearbeitung mit Lasergravur den Einsatz einer Luftfilteranlage voraus, um das Bearbeitungspersonal vor Verbrennungsprodukten wie Chlorwasserstoff, Dioxin und Aromaten zu schützen.

13.3 Flexible Kunststoffe Flexible Kunststoffe können viele Anwendungsbereiche für sich beanspruchen, die industrielle Kennzeichnung gehört dazu.

13.3.1 Polyesterklebefolie, PK (Höhe etwa 0,1 mm) Polyesterklebefolie wird zum Beschriften von Behältern, Rohren oder Schaltschrankkomponenten eingesetzt. Die Polyesterklebefolie ist mit einer zusätzlichen Oberflächenbeschichtung

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T. Wohninsland

versehen. Dadurch erhöht sich im Vergleich zum Grundmaterial Polyester die Beständigkeit gegenüber Chemikalien ein wenig. Durch eine 0,2 mm starke Klebefolie kann das Material nur auf unstrukturierten, glatten Oberflächen genügend haften. Für die dauerhafte Beschriftung unebener, strukturierter Oberflächen ist die Polyesterklebefolie nicht geeignet. Bedruckbar ist die Folie mit Thermotransferdruck, Siebdruck, Offsetdruck, Digitaldruck sowie Laserdruck. Durch die Wahl des Kennzeichnungsverfahrens variiert die Beständigkeit der Folie erheblich. Vorteile: • • • • • •

beständig gegenüber Ester und Alkoholen beständig gegenüber Kohlenwasserstoffen (Ausnahme: einige chlorierte Varianten) beständig gegenüber schwächeren und niedrig verdünnten Säuren beständig gegenüber Aceton beständig gegenüber organischen Lösungsmitteln, Schmierstoffen, Ölen und Fetten beständig gegenüber UV-Strahlung

Nachteile: • • • • •

unbeständig gegenüber Laugen unbeständig gegenüber stärkeren Säuren und konzentrierten Säuren unbeständig gegenüber Ammoniak unbeständig gegenüber Phenol und Nitrobenzol nur bedingt beständig gegen Heißwasser

13.3.2 Dokumentenfolie (Sicherheitsetikett) Dokumentenfolie wird benutzt, um sicherheitsrelevante Versiegelungen herzustellen, oder, um aus sicherheitstechnischen Aspekten nicht zerstörungsfrei entfernbare Aufkleber generieren zu können. Üblicherweise wird dies durch eine stark spröde Konsistenz der Folie erreicht. Ist diese selbstklebende Folie einmal angebracht, bricht sie beim Ablösen in viele kleine Teile, die nicht mehr ohne Spuren zusammenfügbar sind. Die Folien bestehen zumeist aus Polyethylennaphthalat, Vinyl, Polyethylen oder einer elektronenstrahlvernetzten Polyurethan-Acrylatmischung. Die Dokumentenfolie ist je nach Material mit allen gängigen Kennzeichnungsverfahren zu bearbeiten; eine Ausnahme bildet die mechanische Gravur. Die Klebeschicht des Etikettes muss zur Verhinderung von Manipulierbarkeit sehr dünn ausgeführt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Etikett mit einem Rasiermesser entfernt wird. Durch die dünne Klebeschicht kann das Etikett nur auf glatten, unstrukturierten Oberflächen angebracht werden. Die Haltekraft des Klebers zwischen Kennzeichen und Untergrund muss so groß sein, dass das Kennzeichen bei Ablöseversuchen reißt. Die chemische Beständigkeit des eingesetzten Klebers ist höher anzusetzen

13  Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung211

als die des Schildmaterials. Die Vielfalt an einsetzbaren Materialien und deren vielfältige Modifizierbarkeit lassen es wenig sinnvoll erscheinen, generalisierende Aussagen über Vor- und Nachteile der Dokumentenfolie zu tätigen.

13.4 Metalle als Kennzeichenmaterial Bei der Wahl von Metallen als Kennzeichnungsmaterial ist die Korrosion ein wesentliches Kriterium. Lange Lebensdauer und eine lange gute Lesbarkeit werden von Korrosion ebenso negativ beeinträchtigt wie die Haltbarkeit der Kennzeichnungsbefestigung. Es muss bei der Materialwahl von Metallen und Metalllegierungen also nach Möglichkeit immer ausgeschlossen werden, dass Korrosionen stattfinden können. So reagieren beispielsweise Kupfer und Zink in einer Messinglegierung miteinander, falls eine leitende Flüssigkeit ins Spiel kommt. Langfristige Einwirkung von Regen oder Kondensat reicht zumeist aus. Das Ergebnis: dunkle Flecken oder Flächen auf dem Kennzeichen. Zu bedenken ist auch das Zusammenspiel von Untergrundmaterial, Befestigungsmaterial und Kennzeichenmaterial. Alle elektrisch leitend miteinander verbundenen Komponenten (sich berührende Metalle) müssen identisch sein. Ist dies nicht der Fall, wird sich unter Einfluss einer elektrisch leitenden Flüssigkeit ein galvanisches Element bilden. Strom fließt durch die elektrisch verbundenen Metalle und durch die elektrisch leitende Flüssigkeit im geschlossenen Kreis. Das unedlere Metall korrodiert und löst sich nach und nach auf. Falsch ist somit, wenn man an einer Maschinenwand aus lackiertem Grauguss ein Edelstahlschild mit bleihaltigen Nieten anbringt. Dies zeigt sich, sobald eine elektrisch leitende Flüssigkeit mit ins Spiel kommt. Das unedelste Material, in diesem Fall das Blei, wird korrodieren und sich auflösen. Das Schild fällt somit früher oder später von der Wand ab. Richtig wäre in diesem Fall, das Schild auf die lackierte Wand zu kleben. Dadurch erreicht man einen sehr schlechten elektrischen Kontakt zwischen Edelstahl und Grauguss. Die Korrosion eines der beiden Metalle ist somit so gut wie nicht vorhanden, und die Langlebigkeit des Kennzeichens ist sichergestellt.

13.4.1 Aluminium In hohem Maß vertreten sind bei Aluminiumschildern die Legierungen AlMg1 und AlMg3. Für Aluminium-Eloxal wird außer den genannten Legierungen auch AlMgSi0,5 als Basismaterial verwendet. Eine gängige Methode, um Aluminiumschilder mit weißem Hintergrund zu erhalten, ist die Beschichtung mit einem Polyesterlack. Durch den weißen Hintergrund kommt eine farbige Bedruckung besser zur Geltung. In der Beschriftung von chemischen Produktionsanlagen ist eine silbrige Hintergrundfarbe eher kontraproduktiv. Denn durch den silbernen Hintergrund können die aufgedruckten Farben verfälscht werden. Echte Farben sind zur sicheren Zuordnung der Kennzeichen jedoch sehr wichtig.

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Abb. 13.2  Unterschiedliche Materialien auf Nutzenbogen. Durch den Einsatz von Nutzenbogen lässt sich die Effizienz der Kennzeichnungsherstellung erheblich steigern. Dabei kommen formatierte und konfektionierte Schildmaterialien in größerer Stückzahl auf einen Nutzenbogen und werden in einem einzigen Druckvorgang beschriftet. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2017)

Da verschiedene Beschichtungslacke in Kombination mit Drucktinten sehr unterschiedliche Beständigkeiten des Druckes ergeben können, wird im Folgenden das Aluminium nur als Grundmaterial bewertet:

13  Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung213

Vorteile: • Aluminium ist gut biegbar. • AlMg3 und AlMg1 sind in salzhaltiger Atmosphäre (Streusalzbereiche, Hafenanlagen) gut einsetzbar, weil beständig. • Aluminium ist beständig gegenüber Aceton. • beständig gegenüber Alkoholen • beständig gegenüber Kohlenwasserstoffen • beständig gegenüber Schmierstoffen, Ölen und Fetten • beständig gegenüber Ester und Ketonen • beständig gegenüber Heißwasser • beständig gegenüber UV-Strahlung und Witterung Nachteile: • unbeständig gegenüber Laugen und Säuren • nur bedingt beständig gegenüber Ammoniak • nur beständig gegenüber unedleren Metallsalzen Salze auf Basis von edleren Metallen sind in der Lage, das Aluminium anzugreifen. Feuchtigkeit begünstigt die Reaktion.

13.4.2 Edelstahl Im Anlagenbau sind als Kennzeichnungsmaterialien aus Stahl vor allem die gängigen Edelstahlsorten V2A (Werkstoffnummer 1.4301) und V4A (Werkstoffnummer 1.4571) vertreten. Stahl wird durch die Legierungsbestandteile Chrom und Nickel zu V2A-Edelstahl. Durch die weitere Zugabe von Molybdän und Titan (neben Chrom und Nickel) wird der V4A-Edelstahl hergestellt, der eine noch höhere Korrosionsbeständigkeit als V2A-Edelstahl aufweist. Anzutreffen ist das V2A vorrangig in Produktionsanalgen der Lebensmittelindustrie, im Fahrzeugbau und beim chemischen Apparatebau. V4A findet durch die erhöhte Beständigkeit gegen Korrosion vorrangig Verwendung im Bereich der chemischen Industrie, im Schiffsund U-Boot-Bau sowie bei Kernkraftanlagen, im Ofen-Bau und im Schwimmbadbau. Vorteile: • • • • • •

beständig in salzhaltiger Atmosphäre (Streusalzbereiche, Hafenanlagen) beständig gegenüber Aceton beständig gegenüber Alkoholen beständig gegenüber Kohlenwasserstoffen beständig gegenüber Schmierstoffen, Ölen und Fetten beständig gegenüber Ester und Ketonen

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• • • •

beständig gegenüber Heißwasser beständig gegenüber UV-Strahlung und Witterung beständig gegenüber Ammoniak Die Edelstahlsorte V2A ist beständig gegenüber schwachen bis mittelstarken Chlorverbindungen, Säuren, Laugen und Salzen. • Die Edelstahlsorte V4A ist beständig gegenüber nahezu allen Chlorverbindungen, Säuren, Laugen und Salzen. Nachteile: • Edelstahl ist nicht härtbar • im Vergleich zu Aluminium und Kunststoffen teuer • von sehr hoher Zähigkeit (vor allem die Edelstahlsorte V4A) und daher schwer zu bearbeiten

13.4.3 Messing Die Hauptlegierung für kaltumformbares Messing, das als Kennzeichnungsmaterial zum Einsatz kommt, ist die Legierung CuZn37 (Werkstoffnummer CW508L). Ein höherer Kupferanteil wird in der Regel aus wirtschaftlichen Gründen bei der Materialauswahl nicht in Erwägung gezogen. Vorteile: Die Messinglegierung CuZn37 ist • • • • • • • • •

beständig gegenüber Aceton beständig gegenüber Alkoholen beständig gegenüber Kohlenwasserstoffen beständig gegenüber Schmierstoffen, Ölen und Fetten beständig gegenüber Ketonen beständig gegenüber Heißwasser beständig gegenüber UV-Strahlung und Witterung beständig gegenüber schwachen Säuren und Laugen beständig in salzhaltiger Atmosphäre (Streusalzbereiche, Hafenanlagen)

Nachteile: Die Messinglegierung CuZn37 ist • nicht beständig gegenüber Seewasser • nicht beständig gegenüber Ammoniak

13  Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung215

• nicht beständig gegenüber Ester • nicht beständig gegenüber mittelstarken und starken Säuren und Laugen • nicht beständig gegenüber Wasser mit gelöstem Chlor und niedriger Karbonhärte (weichem Wasser)

13.5 Verbundmaterial 13.5.1 Aluminiumverbundplatten Aluminiumverbundplatten bestehen in der Mittelschicht aus einer zumeist schwarzen Polyethylenplatte. Als Ober- und Unterseite ist mit der Polyethylenplatte jeweils eine Aluminiumplatte fest verbunden. Die Oberseite und Unterseite der Aluminiumverbundplatte ist jeweils lackiert, üblicherweise mit weißem Lack. Der Vorteil der Aluminiumverbundplatten zeigt sich vor allem im relativ geringen Gewicht. Platten aus reinem Aluminium sind sehr viel schwerer als gleichdicke Platten aus Aluminiumverbundstoff. Als Schildmaterial ist Aluminiumverbund in explosionsgefährdeten Zonen nicht einsetzbar, da sich durch die Anbringung von zwei Metallplatten auf einem elektrisch nichtleitenden Kunststoff ein Kondensator bildet, der elektrische Ladung speichern und sammeln kann. Das Material speichert immer mehr elektrostatische Energie, und der andauernde Spannungsaufbau entlädt sich dann zwangsläufig durch Funkenbildung. Hinzu kommt, dass Polyethylen sich leicht statisch aufladen kann. Da die Aluminiumverbundplatten je nach Hersteller und Produkt andere Oberflächenlacke aufweisen und unterschiedliche Fertigungsprozesse durchlaufen, ist eine generelle Aussage bezüglich der Beständigkeit nicht möglich. Vorteile: • Aluminiumverbundplatten sind gut im Außenbereich einsetzbar. • Aufgebrachte Lacke können gut bedruckt werden. Nachteile: • Polyethylen, die Zwischenschicht der Verbundplatten, erweicht bereits ab 80° Celsius. • Das Material ist nicht in explosionsgefährdeten Zonen einsetzbar.

13.5.2 Gravurmaterial, Metall (Aluminiumeloxal, schwarz) Lackiertes oder eloxiertes Metall weist durch die andersfarbige Oberfläche des Lacks oder der eloxierten Oberfläche zwei unterschiedliche, dicht übereinanderliegende Farbschichten auf. Somit ist es für die klassische mechanische Gravur und für die Lasergravur gut geeignet. Zeit- und Energiebedarf sind dabei geringer als bei anderen Materialien, da

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nur wenig Material abzutragen ist, um einen Farbschlag zu erreichen. Ein blankes Metall müsste verhältnismäßig tief abgetragen werden, um später die Vertiefungen mit Lack auffüllen zu können. Die nicht vertiefte Fläche müsste danach in einem weiteren Arbeitsgang gesäubert werden. Bei lackierten Blechen lassen sich wegen stark voneinander abweichenden Vorarbeiten und unterschiedlicher Lackeigenschaften keine generellen Aussagen zur Beständigkeit tätigen. Die im Folgenden aufgeführten Vorteile und Nachteile beschränken sich ausschließlich auf eloxiertes Aluminium. Vorteile: Eloxiertes Aluminium ist als Schildmaterial • gut biegbar • AlMg3 und AlMg1 sind gut einsetzbar in salzhaltiger Atmosphäre ( Streusalzbereiche, Hafenanlagen) • beständig gegenüber Aceton • beständig gegenüber Alkoholen • beständig gegenüber Kohlenwasserstoffe • beständig gegenüber Schmierstoffen, Ölen und Fetten • beständig gegenüber Ester und Ketonen • beständig gegenüber Heißwasser • beständig gegenüber UV-Strahlung und Witterung • sehr kratzunempfindlich

Nachteile: Eloxiertes Aluminium ist als Schildmaterial • unbeständig gegen Laugen und Säuren • nur bedingt beständig gegenüber Ammoniak • nur bedingt beständig gegenüber Metallsalzen. Salze auf Basis von edleren Metallen sind in der Lage, Aluminium anzugreifen. Feuchtigkeit begünstigt die Reaktion. Wird eine schwarze Schrift benötigt, muss die gesamte beschichtete Oberfläche abgetragen werden, was einen sehr großen Zeitaufwand bedeutet.

Zusammenfassung 

In der Praxis des industriellen Kennzeichnens kommen zumeist Schildmaterialien aus den Materialgruppen Kunststoff, Kunststoffverbund, Metalle sowie Verbundmaterial mit Metall zum Einsatz.

13  Schildmaterialien für die industrielle Kennzeichnung217

Innerhalb dieser Gruppen finden sich viele Einzelmaterialien, die Anwendern oft nicht bekannt sind. Da es klare Korrelationen zwischen spezifischen Schildmaterialien und Kennzeichnungsqualitäten (zum Beispiel Beständigkeiten, Darstellungsqualitäten, Montageaufwand etc.) gibt, erscheint es nutzerorientiert, diesbezüglich ausführliche Informationen zu liefern. Solche Informationen zur Verfügung zu stellen, war die Absicht dieses Kapitels.

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Tinten bei der industriellen Kennzeichnung

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Thorsten Wohninsland

Tinten sind oft unverzichtbare Bausteine zur Beschriftung von Etiketten, Kunststoffen oder Metallen mittels eines Drucksystems. Viele Tinten sind nicht nur Werkstoffe, sondern auch Gefahrstoffe. Sie bedeuten damit auch ein Gefährdungspotenzial (siehe Tab. 14.1), das alle Anwender berücksichtigen müssen. Denn jedes Unternehmen ist verpflichtet, das Gefährdungspotenzial aller innerbetrieblichen Vorgänge und an jedem Arbeitsplatz so gering wie möglich zu halten und dies in der Gefährdungsbeurteilung des Betriebes zu dokumentieren. So wichtig und darlegungsnötig der Gefahrstoffaspekt ist, so zentral ist hier natürlich auch die Betrachtung des Einsatzzwecks und der damit verbundenen Auswahl einer bestimmten Tinte. Diesbezügliche Zielfragen lauten: • Welche Tinten können bei dem eingesetzten Kennzeichnungsverfahren eingesetzt werden? • Welche Materialien sollen beschriftet werden? • Welche Forderungen an die Beständigkeit (siehe Tab. 14.2) der Kennzeichen werden gestellt? Auf diese Fragen gibt der folgende Beitrag nutzerorientierte Antworten. Wir beschreiben dabei diejenigen Tintenarten, die beim industriellen Kennzeichnen Einsatz finden.

T. Wohninsland (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_14

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220 Tab. 14.1  Übersicht zu Gefährdungspotenzialen von Tinten

T. Wohninsland

14  Tinten bei der industriellen Kennzeichnung221 Tab. 14.2  Übersicht zu Beständigkeit von Tinten

14.1 Ätz-Tinte Werkzeugstahl, stark kohlenstoffhaltige Stahlarten oder hoch legierte Stahle können mit Ätz-Tinte gekennzeichnet werden. Dies gilt ebenso für Baustahl, Aluminium, Kupfer, Messing oder Grauguss.

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T. Wohninsland

Der Einsatz von Ätz-Tinten in der Praxis gilt vor allem der Kennzeichnung von Rasierklingen, Messern, Sägeblättern, Werkzeugen und Maschinenteilen. Ätz-Tinte kann auch zum Beschriften von Glas eingesetzt werden. Ätz-Tinte besteht aus einer oder mehreren verdünnten scharfen Säuren und einem Oxidationsmittel. Manchmal kommt noch ein Metallsalz dazu, um die Verfärbung des Metalls zu steuern, die beim Ätzvorgang entsteht. Bei der Anwendung wird die Tinte mit einem Gummistempel oder einem speziellen Stift auf den Untergrund aufgebracht. Einem flexiblen Einsatz steht dabei entgegen, dass ein Gummistempel nicht ohne Weiteres abgeändert werden kann. Stempel mit variablen Einsätzen sind zwar möglich, doch ab einem gewissen Umfang an variablen Kennzeichnungen wird das Stempelsystem zu aufwändig. Aspekte, die auf die Konturenschärfe des Stempelabdruckes mit Ätz-Tinte Einfluss nehmen, sind: Materialfrische beziehungsweise Materialermüdung des Stempels, die Stärke des Druckes beim Stempeln, die eingesetzte Tintenmenge sowie die Sauberkeit der Materialoberfläche. Zeigt sich bei Beschriftung von Werkzeugen deren Oberfläche zu hart, um eine Beschriftung mit Schlagzahlen oder durch Gravur vorzunehmen, werden Stifte eingesetzt. Falls Messwerkzeuge beschriftet werden müssen, können sie durch Schlagzahlen beschädigt oder durch die Gravur verschmutzt werden. Stiftplotter können in solchen Situationen ebenso genutzt werden wie bei der Erstellung von Metallschildern. Die Herstellung von Kennzeichen mit Stiftplottern ist aber nicht mehr weit verbreitet. Das Stiftplotten wurde vielerorts durch modernere Herstellungsverfahren ersetzt. Ätz-Tinte zum Beschriften von Metallen besteht üblicherweise aus Salpetersäure, Selendioxid und Kupfersulfat. Für hoch legierte Stahlarten wird durch die Zugabe von Salzsäure oder Phosphorsäure eine ausreichende Ätzwirkung erzielt. Nach erfolgter Beschriftung ist das Neutralisieren der Tinte zu empfehlen. Es kann mit Sodalösung oder vorgefertigten Neutralisierungsmitteln erfolgen. Die Entsorgung dieser Tinte ist mit dem Abfallschlüssel 110198 als Sonderabfall nachweispflichtig. Hinsichtlich des Themenfeldes „Gesundheit und Umwelt“ ist festzuhalten, dass der Einsatz von Ätz-Tinten zwangsläufig die Verwendung von starken Säuren und Metallsalzen (zum Beispiel Selendioxid) mit sich bringt. Eine Absaugung der entstehenden Dämpfe ist somit zwingend notwendig. Bei der Reaktion mit dem Metall entstehen weitere gasförmige Reaktionsprodukte, die eine ausreichend dimensionierte Absaugung erfordern. Da Ätz-Tinten ihre Funktionen nur durch scharfe Säure erzielen, lassen sich keine Ersatzstoffe mit weniger hohem Gefährdungspotenzial einsetzen. Beim Arbeiten mit Ätz-Tinte ist das Tragen von säurefester Schutzkleidung, Schutzhandschuhen und einer Chemikalienschutzbrille absolut erforderlich. Ätz-Tinte kann auch zum Beschriften von Glas eingesetzt werden. Sie besteht bei dieser Anwendung vor allem aus Flusssäure. Zur milchigen Färbung der Ätzung wird dabei zumeist das weißliche Salz Bariumsulfat oder Fluorammonium gemischt. Bei dieser Variante werden spezielle Aufbewahrungsbehälter, Stifte oder Stempel aus geeigneten Kunststoffen oder Blei zur Verarbeitung der Tinte benötigt. Da Flusssäure schlimmste

14  Tinten bei der industriellen Kennzeichnung223

Verätzungen verursachen kann, verbinden sich mit dem Einsatz von Glas-Ätz-Tinte umfangreiche Sicherheitsvorschriften. Die Produktion von Glas-Ätz-Tinte wurde mittlerweile von vielen Firmen eingestellt. Die Beschriftungsverfahren, die mit Ätz-Tinte arbeiten (Stift-Plotter, Handbeschriftung, Stempelbeschriftung), sehen in dem hohen Gefährdungspotenzial dieser Tinte ein großes Defizit, das sie nach Möglichkeit umgehen. Es ist deshalb anzunehmen, dass diese Verfahren nicht mehr lange zum Einsatz kommen werden.

14.2 Solvent-Tinten Viele Hersteller unterteilen die Solvent-Tinten in verschiedene Kategorien. Bei der Unterteilung in Hart-Solvent-, Solvent-, Mild-Solvent-, Eco-Solvent- und Bio-SolventTinte wird hauptsächlich die Aggressivität des Lösungsmittels in der Tinte als Unterscheidungsmerkmal bemüht. Entsprechend der Aggressivität des Lösungsmittels lässt sich die Gefährlichkeit der Tinte beschreiben und skalieren. Bei dieser Art von Tinte kommen Drucksysteme ohne spezielle Software zum Ansteuern des Druckkopfes aus. Eine sogenannte RIP-Software ist nicht nötig. Dies ermöglicht das Drucken aus einer beliebigen Etikettensoftware heraus oder einem beliebigen anderen windowsbasierenden Druckprogramm. Solvent-Tinten werden zur Beschriftung von Kunststoffschildern eingesetzt. Beschriftungen lassen sich über Stift-Plotter und geeignete Digitaldrucksysteme (Solvent-Drucker) realisieren.

14.2.1 Solvent- und Hart-Solvent-Tinten Diese Gruppe von Solvent-Tinten enthalten aggressive Lösungsmittel, mittels derer Farbpigmente in das zu bedruckende Material tief eindringen. Jeder Kunststoff, der sich mit dem in der Solvent-Tinte enthaltenen Lösungsmittel weich machen lässt, kann bedruckt werden. Geeignet sind zum Beispiel: Polycarbonat (PC), Acryl, Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer (ABS-Kunststoff) oder Polyvinylchlorid (PVC). Die Lösungsmittel sind nicht nur aggressiv, sondern verdunsten beim Trocknungsvorgang und geben dabei flüchtige organische Verbindungen (Kohlenwasserstoffe) in die Luft ab. Eine Absaugung dieser Gase ist zwingend erforderlich. Die Umweltschädlichkeit dieser Gase verbietet (je nach Menge) die ungefilterte Abgabe der abgesaugten Luft in die Umwelt. Die Kratzbeständigkeit, die UV-Beständigkeit und die chemische Beständigkeit sowie die Witterungsbeständigkeit des Drucks ist abhängig vom zu bedruckten Medium. Durch die höhere Eindringtiefe in das Material ist die Beständigkeit deutlich besser als bei Mildsolvent- oder ECO-Solvent-Tinten (Messwerkzeuge zur Prüfung der Beständigkeit sind beispielhaft auf den Abb. 14.1 und 14.2 dargestellt).

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Kennzeichnen mit Solvent-Tinte:

Vorsicht ist geboten Bevor man sich für ein Kennzeichnungsverfahren entscheidet, das mit SolventTinte arbeitet, sollte man sich das aktuelle Sicherheitsdatenblatt der vom Hersteller empfohlenen Solvent-Tinte genau ansehen. Dieses Sicherheitsdatenblatt sollte nicht älter als ein Jahr sein und eine Beurteilung des Gemisches nach der aktuellen CLP-Verordnung (seit 01.06.2015 für Gemische verbindlich) enthalten. Nur so lässt sich vor der Festlegung auf ein Kennzeichnungsverfahren ein klares Bild zur Gefährlichkeit der einzusetzenden Tinte und der benötigten Schutzvorrichtungen gewinnen. Ein Praxisbeispiel Ein namhafter Hersteller von Schildern für Kabel und Schaltschränke verwendet für sein Drucksystem eine Solvent-Tinte. Das Sicherheitsdatenblatt dieser Tinte enthält folgende Sicherheitshinweise: • • • • • • •

H318: verursacht schwere Augenschäden H302: gesundheitsschädlich beim Verschlucken H336: kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen H313: kann bei Berührung mit der Haut gesundheitsschädlich sein H360D: kann das Kind im Mutterleib schädigen H411: giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung besondere Gefahren für Mensch und Umwelt: Solvente-Tinte wirkt narkotisierend

Nach dem Sicherheitsdatenblatt besteht die Tinte aus den folgenden Gefahrstoffen: Mehr als 50 % der CAS-Nummer 96–48-0/Dihydro-2(3H)-furanon Diese Substanz ist auch bekannt unter dem Namen „γ-Butyrolacton“ (abgekürzt GBL). Sie ist ein industriell verwendetes Lösungsmittel und dient dazu, das zu bedruckende Kunststoffobjekt aufzuweichen, damit der Farbstoff zusammen mit dem Lösungsmittel eindringen kann. GBL ist auch als Partydroge bekannt, da es innerhalb weniger Sekunden im menschlichen Körper zu GHB (Szenenamen: Liquid Ecstasy) umgewandelt wird. Dieser Stoff ist mit einem pH-Wert von 4 als ätzend einzustufen. Nachzulesen unter https://de.wikipedia.org/wiki/%CE%93-Butyrolacton (Stand: 07.02.2018). Die angegeben CAS-Nummer entspricht dem chemischen Stoff Dihydro-2(3H)-furanon. Wobei es nicht ungewöhnlich ist, dass ein chemischer Stoff mehrere Handelsnamen hat. Aus dieser Beschreibung resultiert, dass diese Substanz für die H-Sätze: H318, H302, H336 und H313 in der Tinte verantwortlich ist. Weniger als 10 % der CAS-Nummer 117527–94-3/Tert-alkyl(C12-C14)ammonium bis [1-[(2-hydroxy-5-nitrophenyl)azo]-2-naphthalenolato(2-)]-chromat(1-) Diese Substanz ist beim Produzenten BASF unter dem Namen Orasol® Black X55 geführt. Sie enthält Schwermetall in Form von Chrome (III)-Ionen.

14  Tinten bei der industriellen Kennzeichnung225

Somit ist der Abfallschlüssel 55507 (Farbstoffrückstände, sofern Lösemittel und/oder schwermetallhaltig sowie nicht voll ausgehärtete Reste in Gebinden) anzuwenden. Dieser Stoff ist mit langfristiger Wirkung giftig für Wasserorganismen. Gewerbliche Anwender haben zu berücksichtigen: EUH208 kann allergische Reaktionen hervorrufen. Diese Informationen sollen allen Interessierten klar vor Augen führen, dass es grob fahrlässig sein kann, Sicherheitsdatenblätter und die darin enthaltenen Informationen zu unterschätzen.

Ein direkter Kontakt mit offenen Tinten ist bereits bei einem Kartuschenwechsel, beim Reinigen des Tintenauffangsystems oder mit dem Anfassen nicht fertig eingetrockneter Schilder der Fall. Und dies ermöglicht unter Umständen auch Kontakt mit den gefährlichen Inhaltsstoffen. Beim Kauf und bei der Vorführung entsprechender Drucksysteme wird man nicht immer oder nicht ausführlich genug auf solche Situationen und Risiken hingewiesen.

Abb. 14.1  Messwerkzeuge und Prüfmittel für Material- und Beständigkeitsprüfung des Drucks. (Foto: PrintoLUX GmbH)

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Abb. 14.2  Handwerkszeug für Bleistiftabriebtest und Test zur Wischbeständigkeit unter Chemikalieneinfluss. Bei einem Bleistiftabriebtest wird mit einem gespitzten Bleistift definierten Härtegrades über eine gedruckte Oberfläche „gekratzt“, um die Kratzbeständigkeit des Drucks zu ermitteln. (Foto: PrintoLUX GmbH)

14.2.2 Eco-Solvent- und Mild-Solvent-Tinten Eco-Solvent- und Mild-Solvent-Tinten weisen dasselbe Einsatzgebiet wie Solvent- und Hard-Solvent-Tinten auf. Durch die weniger aggressiven Lösungsmittel in den Tinten und der somit geringeren Gesundheitsgefährdung kommen Arbeitsstätten zumeist ohne eine Absauganlage aus. Trotzdem empfiehlt es sich bei Anwendung dieser Tinten, die Arbeitsstätte von der zuständigen Berufsgenossenschaft überprüfen zu lassen. Die Sicherheitsdatenblätter der Tinten führen die Inhaltsstoffe exakt auf und nennen dazu auch deren maximale Arbeitsplatzkonzentration. Diese Vorgaben lassen sich unter den spezifischen Gegebenheiten vor Ort prüfen und umsetzen.

14.2.3 Bio-Solvent-Tinten Einige Hersteller bieten mit Bio-Solvent-Tinten eine Variante der Solvent-Tinten an, die im Gefährdungspotenzial und hinsichtlich der Beständigkeit ähnlich der Eco-SolventTinte einzuschätzen ist. Diese Tinten enthalten rein biologisch abbaubares Lösungsmittel, wie beispielsweise Milchsäureethylester. Empfehlenswert ist dennoch, die Arbeitsstätte, an der die Tinten eingesetzt werden, in gleicher Weise überprüfen zu lassen, wie es bei den Eco-Solvent- und Mild-Solvent-Tinten beschrieben wurde.

14  Tinten bei der industriellen Kennzeichnung227

14.3 Wachs-Tinte Diese Tinte wird von Digitaldrucksystemen zur Herstellung von Etiketten (beispielsweise zur Schaltschrankbeschriftung) verwendet. Ihre Beständigkeit ist nicht besonders hoch. Wachs-Tinte besteht aus einer Mischung aus Harz, Wachs, Ölen und Farbpigmenten. Der Drucker muss vor Druckbeginn einen kleinen Teil der Wachs-Tinte einschmelzen. Dieser Vorgang dauert etwa 15 Minuten. Erst dann ist ein Druck möglich. Weil der Drucker die Tinte zum Sprühen ständig flüssig halten muss, ist unter den Gesichtspunkten Effizienz und Energieverbrauch nur ein annähernd pausenloser Druckbetrieb vertretbar. Unter Umweltaspekten sind diese Tinten vorbildlich und können problemlos in Büroumgebung eingesetzt werden. Sie benötigen keine Kartuschen. Wachspads werden einfach in den Druckkopf eingelegt. Es entsteht keine Feinstaub- oder Ozonbelastung. Der Druck erzielt eine gute Auflösung. Die Wachs-Tinte liegt aber größtenteils auf dem zu bedruckenden Material auf und ist dadurch hitze- sowie kratzempfindlich. Auch eine gute chemische Beständigkeit oder Witterungs-/UV-Beständigkeit ist nicht gegeben.

14.4 Gel-Tinte Gel-Tinte wird nur in Digitaldrucksystemen eingesetzt. Wie bei den Wachs-Tinten liegt die Funktion auch bei dieser Tinte vor allem in der Erstellung von Etiketten zur Beschriftung von Schaltschrankkomponenten. Die Tinte wurde vom Unternehmen K.K. Ricoh im Jahr 2005 entwickelt und kam in den Drucksystemen, die das Unternehmen herstellt, erstmals zum Einsatz. Gel-Tinte besitzt eine zähere Konsistenz als normale Tinten. Sie wird in sehr konzentrierter Form verarbeitet und ist deshalb in damit befüllten Kartuschen wesentlich ergiebiger als sonstige Tinten. Diese Technologie kann als Alternative zum farbigen Laserdruck auf Papier oder Etikettenbögen eingesetzt werden. Eine gute chemische Beständigkeit und Witterungsbeständigkeit ist nicht gegeben. Gegenüber Licht, Wasser und UV-Strahlung ist sie laut Herstellerangaben beständig.

14.5 Latex-Tinte Latex-Tinte kommt nur in Digitaldrucksystemen zum Einsatz. Auch sie dient dem Bedrucken von Etiketten, die oft als Schaltschrankkennzeichnungen eingesetzt werden. Der Vorteil dieser Tinte: Sie funktioniert fast lösungsmittelfrei (enthält Glykol). Durch die Aushärtung der Tinte innerhalb des Drucksystems bei etwa 90° Celsius ist der Druck flexibel und kratzbeständig.

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Gut bedruckbar sind Stoffe aus Polyethylen, Polyvinylchlorid oder Polyester sowie alle papierähnlichen Materialien. Die Farbpigmente werden mit der Latexschicht aufgetragen und versiegelt. Eine RIP-Software zur Ansteuerung des Drucksystems ist erforderlich. Handelsübliche Druckertreiber können nicht genutzt werden. Die chemische Beständigkeit entspricht der von Latex und ist wenig beständig gegen Kohlenwasserstoffe (zum Beispiel Benzin, Diesel, Öl und Schmierstoffe). Latex-Tinte ist im Außenbereich für etwa drei Jahre alterungs- und UV-beständig.

14.6 Dye-Sublimationstinten Diese Tinten (Farbstoff-Tinten) werden mit einem Digitaldrucker auf ein Transferpapier gedruckt. Das bedruckte Papier wird dann mit der bedruckten Seite auf das zu bedruckende Material aufgelegt und mittels einer Heißpresse appliziert. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung eines Thermosublimationsdruckers. In diesem Drucker wird die Tinte auf das zu bedruckende Objekt aufgebracht und eingebrannt. Auch von Eloxal-UnterdruckVerfahren wird diese Tinte eingesetzt. Bedruckbare Materialien sind: Keramik, Holz, Glas, Metall, Gewebe oder Kunststoff. Da die Haltbarkeit gegenüber UV-Licht stark begrenzt ist, sind diese Tinten nur für den kurzzeitigen Einsatz geeignet. Dye-Sublimationstinten bestehen aus Farbstoffen oder kleinen Pigmenten und Lösungsmitteln. Diese Lösungsmittel sind in der Regel nicht sehr aggressiv. Zumeist dreht es sich um Mischungen aus Glykolen, Alkohol und Wasser. Glykole werden beispielsweise als Frostschutz in Wasserkühlsystemen im Auto verwendet. Die hohe Beständigkeit bei dem Eloxal-Unterdruck-Verfahren (siehe Kap. 2, Industrielles Kennzeichnen – Überblick zu relevanten Herstellungsverfahren und Kap. 3, Relevante Verfahren im Leistungsvergleich) entsteht durch den Einschluss der Tinte in der Eloxalschicht. Die gängigen Dye-Sublimationstinten sind hinsichtlich Umwelt und Gesundheit als unbedenklich einzustufen. Die Einrichtung von Abluftabsauganlagen oder Filtereinrichtungen ist nicht erforderlich. Trotzdem sollte man vermeiden, Aerosole (fein zerstäubte Flüssigkeiten in Luft) aus dieser Tinte einzuatmen. Augen- und Hautkontakte sind durch Schutzbrillen und Schutzkleidung zu vermeiden.

14.7 UV-härtende Tinten Je nach Anforderung an den Druck kommen UV-härtende Tinten mit unterschiedlicher Beständigkeit zum Einsatz. Sie werden auf das zu bedruckende Material aufliegend gedruckt. Bis vor Kurzem galten diese Tinten für viele Druckaufgaben als eine vorteilhafte Option. Ihre Qualitäten werden vor allem in der Vielfältigkeit des damit bedruckbaren

14  Tinten bei der industriellen Kennzeichnung229

Materials (Metalle und Kunststoffe) und der zeitsparenden Verarbeitung beschrieben. Als Nachteile sind Mängel in der Druckqualität (Konturenschärfe) und Beständigkeit bekannt. Gravierend ist allerdings das hohe gesundheitliche Gefährdungspotenzial dieser Tinten. Hinsichtlich ihres Gefährdungspotenzials müssen UV-härtende Tinten kritisch und entsprechend aufmerksam betrachtet werden. Dies gilt insbesondere für ihre Zusammensetzung: • Bindemittel Sie sind verantwortlich für die Viskosität, Reaktionsfähigkeit, Pigmentbenetzung, Flexibilität, Haftung, Glanz, Härte, Beständigkeit und Trocknungsgeschwindigkeit der UV-härtenden Tinte. Sie bestehen aus Oligomeren und Monomeren. Dabei ist das Monomer „N-Vinyl Caprolactam“ (NVC, auch: VCL) ein weit verbreiteter und wichtiger Bestandteil vieler UV-härtender Tinten. Es wurde im Januar 2014 von der europäischen Chemikalienverordnung REACH als „zielorganschädigender Stoff“ für Leber und obere Atemwege (H372) deklariert: (http://echa.europa.eu/registration-dossier/-/ registered-dossier/13517/2/1, Stand: 02.07.2017) • Die Verwendung von NVC Caprolactam ist nach der EuPIA-Ausschlussliste (Europäischer Verband der Druckfarbenhersteller) geregelt. Hier wird eine Nachweispflicht zur sicheren Verwendung gefordert, wenn die Substitutionsprüfung zu keinem Ergebnis kommt. Mitarbeiter und Kunden müssen im Umgang mit dieser Substanz unterwiesen sein und die Gefahren kennen. Seit 31. März 2015 ist für die Mitglieder der EuPIA eine Herstellung von Siebdruckfarben mit NVC verboten. • Farbpigmente Sie sind verantwortlich für den Farbton und die Beständigkeit der UV-härtendeTinte. • Photoinitiatoren Sie sind verantwortlich für die Aktivierung der Polymerisation sowie für Geruch und Vergilbungserscheinungen der UV-härtende Tinte. Sie beeinflussen die Reaktionsfähigkeit und die Lösbarkeit der UV-härtenden Tinte. Photoinitiatoren werden passend zu den Farbpigmenten und der UV-Strahlungsquelle ausgewählt. Sie absorbieren das UV-Licht und bilden freie Radikale, die die Härtungsreaktion (Polymerisation) der UVhärtenden Tinte auslösen. • Hilfsmittel Sie bestehen aus Stabilisatoren (verantwortlich für Lagerfähigkeit/Haltbarkeit und Pigment-benetzung), zumeist anorganische Mineralstoffe und Gleitmittel zur Beeinflussung der Fließeigenschaften und der Abriebfestigkeit des Druckes. Entsprechend des hohen Gefährdungspotenzials finden sich in den Sicherheitsdatenblättern namhafter Hersteller von UV-härtenden Tinten auch folgende Klassifizierungen: • • • •

H315: verursacht Hautreizungen H317: kann allergische Hautreaktionen verursachen H319: verursacht schwere Augenreizung H350: kann Krebs erzeugen

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T. Wohninsland

• H361: kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen • H372: schädigt die Organe • H400: sehr giftig für Wasserorganismen • H410: sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung Weiterhin weisen Fachpublikationen, so zum Beispiel das Schweizer Magazin Publisher, darauf hin, dass nur vollständig ausgehärtete UV-härtende Tinten gesundheitlich unbedenklich seien. Eine vollständige Aushärtung ist in der Praxis jedoch nicht ohne großen Aufwand erreichbar. Bei der Bedruckung von Materialien mit solchen Tinten sind stets Arbeitsabläufe zu tätigen, in denen UV-härtende Tinten im flüssigen Zustand mit der Haut in Kontakt treten – und Gefahrstoffe aus den UV-härtenden Tinten in die Atemluft gelangen können. Bereits der Kartuschenwechsel, das Reinigen des Tintenauffangsystems oder das Anfassen nicht fertig eingetrockneter Schilder kann zum Kontakt mit den gefährlichen Inhaltsstoffen führen. Da eine vollständige Aushärtung der Tinte von vielen Faktoren abhängt, ist sie in der Praxis schwer zu gewährleisten. Zu den im Arbeitsalltag auftretenden Situationen, die unter Umständen eine vollständige Aushärtung behindern, gehören: • Eine fehlerhafte Einstellung der Software bezüglich Tröpfchengröße und Druckdichte kann zum Auftrag einer zu großen Tintenmenge führen, was eine vollständige Aushärtung erschwert oder verhindert. • Die UV-Strahlungsquelle ist nicht optimal für die UV-härtende Tintensorte geeignet (Quecksilberdampflampe, eisendotierte Quecksilberdampflampe oder spezifische LED-Strahler sind im Einsatz). • Der Untergrund ist saugfähig, wodurch die Tinte zu tief eindringt. Die UV-Strahlung erreicht die Tinte dann nicht mehr. • Dunkles Untergrundmaterial absorbiert UV-Strahlung und beeinträchtigt die Wirksamkeit in Bezug auf das Trocknen der Tinte. • Die Lichtquelle der UV-Trocknung ist zu alt oder verschmutzt. Dadurch wird die Strahlungsintensität zu geringer. • Das Mischungsverhältnis der Bestandteile applizierter Tinten ist nicht optimal, sodass eine Austrocknung nach Reaktionsende nicht vollständig vollzogen ist. • Die UV-Trocknung ist zeitlich zu kurz eingestellt. • Die Haltbarkeit der Tinten wird überschritten, was Sollwerte bei der Reaktion negativ beeinflussen kann. • Falsche Tintenlagerung (in Sicherheitsdatenblättern nachzulesen). Nach sorgfältiger Registrierung des Gefährdungspotenziales von UV-härtenden Tinten sollten interessierte Anwender abwägen, ob sie diese Tinte einsetzen wollen oder lieber ein Verfahren wählen, das ohne diese Tinte auskommt.

14  Tinten bei der industriellen Kennzeichnung231

14.8 Wasserbasierte Pigment-Tinte/Farbstoff-Tinte Die wasserbasierende Pigment-Tinte besteht aus Wasser, „schwimmenden“ Pigmenten und Dispersionsmittel. Da Pigmente sich im Unterschied zu Farbstoffen nicht im Wasser lösen können, sind Dispersionsmittel unerlässlich. Ansonsten würden die Pigmente absinken und sich am Boden der Tintenkartusche ablagern, was unweigerlich eine Verstopfung des Druckkopfs nach sich zöge. Die wasserbasierte Farbstoff-Tinte hingegen benötigt nicht zwingend ein Dispersionsmittel. Sie besteht aus Wasser und Farbstoff. Um einen farbechten Ausdruck zu erreichen, muss bei Farbstoff-Tinte allerdings speziell beschichtetes Papier benutzt werden. Wasserbasierende Pigment-Tinten werden hauptsächlich für den digitalen Fotodruck eingesetzt, da sie eine gute UV-Beständigkeit sowie eine breite Farbpalette aufweisen. Wasserbasierende Farbstoff-Tinten hingegen beschränken sich hinsichtlich ihrer Einsatzmöglichkeiten wegen ihrer schlechten UV-Beständigkeit eher für kurzlebige Ausdrucke, da sie schnell ausbleichen. Mit beiden Tinten werden Etiketten bedruckt. Zur Metall- und Kunststoffbedruckung sind sie ungeeignet. Hinsichtlich Gesundheit und Umwelt lassen sich Pigment-Tinten und Farbstoff-Tinten als ungefährlich einstufen.

14.9 PrintoLUX®-hp-Tinte Diese Tinte ist eine Pigment-Tinte auf Wasserbasis. Eingebrachtes Dispersionsmittel verhindert ein Verklumpen der Pigmente. Im Unterschied zu üblichen Pigment-Tinten wird die PrintoLUX®-hp-Tinte nach dem Druck in einem Wärmeofen gehärtet. Dabei dringt die Tinte in das Trägermaterial ein und polymerisiert. Dadurch erreicht der Druck eine höhere Beständigkeit als das Untergrundmaterial selbst. Das Unternehmen PrintoLUX GmbH bietet zertifizierte Materialien an, die auf diese Tinte abgestimmt sind. Dadurch lässt sich eine industrietaugliche Beständigkeit gegenüber Kohlenwasserstoffe, Öle, Fette, Alkohole sowie Verdünnungen, Kraftstoffe und Lösungsmittel (wie Aceton) erzielen. Auch gegen UV-Strahlung ist eine hohe Beständigkeit gegeben. Farbdrucke mit dieser Tinte sind nicht für den mehrjährigen Einsatz unter Witterung im Außenbereich (UV-Strahlung mit Feuchtigkeitskontakt des Druckes) geeignet. Mit der Farbe Schwarz gedruckte Kennzeichen auf dem Material PrintoLUX®-AE sind hingegen auch nach zehn Jahren unter Einfluss von Witterung im Außenbereich noch gut lesbar. PrintoLUX®-hp-Tinte eignet sich zur Herstellung von Kennzeichen, bei denen Metalle und Kunststoffe als zertifizierte Trägermaterialien ebenso nutzbar sind wie Folien. Diese Vielseitigkeit im Zusammenspiel mit der hohen Beständigkeit haben der Tinte und dem PrintoLUX®-Verfahren schnell zu einer großen Aufmerksamkeit bei Anwendern verholfen. Als Pluspunkt kommt die von einem akkreditierten Prüfinstitut bestätigte Feststellung, dass die PrintoLUX®-hp-Tinte nicht als Gefahrstoff zu deklarierten ist und bedenkenlos zur Bedruckung von Lebensmittelverpackungen oder Kinderspielzeug eingesetzt werden kann.

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Zusammenfassung 

Welche Tinte für welchen Anwendungsfall? Jedem Anwender ist an dieser Stelle zu raten, bei der Auswahl eines Kennzeichnungsverfahrens zur Implementierung im eigenen Unternehmen die Frage der Drucktechnik und der jeweils eingesetzten Tinten im Vorfeld sorgsam zu prüfen. Dazu stehen in erster Linie die Sicherheitsdatenblätter der Tinten zur Verfügung. Werden darin Gefahrstoffe genannt, hat dies im Falle der Anwendung klare Konsequenzen: Jeder Inhaber eines Betriebes ist verpflichtet, ein Gefahrstoffverzeichnis zu erstellen und zu pflegen sowie eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen (Gefahrstoffverordnung § 6, § 14). Weiterhin hat eine Substitutionsprüfung zu erfolgen (Gefahrstoffverordnung § 6, § 7, § 8). Diese ist schriftlich zu dokumentieren. Sollte sich keine Alternative ergeben (Tinte mit weniger Gefährdungspotenzial), muss der direkte Kontakt mit der Tinte (offener Umgang) bei standardisierten Tätigkeiten auf ein Minimum beschränkt werden. Dies wird unter anderem durch eine gute Belüftung des Arbeitsraumes oder eine Absauganlage mit Filtereinheit sichergestellt. Sollten die baulichen Maßnahmen nach der Gefährdungsbeurteilung nicht gewährleisten, dass ein Kontakt mit dem Stoff ausgeschlossen werden kann, muss den betroffenen Mitarbeitern eine persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden. Handhabungsregeln zum fachgerechten Umgang mit dem Gefahrstoff müssen klar ersichtlich und für jeden Mitarbeiter zugänglich ausgehängt werden. Die Mitarbeiter sind regelmäßig, jedoch mindestens einmal jährlich, bezüglich des sicheren Umgangs mit dem Gefahrstoff zu unterweisen. Bei Gefahrstoffen am Arbeitsplatz ist ebenso zu berücksichtigen, dass für werdende Mütter (Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz) und Jugendliche (Jugendarbeitsschutzgesetz) besondere Regeln gelten.

Weiterführende Literatur Arbeitsstoffe und Gesundheitsschutz (2017) Resource document. Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse. https://www.bgetem.de/arbeitssicherheit-gesundheitsschutz/ brancheninformationen1/druck-und-papierverarbeitung/digitaldruck-siebdruck-sonderdruck/ inkJet-digitaldruck/arbeitsstoffe-und-gesundheitsschutz. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Dye-sublimation printer (2018) Resource document. Wikipedia. https://en.wikipedia.org/wiki/Dyesublimation_printer. Zugegriffen: 9. Febr. 2018 Eco- und Mild-Solvent-Tinten (2010) Resource document. Druckerchannel. https://www.druckerchannel.de/artikel.php?ID=2877&seite=5&t=know_how_tintentechnologien". Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Festtintendrucker (2017) Resource document. Wikipedia. https://de.wikipedia.org/wiki/Festtintendrucker. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Gerhardt T (2008) UV-Tinten durchleuchtet. Large Format 6/08: 44-47.Resource document. http:// www.cijet.de/Resource/LF608UV-ProblematikTeil0202.pdf. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 GlasÄtz-Tinte (o. J.) Resource document. Stempel Eckstein. http://www.stempel-eckstein.de/faqsupport/stempel-kompendium/glasaetztinte/. Zugegriffen: 14. Dez. 2017

14  Tinten bei der industriellen Kennzeichnung233 Huth F (2016) Aetzen von Glas. Resource document. Mecklenburger Waldglasmuseum. https:// www.waldglasmuseum.de/aetzen-von-glas/. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Latextinten (2010) Resource document. Druckerchannel. https://www.druckerchannel.de/artikel. php?ID=2877&seite=7&t=know_how_tintentechnologien. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Oberhollenzer H (2017a) Nationale und internationale Richtlinien nehmen neue Einstufungen vor. Gefahr für Gesundheit und Umwelt durch UV-härtende Tinten neu bewertet. Resource document. Sicherheitsingenieur 7: 38-39. https://www.printolux.com/kundenspezifische-anwendungen/downloads/Sicherheitsingenieur_Ausgabe7_2017_2.pdf. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Oberhollenzer H (2017b) Nehmen Sie die Kennzeichnung selbst in die Hand. Resource document. PrintoLUX. https://www.printolux.com/de/das-verfahren/so-funktioniert-printolux/. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Sailer C (2017) Gutachterfall: Nicht ausgehärtete UV-Tinte sorgt für fehlerhafte Werbebanden. Resource document. Print.de. http://www.print.de/Markt-Technik/Schadensfaelle/Gutachterfall-Nicht-ausgehaertete-UV-Tinte-sorgt-fuer-fehlerhafte-Werbebanden_7782. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Sicherheitsdatenblätter (2015) Resource document. GIMA. http://www.gima-ib.de/service/sicherheitsdatenblaetter. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Solvent- und Hard-Solvent-Tinten (2010) Resource document. Druckerchannel. https://www.druckerchannel.de/artikel.php?ID=2877&seite=4&t=know_how_tintentechnologien. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Starck A (o. J.) UV-Druck auf dem Prüfstand. Resource document. Publisher. https://publisher.ch/ fachzeitschrift_detail.php?read_article=7070. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Tinte (2017) Resource document. Wikipedia. https://de.wikipedia.org/wiki/Tinte. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV) (2017) Resource document. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). https://www.baua.de/ DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Gefahrstoffe/Arbeiten-mit-Gefahrstoffen/pdf/Gefahrstoffverordnung-Aenderungen.pdf?__blob=publicationFile&v=2. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Was sind eigentlich Geldrucker und wie funktionieren sie? (2012) Resource document. Tintenmarkt. https://www.tintenmarkt.de/Blog/Was-sind-eigentlich-Geldrucker-und-wie-funktionieren-sie-649. Zugegriffen: 14. Dez. 2017 Wasserbasierte Farbstofftinten (2010) Resource document. Druckerchannel. https://www.druckerchannel.de/artikel.php?ID=2877&seite=2&t=know_how_tintentechnologien. Zugegriffen: 14. Dez. 2017

Laserrauch und Laserstaub – ein verkanntes Problem

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Helmuth Bischoff

Für Industrieunternehmen, die ihre benötigten Kennzeichnungen in Eigenregie herstellen, bietet die Lasergravur in unterschiedlichen Varianten eine interessante Option. Bei der Bewertung der Lasergravur als zeitgemäßem Verfahren zur Kennzeichnungsherstellung gerät allerdings das Problem der dabei entstehenden Schadstoffe oft in den Hintergrund. Diesem Versäumnis möchte folgender Beitrag entgegenwirken, denn wer sich in diesem Zusammenhang Nachlässigkeiten erlaubt, riskiert die Gesundheit seiner Mitarbeiter.

15.1 Bei der Lasergravur entstehen unsichtbare Schadstoffe Dass in der modernen Industrie beim „Hobeln“ keine „Späne mehr fallen“, sondern Abfallprodukte entstehen, die man nicht sieht und selten riecht, ist nicht unbedingt ein Fortschritt, sondern birgt neue, schwer fassbare Gefahren für Gesundheit und Umwelt. Dazu zählen auch der Feinstaub und Gase im Rauch, der beim Lasergravieren von Metallen und Kunststoffen in die Raumluft und somit in die Atemluft gelangt, wenn keine entsprechende Abluftfilteranlage eingesetzt wird. Laserrauch entsteht als Stoffgemisch bei der direkten Materialbearbeitung durch Laser beim Schneiden, Schweißen und Gravieren. In diesem Stoffgemisch befinden sich Laserstaub und Gase. Der Laserstaub wiederum besteht zum großen Teil aus Partikeln und Oxyden und beinhaltet auch Feinstaub.

H. Bischoff (*) PrintoLUX GmbH, Frankenthal, Deutschland e-mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 H. Oberhollenzer (Hrsg.), Herstellungsverfahren für die industrielle Kennzeichnung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-55331-2_15

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H. Bischoff

Werden Metalle bearbeitet, fällt der Laserstaub als Metallstaub mit entsprechenden Verbrennungsprodukten an. Bei Kunststoffen entstehen außer Verbrennungsgasen auch Stäube mit Kunststoffpartikeln und deren Verbrennungsprodukte. In vielen Fällen, vor allem bei stark fokussiertem und hochfrequentem Energieeinsatz, wird die Entstehung von Feinstaub im Laserrauch begünstigt. Damit erhöht sich – soweit keine wirksamen Filter vorhanden sind – das Risiko, dass diese Rückstände von den mit der Lasergravur beschäftigten Mitarbeitern als Schadstoffgemische unmerklich aufgenommen werden. Sie gelangen in die Lunge und über die Lungenbläschen in die Blutbahn. Jüngere „Untersuchungen zur krebserzeugenden Wirkung von Nanopartikeln und anderen Stäuben“ haben an Ratten eine kanzerogene Potenz von Feinstaub nachgewiesen, so Markus Roller in seinen Untersuchungen zur krebserzeugenden Wirkung von Nanopartikeln und anderen Stäuben [5]. Alle Stäube, die nicht schon aufgrund ihrer Inhaltsstoffe giftig waren, erzeugten den Studien zufolge „viel häufiger Lungentumore als erwartet“. Die Studien arbeiteten mit realistischen Feinstaubkonzentrationen, die beträchtliche gesundheitliche Schäden bei den Versuchstieren hervorriefen. Auch das Umweltbundesamt konstatiert den negativen Einfluss von Feinstaub: „Je kleiner die Staubpartikel sind, desto größer ist das Risiko zu erkranken. Kleine Partikel dringen nämlich tiefer in die Atemwege ein als größere. Dadurch gelangen sie in Bereiche, von wo sie beim Ausatmen nicht wieder ausgeschieden werden. Sie sind deshalb besonders gesundheitsschädlich. Ultrafeine Partikel können zudem über die Lungenbläschen in die Blutbahn vordringen und sich über das Blut im Körper verteilen“ [12] (Siehe dazu Abb. 15.1).

Abb. 15.1  Einwirkung von Luftschadstoffen auf den Atmungstrakt. Je nach Größe der Schadstoffpartikel zeigen sich bei ungeschützter und mangelhaft geschützter Exposition unterschiedliche Formen der gesundheitlichen Belastung. (PrintoLUX GmbH, Dezember 2017)

15  Laserrauch und Laserstaub – ein verkanntes Problem 237

15.2 Emissionen und gesundheitliche Risiken bei der Laserbearbeitung von Metallen und organischen Schildmaterialien Bei der Laserbearbeitung von Metallen entstehen andere Schadstoffe als bei der Bearbeitung von organischen Stoffen. Metallstäube treten häufig als Aerosole auf. Aerosole sind Schwebteilchen, bei denen sich feste oder flüssige Stoffe mit der Umgebungsluft oder anderen Gasen vermischen und von diesen getragen werden. Darin können Schwermetallanteile enthalten sein, die, im Körper angereichert, zu gefährlichen Vergiftungen führen können. Eisen und Aluminium sind beispielsweise lungenbelastend, Zink und Mangan wirken im Körper als Gifte, einige Metalle (zum Beispiel Zink und Chrom) gelten als krebserregend. Bei legierten Metallen werden die entsprechenden Bestandsstoffe im Laserrauch als Verbrennungsprodukte oder Metallstaub freigesetzt. Bei der Laserbearbeitung von organischen Materialien, so auch bei Kunststoffen, findet oft eine Pyrolyse statt. Dieser Begriff bezeichnet eine chemische Reaktion, die vom Laser bei hoher Temperatur erzeugt wird. Auch Zusätze wie Farbstoffe oder Flammschutzmittel werden bei der Laserbearbeitung von Kunststoffen frei und gehen andere chemische Verbindungen ein, die zum Teil sehr giftig sind (zum Beispiel Dioxine und Furane). Gefahrstoffe, die beim Bearbeiten von organischen Materialien (Polymerwerkstoffe, Holz, Epoxidharze) entstehen, führt die Site http://laserstaub.de [4] auf: • • • • • • • • • •

Benzol ist giftig, leicht entzündlich und krebserregend Formaldehyd ist giftig Butadien ist giftig und hochentzündlich Acetaldehyd, auch bekannt als Ethanal, ist gesundheitsschädlich und hochentzündlich Propenal, auch bekannt als Acrylaldehyd, Acrolein und anderes, ist sehr giftig, leichtentzündlich und umweltgefährlich Toluol ist gesundheitsschädlich und leichtentzündlich Methylmethacrylat ist reizend und leichtentzündlich Phenol ist giftig und ätzend Styrol ist gesundheitsschädlich Kresole sind giftig und ätzend

Siehe dazu auch Abb. 15.2 Zu diesen Emissionen des Lasergravierens gibt es noch keine allgemein formulierten Klassifizierungen, die, ergänzend zum vierstufigen Laserklassen-System, die Gefährdungspotenziale einzelner Laser in Bezug zum bearbeiteten Material einstufen. Der Filter- und Umweltschutzexperte TBH GmbH nimmt hinsichtlich der durch Laserstaub entstehenden Schadstoffe in Abhängigkeit zu den bearbeiteten Materialien folgende Zuordnungen vor [3]:

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H. Bischoff *+68PZHOWJHIlKUOLFK

*+6+RFKHQW]QGOLFK/HLFKWHQW]QGOLFK

*+6*HVXQGKHLWVJHIDKU

*+6bW]HQG

*+66HKUJLIWLJ*LIWLJ

Abb. 15.2  Gefahrensymbole, die beim Lasern von organischen Materialien einzusetzen sind Bearbeitetes Material

Entstehende Schadstoffe (Auswahl)

Naturstoffe

Benzol, Styrol, Toluol

Metall

Aceton, Chrom, Nickel

Kunststoff

Formaldehyd, Benzol

15  Laserrauch und Laserstaub – ein verkanntes Problem 239

Ferner stellt diese Laserstaubbeschreibung unter Berufung auf neuere Untersuchungen fest, dass es „… keine Wirkschwelle (gibt), unterhalb derer gesundheitsschädigende Auswirkungen durch Fein-staubexposition ausgeschlossen sind, sondern die Gesundheitsbelastung steigt proportional zur Feinstaubkonzentration. Die europäischen Richtlinien zur Luftqualität (96/62/EG und 2008/50/EG) peilen jedoch eine maximale Feinstaubkonzentration von 40 bis 50 µg/m³ in der Atemluft an. Dem ist gegenüberzustellen, dass die Feinstaubkonzentration bei Laserprozessen teilweise 100 µg/m³ und mehr beträgt“ [3]. In einer ausführlichen „Expositionsbeschreibung“ hat die Berufsgenossenschaft ETEM Energie, Textil Elektro, Medienerzeugnisse im November 2014  dargelegt, welche Zersetzungsprodukte bei der Beschriftung von Kunststoffen mit Laser entstehen (siehe Tab. 15.1) [1]. In demselben Beitrag der Berufsgenossenschaft ETEM werden die identifizierten Gefahrstoffe, die bei der Lasergravur von Kunststoffen entstehen, in Beziehung mit den gesundheitlichen Schäden gesetzt, die sie je nach ihrem Konzentrationsaufkommen bewirken. Tab. 15.2 zeigt, wie die CLP-Verordnung der EG [10] unter anderem die Gesundheitsschädlichkeit dieser Stoffe einstuft. Tab. 15.1  Kunststoffe und gemessene flüchtige Zersetzungsprodukte. (Quelle: PrintoLUX GmbH, 2017)

240 Tab. 15.2  EG-Beurteilungsmaßstäbe

H. Bischoff

15  Laserrauch und Laserstaub – ein verkanntes Problem 241 Tab. 15.2  (Fortsetzung)

242 Tab. 15.2  (Fortsetzung)

H. Bischoff

15  Laserrauch und Laserstaub – ein verkanntes Problem 243

244

H. Bischoff

Grundlage der Auswertungen sind Messwerte von möglichen Zersetzungsprodukten bei der Beschriftung von Kunststoffen mit Lasern. Einbezogen wurden Messdaten aus dem Zeitraum von 2000 bis 2014. In obiger Auflistung finden sich nur die H-Sätze gemäß der CLP-Verordnung. Um nähere Details über einen Stoff zu erhalten, ist es nützlich, Sicherheitsdatenblätter der Stoffe zu konsultieren. Darin finden sich auch Informationen über die benötigte Filtertechnik und Grenzwerte bezüglich Atemluft am Arbeitsplatz. Einige sinnvolle Informationen sind in Sicherheitsdatenblättern nicht in ausführlicher Form zu finden. Am Beispiel Benzol lässt sich gut demonstrieren, dass die ergänzende Zuhilfenahme von technischen Datenblättern und Betriebsanweisungen sowie Internethinweise zu mehr wichtigem Anwenderwissen verhelfen. Benzoldämpfe wirken beim Einatmen sehr toxisch. Die Symptome äußern sich in Schwindel, Kopfschmerzen, Husten, Erbrechen, Atemnot und Bewusstlosigkeit. Schon etwa zwei Volumenprozent in der Atemluft sind nach fünf bis zehn Minuten tödlich. Die Flüssigkeit kann auch über die Haut aufgenommen werden. Chronische Vergiftungen bei Aufnahme von kleineren Mengen über einen längeren Zeitraum führen zu einer Schädigung des Knochenmarks, der Leber und der Nieren. Benzol kann Leukämie hervorrufen, schädigt das zentrale Nervensystem und gilt als stark krebserzeugender Stoff.

15.3 Relevante Gesetze, Verordnungen und Normen Beim Einsatz eines Lasergravur-Verfahrens sind hinsichtlich des dabei anfallenden Laserstaubs und geforderter Schutzmaßnahmen folgende Gesetze und Verordnungen von Belang: Die Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (GeStoffV) im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) [2, 8]. Der § 6 dieser Verordnung definiert die Pflicht zur „Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung“. Demzufolge hat der Arbeitgeber festzustellen, „… ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben, oder ob bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können.“ Für diesen Fall schreibt die Verordnung vor, die Gefährdungen von Gesundheit und Sicherheit unter mehreren Gesichtspunkten zu beurteilen. Dazu zählen unter anderem „gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Gemische, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen“ ebenso wie „Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege“. Ebenso sind die Pflichten beschrieben, Möglichkeiten einer Substitution von Gefahrstoffen zu prüfen und gegebenenfalls vorzunehmen sowie die „… Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen“ zu kontrollieren. Auch die von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin formulierten „technischen Regeln für Gefahrstoffe“ TRGS 402, 900 und 910 [6] machen verbindliche Aussagen. Zum „Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition“ [7] finden sich entsprechende Maßgaben in der

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TRGS 402. Die TRGS 900 definieren die Arbeitsplatzgrenzwerte und führen dazu einleitend aus: „Das Einhalten der Arbeitsplatzgrenzwerte dient dem Schutz der Gesundheit von Beschäftigten vor einer Gefährdung durch das Einatmen von Stoffen“, um in der Folge festzulegen, wie solche Gefährdungswerte zu ermitteln und durch Schutzmaßnahmen in ihrer Wirkung zu kontrollieren beziehungsweise einzuschränken sind. Die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 910 erläutert schließlich in großer Ausführlichkeit ein „Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ [9]. Forderungen zur Beseitigung von Schadstoffen in der Atemluft sind überdies in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) und den Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 560 [11] formuliert. Danach müssen Stäube an der Austritts- oder Entstehungsstelle möglichst vollständig erfasst und gefahrlos entsorgt werden. Die TA Luft ist eine Vorschrift der Bundesregierung, in der jetzigen Fassung seit 2002 in Kraft. Sie enthält unter anderem Berechnungsvorschriften für wesentliche Luftschadstoffe und schafft einheitliche Anforderungen für genehmigungsbedürftige Anlagen. Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 560 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin behandeln die „Luftrückführung bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsgefährdenden Stäuben“ [8]. In diesem Regelwerk werden die Grenzen für die Luftrückführung und Anforderungen an eine zulässige Luftrückführung definiert. Unter dem Begriff Luftrückführung versteht man, dass die vom Gerät oder der Anlage angesaugte Luft wieder zurück in den Raum abgegeben wird und nicht in den Außenbereich geleitet wird. Das Schutzstufenkonzept der Gefahrstoffverordnung (GeStoffV) [2] beschreibt vier jeweils aufeinander aufbauende Maßnahmenpakete für das sichere Arbeiten mit Gefahrstoffen. Je nach Grad der Gefährdung wird zwischen Tätigkeiten mit geringer Gefährdung (Schutzstufe 1) bis zu Tätigkeiten mit hoher Gefährdung (Schutzstufe 4, zum Beispiel Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen) unterschieden. Anhand der Gefährdungsbeurteilung werden Ersatzmaßnahmen, technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen und deren Wirksamkeitskontrollen vorgeschrieben.

15.4 Was Absaug- und Filtertechnik leisten muss Wenn Unternehmen sich bei der Herstellung von Kennzeichnungen für den Einsatz einer Lasergravur-Variante entscheiden, ist es für sie unumgänglich, auch für wirkungsvolle Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Laserrauchs zu sorgen, der sich mit diesem Kennzeichnungsverfahren in all seinen Varianten verbindet. Praxiserfahrungen in diesem Zusammenhang zeigen, dass es sinnvoll ist, sich schon vor der Investition in Geräte und Systeme von Experten der Berufsgenossenschaft ETEM oder renommierter Hersteller von Absaug- und Filtergeräten beraten zu lassen. Wenn die zu bearbeitenden Schildmaterialien und die ins Auge gefassten Verfahren der Lasergravur definiert sind, lassen sich konkrete

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Vorschläge für wirkungsvolle Schutzeinrichtungen ebenso ermitteln wie die damit verbundenen Kosten. Bei einer umfassenden Beratung muss detailliert zur Sprache kommen, was von einer Absaug- und Filtertechnik zu verlangen ist, die aktuellen Schutzanforderungen entspricht. So richten sich an Laser-Absauganlagen folgende zentrale Anforderungen: • Alle entstehenden Stäube, Dämpfe, Rauche und Gase sind möglichst nah am Ort ihrer Entstehung zu beseitigen. • Die Filtermedien sind in ihrer Leistung und Größe so einzurichten, dass sie die aufkommende Menge und Beschaffenheit der Partikel aufnehmen können. • Eine stufenweise Filterung setzt Vorfilter für grobe Partikel > 10 μm ebenso ein wie Feinstaubfilter für Partikel  5 Grad und

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