Idea Transcript
José Luis Moro
Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail Band 1 Grundlagen 2. Auflage
Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail
José Luis Moro
Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail Band 1 Grundlagen 2. Auflage Unter Mitarbeit von Matthias Rottner, Bernes Alihodzic und Matthias Weißbach
José Luis Moro Institut für Entwerfen und Konstruieren (IEK) Universität Stuttgart Stuttgart, Deutschland
ISBN 978-3-662-57402-7 ISBN 978-3-662-57403-4 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009, 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
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meiner Ehefrau Maria Julia meinen Kindern Diana, Julia und Luis
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I Konstruieren
Vorwort
Das Planen, Entwerfen und Konstruieren, die eng miteinander verknüpften Themen dieser drei Bücher (oder dieses ersten von drei Bänden), sind im Prinzip äußerst komplexe Vorgänge, weil sie nicht linear sondern zyklisch/konzentrisch ablaufen. Sie verlaufen auf schrumpfenden Kreisen oder Schleifen, an deren Umfang bei jedem Umlauf erneut die Randbedingungen abgefragt werden, die es zu erfüllen gilt: Funktion, Standfestigkeit, Gestalt und Einfügung in das Umfeld, Wärme-, Schall- und Brandschutz, Dauerhaftigkeit, Fertigung, Montage, Wirtschaftlichkeit etc. So kommen sie schließlich auf „den Punkt“, also zu einer der vielen möglichen subjektiv befriedigenden Lösungen, aus denen dann in weiteren Iterationsschritten, vor und zurück, „die Lösung“ hervorgeht. Daraus folgt auch, dass es niemals die objektiv richtige oder gar die einzig beste Lösung gibt, sondern unzählige subjektive, weil man insbesondere das Entwerfen auch als gemischt deduktiven und induktiven Vorgang definieren kann, also einen logisch wissenschaftlichen „aus dem Kopf heraus“ und intuitiv / kreativen „aus dem Bauch heraus“. Sonst bräuchte es ja, um ein offensichtliches Beispiel zu nennen, für einen Wettbewerbsentscheid keine Jury sondern nur eine schlaue Excel-Tabelle. Daraus folgt, dass dieser komplexe Ablauf buchstäblich seines Charakters beraubt wird, wenn er in einem „seitenweisen“ Buch notwendigerweise linearisiert wird. So addieren in der Tat die meisten Autoren, die sich mit diesem Thema beschäftigen – und das sind in letzter Zeit wirklich so viele, dass sich die Begeisterung über noch ein solches Buch zunächst sehr in Grenzen hält – Titel an Titel oder Bauteil an Bauteil, also beispielsweise Deckenplatten, Unterzüge, Stützen, Fundamente. Danach überlassen sie es dem Leser, dies alles zu einem Ganzen zu fügen und zeigen bestenfalls noch Ausführungsbeispiele ohne zu erklären, warum die so sind oder wie sie sonst noch hätten sein können. Peinlich wird es, wenn diese Aneinanderreihung der typischen Bauteile auch noch fein säuberlich nach Werkstoffen sortiert dargeboten wird, als wolle ein Bauherr einen Beton-, Stahl- oder Holzbau. Nein, er will einen guten Bau und da bietet sich oft und heute zunehmend die Werkstoffmischung an, Misch-, Verbund- oder Schichtbauweisen. Diese leider häufige Verkürzung eines zwar schwierigen aber gerade deshalb kreativen und einfach schönen Vorgangs auf eine Addition ist gerade für ein Lehrbuch und da besonders für Ingenieure fatal, weil die so zum Statiker oder bestenfalls zum Konstrukteur erzogen und so des schönsten Teils ihres Berufs beraubt werden, eben des kreativen subjektiven Entwerfens, in dem sie mit Begeisterung ihr erlerntes Wissen und ihre angeborene Phantasie einbringen können und sollen. Klar worauf dies hinaus will! Die frohe Botschaft lautet, dass mit diesen Büchern, die der Leser dieser Zeilen in der Hand hat, der ausdrücklich bewusste und äußerst nachdrücklich verfolgte Versuch unternommen wurde, das
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Planen, Entwerfen und Konstruieren von Bauwerken in seiner Ganzheitlichkeit darzustellen, indem die einzelnen Kapitel nicht einfach addiert sondern durch ihre notwendigen Querverbindungen vielfältig und sachgerecht verknüpft werden, selbstverständlich werkstoffübergreifend und in ganzer Bandbreite. Man erfährt, warum was so ist und wie sich die verschiedenen Lösungsprinzipien aus den charakteristischen physikalischen Wirkprinzipien entwickeln. Andererseits wird nicht verschwiegen, dass die zunehmende Aufteilung des Planens auf Spezialisten konfliktträchtig und nicht unbedingt qualitätsfördernd ist, so dass ein wesentliches Ziel dieser Bücher der Blick über den Zaun ist. Eine Gruppe von Individualisten, die wir ja alle sein wollen, kann nur gemeinsam Qualität schaffen, wenn jeder auf das Wissen des anderen neugierig ist und es nicht um die Frage geht, was von wem kommt, sondern nur dass das Ganze gut ist. Möge die wohlformulierte, intensiv argumentierende und sehr anschaulich bebilderte Botschaft dieser Bücher nicht nur bei den jungen Architekten sondern ebenso bei den Ingenieuren gehört und beherzigt werden. Sie werden belohnt mit der beglückenden Erfahrung, dass wir Bauenden noch Generalisten sind. Wir können und dürfen ein Bauwerk vom ersten Bleistiftstrich bis zum letzten Nagel begleiten und sind für seine Qualität selbst verantwortlich. Dabei wollen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, sondern das Erreichte, mit unserem nächsten Entwurf vor Augen, selbstkritisch prüfen.
Jörg Schlaich
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I Konstruieren
Einführung
Dieses Buch geht der Frage nach, weshalb Baukonstruktionen so sind wie sie sind. In einer hochkomplexen, fragmentierten und schwer überschaubaren Bauwelt verdient es der Bauschaffende, und hier insbesondere der junge Lernende, wieder an die Ursprünge des baukonstruktiven Umgangs mit Material heran-, man möchte sagen zurückgeführt zu werden, ohne deren Kenntnis jede Beschäftigung mit Bauen sinn- und ziellos, in letzter Konsequenz zur Erfolglosigkeit verurteilt ist. Gleichzeitig soll unser bilderversessener Berufsstand, die Architektenschaft, daran erinnert werden, dass unsere Arbeit ihre vielschichtigen geistigen Dimensionen nur deshalb entfalten kann, weil sie eine materielle Basis besitzt, nämlich die Baukonstruktion, welche – gleichgültig ob wir es anerkennen oder nicht – zu einem wesentlichen Teil von der Geometrie, der Schwerkraft und anderen physikalischen Phänomenen bestimmt ist. Es ist letzen Endes die Baustruktur, die wir wahrnehmen und auf unsere Sinne wirkt, welche Ausgangspunkt und Vehikel des künstlerischen Ausdrucks, in letzter Konsequenz der Baukunst, ist. Die gleichen Prinzipien der Baukonstruktion, die dieses Werk im Titel trägt, liegen unserer Arbeit wie auch derjenigen unserer Vorgänger und Vorfahren zugrunde, weil sie auf Gesetzen der Materie, auf physikalischen Wirkungen und auf geometrischen Beziehungen beruhen, die gestern wie heute gültig sind. Sie sind dem wachen Verstand ganz unmittelbar zugänglich, wenn man sich, von Neugier getrieben, bereitwillig auf das Thema einlässt. Sie müssen nur unter dem Schutt eines ausufernden Spezialwissens befreit werden, das unsere (nur in ausgesuchten Teilbereichen) hochentwickelte Bauwelt angesammelt hat, das einige Hohepriester des Spezialistentums eifersüchtig pflegen, das jedoch ohne Einbettung in einen Sinnzusammenhang unseren Verstand nur blendet und fehlleitet. Diesem Ziel habe ich mich mit diesem Werk verpflichtet. Mit dieser Zielsetzung galt es, für die einzelnen Teilgebiete des Konstruierens zunächst Funktionen oder Aufgaben herauszuarbeiten, dann verschiedene Lösungsprinzipien darzustellen, die zumeist auf charakteristischen physikalischen Wirkprinzipien und geometrischen Ordnungen beruhen, dann in einem letzten Schritt zur Materialisierung der Konstruktion überzugehen. Dieser Sequenz folgt im Wesentlichen auch die Struktur des dreibändigen Werks. Wenn es bereits innerhalb einer bestimmten Fachsparte eine Herausforderung darstellt, fundamentale Lösungsprinzipien zu abstrahieren, so ist es eine bedeutend größere, Bezüge und gegenseitige Abhängigkeiten zwischen den Disziplinen, die in der Baukonstruktion zusammentreffen, aufzuzeigen und in eine verständliche und fassbare Form zu bringen. Ich habe hierfür den Versuch unternommen, Sachverhalte aus den verschiedenen Fachbereichen in eine möglichst konsistente und durchgängige logische Struktur zu integrieren. Dafür waren einige Termini einzuführen, um Konzepte zu benennen, für die es meines Wissens bislang
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keine Fachbegriffe gab. Für diese Anmaßung bitte ich die Fachwelt bereits jetzt um wohlwollendes Verständnis. Einen sehr hohen Stellenwert hat der durchgängige, argumentierende Textfluss sowie die beigeordneten Querverweise, womit die vielfältigen Verknüpfungen und gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Teilbereichen und -disziplinen deutlich werden sollen. Auch wurde eine größtmögliche Anschaulichkeit der Abbildungen angestrebt, um ein unmittelbares Verstehen der Aussage zu erleichtern. Ich habe hierfür manchmal gegen (orthodoxe) Konventionen bewusst (oder auch ahnungslos), aber wie ich glaube stets mit gutem Grund verstoßen. Um die enorme Bandbreite der Thematik mit Konsistenz und einer adäquaten Durchdringungstiefe abzudecken, war es unumgänglich, in fremden Gefilden zu wildern. Für Ungenauigkeiten und Unschärfen bitte ich deshalb die Fachwelt bereits jetzt um Nachsicht. Mit ihrer Hilfe werde ich etwaige Unzulänglichkeiten hoffentlich nach und nach aus der Welt schaffen. Ich wäre zufrieden, wenn andere an der Lektüre dieses Buchs die gleiche Freude fänden wie ich an seiner Ausarbeitung. Publikationen des Umfangs und der Bandbreite des vorliegenden Werks sind immer das Resultat einer Zusammenarbeit. Der Ursprung des Projekts liegt in unserem Vorlesungsmanuskript, das im Laufe mehrerer Jahre von Grund auf neu erarbeitet wurde. Neben den Mitautoren des vorliegenden Werks Matthias Rottner und Dr. Bernes Alihodzic, zu denen etwas später auch Dr. Matthias Weißbach stieß, ohne deren Beitrag an Geduld, Konstanz und Engagement dieses ehrgeizige Projekt nicht realisierbar gewesen wäre, sind weitere, zum Teil ehemalige Mitarbeiter zu nennen: unter ihnen insbesondere Dr. Peter Bonfig, der während der konzeptionellen Entstehungsphase unseres Vorlesungsmanuskripts wesentliche Ideen beigetragen hat, aber auch Christian Büchsenschütz, Christoph Echteler, Melanie Göggerle, Karin Jentner, Magdalene Jung, Stephanie Krüger, Lukas Kohler, Christopher Kuhn, Julian Lienhard, Manuela Langenegger, Gunnar Otto, Tilman Raff, Alexandra Schieker, Ying Shen, Brigitta Stöckl, Xu Wu, sowie nicht zuletzt Ole Teucher, auf den zahlreiche Zeichenarbeiten zurückgehen. Besonderer Dank gilt auch den Kollegen, die es auf sich genommen haben, zum Teil sehr umfangreiche Manuskriptabschnitte gegenzulesen wie Prof. K. Gertis, Prof. H. W. Reinhardt und Prof. S. R. Mehra sowie auch Prof. Jörg Schlaich für sein freundliches Vorwort. Verpflichtet bin ich auch Kollegen und Freunden wie Dr. Jenö Horváth für die geduldige Beantwortung meiner Fragen, Karl Humpf für seine sorgfältige Manuskriptkorrektur sowie auch Dr. Ch. Dehlinger. Großzügig haben uns umfangreiches Bildmaterial zur Verfügung gestellt Prof. K. Ackermann, Prof. P. C. v.
Danksagung
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I Konstruieren
Stuttgart, im Juni 2008 J. L. Moro
Seidlein, Prof. Th. Herzog, Prof. F. Haller, Prof. U. Nürnberger, Prof. P. Cheret und Prof. D. Herrmann. Herrn Lehnert vom Springer-Verlag danken wir für seine bedingungslose Unterstützung und für seine Geduld. Auch allen Freunden und Kollegen, die uns während der Ausarbeitung stets unterstützt und Mut zugesprochen haben, sei hiermit im Namen aller Autoren herzlich gedankt.
Vorwort zur zweiten Auflage
Stuttgart, im September 2018 J. L. Moro
Seit die erste Auflage vor nunmehr zehn Jahren erschien, haben sich in verschiedenen Bereichen gewisse Verhältnisse im Zusammenhang mit der Konstruktionsplanung geändert bzw. weiterentwickelt. Sie wurden in dieser neuen Auflage aufgegriffen und im Rahmen des Möglichen behandelt. Dazu gehören in erster Linie Fragen der Nachhaltigkeit, die vor zehn Jahren in der Baukonstruktion noch keine nennenswerte Rolle spielten, heute jedoch immer mehr in den Fokus des Planers und Baukonstrukteurs rücken und bald zum Standardrepertoire der Konstruktionsplanung zählen werden. Dem Thema Nachhaltigkeit wurde entsprechend ein komplettes Kapitel (III) inklusive sechs Unterkapitel gewidmet. Ebenfalls bedeutsam sind neuere Entwicklungen im Holzbau. Entsprechend wurden die Kapitel zum Werkstoff Holz (IV-5) und zu Holzprodukten (V-2) vollständig überarbeitet. Des weiteren hat man sich sehr bemüht, die Lesbarkeit des Texts sowie auch der Abbildungen zu verbessern. Im Text wurde deutlich sparsamerer Gebrauch von Hervorhebungen gemacht, um das Schriftbild insgesamt ruhiger und damit besser lesbar zu gestalten. Dennoch wurde an der Praxis festgehalten, die Schlüsselbegriffe in Absätzen fett darzustellen, um ein rasches Erfassen der Kernaussage zu ermöglichen. Die textliche Formatierung wurde strikt vereinheitlicht, was zusätzlich zur visuellen Beruhigung des Textes beigetragen hat. Die Grafik sämtlicher Abbildungen wurde überarbeitet und deutlich verbessert, um ihre Anschaulichkeit und Lesbarkeit zu erhöhen. Auch die grafischen Standards wurden streng vereinheitlicht, ebenfalls zum Zweck einer besseren Lesbarkeit und Vergleichbarkeit. Mein Dank gilt den zahlreichen Personen, die auch bei dieser zweiten Auflage viel zum guten Gelingen beigetragen haben. Besonders zu nennen sind wegen ihrer sorgfältigen und engagierten Zeichen- und Formatierungsarbeit unsere studentischen Hilfskräfte Uta Lambrette, Katrin Fessel, Johannes Rinderknecht, Eider Yarritu Inoriza und Martin Feustel. Dipl.-Ing. Matthias Rottner und M. Arch. Franz Arlart haben wertvolle inhaltliche Ergänzungen und Verbesserungen beigesteuert. Dipl-Ing. Michael Fleck hat uns vielfach sein Bauigenieurwissen und seine praktische Erfahrung mit großer Geduld zur Verfügung gestellt. Dank gebührt auch Herrn Harms vom Springer-Verlag.
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I Konstruieren
INHALTSÜBERSICHT DES GESAMTWERKS
BAND 1
BAND 2
GRUNDLAGEN
KONZEPTION
I
Konstruieren
II II-1 II-2 II-3
Struktur Ordnung und Gliederung Industrielles Bauen Maßordnung
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
Nachhaltigkeit Kontext Ökologie Ökonomie Soziales Ökobilanzen Recycling
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
Stoffe Materie Werkstoff Stein Beton Holz Stahl Bewehrter Beton (mit Matthias Rottner) Glas Kunststoff
V V-1 V-2 V-3 V-4 V-5
Bauprodukte (mit Matthias Rottner) Künstliche Steine Holzprodukte Stahlprodukte Glasprodukte Kunststoffprodukte
VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4 VI-5 VI-6
Funktionen Spektrum Kraftleiten (mit Dr. Matthias Weißbach) Thermohygrische Funktionen Schallschutz Brandschutz Dauerhaftigkeit (mit Matthias Rottner)
VII
Herstellung von Flächen
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Aufbau von Hüllen
IX IX-1 IX-2 IX-3 IX-4
Primärtragwerke (mit Dr. Matthias Weißbach) Grundlagen Typen Verformungen Gründung
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X X-1 X-2 X-3 X-4 X-5
Bauweisen (mit Matthias Rottner) Mauerwerksbau Holzbau Stahlbau Fertigteilbau Ortbetonbau
XI
Flächenstöße
XII XII-1 XII-2 XII-3 XII-4 XII-5 XII-6 XII-7 XII-8
Verbindungen (mit Dr. Matthias Weißbach) Grundlagen des Fügen Kraftübertragung Fügeverfahren Zusammensetzen An- und Einpressen Fügen durch Urformen Fügen durch Umformen Fügen durch Stoffvereinigen
XIII XIII-1 XIII-2 XIII-3 XIII-4 XIII-5 XIII-6 XIII-7 XIII-8 XIII-9
Äußere Hüllen (mit Matthias Rottner) Grundsätzliches Erdberührte Hüllen Schalensysteme Mehrschichtverbundsysteme Rippensysteme Punktgehaltene Hüllen Addierte Funktionselemente Membransysteme Öffnungen
XIV XIV-1 XIV-2 XIV-3 XIV-4
Innere Hüllen Grundsätzliches Horizontale Raumabtrennungen Vertikale Raumabtrennungen Öffnungen
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Maßstab Nachhaltigkeit Werkstoffe Funktionen Form Flächen Aufbau Bauweisen Verbinden Konstruieren
BAND 3
UMSETZUNG
BAND 4
PRINZIPIEN
Die einzelnenen Kapitel wurden von Prof. José Luis Moro und den in Klammern aufgeführten Mitautoren erarbeitet. Die Gesamtredaktion der 1. Auflage oblag Herrn Dr. Bernes Alihodzic.
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I
I Konstruieren
KONSTRUIEREN
1. Der Begriff der Konstruktion .................................. 2 1.1 Herstellung von Gebäuden..................................... 2 1.2 Definition des Begriffs Konstruieren ...................... 2 2. Der Prozess des Konstruierens............................... 4 2.1 Planen, Entwerfen, Konstruieren ........................... 4 2.2 Phasen des Konstruktionsprozesses ..................... 6 2.3 Methodik des Konstruierens .................................. 9 3. Entwerfen und Konstruieren ............................... 10 3.1 Einfluss der Konstruktion auf den Entwurf .......... 10 3.1.1 Der Begriff der Bauweise ........................... 12 3.1.2 Historische und traditionelle Bauweisen .... 12 3.1.3 Moderne Bauweisen .................................. 13 3.1.4 Kategorien von Bauweisen ......................... 13 3.1.5 Bedeutung von Bauweisen für den Planer . 14 3.2 Einfluss des Entwurfs auf die Konstruktion ........ 15 3.3 Harmonisierung von Entwurf und Konstruktion .. 16 3.4 Heutige Verhältnisse............................................ 16 4. Prinzipien des Konstruierens .................................. 17 4.1 Grundsätzliches.................................................... 17 4.2 Historische und moderne Prinzipien des Konstruierens ....................................................... 17 4.3 Der Weg vom Prinzip zum Detail und umgekehrt ............................................................ 18 Anmerkungen ................................................................. 20 Normen und Richtlinien ................................................... 20
II
STRUKTUR
II-1
Ordnung und Gliederung
1. Ordnung einer Baustruktur .................................... 24 1.1 Ordnung nach formalen Gesichtspunkten ........... 24 1.2 Ordnung nach funktionalen Gesichtspunkten ..... 26 1.3 Ordnung nach konstruktiven Gesichtspunkten.... 27 2. Gliederung einer Baustruktur ................................ 29 2.1 Gliederung nach formalen Gesichtspunkten ....... 29 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten .. 30 2.2.1 nach Hauptfunktionen ............................... 31 2.2.2 nach baulicher Einzelfunktion .................... 32 2.2.3 nach Grad und Qualität der Anforderung .. 32 2.3 Gliederung nach konstruktiven Gesichtspunkten 33 2.3.1 aus Einschränkungen des Werkstoffs ......33 2.3.2 aus dem Bauprinzip ...................................34 2.3.3 aus der industriellen Herstellung ...............38 2.3.4 aus der Organisation des Bauvorgangs.....38 2.4 Klassifizierung von Bauteilen nach ihrer konstruktiven Komplexität ..................................40 Anmerkungen ..................................................................43 Normen und Richtlninien .................................................43
XV
1. Technisch-kulturelle Entwicklungsstufen ............ 46
II-2
Industrielles Bauen
II-3
Maßordnung
2. Handwerkliche Produktion ..................................... 47 3. Industrielle Produktion .......................................... 49 3.1 Geschichtliche Entwicklung industriellen Bauens .................................................................50 3.2 Merkmale industrieller Produktion .......................54 4. Merkmale industriellen Bauens ............................. 54 4.1 Grundsätze industriellen Bauens ......................... 55 4.2 Einsatz neuer digitaler Planungs- und digital gesteuerter Fertigungstechniken im Bauwesen .58 4.3 Transport..............................................................59 4.4 Montage ..............................................................60 5. Die Montagefuge im industriellen Bauen ............. 60 Anmerkungen ................................................................ 62 Normen und Richtlinien ................................................... 62
1. Modulare Ordnung einer Gebäudestruktur..........64 1.1 Maß- und Modulordnungen im Bauwesen ..........64 1.2 Grundmaße und Baumaße................................... 67 2. Maßsysteme ............................................................. 68 2.1 Das oktametrische Maßsystem...........................68 2.2 Mauerschichten und -verbände ........................... 70 2.3 Mauerverbände – Beispiele ................................ 70 2.4 Bauen mit großformatigen Steinen ...................... 73 2.5 Modulordnung nach ISO 1006 und ISO 2848 ..... 74 2.5.1 Grundmodul............................................... 74 2.5.2 Horizontale Koordination ........................... 74 2.5.3 Vertikale Koordination – Ergänzungsmaße 76 2.5.4 Koordinationsräume .................................. 76 3. Der Raster.................................................................. 77 3.1 Bauteilbezug zum Raster ..................................... 77 3.2 Rasterüberlagerungen .........................................80 3.3 Beispiel: Kombination von Konstruktions- und Ausbauraster ........................................................ 82 4. Maßtoleranzen – maßliche Koordination an .......84 Bauteilstößen 4.1 Toleranzarten........................................................85 4.2 Maßtoleranzen, Begriffe; Beispiel: Einbau Fenster .................................................................85 4.3 Maßtoleranzen – Grenzabweichungen................. 87 Anmerkungen .................................................................94 Normen und Richtlinien ...................................................94
XVI
I Konstruieren
III
NACHHALTIGKEIT
III-1
Kontext
1. Nachhaltigkeit von Baukonstruktionen ................ 98 1.1 Der Begriff der Nachhaltigkeit .............................98 2. Zusammenfassende Bewertung der Nachhaltigkeit von Baukonstruktionen ................ 99 Anmerkungen ................................................................ 101 Normen und Richtlinien ................................................. 101
III-2
Ökologie
1. Ökologische Betrachtung ..................................... 104 2. Ökobilanz (Life-Cycle Assessment, LCA) ............ 104 2.1 Das betrachtete System .................................... 105 2.2 Systemgrenzen .................................................. 105 2.3 Phasen ............................................................... 105 2.4 Ökobilanz-Indikatoren......................................... 106 2.5 Umweltkennzeichnungen und -deklarationen von Produkten (Environmental Product Declaration, EPD) ............................................... 109 Anmerkungen ................................................................ 113 Normen und Richtlinien ................................................. 113
III-3
Ökonomie
1. Ökonomische Betrachtung (Lebenszykluskosten) ..................................................................... 116 2. Lebensdauer ........................................................... 117 2.1 Alterung ............................................................. 125 2.2 Obsoleszenz ....................................................... 125 3. Lebenszyklus .......................................................... 126 3.1 Neubau ............................................................... 126 3.2 Nutzung .............................................................. 126 3.2.1 Instandhaltung .......................................... 127 3.3 Erneuerung ........................................................ 128 3.4 Rückbau ............................................................. 128 4. Lebenszykluskostenrechnung (Life-Cycle Costing, LCC; Life-Cycle Cost Analysis, LCCA)... 131 4.1 Erstellungskosten sowie Kosten für Rückbau und Entsorgung .................................................. 132 4.2 Nutzungskosten ................................................. 132 4.3 Bauunterhaltskosten .......................................... 134 Anmerkungen ................................................................ 135 Normen und Richtlinien ................................................. 135
III-4
Soziales
1. Betrachtung der soziokulturellen Auswirkungen ........................................................ 138 2. Zugänglichkeit ........................................................ 138
XVII
3. Anpassungsfähigkeit ............................................. 138 4. Gesundheit und Behaglichkeit ............................. 138 5. Belastungen der banachbarten Bereiche............ 140 6. Instandhaltung ....................................................... 140 7. Sicherheit/Schutz .................................................. 141 8. Beschaffung von Materialien und Dienstleistungen .................................................... 142 9. Einbeziehung der Beteiligten (Stakeholder Involvement) ........................................................... 142 Normen und Richtlinien ................................................. 143 1. Konstruktionsrelevante Ökobilanzdaten ............ 146
III-5
Ökobilanzdaten
III-6
Recycling
2. Umweltproduktdeklarationen (EPD) ................... 147 2.1 EPD von Beton C20/25 ...................................... 146 2.2 EPD von Beton C30/37 ...................................... 147 2.3 EPD von Mauerziegeln....................................... 148 2.4 EPD von Konstruktionsvollholz .......................... 149 2.5 EPD von Nadelholz, getrocknet ......................... 150 2.6 EPD von Brettschichtholz (Standardausführung) ........................................................ 151 2.7 EPD von Baustahl .............................................. 152 2.8 EPD von Dreifach-Isolierglas ............................. 153 2.9 EPD von Mineralwolle (für Außenwände) .......... 154 2.10 EPD von XPS-Polystyrol-Dämmstoff ................. 155 3. Vergleichende Betrachtung der Ökobilanzdaten der wichtigsten Werkstoffe .................................. 156 Normen und Richtlinien ................................................. 157 1. Recycling und Entsorgung .................................... 160 2. Recycling von Beton .............................................. 161 2.1 Einsatz von Sekundärrohstoffen ........................ 164 2.1.1 Substitution primärer Energieträger .......... 164 2.1.2 Substitution primärer Rohstoffe ............... 164 2.1.3 Substitution des Portlandzementklinkers . 165 2.2 Verwertung von Festbeton ................................ 165 3. Recycling von Stahl ............................................... 167 4. Recycling von Mauersteinen ................................ 168 5. Recycling von Glas ................................................. 169
XVIII
I Konstruieren
6. Recycling von Kunststoffen .................................. 169 6.1 Recycling von Thermoplasten ............................ 170 6.1.1 Industrielle Recyclingverfahren von Thermoplasten ......................................... 171 6.2 Recycling von Elastomeren ................................ 172 6.2.1 Industrielle Recyclingverfahren von Elastomeren .............................................. 173 6.3 Recycling von Duroplasten und faserverstärkten Kunststoffen (GFK, CFK)................. 174 6.4 Rohstoffliches Recycling von Kunststoffen ....... 174 7. Recycling von Holz ................................................. 175 7.1 Arten der Wiederverwertung ............................ 175 7.2 Belastung durch schädliche Substanzen ........... 177 8. Recycling- und umweltgerechte Gestaltung von Baukonstruktionen ......................................... 178 8.1 Komponentenrecycling und stoffliche Verwertung ........................................................ 179 8.1.1 Komponentenrecycling ............................. 180 8.1.2 Werkstoffrecycling .................................... 181 8.2 Grundsätze einer recyclinggerechten Konstruktionsplanung ........................................ 182 Anmerkungen ................................................................ 184 Normen und Richtlinien ................................................. 185 IV
STOFFE
IV-1
Materie
1. Stoffe im Bauwesen............................................... 188 2. Energetische Wirkungen ....................................... 190 3. Elementarteile ........................................................ 190 4. Chemische Bindungskräfte................................... 191 5. Grundpartikel der Materie .................................... 192 6. Aggregatzustände.................................................. 193 7. Die stofflichen Bindungsarten.............................. 193 7.1 Atombindung...................................................... 194 7.2 Ionenbindung ..................................................... 194 7.3 Metallbindung .................................................... 196 7.4 Nebenvalenzbindungen...................................... 197 8. Die molekulare Stoffstruktur ............................... 198 8.1 Kristalle .............................................................. 198 8.2 Amorphe Stoffe ................................................. 201 8.3 Organische Molekülketten ................................. 201
XIX
9. Das Stoffgefüge ......................................................203 9.1 Mineralische Stoffe ............................................203 9.1.1 Natürliches Gestein...................................205 9.1.2 Künstliches Gestein ..................................205 9.2 Metallische Stoffe .............................................. 214 9.3 Organische Stoffe .............................................. 216 9.3.1 Holz ........................................................... 216 9.3.2 Kunststoffe ............................................... 217 10. Grenzflächen ........................................................220 11. Verformung ........................................................222 11.1 Temperaturdehnung .........................................223 11.2 Elastische Verformung .....................................223 11.2.1 Spannungs-Dehnungs-Diagramm ........223 11.3 Plastische Verformung ..................................... 224 11.3.1 Lastunabhängige plastische Verformungen ...................................... 224 11.3.2 Lastabhängige plastische Verformungen ...................................... 224 11.3.3 Bedeutung plastischer Verformungen im Bauwesen ...............228 12. Bruch .....................................................................229 13. Zersetzungsprozesse ..........................................232 14. Brandeinwirkung .................................................234 Anmerkungen ................................................................ 237 Normen und Richtlinien .................................................238 1. Werkstoffe im Bauwesen ......................................240
IV-2
Werkstoff
IV-3
Stein
2. Hauptwerkstoffe .................................................... 241 3. Materialgerechtigkeit ............................................242 4. Werkstoff und Nachhaltigkeit ..............................244 5. Klassifikation der Werkstoffe für Primärtragwerke ................................................. 245
1. Geschichtliche Entwicklungsstufen ....................248 2. Technische Entwicklungsstufen von Mauerwerk ............................................................ 248 3. Zusammensetzung des Mörtels...........................253 4. Klassifikation der Steine .......................................253 4.1 Natursteine.........................................................253
XX
I Konstruieren
4.2 Künstliche Steine ...............................................254 5. Mechanische Eigenschaften .................................255 6. Verformungsverhalten .......................................... 257 6.1 Lastunabhängige Verformungen........................ 257 6.2 Lastabhängige Verformungen............................258 6.2.1 Spannungs-Dehnungs-Diagramm ............258 7. Konstruktive Folgerungen ...................................259 8. Zusammenfassung.................................................260 9. Kennwerte ...............................................................260 Anmerkungen ............................................................... 261 Normen und Richtlinien ................................................. 261 IV-4
Beton
1. Geschichtliche Entwicklungsstufen ....................264 2. Zusammensetzung ................................................264 3. Materialstruktur .....................................................265 4. Mechanische Eigenschaften .................................265 5. Verformungsverhalten ..........................................266 5.1 Lastunabhängige Verformungen........................266 5.2 Lastabhängige Verformungen............................266 5.2.1 Spannungs-Dehnungs-Diagramm ............ 267 6. Konstruktive Folgerungen .................................... 267 7. Zusammenfassung.................................................269 8. Kennwerte ...............................................................269 Anmerkungen .............................................................. 270 Normen und Richtlinien ................................................. 270
IV-5
Holz
1. Geschichtliche Entwicklungsstufen .................... 272 2. Materialstruktur ..................................................... 272 2.1 Makroskopischer Aufbau ................................... 272 2.2 Mikroskopischer und submiskroskopischer Aufbau ................................................................ 274 3. Allgemeine Eigenschaften .................................... 276 4. Mechanische Eigenschaften ................................. 277 5. Verformungsverhalten .......................................... 278 5.1 Lastunabhängige Verformung............................ 278
XXI
5.2 Lastabhängige Verformung................................280 6. Konstruktive Folgerungen .................................... 281 7. Zusammenfassung.................................................282 8. Kennwerte ...............................................................283 Anmerkungen ..............................................................283 Normen und Richtlinien .................................................283 1. Geschichtliche Entwicklungsstufen ....................286
IV-6
Stahl
IV-7
Bewehrter Beton
2. Zusammensetzung ................................................286 3. Materialstruktur .....................................................287 4. Klassifikation der Stähle .......................................288 5. Allgemeine Eigenschaften ....................................290 6. Fertigungsverfahren ..............................................292 6.1 Warmverformung ...............................................292 6.2 Kaltverformung ..................................................293 6.3 Gießen................................................................294 7. Mechanische Eigenschaften .................................295 8. Verformungsverhalten ..........................................295 8.1 Lastunabhängige Verformung............................295 8.2 Lastabhängige Verformung................................296 9. Konstruktive Folgerungen .................................... 297 10. Zusammenfassung ............................................... 301 11. Kennwerte.............................................................. 301 Anmerkungen ..............................................................302 Normen und Richtlinien .................................................302 1. Geschichtliche Entwicklungsstufen ....................304 2. Mechanische Eigenschaften .................................305 3. Verformungsverhalten ..........................................306 3.1 Lastunabhängige Verformung............................307 3.2 Lastabhängige Verformung................................307 4. Brandschutz ............................................................308 5. Dauerhaftigkeit.......................................................308
XXII
I Konstruieren
6. Konstruktive Folgerungen ....................................309 7. Neue Entwicklungstendenzen im Betonbau ...... 310 7.1 Hochleistungsbeton (HLB) ................................. 311 7.1.1 Allgemeines............................................. 311 7.1.2 Bestandteile von HLB.............................. 311 7.2 Faserbetone ....................................................... 313 7.2.1 Allgemeines............................................. 313 7.2.2 Glasfasermodifizierter Beton (FMB) ........ 313 7.2.3 Glasfaserbeton (GFB) .............................. 313 7.2.4 Textilbewehrter Beton ............................. 314 7.2.5 Stahlfaserbeton (SFB).............................. 315 7.2.6 Kunststofffasermodifizierter Beton ......... 316 7.3 Selbstverdichtender Beton (SVB) ...................... 318 7.3.1 Gründe für zunehmenden Einsatz von SVB .................................................. 318 7.3.2 Allgemeines............................................. 319 7.3.3 Zusammensetzung .................................. 319 7.3.4 Anforderungen an die Verarbeitbarkeit ... 319 7.3.5 Fließfähigkeit ........................................... 320 7.3.6 Viskosität ................................................. 320 7.3.7 Gefügestabilität ....................................... 320 7.3.8 Blockierneigung ....................................... 320 7.3.9 Selbstentlüftungsfähigkeit....................... 320 7.3.10 Selbstnivellierungsfähigkeit ..................... 321 7.3.11 Sichtbetoneignung .................................. 321 7.3.12 Fertigteilbau mit SVB .............................. 321 8. Zusammenfassung.................................................322 9. Kennwerte ...............................................................322 Anmerkungen ................................................................323 Normen und Richtlinien ................................................. 324 IV-8
Glas
1. Geschichtliche Entwicklungsstufen .................... 326 2. Zusammensetzung ................................................ 326 3. Materialstruktur ..................................................... 327 4. Klassifikation der Gläser ....................................... 327 5. Allgemeine Eigenschaften ....................................329 6. Mechanische Eigenschaften .................................330 7. Bruchverhalten ....................................................... 331 8. Verformungsverhalten .......................................... 331 9. Konstruktive Folgerungen ....................................332
XXIII
10.
Kennwerte ..........................................................335
Anmerkungen ...............................................................335 Normen und Richtlinien .................................................336 1. Geschichtliche Entwicklungsstufen ....................338
IV-9
Kunststoff
2. Materialstruktur .....................................................338 3. Allgemeine Eigenschaften ....................................340 4. Mechanische Eigenschaften ................................. 341 5. Einige baurelevante Kunststoffe ..........................342 5.1 Polyethylen (PE) ................................................342 5.2 Polypropylen (PP) ..............................................343 5.3 Polyvinylchlorid (PVC) .......................................344 5.4 Polystyrol (PS) ...................................................345 5.5 Polymethylmethacrylat (PMMA) ......................346 5.6 Polytetrafluorethhylen (PTFE) ........................... 347 5.7 Polyamid (PA) ....................................................348 5.8 Polyurethan (PU) ...............................................348 5.9 Polycarbonat (PC)..............................................349 5.10 Polyisobutylen (PIB) ..........................................349 5.11 Ungesätigte Polyesterharze (UP) ......................349 5.12 Silikon (SI) ..........................................................349 Anmerkungen .............................................................. 351 V 1. Geschichte der künstlichen Steine ......................354 2. Gebrannte Ziegel ....................................................356 2.1 Ausgangsstoffe ..................................................356 2.2 Herstellung .........................................................356 2.3 Färbung ..............................................................356 2.4 Auswahlkriterien ................................................356 2.5 Nennmaße und Kenngrößen..............................357 2.6 Ziegelformen ......................................................358 2.7 Sonderziegel ...................................................... 361 3. Ungebrannte Mauersteine ....................................362 3.1 Kalksandsteine ...................................................362 3.1.1 Kurzbezeichnungen ...................................362 3.1.2 Steinformate .............................................363 3.1.3 Kennwerte.................................................363 3.2 Porenbetonsteine ...............................................364 3.2.1 Kurzbezeichnungen (genormte Porebetonsteinarten) ................................364 3.2.2 Kennwerte ................................................364 3.2.3 Porenbeton als Baumaterial ......................364 3.3 Beton- und Leichtbetonsteine ...........................366
V-1
BAUPRODUKTE Künstliche Steine
XXIV
I Konstruieren
3.3.1 Kurzbezeichnungen ...................................366 3.3.2 Kennwerte ................................................366 3.3.3 Bauen mit Steinen und Platten aus Beton und Leichtbeton .............................367 3.4 Hüttensteine ......................................................367 3.4.1 Kurzbezeichnungen ...................................367 3.4.2 Kennwerte ................................................367 3.5 Mantelbausteine ................................................368 4. Mauermörtel ...........................................................368 4.1 Normalmörtel (NM) ............................................ 370 4.2 Leichtmörtel (LM) .............................................. 370 4.3 Dünnbettmörtel (DM) ........................................ 371 4.3.1 Vermauern von porosiertem Ziegelmauerwerk ...................................... 371 4.4 Mittelbettmörtel (MM) ....................................... 371 4.5 Vormauermörtel (VM) ........................................ 372 4.6 Sonstige spezielle Mörtel .................................. 372 5. Mineralputze, Kunstharzputze und Wärmedämmverbundsysteme ............................. 372 5.1 Außenputze ........................................................ 373 5.2 Innenputze ......................................................... 373 5.3 Ausgangsstoffe .................................................. 373 5.4 Putzmörtelgruppen ............................................ 373 5.5 Lieferung und Anwendung ................................ 374 5.6 Putzaufbau ........................................................ 374 5.6.1 Putzdicken ................................................. 375 5.6.2 Putzsysteme .............................................377 5.6.3 Putzweisen ...............................................377 5.7 Wärmedämmende Putze und Putzsysteme ...... 377 5.7.1 Wärmedämmputze ...................................377 5.7.2 Wärmedämmverbundsystem (WDVS) .....377 Anmerkungen .............................................................. 379 Normen und Richtlinien ................................................. 379 V-2
Holzprodukte
1. Charakteristische Eigenschaften von Holz 384 1.1 Geschichtliche Entwicklung der Holzerzeugnisse .................................................384 1.2 Übersicht der Holzprodukte ...............................386 2. Vollhölzer ................................................................386 2.1 Baurundholz ....................................................386 2.2 Schnittholz .........................................................387 2.2.1 Güteklassen ..............................................387 2.2.2 Sortierklassen ...........................................388 2.2.3 Sortiermerkmale .......................................388 2.2.4 Querschnittsformen..................................389 2.3 Konstruktionsvollz/Bau(schnitt)holz ...................389 2.3.1 Konstruktionsvollholz (KVH) ......................389 3. Holzwerkstoffe .......................................................390
XXV
4. Holzwerkstoff aus Schnittholz ............................. 391 4.1 Keilgezinktes Bauholz ........................................392 4.2 Zusammengesetzte Schichtholzprodukte .........392 4.2.1 Duo- und Trioträger (oder Balkenschichtholz BaSH) .....................................393 4.2.2 Kreuzbalken ...............................................393 4.2.3 Brettschichtholz (BSH) ..............................393 4.2.4 Brettstapelholz ..........................................394 4.3 Brettsperrholz (BSPH, X-Lam) ...........................394 4.4 Holzbauelemente ...............................................396 5. Holzwerkstoffe aus Furnieren, Spänen oder Fasern ............................................................. 397 5.1 Lagenholzwerkstoffe (Sperr- und Schichtholz) ..397 5.1.1 Furniersperrholz (FU) ................................397 5.1.2 Schichtholz (SCH) .....................................398 5.1.3 Stabsperrholz ............................................398 5.2 Spanplatten ........................................................400 5.2.1 Spanstreifenhölzer ....................................400 3.2.2 Langspanplatten (OSB) .............................400 5.2.3 Flachpressplatten (FPY) ............................ 401 5.3 Holzfaserplatten ................................................. 401 5.3.1 Poröse Holzfaserplatten (SB) Holzfaserdämmplatten (HFD) ................... 401 5.3.2 Harte und mittelharte Holzfaserplatten ....403 5.3.3 Mitteldichte Holzfaserplatten (MDF) ........403 5.4 Holzwolle-Leichtbauplatten (HLW) ....................403 6. Zusammengesetzte Querschnitte .......................404 6.1 Geleimte Profilträger ..........................................404 6.1.1 Trigonit-Holzleimbauträger ........................404 6.1.2 Wellstegträger ..........................................404 6.1.3 Träger mit Plattenstegen...........................405 6.2 Fachwerkträger-Sonderbauweisen ....................405 6.2.1 Nagelplattenbinder....................................405 6.2.2 Greimbinder ..............................................405 Anmerkungen ...............................................................406 Normen und Richtlinien .................................................407 1. Geschichte der Herstellung von Eisen- und Stahlprodukten ...................................................... 410 1.1 Vorteile des Stahlbaus ....................................... 411 1.2 Baustähle ........................................................... 412 1.2.1 Warmgewalzter unlegierter Baustahl ...... 413 1.2.2 Schweißgeeigneter Feinkornstahl ........... 413 1.2.3 Wetterfester Baustahl ............................. 413 1.2.4 Nichtrostender Stahl................................ 413 2. Warmgewalzte Baustahlerzeugnisse .................. 414 2.1 Flacherzeugnisse ............................................... 415 2.2 Profilerzeugnisse................................................ 416 2.2.1 Stabstahl ................................................... 416
V-3
Stahlprodukte
XXVI
I Konstruieren
2.2.2 Formstahl .................................................. 416 2.2.3 Breitflanschstahl ....................................... 416 2.3 Hohlprofilerzeugnisse (Rohre) ............................ 416 2.4 Trägertypen im Stahlbau .................................... 416 2.4.1 P-Profil (schmaler P-Träger) ........................ 416 2.4.2 IPE-Profil (mittelbreiter P-Träger) ............... 416 2.4.3 IPB-Profil (Breitflanschträger) oder HE-Reihe........................................... 417 3. Kaltprofile................................................................ 417 3.1 Kaltumgeformte Hohlprofile............................... 417 3.2 Kaltgewalzte Trapezbleche................................. 417 3.3 Kaltgeformte Stahlprofile ................................... 418 3.3.1 Ausgangsmaterial für Trapezblech ............ 418 3.3.2 Tragfähigkeit unterschiedlicher Trapezbleche ............................................. 418 3.3.3 Verbunddeckenprofile ............................... 418 3.3.4 Kassettenaußenwand/Stahlkassetten ...... 419 3.3.5 PUR-Sandwichelemente/-Paneele ........... 420 4. Metallische Gusswerkstoffe .................................420 4.1 Gusseisen mit Lamellengraphit (GJL)................. 422 4.2 Gusseisen mit Kugelgraphit (GJS) ...................... 422 4.3 Temperguss (GJM) ............................................. 423 4.4 Stahlguss ............................................................ 423 5. Stranggepresste Metallprofile .............................423 6. Weitere Stahlprodukte ..........................................424 7. Betonstahl ...............................................................424 7.1 Betonstahl nach DIN 488 ................................... 424 7.2 Betonstahlfasern ................................................ 425 7.3 Spannstähle im Spannbetonbau ........................ 426 7.4 Seile, Bündel und Kabel ..................................... 427 Anmerkungen ............................................................... 429 Normen und Richtlinien ................................................. 429 V-4
Glasprodukte
1. Geschichtliche Entwicklung des transparenten Raumabschlusses.........................434 2.1 Heutige Verfahren zur Glasherstellung .............435 2.1 Gussglasverfahren ..............................................435 2.2 Floatglasverfahren ..............................................436 3. Wichtige Kennwerte ..............................................436 3.1 g-Wert ................................................................436 3.2 U-Wert ...............................................................437 4. Funktionsgläser ......................................................438 4.1 Isoliergläser ........................................................438 4.1.1 Wärmeschutzgläser ..................................439
XXVII
4.2
4.3 4.4 4.5 4.6
4.1.2 Sonnenschutzgläser .................................440 4.1.3 Schallschutzgläser .................................... 441 4.1.4 Isolierverglasung mit Lichtumlenkung .....442 4.1.5 Sichtschutzgläser .....................................443 Sicherheitsgläser................................................445 4.2.1 Einscheibensicherheitsglas (ESG) ............445 4.2.2 Verbundsicherheitsglas (VSG) .................446 4.2.3 Teilvorgespanntes Glas (TVG)..................446 4.2.4 Drahtglas ..................................................446 Lamellenfenster .................................................447 U-Glas ................................................................447 Glassteine ..........................................................448 Betongläser ........................................................449
5. Transparente Wärmedämmung (TWD) ...............449 5.1 Wirkprinzip .........................................................449 5.2 Aerogele ............................................................. 451 6. Anpassungsfähige Systeme ................................. 451 Anmerkungen ...............................................................452 Normen und Richtlinien .................................................453 1. Einsatz im Bauwesen.............................................456
V-5
Kunststoffprodukte
VI
FUNKTIONEN
VI-1
Spektrum
2. Einige baurelevante Kunststoffprodukte............456 2.1 Produkte aus Polyethylen (PE) ..........................456 2.2 Produkte aus Polypropylen (PP) .......................456 2.3 Produkte aus Polyvinylchlorid (PVC) .................457 2.4 Produkte aus Polystyrol (PS) .............................457 2.5 Produkte aus Polymethylmethacrylat (PMMA) 459 2.6 Produkte aus Polytetrafluorethylen (PTFE) ......460 2.7 Produkte aus Polyamid (PA) ..............................460 2.8 Produkte aus Polyurethan (PU) .........................461 2.9 Produkte aus Polycarbonat (PC) .......................462 2.10 Produkte aus Polyisobutylen (PIB) ....................462 2.11 Produkte aus ungesättigten Polyesterharzen (UP).........................................462 2.12 Produkte aus Silikon (SI) ...................................462 Anmerkungen ................................................................464
1. Hierarchie der Funktionen ....................................468 1.1 Die Nutzung von Gebäuden ...............................468 1.2 Bauliche Grundfunktion .....................................469 1.3 Bauliche Hauptfunktionen.................................. 471 1.4 Bauliche Einzel- oder Teilfunktionen .................. 471 1.5 Nachhaltigkeit .................................................... 472 2. Haupt- und Teilfunktionen im Einzelnen............. 474 2.1 Tragen ................................................................ 474
XXVIII
I Konstruieren
2.2 Einhüllen............................................................. 476 2.3 Ver- und Entsorgen ............................................ 477 3. Zuweisen von Teilfunktionen an Bauteile........... 479 4. Die elementaren Teilfunktionen von Hüllbauteilen im Gebäudezusammenhang ...................... 481 4.1 Kraftleiten ..........................................................481 4.2 Schutz vor Feuchte ............................................484 4.3 Windschutz ........................................................486 4.4 Wärmeschutz .....................................................486 4.5 Schutz vor unkontrolliertem Dampfeintritt .........487 4.6 Ausdiffundieren von Dampf ...............................489 4.7 Akustik ...............................................................489 4.8 Brandschutz .......................................................491 5. Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit ...........................492 Anmerkungen ...............................................................494 Normen und Richtlinien .................................................494 VI-2
Kraftleiten
1. Vorbemerkung ........................................................496 1.1 Kategorien von Tragwerken ..............................496 1.2 Zuweisung von Kraftleitungsfunktionen an Bauteile .........................................................496 1.3 Primärtragwerk und Morphologie des Gebäudes ...........................................................498 2. Grundlegende Begriffe ..........................................498 2.1 Prämisse ............................................................499 2.2 Äußere Belastung ..............................................499 2.3 Lagerung ............................................................504 2.4 Form ...................................................................507 2.5 Arten von Schnittkräften im System – aus Belastung, Form und Lagerung des Bauteils.....508 2.6 Spannungen ....................................................... 512 3. Vergleichende Betrachtung von Biegemomenten/Querkräften und axialen Beanspruchungen bzw. Membranspannungen .................. 513 4. Materielle Ausführung von Hüllbauteilen........... 514 4.1 Biegesteife Systeme ......................................... 514 4.2 Bewegliche Systeme ......................................... 514 5. Form und Kraftleitung ........................................... 516 6. Schnittkräfte im Bauteil ........................................ 517 6.1 Schnittkräfte im stabförmigen Bauteil ............... 518 6.2 Schnittkräfte im ebenen Bauteil ........................ 520 6.3 Schnittkräfte in einem Kontinuum .....................522
XXIX
7. Elementare Bauteile und exemplarische Lastfälle – Verformungen, Beanspruchungen im Bauteil ................................................................ 524 7.1 Einfache stabförmige Bauteile ........................... 528 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast................ 528 7.1.2 Einfeldträger mit einseitigem Kragarm unter Streckenlast ..................................... 528 7.1.3 Einfeldträger mit zweiseitigem Kragarm unter Streckenlast .....................................532 7.1.4 Kragträger unter Streckenlast ...................534 7.1.5 Zweifeldträger unter Streckenlast ............536 7.1.6 Dreifeldträger unter Streckenlast..............538 7.1.7 Druckstab..................................................540 7.1.8 Zugstab ..................................................... 541 7.1.9 Bogen unter Streckenlast .........................542 7.1.10 Seil ........................................................... 543 7.2 Zusammengesetzte stabförmige Bauteile .........544 7.2.1 Zweigelenkrahmen unter Streckenlast .....544 7.2.2 Dreigelenkrahmen unter Streckenlast ......548 7.3 Flächige ebene Bauteile .....................................552 7.3.1 Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Streckenlast rechtwinklig zum Lager .................................................552 7.3.2 Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Eigenlast rechtwinklig zum Lager .................................................553 7.3.3 Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Streckenlast parallel zum Lager .................................................554 7.3.4 Einseitig linear eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast .....556 7.3.5 Mittig linear eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast .....558 7.3.6 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ................................................560 7.3.7 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen..................562 7.3.8 Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ................................................564 7.3.9 Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen..................565 7.3.10 Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ............................................... 570 7.3.11 Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen ................ 571 7.3.12 Mittig punktuell eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast .... 576
XXX
I Konstruieren
8. Kritische Versagenmechanismen ........................580 9. Bauliche Umsetzung der Kraftleitungsfunktion im Element – Strukturprinzip des Bauteils .........582 9.1 Vollwandiges Element........................................584 9.1.1 Vierseitig linear gelagerte Platte ...............586 9.1.2 Punktuell gelagerte Platte ........................589 9.2 Element aus gemäß y/z aneinandergelegten Stäben ................................................................592 9.3 Element aus Bausteinen ....................................596 9.3.1 Kreuzfugengeometrie ...............................596 9.3.2 Verband – druckkraftwirksame Übergreifung .............................................596 9.3.3 Verband – haftungswirksame Übergreifung .............................................602 9.4 Element aus einachsig gespannten Rippen .......605 9.5 Element aus zwei- oder mehrachsig gespannten Rippen ............................................620 9.5.1 Linear gelagertes Rippenelement .............623 9.5.2 Punktuell gelagertes Rippenelement........627 9.5.3 Vergleich gerichtete – ungerichtete Rippensysteme .........................................627 9.6 Element aus beplanktem Rahmen ....................631 9.7 Mehrschichtverbundelement ............................632 9.8 Pneumatisch vorgespannte Membran ..............632 9.9 Mechanisch vorgespannte Membrane ..............635 Anmerkungen ...............................................................639 Normen und Richtlinien .................................................639 VI-3
Thermohygrische Funktionen
1. Die thermohygrischen Schutzfunktionen ...........642 1.1 Schutz vor Feuchte ............................................642 1.1.1 Einstufiger Feuchteschutz ........................643 1.1.2 Mehrstufiger Feuchteschutz.....................645 1.2 Windschutz ........................................................646 1.3 Wärmeschutz .....................................................648 1.4 Schutz vor unkontrolliertem Dampfeintritt .........649 2. Das Zusammenwirken der Funktionsschichten in der Hüllkonstruktion .........................................650 2.1 Prinzipielle Kombinationsmöglichkeiten von feuchterelevanten Funktionsschichten ..............652 2.1.1 Sandwich-Prinzip ......................................652 2.1.2 Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz und einstufiger Dampfsperre ........652 2.1.3 Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz und (teildurchlässiger) Dampfbremse ...........................................654 2.1.4 Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz, (teildurchlässiger) Dampfbremse und einer dampfabführenden Luftschicht ...............................654
XXXI
2.1.5 Kombination von einstufigem, diffusionsoffenem Feuchteschutz mit Dampfbremse durch Diffusionswiderstand des Bauteils ..............................................654 2.1.6 Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz mit dampfbremse durch Diffusionswiderstand des Bauteils ...................654 3. Konstruktive Aufbauten hinsichtlich ihrer thermohygrischen Funktionsweisen ..................... 656 3.1 Sandwichpaneel .................................................656 3.2 Isolierglasscheibe ..............................................656 3.3 Holzfensterprofil ................................................658 3.4 Aluminiumfensterprofil ......................................658 3.5 Nicht belüftetes Flachdach ................................660 3.6 Umkehrdach ......................................................662 3.7 Einschalige Außenwand aus porosiertem Mauerwerk.........................................................664 3.8 Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem ......................664 3.9 Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Außendämmung und vorgehängter Wetterhaut .........................................................666 3.10 Zweischalige Außenwand aus Mauerwerk mit Kerndämmung .............................................668 3.11 Leichte Außenwand in Holzrippenbauweise .... 670 3.12 Nicht belüftetes geneigtes Dach ...................... 672 3.13 Belüftetes geneigtes Dach................................ 674 3.14 Kelleraußenwand .............................................. 676 3.15 Kellersohle (Dämmung unterseitig) ................... 678 3.16 Kellersohle (Dämmung oberseitig) .................... 678 4. Kontinuität der Funktionen ..................................680 Anmerkungen ...............................................................682 1. Akustik.....................................................................684 2. Schall .......................................................................684 2.1 Physikalische Grundlagen ..................................684 3. Schallschutz ............................................................686 3.1 Bauakustische Grundfunktionen von Hüllbauteilen ......................................................686 3.2 Subjektives Hörempfinden ................................687 3.3 Luftschallschutz .................................................688 3.3.1 Schalldämmmaß .......................................688 3.3.2 Luftschalltechnisches Verhalten von Bauteilen ............................................689 3.3.3 Bauliche Varianten zweischaliger Hüllbauteile ...............................................698 3.4 Trittschallschutz ................................................. 702
VI-4
Schallschutz
XXXII
I Konstruieren
3.4.1 Trittschalldämmmaß................................ 702 3.4.2 Trittschalltechnisches Verhalten von Decken ...............................................704 3.4.3 Verbesserung des Trittschallschutzes durch Bodenbeläge ...................................704 3.4.4 Verbesserung des Trittschallschutzes durch schwimmende Estriche...........................704 3.4.5 Verbesserung des Trittschallschutzes durch Unterdecken ............................................706 3.5 Besonderheiten des Schallschutzes von Fenstern ......................................................708 Anmerkungen ................................................................ 712 Normen und Richtlinien ................................................. 713 VI-5
Brandschutz
1. Allgemeine Ziele des Brandschutzes................... 716 2. Grundsätze des vorbeugenden baulichen Brandschutzes ......................................................... 716 3. Baurecht .................................................................. 717 4. Konstruktionsrelevante brandschutztechnische Maßnahmen ........................................ 717 5. Brandverhalten von Werkstoffen aus der Perspektive des Baurechts und der Normung ... 718 5.1 Klassifikation gemäß DIN 4102 .......................... 718 5.1.1 Nichtbrennbare Baustoffe ......................... 718 5.1.2 Brennbare Baustoffe ................................. 719 5.1.3 Die Werkstoffe für Primärtragwerke ........ 719 5.2 Klassifikation gemäß DIN EN 13501-1 ............... 721 5.2.1 Rauchentwicklung (s) ................................ 722 5.2.2 Brennendes Abtropfen/Abfallen (d) .......... 722 6. Brandverhalten von Bauteilen ..............................722 6.1 Feuerwiderstandsdauer gemäß DIN 4102......... 722 6.1.1 Feuerwiderstandsklassen ......................... 723 6.2 Feuerwiderstandsfähigkeit gemäß DIN EN 13501-2 ................................................. 724 7. Zusammenhang zwischen Baustoffklasse und Feuerwiderstandsklasse bzw. -fähigkeit ............ 726 8. Bautechnische Brandschutzmaßnahmen ........... 727 9. Einflussfaktoren auf den Feuerwiderstand ........ 727 9.1 Konstruktive Maßnahmen zur Erhöhung des Feuerwiderstands .............................................. 729 10. Konstruktive Brandschutzmaßnahmen am baulichen Regeldetail........................................... 730 10.1 Bauteile aus Mauerwerk .................................730
XXXIII
10.2 Bauteile aus Stahlbeton ..................................730 10.2.1 Balkenförmige Bauteile ....................... 731 10.2.2 Decken ................................................732 10.2.3 Fertigteildecken ..................................732 10.2.4 Stützen ................................................734 10.2.5 Wände .................................................734 10.3 Bauteile aus Holz ............................................736 10.3.1 Balkenförmige Bauteile .......................738 10.3.2 Stützen ................................................738 10.3.3 Holztafelwände ...................................739 10.3.4 Holzdecken ......................................... 740 10.3.5 Dächer................................................. 744 10.4 Bauteile aus Stahl ........................................... 744 10.4.1 Verhältniswert U/A .............................. 744 10.4.2 Konstruktionsgrundsätze .................... 746 10.4.3 Balkenförmige Bauteile ....................... 746 10.4.4 Stützen ................................................ 747 10.5 Unterdecken ...................................................750 10.6 Verbundkonstruktionen ................................... 752 10.7 Verglasungen .................................................. 752 Anmerkungen ...............................................................758 Normen und Richtlinien .................................................758 1. Dauerhaftigkeit von Bauwerken .......................... 762 2. Korrosion von metallischen Werkstoffen ........... 764 2.1 Typische Korrosionsarten ...................................764 2.1.1 Korrosion in Mulden ................................764 2.1.2 Kontaktkorrosion .....................................764 2.1.3 Korrosion im Wassertropfen ...................766 2.1.4 Spaltkorrosion ..........................................766 2.1.5 Lochkorrosion .......................................... 767 2.2 Korrosionsschutzmaßnahmen ...........................768 2.2.1 Planungsaspekte zum Korrosionsschutz.768 2.2.2 Konstruktive Maßnahmen .......................768 2.2.3 Bauphysikalische Maßnahmen ................768 2.3 Korrosionsschutzverfahren ................................768 2.3.1 Flüssiges Beschichten............................. 770 2.3.2 Gelöste Beschichtungsverfahren – metallische Überzüge.............................. 770 2.3.3 Passivierung ............................................772 2.3.4 Nichtrostende Stähle ...............................772 2.3.5 Kathodischer Schutz................................773 3. Korrosion im Stahlbeton ....................................... 774 3.1 Carbonatisierung ................................................ 774 3.2 Chlorideinwirkung .............................................. 776 3.3 Rissbildung ......................................................... 776 3.4 Instandsetzung von Beton ................................ 776 4. Holzschutzmaßnahmen ........................................ 778 4.1 Vorbeugende Schutzmaßnahmen .....................778
VI-6
Dauerhaftigkeit
XXXIV
I Konstruieren
4.1.1 Materialgerechte Holz- und Verbindungsmittelverwendung.................778 4.1.2 Organisatorischer Holzschutz ...................779 4.1.3 Baulich-konstruktiver Holzschutz ..............780 4.1.4 Chemischer Holzschutz ............................782 4.1.5 Biologischer Holzschutz ............................784 Anmerkungen ...............................................................784 Normen und Richtlinien .................................................784
ANHANG
Index .............................................................................644 Literaturverzeichnis ...................................................654 Bildnachweis ............................................................... 661 Sponsoren ...................................................................665
11
DETAILSCHNITT AA' M 1:5
10 9
XXXVI
10
I Konstruieren
I KONSTRUIEREN 7 5
8
9 6
7
6
8
Det M1
5
4 HEB 360
HEB 360
01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
4 Wand-Hauptträger Anschluss Detailschnitt M 1:5 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Tragende Schicht 300 mm Wärmedämmung 120 mm Vorsatzschale 140 mm Hauptträger HEB 360 mm Nebenträger HEB 200 mm Verband Trapezblech 40 mm Gefälledämmung 200 mm
12
1
3
2
3
4
5
6
7
8 9 Wand M 1:5 01 Tragende Schicht 300 mm 02 Wärmedämmung 120 mm 03 Vorsatzschale 140 mm
1 10
2
12
6
3
Fußpunkt Wand Detailschnitt M 1:5 Kiesschüttung Trennlage Fundament Polyurethan Beschichtung 3 mm Estrich 50 mm Trennlage Hartschaum Sperrbahn Beton Platte 200 mm Fundament
1
2
3
3
2
Dachebgrünung 50 mm Attika Streckmetall Höhe 5cm
1
01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
2
1
4
10
5
6
7
8
9
11
Platform Detail M 1:5 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Polyurethan Beschichtung (satin Zementestrich mit Fußbodenheiz Trittschalldämmung 28/30 mm Wärmedämmung 30mm PE Folie Betondecke 200 mm Brüstung VSG aus 2xESG 10 mm Stahlblech Winkel 8mm Abdekung (Pressleiste) Weissgetöntes Glas (Transluzent Abgehängte Decke (Gipskartonp
1. Der Begriff der Konstruktion.........................................2 1.1 Herstellung von Gebäuden....................................2 1.2 Definition des Begriffs Konstruieren .....................2 2. Der Prozess des Konstruierens.....................................4 2.1 Planen, Entwerfen, Konstruieren ..........................4 2.2 Phasen des Konstruktionsprozesses ....................6 2.3 Methodik des Konstruierens .................................9 3. Entwerfen und Konstruieren .......................................10 3.1 Einfluss der Konstruktion auf den Entwurf .........10 3.1.1 Der Begriff der Bauweise .........................12 3.1.2 Historische und traditionelle Bauweisen ..12 3.1.3 Moderne Bauweisen .................................13 3.1.4 Kategorien von Bauweisen .......................13 3.1.5 Bedeutung von Bauweisen für den Planer ............................................14 3.2 Einfluss des Entwurfs auf die Konstruktion ........15 3.3 Harmonisierung von Entwurf und Konstruktion .................................................16 3.4 Heutige Verhältnisse ...........................................16 4. Prinzipien des Konstruierens ......................................17 4.1 Grundsätzliches ...................................................17 4.2 Historische und moderne Prinzipien des Konstruierens ...............................................17 4.3 Der Weg vom Prinzip zum Detail und umgekehrt ....................................................18 Anmerkungen...................................................................20 Normen und Richtlinien ...................................................20
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_1
2
1. 1.1
I Konstruieren
Der Begriff der Konstruktion Herstellung von Gebäuden
Für menschliche Bedürfnisse gebrauchstaugliche Behausungen wurden selbst in vorgeschichtlichen Zeiten nur sehr selten in der natürlichen Umgebung vorgefunden, sondern mussten zumeist in einem mehr oder weniger komplexen technischen Herstellungsprozess gefertigt werden. Zu diesem Zweck musste man geeignete Baumaterialien gewinnen, bearbeiten sowie daraus hergestellte Teile zu einem Gesamtgefüge zusammenbauen. Heutige Bauwerke werden – insbesondere angesichts der hohen Anforderungen, die gegenwärtig mit der Gebrauchstauglichkeit verknüpft werden – ohne Ausnahmen technisch hergestellt. Eine Besonderheit des Bauwesens ist die deutliche Unterscheidung zwischen der Werksfertigung und den Arbeiten auf der Baustelle. Unter dem Oberbegriff der Herstellung von Bauwerken werden deshalb in der Fachsprache zumeist die drei Phasen: • der Fertigung im stationären Werk; • des Transports vom stationären Werk zur Baustelle; • der Montage auf der Baustelle subsumiert.1 Deshalb sollte der Begriff Fertigung, der in anderen Techniksparten für alle Produktionsprozesse verwendet wird, im Bauwesen nur auf die im Werk stattfindenden Verfahren angewandt werden.
1.2
Definition des Begriffs Konstruieren DIN 8580
Aus der Klassifikation der Vorgänge des Herstellungsprozesses wird deutlich, dass dieser mit einer: • Umwandlung ausgesuchter geeigneter Werkstoffe: ihrer Formung, ggf. einer Veränderung ihrer Stoffeigenschaften sowie in den meisten Fällen einer: • Fügung von Einzelteilen aus diesen Werkstoffen zu einem kompletten Bauwerk verbunden ist. Das derart entstehende Gesamtgefüge bezeichnet man als Konstruktion eines Bauwerks:
Duden „Das Herkunftswörterbuch“, 1989
Konstruktion: aus lat. constructio "Zusammenschichtung"
wobei dieser Begriff im Bauwesen in der Regel auf fachspezifische Weise aufgefasst wird: er meint nicht den eigentlichen Vorgang des Zusammenbauens einer Baustruktur, den Bauvorgang, sondern: • sowohl das zusammengebaute Endprodukt, also das Gefüge aus einzelnen Teilen; man spricht dann von der Konstruktion. Um den Besonderheiten der Konstruktionen im Bauwesen Ausdruck zu verleihen, verwendet man darüber hinaus den Begriff der Baukonstruktion;
3
• als auch die Planung und Vorbereitung: •• der Formung von Einzelteilen aus einem bestimmten ausgewählten Werkstoff, also die Festlegung ihrer Geometrie, sowie erforderlichenfalls: •• der technischen Beeinflussung ihrer Stoffeigenschaften; •• der Lage von Einzelteilen zueinander im Gesamtgefüge des Bauwerks, also die Festlegung der Geometrie der Gesamtstruktur; •• der Art der Fügung einzelner Teile miteinander. Man spricht bei diesen planerischen Prozessen dann vornehmlich vom Vorgang des Konstruierens. Um die Besonderheiten dieses Planungsvorgangs, bei dem die Merkmale des Bauwerks als technisches Gebilde definitiv in all ihren Details festgelegt werden, zu verstehen, werden wir den Prozess des Konstruierens ( 1) im Folgenden in seinen wichtigsten Ablaufphasen näher untersuchen.
Hauptgruppen 1 Urformen
2 Umformen
3 Trennen Herstellungsverfahren 4 Fügen
5 Beschichten
6 Stoffeigenschaft ändern
1 Klassifikation der Herstellungsverfahren in Anlehnung an DIN 8580. Das Verfahren 4 Fügen ist Gegenstand des Kapitels XII im Band 3 dieses Werks. Im Bauwesen findet üblicherweise ein Teil dieser Vorgänge im Werk, ein anderer auf der Baustelle statt.
4
2.
I Konstruieren
Der Prozess des Konstruierens Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)
Abschn. 2.3 Methodik des Konstruierens, S. 9
2.1
Planen, Entwerfen, Konstruieren
Der Prozess des Konstruierens ist im übergreifenden Pla-nungsprozess des Gebäudes integriert. Er stellt im Sinn der HOAI eine Leistungsphase dar, die im Wesentlichen mit dem Abschnitt 5 Ausführungsplanung zusammenfällt. Das Schaubild auf 2 zeigt den Planungsablauf nach HOAI §15 und kennzeichnet anhand der Feldgröße und mittels Prozentzahlen die jeweiligen Anteile der Phasen an der Gesamtleistung. Gleichzeitig wird grafisch deutlich gemacht, dass Überlegungen zur Konstruktion Einfluss auf andere Planungsphasen ausüben. Dies kann entweder dadurch geschehen, dass in frühen Planungsphasen konstruktive Entscheidungen bereits vorweggenommen werden – das erfolgt gewissermaßen innerhalb des Hauptplanungsstrangs – oder durch Iterationsschritte, also Schleifen, bei denen man zu einer früheren Planungsphase zurückkehrt (man ist dann allerdings klüger als zuvor). Zu diesem außerordentlich wichtigen Gesichtspunkt wird später mehr zu sagen sein. Bevor man den Konstruktionsprozess näher untersucht, empfiehlt es sich, eine Abgrenzung zwischen den Begriffen Planen, Entwerfen und Konstruieren zumindest versuchsweise vorzunehmen. Die Fachsprache im Bauwesen ist hier nicht eindeutig. Aus dem üblichen Sprachgebrauch lässt sich Folgendes entnehmen: • Planen umschreibt den allgemeinen Vorgang und ist nicht notwendigerweise auf die Definition einer Baustruktur, nicht einmal eines physischen Objekts beschränkt. Man plant auch einen Wochenendausflug. Planung umfasst alle Bereiche des menschlichen Lebens, bei denen sich Vorgänge durch systematisches Vorausdenken steuern lassen;
Entwerfen: „Das Entwerfen umfasst das Gestalten sowie das Planen, Steuern und Überwachen des Gestaltungsprozesses“ (VDI 2223, Glossar) Konstruieren: „Gesamtheit aller Tätigkeiten, mit denen – ausgehend von einer Aufgabenstellung – die zur Herstellung und Nutzung eines Produkts notwendigen Informationen erarbeitet werden und in der Festlegung der Produktdokumentation enden. Diese Tätigkeiten schließen die vormaterielle Zusammensetzung der einzelnen Funktionen und Teile eines Produkts, den Aufbau zu einem Ganzen und das Festlegen aller Einzelheiten ein.“ (VDI 2221, 6. Begriffe)
• Entwerfen ist demgegenüber im Sprachgebrauch des Bauwesens stärker auf die eindeutige und vollständige Festlegung einer Bauform beschränkt. Anders als in verwandten Techniksparten bezieht sich im Bauwesen der Begriff Entwerfen zumeist auf die Festlegung des übergeordneten Gebäudeentwurfs. Man kann zwar auch über den Entwurf eines konstruktiven Details oder vom Entwurf einer Konstruktion reden, doch man bezieht den Begriff grundsätzlich eher auf den Gesamtentwurf. Es schwingt zumeist auch eine künstlerische Komponente mit, die oftmals als das entscheidende Abgrenzungskriterium des Entwerfens gegenüber dem Planen empfunden wird; • Konstruieren bezieht sich – wie eingangs ausgeführt – auf die vollständige und detaillierte technische und geometrische Definition einer Baustruktur im Hinblick auf Werkstoff und Herstellung.
5
1 Grundlagenermittlung
3%
2 Vorplanung (Projekt- und Planungsvorbereitung) 7% 3 Entwurfsplanung (System- und Integrationsplanung)
11% 4 Genehmigungsplanung 6%
25%
Iteration
5 Ausführungsplanung
6 Vorbereitung der Vergabe
10% 7 Mitwirkung bei der Vergabe 4% 8 Objektüberwachung (Bauüberwachung)
31% 9 Objektbetreuung und Dokumentation
3%
2 Leistungsphasen nach HOAI §15. Darstellung des Planungsablaufs bei der Gebäude- oder Objektplanung mit zugehörigem prozentualen Anteil am Gesamtleistungsbild. Kernphase und Einflussbereich der Konstruktionsplanung in abgestuften Grautönen dargestellt.
6
I Konstruieren
Man kann vereinfachend feststellen, dass Planen der übergeordnete Begriff ist, der Entwerfen und Konstruieren umfasst. Letztere Begriffe wiederum beschreiben zwei Planungsphasen mit spezifischem Charakter, stehen indessen – wie wir sehen werden – in enger Wechselbeziehung zueinander. 2.2
Phasen des Konstruktionsprozesses
Ähnlich wie die HOAI den gesamten Planungsprozess in einzelne Phasen untergliedert, lässt sich auch der Prozess des Konstruierens in Abschnitte unterteilen. Es darf nicht aus dem Blickfeld geraten, dass es sich bei diesen Gliederungen lediglich um vergleichsweise grobe Modelle handelt, die einen Beitrag zu einer stärkeren Strukturierung, Systematisierung und Bewusstwerdung der Vorgänge leisten. Sie sollen Hilfestellung für ein rationelleres und effizienteres Arbeiten geben, sie dürfen aber niemals den freien Fluss der individuellen, konzentrierten Reflexion und des schöpferischen Denkens behindern, welche (nach wie vor) die Grundlage jedes erfolgreichen Planungs-, und damit auch Konstruktionsprozesses ausmachen. In Anlehnung an konstruktionswissenschaftliche Arbeiten2 lassen sich vier Hauptphasen des Konstruktionsprozesses unterscheiden: • Klären der Aufgabe: Dieser Schritt besteht im Wesentlichen darin, aus den bereits existierenden planerischen Vorgaben aus dem Gebäudeentwurf die Rahmenbedingungen bzw. Anforderungen oder Aufgaben abzuleiten, welche die Konstruktion zu erfüllen hat. Diese dienen als Vorgabe für ihre Umsetzung in detaillierte Konstruktion, die schrittweise in den folgenden Phasen stattfindet: • Konzipieren: Diese Phase stellt einen wichtigen Abstraktionsprozess des Konstruierens dar, durch welchen: •• die wesentlichen Probleme formuliert werden, die es zu lösen gilt;
Wirkprinzip: „Grundsatz, nach dem eine Wirkung erfolgt.“ (VDI 2223, Glossar)
Prinzip: „Anfang, der alles aus ihm Folgende bestimmt, der Ursprung, der Grundsatz.“ (VDI 2221, 6. Begriffe)
•• nach geeigneten physikalischen und mechanischen Wirkprinzipien gesucht wird, die eine mögliche Antwort auf die Probleme geben. Wirkprinzipien beschreiben den physikalischen Effekt sowie die wesentlichen physikalischen und stofflichen Merkmale, die für die Erfüllung einer baulichen Aufgabe oder Funktion grundsätzlich infrage kommen; •• ein Lösungsprinzip oder -konzept ausgewählt wird, das ausgehend vom gewählten Wirkprinzip einen weiteren Konkretisierungsschritt hin zur Materialisierung der Konstruktion vollzieht; •• Lösungsvarianten festgelegt werden, welche die konkretere technische Umsetzung des gewählten Lösungsprinzips formulieren.
7
Die Arbeitsphase des Konzipierens stellt einen methodisch außerordentlich wichtigen Vorgang dar, da er bereits im Vorfeld verhindert, dass der Schritt vom Anforderungsprofil und dem Problem zur konkreten konstruktiven Lösung zu schnell vollzogen wird, gewissermaßen aus einem Gewohnheitsreflex, auf konventionelle Ansätze zurückgreifend, ohne die ganze Bandbreite der denkbaren Wirk- oder Lösungsprinzipien auszuloten. Der wichtige Abstraktionsvorgang, der mit dem Konzipieren einhergeht, ist – neben der Prüfung unterschiedlicher Wirkprinzipien, die allerdings nicht immer zur Verfügung stehen – insbesondere die Untersuchung von alternativen Lösungsprinzipien, die ihrerseits wiederum eine breite Auswahl an konstruktiven Lösungen eröffnen. Die dadurch aufgespannte Bandbreite des Lösungsfelds schärft den Blick des Konstrukteurs und erweitert seine Erfolgsaussichten beträchtlich. Besonders zu dieser zentralen konzeptionellen Arbeitsphase versucht das vorliegende Werk einen Beitrag zu leisten, indem für konstruktive Problemformulierungen jeweils alternative abstrakte Lösungsprinzipien aufgezeigt und diskutiert werden, bevor auf die definitive Ausführung eingegangen wird; • Entwerfen der Konstruktion: Mit allen bereits oben formulierten Vorbehalten hinsichtlich des Sprachgebrauchs, bezeichnet dieser Begriff die definitive gestaltliche Festlegung der Konstruktion in ihren wesentlichen technischen und geometrischen Merkmalen. Hier erfolgt die Festlegung der definitiven konstruktiven Lösung; • Ausarbeiten: In dieser letzten Phase werden die endgültigen und detaillierten Vorgaben bezüglich Geometrie, Werkstoff, Oberflächenbeschaffenheit, Fügung, Fertigung, Montage etc. erarbeitet und verbindlich festgelegt.
Abschn. 4. Prinzipien des Konstruierens, S. 17
„Eine dauerhafte und erfolgreiche konstruktive Lösung entsteht durch die Wahl des zweckmäßigsten Prinzips und nicht durch die Überbetonung konstruktiver Feinheiten“ 3
Abschn. 2.1 Planen, Entwerfen, Konstruieren, S. 4
8
I Konstruieren
Klären der Aufgabe
Vorgaben aus dem Gebäudeentwurf
Klären der Aufgabe Erarbeiten der Anforderungsliste
Konzipieren
Entwickeln der prinzipiellen Lösung Erkennen der wesentlichen Probleme Ermitteln der Funktionen Suchen von Wirkprinzipien und Wirkstrukturen Konkretisieren zu prinzipiellen Lösungsvarianten Bewerten nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien
Optimieren des Prinzips
Festlegen der Anforderungsliste Freigabe zum Konzipieren
Festlegen der prinzipiellen Lösung Freigabe zum Entwerfen der Konstruktion
Beseitigen von Schwachstellen Kontrollieren auf Fehler Fertigungs- und Montageanweisungen
Festlegen des endgültigen Entwurfs Freigabe zum Ausarbeiten
Optimieren der Herstellung
Endgültiges Gestalten der Baustruktur
Optimieren der Gestaltung
Festlegen des vorläufigen Entwurfs Freigabe zum abschließenden Gestalten
Entwerfen der Konstruktion
Grobgestalten: Form geben, Werkstoff wählen, Berechnen Auswählen geeigneter Grobentwürfe Feingestalten des vorläufigen Entwurfs Konkretisieren zu prinzipiellen Lösungsvarianten Bewerten nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien
Iteration
Entwickeln der Baustruktur
Ausarbeiten der Fertigungs-, Transport- und Montageunterlagen Prüfen der Ausführungsunterlagen
Ausarbeiten
Entwickeln der Ausführungsunterlagen
Festlegen der Herstellungsdokumentation Freigabe zum Herstellen
Fertige Konstruktion
3 Schematische Darstellung des Konstruktionsprozesses als Flussdiagramm mit Angabe der wesentlichen Arbeitsphasen [Pahl, Beitz, 1997]. Die Phase Entwickeln der prinzipiellen Lösung wird beim Entwerfen und Konstruieren oft übersprungen. Gerade zur fundierten Ausarbeitung dieser Phase beabsichtigt das vorliegende Werk einen Beitrag zu leisten.
9
oder Ansatz an einem früheren Arbeitsschritt
Iterationsschleife Arbeitsschritt auf höherer Informationsstufe wiederholen
Vorhergehender Arbeitsschritt
ja nein
Wiederholen des Arbeitsschritts bei vertretbarem Aufwand aussichtsreich?
Ergebnisse hinsichtlich Zielsetzung befriedigend? ja Nächster planmäßiger Arbeitsschritt
nein Entwicklung einstellen
Hauptarbeitsstrang
4 Schematische Darstellung eines Iterationsschritts im Planungs- oder Konstruktionsprozess als Flussdiagramm [Pahl, Beitz (1997)]
Das Diagramm in 3 stellt den Prozess des Konstruierens schematisch als eine Sequenz einzelner Arbeitsphasen (rechts) sowie in Form eines Flussdiagramms (links) dar. Letzteres ist eine Abfolge von Arbeits- und Entscheidungsschritten. An jeder Weiche ist zu entscheiden, ob:
Methodik des Konstruierens
• auf der Grundlage der erarbeiteten Information weitergearbeitet werden soll; • oder stattdessen über einen Iterationsschritt wieder zu einer früheren Arbeitsphase zurückzukehren ist. Letzteres bedeutet nur scheinbar, dass Arbeitszeit nutzlos verbraucht wurde, da man im Planungsprozess zwar vordergründig einen Rückschritt vollzieht, aber in Wirklichkeit auf einem höheren Informationsniveau wieder einsteigt und folglich für den weiteren Fortschritt eine fundiertere Entscheidungsgrundlage hat. Es ist hingegen unbestreitbar, dass jede Iterationsschleife einen Ressourcenverbrauch darstellt und möglichst umgangen werden sollte. Dieser scheinbar sprunghafte, für den Laien manchmal irritierende iterative Prozess ist kennzeichnend für jede Art von Planungsarbeit und muss vom Konstrukteur souverän beherrscht werden. Das Diagramm in 4 stellt eine grobe Vereinfachung eines exemplarischen Iterationsschritts mit
Iteration: „Rücksprung im Entwicklungsprozess auf die gleiche Problemebene.“ (VDI 2223, Glossar)
2.3
10
I Konstruieren
den zugehörigen Fragestellungen und Entscheidungsschritten dar. In der Praxis stellt sich die Frage nach Weiterverfolgen einer Idee oder Verwerfen und Neubeginn während des Arbeitsprozesses kontinuierlich. Es existieren für den Planungsvorgang vielfältige unterstützende, systematische Methoden, die in diesem Rahmen nicht umfassend dargestellt werden können. Es soll lediglich auf den grundsätzlichen Nutzen eines systematischen Vorgehens hingewiesen werden, bei dem: • zunächst Varianz erzeugt wird, wobei die Palette der denkbaren Lösungsansätze zunächst so weit wie möglich erweitert wird (Brainstorming, Morphologien, Kataloge); • und anschließend diese Varianz mittels überlegter und fundierter Bewertungs- und Auswahlmethoden reduziert und auf eine optimierte Lösung eingegrenzt wird (Bewertungsverfahren). Auf die zentrale Bedeutung des Vorgangs des Identifizierens und Handhabens abstrahierter konstruktiver Lösungsprinzipien wird weiter unten erneut und etwas detaillierter eingegangen. 3.
Entwerfen und Konstruieren
Aus der bisherigen Betrachtung wurde deutlich, dass der Gebäudeentwurf – wir sprechen im Folgenden der Einfachheit halber vom Entwurf – zwar inhaltlich und hinsichtlich des Planungsablaufs auch zeitlich vom Konstruieren getrennt werden kann, mit diesem dennoch engstens verflochten ist. Diese Wechselbezüge sollen wegen ihrer großen Bedeutung im Folgenden näher untersucht werden.
3.1
Einfluss der Konstruktion auf den Entwurf
Technisch in einem spezifischen Kontext verfügbare konstruktive Lösungen, die stets: • materialabhängig; • technologieabhängig; • kostenabhängig sind, müssen bereits im Entwurfsprozess des Gesamtgebäudes vorweggenommen werden, damit die Planung später während der Realisierungsphase reibungslos, gemäß Konzept, ästhetisch befriedigend sowie im Zeit- und Kostenrahmen ausgeführt werden kann. Der Entwerfende muss bereits in frühen Planungsphasen eine deutliche Vorstellung haben von: • in einem bestimmten Werkstoff und einer bestimmten Konstruktion sinnvoll realisierbaren Spannweiten, die im Hochbau zumeist auch die maximalen Dimensionen von Räumen vorgeben. Hier gibt es klare Grenzen, wie
11
beispielsweise die maximalen Spannweiten von Holzbalken- oder Massivdecken. Grundsätzlich muss der Entwerfende wissen, dass Baustrukturen mit einer spezifischen Tragwerksform (Balken, Rahmen, Bogen, Hängewerk) maßstäblich nicht endlos proportional skalierbar sind. Sie stoßen – in einem bestimmten Werkstoff ausgeführt – zuerst an ökonomische, dann auch an materielle Grenzen: ab einer bestimmten Dimension kollabiert ein Tragwerk unter der eigenen Last. Das Kriterium des Maßstabs stellt sich nicht nur bei extremen Bauaufgaben wie weitgespannten Brücken oder Dachtragwerken, sondern auch bei kleineren absoluten Größen, sofern das Material schwer und wenig tragfähig und das Tragsystem ineffizient ist – wie insbesondere bei flachen Massivdecken. Abgesehen von physikalisch vorgegebenen Spannweitengrenzen, gilt darüber hinaus grundsätzlich, dass spezifische Tragwerksformen in einem bestimmten Material auch ökonomisch nur innerhalb gewisser Dimensionsgrenzen einsetzbar sind; • der Abtragung horizontaler Kräfte im Tragwerk. Während realisierbare Spannweiten im Wesentlichen mit der Abtragung senkrechter Lasten im Zusammenhang stehen, gilt es bei der Planung auch frühzeitig die erforderlichen baulichen Maßnahmen der Gebäudeaussteifung zu definieren (z.B. Kerne, Wand- und Deckenscheiben). Besonders dominant ist dieses Kriterium bei der Konzeption, dem Entwurf und der Konstruktion von Hochhäusern; • den Abmessungen, in denen die wesentlichen Bauteile sinnvoll ausgeführt werden. Diese leiten sich von vergleichsweise früh erfassbaren Parametern, wie der äußeren Belastung, der Geometrie und dem statischen System ab, sodass in frühen Planungsstadien bereits grobe Dimensionierungen vorgenommen werden können, sei es mithilfe von ersten statischen Modellen und Überschlagsrechnungen (Vorstatik), sei es an Hand von Erfahrungswerten. Zum Teil ergeben sich ungefähre Dimensionen aus dem Material oder der Herstellung (beispielsweise Mindestdicken von Betonwänden, die sich aus dem Bewehrungs- und Gießvorgang ableiten), oder auch aus Kriterien wie dem Brand- oder Schallschutz (wie etwa die Dicke von Wohnungstrennwänden); • in einem bestimmten Werkstoff sinnvoll einsetzbaren Konstruktionsprinzipien, die entscheidende Merkmale eines Bauteils beeinflussen. Dies gilt nicht nur für tragende, sondern für sämtliche Teile einer Baustruktur. Die Bauart bestimmt auch wesentlich das Erscheinungsbild des Bau- oder Gebäudeteils. Im Einzelnen werden derartige Konstruktionsvarianten bei der Betrachtung der Kraftleitungsfunktion näher untersucht.
Kap. VI -2 Kraftleiten, S.496
12
I Konstruieren
• den Einschränkungen und Randbedingungen, die ggf. ein Herstellungsverfahren auferlegt, das aus bestimmten Gründen frühzeitig in der Planung festliegt. Dies betrifft beispielsweise Transportdimensionen und -gewichte von Bauteilen bzw. Fügetechniken und Konstruktionsprinzip. Ein gutes Beispiel ist der Betonfertigteilbau, bei dem die Konstruktion und Ausführung bereits in früheren Planungsstadien zu berücksichtigen ist, als in anderen Bauweisen. 3.1.1
Der Begriff der Bauweise
Anmerkungen zum Begriff der Bauweise in Kap. II-1, Abschn. 2.3 Gliederung nach konstruktiven Gesichtspunkten > 2.3.2 aus dem Bauprinzip, S. 34
Diese Kenntnisse sind ein Teil des Wissensfundus des Entwerfenden und erlauben ihm, auf die jeweilige Aufgabe zugeschnittene Lösungen zu finden. Ferner existieren sogenannte Bauweisen. Sie bestehen aus einem Satz von aufeinander abgestimmten Regeln und Handlungsanweisungen, die dem Planer und Konstrukteur zur Verfügung stehen um seine Arbeit zu erleichtern. Sie sollen wegen ihrer Bedeutung im Bauwesen im Folgenden näher kommentiert werden. Der Begriff der Bauweise beschreibt ausgewählte Eigenschaften des Produkts, um sie gegenüber den übrigen Objekteigenschaften hervorzuheben. Bauweisen stellen anerkannte Optima für bestimmte Produktarten dar und repräsentieren den Stand der Technik in bestimmten Branchen. [H.v.A.] (VDI 2223, Glossar)
3.1.2
Historische und traditionelle Bauweisen
Bauweisen, insbesondere die historischen oder traditionellen, haben sich über sehr lange Zeiträume hinweg entwickelt. Man kann behaupten, dass sie einen langen Optimierungsprozess durchlaufen haben und folglich im technischen, funktionalen und auch ästhetischen Sinne hervorragend auf – seinerzeit vorhandene – Gegebenheiten und Randbedingungen zugeschnitten waren, also auf: • verfügbare Bautechniken; • verfügbare Produktionsmethoden; • verfügbare Materialien (oft lokal sehr verschieden); • vorhandene theoretische Kenntnisse (wie beispielsweise Erfahrungswerte, statische Modelle und Berechnungsmethoden); • lokale Witterungseinflüsse; • kulturelle und gesellschaftliche Gegebenheiten, die Nutzung und Ausdruck des Bauwerks beeinflussten. Zumeist sind diese Bauweisen auch mit einem sehr spezifischen, leicht wiedererkennbaren ästhetischen Gestaltungskodex verknüpft, der sich seinerseits zum großen Teil aus den konstruktiven Regeln der Bauweise herleitet. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Schachtelbauweise aus Mau-
13
erwerk, welche die formale Gestaltung und Wahrnehmung von Architektur nachhaltig geprägt hat. Traditionelle und historische Bauweisen haben sich über viele Jahrhunderte hinweg im Bewusstsein und der Wahrnehmung der Menschen festgesetzt. Man empfindet sie zumeist als ausgewogen, harmonisch und schön und zieht sie wegen ihrer Ausdruckskraft und ihrem Symbolgehalt vielfach den modernen Bauweisen vor.
Band 2, Kap. X-1 Mauerwerksbau
Daneben haben sich mit dem Aufkommen des industriellen Bauens auch neue zeitgemäße Bauweisen entwickelt, die zumindest in technischer Hinsicht das heutige Baugeschehen bestimmen – wenngleich sie aus formalästhetischer Sicht und oft auch im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit nicht immer als vorbildlich gelten können. Die in den letzten 150 Jahren sprunghaft erweiterten technischen Möglichkeiten im Bauen haben auch zu einem explosionsartigen Anstieg der Anforderungen an Bauwerke geführt. Davon betroffen sind insbesondere die Erwartungen an den Nutzungskomfort heutiger Gebäude. Diese hochgeschraubten Leistungswerte heutiger Baustrukturen haben, gemessen an traditionellen Konstruktionen, zu deutlich höheren technischen Komplexitätsgraden geführt – und lassen sich ihrerseits auch nur deshalb erklären, weil die dafür nötigen technischen Möglichkeiten im Zug der industriellen Entwicklung verfügbar wurden. Auch was die Ressourceneffizienz und Umweltverträglichkeit vieler moderner Bauweisen angeht, haben sich deutliche Defizite offenbart. Demgegenüber erscheinen viele traditionelle Bauweisen auf diesem Gebiet wesentlich effizienter, weil sie in vorindustrieller Zeit schon aus schierem ökonomischen Druck sparsam mit Ressourcen umgehen mussten. Erst in den letzten Jahren haben sich neuartige Bauweisen entwickelt, die auf ökologische Verträglichkeit und Ressourceneffizienz abzielen. Die technischen Entwicklungszyklen, die moderne Bauweisen bislang durchlebt haben, sind verglichen mit denen traditioneller Bauweisen, die teilweise auf mehrere Jahrtausende Entwicklungsgeschichte zurückblicken, insgesamt verhältnismäßig kurz. Die Komplexität der zu lösenden technischen Probleme sowie die zu erfüllenden Anforderungen sind zum Teil ungleich höher. Als Konsequenz davon erscheint es verständlich, dass moderne Bauweisen noch längst nicht am Ende ihrer Entwicklungsgeschichte angelangt sind, und dass noch ein beträchtlicher technischer, aber auch formalästhetischer Entwicklungsbedarf – und auch ein entsprechendes Entwicklungspotenzial – besteht.
Moderne Bauweisen
Bauweisen werden nach verschiedenen Merkmalen kategorisiert, darunter im Hochbau oft nach dem eingesetzten Material sowie nach dem zugrundeliegenden Konstruktionsprinzip. So beispielsweise:
Kategorien von Bauweisen
3.1.3
Kap. II-2 Industrielles Bauen, S. 45
3.1.4
14
I Konstruieren
• Holzrippenbauweise; • Stahlskelettbauweise; • Mauerwerks-Schachtelbauweise; • Beton-Schottenbauweise etc. oder aber nach anderen differenzierenden Eigenschaften, wie dem Gewicht bei der Unterscheidung zwischen Massivund Leichtbauweise, oder der Art der Herstellung beim Begriffspaar der Nass- oder Trockenbauweise. Sie sind mit einem Satz von Regeln verknüpft, die sich ableiten aus: • den Eigenschaften des verwendeten Materials; • dem Prinzip der Lastabtragung, also dem Tragsystem; • der Fertigung und Montage; • geeigneten Gebäudekonfigurationen und -typologien sowie Nutzungsarten. So ist beispielsweise die Holzrippenbauweise in der Regel eher für kleinere Wohngebäude mit räumlicher Zellenstruktur und verhältnismäßig kleinen Lasten sinnvoll anwendbar. Die Betonbauweise mit punktgestützten Flachdecken wird fast ausschließlich für Verwaltungs- und öffentliche Gebäude eingesetzt. 3.1.5
Bedeutung des Bauweisenbegriffs für den Planer Band 2, Kap. X Bauweisen
Die Definition von Bauweisen basiert auf einem gewissen Konsens. Bauweisen stehen teilweise auch stellvertretend für den jeweiligen – und damit auch heutigen – Stand der Technik. Sie sind gewissermaßen mit entwurflichen und konstruktiven Typen gleichzusetzen. Dennoch darf man nie vergessen, dass ihre Grenzen nicht scharf gezogen sind und dass sie eine Hilfe für den Entwerfenden sein sollten, niemals ein einengendes Korsett. Sie dürfen die Experimentierfreude und den Handlungsspielraum des Planers und Konstrukteurs nicht unnötig einschränken. Bauweisen stellen insofern praxisorientierte Typisierungen dar, die selten in Reinform in Erscheinung treten. Im Normalfall kommen vielmehr hybride Kombinationen verschiedener Bauweisen zum Einsatz. Oftmals geschieht dies zum Zweck, die jeweiligen Stärken zu nutzen bzw. die Schwächen einer Bauweise in einer spezifischen Hinsicht durch eine andere zu kompensieren. Dies ist beispielsweise bei Wandbauten der Fall, die in Teilbereichen offene oder verglaste Wandfelder benötigen, die dann in Skelettbauweise ausgeführt werden; oder bei Skelettbauten, die zu Aussteifungszwecken mit Wandscheiben oder Kernen ergänzt werden. Trotzdem ist der Bauweisenbegriff insofern brauchbar, als er sich seinerseits als eine Art Lösungsprinzip auf Bauwerksebene auffassen lässt und somit das Verständnis
15
der unter den gegebenen Randbedingungen herrschenden konstruktiven Verhältnisse erleichtert. Vornehmlich aus diesem Grund soll er in diesem Werk – mit den gebührenden Vorbehalten – weiterhin verwendet werden. Einerseits beeinflusst also die Konstruktion die frühen Planungsstadien eines Bauwerks, d.h. im Wesentlichen die Konzeptfindung sowie die Festlegung des grundlegenden Gebäudeentwurfs. Andererseits muss die Konstruktion stets im Dienst der Entwurfsidee oder der primären Zweckbestimmung eines Bauwerks stehen, das ja primär errichtet wird, um menschliche Aktivitäten zu ermöglichen, aber auch um unsere Umwelt nach unseren Bedürfnissen zu gestalten. Es gilt folglich auch die Aussage, dass Baukonstruktion nicht mehr – aber auch nicht weniger – ist als ein technisches Mittel, um fundamentale Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen. In diesem Sinne müssen konstruktive Einzellösungen gewählt werden, die neben den grundlegenden Anforderungen wie Standfestigkeit, Dauerhaftigkeit, Ökonomie und Umweltgerechtigkeit auch:
Einfluss des Entwurfs auf die Konstruktion
• die sachgerechte Nutzungsfunktion eines Gebäudes ermöglichen; • das formalästhetische Gestaltkonzept unterstützen und visuell überzeugend verdeutlichen. Sofern keine groben Fehlentscheidungen in frühen Planungsstadien getroffen wurden, stehen bei der Detailplanung noch genügend technische Optionen zur Auswahl, die letztlich darüber entscheiden, ob ein Entwurfskonzept von der konstruktiven Detaillierung gestärkt oder, im Gegenteil, von dieser untergraben wird. Besonders bedeutsam ist, dass der Gesamtentwurf eines Bauwerks entscheidende Auswirkungen nicht nur auf seine übergeordnete Nutzungsfunktion hat, sondern desgleichen auch auf die Leistung der Baustruktur im Hinblick auf verschiedene tragwerksbezogene und bauphysikalische Parameter, auf die in den letzten Phasen des Planungsprozesses durch geeignete konstruktive Lösungen zu antworten ist. So gibt der Bauwerksentwurf beispielsweise einen bestimmten Hüllflächenfaktor vor, also ein bestimmtes Verhältnis zwischen Gebäudehüllfläche und eingeschlossenem Volumen. Er ist maßgeblich für das thermische Verhalten des Gebäudes und beeinflusst insofern die Teilfunktion der Wärmedämmung der Hülle, die ihrerseits Auswirkung auf die konstruktive Ausbildung von Hüllbauteilen hat. Andererseits hat auch das gewählte Tragsystem des Gebäudeentwurfs entsprechende Auswirkungen auf die Art und Größenordnung der in der Konstruktion auftretenden Beanspruchungen. Letztere beeinflussen wiederum die Tragkonstruktion maßgeblich.
Abschn. 3.1 Einfluss der Konstruktion auf den Entwurf, S. 10
3.2
16
I Konstruieren
3.3
Harmonisierung von Entwurf und Konstruktion
Da übergeordnet-konzeptionelle planerische Aspekte – wie wir gesehen haben – so eng mit Fragen der konstruktiven Ausführung verwoben sind, stellt sich die Frage, wie sich inhaltlich weit voneinander entfernte Wissensgebiete und Qualifikationen beim Planungsprozess eines Bauwerks möglichst harmonisch zusammenführen lassen. Man sollte nicht aus Naivität glauben, dass Forderungen aus derart weitläufigen Bereichen des menschlichen Lebens sowie der Naturphänomene und der Technik gänzlich ohne Reibungsverluste im Planungsprozess integriert werden könnten. Zielkonflikte sind unvermeidbar. Sie lassen sich aber bei qualifizierter Planung mit geringstmöglichen Abstrichen entflechten. Hierzu ist die abwägende Urteilsfähigkeit des Planers und Konstrukteurs gefordert.
3.4
Heutige Verhältnisse
Diese Frage nach adäquater Integration vielfältiger Fachbereiche stellt sich heute umso gravierender, da sich das für die Planung und Realisierung moderner Bauten notwendige Wissen nicht mehr in einer einzigen Person vereinigen lässt (ehedem der Baumeister), sondern sich auf zahlreiche Spezialisten (zumeist die Fachingenieure) und einige wenige Generalisten (meistens Architekten) verteilt. Zahlreiche bauliche Mängel und planerische Unzulänglichkeiten lassen sich auf ein Defizit an Zusammenhang und Wissenstransfer zwischen frühen und späten Planungsstadien zurückführen und sind ursächlich für das gegenwärtige, allgemeine Unbehagen der Öffentlichkeit an weiten Bereichen des zeitgenössischen Architekturschaffens verantwortlich. Es muss also bei Spezialisten zum Einen das Verständnis für fremde Fachgebiete vorhanden sein sowie Einsicht in die Gültigkeit der Anforderungen und Randbedingungen aus fachfremden Bereichen geweckt werden. Zum anderen müssen reibungslose Kommunikationskanäle zwischen den Planungsbeteiligten eröffnet sowie geeignete Teamstrukturen gebildet werden. Ferner sind für eine erfolgreiche Zusammenarbeit auch notwendigerweise die jeweiligen Verantwortlichkeiten und Kompetenzen klar zu formulieren. Für ein erfolgreiches Management und eine effiziente Koordination ist ein steuernder Generalist erforderlich, der für fundierte Entscheidungsfindung, Konfliktbewältigung und notwendige Informationsflüsse sorgt. In letzter Konsequenz ist ein gutes Gelingen der Planung aber stets von Willen und Einsicht der Beteiligten abhängig.
17
Neben den angesprochenen Bauweisen, die eher die grundlegende entwurfliche Lösung und damit zuvorderst das Gesamtbauwerk bestimmen, lassen sich auch bei der Lösung von Einzelaufgaben des Konstruierens gewisse Lösungsstrategien oder Lösungsmuster erkennen. Man kann von bestimmten Grundsätzen oder Prinzipien sprechen, die eine gewisse Allgemeingültigkeit besitzen und sich, unter Wahrung ihrer wesentlichen Merkmale, in verschiedenen Lösungsvarianten umsetzen lassen. Konstruktive Prinzipien sind zumeist nicht an besondere Werkstoffe gebunden, sondern bieten grundlegende übergeordnete Ansätze für die Erfüllung von Anforderungen, die an das Bauwerk, das Einzelbauteil bzw. an Fügungen zwischen diesen gestellt werden. Sie stellen mögliche Antworten auf eine funktionsoder aufgabenorientierte Fragestellung dar, die bestimmte allgemeine Funktionen oder baulich-technische Teilfunktionen formuliert, die mit baulichen Mitteln zu erfüllen sind. Konstruktive Prinzipien beruhen auf: • physikalischen Prinzipien des Austausches von Medien und Energie; • mechanischen Prinzipien der Kraftleitung und ggf. der Bewegung; • methodischen Prinzipien der Erfüllung baulicher Funktionen; • geometrischen Prinzipien oder Mustern der strukturellen Ordnung von Teilen • sowie auch auf formalästhetischen Gestaltungsprinzipien und vereinen diese in sich in Form einer übergeordneten baulichen Grundsatzlösung.4 Konstruktive Prinzipien erscheinen ihrerseits in verschiedenen Komplexitäts- und Hierarchiestufen: beispielsweise von der konstruktiven Detaillösung einer Fügung auf einer niedrigen Hierarchie über den prinzipiellen Aufbau eines Bauteils bis zur Tragwerkslösung auf einer höheren hierarchischen Stufe. Auf das Gesamtgebäude bezogen, könnte man die Bauweise beispielsweise als ein baulich-konstruktives Prinzip auf der höchsten Hierarchiestufe bezeichnen. Einige Prinzipien des Konstruierens sind historisch überliefert. Sie vereinen manchmal – ähnlich wie die Bauweisen – einen Fundus an langjähriger tradierter Bauerfahrung in sich. Auf diese kann und sollte der Planer und Konstrukteur im eigenen Interesse zurückgreifen. Sie haben sich oftmals in ähnlicher Form in vielen verschiedenen Weltregionen über historische Zeiträume entwickelt. Etwaige kulturelle Austauschwege oder Formen des Technologietransfers,
Prinzipien des Konstruierens
4.
Grundsätzliches
4.1
Technikbezogene Definition des Begriffs „Prinzip“: „In seiner technischen Anwendung beschreibt der Begriff‘prinzipielle Lösung‘ eine grundsätzliche Lösung für eine abgegrenzte Konstruktionsaufgabe, die lediglich bestimmte grundlegende Festlegungen zur physikalischen [...] Wirkungsweise und zu Art und Anordnung von festen Körpern, Fluiden und Feldern [...] trifft, ohne diese besreits im Detail zu definieren. Ist keine unmittelbare Bindung an eine ganz bestimmte Konstruktionsaufgabe mit spezifischen Anforderungen gegeben, wird auch von ‚Lösungsprinzipien‘ gesprochen. ‚Prinzipielle Lösungen‘ können sowohl für einzelne Teilfuntionen als auch für eine gesamte Funktionsstruktur angegeben werden.“ (VDI 2222, Bl. 1, 2.2) zu Regelwerken vgl.: DIN-Normen, VDI-Richtlinien, Empfehlungen der Industrieverbände, Richtlinien unabhängiger Institute (z.B. Institut für Fenstertechnik e. V. Rosenheim) Die Bestimmungen der LBO Abgrenzung Funktion/Lösungsprinzip: „Funktionen beschreiben das Verhalten von Produkten, oder Teilen des Produktes, vorzugsweise in form eines Zusammenhangs zwischen Eingangs- und Ausgangsgrößen; häufig erst nur gewollt oder gewünscht.“ „‚Prinzipielle Lösungen‘ beschreiben unscharfe bzw. grobe aber funktionsbestimmende Vorstellungen zur Realisierung von Produkten und sind durch die Einbeziehung von Effekten gekennzeichnet.“ (Beide Definitionen aus VDI 2222, Bl. 1, 2.1.1)
Historische und moderne Prinzipien des Konstruierens
4.2
18
I Konstruieren
Kap. VI-1, Abschn. 1. Hierarchie der Funktionen, S. 470
4.3
Der Weg vom Prinzip zum Detail und umgekehrt
Abschn. 2.2 Phasen des Konstruktionsprozesses, S. 6
die eine solche weltweite Verbreitung erklären könnten, sind kaum rekonstruierbar, geschweige denn nachweisbar, und verlieren sich zumeist im Dunkel der Geschichte. Die Frage, ob sich diese Prinzipien über kulturellen Austausch verbreitet oder stattdessen infolge ihrer Allgemeingültigkeit an verschiedenen Orten parallel entwickelt haben, ist zwar entwicklungsgeschichtlich interessant, aber in unserem Kontext müßig. Wenngleich viele historisch überlieferte Prinzipien des Konstruierens zum Teil auch heute noch ihre Anwendbarkeit bewahrt haben, hat sich dennoch der bautechnische Kontext, in dem sie heute ihre Brauchbarkeit unter Beweis zu stellen haben, insbesondere im Zug der fortschreitenden Industrialisierung des Bauwesens grundlegend gewandelt. Zahlreiche ehedem bewährte Grundsätze sind heute deshalb nicht mehr anwendbar, weil sie unseren Anforderungen nicht mehr genügen. Ein gutes Beispiel sind die konstruktiven Prinzipien einschaliger massiver Außenwände aus Ziegelmauerwerk, die heute als überholt gelten, weil diese Bauweise mit industrieller Herstellung praktisch unvereinbar ist und unsere heutigen Wärmedämmstandards nicht gewähleisten kann. Dessen ungeachtet haben sich in den letzten Jahren zahlreiche moderne Lösungsmuster entwickelt, die breite Anwendung finden. Als Beispiel sei auf der Ebene des Primärtragwerks die punktgestützte Flachdecke genannt, die heute im Verwaltungsbau einen deutlich ausgeprägten Standard darstellt. Das schärfste Regulativ für das Herauskristallisieren derartiger, gleichsam zur Nachahmung anempfohlener Lösungsmuster ist selbstverständlich ihre Bewährung in der Baupraxis. Der Weg zum allgemeingültigen Prinzip führt im Bauwesen oftmals (bestenfalls) von der Praxis zur Theorie. Das bedeutet, dass für einen bestimmten Anwendungsfall bewährte Lösungsvarianten, sobald sie in der Fachwelt als solche anerkannt werden, später oft genug von Planern nicht auf ihr Funktionsprinzip abgefragt werden – der nötige Schritt von der Praxis zur Theorie –, sondern ohne wirkliches Hinterfragen ihrer Eignung im Einzelfall gleichsam als konstruktive Rezepte übernommen werden. Methodisch äußert sich diese Vorgehensweise im berüchtigten Blättern in Detail-Beispielsammlungen auf der Suche nach einer geeigneten, irgendwie auf den eigenen Kontext anpassbaren Konstruktionslösung. Gegenüber dieser eher unambitionierten Vorgehenspraxis empfiehlt sich das Extrahieren abstrakter Grundsätze aus bewährten konkreten baulichen Lösungen, Konstruktionsprinzipien eben, weil dieser Weg die Möglichkeiten und die Erfolgsaussichten eines Konstrukteurs deutlich verbessert. Denn wir haben festgestellt, dass der Abstraktionsvorgang, der mit dem Arbeiten anhand von Prinziplösungen oder Lösungskonzepten verbunden ist, einerseits die Varianz der daraus ableitbaren konkreten Lösungen erhöht, andererseits
19
den Konstrukteur dazu befähigt, unterschiedliche bauliche Erscheinungsformen eines gleichen Prinzips auf ihre wesentlichen Merkmale zu reduzieren, diese leichter abrufbar einzuordnen und sie in eine konsistente gedankliche Systematik einzubetten.5 Dass diese methodische Vorgehensweise gegenüber dem Zufallsprinzip des unverbindlichen Umschauens zu einer deutlich zielgerichteteren Strategie führt und bedeutende Vorteile bietet, liegt auf der Hand. An diesem Punkt setzt das vorliegende Werk an, indem es versucht, zu diesem Fundus an feststellbaren Prinzipien des Konstruierens einen Beitrag zu leisten. Auch bei der Behandlung der Prinzipien des Konstruierens ist – wie bei den Bauweisen auch – indessen stets zu berücksichtigen, dass es sich um Empfehlungen und vorgeschlagene Lösungswege handelt, nicht um starre Handlungsanweisungen oder Gesetze. Sie geben gewissermaßen ein Kondensat der geltenden Regeln der Baukunst oder auch neuartiger zukunftsweisender Technologien wieder, können diese aber im Einzelnen nicht erschöpfend definieren und beanspruchen dies auch nicht. Das Arbeiten mit Prinzipien soll zu einer Erleichterung des Konstruktionsprozesses und zu einer Schärfung der Urteilsfähigkeit des Konstrukteurs führen. Wiederum gilt einschränkend, dass seiner Experimentierfreude und Erfindungsgabe keine Zwangsjacke auferlegt werden darf, denn sie sind Dreh- und Angelpunkt jeder qualifizierten Konstruktionsarbeit.
20
I Konstruieren
Anmerkungen
1
2 3 4
5
Normen und Richtlinien
Aus diesem Grund muss die Klassifikation der Fertigungsverfahren nach DIN 8580 ( 1) auf die Verhältnisse im Bauwesen angepasst werden. Dies bedeutet zunächst, dass wir im eigentlichen Sinn von Herstellungsverfahren sprechen müssen und diese einzelnen Vorgänge deutlich zu unterscheiden sind hinsichtlich des Orts, an dem sie stattfinden: also im Werk oder auf der Baustelle (Band 3, Kap. XII-1, Abschn. 4 Fügungen für Primärtragwerke – einige Besonderheiten). Bei einer Ortbetonbauweise erfolgt beispielsweise das Urformen (Hauptgruppe 1), also das Gießen des Betons, bereits auf der Baustelle. Bei den meisten Montagebauweisen geschieht ein Teil des Fügens (Hauptgruppe 4) im Werk (Werksverbindungen), der Rest auf der Baustelle (Montageverbindungen). Pahl, Beitz (1997) Konstruktionslehre, S. 85 Ebda S. 88 „Sie rufen spezifische physikalische, chemische, biologische oder auch ggf. kognitive, wahrnehmungsrelevante Effekte hervor.“ Aus VDI 2222, Bl. 1, 3.5 „Die Effekte sind an körperliche Effektträger gebunden (mit wenigen Ausnahmen).“ Aus VDI 2222, Bl. 1, 3.5.1 Pahl, Beitz (1997) S. 74
DIN 8580: 2003-09 Fertigungsverfahren – Begriffe, Einteilung VDI 2220: 1980-05 Produktplanung – Ablauf, Begriffe und Organisation VDI 2221: 1993-05 Methodik zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte VDI 2222: Konstruktionsmethodik Blatt 1: 1997-06 Methodisches Entwickeln von Lösungsprinzipien Blatt 2: 1982-02 Erstellung und Anwendung von Konstruktionskatalogen VDI 2223: 2004-01 Methodisches Entwerfen technischer Produkte
II STRUKTUR 22
I Konstruieren
1. Ordnung einer Baustruktur .........................................24 1.1 Ordnung nach formalen Gesichtspunkten ..........24 1.2 Ordnung nach funktionalen Gesichtspunkten ....26 1.3 Ordnung nach konstruktiven Gesichtspunkten...27 2. Gliederung einer Baustruktur ......................................29 2.1 Gliederung nach formalen Gesichtspunkten.......29 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten 30 2.2.1 nach Hauptfunktionen ...............................31 2.2.2 nach baulicher Einzelfunktion....................32 2.2.3 nach Grad und Qualität der Anforderung ..32 2.3 Gliederung nach konstruktiven Gesichtspunkten ................................................ 33 2.3.1 aus Einschränkungen des Werkstoffs ..... 33 2.3.2 aus dem Bauprinzip .................................. 34 2.3.3 aus der industriellen Herstellung ............. 38 2.3.4 aus der Organisation des Bauvorgangs ... 38 2.4 Klassifizierung von Bauteilen nach ihrer konstruktiven Komplexität.................................. 40 Anmerkungen.................................................................. 43 Normen und Richtlinien .................................................. 43
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-4 III-5
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_2
24
1.
II Struktur
Ordnung einer Baustruktur
Kap. I, Abschn. 3.2 Einfluss des Entwurfs auf die Konstruktion, S. 15
Sie entsprechen den drei Vitruvschen Kategorien der venustas (Form), utilitas (Funktion) und vetustas (Dauerhaftigkeit, zu gewährleisten durch die Konstruktion) 1
Bevor auf die Ordnung einer Konstruktion eingegangen werden kann, muss sich der Blick zunächst auf die Gesamtordnung des Bauwerks richten, von welchem die Konstruktion die technisch-materielle Komponente darstellt. Da auch die Konstruktionsarbeit, also die Planung der Konstruktion, im gesamten Planungsprozess des Bauwerks eingebettet ist, steht diese in Abhängigkeit der übergeordneten planerischen oder entwurflichen Festsetzungen. Diese betreffen das allgemeine Gebäudekonzept, insbesondere das strukturelle Ordnungsprinzip, das diesem zugrunde liegt. Dieses ist seinerseits wiederum in einem spezifischen Zusammenhang integriert, der sich aus verschiedenen Faktoren ableiten kann, beispielsweise aus individuellen entwurfsphilosophischen Leitprinzipien des Entwerfenden oder auch aus dem räumlichen Kontext, in welchem das Bauwerk eingebunden ist. Begrenzt man die Perspektive zum Zweck unserer Betrachtung auf das Bauwerk selbst, so lassen sich die Kriterien, die der Ordnung desselben zugrundeliegen, den drei fundamentalen Dimensionen oder Kategorien der: • Form, • Funktion, • Konstruktion zuordnen. Sie erleichtern – wie alle analytischen Kategorienbildungen – zum Teil das Verständnis der komplexen Sachverhalte, die es zu durchleuchten gilt. Andererseits darf man nicht übersehen, dass alle drei in engsten gegenseitigen Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten stehen. Wegen ihrer fundamentalen Bedeutung soll die Ordnung eines Bauwerks im Hinblick auf die drei Hauptkategorien der Architektur im Folgenden einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
1.1
Ordnung nach formalen Gesichtspunkten Band 4, Kap. 5 Form
Der Begriff Form bezeichnet den Gegenstand der visuellen Wahrnehmung des Bauwerks und seiner Teile – auch des Raums, welcher durch die gebaute Umgrenzung definiert wird – durch den Betrachter. Sie ruft in seinem Bewusstsein ein ästhetisches Empfinden hervor, das sich durch ein explizites ästhetisches Urteil manifestieren kann, weckt Assoziationen, knüpft symbolische Bezüge, wirkt auf ihn durch die Ausdruckskraft des Gebauten. Es leuchtet ein, dass die architektonische Form in enger Abhängigkeit zur Ordnung des Gebäudeentwurfs steht. Diese bestimmt nicht nur die wahrgenommene äußere Gesamtgestalt oder Volumetrie des Bauwerks, sondern auch seine innere Gliederung, die Raumkonfiguration sowie auch den Rhythmus der Teile, die insgesamt die Baustruktur ausmachen, und die durch ihre wechselseitigen Bezüge den formalästhetischen Ausdruck eines Bauwerks
1 Ordnung und Gliederung
wesentlich mitbeeinflussen. Eine Fassadengestaltung aus Elementen wie Fensteröffnungen, Simsen, Wandflächen etc. ist ein Beispiel für das ästhetisch wirksame rhythmische Zusammenspiel von Gestaltelementen, die in ihrer räumlichgeometrischen Anordnung durch das übergeordnete architektonische Ordnungsprinzip bestimmt sind. Diese innere Ordnung eines Bauwerks – wir können sie auch als seine Rhythmik bezeichnen – wird häufig als Vergleichsmoment zwischen Architektur und Musik herangezogen, die oft als verwandte Kunstgattungen betrachtet werden ( 1, 2).2 Die Ordnung bestimmt folglich die Bezüge zwischen den Teilen eines Bauwerks. Sie kann die Ausprägung einer bewusst gestalteten Komposition oder zumindest eines aus verschiedenen Wirkungen hervortretenden Felds der wechselseitigen Zuordnungen annehmen ( 3). Stets wirkt die aus formalästhetischen Kriterien hervorgehende Ordnung auch auf die anderen beiden Dimensionen der Funktion und der Konstruktion. Man kann behaupten, dass letztere, die hier im Mittelpunkt der Betrachtung steht, in formalästhetischer Sicht eine unterstützende und dienende Aufgabe erfüllt. Die Konstruktion ist aus dieser Perspektive das tragende materielle Gerüst, durch welches sich die architektonische Idee überhaupt mitteilen kann. Aus dieser Überlegung folgt, dass Konstruktion eine bestimmte architektonische Idee entweder unterstützen, sogar stärken, oder umgekehrt auch verunstalten oder schwächen kann. Neben der wechselseitigen Beeinflussung der architektonischen Gesamtform und der Konstruktion ist auch auf kleinerem Maßstab eine deutlich erkennbare formalästhetische Wirkung des konstruktiven Details feststellbar, also eine spezifische formale Ausdruckskraft desselben. Ähnlich wie auf höherer Hierarchie- und Dimensionsstufe die Philosophie des baulichen Gesamtkonzepts, vermittelt auch die Detailgestaltung im kleineren Maßstab eine spezifische Aussage: Sie kann beispielsweise den anschaulichen Ausdruck der Fügungsart, der Kraftleitung oder der Materialbeschaffenheit zum Ziel haben, oder im Gegenteil diese eher im Dienst
2 Diese Fassade bezieht einen Großteil ihres architektonischen Ausdrucks aus dem synkopierten rhythmischen Arrangement von drei übereinander angeordneten und gegenseitig versetzten Abfolgen von Fenster- und Wandfeldern. Die Analogie zu einer mehrstimmigen musikalischen Taktung ist offensichtlich.
25
1 Francesco Giorgi: De Harmonia Mundi totius, Diagramm der harmonischen Konsonanzen: Die platonische Vorstellung der sieben Zahlen (im Lambda), welche die Grundlage der Harmonie des Weltalls darstellen und sowohl die Baukunst wie auch die Musik maßgeblich bestimmen.3
Kap. I, Abschn. 3.2 Einfluss des Entwurfs auf die Konstruktion, S. 15
3 Grafische Behandlung einer Fassade wie eine Komposition aus verschiedenen, frei arrangierten Fensterformaten, die in vielfältiger Wechselbeziehung zueinander stehen.
26
II Struktur
einer übergeordneten formalästhetischen Konzeption zu verschleiern trachten. Sie kann der Einfachheit verpflichtet sein, oder, im Gegenteil, der gezielten Übersteigerung der Komplexität, jeweils in Abhängigkeit der übergeordneten Entwurfsintention ( 4). 1.2
Ordnung nach funktionalen Gesichtspunkten Band 4, Kap. 4 Funktionen
Kap. VI-I Spektrum, S. 468
4 Bewusste Zurschaustellung und Überhöhung der technischen Komplexität des konstruktiven Details, ein wesentliches Gestaltmerkmal der Hightech-Architektur.
Kap. III Nachhaltigkeit, S. 97 sowie auch Band 4, Kap. 3 Nachhaltigkeit
Der Begriff der Funktion beschreibt die Zweckbestimmung der Baustruktur, die sich aus den verschiedenen Nutzungen oder Aktivitäten herleitet, welche im Gebäude ermöglicht werden sollen: Wohnen, Arbeiten, Produzieren, etc. Die funktionsbezogene Ordnung eines Gebäudes bestimmt in erster Linie die Raumorganisation, also Lage, Zuschnitt und gegenseitige Beziehung der Räume. In weiterer Konsequenz und auf hierarchisch niedrigerer Ordnung sind weitere Funktionen identifizierbar – man nennt sie bauliche Teilfunktionen – die eine Voraussetzung für die Erfüllung der angesprochenen Hauptfunktionen sind. Bauliche Teilfunktionen können beispielsweise physikalischer Art sein wie Temperierung, Lüftung, Belichtung etc. Sie werden an anderer Stelle gemeinsam behandelt und in den darauffolgenden Kapiteln einzeln näher untersucht. Die funktionale Organisation einer Baustruktur trifft Festlegungen oder formuliert zumindest Vorgaben hinsichtlich der möglichen Orte für Bauteile mit raumbildender Wirkung, also für alle raumumschließenden Flächenbauteile und im weiteren Sinn auch für raumwirksame Elemente wie Stützen, Pfeiler etc. Sie bestimmt folglich maßgeblich auch ihre räumlich-geometrischen Beziehungsmuster. Dadurch wirkt die funktionale Ordnung auf direktem Weg auch auf die konstruktive: Raumabmessungen beispielsweise setzen Randbedingungen für Deckenspannweiten, die wiederum mit geeigneten konstruktiven Mitteln zu bewältigen sind. Einen unmittelbaren Einfluss auf die konstruktive Ausbildung der Baustruktur können Anforderungen haben, die sich direkt, nicht unbedingt über den Umweg der Raumorganisation, aus der besonderen Nutzung eines Gebäudes ergeben. Dies betrifft oftmals bauphysikalische oder auch statische Aspekte. So erfordern gemeinhin beispielsweise die hohen Raumluftfeuchten in Schwimmbädern entsprechende Korrosions- oder Fäuleschutzmaßnahmen. Die starke Beanspruchung von Industrieböden z.B. hat im Regelfall auch besondere Fußbodenkonstruktionen zur Folge. Weitere nutzungsspezifische Anforderungen leiten sich aus der Forderung nach größtmöglicher Nachhaltigkeit her. Diese werden im Allgemeinen nach ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten differenziert. Während derlei Kriterien naturgemäß implizit schon immer eine wichtige Rolle bei der (Baukonstruktions)Planung von Gebäuden gespielt haben, ist es in letzter Zeit üblich geworden, Nachhaltigkeitskriterien explizit zu formulieren und zwecks einer systematischen Erfüllung auch weitestmöglich zu quantifizieren bzw. möglichst nachvollziehbar zu bewerten.
1 Ordnung und Gliederung
Dies gilt insbesondere für ökologische Auswirkungen von Bauwerken oder, im engeren Sinn, von Baukonstruktionen, deren Ressourcenverbrauch und Umweltwirkung zunehmend sorgfältig erfasst werden. Faktoren wie beispielsweise die Dauerhaftigkeit der Konstruktion, ihre Anpassbarkeit an wechselnde Bedürfnisse, ihre Wartungs- oder Instandsetzungsfreundlichkeit, ihre Demontier- oder Recyclingfähigkeit am Ende ihres Lebenszyklus, ihre Verträglichkeit mit sozialen und psychologischen Bedürfnissen der Nutzer – all dies Parameter, die unter dem Konzept der Nachhaltigkeit subsumiert werden – beeinflussen durch Vorgaben für die Organisation, Konfiguration, Werkstoffwahl und Anschlussbedingungen die konstruktive Ausbildung von Bauteilen. Eine Ordnung nach funktionalen Gesichtspunkten muss auch ein Koordinationsmuster für das Zusammenführen vielfältiger, funktional unterschiedlich belegter Teile der Baustruktur in deren komplexem Gesamtgefüge bereitstellen. Dies beginnt bereits auf hoher Hierarchieebene bei der Definition der Beziehung zwischen den funktionalen Hauptgruppen des Tragwerks, der Hülle und des Ver- und Entsorgungssystems und setzt sich bis in tiefere Hierarchien fort, wo es gilt, funktional extrem spezialisierte Bauteile zu einem funktionierenden Bauelement zusammenzufügen. Dies geschieht in der Planungspraxis in der Regel mit geeigneten modularen Ordnungssystemen. Ihre häufigste Erscheinungsform ist der Planungsraster. Diese Ordnungssysteme erleichtern auch die vorteilhafte Organisation einer Baustruktur nach konstruktiven Gesichtspunkten, wie wir im Folgenden sehen werden: Unter dem Begriff Konstruktion versteht man – wie oben besprochen – im weitesten Sinne die technisch-materielle Ausführung eines architektonischen oder allgemein baulichen Plans oder Konzepts. Aus dem Gesichtspunkt der Herstellung der Baustruktur leitet sich das Erfordernis ab, diese arbeitstechnisch sinnvoll und rationell zu ordnen, also zu organisieren und zumeist auch entsprechend in Segmente zu gliedern. Dies geschieht zum Zweck der Aufteilung in handhabbare, technisch innerhalb eines akzeptablen Kostenrahmens herstellbare, adäquat transportable Einzelteile. Diese sind dann beim endgültigen Zusammenbau bzw. bei der definitiven Fertigung gemäß einer festgelegten Ordnung zu einer Gesamtkonstruktion zusammenzufügen. Die Ordnung, nach der sich dieser Zusammenbau richtet, erleichtert die Orientierung und die Rationalisierung der Arbeitsvorgänge der Herstellung umso mehr, je einfacher und übersichtlicher sie ist. Insbesondere modulare Ordnungen, also solche, die auf der Wiederholung eines stets gleichen Grundelements basieren, sind in dieser Hinsicht außerordentlich effizient, wenngleich nicht unerlässlich ( 5).
27
Abschn. 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten > 2.2.1 nach Hauptfunktionen, S. 31
Ordnung nach konstruktiven Gesichtspunkten Kap. I, Abschn. 1. Der Begriff der Konstruktion, S. 2
5 Gliederung einer Fassade nach einem modularen Ordnungsmuster aus immer gleichen Einzelementen.
1.3
28
II Struktur
7 Untergliederung der Baustruktur in stets gleiche modulare Raumzellen, die gleichzeitig auf die Nutzung und auf eine gewählte Deckenspannweite hin optimiert sind (Studentenwohnheim Stuttgart-Vaihingen; Arch.: Atelier 5).
Kap. II-2, Abschn. 4.2 Einsatz neuer digitaler Planungs- und digital gesteuerter Fertigungstechniken im Bauwesen, S. 58
zum Begriff der ‚Überdeckung‘: Band 2, Kap. IX-1, Abschn. 1.6.2 Die Überdeckung
Band 2, Kap. IX-1, Abschn. 1.6 Die Elemente der baulichen Zelle
6 Die modulare Zusammensetzung behält auch bei nicht-elementaren Bauwerksgeometrien wie bei dieser doppelt gekrümmten ihre Sinnhaftigkeit und ihren Nutzen, wenngleich in diesen Fällen die Einzelmodule nicht identisch sind, sondern für den speziellen Ort ihres Einbaus individualisiert werden müssen (Versuchspavillon ICD/ITKE, Universität Stuttgart).
Insbesondere bei der klassischen industriellen Serienfertigung besaßen Modulordnungen eine außerordentlich große Bedeutung. Hingegen treten sie aufgrund der Flexibilität der modernen digital gesteuerten automatisierten Fertigung stärker in den Hintergrund ( 6). Aber nicht nur die Herstellung einer Baustruktur setzt eine geeignete Ordnung voraus. Auch statisch-konstruktive Gesichtspunkte der Lastabtragung führen zwangsläufig zu einer Segmentierung der Konstruktion in maßlich begrenzte Abschnitte und damit zu einer Ordnung aus deutlich voneinander getrennten Bausteinen ( 7). Dies leitet sich aus der mit dem Hochbau notwendigerweise verknüpften Überdeckung von Räumen ab. Dabei wird Material in festgelegten Dimensionen gemäß einem gewählten statischen System über eine freie Spannweite gelegt. Das konstruktionsabhängige Spannweitenmaß ist ein wesentliches Regulativ baulich-konstruktiver Ordnungssysteme. Die Anpassung des geometrischen Ordnungsmusters, das die Spannweiten einer Konstruktion vorgibt, auf die maximal mögliche Materialbeanspruchung ist ein fundamentales konstruktives Prinzip, das auf allen Maßstabsebenen einer Konstruktion seine Gültigkeit bewahrt. Es lässt sich folgendermaßen formulieren: Geometrien, und damit Spannweiten, können derart festgelegt werden, dass sie unter einer bestimmten Lastannahme eine bestmögliche Materialausnutzung der Konstruktion erlauben. Durchgängige Bauteilstärken oder allgemein durchgängige konstruktive Bauteilgestaltung – ein Gebot der Rationalität, der Ökonomie und der Logik des Zusammenbaus von Einzelteilen – führt unter idealen Voraussetzungen folgerichtig auch zu immer gleichen Spannweiten oder Achsmaßen ( 8). Im Umkehrschluss gilt: wechselnde Spannweiten oder Achsmaße führen zwangsläufig entweder zu wechselnden
1 Ordnung und Gliederung
29
Bauteilstärken bzw. sich verändernder Bauteilausbildung, oder alternativ – bei gleichbleibenden Bauteildimensionen – zu einer zumindest teilweisen Überdimensionierung bei den kürzeren Spannweiten und damit zu schlechter Materialausnutzung. Dieser Grundsatz gilt wie angedeutet auf allen Hierarchieebenen: sowohl bei der Ausbildung einer Deckenkonstruktion wie auch beispielsweise bei der Beplankung eines Rippenelements mit Plattenmaterial. Diese elementare Überlegung ist zweifellos eine vordergründig technisch-ökonomische Ursache des auch formalästhetisch außerordentlich bedeutsamen additiven Ordnungsprinzips aus immer gleichen geometrischen Grundmodulen. Ferner weist dieses modulare, additive Organisationsprinzip bei Gebäuden auch funktionale Vorteile auf, beispielsweise solche der leichteren Orientierung und Erfassung von Raumarrangements und -bezügen. Die bislang zu Ordnungen angestellten Überlegungen liefern zwar Anhaltspunkte, nach denen eine Baustruktur zu organisieren ist, sagen indessen zunächst nichts darüber aus, ob und ggf. wie eine Baustruktur materiell in einzelne Teile zu untergliedern ist. Ordnungsprinzipien sind grundsätzlich auch für Bauwerke aus einem einzigen Guss gültig. Dennoch trifft der Grundsatz zu, dass die überwiegende Mehrzahl der heute errichteten Baustrukturen in der Tat aus einem vergleichsweise komplexen Gefüge aus Einzelteilen besteht. Hierfür lassen sich Ursachen aufführen, die in Bezug auf die drei Grundkategorien des Bauens, nämlich Form, Funktion und Konstruktion, näher beleuchtet werden sollen:
Gliederung einer Baustruktur
2.
Aus Sicht der Form lassen sich keine allgemeingültigen Kriterien ableiten, die eine Untergliederung einer Baustruktur voraussetzen. Es sind im Laufe der Architekturgeschichte Tendenzen feststellbar, die das Bauwerk als ein bruch- und fugenloses Kontinuum, gleichsam als formales Fluidum auffassen. Das Bauwerk aus einem einzigen Material kann
Gliederung nach formalen Gesichtspunkten
2.1
8 Die Organisation einer Baustruktur aus einer Folge von Modulen mit immer gleichen Spannweiten und/ oder Achsmaßen ist ein fundamentales Prinzip des Bauens.
30
II Struktur
als eine archaische formalästhetische Sehnsucht verstanden werden, die diesem Gestaltungsgrundsatz folgt. Andererseits existieren auch solche Strömungen, welche die Thematik des Gefüges aus konträren Teilen bewusst ausspielen und formalästhetisches Potential aus komplexen Kontrasten und Gegenüberstellungen beziehen. 2.2
Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten
Kap VI-1, Abschn. 1.1 Die Nutzung von Gebäuden, S. 468
Kap VI-1, Abschn. 1.2 Bauliche Grundfunktion, S. 469
Kap VI-1, Abschn. 1.3 Bauliche Hauptfunktionen, S. 471
Kap. VI-2 bis VI-6, ab S.496
Aus einer funktionalen Perspektive sind zunächst verschiedene Funktionshierarchien zu unterscheiden: • auf übergeordneter Ebene die Zweckbestimmung des Gesamtgebäudes: man bezeichnet sie als Gebäudenutzung (also Wohnen, Verwaltung, industrielle Fertigung etc.). Diese hat zuvorderst planerische Auswirkungen auf der Ebene des Gesamtgebäudeentwurfs und steht hier nicht im Betrachtungsfeld; • damit die Nutzung des Gebäudes erfolgen kann, muss in den meisten Fällen ein adäquat konditioniertes Raumvolumen geschaffen werden, das die nötigen klimatischen, akustischen etc. Bedingungen für die beabsichtigte Nutzung schafft. Man kann diese als die bauliche Grundfunktion bezeichnen; • auf tieferer Hierarchiestufe lassen sich ferner die Hauptfunktionen der Baustruktur (Tragen, Einhüllen, Ver- und Entsorgen) definieren; sie sind unabdingbar um die bauliche Grundfunktion zu gewährleisten; sowie • bauliche Einzel- oder Teilfunktionen der Baustruktur, die den Hauptfunktionen untergeordnet sind, aber für ihre Umsetzung auf bautechnischer Ebene eine Voraussetzung darstellen und deshalb einen maßgeblichen Einfluss auf die konstruktive Ausbildung ausüben.
Kap. III-1 bis III-6, ab S. 98
Ferner wird auch die Nachhaltigkeit eines Bauwerks als eine funktionale Anforderung verstanden. Sie bettet sämtliche oben angesprochenen Funktionshierarchien in einen größeren Zusammenhang ein, der ökonomische, umweltbezogene und humanrelevante Gesichtspunkte miteinbezieht. Nachhaltigkeitsfaktoren betreffen Planungsparamter auf allen Hierarchiestufen: von der Ebene eines ökologischen Systems bis zu derjenigen des konstruktiven Ausführungsdetails. Da das Hauptthema dieses Werks die Baukonstruktion ist, wird Nachhaltigkeit vorwiegend auf der Hierarchieebene der materiellen Umsetzung von Gebäudeentwürfen diskutiert. Hierarchisch übergeordnete Faktoren werden lediglich im Rahmen des Möglichen und Nötigen angerissen. Im Folgenden sollen die Hierarchiestufen der Hauptfunktionen und der baulichen Einzel- oder Teilfunktionen wegen ihrer konstruktiven Relevanz näher betrachtet werden:
1 Ordnung und Gliederung
Die Differenzierung der Hauptfunktionen führt zu einer Untergliederung der Baustruktur in funktionale Hauptgruppen: insgesamt in drei verschiedene Teil- oder Subsysteme:
31
nach Hauptfunktionen
• Primärsystem: das Tragwerk; • Sekundärsystem: die Hülle, der raumbildende Ausbau; • Tertiärsystem: das Ver- und Entsorgungssystem oder die technische Gebäudeausrüstung. Die Trennung der Subsysteme stellt eine grundlegende Voraussetzung für das industrielle Bauen dar. Moderne Baustrukturen, insbesondere komplexere, kennzeichnen sich in der Regel durch eine meist strikt eingehaltene Differenzierung ihrer Bestandteile, die auch mit einer deutlichen Spezialisierung und Aufgabenteilung der Einzelglieder einhergeht. Dies gilt auf der Hierarchieebene der Subsysteme wie auch auf derjenigen der baulichen Einzelfunktionen (siehe unten). Einfache Gebäudetypen charakterisieren sich durch Zuweisung der drei Hauptfunktionen Tragen, Einhüllen, Ver- und Entsorgen an ein weitgehend undifferenziertes Bauelement (siehe Hütte 9). Beim gezeigten Beispiel übernimmt die Lehmschale gleichzeitig die Tragfunktion (Ableiten von Lasten), die Hüllfunktion (Dichten gegen Wasser, Wind, Dämmen gegen Kälte) sowie auch die Ver- und Entsorgung (Entrauchung der Feuerstelle infolge der Kaminwirkung im Innenraum). Moderne industrialisierte Bauweisen ( 10) sind hingegen durch eine strikte Trennung der Teilsysteme und damit durch eine sehr differenzierte Funktionszuweisung an klar voneinander getrennte Bauelemente gekennzeichnet. Das gezeigte Beispiel veranschaulicht die Trennung von Tragwerk (Fachwerküberbau), Hülle (eingestellte Box) sowie Gebäudetechnik (geführt in den Zwischenräumen des Tragwerks).
9 Einfaches Bauwerk ohne Differenzierung der funktionalen Teilsysteme 10 Industriell hergestelltes Bauwerk mit deutlicher Differenzierung der funktionalen Teilsysteme
2.2.1
32
2.2.2
II Struktur
nach baulicher Einzelfunktion
Kap. VI-1 Spektrum, S. 468
Auch die Subsysteme selbst – hier insbesondere das Hüllsystem – zeigen eine klare Tendenz zur funktionalen Differenzierung gemäß Einzel- oder Teilfunktionen, wie beispielsweise Ableiten von Kräften, Dichten gegen Wasser und Wind, Dämmen von Wärme und Schall, etc. Diese funktionale Differenzierung auf Bauteilebene kann zu einer • Differenzierung von Bauteilen oder Bauteilbereichen gegeneinander führen, wie beispielsweise zwischen einer opaken Wand – mit den zugehörigen Schutzfunktionen gegen Regen, Wind, Wärme/Kälte, etc. – und einem Fenster – mit zusätzlichen Aufgaben der Belichtung und der Lüftung • sowie auch zu einer internen oder strukturellen Aufgliederung eines Bauteils, wie beispielsweise zur Unterteilung eines Hüllbauteils in funktional unterschiedlich belegte Schichten oder Schalen. Deutlich erkennbar ist dieses Prinzip an den unten beispielhaft gezeigten Außenwandkonstruktionen ( 11, 12). Gegenüber der vergleichsweise einfachen einschaligen Wandkonstruktion links, die als eine moderne Variante der traditionellen einschaligen Mauer gelten kann, weist die rechte Außenwand verschiedene Schichten auf, die jeweils klar erkennbare Aufgaben zu erfüllen haben. Diese sind eigens für einen definierten Zweck optimiert: so beispielsweise die Wärmedämmschicht, die keinerlei Tragfunktion übernehmen kann, oder die Hintermauerung, die Lasten aufzunehmen, aber keine Dämmfunktion zu erfüllen hat.
11 Einschalige Außenwand (links) mit niedrigem funktionalen Spezialisierungsgrad der konstruktiven Bestandteile 12 Mehrschalige und -schichtige Außenwand (rechts) mit hohem funktionalen Spezialisierungsgrad der konstruktiven Bestandteile
2.2.3
nach Grad und Qualität der Anforderung Kap. VI-1, Abschn. 4. Die elementaren Teilfunktionen von Hüllbauteilen im Gebäudezusammenhang, S.481
Innerhalb einer gleichartigen Teilfunktion können sich ebenfalls Ausdifferenzierungen ergeben hinsichtlich des Grads der Anforderung. Das Kapitel V-1 beschreibt unterschiedliche Anforderungsgrade an Bauteile je nach ihren spezifischen Voraussetzungen, also beispielsweise je nach ihrer Lage an der Gebäudehülle – dies kann Auswirkungen auf die Schutzfunktionen gegen Niederschlag, Wind etc. haben – oder auch je nach ihrer statischen Beanspruchung innerhalb des Gesamttragwerks ( Teilfunktion Kraftleiten).
1 Ordnung und Gliederung
Die Unterschiede können in diesem Fall innerhalb der gleichen Teilfunktion einerseits graduell sein, wie zwischen einer senkrechten Wand und einem geneigten oder flachen Dach: Bauteile, die aus ebendiesem Grund traditionellerweise konstruktiv voneinander differenziert wurden, weil verschiedenen Witterungsbeanspruchungen aus unterschiedlichen Lagen in einer Gebäudehülle – hier horizontal und vertikal oder schräg geneigt – zumeist nur mit unterschiedlichen Materialien und konstruktiven Aufbauten begegnet werden konnte. Auch eine Aufgliederung eines Tragbauteils in verschiedene Einzelteile mit unterschiedlichen, gezielt gewählten Festigkeiten, vielleicht sogar aus unterschiedlichen Werkstoffen folgt dem gleichen Prinzip funktionaler Ausdifferenzierung, diesmal bezüglich der Teilfunktion Kraftleiten ( 13). Funktionale Unterschiede innerhalb einer gleichen Teilfunktion können aber andererseits auch qualitativer Art sein, wie bei der Differenzierung zwischen einer im Wesentlichen druckbeanspruchten Wand und einer biegebeanspruchten Decke. Oft verlangen qualitativ unterschiedliche statische Beanspruchungen nach verschiedenen Werkstoffen, die funktional anders belegt sind und an einer Schnittstelle verbunden werden müssen. Insbesondere dort, wo Zugspannungen in nennenswertem Umfang im Material auftreten, scheiden die mineralischen Werkstoffe von vornherein aus. Diese sind hingegen dann gut geeignet und ökonomisch, wenn Druckspannungen anfallen. Ein gutes Beispiel sind traditionelle Massivbauweisen mit Wänden aus Mauerwerk, die für eine Druckbeanspruchung optimiert sind, und Decken aus Holz, die es für Biegebeanspruchung sind.
33
13 Differenzierte Zuteilung verschiedener Kraftleitungsfunktionen an unterschiedliche Einzelteile: Druckaufnahme an Beton, Zugaufnahme an Stahl (qualitative Differenzierung). Dies ist aber auch ein gutes Beispiel für eine quantitative Differenzierung, da in den Stahleinlagen ein Vielfaches der im Betonquerschnitt auftretenden Druckspannung aufgenommen wird.
Verbundprinzip im Abschn. 2.3.2, S. 34
Zuletzt gelten in konstruktiver Hinsicht, neben der in diesem Zusammenhang auch die Herstellung des Bauwerks zu berücksichtigen ist, die nachfolgenden Kriterien für die Unterteilung einer Baustruktur:
Gliederung nach konstruktiven Gesichtspunkten
2.3
Bestimmte Werkstoffe oder Bauprodukte sind dimensionalen Einschränkungen unterworfen, sodass bereits aus diesem Grund größere Baustrukturen zumeist nur durch Zusammenfügen von kleineren Einzelteilen entstehen können. Holz ist beispielsweise nur in Stäben begrenzter Abmessungen erhältlich, da es maximal nur bis zur durchschnittlichen Baumstammgröße und -länge verfügbar ist. Gussstahl wird in einem spezifischen Herstellungsprozess produziert, welcher maßlichen Grenzen unterworfen ist. Ein Ziegelstein ist in seinen Abmessungen auf nur wenige, aus Einschränkungen des Tonmaterials und des Brennvorgangs maßlich begrenzte Standardformate festgelegt.
aus Einschränkungen des Werkstoffs
2.3.1
34
2.3.2
II Struktur
aus dem Bauprinzip
Bei der Planung einer Baustruktur ist es stets notwendig, die Möglichkeiten der infrage kommenden technischen Herstellungsverfahren bzw. die Kosten, die sich aus ihrer Anwendung ergeben können, angemessen zu berücksichtigen. Eine wichtige Zielsetzung aus diesen Überlegungen ist die herstellungsgerechte Gliederung einer Baustruktur.
Definition
Man unterscheidet diesbezüglich drei verschiedene Bauprinzipien oder Konstruktionsweisen: 6
Diese Konstruktionsprinzipien werden in anderen Gewerbe- und Industriesparten (wie dem Maschinenbau oder der Luft- und Raumfahrttechnik) als Bauweisen bezeichnet. Wie bei vielen anderen Fachbegriffen auch, wird der Begriff Bauweise im Bauwesen hingegen mit einer anderen Bedeutung verwendet (vgl. hierzu Kap. I, Abschn. 3.1.1 Der Begriff der Bauweise, S. 12), weshalb hier stattdessen die Termini Bauprinzip oder Konstruktionsweise 5 vorgeschlagen werden, um Missverständnisse zu vermeiden.
• Integralprinzip: Herstellen einer Baustruktur oder eines besonderen Bauteils aus einem fugenlosen Materialkontinuum, also aus einem einzigen Stück und folglich aus einem einzigen Werkstoff. Oftmals werden dem kompletten Bauteil mehrere Funktionen zugeordnet. Die Kraftverteilung findet optimal, ohne Spannungskonzentrationen, innerhalb des Stoffkontinuums statt. Durch geeignete Formgebung lassen sich hochbeanspruchte Bereiche angemessen verdicken oder versteifen. Die exponierte korrosions- oder fäuleanfällige Oberfläche ist minimal. Nachteilig ist der mit dem Integralprinzip manchmal verbundene hohe Materialverbrauch, wenn die Werkstück- oder Bauteilformung mit subtraktiven Methoden erfolgt, also etwa durch Ausfräsen aus einem Vollblock ( 14). Ebenfalls nachteilig ist, dass geschädigte Einzelbereiche nicht (wie bei den anderen Prinzipien) ausgetauscht werden können, sondern das gesamte Element in Mitleidenschaft gezogen wird und ggf. komplett ersetzt werden muss. Ferner muss eine integrale Struktur zwecks Rezyklierung meist (mit hohem Energieaufwand) zerkleinert werden; • integrierendes Prinzip (manchmal auch als Verschmelzprinzip bezeichnet): Herstellung einer quasi-integralen Baustruktur unter Einsatz von Ersatz-Fügetechnologien, welche die Verhältnisse des Materialkontinuums zwar
14 Nach dem Integralbauprinzip auf Bauteilebene gefertigte, aus einem Aluminium-Vollblock gefräste Teile
1 Ordnung und Gliederung
35
nicht vollständig reproduzieren, aber einige seiner wesentlichen Vorteile bewahren – insbesondere die gleichmäßige Verteilung der verbindenden Kraftwirkung und die dadurch ermöglichte Vermeidung von Spannungsspitzen und Kerbstellen. Integrierende Verbindungstechniken sind beispielsweise Klebungen ( 15). Anders als das Integralprinzip, erlaubt das integrierende Prinzip, verschiedene Werkstoffe untereinander zu verbinden. Zwar bieten integrierend gefügte Teile für das Rezyklieren verhältnismäßig günstige Voraussetzungen, da sie aus mehreren Teilen bestehen, die sich im Prinzip trennen lassen, doch ist dies von der Kraftwirkung der Verbindung abhängig. Verbindungen mit hoher Haftwirkung können beim Lösen eine Schädigung des Grundwerkstoffs zur Folge haben, was beispielsweise eine Wiederverwendung behindert. Die exponierte Oberfläche ist bei diesem Bauprinzip vergleichbar klein wie diejenige der Integralbauweise; • Differenzialprinzip: die Baustruktur besteht aus einzelnen kleineren Teilen, die zumeist punktuell miteinander verbunden werden ( 16). Wie das integrierende Prinzip gestattet auch das Differenzialprinzip, verschiedene Werkstoffe untereinander zu verbinden. Sofern die Verbindungen (zumindest bedingt) lösbar sind, lassen sich differenzial gefügte Elemente leicht auseinanderbauen und rezyklieren. Da verschiedenartige Teile verbunden werden, ist das Differenzialprinzip für eine jeweils eindeutige Zuweisung einer spezifischen Funktion an ein Einzel- oder Bauteil gut geeignet. Infolge der notwendigen Verringerung des kraftleitenden Querschnitts zwischen zwei Teilen an der Stoßfuge und der unumgänglichen Umleitung der Kräfte erhöht sich indessen die Beanspruchung an den punktuellen Fügestellen im Vergleich zu den Verhältnissen im Stoffkontinuum des Werkstücks. Es können folglich verhältnismäßig große Spannungskonzentrationen an diesen Verbindungspunkten auftreten. Gleichzeitig muss
16 (Oben) Nach dem Differenzialbauprinzip hergestellte Verbindungen: mechanische Verbindungen mit stiftförmigen Elementen 15 (Links) Nach dem integrierenden Bauprinzip auf Bauteilebene gefertigtes Brettschichtholz, aus einzelnen Holzlamellen zusammengeklebt
36
II Struktur
der Grundwerkstoff zur Aufnahme der Verbindungen notwendigerweise gebohrt werden, was seine Tragfähigkeit unweigerlich mindert. Ferner ist die der Korrosion oder Fäule exponierte Oberfläche bei diesem Bauprinzip am größten.
17 Integralprinzip auf Bauwerksebene
Beispiel: I-Walzprofil aus Stahl, wobei der integrale Charakter auf das Materialkontinuum zwischen Steg und Flanschen bezogen ist
Bauprinzip und Konstruktionsarbeit
Beispiel: Holzbau, Stahlbau
Bauprinzip und Werkstoff
Abschn. 2.3.1 aus Einschränkungen des Werkstoffs, S. 33
Daneben wird auch ein Verbundprinzip unterschieden (man spricht dann von zugehörigen Verbundbauweisen), bei dem mehrere Werkstoffe unter besonders guter Ausnutzung ihrer spezifischen Eigenschaften zu einem Bauteil gefügt werden (z.B. Stahlbeton). Man nutzt dabei die sozusagen synergetische Wirkung des Verbunds. Es leuchtet ein, dass sehr sorgfältig die Hierarchieebene zu unterscheiden ist, auf welche der jeweilige Bauprinzipbegriff angewandt wird. Die Fachliteratur ist hierbei nicht eindeutig, sodass es dem Anwender des Begriffs überlassen bleibt, durch Präzisierung des Kontexts Klarheit zu schaffen: ein Bauteil kann für sich betrachtet gemäß dem Integralprinzip gefertigt sein, seinerseits aber anschließend nach dem Differenzialprinzip (im Stahltragwerk) mit anderen Teilen beispielsweise durch Verschraubung verbunden werden. Auf der Hierarchiestufe des Gesamtbauwerks ist das Integralprinzip in Reinform allenfalls bei monolithischen Ortbetontragwerken anzutreffen (17). Die bei einer bestimmten Bauaufgabe eingesetzten Bauprinzipien stehen mit der Konstruktionsarbeit, die der Planer leistet, in einem engen Zusammenhang. Es leuchtet ein, dass bei Überwiegen des Differenzialprinzips die Aufgabe des Konstruierens von besonders großer Bedeutung ist, da die Baustruktur aus Einzelteilen gefügt werden muss. Hingegen tritt diese Aufgabe bei Bauwerken, die im Wesentlichen nach dem Integralprinzip gebaut werden, eher in den Hintergrund, beispielsweise beim Ortbetonbau. Dennoch müssen auch dann die Geometrie, die Tragfunktion und die Herstellung vor Ort sorgfältig geplant werden, Planungsaufgaben, die zum Teil ebenfalls zur Kategorie des Konstruierens gehören. Auch das integrierende Prinzip erfordert eine sorgfältige planende Vorbereitung der Konstruktion. Die angesprochenen Bauprinzipien sind zwar eine planerische Festlegung, stehen aber auch zumindest teilweise mit den Merkmalen der gewählten Werkstoffe im Zusammenhang. Sie sind somit auch vom oben angesprochenen Kriterium der werkstoffbedingten Einschränkungen abhängig. Selbst beim Arbeiten mit dem gleichen Material stehen dennoch oft nur bestimmte Bauprinzipien zur Verfügung. Beispielsweise: • Holz lässt sich im Wesentlichen fast nur nach dem Differenzialprinzip fügen (Bolzen, Nagel, Dübel). Eine Ausnahme – allerdings eine bedeutende – stellt die Klebung dar, also eine Verbindung nach dem integrierenden Prinzip, die
1 Ordnung und Gliederung
37
jedoch nur werkseitig herstellbar ist und eine detaillierte Planung der Klebefugen und Einzelteile voraussetzt; • Stahl wird zumeist ebenfalls differenzial gefügt (Schrauben, Niete). Die Schweißung folgt hingegen dem integrierenden Prinzip. Auch hier ist eine sorgfältige Detaillierung der Schweißverbindungen nötig. Reine Integralverfahren kommen bei der Fertigung von Stahlerzeugnissen zwar häufig zum Einsatz (Walzen, Schmieden, spanabhebend Bearbeiten), lassen jedoch nur die Herstellung von Halbzeug zu (z.B. Profilstähle, Trapezbleche), sind also für das Erstellen kompletter Baustrukturen im Allgemeinen nicht geeignet; • Mauerwerk kann als eine Variante des integrierenden Prinzips gelten. Es ist insbesondere eine modulare Planung des Mauergefüges und des Steinverbands auf der Grundlage der gewählten Maßordnung erforderlich. Oft wird diese Planungsarbeit, das Merkmal eines sauber detaillierten Mauerwerksbaus, in der Praxis allerdings leider vernachlässigt; • Beton ist zunächst der prädestinierte Werkstoff für das reine Integralprinzip. Zumindest theoretisch lassen sich komplette Baustrukturen monolithisch gießen. Man könnte annehmen, die erforderliche Konstruktionsarbeit wäre dann verhältnismäßig begrenzt, weil Verbindungen praktisch nicht nötig sind. Die Bauausführung straft diese Annahme jedoch Lügen: •• Beton benötigt eine Schalung. Diese monofunktionale, lediglich temporäre bauliche Maßnahme ist zwar nicht so hohen Anforderungen ausgesetzt wie eine permanente Baustruktur, ist aber dennoch mit entsprechender Planungs- und Konstruktionsarbeit verbunden. Sie wird meistens vom ausführenden Unternehmen geleistet; •• Beton lässt sich nur in maßlich und zeitlich begrenzten Betonierabschnitten gießen. Dies führt zu einem System von Arbeitsfugen, die nach baubetrieblichen Kriterien und ggf. auch nach formalästhetischen Gesichtspunkten – da diese an der Betonoberfläche erkennbar sind – geplant werden müssen. Diese Arbeitsfugen können bereits als ein Bruch des Integralprinzips gelten, da sie das Stoffgefüge des Betons trennen. Diese Tatsache bleibt konstruktiv nur deshalb folgenlos, weil der Beton funktional nur zur Druckkraftübertragung vorgesehen ist. Dies geschieht an der Arbeitsfuge durch vollflächigen Kontakt;
Kap. II-3, Abschn. 2.1 Das oktametrische Maßsystem , S. 68
38
II Struktur
•• Beton wird fast ausschließlich bewehrt eingesetzt. Stahlbeton lässt sich als eine Sonderform des Integralprinzips betrachten, nämlich als ein Verbundwerkstoff aus Stahl und Beton. Die sachgemäße Verlegung der Bewehrung erfordert eine sorgfältige und qualifizierte Planungsarbeit, insbesondere dort, wo beengte Platzverhältnisse herrschen und hohe Bewehrungskonzentrationen anfallen (z.B. an Knotenpunkten wie Rahmenecken). Diese planerische Tätigkeit stellt durchaus eine Form der Konstruktionsarbeit dar. Verbindungen zwischen verschiedenen Werkstoffen sind nicht nach dem Integralprinzip realisierbar und erfordern stets eine detaillierte und sorgfältige vorbereitende Konstruktionsarbeit. 2.3.3
aus der industriellen Herstellung II-2 Industrielles Bauen, S. 45
Abschn. 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten, S. 30
2.3.4
aus der Organisation des Bauvorgangs
Die industrielle Herstellung beruht wesentlich auf einer Trennung zwischen Baustelle und Fertigungsstätte. Die logistischen Erfordernisse sowie die maximalen Transportmaße von vorgefertigten Bauteilen zwingen dazu, eine Baustruktur in Teile bis zu einer maximalen Abmessung zu untergliedern. Die industriellen Fertigungsmethoden ihrerseits sind zwar nicht allein verantwortlich für die starke Differenzierung in weitgehend monofunktionale und hochspezialisierte Einzelteile wie im Abschnitt 2.2 angesprochen, begünstigen diese aber deutlich durch den hohen Grad an Arbeitsteilung bei der Fertigung. Der heute herrschende hohe Anforderungsstandard wäre ohne die Entwicklung industrieller Herstellungsmethoden nicht denkbar. In dieser Hinsicht sind funktionale Aspekte wie oben diskutiert eng mit herstellungstechnischen verwoben. Eine stark spezialisierte, industriell geprägte Baustruktur setzt einen entsprechend komplex organisierten und strukturierten Bauvorgang voraus. Dies soll nachfolgend diskutiert werden: Moderne Bauvorhaben sind durch eine Differenzierung des Bauvorgangs in vielfältige Gewerke gekennzeichnet, für die verschiedene Hersteller verantwortlich zeichnen. Bereits diese bauorganisatorische Gegebenheit zwingt in der Regel zu einer Segmentierung der Baustruktur. Die Gliederung in Einzelgewerke ergibt sich aus der überlieferten Organisationsform des Baugewerbes in einzelnen Handwerkssparten, denen bestimmte Gewerke zugeordnet sind. Trotz stark industriell geprägter Züge hat die moderne Bauwirtschaft dieses Organisationsmuster bis heute beibehalten. Auch wenn die Gewerkegliederung nicht immer mit der Aufteilung der Bauleistungen nach Einzelfirmen übereinstimmt, ist sie dennoch auch heute gültig und brauchbar. Bei der Organisation des Bauablaufs spielen die damit verbundenen haftungsrechtlichen Verhältnisse eine bedeutende Rolle. Dies betrifft grundsätzlich zunächst die
1 Ordnung und Gliederung
vertragliche Bindung zwischen Bauherrn und ausführenden Firmen (geregelt in der VOB) sowie die Bauleitung. Bereits aus diesem Grund ist es notwendig zu verhindern, dass Verantwortlichkeiten gleichsam hin- und hergeschoben werden.
39
VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen
Die Voraussetzung für klare haftungsrechtliche Verhältnisse ist, dass Bau- und Konstruktionsplanung eine geeignete Grundlage für die deutliche Trennung von Leistungen und Verantwortlichkeiten schaffen. Dies heißt insbesondere, dass Bauleistungen eines Herstellers und die durch diese hergestellten Bauteile auch konstruktiv von denen anderer zu trennen sind. Man spricht von der Trennung der Gewerke bei der Konstruktionsplanung. Neben haftungsrechtlichen Zwecken soll diese Maßnahme auch dazu dienen, Toleranzen zwischen verschiedenen Gewerken oder sogar zwischen Bauweisen (Trocken-, Nassbauweisen) aufzunehmen. Oft sind die Größenordnungen der Maßabweichungen bei verschiedenen Gewerken sehr unterschiedlich. Auch aus diesem Grund ist eine deutliche konstruktive Trennung der Gewerke erforderlich.
Trennung der Gewerke
Was aus den genannten Gründen für die Gewerke gilt, ist auch auf die funktionalen Hauptgruppen, also auf die Subsysteme, anzuwenden. Dies wurde an anderer Stelle bereits angesprochen.
Trennung der Subsysteme
siehe Näheres hierzu in Kap. II-3, Abschn. 4. Maßtoleranzen – maßliche Koordination an Bauteilstößen, S. 84
Abschnitt 2.2.1, S. 31
40
2.4
II Struktur
Klassifizierung von Bauteilen nach ihrer konstruktiven Komplexität
Wenn wir die bisher diskutierten Gliederungsformen einer Baustruktur als Beispiele für eine horizontale Gliederung betrachten, kann man eine Klassifikation der Teile einer Baustruktur hinsichtlich ihrer konstruktiven Komplexität als eine vertikale interpretieren. Folgende Elemente lassen sich mit steigendem konstruktiven Komplexitätsgrad unterscheiden: • Rohstoff • Bauhalbzeug • Einzelteil • Teilegruppe • Bauteil • Bau(teile)gruppe • Teil- oder Substruktur • Teil- oder Subsystem (gleich Hauptstruktur) • Gebäude. Traditionellerweise oblag der Zusammenbau von Bauelementen zu komplexeren Baustrukturen und letztlich zum fertigen Bauwerk einer einzigen Hand. Dies erfolgte auf den Einzelfall maßgeschneidert oder projektspezifisch. Mit zunehmender Industrialisierung der Bauwirtschaft wurden immer komplexere Bauelemente projektunspezifisch auf Vorrat vorgefertigt und vom Hersteller für verschiedene Bauvorhaben angeboten. Ab der Ebene des Bauhalbzeugs, das grundsätzlich projektunspezifisch ist, tritt in der Regel eine auf das Einzelprojekt zugeschnittene Weiterverarbeitung bzw. Zusammenbau der Teile ein. Es gibt aber auch komplexere, in sich abgeschlossene und als Fertigprodukt einzubauende Baukomponenten (z.B. Fenster, Tür), die ebenfalls projektunspezifisch sind. Auf noch höherer Komplexitätsstufe sind fertige Bausysteme oder Baukastensysteme zu nennen, die für mehr als eine Einsatzsituation konzipiert sind. Die Hierarchie nach funktionaler und organisatorischer Komplexität ist eng mit dem Herstellungs- und Umformprozess des Bauelements verbunden. In 18 ist dies exemplarisch anhand einer Stahlkonstruktion sowie in 18-27 an der Blechverkleidung einer Gebäudefassade dargestellt.
1 Ordnung und Gliederung
41
Allgemeine Darstellung der Konstruktionsteilhierarchie und ihre fertigungstechnische Einordnung
Konstruktionsteil
Darstellung der Konstruktionsteilhierarchie und ihre fertigungstechnische Einordnung am Beispiel einer Stahlkonstruktion
Fertigungsvorgang Werkstoff
Fertigungsvorgang Stahlbramme
Urformen (Strangpressen, Gießen ...) Umformen (Walzen, Abkanten, Ziehen ...) Fügen (Schweißen, Kleben ...)
Halbzeug - Halbfabrikat
Walzen
Blechtafel
Trennen (Brennschneiden, Sägen, Stanzen, Bohren, Hobeln ...) Umformen (Abkanten, Biegen, Ziehen ...)
Einzelteil Fügen (Schweißen, Kleben, Nieten, Nageln, Schrauben, Klemmen...)
Teilegruppe Fügen (Schweißen, Kleben, Nieten, Nageln, Schrauben, Klemmen...)
Bauteil Fügen (Schweißen, Kleben, Nieten, Nageln, Schrauben, Klemmen...)
Baugruppe Fügen (Schweißen, Kleben, Nieten, Nageln, Schrauben, Klemmen...)
Substruktur Fügen (Schweißen, Kleben, Nieten, Nageln, Schrauben, Klemmen...)
Hauptstruktur - Teilsystem Fügen (Schweißen, Kleben, Nieten, Nageln, Schrauben, Klemmen...)
Brennschneiden von Grundform und Sweißschrägen, Bohren
Auflagerplatte Verschweißen mit zwei weiteren Einzelteilen (Knotenbleche)
Auflagerkonsole Verschweißen mit zwei weiteren Einzelteilen (Knotenbleche)
Stütze Verschweißen bzw. Verschrauben von Einzelteilen und Teilegruppen zum kompletten Bauteil
Rahmen Verschrauben mit weiteren Einzelteilen, Teilegruppen, Bauteilen und Baugruppen
Stahlskelett Verschrauben mit weiteren Substrukturen zur kompletten Tragstruktur
Tragstruktur Montieren der Sekundär- und Tertiärsystems (Hülle, Ver- und Entsorgung)
Gebäude
18 Hierarchie der Konstruktionsteile nach Weller 6
Konstruktionsteil
42
II Struktur
19 Urformen einer Stahlbramme im Stahlwerk
20 Auswalzen des Stahls zu dünnem Blech im Warmwalzprozess
21 Lagerung der Bleche in Form von Coils
22 Umformen der Bleche zu Trapezblech durch einen Kaltwalzprozess (Rollen)
23 Trapezblech als halbfertiges Produkt (Halbzeug)
24 Vor der Weiterverarbeitung gelagerte Trapezbleche
25 Das mit Bohrungen und Anschlussteilen versehene Trapezblech bei der Montage (Einzel-teil/Teilgruppe)
26 Das Trapezblech als Bestandteil der fertigen Fassade (Bauteil)
27 Die Gebäudehülle (Subsystem)
1 Ordnung und Gliederung
1 2
3 4 5
6
Siehe Vitruv: De architectura libri decem, Buch I, Kap. III, 2. Zur vergleichenden Betrachtung von Architektur und Musik siehe beispielsweise in: Wittkower R (1983) 4. Musikalische Harmonien und die bildenden Künste, S. 95; oder 6. Die Proportionen bei Palladio und die Entwicklung der Musiktheorie im 16. Jahrhundert, S. 107 Wittkower R (1983), S. 85 und 107 Vgl. hierzu auch Pahl, Beitz (1997), S. 38 sowie VDI-Richtlinie 2223 Methodisches Entwerfen technischer Produkte, 5.5 Aus Weller K (1985), S. 84. Abweichend von dieser Quelle wird der Begriff Teil- oder Subsystem nur auf der Ebene des Tragwerks, der Hülle oder der Ver- und Entsorgungstechnik angewendet; derjenige der Teil- oder Substruktur auf der Ebene des Stahlskeletts, Betondecke, Fundierung etc. Die Hauptstruktur ist entsprechend in unserer Begriffsbestimmung gleichzusetzen mit dem Teilsystem. Vgl. auch Hertel H (1980) Leichtbau, S. 7ff
VDI 2223: 2004-01 Methodisches Entwerfen technischer Produkte VOB: 2016 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen
43
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
1. Technisch-kulturelle Entwicklungsstufen .................. 46 2. Handwerkliche Produktion..........................................47 3. Industrielle Produktion ............................................... 49 3.1 Geschichtliche Entwicklung industriellen Bauens................................................................ 50 3.2 Merkmale industrieller Produktion ..................... 54 4. Merkmale industriellen Bauens ................................. 54 4.1 Grundsätze industriellen Bauens ........................55 4.2 Einsatz neuer digitaler Planungs- und digital gesteuerter Fertigungstechniken im Bauwesen 58 4.3 Transport ............................................................ 59 4.4 Montage ............................................................. 60 5. Die Montagefuge im industriellen Bauen .................. 60 Anmerkungen...................................................................62 Normen und Richtlinien ...................................................62
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-4 III-5
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_3
46
1.
II Struktur
Bautätigkeit steht naturgemäß in engem Zusammenhang mit den technischen Möglichkeiten und dem kulturellen Entwicklungsstand der Epoche, in der sie stattfindet. Die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung der menschlichen Kultur, die auch einem bestimmten Stand der Bautätigkeit oder Bauwirtschaft entsprechen, lassen sich wie folgt definieren: 1
Technisch-kulturelle Entwicklungsstufen
• Urzeit: Ernährung durch Jagen und Sammeln. Nomadentum, Familienwirtschaft, Fertigung für den Eigenbedarf; • Landwirtschaft: Übergang vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit. Entstehung des gewerblichen Handwerks;
Entwicklung
Verbreitung
Konsolidierung
• erste industrielle Revolution um 1800 Erfindung der Kraftmaschine (Dampfmaschine), Mechanisierung der Produktion;
Niedergang
VorgängerTechnologie
• zweite industrielle Revolution: Erfindung der Computertechnik (1950); • dritte, industriell-wissenschaftliche Revolution: Informationstechnologie, Automatisierung der Produktion, Kybernetik, Biotechnik, Gentechnologie; • vierte Revolution: Industrie 4.0 – digitale Vernetzung. Die Entwicklungsstufen sind in der Regel bestimmten Technologien zugeordnet, die zur jeweiligen Zeit verfügbar waren und, zumindest bei den ersten Entwicklungsphasen, auf der bevorzugten Verwendung charakteristischer Materialien basierten ( 1). Die Lebenszeit einer bestimm-
NachfolgeTechnologie
2 S-Kurve nach Ashby
Gold
Kupfer
RELATIVE BEDEUTUNG VON WERKSTOFFEN
Bronze Eisen
Metalle Gusseisen Stahl Holz Häute Fasern
legierter Stahl Klebstoffe
Polymere Elastomere
Leichte Legierungen Gummi Hochleistungs-Legierungen Stroh
Papier
Ziegel
TitanZirkonium- Legierungen etc.
Stein Feuerstein
Bakelit
Töpferkeramik Glas
Zement Nylon
0
1000
1500
PMMA PC
Portlandzement 5000 v. Chr.
Hochfeste Polymere
Polyester Klinker
10000 v. Chr.
Hitzefeste Polymere
1800
Quarzglas 1900
PS
Metallkeramik 1940
Epoxidharze Acrylate PP CFRP GFRP
AFRP
Keramik Glas
Hochfeste technische Keramik (Al2O3, Si3N4, PSZ, etc.)
Feuerfeste keramik
1960
Verbundwerkstoffe Keramische VerbundMetall-Matrix- werkstoffe Verbundwerkstoffe
1980
1990
2000
2010
2020
Jahr 1 Anteile verschiedener Werkstoffkategorien am gesamten Werkstoffverbrauch während verschiedener technischer Entwicklungsstufen der Menschheit 3
2 Industrielles Bauen
47
ten Technologie ist begrenzt, ihre Entwicklung lässt sich durch die sogenannte S-Kurve oder Ashby-Kurve ( 2) charakterisieren. 2 Demnach tritt nach der Einführung und dem vergleichsweise schleppenden Start einer Technik eine sprunghafte Entwicklung ein, die zu gegebener Zeit zu einer Sättigung und zu einem Stillstand kommt. Noch vor Erreichen dieses Sättigungspunkts erfolgt ein Ausweichen auf eine neu aufkommende Ersatztechnologie. Das Handwerk geht in allen Kulturen aus der geschlossenen Hauswirtschaft hervor. Erst wenn über den Familienbedarf hinaus Güter mit dem Ziel des Erwerbs und Gewinns hergestellt werden, kann man von einem selbstständigen, für einen Markt produzierenden Handwerk sprechen.4 Die handwerkliche Produktion stellt gegenüber älteren Organisationsformen der produzierenden Tätigkeiten eine Entwicklungsstufe dar, bei der bestimmte Spezialisierungen erkennbar sind (wie beispielsweise Berufe) und ein gewisser Grad an Arbeitsteilung verwirklicht wird. Sie ist gekennzeichnet durch: • die Entwicklung charakteristischer Bearbeitungswerkzeuge (insbesondere in der Metalltechnik); • spezifische Organisationsformen (wie die Zünfte, Innungen, Handwerkskammern), die Fertigungs- und Qualitätsstandards vorgeben und die Ausbildung der Handwerker regeln (Gesellen-, Meisterprüfungen); • einen gewissen Vorfertigungs- und Rationalisierungsgrad sowie erste Ansätze zur Einführung einer Modularität und Normung. Im handwerklich geprägten Bauen ist, trotz der Existenz hochqualifiziert ausgebildeter Handwerker, die Spezialisierung und Differenzierung der Bautätigkeit noch nicht so weit fortgeschritten, dass Bauarbeiten nicht auch von halbausgebildeten Laien verrichtet werden könnten ( 3, 4). Die Grenze zwischen handwerklichem und industriellem
3 Schiffszimmermann (15. Jh.)
4 Heutiger Wanderziegler. Handwerkliche Ziegelfertigung nach überlieferter Technik.
Handwerkliche Produktion
2.
48
II Struktur
5 Mithilfe ausgeklügelter Steinschnitte suchte man beim mittelalterlichen Kirchenbau den Steinverbrauch zu minimieren. Alternative Ausbildungen einer Steinsäule.
6 Der mittelalterliche gotische Kathedralenbau wies deutliche Züge einer Rationalisierung und Vorfertigung auf. Ausgeklügelte Fugenschnitte erlaubten, den Abfall beim Steinbehau auf ein Minimum zu reduzieren.7 Beim mittelalterlichen Kirchenbau ist auch ein ausgeprägter modularer Aufbau erkennbar.
7 Der griechische Tempel ist einer strengen Modulordnung unterworfen, welche die (zumindest teilweise) Vorfertigung begünstigte.
Band 3, Kap. XII-1, Abschn. 3.3.10 Prinzip der Kraftübertragung an der Berührfläche
8 Standardisierte römische Ziegelprodukte
Bauen ist schwer zu ziehen; die Überänge sind eher graduell. Schon sehr früh sind Ansätze einer Vorfertigung sowie einer Modularisierung erkennbar ( 5, 6). Bereits der griechische Tempelbau zeigt als eine besondere Facette seiner strengen geometrischen Ordnung unverkennbare Anzeichen einer Rationalisierung des Herstellungs- und Bauprozesses. Die Steinarbeiten wurden zu einem großen Teil in Werkstätten verrichtet, die Endbearbeitung erfolgte vor Ort. Der modulare Aufbau des griechischen Tempelbaus nimmt spätere industriell geprägte Gebäudekonzepte vorweg ( 7).5 Bauprodukte (insbesondere Ziegelerzeugnisse) wurden im römischen Reich nach streng eingehaltenen Standards gefertigt, so dass in der gesamten damals bekannten Welt einheitliche Maß- und Baunormen galten. Es wurden stark durchrationalisierte Baumethoden eingesetzt, die sich insbesondere die Vorteile des opus caementitium zunutze machten ( 8, 9).6 Spezifische Baumethoden und Bauformen zogen einen hohen Anteil an Handarbeit nach sich: Stein- und Ziegelbau waren stets mit hohem Arbeitsaufkommen auf der Baustelle verbunden ( 10-12). Der Ziegelbau entzieht sich heute noch einer durchgängigen industriellen Rationalisierung. Aus heutiger Sicht gilt auch der traditionelle Zimmermanns-Holzbau als gutes Beispiel für eine ausgeprägt handwerkliche Art des Umgangs mit dem Holz. Die mit hohem Anteil an Handarbeit gefertigten, teilweise passgenau zu verarbeitenden formschlüssigen Verbindungen sind charakteristisch für die handwerkliche Arbeitsweise.
9 Erkennungsstempel einer römischen Legion auf einem Ziegel
2 Industrielles Bauen
49
10 Römische Legionäre hatten neben dem Kriegshandwerk auch Bauarbeiten zu verrichten.
11 Darstellung einer Werkstatt eines römischen Schmiedes und Schlossers – typische Baunebenberufe, die heute noch ähnliche Werkzeuge benutzen wie zu römischen Zeiten.
12 Mönche beim Verrichten handwerklicher Arbeit
Zeitgenössisches Bauen erfolgt zu einem großen Teil durch Einsatz industrieller Produkte. Die industrielle Produktion beeinflusst mit ihren spezifischen Randbedingungen die Baukonstruktionsplanung heute nachhaltig. Dies äußert sich zum einen darin, dass zahlreiche außerordentlich leistungsfähige moderne Werkstoffe verfügbar gemacht wurden, die unseren Vorfahren vorenthalten waren, sowie auch dass teilweise hochkomplexe Produkte mit hoher Fertigungsqualität und Präzision für die Bauplanung einsetzbar sind. Gleichzeitig sind auch gewisse Einschränkungen und Randbedingungen mit dem Einsatz von Industrieprodukten im Bauen verbunden, die wiederum beim handwerklich geprägten Bauen in dieser Art nicht existieren. Dies betrifft in erster Linie Vorgaben aus dem industriellen Herstellungsprozess sowie auch solche aus dem kommerziellen Vertrieb. Diese ursprünglich eher engen Vorgaben aus der industriellen Herstellung, die ihren Höhepunkt in der klassischen Serienfertigung erreichten, sind indessen im Begriff, ihre Stringenz zu verlieren, da eine deutliche Tendenz zur Digitalisierung der Industrieprojektion vorherrscht, dank deren eine immer stärkere Individualisierung von Industrieprodukten sowie auch eine deutliche Effizienzsteigerung möglich wird.
Industrielle Produktion
3.
50
3.1
II Struktur
Geschichtliche Entwicklung industriellen Bauens
13 Dampfbetriebene Schmiedepresse
14 Frühe Dampfmaschine
Die Verfügbarkeit von motorgetriebenen Kraftmaschinen zur Werkstoffbearbeitung sowie die Entwicklung neuer Materialien führte im 18. Jh. zu einer enormen Steigerung der Produktivität und zu einer Revolutionierung der betrieblichen Organisationsformen ( 13, 14). Bereits früh setzte die Tendenz zu einer zunehmenden Verlagerung der Herstellungsprozesse in das stationäre Werk ein (Vorfertigung). Die Auswirkungen auf das Bauen waren groß: es entstanden nicht nur neue Baumethoden, sondern auch neue Materialien wie der Stahl, der Beton und der Stahlbeton. Mit dem Stahl, der sich aus dem Eisen entwickelte, stand im Bauwesen zum erstenmal in der Geschichte ein extrem zugfester Baustoff zur Verfügung. Erst von diesem Zeitpunkt an konnte das Potenzial zugbeanspruchter Konstruktionen im Bauwesen aktiviert und genutzt werden. Ferner waren die sozialen Auswirkungen verheerend: Sie äußerten sich in gewaltigen Migrationsströmen zu den Großstädten und in einer deutlichen Degradierung der Lebensumstände der Arbeiter in den Ballungsräumen. Es entstanden völlig neuartige Probleme, auf die auch mit neuen Bauformen reagiert werden musste. Auch über diesen Weg wirkte die Industrielle Revolution auf das Bauen. Als erstes Bauwerk, das strikt nach industriellen Maßstäben geplant und gebaut wurde, gilt der Kristallpalast der Londoner Weltausstellung von 1851 ( 15-20). Er war seiner Zeit in dieser Hinsicht weit voraus. Sein Erbauer, Joseph Paxton, hatte als Gärtner Erfahrungen beim Bau von Gewächshäusern gesammelt. Beim Errichten des (auch nach heutigen Maßstäben) reinen Montagebaus aus Eisen und Glas wurden modernste Methoden der Baurationalisierung eingesetzt. Obwohl in der weiteren Entwicklung des Bauens durchaus Ansätze erkennbar sind, industrielle Baumethoden in adäquate Architektur- und Ingenieurbauformen umzumünzen, gelang dies in der Pionierepoche des 19. Jahrhunderts eher den Ingenieuren als den Architekten. Beispiele hierfür sind Ingenieurbauten wie Brücken, Bahnhöfe und Industriehallen aus jener Zeit ( 21). Architekten waren hingegen stärker dem überlieferten Bauformenkanon verhaftet und verkleideten Bauwerke, die strikt nach industriellen Bauverfahren errichtet wurden, oftmals mit klassischen Steinfassaden, um den Anschein überlieferter, vertrauter Architekturformen zu wahren ( 22). Erst Anfang des 20. Jahrhunderts konfrontierte man sich in der klassischen Moderne ernsthaft mit der Frage, wie die richtige Umsetzung industrieller Fertigungsmethoden in Bauform denn stattfinden sollte ( 23). Der epochale Bruch der modernen Architektur mit tradierten Bauformen, insbesondere mit denen der klassischen Antike, lässt sich als eine bewusste Zuwendung zu den inhärenten Regeln industrieller Produktion verstehen. Die zunehmende Rationalisierung, Standardisierung und Modularisierung der Bauformen, die in der weiteren Entwicklung des industriell geprägten Bauens insbesondere in
2 Industrielles Bauen
51
15 Der Kristallpalast in einer zeitgenössischen Darstellung
16 Zeitgenössisches Foto des fertigen Bauwerks
18 Einbau der Verglasung mithilfe eines Montagewagens
17 Aufnahme des Bauzustands
20 Tragwerkselemente des Kristallpalasts.
19 Montage der Fertigelemente beim Bau des Kristallpalasts
52
II Struktur
21 Eisenbrücke aus der Pionierzeit des modernen Ingenieurbaus: eine kompromisslos aus statischkonstruktiven und industriell herstellungstechnisch geprägten Faktoren hergeleitete innovative, bis dahin nicht gekannte Bauform (Loopline Bridge, Dublin, 1891).
22 Historischen Bauformen verhaftete Fassade eines ansonsten nach industriellen Methoden gebauten Bahnhofgebäudes in Eisenkonstruktion (Bahnhof Toledo, 1919).
23 Die klassische Moderne suchte den adäquaten architektonischen Ausdruck für die neuartigen damals verfügbaren industriellen Baumethoden (Häuser J. P. Oud, Weißenhofsiedlung, Stuttgart, 1927).
24 Strikt durchrationalisierte und modularisierte Plattenbauten wie diese bedeuteten für viele den endgültigen Bankrott inustriellen Bauens als akzeptables Zukunftsmodell.
2 Industrielles Bauen
der Nachkriegszeit der fünfziger und sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts aufkam, hat unsere gebaute Umwelt nachhaltig geprägt, insbesondere in Europa durch den Wiederaufbau nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs. Unreflektierter, oftmals nur von wirtschaftlichen und effizienzorientierten Maßstäben geprägter Einsatz von industriellen Bauverfahren, der in der architektonischen Gestaltung in unerträgliche Monotonie und Gesichtslosigkeit mündete ( 24), führte danach zu einer weitverbreiteten Diskreditierung industrieller Baumethoden und stürzte die moderne industrielle Architektur in eine tiefe Sinnkrise. Nach der vorübergehenden, deutlich rückwärtsgewandten heftigen Reaktion der sogenannten Postmoderne ( 25), die sich erneut historischer Bauformen bediente (aber gleichwohl keine Hemmungen hatte, moderne Industriechnik für deren Realisierung heranzuziehen), hat die Weiterentwicklung der industriellen Produktion, und hier insbesondere die Überwindung der engen Randbedingungen, welche die klassische Fließbandproduktion der Bauplanung auferlegte, der modernen Architektur ein neues breitgefächertes formales Repertoire eröffnet und damit auch ein neues Potenzial an variantenreicher architektonischer Gestaltung generiert. Sowohl die überdeutliche Darstellung von Technologie in der sogenannten Hightecharchitektur ( 26), die Einführung von zugbeanspruchten Bauformen des extremen Leichtbaus ( 27) als auch das Experimentieren mit nicht-orthogonalen Freiformen ( 28) wie sie im zeitgenössischen industriellen Bauen einzigartig sind, stehen für diverse Facetten zeitgenössischer Architekturströmungen, die unmissverständlich den fließenden und sich stetig entwickelnden Charakter der industriellen Bauproduktion veranschaulichen. Ein außerordentlich folgenreicher Faktor in dieser Entwicklung ist die zunehmende Individualisierung von industriellen Bauprodukten, wie sie moderne Industrietechnik mittlerweile in vielen Fällen ohne übergroße Mehrkosten gestattet. Von der Einführung bzw. dem umfassenderen Ausbau von digitalen Planungsmethoden sind weitere Entwicklungen zu erwarten.
53
25 Historisierende architektonische Verbrämung eines ansonsten nach einer statischen Idee gestalteten Turmgebäudes (Hängekonstruktion in Stahl): postmoderne Gegenreaktion zur formalen Tristesse der standardisierten Massenarchitektur der 1950er und 60er Jahre.
26 (Oben) Ästhetische Überhöhung hochtechnologischer Bauformen in der Hightech-Architektur (Centre Pompidou, Paris, 1977) 28 Freiformen wie diese sind eine Hervorbringung moderner digitalisierter Industrietechnik, die eine weitgehende Individualisierung von Bauteilen erlaubt (Bosch-Areal, Stuttgart).
27 (Unten) Neuartige, weitspannende zugbeanspruchte Konstruktionen, ein Novum im industrialiserten Bauen (Ausstellungsgebäude, Edinburgh)
54
3.2
II Struktur
Merkmale industrieller Produktion
Im Einzelnen lassen sich die charakteristischen Merkmale industrieller Produktion wie folgt beschreiben: • zunehmende Arbeitsteilung und Spezialisierung; • neue kapitalintensive Techniken; • Massenproduktion; • Rationalisierung (zunächst Mechanisierung, später Automatisierung, heute Digitalisierung); • Anwendung neuer Energiequellen (Kohle, Erdöl, Elektrizität, heute zunehmend erneurbare Energien). Auch vergangene Entwicklungsphasen waren mit spezifischen Energieträgern verbunden; • neue Unternehmensformen (Kapitalgesellschaften) und -zusammenschlüsse (Kartelle). Die Befriedigung der heute allgemein in Industriegesellschaften als Standard geltenden Bedürfnisse der Bevölkerung ist nur durch den Einsatz großtechnischer industrieller Produktionsverfahren möglich (Massenwohlstand, Konsum- und Leistungsgesellschaft). Die Entstehung industrieller Produktionsverfahren hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die natürliche Umwelt, die Sozialstrukturen, Arbeits- und Lebensbedingungen, Normen- und Wertesysteme der Gesellschaft ausgeübt. Gleiches gilt für die Art, wie Gebäude konzipiert, geplant und errichtet werden.
4.
Merkmale industriellen Bauens
Industrielles Bauen lässt sich definieren als ein Bauen (also Fertigung + Transport + Montage) nach einer gemeinsamen industriellen Methodik, die sich kennzeichnet durch Arbeitsteilung, Spezialisierung, Mechanisierung, Rationalisierung und Digitalisierung der Produktion. Kennzeichnend ist die Anwendung industrieller Arbeitsmethoden, Verfahren und Organisationsformen nicht nur auf Herstellung, sondern in gleicher Weise auf Planung und Entwicklung des Produkts. Sie findet also Anwendung auf folgende Bereiche der Bautätigkeit:10 • Planung von Gebäuden; • Entwicklung, Erprobung, Anwendung von Baukomponenten und Bausystemen; • Fertigung, Transport und Montage von Baukomponenten, Bausystemen, Gebäuden; • Nutzung und Betrieb von Gebäuden;
2 Industrielles Bauen
55
• Reparatur, Instandhaltung, Umnutzung von Gebäuden; • Abbruch, Rückführung und Wiederverwendung von Baustoffen, Bauteilen, Gebäuden. Industrielle Herstellung unterscheidet sich insbesondere von der handwerklichen durch die stärkere Trennung von Leitung und Produktion, größere Betriebsstätten, den höheren Aufwand in Form von Anfangsinvestitionen sowie die stärkere Spezialisierung und Differenzierung der Produktionsprozesse. Ein fundamentales Prinzip des industriellen Bauens wie auch anderer Industriesparten ist die Senkung der Lohnkosten durch erhöhte Produktivität. Dies geschieht nach den klassischen Leitlinien der Industrieproduktion durch Serienfertigung immer gleicher Teile in hohen Stückzahlen, im Gegensatz zur Einzelanfertigung individueller Produkte bei handwerklicher Herstellung ( 29-32). Ein Hauptziel der klassischen industriellen Produktion ist demnach das kostengünstige Fertigen bei Serien, die: • einerseits groß genug sind, um rentabel zu sein; • andererseits klein genug, um das nötige Maß an Varianz zu erlauben, da ja nur diese die wünschenswerte Vielfalt und Anpassungsfähigkeit der Produkte an wechselnde Anwendungen garantiert. Dieser Gesichtspunkt ist insbesondere in der Bauindustrie von Bedeutung, da trotz intensiver Bemühungen der Rationalisierung – insbesondere während der 1960er und 70er Jahre – Bauwerke heute nach wie vor als Prototypen entstehen, die für die jeweilige Planungssituation gleichsam maßgeschneidert werden. Ein wichtiger Grund für diese aus der industriellen Logik heraus kaum erklärbare Entwicklung ist die fehlende Anpassungsfähigkeit der klassischen Serienfertigung an die außerordentlich komplexen und vielschichtigen Anforderungen, denen Bauwerke zu begegnen haben. Während bei früheren Produktionsmethoden die Herstellung, die Bearbeitung und der Einbau von Bauteilen weitgehend am Bauplatz stattfand, ist die industrielle Herstellung gekennzeichnet durch eine klare Differenzierung zwischen: • Fertigung im stationären Werk, • Transport und • Montage auf der Baustelle, die sich aus der räumlichen Trennung von Werksvorfertigung und Verarbeitung vor Ort auf der Baustelle ergibt ( 33-35).
Grundsätze industriellen Bauens
4.1
56
II Struktur
100%
Arbeitsaufwand En bzw. Dn pro Element
90 80 70 60
Durchschnittswerte Dn
50 40 30
Einzelwerte En
20 10 0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Zahl n der produzierten Elemente
29 Qualitative Lernkurven bei handwerklicher Produktion 8 200
handwerkliche Produktion mechanisierte Produktion
100
Stückkosten
Gemeinkosten 10 % Lohnkosten 69 %
Materialkosten 21 % 10
Stückkosten in %
Gesamtkosten100 %
automatisierte Produktion
0 10
100 Stück
100
1000
10 000
100 000
Stückzahl
30 Abnahme der Stückkosten bei zunehmenden Stückzahlen in verschiedenen Produktionsarten in schematischer Darstellung 9 Gesamtkosten 70 % 240
Stückkosten
220
vollmech. Stahlschalung
Gemeinkosten 21 %
200
Stahlschalung mit
Lohnkosten 32 %
180
Schalungswagen
Materialkosten 17 %
160
Stahlschalung mit Grund-
100
platte aus Stahl oder Beton
140
1000 Stück
Batterieschalung aus Stahl
120
Holzschalung
100
Gesamtkosten 30 %
DM/Element
Stückkosten
Gemeinkosten 12 % 4% Lohnkosten Materialkosten 14 %
80 60 40 20 0
100
1000
10 000 Stück
32 Stückkosten und Kostenanteile bei verschiedenen Seriengrößen 12
1
5
10
50
100
500
1000
Seriengröße
31 Einfluss der Seriengröße auf den Schalungskostenanteil bei verschiedenartigen Schalungen für Betonfertigteile 11
2 Industrielles Bauen
57
Man versteht deshalb unter dem Begriff der Fertigung in diesem Zusammenhang das Vorfertigen mit industriellen Methoden. Dies hat für den Planungsprozess erhebliche Auswirkungen, da die grundlegend unterschiedlichen Randbedingungen der einzelnen Herstellungsphasen zu berücksichtigen sind. Aus der Strategie des Einsatzes von Hilfsmitteln und Geräten mit dem Ziel größtmöglicher Rationalisierung und Automatisierung des Herstellungsprozesses folgt der Grundsatz, keine oder nur minimale Nacharbeit auf der Baustelle zu dulden, bzw. einen größtmöglichen Anteil der Produktionsprozesse in das Werk zu verlagern, weil dort: • grundsätzlich eine viel höhere Produktivität erzielt wird; • die Lohnkosten drastisch gesenkt werden können; • gleichbleibende (hohe) Qualität garantiert werden kann (spezialisierte Fertigungseinrichtungen, günstigere Arbeitsbedingungen, Witterungsunabhängigkeit); • bzw. eine Komplexität des Produkts zur Erfüllung gesteigerter Anforderungen erreicht werden kann, die ansonsten nicht möglich wäre. Hier spielt die Kopplung von digitalisierten Planungs- und Fertigungsmethoden (CAD/CAM) eine immer wichtigere Rolle.
34 Fachwerkknoten aus Stahlguss
33 Typische industriell hergestellte Bauteile: Fertigteilstützen
35 Plattenbalken als Betonfertigteil
58
4.2
II Struktur
Einsatz neuer digitaler Planungsund digital gesteuerter Fertigungstechniken im Bauwesen
vgl. auch Band 4, Kap. 5 Form
Der fundamentale Grundsatz der klassischen industriellen Fertigung, nach dem hohe Produktivität mittels möglichst großer Produktionsserien erzielt wird, verliert durch die Einführung und Weiterentwicklung von digitalen Techniken in der Planung und Herstellung von Bauprodukten und Gebäuden zunehmend an Bedeutung. Planerische Daten entstehen heute grundsätzlich digital mithilfe von CAD- und BIM-Software und werden zunehmend auch auf digitalem Weg in automatisierte Fertigungsanlagen übertragen. Diese lassen sich ohne aufwendige Umrüstungen auf wechselnde Bauteilformen, -abmessungen und -querschnitte einstellen. Dies erlaubt die Fertigung kleiner Serien bei kaum veränderten Produktionskosten, ein Phänomen, das in der klassischen Serienfertigung undenkbar war. Man spricht von der Kopplung CAD/ CAM (Computer Aided Design / Computer Aided Manufacturing) bzw. von CNC (Computerised Numerical Control) Ferner erlaubt die Möglichkeit, exakte Angaben zur Geometrie eines Bauteils aus der CAD-Software zu generieren und digital an die Fertigungsmaschine zu übertragen, auch die Herstellung von komplexen Formen, die bislang nur in aufwendiger und kostspieliger Handarbeit gefertigt werden konnten. Es sind tiefgreifende Auswirkungen auf Konzeption und Entwurf von Bauwerken zu erwarten, die zum Teil bereits heute an singulären ausgeführten Bauten zu beobachten sind. Geometrische Einschränkungen, die jahrhundertelang für das Bauen galten und entsprechende Gebäudeformen und -konzepte hervorgebracht haben, sind dabei, ihre Gültigkeit zu verlieren.13 Besonders in mittleren und großen Unternehmen sind CAD/CAM-Systeme heute ein alltägliches Mittel in Entwicklung, Konstruktion und Arbeitsvorbereitung. Sie ermöglichen eine genaue und vollständige Erfassung des Produkts, dessen Lebenszyklen durch Simulation und Berechnung bereits im Voraus geprüft werden können. Die Tendenz beim Software-Einsatz solcher CAD/CAMSysteme geht heute in Richtung von 3D-Systemen, wobei hier mit Flächenmodellierung, Volumenmodellierung und Hybridsystemen gearbeitet wird. Das Spektrum des Einsatzes dieser CAD/CAM-Systeme ist heute sehr weit angelegt: Es reicht von Architektur und Bauingenieurwesen bis zum Maschinenbau (mit dem Schwerpunkt des Automobil- und Flugzeugbaus), den Anlagenbau, die Elektrotechnik und Elektronik. Die Grundlage des CAD/CAM-Einsatzes ist der Aufbau eines möglichst wirklichkeitsgetreuen 3D-Modells des geplanten Produkts. Die Rechnerunterstützung ermöglicht heute völlig neue Vorgehensweisen bei der Gestaltung und Modellierung. Erst in Ansätzen stehen hier in allen Bereichen auch geeignete automatisierte Fertigungsmethoden zur Verfügung. Diesbezüglich besteht insbesondere im Bauwesen noch erheblicher Forschungsbedarf.
2 Industrielles Bauen
59
Der Einsatz von CAD/CAM-Systemen bietet auch die Vorteile einer vernetzten Modellierung über das Internet oder das Intranet eines Unternehmens. Auf diesem Weg können Konstrukteure durch die Schaffung von Entwicklungsverbänden in einem Internet-basierten koordinierten Informationsverbund gemeinsam an einem Produkt arbeiten. Auch die Verbindung zum Kunden oder Zulieferer ist denkbar. Der Zugriff auf vorhandene und zugelassene Norm- oder Zukaufteile, Verfahren des Projektmanagements sowie Informationen über Arbeitstechniken können über diese Schnittstellen auf den Entwicklungs- und Visualisierungsprozess direkt einwirken. In einem weiteren Schritt wurde das Building Information Modeling (BIM) in das Bauwesen eingeführt, eine Methode, sämtliche relevanten Daten zur Bauplanung mithilfe einer Software zusammenzuführen und dem Planer verfügbar zu machen. Diese Daten werden im Rahmen eines digitalen dreidimensionalen Computermodells miteinander verknüpft. BIM soll nicht nur den Planungsprozess optimieren, sondern auch die Ausführung und das spätere Facility Management des Gebäudes. Planungsänderungen werden über das zentrale digitale Modell augenblicklich an alle Planungsbeteiligten weitergegeben. Datengrundlagen für Massenermittlungen und Kostenberechnungen werden automatisch über die BIM Software bereitgestellt. Somit können auch beispielsweise Auswirkungen einer Planungsänderung auf die Kosten sehr frühzeitig ermittelt und bewertet werden. Ferner sind am dreidimensionalen digitalen Modell auch räumliche und systemische Konfliktpunkte zwischen Teilen und Gewerken der Konstruktion identifizierbar. Insbesondere im Bauwesen ist die Erstellung eines Digital Mock Up (DMU) und die Möglichkeit der Erzeugung eines virtuellen Prototyps von besonderer Bedeutung, die in erster Linie durch die dramatisch gesteigerte Rechenleistung bei gleichzeitigem Verfall der Hardwarepreise möglich wird. Neben den Vorgaben, die sich aus den speziellen Bedingungen der Werksvorfertigung ergeben, gelten insbesondere die maßlichen Einschränkungen aus der Beförderung vorgefertigter Teile bis zur Baustelle. Der Transport gibt Maximalabmessungen eines zu befördernden Bauteils vor, die sich bei üblichem Straßentransport aus der verfügbaren Ladefläche auf einem LKW und den festgelegten lichten Durchfahrtshöhen der Transportstrecke ableiten. Dadurch sind grundsätzlich längliche, eher ungefähr stabförmige Einzelbauteile transportierbar, die vor Ort zur endgültigen Baustruktur zusammengefügt werden müssen. Die Maximalabmessungen sind:
Transport
vgl. Band 2, Kap. X-4 Fertigteilbau, Abschn. 6.1 Transport
4.3
60
II Struktur
• Breite 2,50 m; • Höhe 4,0 m (+ 0,5 m Tieflader-Aufbau); • Länge 32 m. 4.4
Montage
Ferner müssen baubetrieblich die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden, damit die auf die Baustelle transportierten Einzelteile zum Gesamtbauwerk zusammengebaut, also montiert werden. Bereits bei der Planung müssen entsprechende Vorbereitungen erfolgt sein, beispielsweise indem die Einzelteile montagegerecht gestaltet wurden. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass gegebenenfalls: • bestimmte bevorzugte Montagepositionen einzuhalten sind (Beispiel: vertikaler Einbau von Glasscheiben); • ein entsprechender Lastfall für den Montagezustand nachgewiesen sein muss; • spezielles Hebezeug, besondere Rüstungen oder Befestigungsmittel am Element erforderlich sind; • bestimmte Fügeverfahren auf der Baustelle nur bedingt einsetzbar sind (Beispiel: Schweißen); • in der Konstruktion bestimmte Bewegungsräume für Monteure freizuhalten sind, etc. Auch Bauweisen, die auf weitgehender Baustellenfertigung beruhen, wie beispielsweise der monolithische Betonbau, und für eine industrielle Werksvorfertigung nicht geeignet sind, haben dennoch eine Industrialisierung der eingesetzten Baumethoden erfahren. Man unterscheidet insofern neben der: • industriellen Werksvorfertigung (stationär), auch die • industrielle Baustellenfertigung. Beispiele: Tunnelschalungen, Gleitschalungen, Hubdeckenverfahren, Hubblockverfahren.
5.
Die Montagefuge im industriellen Bauen
Band 2, Kap. VII Herstellung von Flächen
Aus der industriellen Werksvorfertigung und der Notwendigkeit, eine Gebäudestruktur aus einzelnen, maßlich beschränkten Einzelelementen vor Ort zusammenzubauen, ergibt sich die Montagefuge, die beim nicht industriell vor Ort hergestellten Bau auch existieren kann (wie bei handwerklichen Montagebauweisen), aber anders als bei industrieller Herstellung nicht zwingend ist. Einfache monolithisch, vor Ort geformte Bauwerke kommen gänzlich ohne Fugen aus. Dies kann ein wesentlicher Vorteil sein, wenn es um kontinuierliche Kraftleitung und um Dichten gegen die Witterung geht. Hierfür sind besonders die mineralischen
2 Industrielles Bauen
Baustoffe geeignet. Auch aus Einzelsteinen gefügte Massivbauten kommen trotz des dichten Fugennetzes dem Spezialfall des monolithischen Bauwerks sehr nahe. Aber auch einige handwerkliche Holzbauweisen, die wesentliche Merkmale industriellen Bauens bereits vorwegnehmen, sind auf ein kraftleitendes Fügen fester Einzelbauteile angewiesen und zeigen bereits frühe konstruktive Lösungen für den Umgang mit der Fuge. Einige haben es in dieser Hinsicht zu einer sehr weit entwickelten Technik gebracht, wie beispielsweise der mittelalterliche Fachwerkbau. Die Vorteile der monolithischen Bauweisen gehen dadurch verloren; andererseits sind diese Bauweisen in der Regel leicht und demontabel. Die Fuge hat zunächst kraftleitende Funktionen, aber bei der Gebäudehülle auch dichtungstechnische. Die Dichtheits- und sonstigen Anforderungen, die beispielsweise an eine geschlossene kontinuierliche Wandfläche gestellt werden, sind auch von der Fugenkonstruktion zu erfüllen. Darüberhinaus muss die Fuge weiteren Funktionen aus dem Zusammenbau und den Verformungen (Toleranzaufnahme) gerecht werden. Die zunehmende Spezialisierung industriell geprägter Bauweisen, die sich in der immer differenzierteren Zuweisung von Einzelfunktionen an einzelne Bauteile äußert, führt zu einer deutlichen Vergrößerung des Fugenanteils an der Gesamtkonstruktion. Diese Verbindungen anforderungsgerecht zu konstruieren, stellt die größte Herausforderung – und auch gleichzeitig die gefährlichste Fehlerquelle – bei der Planung moderner Montagebauten dar. Da die sorgfältige Abstimmung der Einzelbestandteile eines Gebäudes für dessen Funktionstüchtigkeit und Qualität einen entscheidenden Faktor darstellt, ist bei der Planung industriell hergestellter Bauwerke von besonderer Bedeutung, welche und wieviele Einzelhersteller an der Fertigung, dem Transport und der Montage eines bestimmten Gebäude- oder Bauteils beteiligt sind. Kritisch für den Planer sind meistens nicht die Leistungsmerkmale der einzelnen Bauprodukte – für die der Hersteller haftet –, sondern diejenigen der Schnittstellen zwischen diesen, für die jener in erster Linie verantwortlich ist. Die Hierarchie von Bauprodukten nach funktionaler und organisatorischer Komplexität ist eng mit dem industriellen Herstellungs- und Umformprozess des Bauelements verbunden.
61
Band 3, Kap. XII-1 Grundlagen des Fügens
Kap. II-1, Abschn. 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten > 2.2.2 nach baulicher Einzelfunktion, S. 32
Kap. II-1, Abschn. 2.3 Gliederung nach konstruktiven Gesichtspunkten > 2.3.4 aus der Organisation des Bauvorgangs, S. 38
Kap. II-1, Abschn. 2.4 Klassifizierung von Bauteilen nach ihrer konstruktiven Komplexität, S. 40
62
II Struktur
Anmerkungen
1 2 3 4 5 6 7 8
9 10 11 12 13
Normen und Richtlinien
Weller K (1985) Industrielles Bauen 1 Ashby MF (1992) Materials Selection in Mechanical Design Diagramm nach: Beukers A, van Hinte E (2001) Lightness, S. 14f Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl. (1987) Stw. Handwerk Müller-Wiener W (1988) Griechisches Bauwesen in der Antike Choisy A (1873) L‘art de bâtir chez les Romains Kimpel, Suckale (1995) Die gotische Architektur in Frankreich, S. 220 nach Kotulla B, Urlau-Clever B P, Kotulla P (1984) Industrielles Bauen – Grundlagen, S. 47; dort Verweis auf IABSE Journal J-9/79 Weller K (1985) S. 29 Ebda S. 11 Diagramm nach Koncz T (1976) Bauen industrialisiert Weller K (1985) S. 30 vgl. hierzu Moro J L Die Urbilder moderner Architekturformen in: Moro J L (2003) Antoni Gaudí 1852-1926
DIN 1045: 2012-03 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton
1. Modulare Ordnung einer Gebäudestruktur ............... 64 1.1 Maß- und Modulordnungen im Bauwesen ........ 64 1.2 Grundmaße und Baumaße ..................................67 2. Maßsysteme .............................................................. 68 2.1 Das oktametrische Maßsystem ......................... 68 2.2 Mauerschichten und -verbände ..........................70 2.3 Mauerverbände – Beispiele ................................70 2.4 Bauen mit großformatigen Steinen .....................73 2.5 Modulordnung nach ISO 1006 und ISO 2848 .....74 2.5.1 Grundmodul ..............................................74 2.5.2 Horizontale Koordination ...........................74 2.5.3 Vertikale Koordination – Ergänzungsmaße ......................................76 2.5.4 Koordinationsräume ..................................76 3. Der Raster ...................................................................77 3.1 Bauteilbezug zum Raster.....................................77 3.2 Rasterüberlagerungen ........................................ 80 4. Maßtoleranzen – maßliche Koordination an Bauteilstößen ............................................................. 84 4.1 Toleranzarten ...................................................... 85 4.2 Maßtoleranzen, Begriffe Beispiel: Einbau Fenster.................................................... 85 4.3 Maßtoleranzen – Grenzabweichungen................87 Anmerkungen.................................................................. 94 Normen und Richtlinien .................................................. 94
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-4 III-5
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_4
64
1.
II Struktur
Modulare Ordnung einer Gebäudestruktur Kap. II-1, Abschn. 2. Gliederung einer Baustruktur, S. 29
Elementare Überlegungen zur materiellen Ausführung eines Gebäudes, wie bereits angestellt, führen in logischer Konsequenz zum Grundsatz des modularen Aufbaus einer Gebäudestruktur: d.h. ihrer Untergliederung gemäß einem virtuellen geometrischen Ordnungssystem, das auf einem Grundmodul aufbaut. Eine modulare Maßordnung bietet entscheidende Vorteile bei der Planung und dem Bau eines Gebäudes: • sie erlaubt den Aufbau komplexer und ausgedehnter Baustrukturen auf der Basis eines optimierten Grundelements (Beispiel: mehrfeldriges Tragwerk aus Holzbalkendecken); • sie erlaubt die projektunspezifische Vorfertigung (und Lagerung auf Halde) von Bauprodukten, die später in verschiedenen, aber gemäß einem einheitlichen Ordnungssystem gegliederten Projekten verarbeitet werden können; • sie bietet die Grundlage für eine Normung oder Standardisierung von Bauprodukten unterschiedlicher Hersteller, die beim Zusammenbau maßlich koordiniert sein müssen (Beispiel: Einbau eines Fensters in die Öffnung einer Ziegelsteinmauer);
Beispiel: Koordination von Tragwerk, Gebäudehülle und Innenwänden sowie der Haustechnik
• sie bietet die Voraussetzung für eine konsistente räumliche Koordination verschiedener Bauteile mit unterschiedlichen Funktionen; • sie erlaubt eine große Flexibilität bei der Planung und der nachträglichen Veränderung von Gebäuden (Beispiel: Umsetzen von Innenwänden gemäß einem Raster möglicher Lagen); • sie verleiht dem Gebäude eine geometrische und maßliche Ordnung, die seine formalästhetische Wirkung maßgeblich beeinflusst.
1.1
Maß- und Modulordnungen im Bauwesen
Eine Maß- und Modulordnung ist Grundlage einer systematischen und rationellen Entwurfs- und Konstruktionspraxis und ist somit ein wesentliches Hilfsmittel für die Planung und Herstellung von Bauwerken. Viele im Bauwesen vorkommende Maße und Größen waren (und sind zum Teil heute noch) von der Anatomie des menschlichen Körpers abgeleitet ( 1, 2). Dies vereinfacht die Vorstellung von der Größe eines Gegenstands oder der Dauer einer Arbeitsleistung (vgl. noch heute die Verwendung der Mannwoche). Ferner galten die Proportionen des menschlichen Körpers vielen Baumeistern und Architekten als ein Vorbild für die Gestaltung von Bauwerken. Einige Beispiele dafür sind:
3 Maßordnung
65
• Kanon der Proportion, Leonardo da Vinci (1452-1519). Er versuchte, die menschlichen Proportionen in eine geordnete Beziehung zum Kreis und zum Quadrat zu bringen ( 1).
Murray P (1989) „Weltgeschichte der Architektur – Renaissance“
• Proportionslehre des Bauens, Modulor, Le Corbusier (1887-1965). Er legte 1946 die Körpergröße des Menschen im Durchschnitt auf 182,88 cm (6 englische Fuß) fest ( 2). Dieses Maß unterteilte er nach dem Goldenen Schnitt und entwickelte daraus den Modulor, die sogenannte blaue Reihe mit den Teilmaßen 226, 183, 140, 119, 86, 70, 43, 27 cm.
Le Corbusier (1985) „Der Modulor, Darstellung eines in Architektur und Technik allgemein anwendbaren harmonischen Maßes im menschlichen Maßstab“
Insbesondere in den angelsächsischen Ländern sind noch heute Maße gebräuchlich, die sich direkt von den menschlichen Gliedmaßen ableiten (Fuß, Elle). Einen Bruch mit dieser Praxis vollzog die Einführung des Meters, der als 40.000.000ster Teil des Erdumfangs in Meridianrichtung definiert ist.
1 Altägyptische Werkzeichnung für ein Relief. Der Rastermodul ist eine Elle.
2 Proportionsstudie von Francesco di Giorgio
3 Kanon der Proportion von Leonardo da Vinci
4 Modulor von Le Corbusier
66
II Struktur
gerundet
wenig gerundet R5
R10
R5
R5
R‘10 R‘20 R‘40
R‘‘5
1,00 1,00 1,00 1,05 1,12 1,12 1,20 1,25 1,25 1,25 1,30 1,40 1,40 1,50 1,60 1,60 1,60 1,70 1,80 1,80 1,90 2,00 2,00 2,00 2,10 2,20 2,20 2,40 2,50 2,50 2,50 2,60 2,80 2,80 3,00 3,20 3,20 3,20 3,40 3,60 3,60 3,80 4,00 4,00 4,00 4,20 4,50 4,50 4,80 5,00 5,00 5,00 5,30 5,60 5,60 6,00 6,30 6,30 6,30 6,70 7,10 7,10 7,50 8,00 8,00 8,00 8,50 9,00 9,00 9,50 10,00 10,00 10,00
1,0
R‘‘10 R‘‘20 – 10
1,00 1,00 1,00 1,00 1,06 1,12 1,12 1,18 1,25 1,25 1,25 1,32 1,40 1,40 1,50 1,60 1,60 1,60 1,60 1,70 1,80 1,80 1,90 2,00 2,00 2,00 2,12 2,24 2,24 2,36 2,50 2,50 2,50 2,50 2,65 2,80 2,80 3,00 3,15 3,15 3,15 3,35 3,55 3,55 3,75 4,00 4,00 4,00 4,00 4,25 4,50 4,50 4,75 5,00 5,00 5,00 5,30 5,60 5,60 6,00 6,30 6,30 6,30 6,30 6,70 7,10 7,10 7,50 8,00 8,00 8,00 8,50 9,00 9,00 9,50 10,00 10,00 10,00 10,00
6 Vergleich einer geometrischen (A) mit einer arithmetischen (B) Reihe von 10 bis 100, jeweils fünfgeteilt. A entspricht der Renard-Reihe R5 mit dem Multiplikator 101/5 = 1,585; B entsteht durch die Addition von (10-100):5 = 18. Die geometrische Reihe A zeigt im Gegensatz zur arithmetischen B eine feinere Abstufung in den nierigen Zahlenbereichen.
stark gerundet
1,0
1,0 1,1
1,2
1,2 1,4
1,5
1,5
1,6 1,8
2,0
2,0 2,2
2,5
2,5
2,5 2,8
3,0
3,0 3,5
4,0
4,0
4,0 4,5
5,0
5,0 5,5
6,0
6,0
6,0 7,0
8,0
8,0 9,0
10,0
10,0
10,0
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
5 Normzahlenreihe (Renard-Reihe). Geometrische Reihung auf der Basis eines konstanten Multiplikators gleich 101/m, wobei m eine ganze Zahl größer als 1 ist. Aufgrund dieser Definition sind Vielfache von 10 (100, 1000 …) stets in der Reihe enthalten, denn sie entstehen, wenn man n·m Mal mit dem Multiplikator multipliziert. In Abhängigkeit des gewählten Multiplikators m wird die jeweilige Reihe als Rm bezeichnet (R5, R10, …). Bei R5 beispielsweise wird der Zahlenraum von 1 bis 10 in 5 Zwischenwerte unterteilt, die jeweils durch den Multiplikator 101/5 = 1,585 generiert werden.
16
25
40
63
100
A
10
28
46
64
82
100
B
10
16 125
10
16
25 20
125
40 315
25
375
25
63
100
R5 · 10
100
R10 · 10
625 75 875 100
DIN 4172
50
63
50
80
7 Übereinstimmung von Normzahlen (R5, R10) mit den Baunormzahlen der DIN 4172 im Zahlenraum von 10 bis 100 (grau hervorgehoben). Reihen, vorzugsweise für den Rohbau
a 25
b 25/2
c 25/3
d 25/4
6 1/4 8 1/3 12 1/2
12 1/2 16 2/3 18 3/4
25
25
25
25
31 1/4 33 1/3 37 1/2
37 1/2 41 2/3 43 3/4
50
50
50
50
56 1/4 58 1/3 62 1/2
62 1/2 66 2/3 68 3/4
75
75
75
75
83 1/3
8 Baunormzahlen gemäß DIN 4172. Sie basieren auf dem Viertelmeter (25 cm). Die Zahlenreihe ist arithmetisch. Sie ergibt sich aus der Addition von Modulmaßen bzw. deren Bruchteilen. Es ist sowohl die Halbierung (b) des Grundmoduls, seine Drittelung (c), Viertelung (d) sowie seine Teilung durch 10 (e) vorgesehen.
40
87 1/2
87 1/2 91 2/3
100
100
100
100
Reihe, vorzugsweise für Einzelmaße e 25/10 = 5/2 2,5 5 7,5 10 12,5 15 17,5 20 22,5 25 27,5 30 32,5 35 37,5 40 42,5 45 47,5 50 52,5 55 57,5 60 62,5 65 67,5 70 72,5 75 77,5 80 82,5 85 87,5 90 92,5 95 97,5 100
Reihen, vorzugsweise für den Ausbau
f 5
g 2x5
h 4x5
i 5x5
5 10
10
15 20
20
20
25 30
25 30
35 40
40
40
45 50
50
50
55 60
60
60
65 70
70
75
75
80
80
90
90
100
100
80
100
100
3 Maßordnung
Als Ursprung der modernen Industrienormung gilt die Normzahlenreihe, die der französische Ingenieur Renard 1877 zur Festlegung von Standardmaßen industrieller Produktion entwickelte (Deshalb auch als Renard-Reihe bezeichnet) ( 5). Das Ziel war die Anpassung und Vereinheitlichung von Maschinen, Werkzeugen und Verbindungen. Den Bedürfnissen des Maschinenbaus entsprechend war diese Reihe geometrisch generiert, da sie, anders als eine arithmetische Reihung, eine feinere Abstufung in den kleinen Zahlenbereichen als in den größeren gestattete ( 6). Dies ist beispielsweise bei der Normung von Schraubengrößen und -gewinden sowie anderen Maschinenteilen von Bedeutung. Der Einfachheit halber war die Reihe derart aufgebaut, dass alle Vielfache von 10 in ihr enthalten sind (Multiplikator = 101/m). Im Gegensatz zum Maschinenbau besteht im Bauwesen aber kaum die Notwendigkeit nach geometrischer Stufung. Es treten vornehmlich Reihungen gleicher Bauteile auf, wie Steine, Balken, Sparren etc., was einer arithmetischen Stufung entspricht. Regelmaße für Bauwerke müssen zunächst dieser Anforderung entsprechen, sollten aber auch mit den Normzahlen übereinstimmen ( 7). Auf dieser Voraussetzung legte die DIN 4172 die Baunormzahlen in Form einer arithmetischen Reihe mit dem Grundmodul des Viertelmeters (25 cm) fest ( 8). Sie ist Grundnorm einer Reihe weiterer Baunormen und Maßgrundlage für einen großen Teil der Bauplanung und Bauausführung. Baunormzahlen sind Zahlen für Baurichtmaße, aus denen Einzel-, Rohbauund Ausbaumaße abgeleitet werden ( 5). Die Definitionen dieser Begriffe sind die folgenden:
67
Grundmaße und Baumaße DIN 323-1, -2
DIN 4172 Maßordnung im Hochbau
• Baurichtmaß (RR): theoretisches Maß und Grundlage zur planmäßigen Verbindung von Bauteilen. Sie sind die Grundlage für die in der Praxis vorkommenden Baumaße. Es entsteht beim Aneinanderreihen der Bauteile als Maß von Mitte Fuge bis Mitte Fuge an beiden Enden eines Bauteils; • Einzelmaß: meist Kleinmaße für Einzelheiten des Rohoder Ausbaus; • Rohbaumaß: Maße des Rohbaus, wie Mauerwerksmaße, Stärke der Rohdecke etc.; • Ausbaumaß: Maße des fertigen Baus, wie lichte Öffnungsmaße, Durchgangsmaße etc.; • Nennmaß (NM): Nennmaße sind diejenigen Maße, die ein Bauteil entsprechend seiner Planung haben soll (Sollmaß). Bei Bauarten ohne Fugen gleich den Richtmaßen, sonst abzüglich der Fugen.
auch DIN 18101, DIN 18111
1.2
68
2.
II Struktur
Maßsysteme
Abschn. 4. Maßtoleranzen – maßliche Koordination an Bauteilstößen, S. 84
Bei der Planung und Ausführung von Bauwerken ist das Zusammenwirken einer großen Zahl zum Teil hochspezialisierter Unternehmen erforderlich. Die verschiedensten Bauteile und Bauteilgruppen müssen hierbei in einem baulichen Gesamtgefüge kombinierbar sein. Die Festlegung und Koordinierung von Maßen mit Hilfe von Maßsystemen ist – wie bereits erwähnt – deshalb unabdingbar. Darüber hinaus sind aufgrund der unvermeidbaren produktions- und ausführungsbedingten Maßabweichungen auch Festlegungen hinsichtlich der noch zulässigen Toleranzen an den Schnittstellen verschiedener Gewerke notwendig ( 9).
9 Ohne Vorhaltung von Maßtoleranzen ist ein Zusammenbau von Teilen nicht möglich.
ISO 1006, ISO 2848 Building Construction – Modular Coordination
2.1
Das oktametrische Maßsystem
Kap. V-1 Künstliche Steine, Abschn. 2.5 Nennmaße und Kenngrößen, S. 357
1 am = 12,5 cm, deshalb die Bezeichnung oktametrisches Maßsystem
Zwei verschiedene Maßordnungen stehen sich in Deutschland gegenüber: Die DIN 4172 und die beiden Normen ISO 1006 und ISO 2848. Sie sollen im Folgenden näher betrachtet werden: Die Abmessungen von Ziegelsteinen schufen bereits frühzeitig die Grundlage für eine Vereinheitlichung von Baumaßen. Der Ziegelstein ist vermutlich das älteste präfabrizierte Bauelement. In Anpassung an das Greifmaß betrug seine Breite in allen Kulturen immer etwa 11 bis 15 cm. Mit der Einführung des metrischen Systems im Bauwesen (Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland) erfuhr der Achtelmeter rasche Verbreitung und führte zu einer der frühen Normen, der DIN 4172. Um die Passung des Mauerziegels mit den Baunormzahlen zu gewährleisten, wurde das ursprüngliche Normformat von 250 · 120 mm (mit Fugenanteil: 260 · 130) in das NZ-Format von 250 · 125 mm (mit Fugen) umgewandelt ( 10). Ausgehend vom Grundmodul 100/8 = 1am = 12,5 cm ergeben sich die Baurichtmaße im Mauerwerksbau, die als theoretische Maße (also Referenz- oder eben Richtmaße) anzusehen sind und Vielfache des Grundmoduls sind. Unter Berücksichtigung der erforderlichen Mörtelfuge beim Vermauern idealerweise ungeteilter Steine, ergeben sich bestimmte Maßabstufungen für die Abmessungen
3 Maßordnung
69
von Wanddicken, Pfeilerbreiten, Maueröffnungen etc. Die Nennmaße, die das letztlich eingesetzte effektive Maß im Rohbau darstellen, setzen sich als Vielfache von Stein- und Fugenanzahl zusammen und lassen sich wie folgt ermitteln (11):
24
24
• Öffnungsmaße (Fenster, Türen, Rohbaumaße von Räumen, lichte Raumbreiten und -tiefen);
24
24
(12,5 · n) + 1 cm
32
,5
24
• Außenmaße (Außenkanten von Mauerwerksbauten); 24
(12,5 · n) – 1 cm • Vorsprungsmaße (Vorspringende Wände, die an eine weitere, senkrechte Wand angeschlossen sind).
24
24 ,5 11
(12,5 · n) Neben dieser horizontalen maßlichen Koordination erfolgt im Mauerwerksbau auch eine Koordination der Höhenmaße ( 12). So ergeben sich für den Mauerwerksbau typische Höhenmaße, wie z.B. die Geschosshöhe von 2,75 m = 22 · 12,5 cm. Neue Entwicklungen im Mauerwerksbau, wie z.B. die Einführung der Plansteine führten nicht zur Aufgabe des oktametrischen Maßsystems, sondern zu neuen Steinformaten innerhalb des Systems (z.B. Verlängerung von Zahnsteinen von 24 cm auf 24,7 cm; Erhöhung von Plansteinen von 23,8 auf max. 24,9 cm durch die Einführung von Dünnbettmörtel).
30
10 Die oktametrische Maßordnung beruht auf dem Grundmodul von 12,5 cm, dem Achtelmeter (am). Es entspricht dem Greifmaß des Maurers. Die Formate leiten sich in ihren Achsmaßen aus der Achtelteilung eines Meters, abzüglich 10 mm für Stoßfugen und 12 mm für Lagerfugen, ab. Dies ergibt ein Steinmaß von 240 · 115 · 71 mm für das Normalformat NF: • • •
Länge 24 cm + 1 cm Fuge = 25 cm (= 2 · 12,5 cm) Breite 11,5 cm + 1 cm Fuge = 12,5 cm Höhe 3 · (7,1 cm + 1,2 cm Fuge) = 25 cm
Neben den Normalformaten NF existieren auch die Dünnformate DF, deren Höhe (statt 7,1 cm) gleich 5,2 cm ist. •
Vo r
24
Höhe 4 · ( 5,2 cm + 1 cm Fuge) = 25 cm.
sp
ru n
gs
m
aß
Öf fn u Au ngs ße ma nm ß aß
11 Öffnungs-, Außen- und Vorsprungsmaße im Mauerwerksbau
70
2.2
II Struktur
Mauerschichten und -verbände
zur Art der Kraftleitung in Mauerverbänden siehe Kap. IV-3, Abschn. 5. Mechanische Eigenschaften, S. 255, und Kap. VI-2, Abschn. 9.3.2 Verband – druckkraftwirksame Übergreifung, S. 596
2.3
Mauerverbände – Beispiele
ü ≥ 0,4 h ≥ 4,5 cm
h
12 Überbindemaß
2500 2437,5 2375
Mit dem starken Rückgang von Sichtmauerwerk und tragender Mauerwerkskonstruktionen haben auch viele herkömmliche Mauerverbände ihre einstige Bedeutung verloren. Die traditionellen Verbände spielen heute allenfalls noch bei der Instandhaltung oder Sanierung von historischen Altbauten eine Rolle, sollen aber anhand einiger Beispiele dennoch zumindest in Grundzügen dargestellt werden:1 • Läuferverband: Hier bestehen alle Schichten aus Läufern, die von Schicht zu Schicht um 1/2 (= mittiger Verband) oder um 1/4 (= schleppender Verband) versetzt sind. Anwendung bei Innenwänden oder als Verblendschale, auch bei Mauerwerk aus Blocksteinen ( 18 und 22).
Überbindemaß ü
DF
Unter Mauerverband versteht man das geometrische Ordnungsmuster, nach welchem die Steine im Mauergefüge schichtenweise zusammengesetzt und miteinander verzahnt werden, damit die auf dem Mauwerwerk wirkenden Lasten zuverlässig in die Fundierung abgeleitet werden können. Die Stoßfugen unmittelbar aufeinanderfolgender Schichten dürfen sich nicht decken: Das Überbindemaß, also das Maß der Übergreifung jeweils übereinanderliegender Steine, beträgt mindestens 4,5 cm bzw. 0,4 · Steinhöhe ( 12 und 13).
NF 2500
2500
2500
2416,6 2375 2333,3
2312,5 2250 2187,5 2125
2250
2250
2166,6 2125 2083,3
2062,5 2000 1937,5 1875
2000
2000
2000
1916,6 1875 1833,3
1812,5
687,5 625
666,6 625 583,3
562,5 500 437,5 375
500
500
416,6 375 333,3
312,5 250 187,5 125
250
250
166,6 125 83,3
62,5 0
13 Anwendung des oktametrischen Maßsystems auf Höhenmaße
500
3 Maßordnung
71
• Binder- oder Kopfverband: alle Schichten bestehen aus Bindern, die in jeder Schicht um eine 1/2-Kopfbreite versetzt sind. Nur für 1-Stein dicke Wände geeignet, auch für Blocksteine geeignet ( 19 und 23). • Blockverband: Hier wechseln Läufer- und Binderschichten regelmäßig ab. Die Stoßfugen der jeweiligen Binderbzw. Läuferschichten liegen senkrecht übereinander, Anwendung für Wanddicken * 24 cm ( 20 und 24). • Kreuzverband: Auch hier wechseln Läufer- und Binderschichten regelmäßig ab. Die Stoßfugen jeder zweiten Läuferschicht sind um 1/2-Steinlängen versetzt, Anwendung für Wanddicken * 36,5 cm üblich ( 21 und 25).
14 Läuferschicht
15 Binderschicht
Weiterhin werden unterschieden: • Endverbände • Eckverbände • Stoßverbände
16 Rollschicht
• Kreuzungsverbände sowie traditionelle Zierverbände, z.B.: • holländischer Verband • gotischer Verband • schlesischer Verband
17 Grenadierschicht
,5 11
18 Läuferverband
19 Binderverband
B L B L B
L B L
24
L B L B
B
L
L 24
20 Blockverband (L Läufer-, B Binderschicht)
,5 36
21 Kreuzverband (L Läufer-, B Binderschicht)
72
II Struktur
22 Läuferverband
23 Binderverband
24 Blockverband
25 Kreuzverband
3 Maßordnung
Im modernen Mauerwerksbau haben großformatige Steine in vielen Bereichen die herkömmlichen, kleineren Formate verdrängt. Eine bedeutende Rolle bei dieser Entwicklung haben hohe Lohnkosten und die Knappheit ausgebildeter Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt gespielt. Ferner ist der geringere Fugenanteil ein grundsätzlicher Vorteil großer Formate, da Fugen stets eine statische und bauphysikalische Schwachstelle in einem Mauerverband darstellen. Auch die Steine selbst sind zumeist mit deutlich erhöhter Wärmedämmfähigkeit durch adäquat gestaltete Kammersysteme und porosiertem Grundmaterial ausgeführt. Beim Einsatz großformatiger Steine (z.B. Mauertafelziegel bis 24 DF, Leichthochlochziegel bis 16 DF oder Kalksandstein XL-Planelemente) verlieren klassische Regeln des Vermauerns, insbesondere die engen Vorgaben des oktametrischen Maßsystems, an Bedeutung. Es hat sich vielmehr ein flexibler, situationsangepasster Umgang mit Mauersteinen durchgesetzt, bei dem diese häufiger auf nichtmodulare Maße zugeschnitten werden, als dies beim herkömmlichen Maurerhandwerk üblich war. Dazu werden bei Bedarf Steine mit der Steinsäge auf die benötigten Maße gesägt. Die Anwendung von abgestimmten Steinen, Klebern und Putzmörteln gemäß System ist Stand der Technik. Die Steine werden nach dem Einrichten der ersten Lage zumeist mit Dünnbettklebern in der Lagerfuge verklebt und ggf. armiert. Die deutlich schmaleren geklebten Fugen mindern die Wärmeleitung durch die Lagerfuge und verbessern die energetische Bilanz der Außenwand. Die vertikalen Stoßfugen werden formschlüssig mörtellos ausgeführt. T-Stöße oder Wandanschlüsse werden über Bandeisen hergestellt bzw. verstärkt. Auch eine Vorfertigung von Außen- und Innenwänden ist möglich. Hohe Priorität hat das schnelle Aufbauen von Mauerwerkswänden vor Ort. Großformatige Steine können im Normalfall nur mithilfe von mobilen Spezialgeräten versetzt werden, denn die Steine sind zu groß und zu schwer, um mit bloßer menschlicher Kraft vermauert zu werden (Man geht davon aus, dass Steine bis zu einem Gewicht von 25 kg noch von Hand vermauert werden). Die Verwendung von großformatigen Steinen ist auf die Kalkulation und den schnellen Bauprozess nach ARH-Richt-
73
Bauen mit großformatigen Steinen Band 3, Kap. XIII-3, Abschn. 1.1.3 Einschalige Außenwände aus porosiertem Mauerwerk; 1.1.4 Außenwände aus dampfgehärtetem Porenbeton (AAC)
26 Verband aus großformatigen Steinen
2.4
74
II Struktur
zeiten (Arbeitszeiten-Richtwerte) optimiert. Sie basieren auf dem Einsatz von einem Maurer unter Verwendung eines Versetzgerätes (mobilen Krans) und dienen darüber hinaus der Ermittlung von Lohnkosten, Planung und Steuerung des Bauvorgangs und zur Ermittlung der Ablaufdauer des Mauervorgangs selbst. Bei der Verwendung von Planleichthochloch- , Leichtlanglochziegelsteinen oder -platten werden die Kammern heute oftmals durch die Verfüllung mit Perlite, mineralischen Dämmstoffen oder gar Hartschaumdämmung thermisch verbessert. Sichtmauerwerk mit großformatigen Steinen ist von vornherein ausgeschlossen. Einerseits eignet sich das Bild des mehr oder weniger zufällig entstehenden Mauerverbands nicht zu diesem Zweck; andererseits ist das Steinmaterial aus Gründen der verbesserten Wärmedämmfähigkeit porosiert und verträgt aufgrund seiner wasseraufsaugenden Eigenschaft keine direkte Bewitterung. 2.5
2.5.1
Modulordnung nach ISO 1006 und ISO 2848
Für Bauwerke, bei denen handwerkliche Bauweisen (dazu zählen Maurerarbeiten) von untergeordneter Bedeutung sind, ist eine Maßkoordination auf der Basis des Dezimalsystems sinnvoll. In ISO 1006 und ISO 2848, 2 werden als Hilfsmittel zur Abstimmung von Maßen als Koordinationssysteme rechtwinklig im Raum aufeinanderstehende Bezugsebenen festgelegt.
Grundmodul
Die Einheiten der Modulordnung sind das Grundmodul und die Multimodule ( 27). Grundmodul M = 100 mm Die Multimodule sind entsprechend Vielfache von M: 3 M = 300 mm 6 M = 600 mm 12 M = 1200 mm
Abschn. 3. Der Raster, S. 77
2.5.2
Horizontale Koordination
Die Planung erfolgt auf der Basis von Rastern. Mit Hilfe des räumlichen Achssystems eines Rasters wird jedes Bauteil in seiner Lage definiert und mit anderen Bauteilen koordiniert. Als Vorzugsmultimodule der horizontalen Koordination wurden dabei festgelegt: • Grundmodul
1 M = 100 mm
• Multimodule
3 M = 300 mm 6 M = 600 mm 12 M = 1200 mm
• Vorzugsmaße
n · 12 M
3 Maßordnung
75
Vielfache des Grundmoduls
Vielfache der Multimoduln 12 M
6M
3M
3M
6M
6M
9M
12 M
12 M
12 M
15 M
18 M
18 M
21 M
24 M
24 M
24 M
27 M
30 M 36 M
36 M 42 M
48 M
48 M 54 M
60 M 72 M 84 M 96 M 108 M 120 M 132 M 144 M 156 M 168 M 180 M usw.
60 M 66 M 72 M 78 M 84 M 90 M 96 M 102 M 108 M 114 M 120 M
30 M 33 M 36 M 39 M 42 M 45 M 48 M 51 M 54 M 57 M 60 M
M 1M 2M 3M 4M 5M 6M 7M 8M 9M 10 M 11 M 12 M 13 M 14 M 15 M 16 M 17 M 18 M 19 M 20 M 21 M 22 M 23 M 24 M 25 M 26 M 27 M 28 M 29 M 30 M
27 Anlage zu den Vorzugszahlen der Modulordnung nach ISO 1006 und ISO 2848
76
II Struktur
Als Vorzugsmaße für die Koordination sollen zuerst Vielfache von 12 M, 6 M oder 3 M verwendet werden. 2.5.3
Vertikale Koordination – Ergänzungsmaße
Für die vertikale Koordination können ausnahmsweise auch andere Vielfache zwischen 1 M und 30 M festgelegt werden. Die Bezugsfläche für die vertikale Koordination ist die Oberfläche des fertigen Fußbodens. Als notwendige Maße, die kleiner sind als M, sind ferner festgelegt: 25, 50, 75 mm Damit wird auf volle M-Werte ergänzt.
Koordinationsräume
In Erweiterung der beim Planen vielfach üblichen zweidimensionalen Grundriss-Koordinationsraster, werden durch die Regelungen der ISO 1006 dreidimensionale Koordinationsräume gebildet ( 28). Dabei können das ganze Bauwerk, Bauteile oder Räume maßlich in verschiedener Weise auf die Koordinationsebenen bezogen sein.
n2 n1
*M
*M n3
*M
*M n4 *M n5
G
A
la ge
M itt el
an
dl ag e
1
ug
M
ez
*
M
n7 *
zb
n
* n6 n re
A
G
M n 2*
R
be
zu
g
G
re n
zb
ez
ug
A
A ch s
2.5.4
29 Grenzbezug (G) und Achsbezug (A) bei verschiedenartigen Bauteilen
28 Bezugsarten im Koordinationssystem nach ISO 1006 und ISO 2848
M
3 Maßordnung
Zur Bestimmung der möglichen Lage von Bauteilen wird ein dreidimensionaler Raumraster oder ein zweidimensionaler Flächenraster eingesetzt. Raster bestehen aus einem System von Referenzebenen, -achsen und/oder -punkten, zu denen die Bauteile in einem definierten Bezug stehen. Der Abstand aufeinander folgender Ebenen bzw. Geraden oder Punkten des Rasters entspricht dem Grundmodul, bzw. seinem Vielfachen, einem Multimodul, bzw. auch dessen Vielfachen. Dabei kann der Bauplanung nicht nur ein Raster zugrunde liegen, sondern verschiedene, funktional differenzierte, maßlich aufeinander abgestimmte Raster:
77
Der Raster
3.
Bauteilbezug zum Raster
3.1
• Planungsraster: übergeordneter Raster, der unter Einschluss der Raster der Subsysteme den Gesamtentwurf bestimmt; • Nutzungsraster: geometrisches Ordnungssystem, entsprechend der Nutzung gegliedert; • Konstruktionsraster: bestimmt die Lage aller tragenden Bauteile; • Ausbauraster: Raster, der die Elemente des Ausbaus (Trennwände, abgehängte Decken, Schränke) koordiniert und in ihrer Lage bestimmt; • Installationsraster: bestimmt die Anordnung der Installation. Raster sind gedachte, also virtuelle Achs- und Referenzsysteme, die materielle Bauelemente ordnen. Verwechslungen zwischen diesen beiden Kategorien führen zu Schwierigkeiten, die an einem Beispiel im folgenden Abschnitt besprochen werden sollen. Es wird unterschieden zwischen ( 28 und 29): • Grenzbezug: Koordinationsebenen bilden die Begrenzungen von Bauwerken oder Bauteilen ( 30-1). Die Bauteile liegen zwischen zwei Koordinationsebenen, sodass sie das Koordinationsmaß abzüglich Fugenanteil ausfüllen; • Achsbezug: die Koordinationsebenen liegen mittig in einem Bauteil ( 30-2). Sie nehmen Bezug auf eine eindeutig identifizierbare Systemachse des Bauteils, zumeist eine Symmetrieachse wie beispielsweise bei einem Stab (Träger, Stütze). Der Achsbezug ist infolgedessen (anders als der Grenzbezug) form- und dimensionsneutral und wird in der Bauplanung am häufigsten eingesetzt;
78
II Struktur
Achsenbezug
30-1 Grenzbezug
30-2 Achsenbezug. Die Systemachse des Bauteils deckt sich mit einer Rasterachse
Grenzbezug
30-3 Randlage
30-4 Mittellage Mittellage
x
Randlage x
30-5 Achsenbezug und Randlage
30-6 Nichtmodularer Bereich (x)
30 Bezugsarten zwischen Bauteil und Koordinationssystem nach ISO 1006 und ISO 2848
3 Maßordnung
79
• Randlage: eine Koordinationsebene bildet eine seitliche Begrenzung ( 30-3). Es wird die Lage nur einer Randfläche des Bauteils fixiert; • Mittellage: die Bauteil- oder Bauwerksachse liegt in der Mitte zwischen zwei Koordinationsebenen ( 304). Es erfolgt zwar eine Fixierung der Bauteillage durch Bezugnahme auf zwei flankierende Koordinationsebenen, es wird aber (anders als beim Grenzbezug) zur Lage der Randflächen des Bauteils selbst keine Aussage getroffen. Bei der Belegung der (gedachten) Achsen eines Rasters mit (materiellen) Bauteilen, die bestimmte Dimensionen besitzen, können sich – wie angesprochen – spezifische Probleme ergeben. Eines davon soll hier exemplarisch dargestellt werden: Beim Innenausbau sind grundsätzlich verschiedene Knotenausbildungen zwischen anstoßenden leichten Trennwänden denkbar ( 31). Je nach Variante ergeben sich entsprechende Konsequenzen für die Wandelementgrößen. Es leuchtet ein, dass bei einem regelmäßigen Ausbauraster das Beispiel 2 zu unterschiedlichen Wandelementlängen in den zwei Hauptrichtungen führt. Hingegen können bei den Beispielen 2 und 3 stets gleiche Elemente eingesetzt werden ( 39 und 41). In der Baupraxis haben sich für die Knotenausbildung nach Prinzip 2 und 3 (1 hat wegen der schwierigeren Fugenausbildung kaum eine Bedeutung) die etwas irreführenden Bezeichnungen Achsraster und Bandraster eingebürgert. Sie sind deshalb nicht ganz korrekt, weil die Knotenmaterialisierung nichts mit dem Bauteilbezug zu tun hat. Trotzdem wird das Prinzip 2 oft mit Achsbezug, das Prinzip 3 mit Grenzbezug in Verbindung gebracht: • Achsraster: der Achsraster stellt den axialen Bezug zum Bauteil her, die Dimension der Bauteile bleibt jedoch vom Raster unberührt. Ein Nachteil ist, dass an T- oder kreuzförmigen Innenwandanschlüssen Überschneidungen infolge der Bauteilstärke auftreten, die durch Sonderlösungen (Sonderelemente, Ausbildung der Bauteilränder auf Gehrung, siehe Beispiel 1) auszugleichen sind; • Bandraster: beim Bandraster liegen die Bauteile zwischen den Rasterachsen in einem Band, gewissermaßen in einem eigenen Koordinationsraum. Der Raster stellt einen Grenzbezug zum Bauteil her, wobei die Breite des Bandes vom gerasterten Element bestimmt wird. Bei Trennwänden können so beispielsweise immer gleiche modulare Wandelemente eingesetzt werden, die über pfostenähnliche Anschlusselemente gefügt werden (Siehe Beispiel). Die Verdoppelung der vertikalen Anschlüsse stellt einen gewissen Mehraufwand dar.
1
2
3
31 Varianten der Knotenausführung bei Trennwänden
80
3.2
II Struktur
Rasterüberlagerungen
Kap. II-1, Abschn. 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten > 2.2.1 nach Hauptfunktionen, S. 31
Kombinationen der verschiedenen Bezugsarten in einem Rastersystem sind möglich ( 33-36). Durch die Überlagerung von mehreren Rastern entsteht ferner eine hierarchische Rasterstruktur (meistens Primär- und Sekundär-, evtl. Tertiärraster). Häufig bestimmt das Tragsystem den Hauptraster, der Ausbau den Nebenraster. Wie wir gesehen haben, werden bei Hochbauten grundsätzlich folgende funktionale Teilsysteme unterschieden: • Primärsystem (Tragwerk); • Sekundärsystem (Hülle); • Tertiärsystem (Ver- und Entsorgung).
wie oben Kap. II-1, Abschn. 2.2.1, S. 31
Abschn. 3. Der Raster, S. 77
Modular aufgebaute, elementierte Bauwerke mit hohem Vorfertigungsgrad zeigen eine deutliche Differenzierung und konstruktive Trennung der Teilsysteme, die auch eine Zuweisung zugehöriger Ordnungs- oder Rastersysteme nahelegt. Diese funktionale Unterscheidung von Rastern ist bereits angesprochen worden. Ferner leitet sich aus der materiellen Unterscheidung von Bauteilen mit spezifischen Hauptfunktionen (Tragen, Einhüllen, etc.) je nach Situation eine: • Übereinstimmung zwischen funktionalen Rasterachsen (Beispiel: Trennwände werden an Stützen angeschlossen, daraus folgt, dass eine Tragwerksachse mit einer Ausbauachse übereinstimmt); • oder auch oftmals eine Entflechtung der zugehörigen Rastersysteme ab (Beispiel: Es soll ein Anschluss der Trennwand an die Stütze vermieden werden, deshalb: Verlagerung der Ausbauachse gegenüber der Tragwerksachse).
Ausnahme beispielsweise: Installationswand
Von entscheidender Bedeutung ist insbesondere die Koordination der beiden Teilsysteme Primärtragwerk und Hüllsystem. Bei Wandbauweisen sind sie im gleichen Bauteil integriert (tragende Wand), bei Skelettbauweisen getrennt (Stütze, nichttragende Wand). Gerade bei letzteren ist eine sorgfältige Planung und Abstimmung der jeweiligen Rastersysteme von großer Bedeutung und beeinflusst die konstruktive Ausbildung der Baustruktur wesentlich. Besonders bei hochinstallierten Gebäuden ist ferner die Festlegung des Rastersystems für das Ver- und Entsorgungssystem erforderlich, das in den meisten Fällen eine getrennte Rasterung und Trassierung voraussetzt.
3 Maßordnung
81
32 Haupt- und Nebenraster als Achsraster, deckungsgleich
33 Haupt- und Nebenraster als Achsraster versetzt
34 Kombination, Versetzen von Achs- und Bandraster
35 Haupt- und Nebenraster als Bandraster, versetzt
36 Haupt- und Nebenraster als Bandraster, deckungsgleich
Beispiel: Kombination von Konstruktions- und Ausbauraster
Ein Beispiel soll die räumliche Koordination des Tragwerks und der leichten Trennwandelemente eines Bürogebäudes veranschaulichen ( 37): Das Koordinationsmaß der Tragstruktur beträgt das sechsbzw. neunfache des Ausbaumaßes: • Konstruktions- und Ausbauraster sind versetzt; • für den Konstruktionsraster wurde ein Achsraster mit axialem Bezug zur Tragkonstruktion gewählt; • für den Ausbauraster wurde ein Bandraster gewählt; • das Wandsystem besteht aus Elementen gleicher Dimensionen, die an jedem Bandkreuz mit einem Kernstück verbunden wurden. Nachteil ist die Verdoppelung des Fugenanteils der Trennwände. Die Wandanschlüsse nach dem Achs- und dem Bandraster sind den 38-41 zu entnehmen.
B
C
1
Koordinationsmaß der Tragkonstruktion
3.3
II Struktur
Koordinationsmaß der elementierten Wand
82
2
37 Beispiel für die Koordination von Tragwerk und Trennwänden durch Entflechten mittels gegenseitigen Versetzens beider Ordnungsraster
3 Maßordnung
83
B
A
1
B b
A
A b
B
A
A
B
A
b
A
A b
2
B A
A
A
A
A
A
A
a
38 Wandanschlüsse nach dem Achsraster: Die Bauteilstärke wird in der modularen Zuordnung nicht berücksichtigt. Dadurch sind Sonderelemente (B) erforderlich, welche die Längenabweichungen kompensieren.
a
a
a
39 Beispiel für einen Achsraster
B
A
1
a
A
c A
a A
A
A
A
A
c a
A
c A
a A
2 K A
A
K A
a
A
K A
c
A
A
A
a
40 Wandanschlüsse nach dem Bandraster: Die Bauteilstärke wird durch ein bandförmiges Raster berücksichtigt. Dadurch sind keine Sonderlängen erforderlich, jedoch Knotenelemente K. Alle Bauelemente haben dieselbe Länge A.
b
a
b
a
b
a
b
41 Beispiel für einen Bandraster
a
84
Maßtoleranzen – maßliche Koordination an Bauteilstößen
Gesamter Aufwand
Aufwand
4.
II Struktur
Aufwand für Herstellung
Aufwand für Anpassung
Optimale Genauigkeit
Genauigkeit
42 Wirtschaftlichkeitsüberlegung zur Festlegung der optimalen Genauigkeit. Mit zunehmender Genauigkeit wächst der Aufwand für Herstellung und Montage, Abstecken und Einmessen. Hingegen nimmt der Aufwand für Anpassungs- und Justiermaßnahmen, Fugenausbildung, Nacharbeiten und Ausschuss ab.3
Kap. II-2, Abschn. 4.1 Grundsätze industriellen Bauens, S. 55 Kap. II-1, Abschn. 2.3 Gliederung nach konstruktiven Gesichtspunkten > 2.3.2 aus dem Bauprinzip, S. 34
DIN 18202 und 18203-1 bis -3
Toleranzen sind geplante Mindermaße von Bauteilen, bzw. die Maße der dadurch am Stoß entstehenden Fugenräume, zum Zweck des Ausgleichs von Ungenauigkeiten oder Verformungen. Dadurch wird das effektive Bauteilmaß gegenüber dem ihm zugeordneten Koordinationsraum geringfügig verkleinert. Es entsteht somit eine Element- oder Bauteilfuge mit einer bestimmten Breite. Diese Breite wird als Toleranz bezeichnet. Manchmal wird der Begriff auch auf die effektiven Maßabweichungen eines Bauteils oder einer Konstruktion vom Sollmaß angewendet. Toleranzen mussten beim Fügen von Einzelbauteilen einleuchtenderweise schon immer berücksichtigt werden, auch bei traditionellen handwerklichen Baumethoden. Die sorgfältige Planung der Toleranzen hat jedoch besondere Bedeutung, seit die industrielle stationäre Werksvorfertigung in verschiedenen Fertigungsstätten in das Bauwesen eingeführt wurde. Dies ergibt sich aus Folgendem: Ein Bauteil kann nicht eingebaut werden, wenn es ein Übermaß hat, d.h. wenn es über den ihm zugewiesenen Koordinationsraum ragt und folglich mit dem benachbarten Bauteil anstößt oder mit diesem sogar überlappt. Es ist in solchen Fällen eine Nacharbeit erforderlich, um das Teil auf das richtige Maß zu bringen. Dies war beim handwerklichen Bauen üblich; beim heutigen, industriell geprägten Bauen ist das Nacharbeiten eines Bauprodukts oft nicht möglich, sogar grundsätzlich unerwünscht, weil es in jedem Fall hohe Lohnkosten verursacht. Lohnkosten sind indessen ein gewichtiger Kostenfaktor im industriellen Bauen. Dieser Aspekt wird um so wichtiger, je mehr Bauteile unterschiedlicher Firmen beteiligt sind. Deren Produkte müssen einer strengen Toleranzplanung entsprechen, wenn sie bei der Montage problemlos zusammengesetzt werden sollen. Toleranzen können geplant werden in Abhängigkeit von den Kosten ( 42). Erhöhte Anforderungen an die Maßgenauigkeiten sind in der Regel mit höherem technischen Aufwand und mit höheren Kosten verbunden. Richtwerte für Toleranzen bei verschiedenen Bauweisen finden sich im Normenwerk.3 Es leuchtet ein, dass im Ortbeton- oder Mauerwerksbau keine größere Toleranzplanung erforderlich ist. Diese stark handwerklich geprägten Bauweisen erlauben eine lokale Maßkontrolle und kommen mit nur geringer Toleranzplanung aus. Erst bei der stationären Vorfertigung in verschiedenen Fertigungsstätten wird die gezielte Planung von zulässigen Toleranzen erforderlich. Man kann behaupten, dass Bauarten nach dem integralen oder integrierenden Bauprinzip im Hinblick auf Toleranzen verhältnismäßig unempfindlich sind, wogegen Toleranzplanung eine wesentlich größere Bedeutung bei Anwendung des differenzialen Bauprinzips gewinnt.
3 Maßordnung
Es gibt verschiedene Ursachen für Maßabweichungen und daraus sich ableitende maßliche Festlegungen beim Bauen. Man unterscheidet verschiedene Toleranzarten:
85
Toleranzarten
4.1
• Maßtoleranzen der Fertigung: Aus dem Fertigungsprozess im Werk ergeben sich Maßabweichungen innerhalb einer Produktionsserie; • Maßtoleranzen der Montage: Auch der Montageprozess selbst erfordert Mindesttoleranzen, die den Fertigungstoleranzen hinzuaddiert werden müssen. Bei einer theoretischen absoluten Passgenauigkeit des Teils (d.h. Null Montagetoleranzen), könnte dieses bei den üblichen Bauteilabmessungen und den verfügbaren Hilfsmitteln unmöglich montiert werden;
Vorzugsmaße für Wandöffnungen vgl. DIN 18100 Allgemeines vgl. DIN 4172 Maßordnung im Hochbau (Oktameterordnung)
• Maßtoleranzen des Einmessens und des Aufmaßes am Bau; • Maßtoleranzen durch Formänderung von Bauteilen – Temperaturdehnung, Schwindvorgänge o.Ä., sogenannte last- und zeitabhängige Verformungen nach Begriffsbestimmung der DIN 18202. Folgende Begriffe sind nach DIN 18202 zu unterscheiden ( 43-45): • Größtmaß: größtes zulässiges Maß; • Kleinstmaß: kleinstes zulässiges Maß; • Grenzabmaß: Differenz zwischen Größtmaß bzw. Kleinstmaß und Nennmaß; • Nennmaß: Maß für die Größe, Gestalt und Lage eines Bauteils in der Zeichnung; • Istmaß: Maß, das durch Messung festgestellt wird; • Istabmaß: Differenz zwischen Ist- und Nennmaß; • Ebenheitstoleranz: zulässiger Bereich für die Abweichung einer Fläche von der Ebene ( 46-48); • Winkeltoleranz: zulässiger Bereich für die Abweichung eines Winkels vom Nennwinkel ( 49-51). Sie wird einem Stichmaß ermittelt; • Stichmaß: Hilfsmaß zur Ermittlung der Istabweichungen von der Ebenheit und der Winkligkeit. Das Stichmaß ist der Abstand eines Punktes von einer Bezugslinie ( 45).
Maßtoleranzen, Begriffe Beispiel: Einbau Fenster
4.2
86
II Struktur
Koordinationsachse Nennmaß
Nennmaß
Istmaß
Istmaß
GrenzGrenzabmaß (-) abmaß (+)
GrenzGrenzabmaß (+) abmaß (-)
Kleinstmaß
Kleinstmaß Maßtoleranz
Maßtoleranz
Größtmaß
Größtmaß Montagetoleranz
43 Maßtoleranzen: Begriffe, erläutert anhand zweier an einer Fuge anstoßender Teile.
44 Ein vorgefertiger Fensterrahmen soll in einer Mauerwerksöffnung von 1,62 m Breite eingefügt werden. Es sind Sollmaße für Öffnung und Rahmen zu wählen, damit Nacharbeiten vermieden werden.4 Nach DIN 18 202 Tabelle 1 ist das Grenzabmaß für Öffnungen, z.B. für Fenster, Türen, Einbauelemente, ±12 mm (bis 3 m). Die Toleranz der Rahmenbreite wird angenommen mit ±4 mm.4
Mauerwerks-Größtmaß 1620 + 12 = 1632 mm Nennmaß 1620 mm Kleinstmaß 1620 - 12 = 1608 mm
10 mm
Fenster-Höchtsmaß 1608 - 20 = 1588 mm
Gewählte Fugenbreite 10 mm Fensteröffnung: Grenzabmaße Maßtoleranz
±12 mm (DIN 18 202) 24 mm
Fensterrahmen: Grenzabmaße Maßtoleranz
±4 mm 8 mm
Kleinstmaß 1584 - 4 = 1580 mm Höchtsmaß 1584 + 4 = 1588 mm Fensterrahmen Nennmaß 1588 mm
Messpunktabstand
45 Stichmaß zur Erfassung von Unebenheiten einer Fläche Nach DIN 18201
Stichmaß zur Ermittlung der Istabweichung von der Ebenheit
3 Maßordnung
z
87
z
y
y
P
P x
x
46 Maßtoleranz in Richtung x
z
47 Maßtoleranz in Richtung y
z
y
y P
P
x
x
48 Maßtoleranz in Richtung z
z
y
49 Winkeltoleranz in Ebene xy
z
y
P P x
50 Winkeltoleranz in Ebene z
x
51 Winkeltoleranz in Ebene yz
Zulässige maßliche Grenzabweichungen von verschiedenen Bauteilen legt die Norm fest ( 52-57). Dies sind Mindestanforderungen, die Standardleistungen beim Bauen bzw. der üblichen Ausführungsgenauigkeit entsprechen. Sie können im Einzelfall deutlich höher ausfallen, beispielsweise wenn aus bestimmten Anforderungen heraus engere Toleranzen vertraglich vereinbart werden. Dies hat gemeinhin Auswirkungen auf die Kosten. Zwischenwerte der von der Norm vorgegeben Richtwerte lassen sich den Tabellen in 54-55 entnehmen. Zeit- und lastabhängige Verformungen sind bei diesen Werten nicht berücksichtigt.
Maßtoleranzen – Grenzabweichungen DIN 18202
4.3
88
II Struktur
Grenzabweichungen in mm bei Nennmaßen in m bis 1
über 1 bis 3
über 3 bis 6
über 6 bis 15
über 15 bis 30
über 30 a
Maße im Grundriss, z.B. Längen, Breiten, Achs- und Rastermaße
±10
±12
±16
±20
±24
±30
2
Maße im Aufriss, z.B. Geschosshöhen, Podesthöhen, Abstände von Aufstandsflächen und Konsolen
±10
±12
±16
±20
±24
±30
3
Lichte Maße im Grundriss, z.B. Maße zw. Stützen, Pfeilern, usw.
±12
±16
±20
±24
±30
—
4
Lichte Maße im Aufriss, z.B. unter Decken und Unterzügen
±16
±20
±20
±30
—
—
5
Öffnungen, z.B. für Fenster, Außentüren b, Einbauelemente
±10
±12
±16
—
—
—
6
Öffnungen wie vor, jedoch mit oberflächenfertigen Leibungen
±8
±10
±12
—
—
—
Bezug
1
Zeile
a
Diese Grenzabweichungen können bei Nennmaßen bis etwa 60m angewendet werden. Bei größeren Abmessungen sind besondere Überlegungen erforderlich.
b
Innentüren siehe DIN 18100
52 Grenzabweichungen für Maße von Bauteilen gemäß DIN 18202
Stichmaße als Grenzwerte in mm bei Messpunktabständen in m bis Bezug
0,1
1a
4a
10 a
15 a b
1
Nichtflächenfertige Oberseiten von Decken, Unterbeton und Unterböden
10
15
20
25
30
2a
Nichtflächenfertige Oberseiten von Decken oder Bodenplatten zur Aufnahme von Bodenaufbauten, z.B. Estriche im Verbund oder auf Trennlage, schwimmende Estriche, Industrieböden, Fliesenund Plattenbeläge im Mörtelbett
5
8
12
15
20
2b
Flächenfertige Oberseiten von Decken oder Bodenplatten für untergeordnete Zwecke, z.B. in Lagerräumen, Kellern, monolithische Betonböden
5
8
12
15
20
3
Flächenfertige Böden, z.B. Estriche als Nutzestriche, Estriche zur Aufnahme von Bodenbelägen, Bodenbeläge, Fliesenbeläge, gespachtelte und geklebte Böden
2
4
10
12
15
4
wie Zeile 3, jedoch mit erhöhten Anforderungen, z.B. selbstverlaufenden Massen
1
3
9
12
15
5
Nichtflächenfertige Wände und Unterseiten von Rohdecken
5
10
15
25
30
6
Flächenfertige Wände und Unterseiten von Decken, z.B. geputzte Wände, Wandbekleidungen, untergehängte Decken
3
5
10
20
25
7
wie Zeile 6, jedoch mit erhöhten Anforderungen
2
3
8
15
20
Zeile
a
Zwischenwerte sind den Abbildungen 54 und 55 zu entnehmen und auf ganze mm zu runden.
b
Die Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen der Spalte 6 gelten auch für Messpunktabständeüber 15 m.
53 Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen von Bauteilen gemäß DIN 18202
3 Maßordnung
89
30
Abstand der Messpunkte (m)
25 Zeile 1 20
15
Zeile 2 Zeile 3 Zeile 4
10
54 Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen von Oberseiten von Decken, Estrichen und Fußböden gemäß DIN 18202 (Zeilennummern siehe 53). Das Diagramm erlaubt, Werte zu interpolieren.
5
0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Grenzwerte der Ebenheitsabweichungen (mm)
30
Abstand der Messpunkte (m)
25
20
Zeile 5 Zeile 6
15
10
Zeile 7
55 Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen von Wandflächen und Oberseiten von Decken gemäß DIN 18202 (Zeilennummern siehe 53). Das Diagramm erlaubt, Werte zu interpolieren.
5
0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Grenzwerte der Ebenheitsabweichungen (mm)
1
Zeile
Stichmaße als Grenzwert in mm bei Nennmaßen in m als Messpunktabstand
Bezug
Zeile
zulässige Abweichungen von der Flucht
a
von 3 bis 6 m
8
12
Vertikale, horizontale und geneigte Flächen
über 6 über 15 bis 15 m bis 30 m 16
20
über 30 m 30
56 Grenzwerte für Fluchtabweichungen bei Stützen gemäß DIN 18202
Stichmaße als Grenzwert in mm bei Nennmaßen in m
Bezug bis 0,5
1
bis 3 m
3
über 0,5 über 1 bis 1 bis 3
6
8
über 3 bis 6
12
über 6 über 15 bis 15 bis 30
16
20
über 30 a
30
Diese Grenzabweichungen können bei Nennmaßen bis 60 m angewendet werden. Bei größeren Abmessungen sind besondere Überlegungen erforderlich.
57 Grenzwerte für Winkelabweichungen gemäß DIN 18202
90
II Struktur
58 Kantonschule in Baden (Arch.: Fritz Haller)
61 Montage von Trennwänden
OG
UG 59 Kantonschule in Baden, Grundriss OG. Der Raster ordnet das gesamte Baugrundstück.
62 Wohnhaus (Arch.: Fritz Haller)
ohne Wandelemente
mit Wandelementen 60 Elementierter Innenausbau
63 Mehrfamilienhaus mit variablen Wohnungsgrundrissen (Arch.: Fritz Haller)
3 Maßordnung
64 Koordination von Versorgungstrassen und Tragwerk (SBBAusbildungszentrum Löwenberg) (Arch. Fritz Haller)
66 Planungsraster für die Installation (nach Haller)
91
65 Trassenplan (nach Haller)
92
II Struktur
Achsraster Skeletttragwerk
67 Prinzipschema
69 Grundriss EG
68 Bürogebäude in Gundelfingen (Arch.: Ackermann und Partner)
3 Maßordnung
93
Achsraster Scheibentragwerk
70 Prinzipschema
71 Kunstmuseum in Basel (Arch.: Renzo Piano)
72 Grundriss EG
94
II Struktur
Anmerkungen
1 2
3 4 5
Normen und Richtlinien
Belz et al (1991) Mauerwerk-Atlas, S. 179 Diese Regelungen waren bis 2008 in der nationalen Norm DIN 18000 Modulordnung im Bauwesen enthalten. Sie wurde in jenem Jahr zurückgezogen. Vgl. DIN 18201; DIN 18202, Tabelle 1 Grenzabmaße; DIN 18203, Tabelle 3.2 Grenzabmaße Diagramm nach Kotulla et al (1984) Industrielles Bauen, S. 38; Weller (1985) Industrielles Bauen I, S. 29 Nach DIN 18202, 5. Anwendung
DIN 323: Normzahlen und Normzahlreihen Teil 1: 1974-08 Hauptwerte, Genauwerte, Rundwerte Teil 2: 1974-11 Einführung DIN 4172: 2015-09 Maßordnung im Hochbau DIN 18100: 1983-10 Türen – Wandöffnungen für Türen – Maße entsprechend DIN 4172 DIN 18101: 2014-08 Türen für den Wohnungsbau – Türblattgrößen, Bandsitz und Schlosssitz – Gegenseitige Abhängigkeit der Maße DIN 18111: 2004-08 Türzargen – Stahlzargen DIN 18202: 2013-04 Toleranzen im Bauwesen – Bauwerke DIN 18203: Toleranzen im Hochbau Teil 3: 2008-08 Bauteile aus Holz und Holzwerkstoffen ISO 1006: 1983-11 Modularkoordination; Grundmodul ISO 1040: 1983-12 Hochbau; Modularkoordination; Multimoduln für waagrechte Koordinationsmaße ISO 1791: 1983-12 Hochbau; Modularkoordination; Fachwörterverzeichnis (E, F) ISO 2848: 1984-04 Hochbau; Modularkoordination; Grundsätze und Regeln ISO 6511: 1982-02 Hochbau; Modularkoordination; Rastergeschossebenen für vertikale Abmessungen ISO 6512: 1982-02 Hochbau; Modularkoordination; Geschoss- und Raumhöhen ISO 6513: 1982-02 Hochbau; Modularkoordination; Vorzugsreihen von multimodularen Größen für horizontale Abmessungen ISO 6514: 1982-03 Hochbau; Modularkoordination; submodulare Unterteilungen
III NACHHALTIGKEIT
I
I
KONSTRUIEREN
KONSTRUIEREN
II STRUKTUR II-1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG STRUKTUR II-2II INDUSTRIELLES BAUEN II-3 MASSORDNUNG II - 1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG II 2 INDUSTRIELLES BAUEN III NACHHALTIGKEIT 3 MASSORDNUNG III-1II -KONTEXT 1. Der Begriff der Nachhaltigkeit ................................... 98 1.1 Nachhaltiges Bauen und Konstruieren ............... 98 2. Zusammenfassende Bewertung der Nachhaltigkeit von Baukonstruktionen ...................... 99 Anmerkungen.................................................................101 Normen und Richtlinien .................................................101
III-2 ÖKOLOGIE III-3 ÖKONOMIE III-4IIISOZIALES STOFFE III-5 ÖKOBILANZ -1 MATERIE III-6III RECYCLING III - 2 WERKSTOFF -3 STEIN IV III STOFFE -4 BETON IV-1III MATERIE -5 HOLZ IV-2III WERKSTOFF -6 STAHL IV-3III STEIN -7 BEWEHRTER BETON IV-4III BETON -8 KUNSTSTOFF IV-5III HOLZ -9 GLAS IV-6III STAHL IV-7 BEWEHRTER BETON IV-8 GLAS IV-9 KUNSTSTOFF
IV
BAUPRODUKTE
V IV BAUPRODUKTE -1 KÜNSTLICHE STEINE V-1 IV KÜNSTLICHE STEINE -2 HOLZPRODUKTE V-2IV HOLZPRODUKTE -3 STAHLPRODUKTE V-3IV STAHLPRODUKTE -4 GLASPRODUKTE V-4IV GLASPRODUKTE -5 KUNSTSTOFFPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI FUNKTIONEN FUNKTIONEN VI-1V SPEKTRUM VI-2 KRAFTLEITEN 1 SPEKTRUM VI-3V -THERMOHYGRIK 2 KRAFT LEITEN VI-4V -SCHALLSCHUTZ V 3 THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN VI-5 BRANDSCHUTZ V 4 SCHALLSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT V-5 BRANDSCHUTZ V 6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_5
98
Der Begriff der Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist ein Konzept, das aus der globalen Krise industriellen Produzierens und Wirtschaftens entstanden ist, die mit der ersten Ölkrise im Jahr 1973 zum ersten Mal unmissverständlich in Erscheinung trat. Damals wurden die Grenzen der bis dahin unbegrenzt erscheinenden wirtschaftlichen Wachstumsaussichten deutlich, wie verhältnismäßig frühzeitig bereits im Jahr 1972 der Bericht des Club of Rome1 jedem aufgeschlossenen Geist vor Augen führte. Die Risiken eines unveränderten Wirtschaftens unter (der irrigen) Annahme grenzenlos verfügbarer Ressourcen, das Rohstoffengpässe, Umweltverschmutzung und in letzter Konsequenz die globale Erderwärmung zur Folge hatte, setzten ein Umdenken in Gang, dass nach ersten Schritten hin zu einer effizienteren Ressourcenverwendung schließlich zum Konzept der nachhaltigen Entwicklung führte. Ihr Grundgedanke ist, dass menschliche Gesellschaften derart leben und wirtschaften sollten, dass die Lebensgrundlagen künftiger Generationen nicht gefährdet werden. 2 Dies setzt ein Wirtschaften voraus, das Ressourcen, sowohl stoffliche wie energetische, bedachtsam und sparsam einsetzt, die Umwelt schont, gleichzeitig die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen befriedigt, ihr allgemeines Wohlbefinden sicherstellt und in Harmonie mit der Natur steht. Diese Faktoren werden bei allgemein anerkannten Definitionen der Nachhaltigkeit jeweils den drei Kategorien der Ökologie, der Ökonomie und des Soziokulturellen zugeordnet.
Nachhaltigkeit allgemein
Schutzgüter Schutzziele
1 Schutzgüter und -ziele der Nachhaltigkeit, allgemein und auf den Baubereich bezogen 3
Nachhaltiges Nachhaltigkeit Bauen allgemein
Ökologie
Nachhaltiges Bauen
1.
III Nachhaltigkeit
Ökonomie
Soziokulturelles
• natürliche Ressourcen • natürliche Umwelt
• Kapital/Werte • ökonomische Leistungsfähigkeit
• menschliche Gesundheit • soziale und kulturelle Werte
• natürliche Ressourcen • globale und lokale Umwelt
• Kapital/Werte
• • • •
• Schutz der natürlichen Ressourcen / sparsamer und schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen • Effizienzsteigerung • Reduktion von Schadstoffbelastungen/Umwelteinwirkungen • Schutz der Erdatmosphäre, des Bodens, des Grundwassers und der Gewässer • Förderung einer umweltverträglichen Produktion
• Lebenszykluskosten senken • Verringerung des Subventionsaufwandes • Schulden verringern • Förderung einer verantwortungsbewussten Unternehmerschaft • Schaffung nachhaltiger Konsumgewohnheiten • Schaffung dynamischer und kooperativer internationaler wirtschaftlicher Rahmenbedingungen
• Schutz und Förderung der mescnhlichen Gesundheit • sozialen Zusammenhalt und Solidarität stärken • kulturelle Werte erhalten • Chancengleichheit • Sicherung von Erwerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen • Armutsbekämpfung • Bildung/Ausbildung • Gleichberechtigung • Integration • Sicherheit/lebenswertes Umfeld
• Schutz der natürlichen Ressourcen • Schutz des Ökosystems
• Minimierung der Lebenszykluskosten • Verbesserung der Wirtschaftlichkeit • Erhalt von Kapital/Wert
• Bewahrung von Gesundheit, Sicherheit und Behaglichkeit • Gewährlesitung von Funktionalität • Sicherung der gestalterischen und städtebaulichen Qualität
Gesundheit Nutzerzufriedenheit Funktionalität kultureller Wert
1 Kontext
99
Neben den Auswirkungen von Baumaßnahmen auf die lokale Lebensumgebung und Umwelt sind somit für eine fundierte Einschätzung ihrer Nachhaltigkeit auch die globalen Einflüsse in Rechnung zu stellen, beispielsweise der Beitrag ihrer Herstellung zur Erderwärmung. Bautätigkeit ist ferner Ursache intensiver Stoffflüsse in der Wirtschaft und bindet erhebliche finanzielle Ressourcen, ist somit ein bedeutender ökonomischer Faktor. Der Bausektor umfasst nahezu unverändert in allen Ländern einen Anteil an den Energie- und Stoffverbräuchen von knapp unter 50%. Nachhaltiges Planen und Bauen hat somit im Kontext der Gesamtwirtschaft eine herausragende Bedeutung. Gebäude bestimmen das Lebensumfeld vieler Menschen, die lange Perioden ihres Lebens in Innenräumen verbringen. Über den Städtebau wirken sie auch in städtischen Freiräumen auf Menschen. Ihre Gestaltung hat infolgedessen tiefgreifende Auswirkungen auf das Wohlbefinden, sei es über Faktoren des physischen Komforts oder über psychologische Wirkungen auf die Wahrnehmung. Der ständige Kontakt von Benutzern mit – und ihre physische Nähe zu – Bauteilen aus bestimmten Werkstoffen macht aus diesen ferner einen entscheidenden Faktor, sowohl für das allgemeine Wohlbefinden wie auch für Gesundheit und Sicherheit. Alle diese Faktoren fasst man unter den oben eingeführten, drei wesentlichen Dimensionen der Nachhaltigkeit zusammen, nämlich unter der ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen, die heute in jede Gebäudeplanung mit einzubeziehen sind ( 1). Im Sinn einer noch umfassenderen Betrachtung kommen zu diesen Kriterien noch zusätzlich die der technischen Qualität des Gebauten und der Prozessqualität der Planung und Ausführung hinzu ( 2). Die beiden letztgenannten Parameter werden als Querschnittsqualitäten angesehen, da sie die anderen drei sozusagen bereits an der Quelle, d.h. durch die Art wie das Bauwerk erstellt wird, beeinflussen. Wegen ihrer großen Bedeutung und Aktualität werden die fünf Parameter der Nachhaltigkeit in den folgenden Kapiteln einer näheren Betrachtung unterzogen.
Nachhaltiges Bauen und Konstruieren
Methodisch kann eine ganzheitliche Bewertung der Nachhaltigkeit von Baukonstruktionen auf der Grundlage verschiedener internationaler Evalierungsmethoden stattfinden, beispielsweise mithilfe des DGNB-Zertifizierungssystems ( 3). Die für Baukonstruktionen relevanten Hauptkriteriengruppen bzw. Themenfelder des DGNB-Systems sind vier aus insgesamt sechs:
Zusammenfassende Bewertung der Nachhaltigkeit von Baukonstruktionen
• ökologische Qualität; • ökonomische Qualität; • soziokulturelle und funktionale Qualität;
ökologische Qualität
ökonomische Qualität
1.1
soziokulturelle und funktionale Qualität
technische Qualität
Prozessqualität
Standortmerkmale
2 Fünf Qualitäten nachhaltigen Bauens 4
Kap. VI-1 Spektrum, 5. Nachhaltigkeit, S. 492
DIN EN 15643-1
Kap. III-2 bis III-6, ab S. 104
DGNB Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
2.
100
III Nachhaltigkeit
• technische Qualität.
Kap. VI-2 bis VI-6, ab S. 496
Die drei ersten Kriteriengruppen entsprechen den oben diskutierten ökologischen, ökonomischen und sozialen Faktoren der Nachhaltigkeit; die Voraussetzungen für eine technische Qualität sind in diesem Werk im Wesentlichen in den Kapiteln zu den baulichen Teilfunktionen erfasst. Die Einzelkriterien werden beim Evaluierungssystem des DGNB mit einem Bedeutungsfaktor belegt, der ihre Relevanz im Gebäudezusammenhang widerspiegelt. Daraus leitet sich ein prozentualer Anteil an der Gesamtbewertung ab. Baukonstruktionen lassen sich somit anhand eines ganzheitlichen Bewertungssystems im Zusammenhang des Gesamtgebäudes hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit bewerten.
Themenfeld
Kriteriengruppe
Kriterium
ökologische Qualität
Wirkungen auf globale und lokale Umwelt
Ökobilanz – emissionsbedingte Umweltwirkungen
relative Wichtung
Risiken für die lokale Umwelt Umweltverträgliche Materialgewinnung
Ressourceninanspruchnahme und Abfallaufkommen
Ökobilanz – Primärenergie
ökonomische Qualität
Lebenszykluskosten
gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus
Wertentwicklung
Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit
soziokulturelle und funktionale Qualität
Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit
Flächeninanspruchnahme 1)
thermischer Komfort Innenraumluftqualität 2) akustischer Komfort visueller Komfort 3) Einflussnahme des Nutzers Sicherheit und Störfallrisiken
technische Qualität
Funktionalität
Barrierefreiheit 4)
gestalterische Qualität
formalästhetische Detailqualität 5)
Qualität der technischen Ausführung
Brandschutz Schallschutz wärme- und feuchteschutztechn. Qualität der Gebäudehülle Anpassungsfähigkeit der technischen Systeme Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit Rückbau- und Demontagefreundlichkeit
1) 2)
3)
4)
5)
Auch Baukonstruktionen wie Außenwände können durch ihre Dicke Grundfläche in Anspruch nehmen. Bei Baukonstruktionen kann die Materialwahl exponierter Bauteiloberflächen (wie Inennwände oder Fußböden) einen Einfluss auf die Innenraumluftqualität haben. Die Materialwahl, Oberflächengestaltung und Farbgebung exponierter Bauteiloberflächen wie Inennwände oder Fußböden hat einen Einfluss auf die visuelle Qualität. Die Gestaltung beispielsweise von Konstruktionselementen wie Fußböden oder Geländer, aber auch die Oberflächengestaltung raumeinhüllender Oberflächen wie Wände können Auswirkungen auf die Barrierefreiheit haben. Dieser Faktor erscheint bei der gebäudebezogenen Gesamtauflistung der Kriterien als „Verfahren zur städtebaulichen und gestalterischen Konzeption“.
3 Bewertungskriterien der Nachhaltigkeit für Baukonstruktionen, in Anlehnung an das Bewertungssystem für Neubauten von Büround Verwaltungsgebäuden der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) (nicht baukonstruktionsrelevante Kriterien ausgeblendet). Diese Liste gibt einen ungefähren Anhaltspunkt für eine ganzheitliche Bewertung der Nachhaltigkeit.
1 Kontext
1 2 3
4
Meadows D et al (1972) Die Grenzen des Wachstums (Bericht des Club of Rome) Formuliert im Bericht der Brundtland-Kommmission der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1987 (Kap. 2, 1.) Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) (Hg) (2016) Leitfaden Nachhaltiges Bauen, S. 16. Ebda S. 18
DIN EN 15643: Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden Teil 1: 2010-12 Allgemeine Rahmenbedingungen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (2016) Leitfaden Nachhaltiges Bauen
101
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
1. Ökologische Betrachtung..........................................104 2. Ökobilanz (Life-Cycle Assessment, LCA) .................104 2.1 Das betrachtete System ....................................105 2.2 Systemgrenzen..................................................105 2.3 Phasen ...............................................................105 2.4 Ökobilanz-Indikatoren ........................................106 2.5 Umweltkennzeichnungen und -deklarationen von Produkten (Environmental Product Declaration, EPD) ..............................................109 Normen und Richtlinien ................................................. 113
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON KUNSTSTOFF GLAS
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_6
104
1.
III Nachhaltigkeit
Ökologische Betrachtung DIN EN 15643-2
Kap. III-1 Kontext, S. 98
2.
Ökobilanz (Life-Cycle Assessment, LCA)
DIN EN ISO 14040, 3.2
Input oder Ressourcenverbrauch; Output oder Abfall bzw. Emissionen
Werkstoffe und Konstruktionen haben, wie alle Bestandteile von Gebäuden, die aus ihnen gefertigt oder zusammengesetzt werden, aufgrund ihrer Herstellung, Verbau, Nutzung, und schließlich Recycling oder Entsorgung weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt. Während diese ökologischen Effekte früher allenfalls auf lokaler Ebene im unmittelbaren Umfeld des Bauwerks berücksichtigt wurden, ist heute eine umfassendere Betrachtung bis zur globalen Ebene erforderlich. Ein wesentlicher Grund für diese Notwendigkeit ist der außerordentlich hohe Anteil der Bautätigkeit sowohl am gesamten Ressourcen- und Energieverbrauch wie auch an den Schadstoffemissionen in den meisten Volkswirtschaften weltweit, insbesondere in den industrialisierten. Dieser liegt im Bereich von 40-50 %. Verantwortungsbewusstes Handeln von Bauschaffenden kann somit einen entscheidenden Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten. Zu diesem Zweck sind notwendigerweise sämtliche Phasen des Lebenswegs des aus Werkstoffen hergestellten technischen Produkts einer entsprechenden Betrachtung zu unterziehen. Diese umfassen Rohstoffgewinnung, Aufbereitung, Herstellung, Nutzung, Recycling und Entsorgung. Zu berücksichtigen ist dabei sowohl der Ressourcenverbrauch wie auch die Umweltwirkung, ferner auch die Auswirkungen auf die Gesundheit. Die Ökobilanz ist eine von mehreren verfügbaren Bewertungsmethoden (neben Risikoabschätzung, Beurteilung der Umweltleistung, Umweltaudits und Umweltverträglichkeitsprüfung), um die Umweltverträglichkeit eines Produkts einzuschätzen. Sie berücksichtigt ökologische, jedoch keine ökonomischen oder sozialen Gesichtspunkte. Ihre Betrachtungsperspektive ist global, d.h. sie erfasst keine lokalen Auswirkungen auf die Umwelt oder die Nutzer. Hierfür sind verschiedene der erwähnten alternativen Methoden anwendbar. Die Ökobilanz beruht auf der: Zusammenstellung und Beurteilung der Input-und Outputflüsse und der potenziellen Umweltwirkungen eines Produktsystems im Verlauf seines Lebensweges.
Das untersuchte, aus Werkstoffen gefertigte technische Gebilde wird insofern als ein von der Umwelt virtuell getrenntes System betrachtet, das mit dieser in Wechselwirkung steht, während seiner kompletten Lebensdauer entsprechende materielle und energetische Inputs und Outputs aufweist und dadurch Umweltwirkungen hervorruft. Die Erfassung der unmittelbar quantifizierbaren Stoff- und Energieflüsse erfolgt im Wesentlichen in der Phase der Sachbilanz, diejenige der indirekt ebenfalls quantifizierbaren Umweltwirkungen in der Phase der Wirkungsabschätzung ( 2).
2 Ökologie
Für eine umfassende Bewertung der Umweltverträglichkeit eines Produkts aus einem oder mehreren Werkstoffen sind Stoff- und Energieflüsse nicht nur bei der Herstellung des eigentlichen Produkts zu erfassen, sondern auch bei derjenigen etwaiger Vorprodukte bzw. auch bei der Gewinnung und Aufarbeitung von Rohstoffen. Dementsprechend sind verschiedene ursächlich mit dem Produkt verbundene Prozesse zu berücksichtigen, die man aber aus Gründen der Praktikabilität einschränken muss, um ein Ausufern der Datensammlung zu verhindern. Aus diesem Grund werden nur solche In- und Outputs berücksichtigt, die mit dem eigentlichen Nutzen bzw. Funktion des Produkts in direktem Zusammenhang stehen. Hierfür wird eine sogenannte funktionale Einheit definiert, d.h. ein: quantifizierter Nutzen eines Produktsystems für die Verwendung als Vergleichseinheit.
105
Das betrachtete System
2.1
DIN EN 15804, 3.12
Dies erlaubt gleichzeitig, Stoff- und Energieströme auf einer einheitlichen Basis zu erheben, sodass während der Planung alternativ zur Wahl stehende Produkte sachgerecht miteinander verglichen werden können. Eine funktionale Einheit wäre beispielsweise 1 m2 Bodenbelag mit eindeutig definierten Eigenschaften bezüglich Verschleißfestigkeit, Rutschhemmung, Wartungsfreundlichkeit, etc. über eine festgelegte Nutzungsdauer betrachtet. Um diese Ziele zu erreichen, sind geeignete Systemgrenzen zu definieren und hierfür wiederum entsprechende Abschneidekriterien zu formulieren. Die Systemgrenze stellt die Schnittstelle zwischen dem technischen System des betrachteten Produkts und der Umwelt bzw. weiteren Produktsystemen dar. Die Abschneidekriterien treffen eine Unterscheidung zwischen relevanten und nicht relevanten Faktoren, was gemeinhin mithilfe quantitativer Schwellenwerte erfolgt ().
Systemgrenzen
Der Prozess einer Ökobilanzierung wird im Regelfall in folgende Phasen unterteilt ( 2):
Phasen
beispielsweise durch Definition eines Mindestprozentsatzes der Umweltwirkung des jeweiligen Faktors bzw. Stoff- und Energiestroms, unterhalb dessen er wegen Irrelevanz nicht mehr berücksichtigt wird
• Phase 1: Festlegung von Ziel und Untersuchungsrahmen (Goal and Scope Definition); • Phase 2: Sachbilanz (Life-Cycle Inventory Analysis, LCI); sie umfasst: die Zusammenstellung und Quantifizierung von Inputs und Outputs eines gegebenen Produktes im Verlauf seines Lebensweges.
Als Inputs versteht man den Ressourcenverbrauch, als Outputs die Emissionen und Abfälle;
2.2
DIN EN ISO 14040, 3.3
2.3
106
III Nachhaltigkeit
• Phase 3: Wirkungsabschätzung (Life-Cycle Impact Assessment, LCIA); sie dient:
DIN EN ISO 14040, 3.4
dem Erkennen und der Beurteilung der Größe und Bedeutung von potenziellen Umweltwirkungen eines Produktsystems im Verlauf des Lebensweges des Produktes.
Die Stoffflüsse der Sachbilanz verursachen Umweltwirkungen, die bei der Wirkungsabschätzung in ihren (globalen, nicht lokalen) Folgen auf die Umwelt beurteilt werden; • Phase 4: Auswertung (Interpretation): es werden:
DIN EN ISO 14040, 3.5
2.4
Ökobilanz-Indikatoren
die Ergebnisse der Sachbilanz oder der Wirkungsabschätzung oder beide bezüglich des festgelegten Ziels und Untersuchungsrahmens beurteilt …, um Schlussfolgerungen abzuleiten und Empfehlungen zu geben.
Folgende Faktoren werden bei den beiden Phasen der Datenerhebung, d.h. der Sachbilanz und der Wirkungsabschätzung, erfasst ( 3): • in der Sachbilanz: Es werden: die Inputströme (Ressourcen) und Outputströme (Abfälle, Emissionen), die die Systemgrenze überschreiten, quantitativ in Form von Kennzahlen erfasst.
DIN EN ISO 14044, 3.24
Diese Daten stellen „den Ausgangspunkt für die Wirkungsabschätzung dar“. Der Ressourcenverbrauch hat unterschiedliche Relevanz je nachdem, ob die jeweilige Ressource ausreichend verfügbar oder stattdessen knapp ist. Im ersteren Fall geht der Ressourcenverbrauch vorwiegend durch den Energieverbrauch für die Bereitstellung der Ressource in die Rechnung ein bzw. durch die dadurch
Rahmen einer Ökobilanz
Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens
Direkte Anwendung:
Sachbilanz
Auswertung
- Entwicklung und Verbesserung von Produkten - strategische Planung - politische Entscheidungsprozesse - Marketing - Sonstige
Wirkungsabschätzung
1 Phasen einer Ökobilanz gemäß DIN EN 14040, 4.2.3
2 Ökologie
hervorgerufene Umweltwirkung. Bei knappen Ressourcen wird auch der Verbrauch selbst bilanziert und bewertet. Ressourcen können biotisch oder abiotisch, endlich oder erneuerbar sein. Die aggregierten Indikatoren der Sachbilanz sind: •• Primärenergieverbrauch, nicht erneuerbar [in MJ]: endliche, abiotische Energieressource (Erdöl, Kohle, Erdgas, Uran); •• Primärenergieverbrauch, erneuerbar [in MJ]: (Windkraft, Wasserkraft, Solarenergie); •• Wassernutzung [in kg]: Vergleich von Verbrauch mit lokaler bzw. regionaler Neubildungsrate; •• Inanspruchnahme von Naturraum; •• Abfall: Output des Endabfalls nach der Behandlung (Müllverbrennung, sachgemäße Deponierung). Die einzelnen, in der Norm DIN EN 15804 definierten Parameter der Sachbilanz sind in 3 dargestellt, die Art der Erfassung ihrer Umweltwirkung mithilfe von Wirkungsindikatoren in 6. • in der Wirkungsabschätzung: hierbei analysiert man potenzielle Umweltwirkungen, indem sie mit naturwissenschaftlichen Methoden modelliert werden. Um die schädliche Wirkung der verschiedenen Umweltfaktoren ( 6) adäquat erfassen und auf eine allgemein gültige Referenzgröße zwecks gegenseitiger Vergleichbarkeit beziehen zu können, werden sogenannte Äquivalente herangezogen. Die Wirkung eines bestimmten, während der Produktion eines Erzeugnisses emittierten Treibhausgases wird so-mit beispielsweise auf die Wirkung eines Kilogramms Kohlendioxid (CO2) bezogen, bzw. in kg CO2Äquivalent ausgedrückt. Folgende Faktoren gehen in die Analyse ein ( 5): •• Potenzial für die Verknappung abiotischer Ressourcen, jeweils in Bezug auf nicht fossile Stoffressourcen (ADPE) [kg Sb-Äquivalent] und auf fossile Energieträger (ADPF) [MJ]. Referenzgröße für ADPE ist Antimon (Sb); •• Versauerungspotenzial (Acidification Potential, AP) [kg SO2-Äquivalent]: Versauerung von Böden und Gewässern infolge Umwandlung von Luftschadstoffen (Schwefeloxide, Stickoxide) in Säuren (Schwefelsäure, Salpetersäure) (Verringerung des pH-Werts). Schädigung von Ökosystemen sowie auch von Baustrukturen. Referenzgröße ist Schwefeldioxid (SO2);
107
108
III Nachhaltigkeit
•• Ozonabbaupotenzial bzw. Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (Ozone Depletion Potential, ODP) [kg CCI 3 F-Äquivalent]: Abbau des lebenswichtigen Ozons der Stratosphäre, das vor der Wirkung der UV-Strahlung schützt. Verantwortlich sind Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und Stickoxide (NOx). Dadurch erhöhte Erwärmung der Atmosphäre und schädliche Wirkung erhöhter UV-Strahlung. Referenzgröße ist CCI3F, ein Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW); •• Treibhauspotenzial bzw. globales Erwärmungspotenzial (Global Warming Potential, GWP) [kg CO2-Äquivalent]: Treibhauseffekt infolge emittierter anthropogener Treibhausgase (CO2, Methan, FCKW). Dadurch erhöhte Erwärmung der Atmosphäre. Referenzgröße ist Kohlendioxid (CO2). Es ist jeweils auch die Verweildauer der Gase in der Atmosphäre zu berücksichtigen, was durch die Referenzierung auf einen bestimmten Integrationszeitraum, im Regelfall 100 Jahre, erfolgt (GWP 100); •• Eutrophierungspotenzial bzw. Überdüngungspotenzial (Eutrophication Potential, EP) [kg (PO4)3 -Äquivalent (Phosphat-Äquivalent)]: Anreicherung von Nährstoffen in Böden und Gewässern durch die Wirkung von Luftschadstoffen, Abwässern und landwirtschaftliche Düngung. Dadurch „Umkippen“ der Böden oder Gewässer. Referenzgröße ist Phosphat (PO 4); •
Sommersmogpotenzial bzw. photochemisches Ozonbildungspotenzial oder Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (Photochemical Ozone Creation Potential, POCP) [kg C2H4 -Äquivalent]: Bodennahes Ozon ist (im Gegensatz zum Ozon der Stratosphäre) schädlich für den Menschen sowie auch für Pflanzen und Materialien. Referenzgröße ist Ethen (C2H4);
Wirkungsabschätzung
Treibhauseffekt, Ozonloch, Sommersmog, Versauerung, Überdüngung, Umweltgiffte etc
Emission, Abfälle
Sachbilanz
Output
Output
Output
Output
Output
Input
Input
Input
Input
Input
Nutzung
Entsorgung Verwertung Deponie
Nutzungsphase
End of Life
Ressourcen
2 Phasen und Struktur der Ökobilanzierung. Die Sachbilanz erfasst die Input- und Outputströme bei der Herstellung, Nutzung und Entsorgung oder Rezyklierung eines Produkts, die Wirkungsabschätzung die sich daraus ergebenden Einflüsse auf die Umwelt.
Lebenszyklusschritte
Lebenszyklusphasen
Rofstoffabbau und Aufbereitung
Herstellung Vorprodukte
Produktionsphase
Produktion
2 Ökologie
109
Praktisch einsetzbare Datensätze stehen dem Planer in Form von Umweltkennzeichnungen bzw. -deklarationen (EPDs) zur Verfügung. Sie bilden die Datengrundlage für die ökologische Gebäudebewertung gemäß Norm. Sie basieren auf internationalen ISO-Normen sowie auf den europäischen EN-Normen und sind deshalb international abgestimmt. EPDs liefern quantifizierte Umweltinformationen zu Bauprodukten oder -leistungen, auf wissenschaftlicher Basis vereinheitlicht und vergleichbar gemacht, und erfassen die Parameter der Sachbilanz, der Wirkungsabschätzung sowie auch Informationen zu gesundheitsrelevanten Emissionen in Innenraumluft, Boden und Wasser während der Nutzungsphase des Gebäudes. Dies soll dem Planer erlauben, fundierte Entscheidungen bei der Auswahl von möglichst umweltverträglichen Bauprodukten zu treffen.
Parameter
Umweltkennzeichnungen und -deklarationen von Produkten (Environmental Product Declaration, EPD) ISO 14025, ISO 14040ff DIN EN 15978
DIN EN 15804, 5.1
Einheit (ausgedrückt als funktionale/ deklarierte Einheit)
Einsatz erneuerbarer Primärenergie – ohne die erneuerbaren Primärträge, die als Rohstoffe verwendet werden
MJ, unterer Heizwert
Einsatz der als Rohstoff verwendeten, erneuerbaren Primärenergieträger (stoffliche Nutzung)
MJ, unterer Heizwert
Gesamteinsatz erneuerbarer Primärenergie (Primärenergie und die als Rohstoff verwendeten erneuerbaren Primärenergieträger) (energetische + stoffliche Nutzung)
MJ, unterer Heizwert
Einsatz nicht erneuerbarer Primärenergie ohne die als Rofstoff verwendeten nicht erneuerbaren Primärenergieträger
MJ, unterer Heizwert
Einsatz der als Rohstoff verwendeten nicht erneuerbaren Primärenergieträger (stoffliche Nutzung)
MJ, unterer Heizwert
Gesamteinsatz nicht erneuerbarer Primärenergie (Primärenergie und die als Rohstoff verwendeten nicht erneuerbaren Primärenergieträger) (energetische + stoffliche Nutzung)
MJ, unterer Heizwert
Einsatz von Sekundärstoffen
kg
Einsatz von erneuerbaren Sekundärbrennstoffen
MJ, unterer Heizwert
Einsatz von nicht erneuerbaren Sekundärbrennstoffen
MJ, unterer Heizwert 3
Nettoeinsatz von Süßwasserressourcen
m
Parameter
Einheit (ausgedrückt als funktionale/ deklarierte Einheit)
deponierter gefährlicher Abfall
kg
deponierter nicht gefährlicher Abfall (Siedlungsabfall)
kg
Radioaktiver Abfall
kg
Parameter
Einheit (ausgedrückt als funktionale/ deklarierte Einheit)
Komponenten für die Weiterverwendung
kg
Stoffe zum Recycling
kg
Stoffe für die Energierückgewinnung
kg
Exportierte Energie
MJ je Energieträger
3 Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes im Rahmen der Sachbilanz, gemäß DIN EN 15804
4 Andere Umweltinformationen über Abfallkategorien der Sachbilanz gemäß DIN EN 15804
5 Sonstige Umweltinformationen über OutputStoffflüsse der Sachbilanz gemäß DIN EN 15804
2.5
110
III Nachhaltigkeit
DIN EN 15804, 5.2
EPDs werden von Herstellern bereitgestellt. Grundlegende Produktkategorieregeln (core PCR) sollen sicherstellen, dass Hersteller verifizierbare und konsistente produktbezogene technische Daten für die ökologische Qualität von Gebäuden, Bauteilen oder Baustoffen veröffentlichen. Diese haften und sind verantwortlich für die bereitgestellten Informationen. EPDs können folgende Informationen enthalten:
von der Wiege bis zum Werkstor, Cradle to Gate
• zur Herstellungsphase: Bereitstellung von Rohstoffen, Transport, Herstellung und damit verknüpfte Prozesse;
von der Wiege bis zum Werkstor mit Optionen
• Herstellungsphase und einzelne andere Phasen des Lebenszyklus;
von der Wiege bis zur Bahre, Cradle to Grave
DIN EN 15804, 6.2
• zum kompletten Lebenszyklus entsprechend den definierten Systemgrenzen, also zu Einbau, Nutzung und Inspektion, Wartung und Reinigung, Austausch und Ersatz, Abriss, Abfallbehandlung für die Wiederverwendung, Rückgewinnung, Recycling und Beseitigung. Die entsprechenden Informationsmodule sind, abhängig von der betrachteten Lebenszyklusphase, wie folgt gegliedert: • A1-A3, Herstellungsphase; Informationsmodule: •• A1 Rohstoffgewinnung und -verarbeitung und Verarbeitungsprozesse von als Input dienenden Sekundärstoffen, (z.B. Recyclingprozesse); •• A2 Transport zum Hersteller; •• A3 Herstellung; (A1 bis A3 sind Pflichtmodule für die Erfüllung der Norm, alle weiteren optional) • A4-A5, Errichtungsphase; Informationsmodule; •• A4 Transport zur Baustelle; •• A5 Einbau in das Gebäude; • B1-B5, Nutzungsphase; Informationsmodule die sich auf die Bausubstanz beziehen: •• B1 Nutzung oder Anwendung des eingebauten Produkts; •• B2 Inspektion, Wartung, Reinigung; •• B3 Reparatur; •• B4 Austausch, Ersatz;
2 Ökologie
111
Einheit (ausgedrückt als funktionale/deklarierte Einheit)
Wirkungskategorie
Parameter
Verknappung von abiotischen Ressourcen – Stoffe
Potenzial für die Verknappung von abiotischen Ressourcen – nicht fossile Ressourcen (ADP-Stoffe)
kg Sb-äquiv.
Verknappung von abiotischen Ressourcen – fossile Energieträger
Potenzial für die Verknappung von abiotischen Ressourcen – fossile Energieträger (ADP-fossile Energieträger)3
MJ, unterer Heizwert
Versauerung von Boden und Wasser
Versauerungspotenzial von Boden und Wasser, AP;
kg SO2-äquiv.
Ozonabbau
Potenzial des Abbaus der stratosphärischen Ozonschicht, ODP;
kg CFC-11 äquiv.
globale Erwärmung
Treibhauspotenzial,GWP;
kg CO2-äquiv.
Eutrophierung
Eutrophierungspotenzial, EP;
kg (PO4)3--äquiv.
photochemische Ozonbildung
troposphärisches Ozonbildungspotenzial, POCP;
kg Ethen-äquiv.
Das Potenzial für die Verknappung von abiotischen Ressourcen wird mithilfe von zwei verschiedenen Indikatoren berechnet und deklariert: • Potenzial für die Verknappung von abiotischen Ressourcen – Stoffe: umfasst alle nicht erneuerbaren, abiotischen stofflichen Ressourcen (d.h. außer fossilen Energieträgern). • Potenzial für die Verknappung von abiotischen Ressourcen – fossile Energieträger: umfasst alle fossilen Energieträger.
6 Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen (LCA-Indikatoren) gemäß DIN EN 15804
Beispiel SO2, HCl, usw. (kg/funktionelle Einheit
Sachbilanzergebnisse
Sachbilanzergebnisse, den Wirkungskategorien zugeordnet
Wirkungskategorie
Charakterisierungsmodell
Versauerung Emissionen mit versauernder Wirkung (NOx, 3O2, usw., zugeordnet zur Versauerung) Freisetzung von Protonen (H+ aq)
Wirkungsindikator Umweltrelevanz
Umweltwirkungsmechanismus
3
- Wald - Vegetation - usw.
Wirkungsendpunkte (e)
Begriff
Beispiel
Wirkungskategorie
Klimaänderung
Sachbilanzergebnisse
Menge an Treibhausgas je funktionelller Einheit
Charakterisierungsmodell
Szenario „Baseline“ über 100 Jahre des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change)
Wirkungsindikator
Verstärkung der Infrarotstrahlung (W/m2)
Charakterisierungsfaktor
Treibhauspotential (GWP100) für jedes Treibhausgas (kg CO2-Äquivalente/kg Gas)
Wirkungsindikatorwert
Kilogramm der CO2-Äquivalente je funktioneller Einheit
Wirkungsendpunkte
Korallenriffe, Wälder, Ernten
Umweltrelevanz/ Environmental relevance
Die Verstärkung der Infrarotstrahlung steht stellvertretend für mögliche Wirkung auf das Klima, die von der integrierten atmosphärischen Wärmeaufnahme, hervorgerufen durch Emissionen und die Verteilung über die Dauer der Wärmeaufnahme, abhängen
7 Konzept der Wirkungsindikatoren im Rahmen der Wirkungsabschätzung, gemäß DIN EN ISO 14004
8 Begriffsbeispiele für die Wirkungsabschätzung, gemäß DIN EN ISO 14004
112
III Nachhaltigkeit
•• B5 Verbesserung, Modernisierung; • B6-B7, Nutzungsphase, Informationsmodule die sich auf den Betrieb des Gebäudes beziehen: •• B6 den Energieeinsatz für das Betreiben des Gebäudes (z.B. Betrieb eines Heizsystems und anderer technischer Gebäudeausrüstungen); •• B7 den Wassereinsatz für das Betreiben des Gebäudes; • C1-C4 Entsorgungsphase, Informationsmodule; •• C1 Rückbau, Abriss; •• C2 Transport zur Abfallbehandlung; •• C3 Abfallbehandlung zur Wiederverwendung, Rückgewinnung und/oder zum Recycling; •• C4 Beseitigung; • D, Gutschriften und Lasten außerhalb der Systemgrenze, Informationsmodule: •• D Wiederverwendungs-, Rückgewinnungs- und/oder Recyclingpotenziale, als Nettoflüsse und Gutschriften (Vorteile) angegeben.
Kap. III-5 Ökobilanz, S. 146
Die Umweltkennzeichnungen und -deklarationen (EPDs) einiger wesentlicher Grundwerkstoffe werden an anderer Stelle dargestellt.
2 Ökologie
DIN EN 15643: Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden Teil 2: 2010-12 Rahmenbedingungen für die Bewertung der umweltbezogenen Qualität DIN EN 15804: 2014-07 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte DIN EN ISO 14025: 2011-10 Umweltkennzeichnungen und -deklarationen – Typ III Umweltdeklarationen – Grundsätze und Verfahren DIN EN ISO 14040: 2009-11 Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen DIN EN ISO 14044: 2018-05 Umweltmanagement – Ökobilanz – Anforderungen und Anleitungen
113
Normen und Richtlinien
I
I
KONSTRUIEREN
KONSTRUIEREN
II STRUKTUR II-1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG STRUKTUR II-2II INDUSTRIELLES BAUEN II-3 MASSORDNUNG II - 1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG II 2 INDUSTRIELLES BAUEN III NACHHALTIGKEIT 3 MASSORDNUNG III-1II -KONTEXT
1. Ökonomische Betrachtung (Lebenszykluskosten) ... 116 2. Lebensdauer ............................................................. 117 2.1 Alterung .............................................................125 2.2 Obsoleszenz ......................................................125 3. Lebenszyklus ............................................................126 3.1 Neubau ..............................................................126 3.2 Nutzung .............................................................126 3.2.1 Instandhaltung.........................................127 3.3 Erneuerung ........................................................128 3.4 Rückbau .............................................................128 4. Lebenszykluskostenrechnung (Life-Cycle Costing, LCC; Life-Cycle Cost Analysis, LCCA) ........131 4.1 Erstellungskosten sowie Kosten für Rückbau und Entsorgung ..................................132 4.2 Nutzungskosten ................................................132 4.3 Bauunterhaltskosten .........................................134 Anmerkungen.................................................................135 Normen und Richtlinien .................................................135
III-2 ÖKOLOGIE III-3 ÖKONOMIE III-4IIISOZIALES STOFFE III-5 ÖKOBILANZ -1 MATERIE III-6III RECYCLING III - 2 WERKSTOFF -3 STEIN IV III STOFFE -4 BETON IV-1III MATERIE -5 HOLZ IV-2III WERKSTOFF -6 STAHL IV-3III STEIN -7 BEWEHRTER BETON IV-4III BETON -8 KUNSTSTOFF IV-5III HOLZ -9 GLAS IV-6III STAHL IV-7 BEWEHRTER BETON IV-8 GLAS IV-9 KUNSTSTOFF
IV
BAUPRODUKTE
V IV BAUPRODUKTE -1 KÜNSTLICHE STEINE V-1 IV KÜNSTLICHE STEINE -2 HOLZPRODUKTE V-2IV HOLZPRODUKTE -3 STAHLPRODUKTE V-3IV STAHLPRODUKTE -4 GLASPRODUKTE V-4IV GLASPRODUKTE -5 KUNSTSTOFFPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI FUNKTIONEN FUNKTIONEN VI-1V SPEKTRUM VI-2 KRAFTLEITEN 1 SPEKTRUM VI-3V -THERMOHYGRIK 2 KRAFT LEITEN VI-4V -SCHALLSCHUTZ V 3 THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN VI-5 BRANDSCHUTZ V 4 SCHALLSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT V-5 BRANDSCHUTZ V 6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_7
DIN EN 15643-4
Life-Cycle Costing, LCC/Life-Cycle Cost Analysis, LCCA
Eines der wesentlichen Ziele des nachhaltigen Bauens ist, die Kosten aus einer Baumaßnahme so niedrig wie möglich zu halten ( 8). Während bis vor Kurzem Planer ausschließlich die anfänglichen Investitionen in Form von Baukosten für den Neubau berücksichtigten und Folgekosten aus dem Betrieb und dem Rückbau am Ende der Lebenszeit außer Acht ließen, wird heute zunehmend erwartet, auch die Kosten aus der Nutzungsphase sowie auch aus der Endverwertung oder Entsorgung von Bauwerk und Bauprodukten zu erfassen, und zwar als möglichst fundierte Prognose bereits während der Planungsphase. Dies erfolgt mithilfe einer Lebenszykluskostenrechnung. Die Lebenszykluskostenrechnung lässt sich als lebenszyklusbezogene Wirtschaftlichkeitsberechnung auffassen. Ihr Ergebnis wird auch als Lebenszykluserfolg bezeichnet.1 Lebenszykluskosten sind also: Kosten, die durch ein Gebäude oder Bauwerksteil über dessen gesamten Lebenszyklus durch die Erfüllung der technischen Anforderungen und der funktionalen Anforderungen entstehen.
DIN EN 15643-4, 3.36
Man geht davon aus, dass eine lebenszyklusoptimierte Planung, über die komplette Lebensdauer des Gebäudes, insgesamt bedeutende Kosteneinsparungen, besonders in den Lebensphasen nach Erstellung, d.h. während des Betriebs und bei der Rückführung gestattet ( 1). Eine entscheidende Größe, die das Resultat der Lebenszykluskostenrechnung maßgeblich beeinflusst, ist die angesetzte bzw. angenommene Lebensdauer des Produkts. Hierzu sind einige vertiefende Ausführungen angebracht:
en st Ko
nb Koste
n ve on ik be
tio
r lle ne
n Pla
g un
optimierter Planung ei Lebenszyklus
bis zu 80-85% der Gesamtkosten
Ökonomische Betrachtung (Lebenszykluskosten)
kumulierte Kosten
1.
III Nachhaltigkeit
potenzielle Einsparung nach Ablauf des Lebenzyklus
116
Beein flussb arkeit
Konzept
Planung
Erstellung
Nutzung
Abbruch
Zeit
1 Lebenszykluskosten und ihre Beeinflussbarkeit im Lauf der Lebensdauer 2
3 Ökonomie
Alle Konstruktionen, die insgesamt ein Bauwerk ausmachen, sind dem langsamen Verlust ihrer Funktionsfähigkeit unterworfen, sei es durch materialtypische Alterungsprozesse, sei es durch Zersetzung aufgrund von Bestrahlung, Bewitterung oder durch mechanische Abnutzung. Maßnahmen zur Verbesserung der Dauerhaftigkeit sind herkömmlicherweise eine Antwort des Planers auf diese Tatsache. Dennoch ist es in der Regel erforderlich, einzelne Teile des Bauwerks nach einer bestimmten Zeit auszutauschen. Einige Bestandteile, vor allem solche, welche die Primärstruktur des Bauwerks ausmachen, haben die gleiche Lebensdauer wie das Bauwerk selbst, d.h. sie werden niemals ausgetauscht, nur am Ende des Lebenszyklus mitsamt den restlichen Bestandteilen des Bauwerks insgesamt entsorgt oder wiederverwertet. Andere Teile hingegen gehören wegen ihrer Zersetzung unter Witterungseinflüssen oder wegen ihres ständigen physischen Kontakts mit Benutzern und Einrichtungsgegenständen zu den am stärksten beanspruchten Bestandteilen eines Gebäudes. Dazu zählen beispielsweise Werkstoffe von Wetterhäuten an Fassaden, von Dachdeckungen oder auch Werkstoffe des Ausbaus wie von Fußbodenbelägen. Ihre Nutzungsspanne vom Einbau bis zur Beseitigung zwecks Erneuerung ist, insbesondere gemessen an den Primärbauteilen wie Tragwerk oder Gebäudehülle, verhältnismäßig kurz, die Erneuerungszyklen im Laufe der wesentlich längeren Lebensdauer des Gesamtgebäudes entsprechend häufig. Das möglichst genaue Erfassen der zu erwartenden Lebensdauer eines Bauprodukts, in diesem Zusammenhang derjenigen eines Werkstoffs oder einer Baukonstruktion, ist eine wichtige Voraussetzung für eine korrekte Lebenszykluskostenrechnung und somit für eine fundierte Grundlage bei der Planung und der Auswahl verschiedener optionaler planerischer Lösungen. Dabei bestehen große Unterschiede zwischen verschiedenen Bestandteilen der Konstruktion und zwischen verschiedenen Ausführungstypen. Dies lässt sich anhand des Beispiels von Böden veranschaulichen: Betonbodenplatten von Industriebauten ohne weitere Deckenauflagen, wie sie dem Standard bei dieser Nutzungsart entsprechen, haben zumeist die gleiche Lebensdauer wie das gesamte Bauwerk selbst; Unterböden wie beispielsweise Estriche können Lebensdauern zwischen 50 und 100 Jahren erreichen; Bodenbeläge sind die dem Verschleiß am stärksten ausgesetzte Schicht und erreichen in der Regel nur verhältnismäßig kurze Lebensdauern, sie streuen jedoch sehr stark in Abhängigkeit des Belagstyps bzw. des eingesetzten Werkstoffs. Die Spanne der Lebensdauer je nach Belagsart liegt zwischen 10 Jahren bei textilen Belägen und 100 Jahren bei hochwertigen Natursteinbelägen ( 2). Neben den Kosten, die der wiederholte Austausch verursacht, sind entsprechende Material- und Energieressourcen zu diesem Zweck aufzuwenden sowie auch die Werkstoffe oder Bauteile am Ende der Nutzungsdauer umweltgerecht
117
Lebensdauer
Kap. VI-1 Spektrum, Abschn. 5. Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit, S. 492
2 (Nächste Seiten) Durchschnittliche Nutzungsdauern von Bauteilen zur Lebenszyklusanalyse gemäß Bundesinsitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), zusammengestellt für die Berechnung von Lebenszykluskosten (LCC) und Ökobilanzen (LCA) von Gebäuden
2.
118
III Nachhaltigkeit
Kostengruppe 2. Ebene
Kostengruppe 3. Ebene
Bauteil/Werkstoff
320 Gründung
322 Flachgründungen
Einzel- / Streifenfundamente Fundamentplatten Bohrpfähle, Presspfähle, Rammpfähle, Pfahlwände, Schlitzwände, Spundwände, Trägerbohlwände
≥ 50 ≥ 50 ≥ 50
0 0 0
330 Außenwände
324 Unterböden und Bodenplatten 326 Bauwerksabdichtung 331 Tragende Außenwände
Bodenplatte Abdichtung gegen nichtdrückendes Wasser Mauerwerkswand Betonwand Holzwand Stahlbauwand Lehmbauwand Formsteine mit Betonfüllung Mauerwerksstütze Betonstütze Stahlstütze Außentüren Standardtüren: Laubholz Standardtüren: Metall Standardtüren: Holzwerkstoff Standardtüren: Kunststoff Standardtüren: Nadelholz Brandschutztüren Sondertüren: Schallschutztüren, Glastüren Sondertüren: Automatiktüren Sondertüren: Schiebetüren, Rotationstüren Außenfenster Fenster (Rahmen und Flügel): Aluminium, Aluminium-Holz-Komposit, Aluminium-Kunststoff-Komposit, Laubholz behandelt, Stahl
≥ 50 35 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50
0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0
≥ 50 ≥ 50 40 40 35 ≥ 50 ≥ 50 20 30
0 0 1 1 1 0 0 2 1
≥ 50
0
40
1
30 25
1 1
25 20 15 30
1 2 3 1
20 12 40
2 4 1
≥ 50
0
323 Tiefgründungen
333 Außenstützen
334 Außentüren und -fenster
Fenster (Rahmen und Flügel): Kunststoff, Nadelholz behandelt
335 Außenwandbekleidungen, außen
Sonstiges Beschläge: einfache Beschläge, Schiebebeschläge Beschläge: Drehkippbeschläge, Schwingflügelbeschläge, Hebedrehkippbeschläge Türschlösser, Türanschlagdämpfer, Panikverschlüsse Türschließer Türantriebe Verglasung: Sicherheits-Isolierglas, 3-Scheiben-Wärmeschutz-Isolierglas, 2-Scheiben-Wärmeschutz-Isolierglas, Brandschutz-Isolierglas, Schallschutz-Isolierglas, Angriffhemmendes Isolierglas, Sonnenschutz-Isolierglas Dichtungsprofile Dichtstoffe Rolläden Abdichtung und Dämmung erdberührt Abdichtungen erdberührt, gegen drückendes Wasser: Dichtungsbahnen Abdichtungen erdberührt, gegen drückendes Wasser: Bentonit Abdichtungen erdberührt: Konstruktionen aus wasserunduchlässigem Beton Abdichtungen erdberührt, gegen nicht- drückendes Wasser: Dichtungsbahnen aus Bitumen, Spachtelmasse Abdichtungen erdberührt, gegen nichtdrückendes Wasser: Beschichtungen und Anstriche Abdichtungen erdberührt nachträglich: Querschnittsabdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit durch mechanische Injektion Abdichtungen erdberührt nachträglich: Vergelung, Schleierinjektion Abdichtungen erdberührt: Abdichtungsschutz aus Schutzmauern (Beton, Ziegel, Hartbrandklinker) Abdichtungen erdberührt: Abdichtungsschutz aus Hartschaumplatten Polystyrol, Noppenbahnen (Polyethylen Polypropylen), Wellplatten faserverstärkt auf Zementbasis Abdichtungen erdberührt: Abdichtungsschutz aus Granulatmatten, Wellplatten Wärmedämmung erdberührter Bauteile: Perimenterdämmung Schaumglas Wärmedämmung erdberührter Bauteile: Perimenterdämmung Extrudiertes Polystyrol Oberflächenbehandlung Außenanstriche, mineralischer Untergrund: Dispersionsfarbe, Dispersions-Silikatfarbe, Weißzementfarbe, Kunststoffbeschichtungen auf Beton Außenanstriche, mineralischer Untergrund: Silikonharzfarbe, Silikatfarbe, Polymerisatharzfarben Außenanstriche, mineralischer Untergrund: Silikonharzfarbe, Silikatfarbe, Polymerisatharzfarben Außenanstriche, mineralischer Untergrund: Kaseinfarbe Außenanstriche, mineralischer Untergrund: Kalkfarbe Außenanstriche, mineralischer Untergrund: Imprägnierung auf Mauerwerk Außenanstriche, mineralischer Untergrund: Lasur, Graffitischutz Holzschutzanstriche, außen: Holzlacke, Holzlasuren Holzschutzanstriche, außen: Holzöle/-wachse Holzschutzimprägnierungen, außen: Druckimprägnierung
a
Ersatz in 50 a
40
1
≥ 50
0
40
1
30
1
40
1
20
1
≥ 50
0
40
1
30
1
≥ 50
0
40
1
20
2
20
2
15
3
10 8 15
4 6 3
10
4
8 5 18
6 9 2
3 Ökonomie
119
Kostengruppe 2. Ebene
Kostengruppe 3. Ebene
Bauteil/Werkstoff
330 Außenwände (weiter)
335 Außenwandbekleidungen, außen (weiter)
Putz
333 Außenstützen
a
Ersatz in 50 a
Putz auf monolitischer Tragschicht: hochhydraulischer Kalkmörtel, 45 Mörtel mit Putz- und Mauerbinder, Kalkzementmörtel, Zementmörtel mit Zusatz von Luftkalk, Zementmörtel, Luftkalkmörtel, Hydraulischer Kalkmörtel, Wasserkalkmörtel
1
Putz auf monolitischer Tragschicht: Sanierputzsysteme, mineralische Leichtputzsysteme auf porosierter Tragschicht
40
1
Putz auf monolitischer Tragschicht: Silikatputze, Silikonharzputze, 30 Kunstharzputze Putz auf Wärmedämmung: mineralische Putzsysteme, 30 silikatische Putzsysteme, Kunstharzputzsysteme, Silikonharzputzsysteme
1
Mauerwerk Bekleidungen: Klinker, Kalksandstein, Sichtbeton Platten, Stein Bekleidungen: Naturstein, Kunststein, Betonsteinplatten, Faserzementplatten, Kunstharzstein, Ziegelplatten, keramische Fliesen und Platten, Feinsteinzeug, Steinzeug und Spaltplatten Verfugungsmassen Bekleidungen: harte Belagsmaterialien auf Wärmedämmung Dämmung Dämmschicht als Kerndämmung: Mineralwolledämmplatten, Polyurethandämmplatten, Polystyrol, Blähschiefergranulat, Blähglasgranulat, Blähtongranulat Dämmschicht hinter Vorsatzschale hinterlüftet: Mineralschaumplatten, Schaumglasplatten
1
≥ 50
0
≥ 50
0
30 30
1 1
≥ 50
0
≥ 50
0
Dämmschicht hinter Vorsatzschale: Vakuumdämmpaneele
30
1
Wärmedämmverbundsystem: Mineralwolledämmplatten, Polystyroldämmplatten, Polyurethandämmplatten, Holzfaserdämmplatten, Holzwolleleichtbauplatten, Korkplatten
40
1
Wärmedämmverbundsystem transparent
20
2
Holz 40
1
30 ≥ 50
1 0
≥ 50
0
40 ≥ 50 45 30
1 0 1 1
≥ 50 40 30 30
0 1 1 1
40
1
40
1
Vorsatzschale: Unterkonstruktion Bekleidung Dämmplatten: Mineralschaumdämmplatten, Calciumsilikatplatten Jalousien: Kunststoff Jalousien: Aluminium Markisen Sonnenschutz, feststehend: Aluminium Balkone freistehende Konstruktion: Mauerwerk, Stahlbeton, Stahl nicht rostend, Stahl feuerverzinkt (stückverzinkt), Aluminium beschichtet, Laubholz, Kunststoff-Komposit
≥ 50 ≥ 50
0 0
25 15 15 ≥ 50
1 3 3 0
≥ 50
0
freistehende Konstruktion: Nadelholz, behandelt Brüstung: Stahlgitterkonstruktion feuerverzinkt (stückverzinkt), Glas, Mauerwerk, Stahlbeton Brüstung aus Holzkonstruktion Brüstungsbekleidung aus Aluminiumplatten, Glasplatten Brüstungsbekleidung aus Kunststoffplatten Mauerwerkswand Betonwand Holzwand Mauerwerkswand Betonwand Holzwand Ständersysteme Gips-Wandbauplatten Mauerwerksstütze Betonstütze Holzstütze Stahlstütze
45 ≥ 50
1 0
30 ≥ 50 40 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50
1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Holzbekleidung: Nadelholz behandelt, Laubholz, Holzwerkstoff-Systeme Holzbekleidung: Nadelholz unbehandelt Holzbekleidung: Holzschindeln Metall Metallbekleidungen: Zink, Kupfer, Aluminium eloxiert, Aluminium lackiert, Stahl nicht rostend Metallbekleidungen: Stahl galvanisch verzinkt Vorsatzschale hinterlüftet: Kupferblech Vorsatzschale hinterlüftet: Zink, Stahl nicht rostend Vorsatzschale hinterlüftet: Aluminium-Verbundplatten, korrosionsreduzierter Stahl, Stahl galvanisch verzinkt und beschichtet Sonstige Vorsatzschale, hinterlüftet: Glas Kunststoffstegplatten transparent: Acrylglasplatten Kunststoffstegplatten transparent: Polycarbonatplatten Vorsatzschale, hinterlüftet: faserverstärkte Harzkompositplatten Wandbekleidungen (Systeme): Kunststoff, Mehrschichtleichtbauplatten Vorsatzschale: Fugen- und Kompriband, Verfugung, Dehnungsfuge, Profil 336 Außenwandbekleidungen, innen 338 Sonnenschutz
339 Außenwände, sonstiges
340 Innenwände
341 Tragende Innenwände
342 Nichttragende Innenwände
343 Innenstützen
120
III Nachhaltigkeit
Kostengruppe 2. Ebene
Kostengruppe 3. Ebene
Bauteil/Werkstoff
340 Innenwände (weiter)
344 Innentüren und -fenster
Innentüren Standardtüren: Holztüren, Holzwerkstofftüren, Aluminiumtüren, Kunststofftüren, Holzwerkstofftüren, Stahltüren und Stahltüren rostfrei Sondertüren: Glastüren, Rauchschutztüren, Schallschutztüren Brandschutztüren Sondertüren: Feuchtraumtüren Sondertüren: Schiebetüren, Rotationstüren Sondertüren: Automatiktüren Tore: Brandschutztore Innenfenster Fenster (Rahmen und Flügel) Sonstiges Beschläge: einfache Beschläge Beschläge: Schwingflügelbeschläge, Falttürbeschläge, Schiebebeschläge, Drehkippbeschläge, Hebedrehkippbeschläge Türschließer, Türschlösser, Fensterschlösser Panikverschlüsse Türantriebe Türanschlagdämpfer Fenster- und Türenverglasung: Einfachverglasung Fenster- und Türenverglasung: angriffhemmendes Isolierglas, Sicherheits-Isolierglas, Brandschutz-Isolierglas, Schallschutz-Isolierglas Dichtungsprofile Dichtstoffe Beschichtungen Innenanstriche: Dispersionsfarbe, Dispersions-Silikatfarbe, Silikatfarbe, Silikonharzfarbe, Polymerisatharzfarben, Weißzementfarbe, Kaseinfarbe, Kalkfarbe, Leimfarbe Innenanstriche: Latexfarbe Innenanstriche: Lasur Putz Standard-Innenputze: Gipsputz, Anhydritputz, Kalkputz, Kalkgipsputz, Kalkzementputz, Kunstharzputz, Lehmputz mineralische Deckputze: Zementputz, Trasskalkputz, Trasszementputz Spezialputze: Sanierputz/-Systeme Spezialputze: Akustikputz, Strahlenschutzputz Putzprofile: Kunststoff, Stahl, Glasfaser Putzträger: Stahldrahtnetz, Rippenstreckmetall, Kunststoffgewebe
345 Innenwandbekleidungen
346 Elementierte Innenwände
349 Innenwände, sonstiges 350 Decken
351 Deckenkonstruktionen
352 Deckenbeläge
Bekleidung Bekleidungen: Holz, Holzwerkstoff und Mehrschichtleichtbauplatten, Aluminium, Stahl, Kupfer, Zink, Naturstein, Kunststein, keramische Fliesen und Platten, Feinsteinzeug, Steinzeug, Steingut und Spaltplatten, Glasmosaik Bekleidungen (Systeme): Gipskartonplatten, Gipskartonverbundplatten Bekleidungen: Kunststoff (PVC, PE, PP) Bekleidungen: Sonderkonstruktionen aus Glas Spezial-Bekleidungen: Brandschutz, Schallschutz, Wärmeschutz (Innendämmung), feuchteressistente Bekleidungen Tapeten Tapeten: Papier, Kunststoff, Tapeten nicht überstreichbar, Tapeten überstreichbar Tapeten: Textil, Webstoff Sanitärtrennwände: Toilettentrennwände, Urinaltrennwände Sanitärtrennwände: Duschtrennwände Umkleidekabinen Treppengeländer: Handläufe aus Aluminium, Laubholz, Stahl Treppengeländer: Handläufe aus Kunststoff, Nadelholz Betondecken: Vollbetondecke, STB-Hohlraumdecke, Porenbetondecke Fertigteildecken: Gitterträgerdecke, Rippendecke Metalldecken: Stahlverbunddecke, Stahlträgerdecke Holzdecken: Massivholzdecke, Holzbalkendecke, Holz-Fertigteilelemente, Holz-Beton-Verbunddecke Treppe: Tragkonstruktion aus Stahlbeton, Stahl, Holz, Aluminium Fließestriche: Zementestrich, Gussasphaltestrich, Anhydritestrich, Magnesiaestrich Trockenestriche (Systeme): Holzwerkstoffplatten, Gipsfaserplatten, Gipskartonplatten Estriche als Verschleißboden Trittschalldämmung Fussbodendämmung, einschl. Dämmung der obersten Geschossdecke Natursteinbeläge Kunststeinbeläge keramische Fliesen und Platten: Feinsteinzeug, Steinzeug, Steingut, Spaltplatten, Glasmosaik Gussböden: Kunstharz Gussböden: Terrazzo textile Beläge: Baumwolle, Wolle, Synthetikfaser, Sisal, Naturfasergemisch, Jute, Naturfasergemisch, Kokos Linoleum, Laminat, PVC, Kunststoff-Parkett, Kork, Kautschuk, Sporthallenbeläge
a ≥ 50
Ersatz in 50 a 0
≥ 50
0
≥ 50 40 30 20 30
0 1 1 2 1
≥ 50
0
≥ 50 30
0 1
30 25 15 20 ≥ 50 40
1 1 3 2 0 1
30 20
1 2
15
3
10 18
4 2
≥ 50
0
≥ 50
0
15 ≥ 50 ≥ 50 ≥ 50
3 0 0 0
≥ 50
0
≥ 50
0
40 ≥ 50 ≥ 50
1 0 0
10
4
15 30 25 30 ≥ 50 30 ≥ 50
3 1 1 1 0 1 0
≥ 50 ≥ 50 ≥ 50
0 0 0
≥ 50 ≥ 50
0 0
≥ 50
0
≥ 50 ≥ 50 ≥ 50
0 0 0
≥ 50 ≥ 50 ≥ 50
0 0 0
30 ≥ 50 10
1 0 4
20
2
3 Ökonomie
121
Kostengruppe 2. Ebene
Kostengruppe 3. Ebene
Bauteil/Werkstoff
350 Decken (weiter)
352 Deckenbeläge (weiter)
≥ 50 Vollholzparkett, Holzdielen, Holzpflaster 40 Holz-Mehrschichtparkett Holzschutzanstriche für Bodenbeläge: Holzlacke 8 Holzschutzanstriche für Bodenbeläge: Holzversiegelungen 10 Holzschutzanstriche für Bodenbeläge: Holzimprägnierun5 gen, Holzöle/-wachse Sonstiges Doppelböden und Hohlraumböden ≥ 50 Doppelbodenstützen und Hohlraumbodenstützen: Stahl ≥ 50 Schwingböden: Holz, Kunststoff 45 Sockelleisten: Naturstein, Kunststein, Klinker, Keramik, Holz ≥ 50 Schmutzfangbeläge: Synthetikfaser, Kunststoff, 8 Baumwolle, Sisal, Jute, Kokos Oberflächenbehandlung: Versiegelung 12 Oberflächenbehandlung: Beschichtung auf Kunststoffbasis 10 Oberflächenbehandlung: Beschichtung auf Wachs- oder 8 Ölbasis Gipskartonbekleidungen ≥ 50 Metallbekleidungen: Aluminium, Stahl, Kupfer, Zink ≥ 50 Holzbekleidungen: Holz, Holzwerkstoff und Mehrschicht≥ 50 leichtbauplatten Sonderkonstruktionen inkl. Befestigung: Mineralfaserplat- ≥ 50 ten, Kunststoffplatten, Glasplatten Sonderkonstruktionen inkl. Befestigung: Brandschutz40 Unterdecken Sonderkonstruktionen inkl. Befestigung: Akustikdecken, 40 Akustikelemente, Akustikschaum, Schallabsorber Sonderkonstruktionen inkl. Befestigung: Lichtdecken 25 ≥ 50 Dämmung der Kellerdecke 10 Tapeten: überstreichbar Tapeten: Kunststoff, Textil, Webstoff, Papier nicht 5 überstreichbar Unterkonstruktionen: Trockenbauprofile (Stahl, Holz) ≥ 50 Geländer, Gitter, Roste, Leitern: Stahl, Aluminium, Holz, ≥ 50 Holzwerkstoff, Gusseisen Gitter und Roste: Kunststoff 40 Tragkonstruktion: Schrägdach ≥ 50 Tragkonstruktion: Flachdach ≥ 50 Dachflächenfenster (Rahmen): Aluminium, Kunststoff, ≥ 50 Aluminium-Holz-Komposit Dachflächenfenster (Rahmen): Aluminium-Kunststoff35 Komposit Dachflächenfenster (Rahmen): Laubholz, behandelt 40 Dachflächenfenster (Rahmen): Nadelholz, behandelt 25 Lichtkuppeln 25 Lichtbänder 20 Dachausstiege und Luken: Stahl feuerverzinkt (stück40 verzinkt) Dachausstiege und Luken: Kunststoff 30 Antriebe für Öffnungen: Handantreib 35 Antriebe für Öffnungen: elektrischer Antrieb 25 Antriebe für Öffnungen: preumatischer Antrieb 20 Flachdachabdichtung Abdichtungsbahnen: Elastomerbahnen, Kunststoffbahnen 40 unterhalb der Dämmung Abdichtungsbahnen: Bitumenbahnen unterhalb der 30 Dämmung Abdichtungsbahnen: Bitumenbahnen, Elastomerbahnen, 30 Kunststoffbahnen oberhalb Dämmung mit schwerer Schutzschicht Abdichtungsbahnen: Bitumenbahnen, Elastomerbahnen, 20 Kunststoffbahnen oberhalb Dämmung mit leichter Schutzschicht Abdichtmassen: Asphaltmastix, Flüssigabdichtung, 40 Gussasphalt unterhalb der Dämmung Abdichtmassen: Asphaltmastix, Flüssigabdichtung, Guss30 asphalt oberhalb Dämmung mit schwerer Schutzschicht Abdichtmassen: Asphaltmastix, Flüssigabdichtung, Guss20 asphalt oberhalb Dämmung mit leichter Schutzschicht Abdichtmassen: Flüssigabdichtung oberhalb Dämmung 20 ohne Schutzschicht Schwere Schutzschicht: Extensive Begrünung 40 Schwere Schutzschicht: Bekiesung, Verlegeplatten, 30 intensive Begrünung Leichte Schutzschicht: Besplitterung vor Ort, werkseitige 15 Bestreuung Beschichtungen: Metallanstrich 12 Dachdeckung Deckungen: Schiefer ≥ 50 Deckungen: Ziegel ≥ 50 Deckungen: Beton, Faserzement ≥ 50 Deckungen: Zink, Kupferblech, Stahl nicht rostend ≥ 50 Deckungen: Holzschindeln ≥ 50 Deckungen: Stahl galvanisch verzinkt und beschichtet 45 Deckungen: Stahl galvanisch verzinkt, Aluminium 40 Deckungen: Glas 30 Deckungen: Bitumenschindeln, Bitumen-Wellplatten 25 Metallbanddeckungen: Stahl nicht rostend, Kupfer ≥ 50 Metallbanddeckungen: Stahlblech galvanisch verzinkt und 45 beschichtet
353 Deckenbekleidungen
359 Decken, sonstiges
360 Dächer
361 Dachkonstruktion 362 Dachfenster, Dachöffnungen, Überdachungen
363 Dachbeläge
a
Ersatz in 50 a 0 1 6 4 9
0 0 1 0 6 4 4 6 0 0 0 0 1 1 1 0 4 9 0 0 1 0 0 0 1 1 1 1 2 1 1 1 1 2 1 1 1
2
1 1 2 2 1 1 3 4 0 0 0 0 0 1 1 1 1 0 1
122
III Nachhaltigkeit
Kostengruppe 2. Ebene
Kostengruppe 3. Ebene
Bauteil/Werkstoff
360 Dächer (weiter)
363 Dachbeläge (weiter)
Dachdeckung (weiter) Metallbanddeckungen: Aluminiumblech, galvanisch verzinktes Stahlblech Deckungen: Reet Dämmschicht als Auf- und Zwischensparrendämmung: Schaumglasplatten, Mineralwollplatten, extrudierte Polystyrolplatten, expandierte Polystyrolplatten, Polyurethanplatten, Faserplatten aus Holz, Hanf, Zellulose Attikaabdeckung Attikaabdeckungen: Naturstein, Kunststein, Betonfertigteil, Betonsteinplatten, keramische Fliesen und Platten, Feinsteinzeug, Steinzeug, Spaltplatten, Kupfer, Stahl nicht rostend, Zink Attikaabdeckungen: Aluminium, Faserzement Attikaabdeckungen: Stahl galvanisch verzinkt Attikaabdeckungen: Kunststoff Entwässerung Entwässerung (Dachrinnen, Regenfallrohre, Dachabläufe): Stahl nicht rostend, Kupfer, Zink, Alu Entwässerung (Dachrinnen, Regenfallrohre, Dachabläufe): Stahl galvanisch verzinkt und beschichtet Entwässerung (Dachrinnen, Regenfallrohre, Dachabläufe): Stahl galvanisch verzinkt Entwässerung (Dachrinnen, Regenfallrohre, Dachabläufe): Kunststoff Unterdach: Bitumen-Holzfaserplatten Unterdach: Imprägnierte Faserplatten aus Holz, Hanf, Zellulose Unterdach: dampfdiffusionsoffene Kunststofffolien Zwischen-, Auf- und Untersparrendämmung: Mineralwolle, Polystyrol, Polyurethan, Blähgranult, nachwachsende Dämmstoffe (z. B. Holzdämmstoffe, Zellulose, Kork, Leichtlehmmischung, Flachs, Wiesengras, Hanf) Überdachungen Eingangsüberdachung: Stahlbaukonstruktion, Stahl-Glas-Konstruktion, Stahlbetonkonstruktion, Spannbetonkonstruktion, Holzkonstruktion (bekleidet) Eingangsüberdachung: Holzkonstruktion (unbekleidet), Holz-Glas-Konstruktionen, Glaskonstruktion (tragend) Hofüberdachung: Stahl-Glas-Konstruktionen Hofüberdachung: Holz-Glas-Konstruktionen, Seilnetzkonstruktionen Hofüberdachung: Textile Konstruktionen Geländer, Gitter, Roste, Leitern Stahl nicht rostend, Stahl feuerverzinkt (stückverzinkt) Aluminium, Laubholz behandelt Laubholz unbehandelt, Nadelholz behandelt, Holzwerkstoff beschichtet Nadelholz unbehandelt Sonstiges Absturzsicherung, Trittstufen, Laufflächen, Laub- und Schneefangvorrichtungen, Blitzschutzanlagen: Stahl feuerverzinkt (stückverzinkt), Stahl nicht rostend Dachbe- und Dachentlüftung Stahl galvanisch verzinkt Entlüftungsrohre Kunststoff Möblierungssysteme: Büros, Laboratorien Möblierungssysteme: Bildschirmarbeitsplätze, Konferenzräume Möblierungssysteme: Bibliotheken, Schutzräume Möblierungssysteme: Kantinen, Rechenzentren Möblierungssysteme: Schulungsräume, Schulen Möblierungssysteme: Kontrollräume, Leitstellen Regale: Stahl, Aluminium, Holzwerkstoff, Kunststoff Schrankmöbel: Stahl, Stahl nicht rostend, Aluminium, Holzwerkstoff, Kunststoff, Holz Garderobeneinrichtungen: Stahl, Stahl nicht rostend, Messing, Holz, Aluminium Garderobeneinrichtungen: Kunststoff
364 Dachbekleidungen
369 Dächer, sonstiges
371 Allgemeine Einbauten
a Ersatz in 50 a 40
1
30 ≥ 50
1 0
≥ 50
0
40 30 20
1 1 2
≥ 50
0
40
1
30
1
20
2
≥ 50 30
0 1
30 ≥ 50
1 0
≥ 50
0
40
1
≥ 50 40
0 1
8
6
≥ 50 45 30
0 1 1
20
2
≥ 50
0
25 25 30 10
1 1 1 4
40 15 20 25 40 30
1 3 2 1 1 1
20
2
15
3
3 Ökonomie
123
wiederzuverwerten oder zu entsorgen. Daneben verursachen diese Teile, gerade wegen ihrer Empfindlichkeit und Wartungsintensität, verhältnismäßig hohe Aufwendungen und Kosten für Pflege und Instandhaltung während ihrer Nutzungsdauer. Die Lebensdauer eines Produkts wird bei der Ökobilanzierung nicht nur am Ende seines Nutzungszeitraums festgestellt, sondern vielmehr bereits davor als planerisch prognostizierte Schätzgröße festgelegt, was eine Erfassung der zu erwartenden Aufwendungen für den Gebäudebetrieb sowie auch der umweltbezogenen Qualität des Produkts ermöglicht. Man geht davon aus, dass innerhalb der Lebensdauer des Gesamtgebäudes, die fallweise zwischen 50 und 100 Jahren liegt, einzelne Teilsysteme – wie etwa Elemente der Gebäudetechnik oder Fußbodenbeläge – mehrmals ausgetauscht werden müssen, d.h. mehrere Erneuerungszyklen anfallen, die wesentlich kürzer als die Gesamtlebensdauer des Bauwerks sind ( 2). Die geschätzte oder erwartete Lebensdauer eines Produkts lässt sich nach verschiedenen Kriterien festlegen: nach technischen, wirtschaftlichen oder auch sozial-kulturellen. Als technische Lebensdauer versteht man den Zeitraum, während dessen ein Produkt unter Annahme einer Herstellung nach anerkannten Regeln der Bautechnik sowie einer adäquaten, üblichen Standards entsprechenden Instandhaltung, Reinigung, Pflege und Bauunterhaltung seine zugewiesene Funktion vollumfänglich ausüben kann. Das Produkt ist einer Alterung unterworfen, die am Ende der technischen Lebensdauer einen Ersatz des Produkts nach sich zieht, d.h. den Beginn eines neuen Nutzungszyklus, bzw. seine definitive Entsorgung am Ende des Lebenszyklus des Gesamtgebäudes. Die effektive Lebensdauer eines Produkts muss nicht unbedingt mit der technischen übereinstimmen. Sie kann kürzer ausfallen, wenn das Produkt trotz Funktionsfähigkeit dennoch ausgetauscht wird, beispielsweise weil es sich aus wirtschaftlichen Überlegungen empfiehlt (Ende der wirtschaftlichen Lebensdauer) oder weil es als altmodisch betrachtet wird (Obsoleszenz); oder auch länger aus Gründen der besonders intensiven Nutzung, der Nachlässigkeit des Gebäudebetreibers oder weil der Verfall der Bausubstanz bewusst inkaufgenommen wird. Einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensdauer hat die sachgemäße und ausreichend häufige Pflege des Produkts, beispielsweise eines Fußbodens. So kann etwa kornartiger Feinschmutz auf Hartböden rasch zu Kratz- und Abnutzungsspuren führen und eine vorzeitige Alterung bewirken. Folgende voneinander abweichende Definitionen der Lebensdauer eines Bauteils oder Bauprodukts werden unterschieden: 3 • durchschnittliche technische Lebensdauer von Bauteilen;
Reference Service Life
124
III Nachhaltigkeit
Estimated Service Life
• erwartete/angenommene Lebensdauer von Bauteilen; • wirtschaftliche Nutzungsdauer von Bauteilen; Ende der Nutzungsdauer nicht aufgrund von Abnutzung, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen;
Calculated Service Life
• rechnerische Nutzungsdauer von Bauteilen nach VDI 2067.
Reference Study Period
• Betrachtungszeitraum; mit dem Auftraggeber vereinbart.
Reference Service Life, RSL
Ferner wird eine Referenz-Nutzungsdauer definiert, d.h. die Nutzungsdauer, die unter einer bestimmten Reihe, d.h. Referenzreihe von Nutzungsbedingungen für ein Bauprodukt zu erwarten ist und die die Grundlage für die Abschätzung der Nutzungsdauer unter anderen Nutzungsbedingungen bilden kann.
DIN EN 15643-1, 3.53
y 1
2
3
3 Arten ausgewiesener technischer/funktionaler Leistungen und Referenz-Nutzungsdauer (RSL) gemäß DIN EN 15804
4 Arten ausgewiesener technischer/funktionaler Leistungen, Reparatur und Inspektion, Wartung, Reinigung während der Referenz-Nutzungsdauer (RSL) gemäß DIN EN 15804 x y 1 2 3 4,5
Referenz-Nutzungsdauer RSL technische und funktionale Qualität Ausgangsqualität Durchschnittsqualität Minimale Qualität Inspektion, Wartung, Reinigung/Reparatur
x
y
1
4
5
2 3
x
3 Ökonomie
Alterung ist der Verlust oder die Minderung von Eigenschaften (Tragfähigkeit, Dichtheit, Transparenz, Elastizität, etc.) durch physikalische, chemische und biologische Einflüsse, wie mechanische Wirkungen, Schwingungen, Licht, mikrobiologische Vorgänge etc. sowie auch (Natur-) Katastrophen oder Unfälle.4 Die Alterung von Bauprodukten wird rechnerisch anhand verschiedener Methoden erfasst, beispielsweise durch Wertverlustkurven ( 3, 4). Sie bilden unterschiedliche Alterungsverläufe in Abhängigkeit von Abnutzung, Qualität, Alter, Exposition und Wartung ab.5 Dauerhaftigkeit ist demgegenüber die Fähigkeit: die geforderte technische Qualität über die Nutzungsdauer beizubehalten, die einer bestimmten Instandhaltung unter dem Einfluss vorhersehbarer Vorgänge unterliegt.
Von der Alterung zu unterscheiden ist die Obsoleszenz. Wie die Alterung auch, bewirkt diese einen Wertverlust, jedoch aus anderen Gründen; diese können folgender Art sein: 6 • funktional: das Bauteil kann die in zugewiesene Funktion nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen; • physisch: aufgrund mangelnden Unterhalts; • technisch: das Bauteil entspricht nicht mehr aktuellen Standards; • legal: das Bauteil entspricht nicht mehr aktuellen Vorschriften; • ökonomisch: der Ertragswert des Gebäudes entspricht nicht mehr der Entwicklung der Bodenpreise; • formal: das Produkt wird als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Demnach kann ein Produkt infolge Obsoleszenz viel früher erneuert werden, als es aufgrund der Alterung erforderlich wäre.
125
Alterung
2.1
DIN EN 15643-1, 3.18
Obsoleszenz
2.2
126
Der Lebenszyklus ist die komplette Abfolge von Phasen, die ein bestimmtes Produktsystem durchläuft, beginnend mit der Konzeption und endend mit der Entsorgung. Im Wesentlichen werden vier Hauptphasen des Lebenszyklus unterschieden: Neubau, Nutzung, Erneuerung, Rückbau ( 5).
Lebenszyklus DIN EN 13306, 4.13
3.1
Neubau
3.2
Nutzung
Phase 1 Neubau. Ziel des Neubaus ist es, ein funktionsgemäßes Bauwerk zu errichten, wobei Ressourcenverbrauch und Beeinflussung der Umwelt inkaufgenommen werden. Der Herstellung vorgeschaltet ist eine Konzeptions- und Planungsphase, bei der die zukünftigen Auswirkungen der Baumaßnahme im Voraus möglichst zutreffend vorauszusehen sind. Bereits durch sachgemäße Planung lässt sich großer Einfluss auf die Ressourceneffizienz und Umweltverträglichkeit des Bauvorhabens ausüben. Durch Planungsentscheidungen werden entscheidende Weichen gestellt, welche die späteren Lebenszyklusphasen maßgeblich mitbestimmen. Phase 2 Nutzung: Bestimmungsgemäße und den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechende Verwendung einer Einheit, wobei unter Abbau des Abnutzungsvorrats Sach- und/oder Dienstleistungen entstehen.
DIN 31051, 4.3.5
Dies ist vornehmlich die Funktion, die das jeweilige Bauteil zu erfüllen hat. Als Betrieb wird die Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements, mit Ausnahme der Instandhaltungsmaßnahmen bezeichnet, die diese Funktionserfüllung erlauben. Ein Ausfall findet statt, wenn eine Einheit die Fähigkeit verliert, eine notwendige Funktion zu erfüllen. Der Ausfall ist abnutzungsbedingt, wenn:
DIN 31051, 4.5.7
dessen Auftrittswahrscheinlichkeit mit der Betriebszeit oder mit der Anzahl der Betriebseinsätze der Einheit und den damit verbundenen Beanspruchungen zunimmt.
DIN EN 13306, 5.4
Er ist hingegen alterungsbedingt, wenn dessen: Auftrittswahrscheinlichkeit mit dem Verlauf der Zeit zunimmt.
Moderniesierungsphase
Instandhaltung
Umbau
Instandhalten
Betreiben
Instandsetzen
Betreiben
Bewirtschaften/
Modernisieren
Bewirtschaften/
Verwalten
Verwalten
Nutzen
Nutzen
Rohstoffgewinnung/Herstellung/Transport
5 Vereinfachte Darstellung des Lebenszyklus
7
Nutzungsphase
Nutzungsphase
Verwertung/ Entsorgung
Nutzungsphase
Rückbau
Inbetriebnahme
Bauphase
Errichtung
Planung
Projektentwicklung
Bauphase
Rücksprache
DIN EN 13306, 5.5
ggf. weitere Modernirungs- und Nutzungsphasen
3.
III Nachhaltigkeit
3 Ökonomie
127
Ein Abbau findet statt bei schädlicher: Änderung des physikalischen Zustands, aufgrund des Zeitfaktors, der Nutzung oder externer Ursachen.
DIN EN 13306, 5.6
Als Instandhaltung versteht man die:
Instandhaltung
Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements während des Lebenszyklus einer Einheit, die dem Erhalt oder der Wiederherstellung ihres funktionsfähigen Zustands dient, sodass sie die geforderte Funktion erfüllen kann.
DIN 31051, 4.1.1
Als Grundmaßnahmen der Instandhaltung gelten nach Norm ( 6):
DIN 31051, 4.1
• Wartung: Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrats; • Inspektion: Inspektion umfasst Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes einer Einheit, einschließlich der Bestimmung der Ursachen der Abnutzung und dem Ableiten der notwendigen Konsequenzen für eine künftige Nutzung; • Instandsetzung: Instandsetzung ist eine physische Maßnahme, die ausgeführt wird, um die Funktion einer fehlerhaften Einheit wiederherzustellen; • Verbesserung: Unter Verbesserung versteht man die Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements zur Steigerung der Zuverlässigkeit und/oder Instandhaltbarkeit und/oder Sicherheit einer Einheit, ohne ihre ursprüngliche Funktion zu ändern. Folgende Begriffe sind im Zusammenhang mit der Instandhaltung relevant: • Revision ist die: umfassende Anzahl von präventiven Instandhaltungsmaßnahmen zur Erhaltung des geforderten Grads der Funktion einer Einheit.
DIN EN 13306, 8.6
• Grundüberholung: Maßnahme nach der Zerlegung einer Einheit und der Reparatur oder dem Ersatz der Teil-Einheiten, die sich dem Ende der Nutzungsdauer nähern und/oder regelmäßig ausgetauscht werden sollten.
• Instandhaltungsfreundlichkeit: Fähigkeit einer Komponente, eines zusammengesetzten Bauteils (Bauwerksteils) oder eines Bauwerks, einen Zustand zu wahren,
DIN EN 13306, 8.14
3.2.1
128
III Nachhaltigkeit
DIN EN 15643-1, 3.40
in dem ihre/seine Funktionsanforderungen erfüllt werden können oder, beim Auftreten von Fehlern, in einen solchen Zustand zurückversetzt werden zu können.
• Abnutzungsvorrat:
DIN 31051, 4.3.4
3.3
Erneuerung
Vorrat der möglichen Funktionserfüllungen unter festgelegten Bedingungen, der einer Einheit aufgrund der Herstellung, Instandsetzung oder Verbesserung innewohnt. ( 8)
Phase 3 Erneuerung: DIN EN 15643-1, 3.55
Änderungen und Verbesserungen an einem bestehenden Gebäude mit dem Ziel, es in einen annehmbaren Zustand zu versetzen.
Das Hauptziel der Erneuerung ist eine Werterhaltung, bzw. eine Wertsteigerung sofern beabsichtigt ist, die Bausubstanz laufend an die sich kontinuierlich steigernden Ansprüche anzupassen. Im Laufe des Lebenszyklus eines Gebäudes treten mehrere aufeinanderfolgende Zyklen der Erneuerung und Nutzung auf ( 20b). 3.4
Rückbau End of Life
Phase 4 Rückbau: Beim Rückbau am Ende der Nutzungsphase einer Baustruktur verfährt man nach folgender Zielhierarchie: 8 • Weiterverwendung auf Elementstufe (z.B. Doppelboden); • Weiterverwendung auf Komponentenstufe (z.B. Parkett); • Baustoffrecycling auf möglichst hoher Stufe, Minimierung von Downcycling; • thermische Verwertung; • Deponie.
Instandhaltung (4.1.1)
6 Grundmaßnahmen der Instandhaltung gemäß DIN 31051, 3.
Wartung (4.1.2)
Inspektion (4.1.3)
Instandsetzung (4.1.4)
Verbesserung (4.1.5)
Instandhaltung
Präventive Instandhaltung
Zustandsorientierte Instandhaltung
Vorausbestimmte Instandhaltung
Geplant, auf Anforderung oder kontinuierlich
Geplant
Korrektive Instandhaltung
7 Instandhaltung – Gesamtübersicht gemäß DIN EN 13306, Anhang A Aufgeschoben
Unmittelbar
3 Ökonomie
129
Folgende Begriffe sind im Zusammenhang des Rückbaus relevant: • Wiederverwendung: Prozess, durch den Produkte oder Komponenten, die kein Abfall sind, mit dem gleichen Zweck, für den sie hergestellt wurden, erneut genutzt oder für andere Zwecke ohne Wiederaufbereitung verwendet werden.
DIN EN 15643-1, 3.59
• Rückgewinnung: Behandlung von Abfall, die den Zweck hat, andere Ressourcen zu ersetzen oder Abfall für diesen Zweck aufzubereiten.
DIN EN 15643-1, 3.50
• Recycling: Prozess der Rückgewinnung, durch den Abfallstoffe zu Produkten, Werkstoffen oder Stoffen wiederaufbereitet werden, die entweder ihrem ursprünglichen Zweck oder anderen Zwecken dienen.
DIN EN 15643-1, 3.51
Unterschieden wird zwischen: •• dem Recycling organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden;
einschließlich Kompostierung und weiterer biologischer Umwandlungsprozesse
•• dem Recycling von Metallen und Metallverbindungen und •• dem Recycling weiterer anorganischer Werkstoffe
Abnutzungsvorrat
Das Recyclingpotenzial eines Bauprodukts ist gleichbedeutend mit dem Einsparpotenzial an Primäraufwand bei einer künftigen Sekundärproduktion, d.h. bei einer Produktion, bei der ein gewisser Anteil an Recyclingmaterial bzw. Sekundärstoff eingesetzt wird. Sekundärstoff ist ein:
Ausgangszustand nach Herstellung
Ausgangszustand nach Instandsetzung oder Schwachstellenbeseitigung
Abnutzungsgrenze
0 Anmerkung
Die Abbaukurve des Abnutzungsvorrates ist nur ein Beispiel der möglichen Verläufe
Zeit Ausfall
8 Abbau des Abnutzungsvorrats und seine Erstellung durch Instandsetzung oder Verbesserung gemäß DIN 31051, 4.3.2
130
III Nachhaltigkeit
Werkstoff, der aus einer früheren Nutzung oder aus Abfall rückgewonnen wird und einen Primärstoff ersetzt.
DIN EN 15643-1, 3.61
Im Lebenszyklus werden somit Herstellung und Recyclingpotenzial gemeinsam angesetzt und gegeneinander aufgerechnet. Letzteres darf allerdings nicht mehrfach in die Rechnung eingehen. D.h., dass ein Produkt, das vollständig aus Sekundärmaterial, also rezykliertem Material besteht, kein weiteres anrechenbares Recyclingpotenzial mehr aufweist. Eine detailliertere Betrachtung des Recyclings unter Berücksichtigung baubezogener Aspekte findet sich an anderer Stelle.
Kap. III-6 Recycling, S. 160
• Downcycling: beim Downcycling findet zwar ebenfalls eine Rückgewinnung statt, jedoch auf einem niedrigeren Qualitätsniveau. Ein Beispiel für Downcycling ist die Verwendung von zerkleinertem Konstruktionsbeton als Füllmaterial bei Erdarbeiten; • Abfall: Stoff oder Gegenstand, von dem sich der Besitzer entledigt, oder beabsichtigt oder gesetzlich gezwungen ist, sich zu entledigen,
DIN EN 15643-1, 3.75
und dessen Beseitigung aus Gründen des Allgemeinwohls und des Umweltschutzes notwendig ist. Die Wirkungen aus der Abfallbehandlung, d.h. die daraus entstehenden Emissionen, sind in die Sachbilanz mit einzubeziehen und bleiben somit innerhalb der Systemgrenzen.
Information zu Gebäudebewertung
Ergänzende Informationen ausßerhalb des Lebenszyklus
Lebenszyklusbezogene Gebäudeinformation
Phase vor der Nutzung
Nutzungsphase
Phase nach der Nutzung
B5
Instandsetzung
Austausch
Modernisierung
B6
Energieverbrauch im Betrieb
B7
Wasserverbrauch im Betrieb
Entsorgung
A5
B4
Aufarbeitung von Abfall für die Wiederverwendung, Rückgewinnung und/oder Recycling
A4
B3
Transport
A1-3
B2
Rückbau
A0
B1
Instandhaltung
D Vorteile und Belastungen außerhalb der Systemgrenzen
Nutzung
C1-4 Entsorgungsphase
Bau-/ Einbauphase
B1-7 Nutzungsphase
Transport
A4-5 Errichtungsphase
Rohstoffgewinnung Transport Herstellung
A1-3 Herstellungsphase
Grundstück und damit verbundene Gebühren/ Beratung
A0 Planungsphase
C1
C2
C3
C4
Möglichkeiten zu Wiederverwendung, Rückgewinnung, Recycling
9 Informationsmodule, die für die Bewertung der ökonomischen Qualität eines Gebäudes angewendet werden, gemäß DIN EN 15643-4
3 Ökonomie
Zur Berechnung der Lebenszykluskosten über die festgelegte Lebensdauer sind folgende, für Baukonstruktionen relevante, ökonomische Aspekte und Auswirkungen zu berücksichtigen ( 9): 9
131
Lebenszykluskostenrechnung (LifeCycle Costing, LCC; Life-Cycle Cost Analysis, LCCA) DIN EN 15643-4, 5.4.2
• ökonomische Aspekte und Auswirkungen in der Phase vor der Nutzung (Module A0 und A1 – A5); •• Kosten für ab Werk gelieferte einsatzbereite Bauprodukte; •• zwischen Werk und Baustelle anfallende Kosten; •• vorbereitende Arbeiten und temporäre Baustelleneinrichtung: Maßnahmen zur Räumung und Vorbereitung der Baustelle für die Bautätigkeit und Bereitstellung der Infrastruktur und von Versorgungsleitungen (Gas, Strom und Wasser) auf dem Grundstück; •• Errichtung des Gebäudes — alle mit der Beschaffung und dem Bau verbundenen Aspekte des Gebäudes, einschließlich direkt angegliederter Parkplätze unmittelbar auf der Baustelle; •• Erstausstattung des Gebäudes — Ausstattung oder Umbau neuer Gebäude; •• ggf. Zuschüsse und finanzielle Anreize; • ökonomische Aspekte und Auswirkungen ausgenommen das Gebäude im Betrieb während der Nutzungsphase (Module B1 – B5); •• Reparaturen und Austausch kleinerer Komponenten/ kleiner Bereiche; •• Austausch oder Erneuerung größerer Systeme und Komponenten; •• Anpassung oder nachträgliche Ausstattung des Gebäudes – Ausstattung oder Änderung bestehender Gebäude; •• Reinigung; •• Pflege der Anlagen; •• Renovierung; •• geplante Bearbeitung oder geplante Erneuerung des genutzten Vermögensgegenstandes;
4.
132
III Nachhaltigkeit
• ökonomische Aspekte und Auswirkungen während des Gebäudebetriebs (Module B6 – B7); •• Energiekosten während des Gebäudebetriebs; •• mit der Wassernutzung verbundene Kosten; •• Steuern; •• Zuschüsse und finanzielle Anreize; • ökonomische Aspekte und Auswirkungen während der Entsorgungsphase (Module C1 – C4 und D); •• Rückbau/Abbau, Abriss; •• alle mit dem Rückbauprozess und der Entsorgung des gebauten Vermögensgegenstandes zusammenhängenden Transportkosten; •• Gebühren und Steuern; •• Kosten und/oder Einnahmen durch Wiederverwendung, Recycling und Energierückgewinnung in der Entsorgungsphase. 4.1
Erstellungskosten sowie Kosten für Rückbau und Entsorgung DIN 276-1
4.2
Nutzungskosten
Die Erstellungs- und Rückbaukosten werden anhand der Norm erfasst ( 10). Die für unseren Kontext relevante Kostengruppe in dieser Norm ist Kostengrupppe 300 für Baukonstruktion sowie indirekt auch Kostengruppe 400 für technische Anlagen, die in bestimmten Zusammenhängen von der Baukonstruktion beeinflusst werden, so etwa wenn Installationen in einem Deckenpaket integriert sind ( 10). Folgende auf Baukonstruktionen bezogene Kostengruppen sind gemäß Norm für die Nutzungsphase zu berücksichtigen:
DIN 18960, 5.2
300 Betriebskosten; 310 Versorgung; 320 Entsorgung; 330 Reinigung und Pflege von Gebäuden ( 11); 350 Bedienung, Inspektion und Wartung; 400 Instandsetzungskosten; 410 Instandsetzung der Baukonstruktionen; 420 Instandsetzung der Technischen Anlagen.
3 Ökonomie
133
300 Bauwerk — Baukonstruktionen
400 Bauwerk — Technische Anlagen
310 Baugrube
410 Abwasser-, Wasser-, Gas- anlagen
311
Baugrubenherstellung
411
Abwasseranlagen
312
Baugrubenumschließung
412
Wasseranlagen
313
Wasserhaltung
413
Gasanlagen
319
Baugrube, Sonstiges
419
Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen, Sonstiges
320 Gründung
420 Wärmeversorgungsanlagen
321
Baugrundverbesserung
421
Wärmeerzeugungsanlagen
322
Flachgründungen
422
Wärmeverteilnetze
323
Tiefgründungen
423
Raumheizflächen
324
Unterböden und Bodenplatten
429
Wärmeversorgungsanlagen, Sonstiges
325
Bodenbeläge
326
Bauwerksabdichtungen
431
Lüftungsanlagen
327
Dränagen
432
Teilklimaanlagen
329
Gründung, Sonstiges
433
Klimaanlagen
434
Kälteanlagen
439
Lufttechnische Anlagen, Sonstiges
330 Außenwände
430 Lufttechnische Anlagen
331
Tragende Außenwände
332
Nichttragende Außenwände
333
Außenstützen
441
Hoch- und Mittelspannungsanlagen
334
Außentüren und -fenster
442
Eigenstromversorgungsanlagen
335
Außenwandbekleidungen, außen
443
Niederspannungsschaltanlagen
336
Außenwandbekleidungen, innen
444
Niederspannungsinstallationsanlagen
337
Elementierte Außenwände
445
Beleuchtungsanlagen
338
Sonnenschutz
446
Blitzschutz- und Erdungsanlagen
339
Außenwände, Sonstiges
449
Starkstromanlagen, Sonstiges
340 Innenwände
440 Starkstromanlagen
450 Fernmelde- und informationstechnische Anlagen
341
Tragende Innenwände
451
Telekommunikationsanlagen
342
Nichttragende Innenwände
452
Such- und Signalanlagen
343
Innenstützen
453
Zeitdienstanlagen
344
Innentüren und -fenster
454
Elektroakustische Anlagen
345
Innenwandbekleidungen
455
Fernseh- und Antennenanlagen
346
Elementierte Innenwände
456
Gefahrenmelde- und Alarmanlagen
349
Innenwände, Sonstiges
457
Übertragungsnetze
459
Fernmelde- und informationstechnische Anlagen,
350 Decken 351
Deckenkonstruktionen
352
Deckenbeläge
353
Deckenbekleidungen
461
Aufzugsanlagen
359
Decken, Sonstiges
462
Fahrtreppen, Fahrsteige
463
Befahranlagen
360 Dächer
Sonstiges 460 Förderanlagen
361
Dachkonstruktionen
464
Transportanlagen
362
Dachfenster, Dachöffnungen
465
Krananlagen
363
Dachbeläge
469
Förderanlagen, Sonstiges
364
Dachbekleidungen
369
Dächer, Sonstiges
370 Baukonstruktive Einbauten
470 Nutzungsspezifische Anlagen 471
Küchentechnische Anlagen
472
Wäscherei- und Reinigungsanlagen
371
Allgemeine Einbauten
473
Medienversorgungsanlagen
372
Besondere Einbauten
474
Medizin- und labortechnische Anlagen
379
Baukonstruktive Einbauten, Sonstiges
475
Feuerlöschanlagen
476
Badetechnische Anlagen
390 Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen 391
Baustelleneinrichtung
477
Prozesswärme-, kälte- und -luftanlagen
392
Gerüste
478
Entsorgungsanlagen
393
Sicherungsmaßnahmen
479
Nutzungsspezifische Anlagen, Sonstiges
394
Abbruchmaßnahmen
395
Instandsetzungen
481
Automationssysteme
396
Materialentsorgung
482
Schaltschränke
397
Zusätzliche Maßnahmen
483
Management- und Bedieneinrichtungen
398
Provisorische Baukonstruktionen
484
Raumautomationssysteme
399
Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen,
485
Übertragungsnetze
Sonstiges
489
Gebäudeautomation, Sonstiges
480 Gebäudeautomation
490 Sonstige Maßnahmen für technische Anlagen
10 Kostengruppen 300 Baukonstruktionen und 400 Technische Anlagen gemäß DIN 276-1 als Übersicht über konstruktionsrelevante Kostenfaktoren
491
Baustelleneinrichtung
492
Gerüste
493
Sicherungsmaßnahmen
494
Abbruchmaßnahmen
495
Instandsetzungen
496
Materialentsorgung
497
Zusätzliche Maßnahmen
498
Provisorische technische Anlagen
499
Sonstige Maßnahmen für technische Anlagen, Sonstiges
134
Bauunterhaltskosten
Standard
Nadelvlies „Gewerblich stark“ (EN 1470) Staub-/ Bürstsaugen Tufting „Gewerblich normal“ (EN 1307) Detachur KombinaionsTufting „Gewerblich stark“ (EN 1307) verfahren
Äq. Ziffer
hoch
mittel
gering
1,00
8,931)
4,981)
2,571)
1,00
8,78
4,83
2,42
1,00
8,78
4,83
2,42
*) Alle Preisangaben ohne gesetzliche Mehrwertsteuer.
Bodenbelag
Standard
Äq. Ziffer
herkömmlich Linoleum
Art des Bodenbelags
Reinigungsqualität - Kosten [€/m2]*
Textile Beläge
Bodenbelag
Unter diesem Begriff versteht man die nach Ablauf der technischen Lebensdauer anfallenden Kosten für Material und Arbeitsleistung zum Austausch des abgenutzten Produkts, beispielsweise eines Fußbodens, für den exemplarische Kosten genannt sind ( 12). In den Bauunterhaltskosten sind Kosten der Entsorgung sowie der Vorbereitung des Untergrunds für den neuen Fußboden enthalten.10
hoch
mittel
gering
12,19
6,80
19,51
10,83
5,34
Linoleum, PUR-vergütet, sanierbar
1,00
PVC, heterogen
1,00
Tufting „Klasse 32,Gewerblich normal“ (EN 1307)
31
Tufting „Klasse 33, Gewerblich stark“ (EN 1307)
39
18,68
10,19
4,80
PVC, heterogen
1,00 modern
32
Linoleum, PUR-vergütet, sanierbar 1)
20,68
21,50
11,58
5,35
20,68
12,19
6,80
19,51
10,83
5,34
1,00
18,68
10,19
4,80
PVC, PUR-vergütet, nicht sanierbar
1,00
19,14
10,46
4,97
Elastomer (glatt)
1,00
21,50
11,58
5,35
Elastomer (strukturiert)
1,15
24,73
13,32
Polyurethanbelag
1,00
19,14
Laminat
1,00
Parkett (versiegelt)
Bauunterhaltskosten [€/m2]*
Nadelvlies „Klasse 33,Gewerblich stark“ (EN 1470)
Linoleum
Reinigungsqualität - Kosten [€/m2]*
PVC, homogen PVC, PUR-vergütet, sanierbar 1) Nichttextile Bodenbeläge
4.3
III Nachhaltigkeit
33 34 10 / 3,50 4) 40 32 35 10 / 3,50 2)
PVC, PUR-vergütet, nicht sanierbar 1)
35
Elastomer/Gummi (glatt)
37
Polyurethan (PUR)-Belag
42
Laminat
56
Parkett (versiegelt) 3)
15
6,15
Naturwerkstein (Marmor, poliert) 4)
8
10,46
4,97
Naturwerkstein (geschliffen) 5)
0
19,14
10,46
4,97
Naturwerkstein (bruchrau) 5)
0
1,00
19,14
10,46
4,97
Betonwerkstein (poliert) 4)
8
Parkett (ölimprägniert)
1,00
19,14
10,46
4,97
Betonwerkstein (geschliffen, strukturiert) 5)
0
Naturwerkstein (Marmor, poliert)
1,00
18,68
10,19
4,80
Keramikfliesen 5)
0
Naturwerkstein (geschliffen)
1,00
18,68
10,19
4,80
Naturwerkstein (bruchrau)
1,15
21,48
11,72
5,52
Betonwerkstein (poliert)
1,00
18,68
10,19
4,80
Betonwerkstein (geschliffen)
1,00
18,68
10,19
4,80
Keramikfliesen (ohne Oberflächenstruktur, glasiert)
1,00
18,68
10,19
4,80
PVC, homogen herkömmlich (ohne werkseitige Oberflächenvergütung modern
1,00
PVC, PUR-vergütet, sanierbar
1
)
2
)
3
) ) )
4 5
Feinsteinzeugfliesen (mikroporös, poliert)
1,30
24,28
13,25
6,24
*)
Einige PUR-Vergütungen lassen sich aufgrund der Oberflächenstrukturierung des Belags oder des mangelnden Haftvermögens auf der PUR-Schicht nicht durch Auftrag eines Lacksiegels sanieren. Auf diesen Oberflächen haften auch keine Polymerdisperionen. Sanierung durch vollflächiges Anschleifen und vollflächigen Auftrag einer Polyurethanversiegelung nach 5 Jahren (10€/m2); alle weiteren 5 jahre erfolgt eine partielle Sanierung (3,50€/m2) Abschleifen und Behandeln der Oberflächen (versiegeln, ölimprägnieren). Schleifen und Polieren unter Zuhilfenahme von Diamant-Pads. Benötigen in der Regel während der technischen Lebensdauer von 50 Jahren keine Sanierung. Alle Preisangaben ohne gesetzliche Mehrwertsteuer
*) Alle Preisangaben ohne gesetzliche Mehrwertsteuer. 1 ) Aufwändigere Detachur, demzufolge + 0.15 €/m2
11 Reinigungskosten von Bodenbelägen in Abhängigkeit der Reinigungsqualität, gemäß FIGR.11
12 Bauunterhaltskosten von Fußbodenbelägen gemäß FIGR, Stand 2010.12
3 Ökonomie
1
2
3 4 5 6 7 8 9
10 11 12
König H, Kohler N, Kreißig J, Lützkendorf T (2009) Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung – Grundlagen, Berechnung, Planungswerkzeuge. Detail Green Books, S. 59 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) (Hg) (2014) Leitfaden Nachhaltiges Bauen, S. 29 König et al (2009) S. 37 Ebda S. 32 Ebda S. 34 Ebda S. 32 BMUB (2014), S. 24 Ebda S. 32 Einige der folgenden Kostenfaktoren sind nicht ausschließlich auf Fußböden bezogen, sondern gehen bei diesen anteilig in die Kostenrechnung ein. Lutz, Martin (2010) Lebenszykluskosten von Fußbodenbelägen, FIGR-Bericht Nr. 2, S. 7 Ebda S. 19 Ebda S. 8
DIN 276: Kosten im Bauwesen Teil 1: 2008-12 Hochbau DIN 18960: 2008-02 Nutzungskosten im Hochbau DIN 31051: 2012-09 Grundlagen der Instandhaltung DIN EN 13306: 2018-02 Instandhaltung – Begriffe der Instandhaltung DIN EN 15643: Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden Teil 1: 2010-12 Allgemeine Rahmenbedingungen Teil 4: 2012-04 Rahmenbedingungen für die Bewertung der ökonomischen Qualität DIN EN 15804: 2014-07 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte
135
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
I
I
KONSTRUIEREN
KONSTRUIEREN
II STRUKTUR II-1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG STRUKTUR II-2II INDUSTRIELLES BAUEN II-3 MASSORDNUNG II - 1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG II 2 INDUSTRIELLES BAUEN III NACHHALTIGKEIT 3 MASSORDNUNG III-1II -KONTEXT
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Betrachtung der soziokulturellen Auswirkungen ......138 Zugänglichkeit ...........................................................138 Anpassungsfähigkeit .................................................138 Gesundheit und Behaglichkeit ..................................138 Belastungen für die benachbarten Bereiche ............140 Instandhaltung ..........................................................140 Sicherheit/Schutz ......................................................141 Beschaffung von Materialien und Dienstleistungen 142 Einbeziehung der Beteiligten (Stakeholder Involvement) .............................................................142 Normen und Richtlinien .................................................143
III-2 ÖKOLOGIE III-3 ÖKONOMIE III-4IIISOZIALES STOFFE III-5 ÖKOBILANZ -1 MATERIE III-6III RECYCLING III - 2 WERKSTOFF -3 STEIN IV III STOFFE -4 BETON IV-1III MATERIE -5 HOLZ IV-2III WERKSTOFF -6 STAHL IV-3III STEIN -7 BEWEHRTER BETON IV-4III BETON -8 KUNSTSTOFF IV-5III HOLZ -9 GLAS IV-6III STAHL IV-7 BEWEHRTER BETON IV-8 GLAS IV-9 KUNSTSTOFF
IV
BAUPRODUKTE
V IV BAUPRODUKTE -1 KÜNSTLICHE STEINE V-1 IV KÜNSTLICHE STEINE -2 HOLZPRODUKTE V-2IV HOLZPRODUKTE -3 STAHLPRODUKTE V-3IV STAHLPRODUKTE -4 GLASPRODUKTE V-4IV GLASPRODUKTE -5 KUNSTSTOFFPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI FUNKTIONEN FUNKTIONEN VI-1V SPEKTRUM VI-2 KRAFTLEITEN 1 SPEKTRUM VI-3V -THERMOHYGRIK 2 KRAFT LEITEN VI-4V -SCHALLSCHUTZ V 3 THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN VI-5 BRANDSCHUTZ V 4 SCHALLSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT V-5 BRANDSCHUTZ V 6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_8
138
1.
III Nachhaltigkeit
Betrachtung der soziokulturellen Auswirkungen
DIN EN 157643-1, 3.65
Kap. IV-3, Abschn. 3 Materialgerechtigkeit, S. 242 DIN EN 15643-3, 1. und DIN EN 16309, 7.
2.
Zugänglichkeit
Als soziale bzw. soziokulturelle Auswirkungen eines Produktsystems, in diesem Fall Baukonstruktionen von Gebäuden, wird eine „gesellschaftliche Veränderung oder Veränderung der Lebensqualität“ betrachtet, gleichgültig ob schädlich oder vorteilhaft, „die ganz oder teilweise durch soziale Aspekte verursacht wird“. In raumumschließenden Flächen in oder an Gebäuden verarbeitet oder umgesetzt, sowohl innen wie auch außen, haben Werkstoffe und Baukonstruktionen einen merkbaren Einfluss auf die visuelle, akustische und haptische Wahrnehmung des Nutzers, auf seine thermische Behaglichkeit, auf seine Orientierung im Raum sowie auf seine Sicherheit und Gesundheit. Ferner kann die Wahl eines bestimmten Werkstoffs, einer bestimmten Konstruktions- oder Ausführungsart die Anpassung des Gebäudes auf eine veränderte Nutzung begünstigen oder stattdessen behindern. Notwendige Erneuerungs- oder wartungsarbeiten an Baukonstruktionen können den Benutzer stören und beeinträchtigen oder weitgehend ohne Belästigung vonstatten gehen. Wesentliche Faktoren, die einen Einfluss auf die soziokulturelle Qualität von Konstruktionen ausüben bzw. auf deren ästhetisch-emotionale Wahrnehmung und symbolische Belegung durch den Benutzer oder Betrachter, wurden oben bereits ausführlich behandelt. Im Einzelnen sind folgende Parameter relevant für soziale Nachhaltigkeitsaspekte von Baukonstruktionen in Innenräumen ( 29): Problemloser Zugang zu Räumen/Räumlichkeiten, sofern beeinflusst durch Werkstoffoberflächen. • Barrierefreiheit (Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen): Bewegung innerhalb des Gebäudes; • Zugang zu haustechnischen Anlagen bzw. Gebäudedienstleistungen.
3.
Anpassungsfähigkeit
Eigenschaft des Bewertungsgegenstandes oder von Teilen davon, Änderungen zuzulassen, um eine andere Nutzung zu ermöglichen. Dies umfasst beispielsweise: • die Fähigkeit, einzelne Nutzeranforderungen zu berücksichtigen; • die Fähigkeit, Änderungen der Nutzeranforderungen zu berücksichtigen; • die Fähigkeit, technische Änderungen zu berücksichtigen; • die Fähigkeit, Änderungen der Nutzung zu berücksichtigen.
4.
Gesundheit und Behaglichkeit
Folgende Faktoren spielen hierbei eine Rolle: • akustische Eigenschaften;
4 Soziales
•• Schalldämmung gegen Tritt- und Luftschall aus dem Inneren eines Gebäudes oder von einem angrenzenden Gebäude; •• Raumakustik: •• Schallabsorption in geschlossenen Räumen; zu ermitteln nach EN 12354-6; •• Nachhallzeit; zu ermitteln nach EN 12354-6 oder EN ISO 3382-2; •• Raumakustikparameter von Großraumbüros; zu ermitteln nach EN ISO 3382-3; •• für Luft- und Trittschallmaßnahmen, soweit relevant und in der lokalen Situation verwendet, sollte eine einzahlige Bewertungsangabe der Schalldämmung für die Bewertung verwendet werden: Luftschall, nach DIN EN ISO 7171-1; Trittschall, nach DIN EN ISO 717-2; • Qualität der Innenraumluft •• Bewertung der angegebenen Emissionen von Stoffen in verwendeten Baustoffen und falls sie relevant für die Qualität der Innenraumluft nach CEN/TS 16516 sind; •• die Bewertung der Gefahr einer Schimmelbildung auf Grundlage der inneren Oberflächentemperaturen und der relativen Luftfeuchte (nach DIN EN ISO 13788); •• durch Radonstrahlung [Bq/m3]; • visuelle Behaglichkeit; •• Kunstlicht (Lichtniveau nach DIN EN 12464-1, 6.), Reflexionseinfluss der Oberfläche des Werkstoffs: Beleuchtungsstärke [lx]; vereinheitlichtes Blendungsbewertungsverfahren (en: Unified Glare Rating – UGR); Farbwiedergabeindex (Colour Rendering Index – RA). Tageslicht (Reflexionseinfluss der Werkstoffoberfläche): Tageslichtfaktor [%];
139
140
III Nachhaltigkeit
Blendung durch den Bewertungsgegenstand; • elektromagnetische Eigenschaften, Freiheit von elektrostatischen Entladungen; • räumliche Eigenschaften; •• Einfluss der Beschaffenheit, grafischen Gestaltung und Farbe der Werkstoffoberfläche auf die visuelle Raumwirkung; • wärmetechnisches Verhalten; •• bausubstanzbezogen: operative Temperatur (°C oder K) (Strahlungstemperatur von Oberflächen, Lufttemperatur und ihre Verteilung); Luftfeuchte (% oder g/kg); (z.B. Einfluss der Sorptionsfähigkeit von Werkstoffoberflächen); Anpassung an die Art der Tätigkeiten im Raum; Anpassung an das Nutzerverhalten (z.B. Aktivitäten, Kleidung); •• nutzer- und steuerungsbezogen: Umgebungstemperatur kann auf Gebäudeebene gesteuert werden [ja/nein] (z.B. bei Fußbodenheizung); Umgebungstemperatur kann in Einzelräumen gesteuert werden (wenn ja: manuell oder automatisch) [ja/ nein]; (z.B. bei Fußbodenheizung). 5.
Belastungen für die benachbarten Bereiche
Die folgenden Faktoren spielen eine Rolle: • Lärm (z.B. bei schallharten Werkstoffoberflächen); • Emissionen an die Außenluft.
6.
Instandhaltung
Bewertung der Folgen der zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gebäudes oder zur Wiederherstellung der technischen Qualität erforderlichen Instandhaltungsaktivitäten für die Nutzer und die Nachbarschaft. • Instandhaltungsarbeiten (einschließlich Aspekten von Gesundheit und Behaglichkeit für die Nutzer von Gebäuden und der Belastungen für die Nachbarschaft);
4 Soziales
141
•• Häufigkeit und Dauer von regelmäßiger Inspektion/ Wartung/Reinigung, Instandsetzung, Austausch/ Ersatz und/oder Verbesserung/Modernisierung; •• Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden der Nutzer während der Instandhaltung; (z.B. Auswirkungen auf Luftqualität, Lärm, Ausmaß und Dauer); •• Sicherheit der Nutzer während der Inspektion/Wartung/Reinigung/Instandsetzung; •• Nutzbarkeit des Gebäudes während die Inspektions-/ Wartungs-/Reinigungs- und Instandsetzungsaufgaben ausgeführt werden (z.B. als Verhältnis der erwarteten Instandhaltungs- und Reinigungsdauer, die Unterbrechung verursacht, zu Tagen mit normaler Nutzung). Die folgenden Faktoren spielen eine Rolle: • Beständigkeit gegen klimatische Veränderungen: •• Beständigkeit gegen Sonnenstrahlung (exponierte Werkstoffoberflächen: thermische Speichermasse (für Innenräume), UV-Beständigkeit, Lichtbeständigkeit); •• Temperaturbeständigkeit; • Widerstandsfähigkeit gegenüber außergewöhnlichen Einwirkungen: •• Erdbeben; •• Explosionen; •• Feuer (Brandschutz, der über die behördlichen Anforderungen hinausgeht; höhere Feuerwiderstandsklassen als gefordert; Verwendung von Materialien und Produkten mit einem besseren Ansprechverhalten bezüglich der Klassifizierung ihres Brandverhaltens (DIN EN 135012, -3 und -4,), als es durch vorhandene Bestimmungen gefordert wird, beurteilt nach DIN EN 13501-1; Nutzung brandschutztechnischer Herangehensweisen, um die konstruktive Ausführung des Gebäudes und die Brandmeldesysteme zu optimieren; •• Chemikalien (z.B. im Forschungs- oder Industriebau);
Sicherheit/Schutz
7.
142
III Nachhaltigkeit
•• Anprall von Fahrzeugen; Bereitstellung physischer Absperrungen zum Schutz von Oberflächen (z.B. in Garagen oder Industriebauten); Verstärkung der Bereiche, die einem möglichen Risiko unterliegen; • persönliche Sicherheit sowie Einbruchsicherung und Schutz gegen Vandalismus; •• gut ausgeleuchtete Gehwege mit freien Sichtverbindungen (z.B. in Fluren); • Schutz vor Unterbrechungen der Versorgung; •• beispielsweise Fußböden: ungehinderte und gefahrlose Bewegung innerhalb des Gebäudes sowie Gebäudeevakuierung im Fall einer Unterbrechung der Stromversorgung; • Werkstoffoberflächen: •• Ermöglichung oder Unterstützung der ungehinderten und gefahrlosen Bewegung innerhalb des Gebäudes sowie Gebäudeevakuierung im Fall einer Unterbrechung der Stromversorgung. 8.
Beschaffung von Materialien und Dienstleistungen
Im Hinblick auf die Baukonstruktion spielt hier insbesondere die verantwortungsvolle Beschaffung und Rückverfolgbarkeit von Produkten und Dienstleistungen eine Rolle.
9.
Einbeziehung der Beteiligten (Stakeholder Involvement)
Ein relevanter Parameter in diesem Kontext ist die Möglichkeit der interessierten Parteien, am Entscheidungsprozess zur Herstellung eines Produktsystems teilzunehmen. Anzuwendende Bewertungsmethoden werden in der Norm geregelt.
DIN EN 16309
4 Soziales
143
Lebenszyklusphasen eines Gebäudes Vor der Nutzung / Herstellungsphase
Auswirkung auf / Beteiligung von
Planung/Entwurf/Inbetriebnahme
Nutzer des Gebäudes (einschließlich Hausmeister usw.)
Nachbarschaft
Gesellschaft
- ganzheitliche Planungsverfahren - Mitwirkung der Nutzer - Einbeziehung der Beteiligten - Mitwirkung der Nachbarschaft - Einbeziehung der Beteiligten Quantität des städtebaulichen Planungsverfahrens (Stakeholder-Dialog usw.)
Herstellung von Bauprodukten und Komponenten
–
Transport (der Produk- te zur Baustelle)
–
- Verkehr, Lärm –
- gesellschaftliche Normen/Arbeitsbedingungen bei der Förderung und Verarbeitung von Rohstoffen - und bei der Herstellung von Produkten - Beschaffung von Materialien - regionale wirtschafltiche Auswirkungen und Auswirkungen auf die Beschäftigung
Nutzung / Betrieb
Bau
Gebäudebezogene Angaben zur Bausubstanz in der Nutzungsphase einschließlich Instandhaltung, Reparatur, Erneuerung und Austausch
–
- Verkehr und Lärm - gesellschaftliche Normen für den Bauablauf (Sicherheit, Schutz der Nachbarschaft
- Verkehr - gesellschaftliche Normen der beteiligten Firmen (CSR (Lärm usw.) entlang der - Normen der sozialen Transportwe- Verantwortung von Unternehmen und ge Berichtswesen - soziale Einrichtungen auf der Baustelle (Toiletten, Küche usw.) - Einbeziehung der Beteiligten
Nach der Nutzung / Ende der Nutzungsphase
Auf die Nutzer und Leittechnik bezogene Angaben für den Betrieb des Gebäudes und seiner Elemente in der Nutzungsphase
Abbau
- Zugänglichkeit - Anpassungsfähigkeit Gesundheit und Behaglichkeit - Instandhaltung - Sicherheit und Schutz
- Gesundheit und Behaglichkeit - Sicherheit und Schutz - Instandhaltung
- Belastungen für die Nachbarschaft
- Belastungen für - gefährliche die Nachbarschaft Stoffe, Unfälle (Absperrungen), Lärm, Staub
- Infrastruktur (öffentliche Verkehrsmittel usw.) - soziale Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit - Einbeziehung der Beteiligten
–
- gefährliche Stoffe, Unfälle, Lärm, Staub
Transport von Abfällen
- Lärm und Verkehr, Staub –
- gefährliche Stoffe, Unfälle, Lärm, Staub in Bezug auf die Bauarbeiter, - Entwurf für eine einfache Demontage
- Lärm und Verkehr, Staub –
- Verkehr - gesundheitliche entlang der Aspekte der Transportwe- Produkte und ge Komponenten; - Entwurf für Wiederverwertung oder Recyclingfähigkeit
1 Soziale Aspekte der Phasen des Lebenszyklus von Bauwerken gemäß DIN EN 15643-3
DIN EN 15643: Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden Teil 1: 2010-12 Allgemeine Rahmenbedingungen Teil 4: 2012-04 Rahmenbedingungen für die Bewertung der ökonomischen Qualität DIN EN 16309: 2014-12 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der sozialen Qualität von Gebäuden – Berechnungsmethoden
Beseitigung
Normen und Richtlinien
I
I
KONSTRUIEREN
KONSTRUIEREN
II STRUKTUR II-1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG STRUKTUR II-2II INDUSTRIELLES BAUEN II-3 MASSORDNUNG II - 1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG II 2 INDUSTRIELLES BAUEN III NACHHALTIGKEIT 3 MASSORDNUNG III-1II -KONTEXT
1. Konstruktionsrelevante Ökobilanzdaten ...................146 2. Umweltproduktdeklarationen (EPD) .........................147 2.1 EPD von Beton C 20/25 ....................................146 2.2 EPD von Beton C 30/37 ....................................147 2.3 EPD von Mauerziegel ........................................148 2.4 EPD von Konstruktionsvollholz..........................149 2.5 EPD von Nadelholz, getrocknet.........................150 2.6 EPD von Brettschichtholz ..................................151 2.7 EPD von Baustahl ..............................................152 2.8 EPD von Dreifach-Isolierglas.............................153 2.9 EPD von Mineralwolle .......................................154 2.10 EPD von XPS-Polystyrol-Dämmstoff ................155 3. Vergleichende Betrachtung der Ökobilanzdaten der wichtigsten Werkstoffe ............................156 Normen und Richtlinien .................................................157
III-2 ÖKOLOGIE III-3 ÖKONOMIE III-4IIISOZIALES STOFFE III-5 ÖKOBILANZ -1 MATERIE III-6III RECYCLING III - 2 WERKSTOFF -3 STEIN IV III STOFFE -4 BETON IV-1III MATERIE -5 HOLZ IV-2III WERKSTOFF -6 STAHL IV-3III STEIN -7 BEWEHRTER BETON IV-4III BETON -8 KUNSTSTOFF IV-5III HOLZ -9 GLAS IV-6III STAHL IV-7 BEWEHRTER BETON IV-8 GLAS IV-9 KUNSTSTOFF
IV
BAUPRODUKTE
V IV BAUPRODUKTE -1 KÜNSTLICHE STEINE V-1 IV KÜNSTLICHE STEINE -2 HOLZPRODUKTE V-2IV HOLZPRODUKTE -3 STAHLPRODUKTE V-3IV STAHLPRODUKTE -4 GLASPRODUKTE V-4IV GLASPRODUKTE -5 KUNSTSTOFFPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI FUNKTIONEN FUNKTIONEN VI-1V SPEKTRUM VI-2 KRAFTLEITEN 1 SPEKTRUM VI-3V -THERMOHYGRIK 2 KRAFT LEITEN VI-4V -SCHALLSCHUTZ V 3 THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN VI-5 BRANDSCHUTZ V 4 SCHALLSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT V-5 BRANDSCHUTZ V 6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_9
146
Konstruktionsrelevante Ökobilanzdaten Kap. III-2 Ökologie, S. 104
Nach Einführung und Erläuterung der wesentlichen Begriffe, die für die Ökobilanzierung von Werkstoffen und Bauprodukten notwendig sind, sollen im Folgenden einige Informationen und Daten zum groben Erfassen der ökologischen Qualität von Baukonstruktionen dargestellt werden. Zu diesem Zweck werden im Folgenden exemplarisch Umweltproduktdeklarationen einiger repräsentativer Werkstoffe und Baukonstruktionen dargestellt.
Nutzung
Instandhaltung
Reparatur
Ersatz
Umbau/ Erneuerung
Transport
Abfallbehandlung
A5
B1
B2
B3
B4
B5
C1
C2
C3
1,6
0,43
0
0
0
0
0
1,7
0,26
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0,43
0
0
0
0
0
1,7
0,26
0,762
-47,1
19
0
0
0
0
41
19
0
0
0
0
0 0
0 0
0 0
Abbruch
Einbau
A4
72,3
Transport
A1-A3
MJ
Herstellung
Einheit
Recyclingpotenzial
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
Richtung
Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM)
Input Input
MJ
0
0
Total erneuerbare Primärenergie (PERT)
Input
MJ
72,3
1,6
Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT)
Input
MJ
846
41
Input
MJ
0
0
Input
MJ
846
Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Input
kg
69,4
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF)
Input
MJ
Input
MJ
146,8 286,1
Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input
m3
0,217
0
0
0
0
0
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output kg
0,163
0
0
0
0
0
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD)
Output kg
0,001
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Output kg
0,049
0
0,001
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Komponenten für die Wiederverwendung (CRU)
Output kg
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Indikator
D
762
-47,1
0
0
0
42
6,55
19,2
-319
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
42
6,55
19,2
-319
0
0
0
0
0
0
0
0
0 0
0 0
0 0
0 0
0 0
0 0
0 0
0 0
0
0
0,044
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Stoffe zum Recycling (MFR)
Output kg
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output kg
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
2,4E+03 2,4E+03 0
0
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output MJ
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Exportierte thermische Energie (EET)
Output MJ
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Einbau
Nutzung
Instandhaltung
Reparatur
Ersatz
Umbau/ Erneuerung
Transport
Abfallbehandlung
A4
A5
B1
B2
B3
B4
B5
C1
C2
C3
190,7
3
1,35
0
0
0
0
0
3,02
0,47
kg CFC11-Äq. 6,71E-07 1,6E-10
3,06E-9
0
0
0
0
0
1,63E-14 2,65E-11
7,45E-11 -9,57E-08
0,00373 0,000712
0,0017 -0,00405
Einheit
Globales Erwärmungspotenzial (GWP)
kg CO2-Äq.
Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP) Eutrophierungspotenzial (EP)
Abbruch
Transport
A1-A3
Indikator
1,38
D -23,08
kg Ethen-Äq.
0,033
0,0012 0,000649
0
0
0
0
0
kg SO2-Äq.
0,273
0,0094 0,00918
0
0
0
0
0
0,0288
0,00474
kg PO43-Äq.
0,0435
0,0021 0,00186
0
0
0
0
0
0,00613
0,00102
0,0028 -0,00591
1,39E-07 2,17E-08
6,34E-08 -1,9E-08
Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE)
kg Sb-Äq.
Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
MJ
0,000339 1,37E-07 5,15E-08 724,5
41,2
Referenzfluss: 1 m3 Konstruktionsbeton C 20/25, Rohdichte 2.400 kg/m3
1 EPD von Beton C 20/25
Recyclingpotenzial
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen
Herstellung
1.
III Nachhaltigkeit
18,14
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
41,9
6,5
0,013
19,1
-0,041
-242,7
5 Ökobilanz
147
Datensätze dieser Art stehen in öffentlich zugänglichen Datenbanken zur Verfügung, wie z.B. von Ökobau.dat (www. ökobau.dat), Institut für Bauen und Umwelt (IBU, www. bau-umwelt.de), WECOBIS (www.wecobis.de), sowie in kommerziellen Datenbanken wie GaBi (www.gabi-software. com). EPDs zu weiteren Baukonstruktionen oder Bauprodukten sind ebenfalls über diese Quellen erhältlich.
Umweltproduktdeklarationen (EPD)
2.
Umbau/ Erneuerung B5
C1
C2
0
0
1,7
0,26
A5
1,8
0,43
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1,8
0,43
0
0
0
0
0
1,7
0,26
0,762
-47,1
46
19
0
0
0
0
0
42
6,55
19,2
-319
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
46
19
0
0
0
0
0
42
6,55
19,2
-319
Einheit
A4
82,7
Richtung
Einbau
Recyclingpotenzial
Ersatz B4
0
Abfallbehandlung
Reparatur B3
0
Transport
Instandhaltung B2
Abbruch
Nutzung B1
A1-A3
Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM)
Input
MJ
Input
MJ
0
Total erneuerbare Primärenergie (PERT)
Input
MJ
82,7
Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT)
Input
MJ
984
Input
MJ
0
Input
MJ
984
Indikator
Transport
Herstellung
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
C3 0,762
D -47,1
Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Input
kg
116,2
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF)
Input Input
182 MJ MJ 354,8
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input
m3
0,227
0
0
0
0
0
0
0
0,044
0
0
0
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output
kg
0,201
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD)
Output
kg
0,001
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Output Output
kg kg
0,055
0
0,001
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Stoffe zum Recycling (MFR)
Output
kg
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output
kg
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output
MJ
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Exportierte thermische Energie (EET)
Output
MJ
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Komponenten für die Wiederverwendung (CRU)
2,4E+3
2,4E+3
Ersatz
Umbau/ Erneuerung
B2
B3
B4
B5
C1
C2
C3
D
0
0
0
0
0
3,02
0,47
1,38
-23,08
Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP)
kg CFC11-Äq. 7,35E-7 1,79E-10
3,06E-9
0
0
0
0
0 1,63E-14 2,65E-11 7,45E-11
-9,57E-8
0
0
0
0
0
-0,00405
Eutrophierungspotenzial (EP) Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE)
kg Sb-Äq.
Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
MJ
kg Ethen-Äq. 0,0393
0,0013
kg SO2-Äq.
0,323
0,0106
9,18E-9
0
0
0
0
0
0,0288
0,00474
0,013
-0,041
kg PO43-Äq.
0,0513
0,0024
0,00186
0
0
0
0
0
0,00613
0,00102
0,0028
-0,00591
0,000418 1,53E-7
5,15E-8
0
0
0
0
0
1,39E-7
2,17E-8
18,14
0
0
0
0
0
41,9
6,5
845,2
46
Referenzfluss: 1 m3 Konstruktionsbeton C 30/37, Rohdichte 2.400 kg/m3
2 EPD von Beton C 30/37
Abfallbehandlung
Reparatur
B1
1,35
kg CO2-Äq.
Transport
Instandhaltung
A5
3,3
Einheit
Globales Erwärmungspotenzial (GWP)
Abbruch
Nutzung
A4
231,9
Indikator
Transport
A1-A3
Herstellung
Einbau
Recyclingpotenzial
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen
0,00373 0,000712
0,0017
6,34E-8 -0,0000019 19,1
-242,7
148
III Nachhaltigkeit
MJ
Input
MJ
261,4
2,816
Input
MJ
1295
47,47
2,459 0
0
0
0
0
Input
MJ
0
0
0
0
0
Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT)
261,4 0
Input
MJ
1295
Input
kg
116,7
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF)
Input
MJ
Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF)
Input
MJ
B7
C1
C2
C3
0
0
0
0
-
-
0,1888
1,74
1,56
0
0
0
0
0
0
-
-
0,2073 0
0
0
0
0
-
-
0,1888
1,74
1,56
0,3624
-9,523
-
-
4,808
44,29
28,32
4,393
-102,6
-
-
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
-
-
0
0
0
-
-
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
-
-
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
-
-
0
0
0
0
0
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD)
Output kg
0,7379
Output kg
0,001822
4,393
0
0
0,176
28,32
0
0
Output kg
44,29
0
0
Input
4,808
0
-9,523
2,459 0
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
47,47
0
0
D
C4 0,3624
0
Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
m
B6
0,2073 0
0
0
Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
3
A4 2,816
Recyclingpotenzial
Input
Total erneuerbare Primärenergie (PERT)
A1-A3
Beseitigung
MJ
Abfallbehandlung
Input
Transport
Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM)
Indikator
Abbruch
Ersatz Umbau/Erneuerung Energieeinsatz Wasereinsatz
Nutzung Instandhaltung
Reparatur
Einbau
B1 B2 B3 B4 B5
Einheit
Transport
A5
Richtung
Herstellung
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
-102,6
0,01918 0
0
0
0
0
-
- 0,0001333 0,001228 0,006989
0,07758 0,0002107 0,0002021 0
0
0
0
0
-
- 0,00001095 0,0001009 0,0009658 0,0001991
0,222 0
0
0
0
0
-
- 0,0006046
0,0299 0,00006617 0,0001341 0
0
0
0
0
-
0 - ,000006295 0,00005799 0,00037010,00007653 -0,004005
0,009057
0,00557
Komponenten für die Wiederverwendung Output kg (CRU)
0
0
0
0
0
0
0
0
-
-
0
0
Stoffe zum Recycling (MFR)
0,01348
-0,01326 -0,004741
23,61
0
-0,01047 -11,17
0
534,8
-
Output kg
0
0
0
0
0
0
0
0
-
-
0
0
0
-
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)Output kg
0
0
0
0
0
0
0
0
-
-
0
0
0
0
-
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output MJ
0
0
9,775 0
0
0
0
0
-
-
0
0
0
0
-
Exportierte thermische Energie (EET)
Output MJ
0
0
26,34 0
0
0
0
0
-
-
0
0
0
0
-
kg CO2-Äq.
Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP)
kg CFC11-Äq. 1,46E-9
Eutrophierungspotenzial (EP)
138,3
0
0
0
0
B7
C1
C2
C3
-
-
0,3498
3,209
-10,06
C4 0,3195
Recyclingpotenzial
Beseitigung
Abfallbehandlung
B6
D -7,027
8,31E-12 2,602E-11 0
0
0
0
0
-
- 1,663E-12 1,532E-11 1,949E-11 4,007E-12 -1,917E-10
kg Ethen-Äq. 0,01319 -0,008998 0,00005981 0
0
0
0
0
-
- 0,0001617 -0,007411 0,001471 0,0001906 0,003151
kg SO2-Äq. kg PO43-Äq.
0,001254 0
0
0
0
0
-
- 0,001423
0,02121 0,005404 0,0001752 0
0,1967
0
0
0
0
-
- 0,0003074 0,004463 0,002431 0,0002786 -0,003837
MJ
2,738E-7 0
0
0
0
0
-
-
2,122 0
0
0
0
0
-
-
1,22E+3
Referenzfluss: 1 m3 Mauerziegel, Rohdichte 575 kg/m3
3 EPD von Mauerziegeln
0
Transport
B1 B2 B3 B4 B5
7,5
Abbruch
A5
0,02195
Potenzial für den abiotischen Abbau nicht kg Sb-Äq. 0,000007129 1,629E-7 fossiler Ressourcen (ADPE) Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
Ersatz Umbau/Erneuerung Energieeinsatz Wasereinsatz
A4 3,473
Reparatur
Nutzung Instandhaltung
Einheit
Globales Erwärmungspotenzial (GWP)
Einbau
A1-A3
Indikator
Transport
Herstellung
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen
47,3
1,309E-8 4,792
0,01886
0,0106
0,00203
1,206E-7 0,000002238 1,202E-7 44,14
27,39
4,201
-0,01957
-7,136E-7 -92,51
5 Ökobilanz
149
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
Indikator Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM) Total erneuerbare Primärenergie (PERT) Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Richtung
Herstellung A1-A3
Einheit
133,9
Input
MJ
Input
MJ
1,117E+4
Input
MJ
1,131E+4 2857
Input
MJ
Input
MJ
0
Input
MJ
2857
Input
kg
0
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF) Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input Input
MJ MJ
0 0
Input
m3
0,6178
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output
kg
0,00004804
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD) Komponenten für die Wiederverwendung (CRU) Stoffe zum Recycling (MFR)
Output
kg
2,121
Output Output
kg kg
0,16 0
Output
kg
0
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output
kg
0
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output
MJ
0
Exportierte thermische Energie (EET)
Output
MJ
0
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen Indikator Globales Erwärmungspotenzial (GWP) Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP) Eutrophierungspotenzial (EP) Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE) Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
Einheit
Herstellung A1-A3
kg CO2-Äq.
5,367E-10
kg Ethen-Äq.
0,05121
kg SO2-Äq. kg PO43-Äq. kg Sb-Äq. MJ
Referenzfluss: 1 m3 Konstruktionsvollholz (12% Feuchte/10,7% H2O), Rohdichte 529 kg/m3
4 EPD von Konstruktionsvollholz
-1554
kg CFC11-Äq.
0,6882 0,1442 0,0001152 2453
150
III Nachhaltigkeit
Recyclingpotenzial (stoffliche Verwertung)
Recyclingpotenzial, therm. Verwertung (Standardszenario)
Abfallbehandlung
Transport
Herstellung
Transport
Herstellung A1-A3
Einheit
A1
Richtung
Rohstoffbereitstellung
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
Input
MJ
23,01
Input
MJ
8336
Input
MJ
8359
Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Input
MJ
189,7
Input
MJ
0
Input
MJ
189,7
Input
kg
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF) Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input Input
MJ MJ
Input
m3
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD) Komponenten für die Wiederverwendung (CRU) Stoffe zum Recycling (MFR)
Output
kg
0,0001671
Output Output
kg kg
0,002878 0
Output
kg
0
0
0
0
0
484,4
0
-484,4
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output
kg
0
1,745
0
1,745
0
484,4
-486,2
-1,745
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output
MJ
0
0
0
0
0
0
0
0
Exportierte thermische Energie (EET)
Output
MJ
0
0
0
0
0
0
0
0
Indikator Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM) Total erneuerbare Primärenergie (PERT)
A2
C2
C3
D
0,008114
25,36
7491
33,64
0
-8,37E+3
0
0
1904
0,008114
-8345
7491
-27,63
71,29
469,6
6,156
58,84
-4517
335,9
0
0
0
0
0
0
730,6
71,29
469,6
6,156
58,84
-4517
335,9
0
0
0
0
0
0
0
218
0 0
150,8 0
0 0
150,8 0
0 0
0 0
4201 0
0 0
0,5077
0,9422
0,005451
0,429
0,00003855
0,01722
3,344
-0,2359
kg 0,00006666
0,01328
0
0,01321
0
0
1,462
-4,072E-7
0,02341
0
0,02325
0
0
0,03228 0
0,0001387 0
0,02927 0
0,00001084 0
0,005411 0
1898
A3
4,776
1,87E+3
8,37E+3
0
1,027E+4
4,776
730,6 0
D -27,63
0,00004441-0,000004257 -1,027 0
-0,008085 0
Globales Erwärmungspotenzial (GWP) Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP) Eutrophierungspotenzial (EP) Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE) Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
kg CO2-Äq.
A2
A3
C2
C3
Recyclingpotenzial (stoffliche Verwertung)
Recyclingpotenzial, therm. Verwertung (Standardszenario) D
D
kg CFC11-Äq.
-777,5 6,671E-10
-734,7 1,074E-7
5,299 3,261E-10
37,48 1,064E-7
0,4341 8,675E-10
797,1 1,749E-11
-358,2 -0,0000818
-10,1 -6,443E-7
kg Ethen-Äq.
0,01008
0,0927
0,002097
0,08053
0,0001652
0,0004783
-0,02454
-0,005972
kg SO2-Äq.
0,08019
0,3773
0,02322
0,2739
0,001864
0,006901
-0,3669
-0,04713
kg PO43-Äq.
0,01915
0,08392
0,00567
0,0591
0,0004318
0,001103
-0,003413
-0,01022
0,000009901
0,001142
5,5E-7
0,001132
9,239E-9
0,000002336 -0,000006126
-3,31E-7
182,4
647,9
70,93
394,5
6,105
kg Sb-Äq. MJ
Referenzfluss: 1 m3 Nadelschnittholz kammergetrocknet (Durchschnitt DE), Rohdichte 485 kg/m3
5 EPD von Nadelholz getrocknet
Abfallbehandlung
Transport
A1-A3
Herstellung
A1
Transport
Herstellung
Indikator
Rohstoffbereitstellung
Einheit
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen
45,2
-4009
-128,5
5 Ökobilanz
151
8,61E+3
0
1,135E+4
23,5
2228 88,02
Richtung
Einheit
Input
MJ
760,6
Input
MJ
8574
Input
MJ
9334
Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Input
MJ
821,1
Input
MJ
88,02
Input
MJ
909,1
Input
kg
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF) Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input Input
MJ MJ
Input
m3
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output
kg
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD) Komponenten für die Wiederverwendung (CRU) Stoffe zum Recycling (MFR)
Output
kg
0,01226
Output Output
kg kg
0,03158 0
Output
kg
0
0
0
0
0
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output
kg
0
1,876
0
1,876
0
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output
MJ
0
0
0
0
0
Exportierte thermische Energie (EET)
Output
MJ
0
0
0
0
0
C3
D
0,008641
25,36
7628
36,15
0
-8,61E+3
0
0
1997
0,008641
-8585
7628
-29,97
417,8
989
6,556
58,84
-4937
257,5
0
0
0
-88,02
0
0
2316
417,8
989
6,556
-29,19
-4937
257,5
0
0
0
0
0
0
0
228,2
51,67 0
76,54 0
0 0
24,87 0
0 0
0 0
4397 0
0 0
0,7502
1,302
0,03485
0,04214
0,04897
0
0,006836
0
0,01587
0
0,003614
0
0,1127 0
0,01089 0
2745
C2
Recyclingpotenzial (stoffliche Verwertung)
1961
Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM) Total erneuerbare Primärenergie (PERT)
Indikator
Recyclingpotenzial, therm. Verwertung (Standardszenario)
A3
Transport
A2 23,5
Abfallbehandlung
A1-A3
Herstellung
Herstellung
A1
Transport
Rohstoffbereitstellung
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
0,5168 0,00004106
0,07027 0,00001154 0 0
0,01722 0 0 0,005411 0
D -29,97
3,473
-0,2418
1,518
-4,188E-7
0,0000461-0,000004378 -1,067 0
-0,009706 0
507,1
0
-507,1
507,1
-508,9
-1,876
0
0
0
0
0
0
-372,6 -0,00008491
-11,14 -6,626E-7 -0,006369
Globales Erwärmungspotenzial (GWP) Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP) Eutrophierungspotenzial (EP) Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE) Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
kg CO2-Äq.
A2
C3
D
D
kg CFC11-Äq.
-757,6 6,788E-7
-652,6 8,833E-7
28,6 4,866E-8
kg Ethen-Äq.
0,04364
0,1316
0,01015
0,07779
0,000176
0,0004783
-0,0257
0,2422
0,696
0,1174
0,3363
0,001985
0,006901
-0,3831
-0,0506
0,1625 0,02572 0,07075 0,0004599 0,001103 -0,003857 0,0007263 0,000002067 0,0001535 9,84E-9 0,000002336 -0,000006969
-0,01082 -9,497E-7
kg SO2-Äq. kg PO43-Äq. kg Sb-Äq. MJ
0,06602 0,0005707 813,2
Referenzfluss: 1 m3 Brettschichtholz standard, Rohdichte 507 kg/m3
6 EPD von Brettschichtholz (Standardausführung)
2012
389,1
809,8
6,502
819,7 1,749E-11
Recyclingpotenzial (stoffliche Verwertung)
C2
Recyclingpotenzial, therm. Verwertung (Standardszenario)
A3
76,39 0,4623 1,558E-7 9,239E-10
Abfallbehandlung
Transport
A1-A3
Herstellung
A1
Transport
Herstellung
Indikator
Rohstoffbereitstellung
Einheit
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen
45,2
-4191
-161,9
152
III Nachhaltigkeit
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
Indikator Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM) Total erneuerbare Primärenergie (PERT)
Richtung
Einheit
Herstellung A1-A3 8,4E+02
Recyclingpotenzial D 92,4
Input
MJ
Input
MJ
0
0
Input
MJ
8,4E+2
92,4
Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Input
MJ
1,78E+4
-7,21E+3
Input
MJ
0
0
Input
MJ
1,78E+4
-7,21E+3
Input
kg
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF) Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input Input
MJ MJ
Input
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD) Komponenten für die Wiederverwendung (CRU) Stoffe zum Recycling (MFR)
Output
kg
51,9
-26,3
Output Output
kg kg
0,315 0
0,099 0
Output
kg
0
0
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output
kg
0
0
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output
MJ
0
0
Exportierte thermische Energie (EET)
Output
MJ
0
0
618
375
0,175 1,7
-0,0529 -0,461
m3
2,65
-0,275
kg
0,279
-0,224
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen Herstellung A1-A3
Recyclingpotenzial D
Indikator
Einheit
Globales Erwärmungspotenzial (GWP) Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP) Eutrophierungspotenzial (EP) Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE) Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
kg CO2-Äq. kg CFC11-Äq.
1735
-959
1,39E-7
6,29E-9
kg Ethen-Äq.
0,698
-0,414
kg SO2-Äq. kg PO43-Äq. kg Sb-Äq. MJ
3,52
-1,32
0,37 0,000285
-0,126 -0,000111
1,7E+4
-7,45E+3
Referenzfluss: 1000 kg Baustahl für offene Walzprofile und Grobbleche, Rohdichte 7.850 kg/m3
7 EPD von Baustahl (offene Walzprofile und Grobbleche). Man beachte, dass die Werte sich auf die Referenzgröße 1000 kg beziehen und somit nicht unmitelbar mit den LCA-Werten der anderen Tabellen vergleichbar sind, die sich stattdessen auf 1 m3 beziehen. Für unmittelbare Vergleichbarkeit müssten die Werte von Baustahl mit dem Faktor 7,8 multipliziert werden, da 1 m3 Baustahl rund 7.800 kg wiegt. Siehe hierzu auch die vergleichende Betrachtung im Abschnitt 3 weiter unten.
5 Ökobilanz
153
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
Indikator Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM) Total erneuerbare Primärenergie (PERT) Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Richtung
Einheit
Herstellung A1-A3 56,26
Input
MJ
Input
MJ
Input
MJ
56,26 712,5
Input
MJ
Input
MJ
Input
MJ
0
0 712,5
Input
kg
0
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF) Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input Input
MJ MJ
0 0
Input
m3
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output
kg
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD) Komponenten für die Wiederverwendung (CRU) Stoffe zum Recycling (MFR)
Output
kg
Output Output
kg kg
Output
kg
0
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output
kg
0
0,1247 0,000002639 3,606 0,009387 0
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output
MJ
0
Exportierte thermische Energie (EET)
Output
MJ
0
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen Herstellung A1-A3
Indikator
Einheit
Globales Erwärmungspotenzial (GWP) Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP) Eutrophierungspotenzial (EP) Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE) Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
kg CO2-Äq. kg CFC11-Äq.
58,53 4,003E-11
kg Ethen-Äq.
0,01743
kg SO2-Äq. 3
kg PO4 -Äq. kg Sb-Äq. MJ
0,2406 0,04629 0,0003291 688,9
Referenzfluss: 1 m2 Dreifach-Isolierverglasung, Flächengewicht 31,3 kg/m2
8 EPD von Dreifach-Isolierglas
154
III Nachhaltigkeit
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
Indikator
Richtung
Einheit
Herstellung A1-A3
Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM) Total erneuerbare Primärenergie (PERT)
Input
MJ
127,2
Input
MJ
0
Input
MJ
127,2
Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Input
MJ
819,2
Input
MJ
0
Input
MJ
819,2
Input
kg
8,728
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF) Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input Input
MJ MJ
Input
m3
0,1793
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output
kg
0,000003492
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD) Komponenten für die Wiederverwendung (CRU) Stoffe zum Recycling (MFR)
Output
kg
13,88
Output Output
kg kg
0,01728 0
Output
kg
0
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output
kg
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output
MJ
3,893
Exportierte thermische Energie (EET)
Output
MJ
9,545
0 0
0
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen
Indikator Globales Erwärmungspotenzial (GWP) Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP) Eutrophierungspotenzial (EP) Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE) Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
Einheit
Herstellung A1-A3
kg CO2-Äq. kg CFC11-Äq.
71,6 9,347E-11
kg Ethen-Äq.
0,01927
kg SO2-Äq. kg PO43-Äq. kg Sb-Äq. MJ
0,3363 0,047 0,0008672 775,6
Referenzfluss: 1 m3 Mineralwolle für Fassadendämmung, Rohdichte 46,25 kg/m3
9 EPD von Mineralwolle (für Außenwände)
5 Ökobilanz
155
Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes und sonstige Umweltinformationen
Indikator Erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PERE) Erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PERM) Total erneuerbare Primärenergie (PERT) Nicht-erneuerbare Primärenergie als Energieträger (PENRE) Nicht-erneuerbare Primärenergie zur stofflichen Nutzung (PENRM) Total nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) Einsatz von Sekundärstoffen (SM)
Richtung
Einheit
Herstellung A1-A3
Input
MJ
156,1
Input
MJ
0
Input
MJ
156,1
Input
MJ
1245
Input
MJ
1619 2864
Input
MJ
Input
kg
0 0 0
Erneuerbare Sekundärbrennstoffe (RSF) Nicht erneuerbare Sekundärbrennstoffe (NRSF) Einsatz von Süßwasserressourcen (FW)
Input Input
MJ MJ
Input
m3
0,4544
Gefährlicher Abfall zur Deponie (HWD)
Output
kg
7,19E-7
Entsorgter nicht gefährlicher Abfall (NHWD) Entsorgter radioaktiver Abfall (RWD) Komponenten für die Wiederverwendung (CRU) Stoffe zum Recycling (MFR)
Output
kg
0,5299
Output Output
kg kg
0,03603 0
Output
kg
0
Stoffe für die Energierückgewinnung (MER)
Output
kg
0
Exportierte elektrische Energie (EEE)
Output
MJ
0
Exportierte thermische Energie (EET)
Output
MJ
0
Parameter zur Beschreibung der Umweltwirkungen
Indikator
Einheit
Herstellung A1-A3
Globales Erwärmungspotenzial (GWP) Abbaupotenzial der stratosphärischen Ozonschicht (ODP) Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon (POCP) Versauerungspotenzial von Boden und Wasser (AP) Eutrophierungspotenzial (EP) Potenzial für den abiotischen Abbau nicht fossiler Ressourcen (ADPE) Potenzial für den abiotischen Abbau fossiler Brennstoffe (ADPF)
kg CO2-Äq. kg CFC11-Äq.
96,37 1,887E-10
kg Ethen-Äq.
0,04738
kg SO2-Äq. kg PO43-Äq. kg Sb-Äq. MJ
0,162 0,01981 0,00004049 2773
Referenzfluss: 1 m3 extrudiertes Polystyrol (XPS), Rohdichte 32,0 kg/m3
10 EPD von XPS-Polystyrol-Dämmstoff
156
3. 1.
III Nachhaltigkeit
Vergleichende Betrachtung der Ökobilanzdaten der wichtigsten Werkstoffe
Kap. III-6, Abschn. 3 Recycling von Stahl, S. 167
zwischen 10 und 100mal so hoch wie die von Normalbeton oder Nadelholz
Band 4, Kap. 2, 11.1 Funktionserfüllung gegenüber ökologischem Fußabdruck
Band 4, Kap. 2, 11.4 Ökobilanz
Neben den absoluten Ökobilanzwerten, wie sie in den letzten Tabellen ( 1 bis 10) aufgelistet wurden, ist insbesondere die vergleichende Betrachtung der Leistungswerte der verschiedenen Werkstoffe für den Planer von Bedeutung. Zu diesem Zeck wird in 11 der Versuch unternommen, die entsprechenden Größenordnungen zumindest der beiden bedeutendsten Indikatoren, des nichterneuerbaren Primärenergieverbrauchs (PENRT) und des globalen Erwärmungspotenzials grafisch dar- und anschaulich gegenüberzustellen. Es wird dabei deutlich, dass die Unterschiede zwischen den Werten metallischer und nichtmetallischer Werkstoffe so enorm sind, dass sie grafisch praktisch nicht darstellbar sind (siehe Multiplikationsfaktoren rechts). Selbst das Recycling von Altmetallen, das heute nahezu im gesamten anfallenden Umfang erfolgt, erlaubt bestenfalls eine Halbierung der Werte ( 12) und ändert wenig an der ökologischen Bedenklichkeit dieser Werkstoffe. Trotz auffallend ungünstiger Ökobilanzwerte von Metallen, insbesondere von Stahl, muss man dennoch stets abwägend ihre im Vergleich ebenfalls enorme Leistungsfähigkeit im Hinblick auf Festigkeit und sonstige mechanische Merkmale in Rechnung stellen. Manche moderne Bauaufgaben lassen sich ohne Metalle einfach nicht realisieren. Sinnvolle Vergleiche zwischen den Werkstoffen lassen sich somit nur anhand eines funktionalen Äquivalents ziehen, d.h. indem von den zu vergleichenden Werkstoffen die gleichen Fähigkeiten vorausgesetzt werden. Auch wenn diese Faktoren das Bild etwas zurechtrücken, offenbart sich hiermit dennoch eine schwere ökologische Hypothek von Stahlerzeugnissen, die unter allen Umständen einen bedachten und sparsamen Einsatz dieser hochindustriellen Werkstoffe nahelegt. Weitere Überlegungen diesbezüglich finden sich an anderer Stelle. Bemerkenswert sind ferner die negativen GWP-Werte von Holz, die sich aus seiner Fähigkeit herleiten, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu speichern. Durch die Bereitstellung von Bauholz findet in der Gesamtbilanz infolgedessen nicht etwa eine Umweltbelastung durch Kohlendioxidemissionen wie bei allen anderen Werkstoffen statt, sondern im Gegenteil eine Umweltentlastung durch Entzug dieses Stoffs aus der Luft, was über die gesamte Lebensphase des Baums durch Photosynthese geschieht. Am Ende des Lebenszyklus des Bauholzes entweicht der in ihm gebundene Kohlenstoff entweder durch thermische Verwertung oder durch Fäule wieder an die Atmosphäre, doch bleibt trotzdem die Wirkung des Bauholzes als eine Art Kohlenstoffsenke über seine volle Lebensdauer hinweg. Dies ist ein bedeutsamer Vorzug dieses insgesamt ökologisch verträglichsten aller Werkstoffe.
5 Ökobilanz
Werkstoffgruppe
157
Werkstoff
PENRT/GWP –
+
mineralisch 846 MJ 191 kg CO2-Äqu.
Beton C 20/25 (2.400 kg/m3)
984 MJ 232 kg CO2-Äqu.
Beton C 30/37 (2.400 kg/m3)
1.295 MJ 138 kg CO2-Äqu.
Mauerziegel (575 kg/m3)
819 MJ 72 kg CO2-Äqu.
Mineralwolle (46 kg/m3) organisch
731 MJ -735 kg CO2-Äqu.
Nadel-Vollholz (485 kg/m3)
2.857 MJ -1.554 kg CO2-Äqu.
Konstruktionsvollholz (529 kg/m3)
2.316 MJ -653 kg CO2-Äqu.
Brettschichtholz (507 kg/m3)
2.864 MJ 96 kg CO2-Äqu.
XPS-Dämmstoff (32 kg/m3)
139.730.000 MJ 13.619.750 kg CO2-Äqu.
metallisch Baustahl (7.850 kg/m3)
x 13.973 x 1.362 x 8.313 x 609
Baustahl rezykliert (7.850 kg/m3) 83.131.500 MJ 6.091.600 kg CO2-Äqu.
nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) globales Erwärmungspotenzial (GWP)
11 Vergleichende grafische Darstellung wichtiger Ökobilanz-Indikatoren der wesentlichen Werkstoffgruppen anhand repräsentativer Werkstoffe (siehe jeweils die zugehörigen EPDs in den 9-18). Die Referenzgröße ist 1 m3. Dargestellt ist aus der Sachbilanz der gesamte nichterneuerbare Primärenergiverbrauch (PENRT) sowie aus der Wirkungsabschätzung das globale Erwärmungspotenzial bzw. Treibhauspotenzial (GWP). 2.000 kg CO2-Äquivalent
1.500
1.000
500
0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
LZ
DIN 1045: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 2: 2008-08 Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität – Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 DIN EN 15942: 2012-01 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Kommunikationsformate zwichen Unternehmen DIN EN 15978: 2012-10 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der umweltbezogenen Qualität von Gebäuden – Berechnungsmethode
12 (Links) Stetige Verringerung des globalen Erwärmungspotenzials (GWP) eines kg Stahls durch Recycling nach sukzessiven Lebenszyklen (LZ). Nach rund fünf Wiederverwertungen ist das Optimum von rund 50% des ursprünglichen Werts erreicht. Weitere Einsparungen sind durch fortschreitendes Recycling nicht mehr zu erzielen.
Normen und Richtlinien
I
I
KONSTRUIEREN
KONSTRUIEREN
II STRUKTUR II-1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG STRUKTUR II-2II INDUSTRIELLES BAUEN II-3 MASSORDNUNG II - 1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG II 2 INDUSTRIELLES BAUEN III NACHHALTIGKEIT 3 MASSORDNUNG III-1II -KONTEXT
1. Recycling und Entsorgung ........................................160 2. Recycling von Beton .................................................161 2.1 Einsatz von Sekundärrohstoffen .......................164 2.1.1 Substitution primärer Energieträger .........164 2.1.2 Substitution primärer Rohstoffe ...............164 2.1.3 Substitution des Portlandzementklinkers 165 2.2 Verwertung von Festbeton ...............................165 3. Recycling von Stahl ...................................................167 4. Recycling von Mauersteinen ....................................168 5. Recycling von Glas ....................................................169 6. Recycling von Kunststoffen ......................................169 6.1 Recycling von Thermoplasten ...........................170 6.1.1 Industrielle Recyclingverfahren von Thermoplasten .........................................171 6.2 Recycling von Elastomeren ...............................172 6.2.1 Industrielle Recyclingverfahren von Elastomeren.......................................173 6.3 Recycling von Duroplasten und faserverstärkten Kunststoffen (GFK, CFK) .......174 6.4 Rohstoffliches Recycling von Kunststoffen ......174 7. Recycling von Holz ....................................................175 7.1 Arten der Wiederverwertung............................175 7.2 Belastung durch schädliche Substanzen...........177 8. Recycling- und umweltgerechte Gestaltung von Baukonstruktionen ....................................................178 8.1 Komponentenrecycling und stoffliche Verwertung........................................................179 8.1.1 Komponentenrecycling.............................180 8.1.2 Werkstoffrecycling ...................................181 8.2 Grundsätze einer recyclinggerechten Konstruktionsplanung........................................182 Anmerkungen.................................................................184 Normen und Richtlinien .................................................185
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_10
III-2 ÖKOLOGIE III-3 ÖKONOMIE III-4IIISOZIALES STOFFE III-5 ÖKOBILANZ -1 MATERIE III-6III RECYCLING III - 2 WERKSTOFF -3 STEIN IV III STOFFE -4 BETON IV-1III MATERIE -5 HOLZ IV-2III WERKSTOFF -6 STAHL IV-3III STEIN -7 BEWEHRTER BETON IV-4III BETON -8 KUNSTSTOFF IV-5III HOLZ -9 GLAS IV-6III STAHL IV-7 BEWEHRTER BETON IV-8 GLAS IV-9 KUNSTSTOFF
IV
BAUPRODUKTE
V IV BAUPRODUKTE -1 KÜNSTLICHE STEINE V-1 IV KÜNSTLICHE STEINE -2 HOLZPRODUKTE V-2IV HOLZPRODUKTE -3 STAHLPRODUKTE V-3IV STAHLPRODUKTE -4 GLASPRODUKTE V-4IV GLASPRODUKTE -5 KUNSTSTOFFPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI FUNKTIONEN FUNKTIONEN VI-1V SPEKTRUM VI-2 KRAFTLEITEN 1 SPEKTRUM VI-3V -THERMOHYGRIK 2 KRAFT LEITEN VI-4V -SCHALLSCHUTZ V 3 THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN VI-5 BRANDSCHUTZ V 4 SCHALLSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT V-5 BRANDSCHUTZ V 6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG
160
1.
III Nachhaltigkeit
Recycling und Entsorgung
Das Recycling führt Abfälle wieder dem Wirtschaftskreislauf zu, denn sie enthalten im Regelfall Bestandteile, die einen Restwert besitzen und sich einer weiteren Nutzung zuführen lassen. Ihre Wiederverwendung entlastet ferner die Umwelt. Das Recycling wird im Einzelnen von folgenden Motiven und Anreizen vorangetrieben:1 • Erzielung eines Erlöses durch Nutzung des Restwerts von Abfällen durch Wiederverwendung von Komponenten, Einsatz von Sekundärrohstoffen sowie Nutzung der enthaltenen Energie durch Verbrennung; ein weiterer betriebswirtschaftlicher Faktor ist die Vermeidung von Deponiekosten und Einleitgebühren von Abfallstoffen; • Ressourcenschonung als langfristiger volkswirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Faktor, da sich Primärrohstoffe durch rezyklierte Sekundärstoffe ersetzen lassen; • Verminderung des Schadstoffeintrags in die Umwelt durch Reduktion der Vermüllung. Recycling kann auf verschiedenen Ebenen der technischen Komplexität der Abfallprodukte stattfinden: auf der Ebene der Komponenten (Produktrecycling) und auf derjenigen des Werkstoffs (Werkstoffrecycling) ( 1). • Produkt- oder Komponentenrecycling: komplette Baustrukturen, Baukomponenten oder Baugruppen höherer technischer Komplexität werden wiederverwendet, sei es für den gleichen oder für einen ähnlichen Einsatzzweck. Je nach Einsatzfall kann hierfür eine Reparatur oder eine in-
erneut verwenden? Produkt am Ende der Nutzungsphase
nein
ja
verwerten?
Verwendung, Produktrecycling
Instandsetzung
1 Als Folge des Ziels der maximalen ökologischökonomischen Wertschöpfung ergibt sich die Recycling-Kaskade, deren Voraussetzungen effiziente Ressourcennutzung, Vermeidung, Verminderung oder Verwertung von Reststoffen sowie Vermeidung oder Verringerung von Umweltwirkungen sind (nach VDI 2243).
Aufarbeitung
nein
ja
Verwertung, Werkstoffrecycling
stofflich
Recycling
energetisch
Beseitigung
thermisch
Deponie
6 Recycling
161
dustrielle Aufarbeitung notwendig sein. Diese Variante des Recycling findet sich im Bauwesen (anders als bei anderen Industriesparten) eher selten. Dies mag mit dem betont prototypischen Charakter von Gebäuden zusammenhängen, die im Regelfall auf einen besonderen Einsatzfall maßgeschneidert sind. Abgesehen von Einzelfällen wie etwa der Wiederverwendung von Baukomponenten bei der Sanierung historischer Bauwerke findet Recycling im Bauwesen vorwiegend auf der Werkstoffebene statt: • Werkstoffrecycling: um Werkstoffe einer Wiederverwendung zuzuführen, ist stets eine technische Aufbereitung nötig. Auch beim Werkstoffrecycling lässt sich eine Wiederverwertung auf verschiedenen Ebenen unterscheiden: •• auf atomarer Ebene, wie oftmals bei Metallen der Fall; •• auf Ebene chemischer Bausteine geringer Komplexität, wie etwa bei Metalllegierungen, Oxiden, Salzen, etc.; •• auf solcher mittlerer Komplexität (Monomere für Kunststoffproduktion); •• auf solcher hoher Komplexität (Polymere). Oftmals wird für die niedrigeren Komplexitätsstufen der Begriff rohstoffliches Recycling verwendet, für höhere der Begriff werkstoffliches Recycling. Nähere Details hierzu werden in den folgenden materialbezogenen Abschnitten diskutiert. Abfälle, deren Wiederverwendung nicht möglich oder nicht sinnvoll ist, werden entweder einer energetischen Verwertung zugeführt oder deponiert. Im Folgenden sollen die Besonderheiten des Recyclings der wichtigsten Grundwerkstoffe des Bauwesens näher betrachtet werden. Nachhaltiger Umgang bei der Herstellung des Werkstoffs Beton erfolgt in zwei Bereichen, nämlich: 2 • bei der Zementherstellung: dies umfasst das Brennen der Rohstoffe (Kalk, Ton, Quarzsand), das Abkühlen des Brennguts und das Mahlen des so entstehenden Portlandzementklinkers. Drei Strategien werden zwecks ressourcenschonender Produktion durch Einsatz von Sekundärstoffen verfolgt: •• Substitution primärer Energieträger beim Brennen der Rohstoffe durch Sekundärbrennstoffe, die aufgrund ihrer stofflichen Zusammensetzung sowie auch aufgrund ihres Heizwerts einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten;
Recycling von Beton
2.
162
III Nachhaltigkeit
Bauholz
Fenster-/ Türenbau
• • •
• • •
z.B. Brandschutztüren Beschläge
• •
Kusntstoffrahmen Dichtmassen
evtl. PCB-haltig
•
Gipskartonplatten
(•)2
•
Dämmung Mineralfasern
(•)
•
Aluschienen
•
Trocken/Innenbau Bauholz
Fassadenbau
•1 •1 •1 •1
•
Glas Metall
Altholzklassen AI - AII Altholzklasse AIII Altholzklasse AIV PCB-Altholz
• • •
Dämmung Mineralfasern
(•)
Dämmung Polystyrol
(•)
Glas (Fassadenplatten)
•
Metall (Fassadenplatten)
•
•1 •1 •1 •1
• • •
• •
•
•
Dämmung Mineralfasern •
Dämmung Polystyrol Heizungsund Sanitärinstallation
asbesthaltige Isolierung
Beseitigung
Ver- und Entsorgung Bau- und Abbruchabfälle andere Verwertung (Deponiebau)
Elektroinstallationen
Sekundärrohstoffe
Fliesen/Plattenarbeiten
•
•
Kunststoffrohre (Abwasser)
•
•
Bleirohre
•
Kupferrohre
•
Metall- und Kunststoffabfäl- Trennung Kunststoff von Metall le (Kabel)
•
Ionisatinsrauchmelder
•
meist in gemischten bauund Abbruchabfällen (z.B. AVV-Nr. 170107)
•
Bodenbeläge Holz
evtl. PAK-haltig
•
Bodenbeläge PVC
asbestfrei
•
Bodenbeläge PVC
asbesthaltig
•
• • •
•
Mörtel, Fliesenbruch Brandschutz Metall- und Kunststoffabfäl- Arbeitsschutz beachten le (Kabel)
RC-Baustoffe
Neubau
• •
Ionisatinsrauchmelder Aufbereitung
•
Arbeitsschutz beachten
Metallabfälle Sanitärkeramik
Rückbau
Beseitigung
Altholzklassen AI - AII Altholzklasse AIII Altholzklasse AIV PCB-Altholz
Bemerkung
Verwertung im Deponiebau
Art der Bau- und Abbruchabfälle
energetische Verwertung
Gewerk
stoffliche Verwertung
Entsorgungsweg
Beton
•
Ziegel, Fliesen, Keramik
•
Aufbereitung anderer Abfälle
Bauholz (Dachstuhl) Abbruch entkerntes Gebäude neue Baustoffe
2 Stoffströme bei Rückbau- und Neu-/Umbaumaßnahmen 3 Gewerkespezifische Bau- und Abbruchabfälle aus dem Hochbau und deren Entsorgung
Altholzklassen AI - AII Altholzklasse AIII Altholzklasse AIV PCB-Altholz
• • •
Dach- und Dichtungsbahnen aus Kunststoff oder Bitumen
•
Bau- und Abbruchabfälle gemischt
•
Metallabfälle
aus Bewehrung bzw. Stahlkonstruktion
•1 •1 •1 •1
• • •
• •
•
1) bei Beseitigung nur Sonderabfallverbrennung möglich (gem. §9 Altholzverordnung bei AI - AIV bzw. gem. PCBAbfallV bei PCB Altholz) 2) (•): Entsorgungsweg nicht von Bedeutung
6 Recycling
Gewerk/ Einsatzbereich
163
RC-Baustoff
mit Reststoffen porosierte Mauerziegel Kalksandstein aus Hüttensand Schalungselemente aus Alt-Polystyrol (EPS) Rohbbau/ Außenwände
Leichtbeton mit Zuschlag aus Mauerziegeln Beton-Elemente mit Anteil Beton-Rezyklat Lehmziegel aus wiedergewonnenen Lehm-Massen Bautenschutzmatten aus Altgummi Trägerplatten aus Altglas für Putzfassaden
Fassadenbau
Dekoprofile aus Altglas für Fassaden Holzformbalken aus Altglas für Fassaden Betondachsteine aus Betonrezyklat „Kunstschiefer“ aus Schieferresten
Dach Dachschutzbahnen aus Altreifengranulat Dachsystemteile aus Altkunststoffen Glaswoll-Dämmstoff mit Altglasrezyklat mineralische Faserdämmstoffe mit Anteil aus alten Faserdämmstoffen Schaumglasgranaus Altglasrezyklat Schaumglasgranulat mit Antei l aus altem Schaumglas Dämmung
Zellulose-Dämstoff- und Dämmplatten aus Altpapier Schafwoll-Dämmstoff mit Rezyklatanteil Recycling-Korkschrot Holzweichfaserplatte aus Holzresten Dämmschüttungen aus Porenbetongranulat Leichtlehmplatten aus wiedergewonnenen Lehm-Massen PVC-Profile mit Recyclinganteil
Fenster-/ Türenbau Türblätter aus Holzresten (Pressspanplatte) Holzformbalken aus Holzresten Fließestrich aus REA-Gips Deckenkonstruktionen Trittschalldämmbahnen aus Altglasgranulat Schalldämmmatten aus Altgummi REA-Gipsputz Putz
Wärmedämmputz mit Altglasgranulat Wärmedämmputz mit Alt-Polystyrol (EPS) Pressspanplatten aus Holzresten Gipspsanplatten aus Holzresten Gipsfaser-/ Gipskartonplatten mit REA-Gips und Altpapier
Innenausbau
Gipsfaser-/ Gipskartonplatten mit Anteil aus recyklierten Platten Holzweichfaserplatten aus Holzresten Rauhfaser- und Untertapeten aus Altpapier Zellulose-Spritzbeschichtung aus Altpapier PVC-Bodenbeläge mit Recyclinganteil Bodenpaneele aus Getränkekartons
Bodenbeläge Fallschutzstreifen aus Altreifengranulat Bodenbeläge aus Altkunststoffen
4 Gewerkespezifische Einsatzbereiche von RC-Baustoffen im Hochbau
164
III Nachhaltigkeit
•• Substitution primärer Rohstoffe durch Sekundärrohstoffe aus anderen industriellen Produktionsverfahren; •• Substitution von Portlandzementklinker durch andere Hauptbestandteile. • beim Betonrecycling, d.h. bei der Verwertung bestehender Substanz. Diese beiden Faktoren der Ressourcenschonung werden im Folgenden etwas näher beleuchtet: Sekundärrohstoffe lassen sich sowohl als Energieträger wie auch als stofflicher Bestandteil des Zementklinkers nutzen:
2.1.1
Substitution primärer Energieträger
Die hiesige Zementindustrie erreicht gegenwärtig einen Anteil von Sekundärbrennstoffen von rund 60%. Zusätzlich zu ihrem Brennwert, der auch bei ihrer Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen gewinnbringend genutzt wird, werden in diesem Fall die Stoffe auch in den Stoffkreislauf eingebunden und man führt sie somit einer neuen Nutzung zu. Dies gilt beispielsweise für Altreifen, deren Gesamtbestand in etwa zur Hälfte in der Zementindustrie verwertet wird. Sie werden sowohl als Energieträger wie auch als Quelle von Aschen und Stahlkarkassen genutzt, die als Rohstoffbestandteile in den Portlandzementklinker Eingang finden.
2.1.2
Substitution primärer Rohstoffe
Sekundärrohstoffe können bei der Herstellung von Portlandzementklinker Kalkstein, Ton oder Quarzsand ersetzen. Dies sind beispielsweise Kalkschlämmen aus der Trink- und Abwasserbehandlung, Gießereialtsande, Kiesabbrand, Walzzunder und Flugaschen ( 5). Sie substituieren primäre kalk-, silicium-, eisen- und aluminiumhaltige Rohstoffe.
%
20
Gießereialtsand
in
Bleicherde
40
SFA
60
O
80
Ca
0 10
0
Einsatz von Sekundärrohstoffen
SiO
Kunststoff, Gummi
%
40
un
60
2
Steinkohle
HOS BFA
Reifenschredder
20
80
Klinker
Braunkohle
0
Kiesabbrand 20
40
60
80
0
10 0
2.1
100
Al2O3 + Fe2O3 in %
5 Darstellung möglicher Sekundärrohstoffe für die Portlandzementherstellung zur teilweisen Substitution der drei Primärrohstoffe CaCO, SiO2, Fe2O3 und Al2O3 im sogenannten Dreistoffdiagramm
6 Zerkleinerung von Bauschutt mit einem mobilen Brecher (Mitte) zur Bereitung rezyklierter Gesteinskörnung
6 Recycling
165
Hierbei wird zur Verbesserung sowohl der bautechnischen wie auch der ökobilanzbezogenen Eigenschaften des Zements der Portlandzementklinker gezielt mit anderen Bestandteilen kombiniert. Dies sind beispielsweise Hüttensande, Flugaschen und Silicastäube aus anderen industriellen Herstellungsprozessen sowie aus Primärrohstoffen gewonnenes Kalksteinmehl. Hierdurch lassen sich auf den Einzelfall bezogen sogar verbesserte bautechnische Eigenschaften erzielen. Im Vergleich mit Zementen aus reinem Portlandzementklinker (CEM-I), weisen Zemente mit 30% Hüttensandanteil (CEM II/B-S) sowie solche mit 50% Hüttensandanteil (CE III/A) eine Verringerung der Umweltwirkungen bei der Herstellung zwischen 20 und 40% auf. Allgemein ist es der Zementindustrie durch diese Maßnahme gelungen, den Verbrauch nicht erneuerbarer Primärenergie, das Treibhauspotenzial sowie das Versauerungspotenzial von Zement um Werte zwischen 20 und 50% zu reduzieren.
Substitution des Portlandzementklinkers
2.1.3
Neben Frischbetonrecycling, bei dem noch nicht abgebundene Betonreste sowie auch Restwasser im Werk der Betonherstellung wieder als Ausgangsstoffe zugeführt werden, kommt dem Festbetonrecycling in der Baupraxis eine zunehmende Bedeutung zu. Bei letzterem Vorgang wird alter Beton von der Bewehrung getrennt, derart zerkleinert, dass er in einzelne Kornfraktionen zu Betonsplitt zerfällt, und anschließend bei erneuter Betonherstellung wieder als Zuschlag verwendet ( 6, 7). Auch andere Bauschuttreste wie beispielsweise zerkleinerte Mauersteine sind für diesen Zweck geeignet. Neben der ursprünglichen Gesteinskörnung ist der Betonsplitt somit stets mit einem Anteil Zementstein behaftet, der die herstellungstechnischen und mechanischen Eigenschaften des Zuschlagmaterials beeinflusst, so etwa seine Verarbeitbarkeit, Festigkeit, sein Verformungsverhalten und seine Dauerhaftigkeit. Die im Vergleich zu
Verwertung von Festbeton
2.2
7 Verladen von Betonsplitt, der als anschließend Sekundärrohstoff bei der Betonherstellung eingesetzt wird.
166
III Nachhaltigkeit
DIN EN 12620, DIN 4226-101
Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb): DAfStb-Richtlinie Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620 DIN EN 206 und DIN 1045-2
herkömmlichem Zuschlag veränderte Korngeometrie des Splitts hat ferner einen Einfluss auf den Verbund zwischen Zuschlag und Zementleim bzw. -stein. Die Norm regelt die notwendigen Bedingungen, die eine rezyklierte Gesteinskörnung für die Verarbeitung zu rezykliertem Beton (RC-Beton) erfüllen muss. Im Regelfall ist für die Verarbeitung von RCBeton ein leicht erhöhter Anmachwasseranteil erforderlich. Werden diese Besonderheiten bei der Herstellung allerdings angemessen berücksichtigt, lassen sich bei rezykliertem Beton ähnliche technische Eigenschaften erzielen wie beim Beton aus Primärrohstoffen. Die Norm regelt allerdings die Grenzen der Einsetzbarkeit von RC-Beton sowie auch den maximal zulässigen Anteil von Sekundärrohstoffen am Zuschlag. Rezyklierter Zuschlag lässt sich beispielsweise maximal bis zu Festigkeiten von C 30/37 einsetzen. Ferner ist RC-Beton für Expositionsklassen mit Chlorideinwirkung, z.B. verursacht durch Streusalz (XD1) oder ständigen Kontakt mit Salzwasser (XD2), sowie mit starkem mechanischem Verschleiß (XM1 – XM3) nicht zugelassen. Rezyklierte Gesteinskörnungen werden auch oft in Form eines Downcycling in ungebundenen Bauweisen, etwa im Straßenbau, eingesetzt. Neben Betonsplitt kann auch Betonbrechsand als Sekundärrohstoff Verwendung finden, beispielsweise bei der Herstellung von Portlandzementklinker.
Roheisen, flüssig
O2
Stahl- und Gussschrott unlegiert
80%
20%
100%
Sauerstoffblaskonverter BOF
Brenngas CO
Gas-, Staubphase
E-Energie
Legierungsmetalle Cr, Ni, Mo
legierter Stahl flüssig
Sekundärmetallurgie
Entstaubung
Stahlwerksstaub
100%
Elektrolichtbogenofen EAF
unlegierter Stahl flüssig
Abgas
Kalk
legiert
Stahl unlegiert
Stahl legiert
Metallphase
Schlacke II
Schlacke I
Schlackenphase
8 Einsatz von Stahlschrott bei der Stahlerzeugung. Neben Stahl aus der Metallphase entstehen auch nutzbare Nebenprodukte aus der Schlackenphase und aus der Gas- bzw. Staubphase.5
6 Recycling
Ein Recycling von Stahl erfolgt durch das Einschmelzen von Altmetall in Form von Stahlschrott. 3 Das Hauptziel dieses Verfahrens ist es, die Metalle oder Legierungen aus Schrotten in einer geschmolzenen Metallphase zurückzugewinnen. Gleichzeitig werden störende Bestandteile abgelöst, die sich in Form einer Schlacken- bzw. Krätzephase (ungeschmolzene Oxide, die von der Oberfläche „abgekratzt werden) und/oder einer Staub- bzw. Gasphase niederschlagen ( 8). Einige der somit entstehenden Nebenprodukte lassen sich ebenfalls einer Wiederverwertung zuführen, so beispielsweise Schlacken für die Erzeugung von mineralischen Baustoffen und Düngemitteln oder Abgase für die energetische Verwertung. Ggf. müssen in der Metallphase enthaltene unerwünschte Legierungskomponenten technisch ausgesondert werden (Raffination). Das Recycling von Stahlschrott erfolgt im herkömmlichen Schmelzverfahren des Stahls und stellt keine eigene Verfahrenstechnik dar. Auch bei der regulären Erzeugung von Stahl im Sauerstoffblasverfahren (BOF Basic Oxygen Furnace) wird neben Roheisen auch ein Anteil von rund 20 % Stahlschrott verwendet. 100 % Stahl Schrott lässt sich beim Elektrostahlverfahren (EAF Electric-Arc Furnace) einsetzen. Im EAF-Verfahren lässt sich durch den chemisch reduzierenden Prozess eine Verschlackung der wertvollen Legierungsmetalle stark einschränken, weshalb dieser Vorgang besonders gut für das Recyceln von legierten Schrotten und für die Erzeugung bestimmter legierter Stähle geeignet ist. Ferner sind Abgasmengen und Gasströmungsgeschwindigkeiten wesentlich geringer und damit die Staubzusammensetzung im Vergleich zum BOF-Verfahren deutlich eisenärmer.4 Stahlschrotte müssen unter anderem folgende Anforderungen erfüllen:
167
Recycling von Stahl
Kap. IV-6 Stahl, S. 286 und Kap. V-3 Stahlprodukte, S. 410
• Sortenhomogenität durch Trennung; • geringer Anteil an schädlichen Beimengungen; • Öl- und Fettfreiheit; • Vermeidung von starkem Rostgehalt; • Trockenheit. In Deutschland wird knapp die Hälfte des Stahls aus Schrott hergestellt. Dabei wird der anfallende Schrott bis zu einem Anteil von 95% wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt. Eine Verringerung der Qualität ist mit dem Stahlrecycling nicht verbunden. Stahl kann über eine praktisch unbeschränkte Anzahl von Lebenszyklen wiederverwendet werden. Seine Umweltwirkungen lassen sich dabei auf rund die Hälfte verringern.
Kap. III-5, Abschn. 3 Vergleichende Betrachtung der Ökobilanzdaten der wichtigsten Werkstoffe, S. 156; hier insbesondere 12 auf S. 157 Kap. IV-6, Abschn. 11 Kennwerte, S. 301
3.
168
4.
III Nachhaltigkeit
Recycling von Mauersteinen
Recyclingmaterial aus Mauersteinen fällt unter die Kategorie des Bauschutts und wird für Zwecke des Werkstoffrecyclings vorwiegend bei der Betonherstellung (s.o.) und vereinzelt auch bei der Erstellung von Kalksandsteinen hergestellt. Ansonsten wird der überwiegende Teil des Mauerwerkbruchs in Form eines Downcyclings vorwiegend für den Erd-und Landschaftsbau verwendet.6 Bauschutt aus Mauersteinen kann bestehen aus: • sortenreinem Ziegelbruch: Material aus Dachumdeckungen oder aus Vorsortierung von Mauerwerkbruch; • ziegelreichem Mauerwerkbruch: Material aus dem Abbruch von reinem Ziegelmauerwerk mit Resten von Mörtel und Putz. Der Ziegelgehalt liegt bei rund 80 bis 95 Massenprozent; • Mauerwerkbruch: Neben Ziegel, Mörtel und Putz sind noch weitere Werkstoffe wie etwa Beton oder Leichtbeton, Kalksandstein, Porenbeton etc. vorhanden. Das Ausgangsmaterial wird anschließend in mobilen bzw., für höhere Ansprüche, auch in stationären Anlagen angemessen aufbereitet. Einfachere Aufbereitung findet durch Vorabsiebung in zwei Fraktionen statt, wobei das Grobgut dem Brecher zugeführt und verkleinert wird. Es entsteht somit Vorsiebmaterial und Sekundärwerkstoffe aus dem nachgeschalteten Brech- und Siebvorgang. In stationären Anlagen findet eine weitere und anspruchsvollere Aufbereitung statt, wie beispielsweise: • zweistufige Zerkleinerung: Prallbrecher im Anschluss an einen Backenbrecher; • Aussortieren von Störstoffen am Sortierband sowie mittels Windsichtung oder Nasswäsche; • Herstellung von Kornfraktionen mittels Vibrationssiebmaschine.
DAfStb-Baustoffkreislauf-Richtlinie; DIN 4226-101; Abschn. 2 Recycling von Beton, S. 161 Richtlinien für die Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., Bonn 2002; Empfehlungen für Bau und Pflege von Flächen aus Schotter-rasen. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschafts- bau e.V., Bonn 2000
Das Trennen von Mauerwerkbruch in verschiedene Werkstoffe ist bislang allerdings nicht möglich. So lassen sich beispielsweise Beton und Ziegel nicht aussondern. Die aus diesen Vorgängen hervorgehenden Gesteinskörnungen unterliegen, für den Fall der Weiterverarbeitung im Betonbau, den bereits an anderer Stelle genannten Normen. Für die Verwertung in Vegetationsdecken, beispielsweise für Dachbegrünungen, oder auf Schotterterrassen gelten weitere Normen. Eine gezielte Weiterverarbeitung von Sekundärstoffen aus Mauerwerkbruch in Form einer werkstofflichen Verwertung, beispielsweise für die Herstellung neuer Mauersteine, scheitert heute noch an der nicht ausreichenden stofflichen Charakterisierung der verschiedenen
6 Recycling
169
Recyclingmaterialien. Für das gegenwärtig vorwiegend praktizierte Downcycling ist eine derartige Charakterisierung nicht notwendig. Um Recyclingstoffe eindeutig zu identifizieren ist in Zukunft die Untersuchung ihrer chemischen Zusammensetzung, eine mineralogische Analyse, die Ermittlung der Rohdichte und Porosität, der Kornfestigkeit und des Frostwiderstands erforderlich. Während Behälterglas zu einem hohen Anteil recycelt wird, ist der Einsatz von Flachglas-Altglasscherben in der Produktion von Floatglas, dem wichtigsten Bauglas, bisher nur sehr eingeschränkt.7 Dies liegt an den extrem hohen Qualitätsanforderungen an Floatglas, an der aufwendigen Demontage von ergänzenden Teilen wie beispielsweise Abstandshaltern von Isolierglas, dem ungünstigen Einfluss von metallischen Vergütungsschichten (low-e-Beschichtungen) oder Einfärbungen (aus Cobalt-, Nickel- oder Eisenoxiden) sowie der erforderlichen komplexen Aufbereitungsprozesse. Ferner bereiten die im Bauwesen verbreiteten Verbundgläser wegen des Materialmixes zusätzliche Schwierigkeiten beim Recycling. Insbesondere das Entfernen der Zwischenfolie aus PVB erweist sich beim Recyceln als Hindernis. Aus diesem Grund fallen wiederverwertbare Flachglasabfälle nur in Produktionsbetrieben an, wo sie sortenrein vorliegen. Nur geringe Mengen Flachglasgranulat werden als Sekundärrohstoff recycelt. Der größte Anteil wird in einer Art Downcycling für die Herstellung von Behälterglas verwendet, das eine wesentlich geringere Scherbenqualität gestattet. Als weiteres Einsatzgebiet kommt die Herstellung von Gussglas, Glaswolle, Schaumglas und Glasfasern infrage. Die chemische Grundstruktur von technisch einsetzbaren Kunststoffwerkstoffen besteht aus fadenförmigen hochmolekularen Grundbausteinen, den sogenannten Polymeren, die über verschiedene chemische Prozesse aus niedermolekularen Bausteinen, den sogenannten Monomeren, synthetisiert werden.8 In ihrem Stoffgefüge wirken sowohl Valenzkräfte zwischen den einzelnen Kettenbausteinen wie auch Nebenvalenzkräfte, die diese Molekülstränge miteinander verknüpfen. Zusatzstoffe beeinflussen die stofflichen Eigenschaften der Kunststoffwerkstoffe für technische Zwecke. Sowohl die Stoffstruktur aus Makromolekülen, die Art ihrer gegenseitigen Vernetzung, wie auch der Einfluss der Zusatzstoffe beeinflussen die Möglichkeiten des Recyclings von Kunststoffen stark. Verschiedene Faktoren wirken sich in Bezug auf eine Wiederverwertung eher ungünstig aus: Stoffstrukturen aus Makromolekülen unterliegen einem stetigen Abbau durch die Einwirkung von verschiedenen Einflüssen wie Wärme, Licht, Verformungen und Alterung (oxidativer Abbau). Die Abtrennung von Verunreinigungen ist bei Altkunststoffen schwierig. Gleiches gilt auch für die Trennung der verschiedenen Kunststoffsorten, die im Regel-
Recycling von Glas
5.
Kap. IV-8 Glas, S. 326; Kap. V-4 Glasprodukte , S. 436
Recycling von Kunststoffen
Kap. IV-1, 9.3 Organische Stoffe, S. 216; Kap. IV-9 Kunststoff, S. 340; Kap. V-5 Kunststoffprodukte, S. 458
6.
170
III Nachhaltigkeit
fall schwer zu identifizieren sind. Ein echtes werkstoffliches Recycling ist aus diesen Gründen problematisch. Um die Recyclingquoten in Zukunft zu erhöhen, sind infolgedessen effektivere mechanische Aufschluss- und Sortierverfahren, kostengünstigere Trennverfahren, Fokussierung des Werkstoffrecyclings auf Produktionsabfälle aus Betrieben, Kennzeichnung der Materialsorten sowie grundsätzlich eine Beschränkung derselben innerhalb eines gleichen Produkts notwendig. Wesentlich bedeutsamer ist der Prozess des Zergliederns von Makromolekülen zu Monomeren, die dann als Grundbausteine, sozusagen als Sekundärrohstoffe, für eine weitere Synthetisierung von verschiedenen Kunststoffwerkstoffen zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zur oben beschriebenen Wiederverwertung auf werkstofflicher Basis liegt hier ein rohstoffliches Recycling vor. Wegen des hohen Brennwerts dieser organischen Werkstoffe findet oftmals auch eine energetische Verwertung von Altkunststoffen statt. 6.1
Recycling von Thermoplasten
Aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften eignen sich Thermoplaste besonders gut für ein Recycling. Die folgenden Schritte stehen am Anfang des Recyclingprozesses: • sortenspezifische Sammellogistik: Das Ziel ist, die angesprochenen Schwierigkeiten der Materialtrennung im Vorfeld zu umgehen. Im Bausektor existieren spezielle Sammelsysteme für PVC-Fenster und PVC-Dachbahnen; • manuelle und mechanische Vorsortierung: die manuelle Vorsortierung erfolgt visuell; eine mechanische Vorsortierung findet mittels Trennsieben, Folienabscheidern und ballistischen Sortierern (Nutzung der Rückpralleigenschaften verschiedener Materialien) statt; • Aufschlusszerkleinerung: Die Ziele dieses Prozessschrittes sind die Zerkleinerung der Abfälle auf sortiergerechte Stückgrößen sowie die Auftrennung der mechanischen Verbindung zwischen verschiedenen Werkstoffen oder Werkstoffverbünden. Wegen ihrer verhältnismäßig geringen Festigkeit und ihrer großen Verformungsfähigkeit zeigen Thermoplaste hier deutliche Vorteile. Vereinzelt werden auch kryogene Verfahren eingesetzt, bei denen das Material durch Kälte versprödet und leichter zu zerlegen ist; • Waschen: Entfernung von Verunreinigungen mithilfe von Waschmitteln, vereinzelt auch mit organischen Lösemitteln, die anschließend jedoch aufgearbeitet werden müssen. Nach diesen Verarbeitungsprozessen liegt kleinstückiges Haufwerk mit begrenzter Abweichung von Stückgrößen vor.
6 Recycling
171
Das nachfolgende Sortieren verfolgt das Ziel, Fremdwerkstoffe abzuspalten (Metalle, Glas, Keramik, Textilien, Holz, Steine) sowie die Kunststoffe nach miteinander verträglichen Werkstoffgruppen oder nach sortenreinen Fraktionen zu trennen. Es kommen physikalische oder optische Methoden zum Einsatz. In selektiven Löseverfahren werden mithilfe organischer Lösemittel Kunststoffmaterialien gezielt aufgelöst, sodass die Lösung vom Löserückstand getrennt werden kann. Nach Verdampfen des Lösemittels liegt reines Kunststoffpulver vor. Auch Methoden der Ausfällung von Kunststoffen sind einsetzbar. Am Ende dieses Prozesses erhält man Recyclate, d.h. vorwiegend körnige Schüttgüter bzw. Pulver aus Löseverfahren. Im weiteren Verarbeitungsprozess werden Recyclate homogenisiert, verdichtet und mit Additiven versetzt (Verträglichmacher, Stabilisatoren, evtl. Füllstoffe und Farbstoffe). Anschließend stehen sie zur Erzeugung von Neuware bereit. Im Folgenden werden einige baubezogene Verfahren näher betrachtet: • Recycling von PVC-Fenstern: Verarbeitet werden Restprofile aus der Produktion, Profilabschnitte aus Altfenstern sowie zerkleinerte Fensterrahmen. Sortenfremde Werkstoffe wie Metallbeschläge, Glasreste oder Dichtprofile sind vorab sorgfältig zu entfernen. Nur Teile aus HartPVC lassen sich weiterverarbeiten; selbst Dichtprofile aus Weich-PVC sind abzusondern. Altfenster werden im Shredder auf 20 mm Stückgröße vorzerkleinert; anschließend erfolgt die Werkstofftrennung; am Ende erzeugt eine abschließende Extrusion mit Schmelzfiltration ein verarbeitungsfähiges Regranulat. Dieses wird zur Erzeugung des Innenkerns von Fensterprofilen genutzt, bietet aber nicht die geforderte Oberflächenqualität. Zu diesem Zweck wird Neu-PVC mit dem Innenkern koextrudiert; • Recycling von PVC-Bodenbelägen:9 PVC-Beläge haben ein hohes Recyclingpotenzial. Neuware enthält bereits heute durchschnittlich einen Anteil von 35% Recyclingmaterial. Nach Sammlung der Altbeläge in speziellen Annahmestellen, werden sie zunächst sortiert und in kleine Stücke (Chips < 30 mm) geschnitten. Anschließend findet eine magnetische Metallabscheidung statt und die Chips werden in einer Hammermühle von anhaftenden Estrich- und Kleberresten befreit. Diese Reste werden dann in einer Siebmaschine vom verwertbaren Material getrennt. Danach findet eine Feinmahlung statt. Zu diesem Zweck muss das Material versprödet werden, was durch Kühlung mit flüssigem Stickstoff auf -40 °C geschieht. Als Resultat verbleibt Feinmahlgut aus Partikeln mit maximalem Durchmesser von 0,4 mm. Dieses wird am
Industrielle Recyclingverfahren von Thermoplasten
6.1.1
172
III Nachhaltigkeit
Ende des Recyclingprozesses für die Herstellung neuer PVC-Bodenbeläge verwendet. Einige ältere Beläge (CVBeläge) haben eine asbesthaltige Rückenbeschichtung und sind getrennt zu entsorgen; • Recycling von PVC-Dachbahnen: Der Recyclingprozess ist vergleichbar mit dem von PVC-Fenstern; • Recycling von expandiertem Polystyrol (EPS):10 Der Schaumstoff EPS findet vorwiegend als Wärmedämmung im Bauwesen Verwendung. Etwa 7% können nach Verarbeitung als sauberer Verschnitt recycelt werden. Nach Ende des Lebenszyklus liegt die Recyclingquote wegen der nicht ganz sortenreinen Sammlung allerdings nur bei 50%. Der Rest wird entsorgt. EPS lässt sich durch Aufschmelzen in kompaktes Polystyrol (PS) umwandeln, das anschließend im Shredder zerkleinert werden kann. Das Granulat lässt sich als Zusatz bei der Erzeugung von Neuware, als Zusatz zu anderen Werkstoffen (Leichtbausteine, Leichtbeton, Dämmputze), als Bodenhilfsstoff (Pflanzensubstrat, Dränage) sowie auch zur Verarbeitung von Spritzgussteilen aus kompakten PS weiterverarbeiten; • Recycling textiler Bodenbeläge aus Kunststoffen:11 Wichtig für das Recycling von textilen Bodenbelägen ist die sortenreine Trennung von Altmaterial. Zu diesem Zweck werden Reste manuell in ein Transportband gehängt und das Material ihrer Nutzschicht mithilfe eines Infrarot-Schnellidentifikationssystems spektroskopisch festgestellt. Anschließend werden die Stücke sortiert und in getrennten Containern gesammelt. Separiert wird nach den Werkstoffen Polyamid-6 (PA-6), Polyamid 6.6 (PA-6.6), Wolle/Propylen, Mischgewebe und Polyester. Das Polyamidmaterial PA-6 und PA-6.6 lässt sich in seine chemischen Grundbausteine rückverwandeln und anschließend neupolymerisieren. Das Resultat ist identisch mit dem Primärwerkstoff der Neuware. Fasermischungen und Polypropylen verwertet man unter Ausnutzung ihres Heizwerts alternativ auch als Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie, wobei auch der enthaltene Kreideanteil als Zuschlag für den Zementklinker genutzt wird. Etwa 95% der textilen Bodenbeläge werden rezykliert, rund 5% werden deponiert oder verbrannt. Der Rückbauaufwand am Ende der Lebensdauer des Belags ist bei vollflächiger Verklebung hoch, gering bei Befestigung mit leicht lösbarem Fixierkleber oder Klebeband, am geringsten bei loser Verlegung als Spannteppich. 6.2
Recycling von Elastomeren
Im Bauwesen kommen Elastomere vorwiegend als Kautschuke, Silikonkautschuke und PUR-Elastomere zum Einsatz. Diese Werkstoffe sind nicht schmelzbar und nicht löslich, weshalb ein werkstoffliches Recycling nur durch Erzeugung von Mahlgut möglich ist, das anschließend als
6 Recycling
173
Sekundärwerkstoff für Neuware oder zu Sonderprodukten weiterverarbeitet wird. Folgende baubezogene Verfahren sind von Bedeutung: • Recycling von Altgummi und Altreifen:12 Das Gummigranulat wird anschließend für Laufbahnen auf Sport- und Spielplätzen, für Automatten und Teppichböden, für Asphaltszusatz, Bautenschutzmatten, Kautschukmischungen für Reifen und Schuhsohlen, sowie als Ölbindemittel verarbeitet. Auch als Energieträger und Zulieferer verschiedener Zusatzrohstoffe für die Zementindustrie (Aschen, Stahlkarkassen) werden Altreifen genutzt; • Recycling von Kautschukbodenbelägen:13 Elastomerbzw. Kautschukbeläge haben ein hohes Recyclingpotenzial. Nach Beseitigung größerer Anhaftungen von Spachtelmasse, Kleber oder Estrich werden Altbeläge, zusammen mit dem Verschnitt aus Neuverlegungen, zerkleinert und als Granulat zu Fallschutz-, Industrie- oder Sportbelägen weiterverarbeitet. Auch eine thermische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen ist möglich, wobei der Heizwert des Materials genutzt wird. Die enthaltenen Füllstoffe finden ferner in der Zementindustrie als Zuschlag für den Zementklinker Verwendung. Moderne Kautschukbeläge enthalten keine Weichmacher (Phthalate) oder Halogene (Chlor), so dass keine Grundwassergefährdung besteht und Altbeläge somit problemlos deponierbar sind;
9 PVC-Belagsreste für das Recycling
10 Schematische Darstellung des Recyclingprozesses von PVC-Altbelägen
Industrielle Recyclingverfahren von Elastomeren
Abschn. 2.1 Einsatz von Sekundärrohstoffen, S. 164
6.2.1
174
III Nachhaltigkeit
• Recycling von Polyurethanen (PUR):14 Polyurethane finden im Bauwesen in Spezialfällen als Wärmedämmstoff Verwendung. Sie lassen sich zu Mahlgut zerkleinern und anschließend in Neumaterial einmischen. Unter Hitzeeinwirkung verhält sich Polyurethan wie ein Thermoplast, sodass granuliertes Altmaterial bei hohen Temperaturen und hohem Druck im Fließpressverfahren zu Neuprodukten verarbeitet werden kann. 6.3
Recycling von Duroplasten und faserverstärkten Kunststoffen (GFK, CFK)
glasfaserverstärkter Kunststoff GFK; kohlefaserverstärkter Kunststoff CFK; aramidfaserverstärkter Kunststoff AFK
6.4
Rohstoffliches Recycling von Kunststoffen
Aufgrund der besonderen Werkstoffeigenschaften von Duroplasten, nämlich ihre engmaschige stoffliche Vernetzung, ihre fehlende Schmelzbarkeit, ihre Unlöslichkeit sowie ihre Sprödigkeit, ist Werkstoffrecycling durch umformen, umschmelzen oder lösen nicht möglich.15 Möglich und sinnvoll ist nur seine Zerkleinerung und Beimischung als Sekundärrohstoff zu Neuware. Duroplaste kommen im Bauwesen auch als Matrixmaterial für faserverstärkte Kunststoffe zum Einsatz. Beim Recycling ist ein wichtiges Ziel, die Fasern weitgehend intakt zurückzugewinnen, da sie gut wiederverwendbar sind, insbesondere teure Kohlefasern. Dafür werden die Abfälle in einer Hammermühle unter weitgehender Schonung der Fasern zerkleinert. Des Weiteren ist auch die thermische Zersetzung oder Verbrennung der Kunststoffmatrix möglich, ein Verfahren das die Rückgewinnung von weitgehend intakten Fasern oder Geweben ermöglicht. Alternativ lässt sich GFK auch in der Herstellung von Zementklinker einsetzen, wobei die Kunststoffmatrix als Energieträger dient und die Glasfasern als Sekundärrohstoff dem Zement zugeführt werden. Neben den oben beschriebenen Verfahren des werkstofflichen Recyclings verschiedener Werkstoffgruppen von Kunststoffen, die für die Neuproduktion oftmals minderwertigere Bausteine liefern und eine Art von Downsizing darstellen, besteht auch die Möglichkeit, Polymere in Monomere zu zerlegen, um daraus durch Synthetisierung wieder Neuware zu erzeugen.16 Ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens ist die Möglichkeit, die Reaktionsprodukte durch Filtration, Destillation, Gaswäsche oder Umkristallisation gut zu reinigen, was in der weiteren Verarbeitung eine hohe Produktqualität gewährleistet. Im einzelnen stehen zu diesem Zweck folgende chemische Verfahren zur Verfügung: • Polymerzerlegung durch Hydrolyse, Alkoholyse oder katalytische Depolymerisation; • Hydrierung zu vorwiegend flüssigen Kohlenwasserstoffen; • thermische Zersetzung unter Sauerstoffausschluss zu Ölen und Gasen; • Vergasung im Hochofen oder zu Synthesegas.
6 Recycling
175
Diese Art der rohstofflichen Verwertung von Kunststoffen findet nur in Massenproduktion statt, da es aus ökonomischen Gründen sehr große Abfallmengen voraussetzt. Da Holz ein biologischer Werkstoff ist, dessen Stoffstruktur das Resultat eines natürlichen Wachstumsprozesses ist, leuchtet ein, dass eine technische Wiederherstellung von Bauholz in einem Recyclingverfahren nicht möglich ist.17 Holz unterscheidet sich insofern grundsätzlich von Metallen, deren kristalline Materialstruktur sich beliebig oft in unverminderter Qualität technisch wiederherstellen lässt. Der einzig gangbare Recyclingweg ist folglich ein Aufschneiden größerer Querschnitte in kleinere oder ein Zerkleinern der Holzteile. Die erstere Option wird jedoch zumeist umgangen, da Altholz oft metallische Teile wie Beschläge, Nägel oder Schrauben enthält, die herkömmliche Holzbearbeitungsmaschinen beschädigen würden. Aus diesem Grund erfolgt das Zerkleinern von Altholz in einem Shredder, der auch Metallteile zerkleinern kann, also solche wie sie in der Metallschrott-Zerkleinerung zum Einsatz kommen. Mit geeigneten Magneteinrichtungen werden die Metallanteile vom aufbereiteten Altholz getrennt. Das Metall lässt sich dann auf einfachem Wege einer gesonderten Wiederverwertung zuführen. Auch wenn eine Wiederverwendung von Holz auf Komponentenebene wegen der genannten Gründe heute eher den Ausnahmefall darstellt, so ist doch die Priorisierung einer nutzbringenden, zumindest temporären Bewahrung von Bauholz nach dem Recycling-Kaskadenprinzip ( 30) in Form einer stofflichen Wiederverwertung, bevor es am Ende der Nutzungsdauer thermisch verwertet wird, bei Holz deshalb so wichtig, weil dieser biologische Werkstoff ein wertvoller Kohlenstoffspeicher ist. Holz ist in der Lage, atmosphärisches CO2 zu binden und dieses schädliche Treibhausgas der Umwelt zumindest temporär in einer Art Senke zu entziehen. Wenn das Holz am Ende seines Lebenszyklus zwecks Nutzung seines Brennwerts verbrannt wird, entweicht der darin gebundene Kohlenstoffgehalt wieder in die Atmosphäre. Aus diesem Grund ist ein möglichst großer verbauter Bauholzbestand (der möglichst lang genutzt wird) nicht etwa umweltschädlich, sondern entlastet stattdessen die Umwelt.
Recycling von Holz
7.
Zerkleinerter Holzabfall, der sowohl aus Restholz aus der verarbeitenden Industrie wie auch als Altholz, beispielsweise in Form von Bauholz aus Abbruch und Rückbau, anfallen kann, lässt sich verschiedenen Arten der Verwertung zuführen:
Arten der Wiederverwertung
7.1
• als Rohstoff für die Celluloseherstellung in der Papierindustrie; als Grundstoff für die Holzkohleproduktion (Aktivkohle, Industrieholzkohle);
176
III Nachhaltigkeit
Gängige Altholzsortimente Holzabfälle aus der Holzbe- und -verarbeitung
Verpackungen
Abfallschlüssel
AI
03 01 05
Verschnitt, Abschnitte, Späne von Holzwerkstoffen und sonstigen behandeltem Holz (ohne schädliche Verunreinigungen
AII
03 01 05
AI
15 01 03
Paletten aus Vollholz, wie z.B.: Europaletten, Industriepaletten aus Vollholz Paletten aus Holzwerkstoffen Sonstige Paletten, mit Verbundmaterialien Transportkisten, Verschläge aus Vollholz Paletten
AII
15 01 03
AIII
15 01 03
AI
15 01 03
Transportkisten aus Holzwerkstoffen
AII
15 01 03
Obst-, Gemüse-, und Zierpflanzenkisten sowie ähnliche Kisten aus Vollholz Munitionskisten
AI
15 01 03
AIV
15 01 10*
Kabeltrommeln aus Vollholz (Herstellung vor 1989)
AIV
15 01 10*
AI
15 01 03
naturbelassenes Vollholz
AI
17 02 01
Holzwerkstoffe, Schalhölzer, behandeltes Vollholz (ohne schädliche Verunreinigungen)
AII
17 02 01
AII
17 02 01
AII
17 02 01
AII
17 02 01
Beseitigung
17 06 03*
Kabeltrommeln aus Vollholz (Herstellung nach 1989) Altholz aus dem Baustellensortimente Baubereich
Altholz aus dem Abbruch Dielen, Fehlböden, und Rückbau Bretterschalungen aus dem Innenausbau (ohne schädliche Verunreinigungen) Türblätter und Zargen von Innentüren (ohne schädliche Verunreinigungen) Profilblätter für die Raumausstattung, Deckenpaneele, Zierbalken usw. (ohne schädliche Verunreinigungen) Altholz aus dem Altholz aus dem Abbruch Dämm- und Schallschutzplatten, die Baubereich und Rückbau mit Mitteln behandelt (Fortsetzung) (Fortsetzung wurden, die polychlorierte Biphenyle enthalten Bauspanplatten Konstruktionshölzer für tragende Teile Holzfachwerk und Dachsparren Fenster, Fensterstöcke, Außentüren Imprägnierte Bauhölzer aus dem Außenbereich
Möbel
AII
17 02 01
AIV
17 02 04*
AIV
17 02 04*
AIV
17 02 04*
AIV
17 02 04*
AIV
17 02 04*
Bahnschwellen
AIV
17 02 04*
Leitungsmasten
AIV
17 02 04*
Sortimente aus dem Garten- und Landschaftsbau, imprägnierte Gartenmöbel Sortimente aus der Landwirtschaft
AIV
17 02 04*
AIV
17 02 04*
Möbel, naturbelassenes Vollholz
AI
20 01 38
Möbel, ohne halogenorganische Verbindungen in der Beschichtung
AII
20 01 38
Möbel, mit halogenorganischen Verbindungen in der Beschichtung
AIII
20 01 38
Bau- und Abbruchholz mit schädlichen Verunreinigungen Imprägniertes Altholz aus dem Außenbereich
AIII
20 03 07
Altholz aus industrieller Anwendung (z.B Industriefußböden, Kühltürme) AIV
17 02 04*
Altholz aus dem Wasserbau
AIV
17 02 04*
Altholz von abgewrackten Schiffen und Waggons
AIV
17 02 04*
Altholz aus Schadensfällen (z.B. Brandholz)
AIV
17 02 04*
Feinfraktion aus der Aufarbeitung von Altholz und Holzwerkstoffen
AIV
19 12 06*
Altholz aus dem Sperrmüll (Mischsortiment)
11 Zuordnung von gängigen Altholzsortimenten zu verschiedenen Altholzkategorien A I bis A IV (baubezogene Sortimente grau hervorgehoben) nach der Altholz-Verordnung 2002 19
Zuordnung im Regelfall
Verschnitt, Abschnitte, Späne von naturbelassenem Vollholz
6 Recycling
177
• Gewinnung von Synthesegas zur weiteren chemischen Nutzung; Einsatz als Reduktionsmittel bei der Stahlerzeugung; • zur Weiterverwendung im Garten- und Landschaftsbau als biologisch abbaubares Kompost- oder Abdeckmaterial; Einsatz zur Konditionierung von Klärschlamm oder von Sonderabfall; • als Brennstoff zur Wärmegewinnung; dies erlaubt die Substitution wertvoller nicht erneuerbarer Brennstoffe wie Kohle, Gas oder Öl und produziert soviel Kohlendioxidausstoß wie die Pflanze während ihres Wachstums aus der Atmosphäre bereits gebunden hatte; allerdings ist eine Feinstaubbelastung in Rechnung zu stellen. Wegen ihres verhältnismäßig hohen Heizwerts werden Holzabfälle auch bei Verbrennungsprozessen beigemischt, die heizwertarme Reststoffe verbrennen, beispielsweise in Müllverbrennungsanlagen (Pellets?); • Einsatz als Grundstoff bei der Herstellung von Holzwerkstoffen; hierbei werden Holzspäne in verschiedenen Größen sowie auch Holzfasern verarbeitet. Dies ist der wichtigste Recyclingvorgang, bei dem Bauholz wieder als nutzbares Konstruktionselement für die Bauwirtschaft wiedergewonnen wird; (weiter?) • als Porosierungsmittel für die Ziegel- oder Blähtonherstellung. Als biologisch abbaubarer Werkstoff lässt sich Holz auch nach den Regelungen des Abfallgesetzes des Bundes in Deponien ablagern.18 Wegen des manchmal zu erwartenden Gehalts von Imprägnier- und Klebstoffen lassen sich indessen manche behandelte Holzteile wie beispielsweise Eisenbahnschwellen oder bestimmte Holzwerkstoffe nicht ohne weiteres wiederverwenden. Ob schädliche Stoffe im Altholz zu finden sind, kann entweder nach Sichtkontrolle und Sortierung durch Zuordnung in Altholzkategorien A I bis A IV festgelegt oder muss im Zweifelsfall ansonsten ggf. durch geeignete analytische Untersuchungsverfahren ermittelt werden ( 11). Die Altholzkategorien sind wie folgt definiert:20 • A I Abfälle von naturbelassenem oder lediglich mechanisch bearbeitetem Holz, das bei seiner Verwendung nicht mehr als unerheblich mit holzfremden Stoffen verunreinigt wurde;
Belastung durch schädliche Substanzen
7.2
178
III Nachhaltigkeit
• A II verleimtes, gestrichenes, beschichtetes, lackiertes oder anderweitig behandeltes Altholz ohne halogenorganische Verbindungen in der Beschichtung und ohne Holzschutzmittel; • A III Altholz mit halogenorganischen Verbindungen in der Beschichtung ohne Holzschutzmittel; • A IV mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz wie Bahnschwellen, Leitungsmasten, Hopfenstangen, Rebpfähle sowie sonstiges Altholz, das aufgrund seiner Schadstoffbelastung nicht den Altholzkategorien A I, A II oder A III zugeordnet werden kann, ausgenommen PCB-Altholz. Zusätzlich wird die Kategorie PCB-Altholz definiert, also Altholz, das nach besonderen Regeln zu entsorgen ist, insbesondere Dämm- und Schallschutzplatten, die mit Mitteln behandelt werden, die polychlorierte Biphanyle enthalten. Grundsätzlich geeignet für eine stoffliche Verwertung bei der Herstellung von Holzwerkstoffen sind Holzabfälle der Altholzkategorien A I und A II sowie solche der Kategorie A III sofern die Beschichtung oder Lackierung entfernt wurde ( 41). Holzabfälle der Kategorien A II bis A IV sind für eine Verwertung auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen sowie für Kompostierung nicht geeignet. 22 Ansonsten verbleibt nur eine energetische Verwertung durch Verbrennen. Altholzkategorien A I bis A III sind für eine Verbrennung in Kleinfeuerungsanlagen sowie hierfür nach Gesetz zugelassene Anlagen geeignet.23 Altholzkategorie A IV ist nur für zugelassene Anlagen mit Rauchgasreinigung geeignet. 24
12 Verfahren für die stoffliche Verwertung von Altholz und dafür zugelassene Altholzkategorien 21
8.
Recycling- und umweltgerechte Gestaltung von Baukonstruktionen
Verwertungsverfahren
Zugelassene Altholzkategorien AI
AII AIII AIV
Aufarbeitung von Altholz zu Holzhackschnitzeln und Holzspänen für die Herstellung von Holzwerkstoffen
ja
ja
(ja)
Gewinnung von Synthesegas zur weiteren chemischen Nutzung
ja
ja
ja
ja
Eine Verwertung ist nur in hierfür nach §4 des Bundesimmissionsschutzgesetzes genehmigten Anlagen zulässig.
Herstellung von Aktivkohle/ Industriekohle
ja
ja
ja
ja
Eine Verwertung ist nur in hierfür nach §4 des Bundesimmissionsschutzgesetzes genehmigten Anlagen zulässig.
Besondere Anforderungen
Die Aufarbeitung von Altholz der Altholzkategorie AIII ist nur zulässig, wenn Lackierungen und Beschichtungen durch eine Vorbehandlung weitgehend entfernt wurden oder im Rahmen des Aufarbeitungsprozesses entfernt werden.
Im Zug der stetigen Verbesserung der Energieeffizienz, Umweltgerechtigkeit und Nachhaltigkeit von Bauwerken, die bereits mit der ersten Ölkrise 1973 ihren Anfang nahm, haben tiefgreifende Veränderungen in der baukonstruktiven Entwurfspraxis stattgefunden. In der ersten Pionierphase des energiesparenden Bauens Ende des 20. Jahrhunderts betraf dies den Gesamtgebäudeentwurf und insbesondere die konstruktive Gestaltung der Gebäudehülle. Die Aufspaltung einst einschaliger Hüllkonstruktionen in mehrschalige Bauteile mit integrierter Wärmedämmung, mit all den damit verbundenen konstruktiven Schwierigkeiten und Komplikationen, ist ein gutes Beispiel für die konstruktionsbezogenen
6 Recycling
179
Folgen des Versuchs, den Energieeinsatz für den Gebäudebetrieb über die komplette Lebensdauer des Bauwerks drastisch zu senken. Nachdem es gelungen ist, die Betriebsenergieverbräuche signifikant zu verringern, treten berechtigterweise andere Nachhaltigkeitsfaktoren in den Fokus der Aufmerksamkeit. Dies sind Ressourcenverbräuche und Umweltwirkungen in der Bauphase wie auch in der Rückbauphase am Ende des Lebenszyklus. Sowohl bei der Substitution von Primärrohstoffen mit der damit zusammenhängenden Ressourcenschonung und Energieeinsparung wie auch bei der Verminderung von schädlichen Umweltwirkungen spielt das Recycling (bzw. die Wiederverwendung kompletter Baustrukturen) eine bedeutsame Rolle. Um dieses Potenzial in geeigneter Weise zu nutzen, ist jedoch eine entsprechende konstruktive Gestaltung von Bauelementen notwendig. In Ergänzung zu den klassischen Aufgabenfeldern des Konstrukteurs, nämlich der Erfüllung von Anforderungen aus den technischen Eigenschaften des Werkstoffs, der Funktionalität, der Herstellbarkeit sowie der Ökonomie, treten nunmehr auch Anforderungen der allgemeinen Umweltgerechtigkeithinzu, zu welcher leichte Rezyklierbarkeit einen wesentlichen Beitrag leistet. Hierbei sind indessen Zielkonflikte nahezu unumgänglich. Ein gutes Beispiel sind Verbundwerkstoffe, die aus funktionaler Sicht große Vorteile bieten, aber oftmals für Zwecke des Recyclings sehr ungünstig sind. Ausgerechnet der mechanische Verbund zwischen den beteiligten Werkstoffen, der funktionalen Anforderungen während der Nutzungsphase dient, erweist sich beim Rückbau als ein schwer zu meisterndes Hindernis. Für eine Auflösung dieser Zielkonflikte ist somit eine ganzheitliche Bewertung und Abwägung der Vor- und Nachteile über den kompletten Lebenszyklus der Baustruktur unerlässlich. Eine solide Entscheidungsgrundlage hierfür bieten die oben definierten Daten der Ökobilanz bzw. des Life-Cycle Assessments (LCA). Eine weitere Schwierigkeit recyclinggerechten Konstruierens beruht in der Tatsache, dass es notwendigerweise unter den gegebenen Randbedingungen und dem technischen Wissensstand der Planungsphase stattfindet und man die zukünftigen technischen Möglichkeiten der Recyclingtechnologie, nach Ablauf der (im Bauwesen außerordentlich langen) Lebensdauer, verständlicherweise nicht vorhersehen kann. Es besteht die Möglichkeit, sogar die Wahrscheinlichkeit, dass während der Rückbauphase deutlich weiter entwickelte und umfassendere Möglichkeiten des Recyclings zur Verfügung stehen (werden). Eine adäquate planerische Berücksichtigung im Vorfeld ist jedoch nicht möglich. Oben wurde bereits eine grundsätzliche Unterscheidung getroffen zwischen der Wiederverwendung von Komponenten bzw. dem Produktrecycling und der stofflichen Verwertung, dem Werkstoffrecycling, das wiederum
Komponentenrecycling und stoffliche Verwertung
8.1
180
III Nachhaltigkeit
Abschn. 1. Recycling und Entsorgung, S. 160
8.1.1
Komponentenrecycling Abschn. 1. Recycling und Entsorgung, S. 160
auf verschiedenen Komplexitätsebenen des Recyclats stattfinden kann. 25 Während beim Komponenten- bzw. Produktrecycling eine Wiederverwendung kompletter Baugruppen stattfindet und infolgedessen die stoffliche Zusammensetzung, die ja gegeben ist und sich während der Nutzungsphase bereits als funktional erwiesen hat, keine Rolle spielt, ist sie beim Werkstoffrecycling hingegen von entscheidender Bedeutung. Wie angemerkt, spielt das Komponentenrecycling im Bauwesen – im Gegensatz zu anderen Industriesparten wie dem Fahrzeugbau – gegenwärtig eine nur geringe Rolle. Es ist absehbar, dass sich diese Sachlage in nächster Zukunft deutlich ändern wird. Im Hinblick auf eine verbesserte Recyclingfähigkeit werden infolgedessen künftig folgende Faktoren eine zunehmend wichtigere Rolle spielen: • modularer Aufbau der Baukonstruktion, Ausbildung standardisierter Baugruppen oder Bauteile; • unzweideutige Kennzeichnung der Module; • demontagegerechte Konstruktion, räumliche Anordnung und Zugänglichkeit;
gut rezyklierbar
schlecht rezyklierbar
Stahl, Gusseisen Kupfer Edelmetalle Blei Aluminium Nickel Zink Titan Glas Thermoplaste (PE, PP, PVC) Holz Duroplaste Elastomere Beton Grobkeramik Hartmetalle Beschichtungen Verbundwerkstoffe
Werkstoffverbindung
Verbundwerkstoff
Ausgangszustand
Teilaufschluss
Beschichtung
kompletter Aufschluss
13 Vergleichende Einschätzung der Rezyklierbarkeit verschiedener Werkstoffe bzw. Werkstoffgruppen 26
14 Arten der Werkstoffkombination mit Relevanz für Recyclingprozesse (oben); Aufschlussgrad von Werkstoffen für Recyclingzwecke (unten).27
Werkstoff A
Werkstoff B
Werkstoff C
6 Recycling
181
• demontagegerechte Verbindungstechnik: lösbare Verbindungen; • Gewährleistung zerstörungsfreier Demontage: keine unumkehrbare Beschädigung, Wahrung der Bauteilfunktionen; • Möglichkeit der Reinigung und Nachbearbeitung der Bauteile zwecks Einsatzfähigkeit des Bauelements (Regenerierung). Die im Vergleich zu anderen Industriesparten verhältnismäßig starke Fragmentierung der Bauindustrie stellt für dieses Ziel eher ein Hindernis dar. Normen und allgemeine Standards sind eine Grundvoraussetzung für signifikante Entwicklungen auf diesem Feld. Werkstoffrecycling hat zum Ziel, Altprodukte in ihre einzelnen Materialkomponenten oder brauchbare Materialgruppen zu zerlegen. Es gilt folglich, diesen Vorgang durch den konstruktiven Entwurf möglichst zu unterstützen. Grundsätzlich bieten sich zwei Verfahren zu diesem Zweck an:
Werkstoffrecycling
• Teildemontage in getrennt besser handhabbare Komponenten oder Werkstoffgruppen; dies ist beispielsweise der Fall, wenn in einem ersten Arbeitsschritt schadstoffhaltige Komponenten ausgesondert werden sollen bzw. Technische Recycling-Kriterien Stoffliche Verwertbarkeit
Verwertungskompatibilität
Identifizierbarkeit
Recyclingkritische Stoffe
Schad- und Gefahrenstoffe
Erkennbarkeit
Zugänglichkeit
Verbindungsarten
Vielfalt der Verbindung
Demontge-Zeit
Recycling-Prozess
Bewertung
Optimierungs-Potenzial durch
recyclingfähig, gleiche Eigenschaften recyclingfähig, mindere Eigenschaften nicht verwertbar, Beseitigung nötig kompatibel, gleiche Eigenschaften kompatibel, mindere Eigenschaften nicht kompatibel eindeutig, einfach, maschinenlesbar gut separierbar, keine Kennzeichnung nicht möglich keine Kennzeichnung nicht vorhanden vorhanden, gekennzeichnet, gut separierbar
keine Optimierung nötig Einsatz höherwertigerer Werkstoffe prüfen recyclingfähige Werkstoffe verwenden keine Optimierung nötig eventuell Stoffvielfalt optimieren verträgliche Werkstoffe verwenden keine Optimierung nötig mindestens Kennzeichnung vorsehen vermeiden, Kennzeichnung vorsehen keine Optimierung nötig dauerhaft gute Lesbarkeit sichern
vorhanden, unseparierbar, Beseitigung nötig nicht vorhanden vorhanden, gut separierbar vorhanden, unseparierbar, Beseitgung nötig
vermeiden, Kennzeichnung und Demontage vorsehen keine optimierung nötig mindestens Kennzeichnung vorsehen vermeiden, Kennzeichnung und Demontage vorsehen
eindeutig, sichtbar nicht sichtbar, aber Hinweis nicht sichtbar, kein Hinweis direkt zugänglich indirekt zugänglich nicht zugänglich zerstörungsfrei lösbar teilzerstörend, nur Verbindung zerstörend, auch Bauteilbeschädigung eine/wenige, einheitliche Art funktionsbedingt mehrere, standardisiert
keine Optimierung nötig Kennzeichnung vorsehen Hinweis udn Kennzeichnung vorsehen keine Optimierung nötig eventuell Demontagetiefe verbessern Änderung axiale Zugänglichkeit prüfen keine Optimierung nötig zerstörungsfreie Verbindung verwenden lösbare Verbindung verwenden keine Optimierung nötig eventuell mögliche Reduzierung prüfen
unübersichtlich
Anzahl reduzieren
gering vertretbarer Aufwand sehr hoch, nicht akzeptabel
keine Optimierung nötig eventuell mögliche Reduzierung prüfen Zugänglichkeit verbessern, Modulbauweise anwenden
optimaler Prozess vorhanden aufwändige Prozessschritte nötig kein Prozess für Stoffe vorhanden
keine Optimierung nötig Verträglichkeit prüfen Werkstoffe ändern, vereinheitlichen
15 Kriterien für eine hinsichtlich Recycling optimierte Konstruktionsplanung gemäß VDI 2243 27
8.1.2
182
III Nachhaltigkeit
zum Beispiel Module der technischen Gebäudeausrüstung im Bauwesen
Teilmodule, die einem gesonderten Recyclingverfahren unterzogen werden; • Zerstörung der Werkstoffverbindungen durch Kraftwirkung oder Lösung derselben (Aufschluss). Dies ist eine Grundvoraussetzung für die anschließende Sortierung nach Materialgruppen. Erst nach adäquater Homogenisierung der recycelten Werkstoffe können diese als Sekundärrohstoffe dem Materialkreislauf wieder zugeführt werden. Verschiedene Werkstoffe zeichnen sich bei diesem Vorgang durch stark variierende Recyclingverträglichkeit aus ( 13). Diese werkstoffspezifische Eigenschaft ist beim konstruktiven Entwurf bzw. bei der Werkstoffwahl während der Planung adäquat in Rechnung zu stellen. Entscheidend beeinflusst werden die Bedingungen, unter denen das Werkstoffrecycling stattfindet, durch die Art der Werkstoffkombination, d.h. ob herkömmliche Werkstoffverbindungen vorliegen, ein Verbundwerkstoff oder ein beschichteter Werkstoff ( 14). Werkstoffverbindungen lassen sich im Regelfall einfacher lösen als Bestandteile von Verbundwerkstoffen oder von beschichteten Werkstoffen. Innerhalb der Verbindungen wiederum erleichtern lösbare Verbindungen ein Recycling, während nicht oder nur bedingt lösbare Verbindung dieses erschweren.
8.2
Grundsätze einer recyclinggerechten Konstruktionsplanung
Solange im Bauwesen keine tragfähigen Konzepte für echtes Komponentenrecycling existieren, werden sich planerische Maßnahmen für ein möglichst umfassendes Recycling vornehmlich auf das Werkstoffrecycling konzentrieren. Wesentliche planungsbezogene Faktoren, die ein solches begünstigen, sind: 30 • im Zusammenhang mit der Baustruktur: •• modularer Aufbau; •• recyclingfähige Komponenten oder Werkstoffe gut zugänglich und leicht demontierbar gestalten; •• eine klare Trennung der Subsysteme, insbesondere die konstruktive Trennung der technischen Gebäudeausrüstung, erleichtert die Demontage von gesondert zu recycelnden Elementen; • im Zusammenhang mit Werkstoffen und Oberflächen: •• Kennzeichnung von Werkstoffen nach einschlägigen Normen und Regelwerken zwecks unzweideutiger Identifizierung bei der Sortierung; dies gilt insbesondere für Kunststoffe, deren chemische Zusammensetzung im Nachhinein schwer zu ermitteln ist;
6 Recycling
183
•• Vermeidung von Schad- und Gefahrstoffen zur Vermeidung kostspieliger Beseitigung sowie Minimierung von Umweltschäden; •• Einsatz recyclingfähiger Werkstoffe oder Werkstoffgruppen ( 14); Einsatz recyclingbezogen möglichst kompatibler Werkstoffe; auf diese Weise kann eine Wiederverwertung möglicherweise ganz ohne Separierung erfolgen; •• grundsätzlich Reduktion der Materialvielfalt und Vereinheitlichung der Werkstoffe innerhalb der Module; dadurch fallen größere Mengen einzelner Werkstoffgruppen an, die effizienter recycelt werden können, sowie auch eine geringere Anzahl verschiedener Recyclingverfahren; • im Zusammenhang mit der Verbindungstechnik: •• Anzahl und Vielfalt der Verbindungen minimieren; •• Demontagezugriff erleichtern; dies deckt sich im Wesentlichen mit der Notwendigkeit, bereits bei der Anfangsmontage den Zugriff zu erleichtern; •• Demontagerichtungen möglichst vereinheitlichen; •• zerstörungsfrei lösbare Verbindungen vorsehen und sie gut erkennbar und zugänglich gestalten; noch günstiger als lösbare Schraubenverbindungen sind formschlüssige Verbindungen, beispielsweise Schnappverbindungen; gleichzeitig bedingt lösbare oder unlösbare Verbindungen minimieren, beispielsweise Niet-, Schweiß-, oder Klebeverbindungen.
Detaillierungsebene
In 15 sind in Anlehnung an die VDI-Richtlinie 2243 weitere recyclingrelevante Planungskriterien mit entsprechendem Optimierungspotenzial gelistet. allgemein
Recyclingkonzept
produktspezifisch
modularer Aufbau
Verbindungsarten Verbindungsvielfalt
Verwertungskompatibilität
bauteilspezifisch
Zugänglichkeit
Demontagetiefe Demontagezeit
Materialvielfalt
materialspezifisch
Separierbarkeit
Demontagezeit
Detaillierungsgrad
Baustruktur
Lösbarkeit
Verbindungen
Recyclingfähigkeit
Materialauswahl Materialverträglichkeit
Werkstoffe
16 Zuordnung von Detaillierungsgrad der Konstruktionsplanung zu jeweils recyclingrelevanten Konstruktionsaspekten im Zusammenhang mit den drei konstruktiven Hauptparemtern der Baustruktur, der Verbindungen und der Werkstoffe, gemäß VDI 2243.29
184
III Nachhaltigkeit
Anmerkungen
1 2
3 4 5 6
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
18
19
20 21 22 23 24 25
Martens H, Goldmann D (2016) Recyclingtechnik – Handbuch für Lehre und Praxis, 2. Aufl., S. 1f Die folgenden Ausführen in diesem Abschnitt beruhen im Wesentlichen auf folgenden Quellen: BetonMarketing Deutschland GmbH (Hg) (2011) Nachhaltiges Bauen mit Beton – Ein Fachbeitrag für Architekten, Planer und Bauherren.; ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH: Was ist RC-Beton?; Die folgenden Abschnitte zum Werkstoff Stahl basieren im Wesentlichen auf Martens, Goldmann (2016), S. 107ff Martens, Goldmann (2016), S. 130 Diagramm aus Martens, Goldmann (2016), S. 131 (vereinfacht) Dieser Abschnitt basiert im Wesentlichen auf Martens, Goldmann (2016) und Müller, Anette (3002) Recycling von Mauerwerkbruch – Stand und neue Verwertungswege Dieser Abschnitt basiert im Wesentlichen auf Martens, Goldmann (2016), S. 341ff Dieser Abschnitt basiert im Wesentlichen auf Martens, Goldmann (2016), S. 271ff Moro J L (2016) Fußböden, Band 2: Entwurf, Nachhaltigkeit, Sanierung, Detail Praxis, S. 45 Martens, Goldmann (2016), S. 298 Moro, J L (2016) Fußböden, Band 2: Entwurf, Nachhaltigkeit, Sanierung, Detail Praxis, S. 45 Martens, Goldmann (2016), S. 302ff Moro J L (2016) Fußböden, Band 2: Entwurf, Nachhaltigkeit, Sanierung, Detail Praxis, S. 45 Martens, Goldmann (2016), S. 305f Ebda S. 306ff Ebda S. 308ff Die folgenden Informationen basieren im Wesentlichen auf: Thomé-Kozmiensky K J (1987) Recycling von Holz, Zellstoff und Papier, S. 180ff Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz, Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz KrWG), 2012; Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung DepV), 2009; Abfallverbringungsgesetz AbfVerbrG, 2007 Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz Verordnung über Anforderungen an die Verwertung und Beseitigung von Altholz (Altholzverordnung) (2002), Anhang III zu § 5, Abs. 1 Altholzverordnung (2002), § 2, Abs. 4 Altholzverordnung (2002), Anhang I zu § 3, Abs. 1 Harms M et al (Hg) (1998) Altholzverwertung – Probleme und Lösungen, S. 9 Nach 4. BImschV (Bundes-Immissionsschutz-Verordnung) Nach 4. BImschV mit Rauchgasreinigung nach 17. BImschV Dieser Abschnitt basiert im Wesentlichen auf folgenden Quellen: Martens, Goldmann (2016), S. 536ff; VDI 2243 (2002-07) Recyclingorientierte Produktenwicklung
6 Recycling
26 27 28 29 30
185
Diagramm in Anlehnung an Martens, Goldmann (2016), S. 539 Diagramm in Anlehnung an Martens, Goldmann (2016), S. 22 VDI 2243:2002-07 Recyclingorientierte Produktentwicklung, Tabelle 3.1 Ebda 3.4.1 Ebda 3.4.2; hier findet sich eine detailliertere Liste praxisbezogener Planungskriterien für ein möglichst umfassendes Recycling.
DIN 1045: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 2: 2008-08 Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität – Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 DIN 4226: Rezyklierte Gesteinskörnungen für Beton nach DIN EN 12620 Teil 101: 2017-08 Typen und geregelte gefährliche Substanzen DIN EN 206: 2017-01 Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität DIN EN 12620: 2015-07 Gesteinskörnungen für Beton Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (2016) Leitfaden Nachhaltiges Bauen DAfStb-Baustoffkreislauf-Richtlinie (1996-1999) Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (Hg) (2002) Empfehlungen für Bau und Pflege von Flächen aus Schotterrasen. Bonn Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (Hg) (2002) Richtlinien für die Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen. Bonn
Normen und Richtlinien
IV STOFFE
I
I
KONSTRUIEREN
KONSTRUIEREN
II STRUKTUR II-1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG STRUKTUR II-2II INDUSTRIELLES BAUEN II-3 MASSORDNUNG II - 1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG II 2 INDUSTRIELLES BAUEN III NACHHALTIGKEIT 3 MASSORDNUNG III-1II -KONTEXT
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Stoffe im Bauwesen .................................................188 Energetische Wirkungen ..........................................190 Elementarteile ...........................................................190 Chemische Bindungskräfte.......................................191 Grundpartikel der Materie .........................................192 Aggregatzustände .....................................................193 Die stofflichen Bindungsarten ..................................193 7.1 Atombindung .....................................................194 7.2 Ionenbindung.....................................................194 7.3 Metallbindung....................................................196 7.4 Nebenvalenzbindungen .....................................197 8. Die molekulare Stoffstruktur.....................................198 8.1 Kristalle ..............................................................198 8.2 Amorphe Stoffe .................................................201 8.3 Organische Molekülketten ................................201 9. Das Stoffgefüge ....................................................... 203 9.1 Mineralische Stoffe .......................................... 203 9.1.1 Natürliches Gestein ................................ 205 9.1.2 Künstliches Gestein ............................... 205 9.2 Metallische Stoffe .............................................214 9.3 Organische Stoffe .............................................216 9.3.1 Holz..........................................................216 9.3.2 Kunststoffe ..............................................217 10. Grenzflächen ............................................................ 220 11. Verformung .............................................................. 222 11.1 Temperaturdehnung ......................................... 223 11.2 Elastische Verformung ..................................... 223 11.3 Plastische Verformung ......................................224 11.3.1 Lastunabhängig .......................................224 11.3.2 Lastabhängig ...........................................224 11.3.3 Bedeutung plastischer Verformungen im Bauwesen ......................................... 228 12. Bruch ........................................................................ 229 13. Zersetzungsprozesse ............................................... 232 14. Brandeinwirkung ...................................................... 234 Anmerkungen ............................................................... 237 Normen und Richtlinien ................................................ 238
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_11
III-2 ÖKOLOGIE III-3 ÖKONOMIE III-4IIISOZIALES STOFFE III-5 ÖKOBILANZ -1 MATERIE III-6III RECYCLING III - 2 WERKSTOFF -3 STEIN IV III STOFFE -4 BETON IV-1III MATERIE -5 HOLZ IV-2III WERKSTOFF -6 STAHL IV-3III STEIN -7 BEWEHRTER BETON IV-4III BETON -8 KUNSTSTOFF IV-5III HOLZ -9 GLAS IV-6III STAHL IV-7 BEWEHRTER BETON IV-8 GLAS IV-9 KUNSTSTOFF
IV
BAUPRODUKTE
V IV BAUPRODUKTE -1 KÜNSTLICHE STEINE V-1 IV KÜNSTLICHE STEINE -2 HOLZPRODUKTE V-2IV HOLZPRODUKTE -3 STAHLPRODUKTE V-3IV STAHLPRODUKTE -4 GLASPRODUKTE V-4IV GLASPRODUKTE -5 KUNSTSTOFFPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI FUNKTIONEN FUNKTIONEN VI-1V SPEKTRUM VI-2 KRAFTLEITEN 1 SPEKTRUM VI-3V -THERMOHYGRIK 2 KRAFT LEITEN VI-4V -SCHALLSCHUTZ V 3 THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN VI-5 BRANDSCHUTZ V 4 SCHALLSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT V-5 BRANDSCHUTZ V 6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG
188
1.
IV Stoffe
Stoffe im Bauwesen
Kap. IV-2 Werkstoff, S. 240
Bauwerke werden aus Stoffen hergestellt, die in der Regel einem mehr oder weniger langen und aufwendigen technischen Umwandlungsprozess unterworfen werden, um die erwünschten Stoffeigenschaften oder die nötige Verarbeitbarkeit bzw. Formgebung zu erzielen, die einen baulichen Einsatz erlauben ( 1, 2). Diese Stoffe, aus denen das Bauwerk besteht, bezeichnet man als Werkstoffe, da sie zweckorientiert und veränderte Folgeprodukte simpler Rohstoffe sind. Sie machen die für den Planer und Konstrukteur verfügbare Stoffpalette der Baukonstruktion aus. Neben ihnen spielen im Laufe der Lebensdauer des Bauwerks jedoch auch andere Stoffe eine wichtige Rolle, die im Zusammenhang des Konstruierens ebenfalls eine nähere Betrachtung erfordern. Dazu zählen: • Wasser in seinen verschiedenen Aggregatzuständen flüssig, fest und gasförmig; • Luft, meist mit darin enthaltenen Schwebstoffen (z.B. aggressive Chemikalien); • Böden, auf denen das Bauwerk gegründet ist. Diese können sowohl durch ihr mechanisches Verhalten auf das Bauwerk wirken als auch durch ihre Eigenschaft als Trägerstoff für Wasser und andere Substanzen. Im Zusammenspiel der am Bauwerk beteiligten Werkstoffe mit anderen Stoffen aus der näheren Umwelt vollziehen sich verschiedene physikalische und chemische Prozesse ( 3, 4), die für die Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit der Bausubstanz über ihre geplante Lebensdauer hinweg von entscheidender Bedeutung sind. Diese Prozesse sind entweder für die Erfüllung der Funktionen, die den Teilen des Gebäudes zugedacht sind, notwendig oder können in Ermangelung geeigneter Gegenmaßnahmen hingegen dazu führen, dass diese nicht mehr zuverlässig erfüllt werden. Dabei bestimmt der chemische Aufbau der Stoffe weitgehend ihr physikalisches Verhalten, das wiederum entsprechende technische Maßnahmen nach sich zieht, um es entsprechend unseren baulichen Zielsetzungen zu steuern. Aus diesem Grund soll im Folgenden eine nähere, wenn auch für bauliche Zwecke vereinfachte Betrachtung des grundsätzlichen atomaren oder molekularen Aufbaus von Materie sowie der chemischen Struktur der für Bauwerke relevantesten Stoffgruppen erfolgen.
1 Materie
189
1 Gießen des Rohstahls
2 Verarbeitung des Stahls zum Bauprodukt
3 Betonabplatzungen durch Korrosion der Bewehrungsstähle
4 Schädigung des Holzes durch einen Holzschwamm
190
2.
IV Stoffe
Energetische Wirkungen
Neben den Werkstoffen im engeren Sinn und den Stoffen, die das Bauwerk als atmosphärische Wirkstoffe beeinflussen, gilt es auch, energetische Einflüsse aus der Umwelt zu berücksichtigen. Dazu zählen:
Kap. VI-3 Thermohygrik, S. 642
• Wärmestrahlung im infraroten, sichtbaren oder ultravioletten Spektralbereich;
Kap. VI-3 Thermohygrik, S. 642
• Temperaturgefälle zwischen dem Innen- und dem Außenraum eines Bauwerks;
Kap. VI-3 Thermohygrik, S. 642
• Gasdruckgefälle zwischen Innen- und Außenraum; dieses Kriterium hat insbesondere im Zusammenhang mit dem Wasserdampfhaushalt der Konstruktion große Bedeutung;
Kap. VI-4 Schallschutz, S. 684
• Schallschwingungen, die insbesondere im Zusammenhang mit der Gebrauchstauglichkeit von Bauwerken eine wichtige Rolle spielen, sowie nicht zuletzt:
Kap. VI-2 Kraftleiten, S. 496
3.
Elementarteile
• Lasten, die infolge der Erdanziehungskraft auf alle Bauteile wirken und einen fundamentalen Einfluss auf die Gestaltung und Konstruktion von Bauwerken haben.
Die Grundstoffe für die im Bauwesen verwendeten Werkstoffe sind die im Periodensystem erfassten chemischen Elemente – etwas mehr als 100. Ihre kleinsten, chemisch nicht mehr reduzierbaren Elementarteilchen sind die Atome. Die positive Ladung eines Atomkerns wird von den negativ geladenen Elektronen der Atomhülle neutralisiert, sodass das Atom nach außen hin elektrisch neutral wirkt ( 5). Unabhängig vom Aggregatzustand des Stoffs sind in jedem Mol: NA = 6,022 · 1023 Atome (Avogadro-Zahl) enthalten. Allerdings ist die Verteilung und Dichte der Packung sehr unterschiedlich: ein cm3 Kupfer enthält ein cm3 Luft enthält
8,46 · 1022 Atome, 5,38 · 1019 Atome,
also mehr als 1000mal weniger pro Volumeneinheit als Kupfer. Dies erklärt die Unterschiede in Rohdichte, spezifischer Wärmespeicherfähigkeit – bei Luft sehr klein – sowie im Diffusionswiderstand gegenüber gasförmigen Stoffen. Atome haben einen Durchmesser zwischen: 0,03 und 0,3 nm (1 Nanometer = 10 -9 m)
1 Materie
191
und liegen damit selbstverständlich jenseits der baulich relevanten makroskopischen Abmessungen. Dennoch sind mit bloßem Auge auch einmolekulare Schichten erkennbar wie z.B. Ölfilme auf Flüssigkeiten, Seifenhäute etc.1 Charakteristisch für das jeweilige Element ist die Art, wie die Elektronen entweder zu stabilen Paaren gekoppelt sind (paarige Elektronen) oder sich als (unpaarige) Valenzelektronen ohne Kopplungspartner auf bestimmten Orbitalen befinden. Diese mit Valenzelektronen einfach besetzten Orbitale sind zu einer chemischen Bindung mit anderen Atomen befähigt. 2 Stellt sich eine Überlappung der Atomhüllen bzw. der Aufenthaltsräume der Valenzelektronen ein, so entsteht eine kovalente Bindung oder Atombindung ( 6). Sie stellt die einfachste Art der chemischen Bindungskraft dar. Zwei oder mehrere aneinander gekoppelte Atome ergeben ein Molekül, die kleinste Einheit einer chemischen Verbindung.3 Abgesehen von einigen Metallen, die als reine chemische Elemente technisch eingesetzt werden, sind die meisten im Bauwesen vorkommenden Stoffe mehr oder weniger komplexe chemische Verbindungen von Elementen. Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Stoffe sind wesentlich durch die Reaktionsfähigkeit und folglich durch die Struktur der Elektronenhüllen der beteiligten Atome vorbestimmt. Die chemischen Bindungskräfte sind die Grundlage für den stofflichen Zusammenhalt und die Stabilität des Stoffgefüges, von dem wiederum die Standfestigkeit und Gebrauchstauglichkeit eines Bauwerks abhängt. Werden sie beispielsweise bei Feststoffen durch unerwünschte Einflüsse aufgehoben, kommt es zum Bruch oder dem Zerfall des Stoffs, bzw. zur chemischen Umwandlung in einen anderen Stoff, der nicht mehr die erwünschten Eigenschaften des Ausgangsstoffs besitzt. Mögliche Einwirkungen sind:
Chemische Bindungskräfte
• Kraft
Abschn. 12. Bruch, S. 229
• Zersetzungsprozesse
Abschn. 13. Zersetzungsprozesse, S. 232
• Brand
Abschn. 14. Brandeinwirkung, S. 234
Abschn. 7. Die stofflichen Bindungsarten, S. 193
5 Atommodell (O) mit zwei Kugelschalen aus Elektronen unterschiedlicher Energiestufen 6 Überlappung – kovalente Bindung (vereinfacht). Symmetrische Konfiguration, nach außen hin nicht polar (vgl. demgegenüber 10-12)
4.
192
5.
IV Stoffe
Grundpartikel der Materie
7, 8, 9 Schematische Darstellung des Elektronenübergangs zwischen zwei Atomen (Na und Cl). Es entstehen jeweils ein positiv geladenes Natriumion Na+ und ein negativ geladenes Chloridion Cl–.
Atome können unter äußerem Einfluss – z.B. beim Zusammenstoß mit energiereichen Teilchen – einzelne Elektronen abstoßen oder fremde Elektronen in die Atomhülle aufnehmen. Sie werden dann zu jeweils positiv oder negativ geladenen Ionen oder Atomrümpfen ( 7, 8). Diese sind elektrisch nach außen nicht mehr neutral, sie zeigen aufgrund ihrer deutlich ausgeprägten Polarität ( 9) oder elektrischen Ladung stattdessen eine erhöhte Reaktionsfähigkeit mit anderen Ionen. Sie bilden molekulare Verbindungen mit Ionen desselben Elements oder auch eines oder mehrerer fremder Elemente.
+
–
1 Materie
Stoffe können abhängig vom herrschenden Druck und der Temperatur verschiedene Aggregatzustände annehmen, und zwar fest, flüssig, oder gasförmig.4 Druck und Temperatur wirken auf die zwischenatomaren oder -molekularen Bindekräfte und lockern diese, je nach Stoffgruppe, ab einem spezifischen Schwellenwert oder in einem breiteren Übergangsbereich. Als Folge davon geht ein Feststoff, bei dem starke stoffliche Bindekräfte wirken, in flüssigen Zustand über (Schmelzen), bei dem diese deutlich an Kohäsionswirkung verlieren, sodass die Atome oder Moleküle frei aneinandergleiten. Dennoch besteht ein stofflicher Zusammenhalt und es bildet sich eine deutlich erkennbare Grenzfläche. In der Folge tritt die Flüssigkeit in gasförmigen Zustand über, sodass die stoffliche Bindung sich weitestgehend löst und das Gas sich ohne äußere Druckeinwirkung frei ausdehnt. Geht der Stoff vom festen direkt in den gasförmigen Zustand über, spricht man von Sublimation. Die Umkehrung des Schmelzens wird als Erstarren, die der Verdampfung als Kondensation bezeichnet. Diese sogenannten Phasenübergange zwischen Aggregatzuständen
193
Aggregatzustände
6.
Abschn. 11.1 Temperaturdehnung, S. 223 z.B. amorphe Stoffe, siehe Abschn. 8.2 Amorphe Stoffe, S. 201
Abschn. 14 Brandeinwirkung, S. 234 Verdampfung
• verbrauchen Wärme, wie beim Schmelzen, dem Verdampfen und der Sublimation, oder • setzen Wärme frei, wie bei Kondensation und Erstarren. Alle Atome – außer denen der Edelgase – haben die Tendenz, ihre Elektronenschale in die stabilere Edelgaskonfiguration mit acht abgesättigten Elektronen desjenigen Edelgases zu überführen, das im Periodensystem dem Element vorangeht oder folgt. Dies erfolgt durch Abgabe oder Aufnahme eines oder mehrerer Elektronen bzw. durch gemeinsame Nutzung von Elektronenpaaren. Diese Neigung ist die Grundlage für das Entstehen von chemischen Bindungen. Je nach den vorliegenden Verhältnissen stellen sich verschiedene Bindungsarten ein, bzw. Kombinationen derselben; 5 zunächst die sogenannten Hauptvalenzbindungen: • Atombindung • Ionenbindung • Metallbindung sowie die mit wesentlich schwächeren Bindungskräften wirkenden Nebenvalenzbindungen: • Molekularbindung • Wasserstoffbrückenbindung. Da diese Bindungsarten zahlreiche charakteristische Eigen-
Die stofflichen Bindungsarten die sogenannte Edelgasschale oder Achterschale nach der sogenannten Oktett-Theorie
7.
194
IV Stoffe
schaften von Stoffen, die für das Bauwesen relevant sind, erklären, sollen sie im Folgenden näher betrachtet werden:
7.1
Atombindung
sogenannte m-Bindung
S: Ladungsschwerpunkt positiv und negativ
S
Cl
Cl
10 Symmetrischer Aufbau der Bindung aus gleichen Atomen: Ladungsschwerpunkte fallen zusammen.
7.2
Ionenbindung
Abschn. 5. Grundpartikel der Materie, S. 192
Die Atombindung – auch kovalente oder homöopolare Bindung, Kovalenzbindung, Elektronenpaarbindung genannt – entsteht aus der Bindung zweier Valenzelektronen und erfolgt durch gemeinsame Anlagerung zweier Elektronen durch zwei Atome. Ein Elektronenpaar gehört folglich gemeinsam zwei Atomen an, die dadurch den abgesättigten Zustand der Edelgaskonfiguration erreichen. Die Quantenmechanik erklärt dies durch das Überlappen zweier Atomorbitale ( 6). Die Bindungskraft ist zwischen beiden Atomkernen gerichtet. Die einfachste Atombindung entsteht zwischen Atomen des gleichen Elements. Beide Atome weisen dann die gleiche Elektronegativität ( 10) auf, also die gleiche Stärke im Bestreben, Elektronen kovalent zu binden. Die m-Bindung schafft eine ausgewogene Polarität, das Molekül ist nach außen hin elektrisch neutral. Sind mehr als ein gemeinsames Elektronenpaar für die Erlangung der Edelgaskonfiguration erforderlich, können sich auch Mehrfachbindungen einstellen. Da durch die Anlagerung der Valenzelektronen in einer den Atomkernen gemeinsamen Wolke die Edelgaskonfiguration erreicht wird, ist das so gebildete Molekül nach außen hin weitgehend stabil und zeigt nur sehr schwache Bindungstendenz. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Elektronegativität beider Atome ausgeglichen ist, also zwei Atome des gleichen Elements beteiligt sind. Sind Atome verschiedener (nichtmetallischer) Elemente beteiligt, besteht zumeist ein Unterschied in der jeweiligen Elektronegativität ( 11), sodass der Ladungsschwerpunkt nicht symmetrisch im Molekül angeordnet ist, sondern zu einem der beiden Atome – dem mit der größeren Elektronegativität – verlagert ist. Auf diese Weise entsteht ein nach außen hin polares, elektrisch nicht mehr neutrales Molekül, das einen positiven und einen negativen Ladungsschwerpunkt aufweist. Man nennt es einen Dipol. Ein für das Bauwesen fundamentales Beispiel ist Wasser (H2O) ( 12). Atombindungen können auch zur Bildung größerer Moleküle führen, bei denen die Atome in einem regelmäßigen Raster angeordnet sind, dem Atomgitter ( 13). Aufgrund der Stärke der Atombindung entstehen dann außerordentlich harte und chemisch stabile Verbindungen wie beispielsweise Diamant (C) und Quarz (SiO2). Das Ziel, die stabile Edelgaskonfiguration zu erreichen, wird bei der Ionenbindung nicht durch gemeinsames Nutzen eines Elektronenpaars durch zwei Atome erreicht, sondern durch vollständiges Abgeben eigener Elektronen bzw. Anlagern fremder Elektronen in der Atomhülle. Es entstehen dadurch elektrisch geladene Teilchen, da die Anzahl der Elektronen der Hülle nicht mehr mit derjenigen der Protonen im Kern übereinstimmt. Es bilden sich Ionen, also positiv
1 Materie
195
S +: positiver Ladungsschwerpunkt S –: negativer Ladungsschwerpunkt
δ–
S–
S+
δ+
δ–
11 Elektronegativität polar (unausgewogen) mit +/– Teilladungen. Es entsteht ein Dipol.
δ+ H
δ+
Cl
12 Die Elektronegativität des Wassermoleküls ist in seinem asymmetrischen Aufbau begründet (Kalottenmodell). Es ist ein Dipol.
13 Atomgitter schematisch 14 Kugelmodell einer Ionenbindung. Die positiv und negativ geladenen Ionen des Raumgitters sind jeweils hell- und dunkelgrau dargestellt.
geladene Kationen (+) und negativ geladene Anionen (–). Sie sind zwar nach Erreichen der Edelgaskonfiguration reaktionsträge, aber elektrisch geladen und infolgedessen zur Bildung größerer Strukturen befähigt. Also ist die elektrische Ladung – nicht mehr die Tendenz zur Absättigung durch Valenzbindung – die eigentliche Antriebskraft der Ionenbindung (die sogenannte Coulombsche Kraft). In der Tat ziehen sich die Ionen infolge ihrer Polarität gegenseitig an und erzeugen aufgrund der Ausrichtung ihrer Ladung geometrisch regelmäßige Kristallgitter. Positiv geladene Ionen sind dann in einem strengen, immer wiederkehrenden geometrischen Muster – dem Raumgitter – von einer bestimmten Anzahl negativ geladener Ionen umgeben und umgekehrt ( 14). Hierbei kann nicht mehr von einzelnen isolierten Molekülen die Rede sein wie bei der Atombindung. Vielmehr entsteht eine Art Riesenmolekül aus einem räumlich ausgedehnten Gerüst, das die Teilchen, also in diesem Fall die Ionen, in eine Fernordnung zwingt. Diese aus einem regelmäßigen Raumgitter bestehenden Einkristalle – solche mit einer durchgehenden Kristallordnung – können makroskopische Abmessungen von bis zu mehreren Zentimetern erreichen.6 Ionenbindungen sind die Grundlage des Materialgefüges mineralischer Werkstoffe wie sie im Bauwesen Verwendung finden. Diese sind vorwiegend Oxide und Salze. Die spezifische Bindungskraft (Gitterenergie) zwischen
196
IV Stoffe
Gitterenergie durchschnittlich 1600 kJ/mol im Vergleich zu 400 kJ/mol bei der Atombindung 7 Abschn. 12. Bruch, S. 229
Metallbindung
rund 400 kJ/mol
Abschn. 11. Verformung, S. 222
Ähnlich wie bei der Atombindung, bei der sich die Valenzelektronen im Zeitmittel in einer gemeinsamen Ladungswolke zwischen den gebundenen Atomen befinden, lösen sich die beweglichen Elektronen bei Metallatomen von den Rümpfen und begeben sich in eine Elektronenwolke, die allen zusammengepackten Atomen gemeinsam ist: das sogenannte Elektronengas ( 15). Im Gegensatz zur Atombindung entsteht keine gerichtete Bindung (mBindung), sondern ein negativ geladenes Medium aus allseits frei beweglichen Elektronen, die eine Art Kitt oder Matrix bilden, in welche die Metallatomrümpfe eingebettet sind. Eine echte Absättigung zur Edelgaskonfiguration findet nicht statt. Es wirken keine Kräfte aus unterschiedlicher Polarität wie bei der Ionenbindung, da alle Atomrümpfe positiv geladen sind. Diese werden stattdessen durch das negativ geladene Elektronengas zu außerordentlich dichten Packungen zusammengefügt; maßgeblich ist dabei nur der Durchmesser der Atome. Wiederum formen sich analog zur Ionenbindung regelmäßige Raumgitter, also kristalline Strukturen mit Fernordnung ( 16), die allerdings im Gegensatz zur Ionenbindung keine ausgeprägte Ausrichtung aufweisen, sondern hoch symmetrisch sind. Obgleich auch bei der Metallbindung starke Gitterkräfte wirken,8 ist die Bindung zwischen den Atomen nachgiebiger für Verschiebungen einzelner Atompakete gegeneinander als bei der Ionenbindung. Dieser charakteristische molekulare Aufbau erklärt die elektrische Leitfähigkeit und hohe Wärmeleitfähigkeit der Metalle – die freie Beweglichkeit der Elektronen im Elektronengas – sowie ihre große Dichte, ihren Glanz und ihre Zähigkeit bei Verformungen, also die Fähigkeit, vor dem Bruch starke Verformungen zu vollziehen.
15 Vereinfachtes Schaubild von Atomkern und Elektronenwolke mit zugehöriger Ladung 16 Kugelmodell einer Metallbindung. Zwischen den Gitterbausteinen ist das Elektronengas behelfsmäßig in Form einer halbdurchsichtigen Matrix dargestellt.
+ -
-
7.3
exakt lokalisierten positiven und negativen Ladungsträgern (Kationen und Anionen) ist vergleichsweise groß und bindet diese unverschieblich starr aneinander. Dies erklärt kennzeichnende Eigenschaften der Minerale wie ihre Härte und Sprödigkeit.
1 Materie
197
Unter Nebenvalenzbindungen versteht man solche, die auf vergleichsweise schwachen elektrostatischen Anziehungskräften zwischen bereits abgesättigten Molekülen beruhen. Sie erreichen Stärken im Bereich von 8 bis 20 kJ/ mol.9 Man unterscheidet die
Nebenvalenzbindungen
• Van-der-Waals-Bindung infolge zwischenmolekularer elektrostatischer Anziehungskräfte ( 17). Die Atome/ Moleküle – induzierte Dipole mit unsymmetrischem Ladungsschwerpunkt – sind im Verband frei beweglich. Die Ladungsverteilung im lockeren Gefüge wechselt infolgedessen beständig. Diese Bindungsart kommt im Bauwesen bei weichen und leicht schmelzbaren Kunststoffen (Thermoplasten) vor 10 sowie auch bei Flüssigkeiten (Benzol) und Gasen (H2, O2).11 • Wasserstoffbrückenbindung infolge der elektrostatischen Anziehung zwischen permanenten Dipolen (wie Wasser) ( 18). Sie beruht auf der Fähigkeit des Wasserstoffatoms, eine Bindung mit mehr als einem weiteren Atom einzugehen. Diese Art Bindung erklärt auch wesentliche Eigenschaften des Wassers, die für das Bauwesen eine fundamentale Bedeutung haben: so beispielsweise die Haftung von Wassermolekülen an Oberflächen von Festkörpern sowie einige bei näherem Hinsehen bemerkenswerte physikalische Eigenarten von Wasser wie der vergleichsweise hohe Schmelz- und Siedepunkt. Auch bei der kristallinen Struktur von Eis sind Wasserstoffbrücken beteiligt. Ferner erklären sich baulich äußerst relevante Prozesse wie die Hydratation des Zements sowie auch wichtige Eigenschaften von Kunststoffen aus den Eigenarten dieses Bindungstyps.12
deshalb der Begriff ‚Wasserstoffbrücke‘
Abschn. 10. Grenzflächen, S. 220
Abschn. 9.1.2 Künstliches Gestein – hydraulische Bindemittel, S. 211 Abschn. 9.3.2 Kunststoffe, S. 217
δ–
-
δ+
-
δ+
δ–
- +
+
δ–
-
δ+
δ+
δ+
δ+
17 Schaubild einer Van-der-Waals-Bindung 18 Wasserstoffbrückenbindung zwischen Wassermolekülen
7.4
198
8.
IV Stoffe
Die molekulare Stoffstruktur
Bei der Ausbildung komplexerer Verbindungen aus einzelnen Atomen chemischer Elemente auf molekularer Ebene können sich chemische Strukturen mit strenger regelmäßiger Ordnung bilden, also: kristalline Raumgitter ( 19) oder unregelmäßige Gefüge aus Atomen oder Molekülen, die amorphen Gefüge ( 20), bei denen keinerlei Fernordnung wie bei den Kristallen erkennbar ist. Kristallines Gefüge weisen Stoffe wie Metalle, Mineralien, Eis auf, als amorphe Stoffe gelten beispielsweise Glas und Kunststoffe. Die Eigenheiten des molekularen Aufbaus von Kristallen und amorphen Stoffen sind fundamental für das Verständnis des spezifischen Verhaltens baurelevanter Stoffe und sollen im Folgenden näher beleuchtet werden.
19 Kristallgitter: regelmäßige Ordnung 20 Amorphes Gefüge: keine Ordnung
8.1
Kristalle die Metallbindung wird in der Literatur manchmal als Spezialfall der Ionenbindung betrachtet
Kristalle bilden sich sowohl als Folge der Ionen- wie auch der Metallbindung, man kann also festhalten, dass mineralische und metallische Stoffe auf diesem Aufbau basieren. Wie ausgeführt, kann man einen Kristall folgendermaßen definieren: Ein Kristall ist ein fester Stoff, dessen kleinste Bausteine nach bestimmten Symmetrieverhältnissen periodisch angeordnet sind.13
21 Quarzkristall
Viele Feststoffe zeigen ihren kristallinen Aufbau bereits bei Betrachtung mit bloßem Auge. Sie bestehen aus großen Kristallen mit regelmäßigen ebenen Begrenzungsflächen in kennzeichnender polyedrischer Anordnung ( 21). Sofern sie spaltbar sind, zerfallen sie entlang deutlich erkennbarer Trennebenen. Im mikroskopischen Maßstab leiten sich Kristallgitter im Wesentlichen von sechs verschiedenen Grundmustern ab, denen spezifische Koordinatensysteme zugrundeliegen. Diese regeln die exakte Winkellage der Gitterelemente zueinander und die Abstände zwischen ihnen. Im Raumgitter, das sich zunächst theoretisch unendlich
1 Materie
199
Temperatur
erstreckt, praktisch aber infolge verschiedener Störeinflüsse im Rahmen des Einkristalls begrenzt bleibt, sind die Gitterelemente Schwingungen unterworfen, die mit ansteigender Temperatur zunehmen. Bei Erreichen der Schmelztemperatur wird die zusätzlich zugeführte Wärme (mengenmäßig gleich der bindenden Gitterenergie) zunächst zum Lösen der Gitterstruktur aufgebraucht, sodass zunächst trotz ansteigender Temperatur ein charakteristischer Stillstand (Haltepunkt) ( 22) eintritt, bevor die Gitterstruktur auseinanderbricht und der Feststoff in eine viskose bis flüssige Schmelze übergeht. Dann gehen die Teilchen in eine ungeordnete, also amorphe Struktur über. Im Wesentlichen befinden sich amorphe Stoffe auch nach der Verfestigung in diesem, einer Schmelze vergleichbaren Zustand. Bei ihnen kommt es als Folge besonderer Verhältnisse nie zu einer Kristallisation. Die Schmelze erstarrt zwar zum Feststoff, doch ohne die Fernordnung des Kristalls zu generieren. Es existiert auch kein ausgeprägter Schmelz- oder Erstarrungspunkt; der Wechsel von einem Aggregatzustand zum anderen erfolgt bei amorphen Stoffen bruchlos kontinuierlich. Das Ausbilden des Kristalls bei Erstarren der amorphen Schmelze wird als Kristallwachstum bezeichnet und entsteht durch das Einrasten oder Einrenken der Gitterbausteine in die strenge Kristallordnung als Folge der aktivierten Ionen- oder Metallbindungskräfte. Kristallwachstum kann auch beim Kristallisieren von Lösungen auftreten. Dieser Prozess ist von komplexen Einflüssen abhängig und findet gleichzeitig an zahlreichen Orten statt. Es bilden sich verschiedene, räumlich getrennte Einkristalle ( 23) aus, die im Verlauf des Kristallwachstums an ihren Grenzen aneinanderstoßen und sich in ihrer Ausdehnung gegenseitig behindern oder blockieren, sodass der Prozess zum Stillstand kommt. Als Folge davon findet man nur in den seltensten Fällen reine Kristallstrukturen mit durchgängiger, störungsloser Fernordnung gemäß Theorie vor, sondern mehr oder weniger körnige Gefüge einzelner – ihrerseits mit Wachstumsfehlern behafteter – Einkristalle, die als Kristallite bezeichnet werden. Deswegen werden etwaige Ausrichtungen des Raumgitters im dreidimensionalen Raum, also Anisotropien, die für den einzelnen Kristallit gelten, oftmals durch die wahllose Ausrichtung der Einzelkörner im Gesamtgefüge wieder aufgehoben, sodass auf makroskopischer BetrachAbkühlung
Erwärmung
flüssig (Schmelze)
flüssig (Schmelze)
Haltepunkt
fest (Kristall)
fest (Kristall)
22 Haltepunkt beim Schmelzen oder Verfestigen Zeit
23 Gefüge aus Einkristallen mit jeweils in sich geordneten Kristallgittern (s. auch 58)
200
IV Stoffe
tungsebene wieder ein isotroper Stoff entsteht – wie z.B. bei Metallen der Fall.14 Die regelmäßige Grundstruktur des kristallinen Raumgitters ist in Wirklichkeit mit zahlreichen Gitterbaufehlern durchsetzt. Dies können unbesetzte Fehlstellen im Gitter sein ( 24), Substitutions- ( 25) oder auch Zwischenbausteine ( 26) im Raum zwischen den Gitterknoten. Es gibt ferner Versetzungen des Gitters, bei denen das Ordnungsraster eines bestimmten Gitterabschnitts um einen oder mehrere Gittermodulmaße, um ein Vielfaches der sogenannten Elementarzelle, verspringt ( 27, 28). Diese lokalen Strukturfehler sind oftmals Ausgangspunkte für Gleitprozesse oder Risse im Gefüge. Man spricht unter Berücksichtigung dieser Abweichungen gegenüber dem Idealkristall vom Realkristall oder von der Realstruktur.
24 Fehlstellen im Raumgitter. Einzelne Orte für Gitterbausteine sind nicht besetzt. 25 Substitutionsmischkristall (SMK). Größere Atome der Zweitkomponente können sich nicht in Zwischengitterlücken einordnen. Es erfolgt stattdessen die Substitution eines regulären Gitterbausteins. Beispiel: Cr, Ni im Fe-Gitter des Stahls.15
26 Einlagerungsmischkristall (EMK). Kleinere Atome der eingelagerten Komponente lagern sich in Zwischengitterlücken ein regelloser Ordnung ein. Beispiel: Kohlenstoff C in einem Fe-Raumgitter wie bei Stahl.16 27 Gitterbaufehler – Schraubenversetzung 17
28 Gitterbaufehler – Stufenversetzung 18
1 Materie
201
Wie erwähnt, weisen amorphe Stoffe keinerlei erkennbare regelmäßig-periodische Fernordnung auf, sondern bestehen aus einem ungeordneten Gefüge. Sie entstehen aus der Erstarrung einer Schmelze, die durch Erwärmung kontinuierlich, ohne klar definierten Schmelzpunkt wieder in viskosen Zustand versetzt wird. Man kann bei amorphen Stoffen also von einer festen Lösung sprechen.19
Amorphe Stoffe
8.2
Im Gegensatz zu den besonderen Eigenschaften der Metallatome und des Siliciumatoms, die Grundbausteine für die kristallinen und einige amorphe Stoffe sind, die im Bauwesen vorkommen, weist das Kohlenstoffatom C die Tendenz auf, kovalente oder Atombindungen einzugehen. Die kovalente Bindung mit sich selbst (z.B. im Diamant) bzw. mit dem Wasserstoffatom H ist außerordentlich stabil. CH-Verbindungen werden als Kohlenwasserstoffe bezeichnet und stellen die stoffliche Grundlage für alle lebenden Organismen wie auch für alle Kunststoffe dar ( 29-31). Im baulichen Einsatz finden sich zahlreiche organische Substanzen aus Kohlenwasserstoffen. Zu ihnen zählen:
Organische Molekülketten
8.3
dessen Elektronegativität 2,1 nahe bei der des Kohlenstoffs 2,4 liegt
• Holz (Grundbaustoff Cellulose); • Kunststoffe; • bituminöse Bindemittel. Allen diesen Stoffen ist eine charakteristische Struktur aus langen Molekülketten oder Makromolekülen gemeinsam. Diese können wie die Kristalle als Riesenmoleküle ( 32) H H H H
C
C
H
C
H H H
29 Verbindung eines Kohlenstoffatoms mit vier Wasserstoffatomen zu CH4 (Methan) 30 Verbinden sich zwei Kohlenstoffatome mit einer Doppelbindung, werden jeweils zwei H-Atome angelagert. Es entsteht Ethen, auch als Ethylen bezeichnet.
H
CH2
C
CH2
H
H C H
CH2
H
31 Aus zwei CH4-Tetraedern entsteht ein EthanMolekül.
CH2
32 Eine Polymerkette aus Ethylenmolekülen entsteht durch Aufbrechen der C-Doppelbindung (vgl. 30) und Einregeln der C- und H-Atome in die Tetraeder-Grundstruktur (wie in 31). Das Resultat ist Polyethylen.
202
IV Stoffe
bezeichnet werden, deren Abmessungen bis in makroskopische Größenordnung reichen können. Sie weisen gegenüber Kristallen aber stark abweichende Charakteristika auf. Ihnen fehlt in den meisten Fällen – Holz teilweise ausgenommen – die Festigkeit und Beständigkeit von kristallinen Feststoffen. Makromolekulare Stoffe, deren Bausteine in ihrem Aufbau einer erkennbaren periodischen Ordnung folgen, bezeichnet man als Polymere. Der Vorgang, bei dem Molekülketten entstehen, die Polymerisation, ist teilweise mit dem Prozess des Kristallwachstums vergleichbar: unter externer Energiezufuhr – beispielsweise aus der Sonneneinstrahlung – werden Atomrümpfe (Radikale), Ionen oder ungesättigte Monomere (einfachere molekulare Bausteine) zu längeren Strängen oder netzartigen Strukturen synthetisiert. Dies erfolgt in Form einer Kettenreaktion. Die Photosynthese, bei der unter der Einwirkung von Licht und dem Initiator Chlorophyll Grundbaustoffe der Pflanzen – und damit des Holzes – wie Cellulose und Lignin erzeugt werden, ist ein Beispiel für einen natürlichen Polymerisationsprozess. Auf künstlichem Wege erfolgt beispielsweise die Synthetisierung von Kunststoffen. 20 Allen Polymeren gemeinsam sind folgende wesentliche Eigenschaften: 21 • gute Beständigkeit gegen den Angriff anorganischer Säuren, Basen und Salzen. Gute Dauerhaftigkeit gegenüber Witterungseinflüssen; • Empfindlichkeit gegenüber Sauerstoff, hohen Temperaturen und UV-Strahlung. Übermäßige Wärme spaltet die Atombindung der Makromoleküle aus C und H. Dies gilt auch für die UV-Strahlung, wenngleich sich bei ihr der Zersetzungsprozess über einen längeren Zeitraum erstreckt. Sowohl Kunststoffe als auch bituminöse Substanzen und Holz reagieren aus diesem Grund empfindlich gegen übermäßige Sonneneinstrahlung. Es sind deshalb besondere planerische und konstruktive Maßnahmen erforderlich, um diesem Umstand Rechnung zu tragen. Diese Charakteristik erklärt auch die vergleichsweise hohe Empfindlichkeit organischer Stoffe gegen Feuer; • geringe Steifigkeiten (E-Module) haben bislang organischen Baustoffen – mit Ausnahme von Holz –, die Verwendung in Primärtragwerken weitgehend verwehrt. Es gibt Bestrebungen, insbesondere Kunststoffe – wegen ihrer guten Beständigkeit und guten Wärmedämmfähigkeit, s.u. – für diesen Zweck tauglich zu machen. Hohe Plastizität und Elastizität erweisen sich bei bituminösen Substanzen für einzelne Funktionen wie Abdichten hingegen als deutlicher Vorzug;
1 Materie
203
• gutes Wärmedämmvermögen infolge der Atombindung im Vergleich zu anorganischen Stoffen. Dies ist insbesondere unter dem aktuellen Gebot der Energieeinsparung ein großer Vorzug von Holz und Kunststoffen, insbesondere im Einsatz an Gebäudehüllen. Atom- oder Molekularstrukturen, wie sie in vorangegangenen Abschnitten besprochen wurden, geben den submikroskopischen Aufbau eines Stoffs wieder, erstrecken sich zumeist aber nicht kontinuierlich regelmäßig über einen Festkörper mit bautypischen Abmessungen. Sie sind stattdessen in einem für den jeweiligen Stoff typischen makroskopischen Material- oder Stoffgefüge geordnet, das dem Prinzip des molekularen Aufbaus gewissermaßen übergestülpt oder überlagert ist ( 33-35). Das makroskopische Stoffgefüge ist für den technischen Einsatz, beispielsweise im Bauwesen, von entscheidender Bedeutung. Es soll im Folgenden in seinen übergeordneten Hauptkategorien näher betrachtet werden:
Das Stoffgefüge
33 Starke Abweichungen im Materialgefüge von Gesteinen
35 Materialgefüge von Holz
34 Materialgefüge von Stein
Mineralische Stoffe weisen fast ausschließlich einen kristallinen Grundaufbau auf. Alle natürlichen Gesteine sind entweder magmatischen Ursprungs, d.h. sind direkt aus dem Erstarren von glühender Magma entstanden, oder leiten sich indirekt von Erosionsprodukten von Magmagestein ab, die im Rahmen geologischer Formungsprozesse unter Einwirkung von Wärme und Druck erneut zu festem Gestein gefügt wurden. Auch künstliche Steine basieren auf den gleichen magmatischen Grundgesteinen. 22 Der chemische Grundbaustein mineralischer Stoffe ist Siliciumdioxid (SiO2), in der Erscheinungsform als Quarz, sowie Aluminiumoxid (Al2O3) und andere Oxide. Das Siliciumdioxid kristallisiert in Kristallkeimen zu Riesenmolekülen mit Raumgitterstruktur. Dabei ist das Siliciumatom tetraedrisch von vier Sauerstoffatomen umgeben ( 36). Diese dreidimensionale Elementarzelle ist, dank der bindungsfähigen Sauerstoffatome an den Ecken, in der Lage, ausgedehnte räumliche Gitterstrukturen zu generieren ( 37) und bil-
Mineralische Stoffe
Urgestein, 95% der Erdkruste Sedimentgesteine, metamorphe Gesteine, 5% der Erdkruste Abschn. 9.1.2 Künstliches Gestein, S. 205
9.
9.1
204
IV Stoffe
det eine außerordentlich stabile und widerstandsfähige Verbindung, welche in Gesteinsform erdgeschichtliche Zeiträume von vielen Jahrmillionen überdauert hat und sich in baurelevanten Zeitspannen durch eine außerordentlich gute Dauerhaftigkeit auszeichnet. Dies gilt im Wesentlichen für die meisten Natursteine und technischen Derivate wie Beton oder künstliche Bausteine.23 Siliciumdioxid kann ferner auch in anderer Form kristallisieren: 24 kettenförmig ( 38), bandförmig wie bei Asbestfasern ( 39) sowie auch schichtförmig wie bei Tonmineralien ( 40). Es sind dann statt wie beim Raumgitter keine 4, sondern nur 3 (Schicht), 2 (Band) oder 1 (Kette) Sauerstoffatom des SiO2-Tetraeders gebunden, an die restlichen lagern sich Ionen an.
O
O
O Si
O
36 (Oben) Kugelmodell des Moleküls von Siliciumdioxid SiO2 mit tetraederförmiger Geometrie 37 (Rechts) Kugelmodell des Ionengitters von Siliciumdioxid SiO2 (Quarz) aus tetraederförmigen Molekülen 38 (Unten links) SiO 2 -Molekül in Kettenstruktur mit Darstellung des Tetraedergitters. Das vierte O-Atom befindet sich bei dieser Darstellung hinter dem Si-Atom. 39 (Unten Mitte) SiO 2-Molekül in Bandstruktur 40 (Unten rechts) SiO 2-Molekül in Schichtstruktur
1 Materie
Das Kristallwachstum erfolgt beim Erstarren flüssiger Magma in Form isolierter Kristallite, die an ihre Korngrenzen stoßen und sich dadurch gegenseitig in ihrem Wachstum behindern – es entsteht eine Körnung ( 41). Oder das Gestein bildet sich aus Erosionsprodukten von magmatischem Gestein (wie bei Sandstein) bzw. aus Skelettresten von Lebewesen (wie bei Kalkstein) bereits aus festen Einzelpartikeln (Sedimentpartikel), die aufgrund des äußeren Einflusses der Diagenese – des Pressens und Sinterns von Kristallpulver oder anderen Partikeln unter Druck und hohen Temperaturen – zu festem Gesteinsgefüge verschweißt werden ( 42). Dabei kann es auch zu Um- oder Neukristallisationen kommen oder es können Bindemittel eingelagert werden, die das Korngemenge zusammenschweißen. Es können sich vielfältige Spalten, Porenräume und Kavernen bilden. Dies führt jeweils zu einem spezifischen Korngefüge, das charakteristisch für das Gestein ist. Typisch für Sedimentgesteine ist das Einregeln der Körner in Ablagerungsschichten. Sie geben eine deutliche Anisotropie des Materials vor, die auch bauliche Konsequenzen hat. Auch metamorphe Gesteine zeigen zumeist typische Formen der Einregelung von Körnern. Sie können zu einer Schieferung oder einem schlierigen bzw. lagig-streifigen Korngefüge führen. Diesem Korngefüge ist ein übergeordnetes Großgefüge aus tektonischen Umformungen wie Faltung, Klüftung oder Schieferung überlagert. 25 Künstliches Gestein wird zur Erlangung spezifischer Eigenschaften hergestellt, die mit natürlichem Gestein nicht, oder nicht in der notwendigen Kombination, realisierbar sind. Es ermöglicht des Weiteren, Werkstoffe mit spezifischen Charakteristika dort herzustellen, wo geeignete Natursteine nicht zur Verfügung stehen oder nur mit hohen Kosten herantransportiert und bearbeitet werden können. Künstliches Gestein lässt sich beispielsweise mit hoher Porosität fertigen, eine Eigenschaft, die für ein gutes Wärmedämmvermögen unerlässlich ist. Bereits der älteste künstliche Stein, der Ziegelstein, hatte dem Konkurrenzprodukt Naturstein diesen besonderen Vorteil voraus. Ferner eröffnet die Herstellung künstlicher mineralischer Stoffe die baulich sehr wichtige Möglichkeit, ohne nennenswerten Zusatzaufwand freie Formen zu realisieren. Bei natürlichem Gestein ist hierfür arbeits- und energieaufwendiges Brechen, Spalten, Schneiden und Bearbeiten des festen Minerals notwendig ( 43). Bei künstlichem Gestein wie beispielsweise dem Beton, genügt es, den noch nicht erhärteten, plastischen Brei aus Wasser, Zuschlag und Bindemittel in die gewünschte Form zu bringen und aushärten zu lassen ( 44). Der Aushärtungsvorgang ist je nach Art des künstlichen Gesteins von spezifischen chemischen Reaktionen oder physikalischen Einwirkungen abhängig, aufgrund deren Partikel von Zuschlag und Bindemittel zu einem festen Stoffgefüge zusammengeführt werden.
205
Natürliches Gestein
9.1.1
41 Gesteins-Grobgefüge: Natürlich entstandene Basaltsäulen an der nordirischen Küste (Giant‘s Causeway)
42 Lagige Struktur eines Sedimentgesteins (Travertin)
Künstliches Gestein
Kap. IV-3 Stein, S. 248, und IV-4 Beton, S. 264
43 Ägyptische Steinmetzen
44 Handstreichen eines Ziegels durch Formen in der Kastenform
9.1.2
206
IV Stoffe
Dennoch ist für die Herstellung künstlichen Gesteins und insbesondere der dafür notwendigen Bindemittel ein nicht zu vernachlässigender Energieverbrauch erforderlich, da bei ihr gezielt entweder spezifische physikalische Wirkungen oder endotherme chemische Prozesse hervorgerufen werden, die Energiezufuhr verlangen. Es handelt sich dabei vor allem um Brennvorgänge wie das Brennen von Kalk, Gips oder Zement. Diese Energie wird beim Aushärten zum Teil wieder in Form von Wärme freigesetzt (exotherme Reaktion). Die Verfestigung des Gemisches aus mineralischen Partikeln und Wasser sowie ggf. auch atmosphärischen Gasen zu einer baulich verwertbaren festen Gesteinsmasse erfolgt im Wesentlichen nach drei fundamental unterschiedlichen Prinzipien: • Trocknen oder Brennen von Lehmmassen; • Anmischen und Erhärtenlassen von nicht-hydraulischen Bindemitteln, sogenannten Luftmörteln; • Anmischen und Erhärtenlassen von hydraulischen Bindemitteln. Wegen ihrer großen baulichen Bedeutung sollen diese drei Prozesse sowie die daraus hervorgehenden Stoffgefüge im Folgenden in ihren Grundzügen dargestellt werden. künstliches Gestein – Grundmineralien
Alle künstlichen Gesteinsprodukte leiten sich von Grundmineralien ab, die als Erosionsprodukte von magmatischem Gestein wie Granit hervorgehen. Diese sind • Quarz (SiO2) in Form seines Verwitterungsprodukts Sand; • Feldspat (Al2O3 2SiO2 CaO) in Form seiner chemischen Spaltprodukte Ton (Al2O3 2SiO2) und Calciumoxid (CaO); • Glimmer (K Mg Fe (OHF)2 AlSi3O10).
Übersicht in 57, S. 214
künstliches Gestein – Lehmprodukte
Ø ~ 0,2 bis 1 +m, d ~ 0,01 +m
Diese werden entweder in reiner Form – wie beim Quarz – oder in Form ihrer chemischen Spaltprodukte – wie beim Feldspat – in einem technischen Prozess verarbeitet und erzeugen, in verschiedenen Kombinationen, neuartige gesteinsähnliche Feststoffe. Mischungen aus Tonmineralien (Aluminiumsilicaten), Sand (Quarz) und Glimmer ergeben Lehm, das den Grundstoff nicht nur getrockneter Lehmsteine oder kompletter monolithisch gegossener Stampflehmkonstruktionen darstellt, sondern auch sämtlicher keramischer, gebrannter Lehmprodukte wie Ziegel. Tonmineralien bestehen aus flachen, plättchenartigen Kristallen, die aufgrund ihrer sehr kleinen Größe eine große
1 Materie
207
SiO2-Tetraeder
SiO2
O-Al-OH Oktaeder Al
SiO2
SiO2-Tetraeder
Oberfläche aufweisen, an der sich Wasser anlagern kann ( 45).26 Glimmer zeigt eine ähnliche kristalline Plättchenstruktur. In feuchtem Zustand sind die außerordentlich feinen Bestandteile Ton und Glimmer mit dem Sand zu einer weichplastischen Masse verbunden, deren vergleichsweise hoher Wassergehalt ein freies Aneinandergleiten der flachen Partikel erlaubt, und die sich mit der bloßen Hand kneten lässt ( 46). Entweicht dieses Wasser weitgehend durch Trocknung, stellt sich eine Wasserbindung zwischen den Tonplättchen infolge des stark haftenden, nur wenige Molekülschichten dicken Adsorptionswassers ein. Die Mineralplättchen verkeilen sich gegenseitig ( 47). Die Masse verfestigt sich zu einem porösen, mit feinsten Hohlräumen durchzogenen Feststoff. Baupraktisch kommt dieser als luftgetrockneter Lehmziegel oder Stampflehm ( 48) zum Einsatz. Die Struktur ist nicht sehr witterungsbeständig, hat eine geringe Festigkeit und löst sich unter Einwirkung von Wasser verhältnismäßig rasch wieder auf. Wesentlich bessere mechanische Eigenschaften und bedeutend größere Dauerhaftigkeit erzielt man durch das Brennen von Lehm, also durch die Erzeugung von keramischen Stoffen. Der Brennvorgang beseitigt bis zu einer Temperatur von rund 400°C bis 500°C zunächst das Adsorptionswasser und das gebundene Kristallwasser, sodass das Material wasserfest wird. Bei erhöhter Temperatur von rund 800°C bis 1000°C verbacken die Tonpartikel infolge chemischer Reaktion zu einer festeren Struktur. Ab 1200°C erfolgt ein Sintern des Materials, also ein Verschmelzen der Bestandteile zu einer glasigen, sehr festen und dauerhaften Klinkerstruktur mit neugeformtem Kristallgefüge ( 49).
45 Molekularer Aufbau des Tonminerals Montmorillonit. Zwei Lagen SiO2- und eine Zwischenlage O-Al-OH-Moleküle bilden ein flaches Plättchen mit einer Dicke von wenigen 1/1000 +m.
Abschn. 11.3 Plastische Verformung – Gleiten, S. 225 siehe den Begriff der Adsorption im Abschn. 10. Grenzflächen, S. 220
208
IV Stoffe
46 Tonmineralplättchen mit hohem Wassergehalt. Die Plättchen gleiten infolge des zwischen ihnen eingeschlossenen freien Wassers ungehindert aneinander vorbei. Feuchtplastische Konsistenz. 47 Tonmineralplättchen mit niedrigem Wassergehalt. Die Plättchen haften infolge des adsorptiv an ihren Flächen haftenden, nur wenige Molekülschichten dicken Wasserfilms aneinander fest. Es bilden sich zwischen ihnen kapillare Hohlräume.
48 Stampflehmbau in Nordafrika 49 Klinkermauerwerk
50 Betonmatrix mit eingebettetem Zuschlag 51 Brechen des Kalksteins
52 Kalksteinsortierung vor dem Brennen
1 Materie
Die im Folgenden beschriebenen hydraulischen und nichthydraulischen Abbindeprozesse gehen aus Reaktionen zwischen chemischen Spaltprodukten von Feldspat hervor, also im Wesentlichen von Aluminiumsilicaten und Calciumoxid. Sie beruhen auf der Wirkung sogenannter Bindemittel, die inerte, also reaktiv nicht tätige Zuschlagspartikel unter Mitwirkung von Anmachwasser in Form einer Matrix zu einem festen Gefüge zusammenbinden (50). Neben den Eigenschaften der Bindemittel selbst, kann die Wahl der Zuschläge einen großen Einfluss auf die physikalischen Eigenschaften des künstlichen mineralischen Werkstoffs ausüben. Luftkalke: Calciumoxid CaO reagiert im natürlichen Entstehungsprozess von Gestein mit CO2 zu Calciumcarbonat (CaCO3). Es bildet sich der natürliche Kalkstein. Dieser wird zur Herstellung von Bindemitteln für das Bauwesen im Tagebau gebrochen, zerkleinert und anschließend bei 900°C bis 1300°C gebrannt.27 Dabei entweicht das Kohlendioxid CO2 und es entsteht Branntkalk, also im Wesentlichen Calciumoxid CaO ( 51, 52). CaCO3 ACaO + CO2 Diese Reaktion ist endotherm, verbraucht also Wärmeenergie. Durch Löschen mit Wasser wird dieser Branntkalk in Kalkhydrat (Ca(OH)2) überführt. Bei dieser exothermen Reaktion wird Wärme wieder freigesetzt. CaO + H2O ACa(OH)2 In diesem Zustand des Kalkhydrats ist der gelöschte Kalk in pulvriger Form vorbereitet für den letzten Schritt hin zur künstlichen Reproduktion von Calciumcarbonat CaCO 3, also von Kalkstein, unter technisch steuerbaren Bedingungen zum Einsatzzweck als Mörtel: durch Hinzugabe von Anmachwasser und Zuschlägen wird das Kalkhydrat angemischt und verarbeitet. Das beigemengte Wasser reagiert mit dem Kohlendioxid CO2 der Luft (deshalb die Bezeichnung Luftkalke) zu Kohlensäure, diese verbindet sich im Vorgang der Carbonatisierung zuletzt mit Calciumoxid zu Calciumcarbonat CaCO3. Dabei wird Wasser chemisch abgespalten: Ca(OH)2 + H2O + CO2 A CaCO3 + 2 H2O Die charakteristischen Merkmale dieses Prozesses sind: • auch wenn bei der chemischen Reaktion von Kalkhydrat und Kohlensäure Wasser chemisch abgespalten wird, ist Anmachwasser erforderlich, um eine anfängliche Bindung zwischen den Bestandteilen zu ermöglichen. Der geringe Anteil von CO2 an der Luft (0,03%) ermöglicht nur
209
Kap IV-4 Beton, S. 264, sowie Kap V-1, Abschn. 4. Mauermörtel, S. 368
künstliches Gestein – nicht-hydraulische Bindemittel – Luftkalke
210
IV Stoffe
eine langsame Aushärtung, sodass in der Anfangsphase eine Bindung zwischen den Partikeln des Mörtels nur durch die Adsorptionswirkung von Wasser möglich ist. Diese Wasserbindung wird dann sukzessive durch die chemische Carbonatisierung (s.o.) ersetzt; • zusätzlich zum Anmachwasser, das durch Trocknung ausdiffundieren muss, fällt chemisch freigesetztes Wasser an, das ebenfalls entweichen muss und die Austrocknungsphase nach Baufertigstellung spürbar verlängert; • da die Carbonatisierung nur durch die Mitwirkung von CO2 stattfinden kann, erhärten die Mörtelschichten infolge des Eindiffundierens von CO2 langsam von außen nach innen. Dieser Prozess ist langwierig und erfordert eine ständige Mindestfeuchte (s.o.). In dicken Mauerkernen verarbeitete Luftkalke können noch nach vielen Jahren in plastisch-feuchtem Zustand verharren. Übermäßige Trockenheit, z.B. bei direkter Sonneneinstrahlung, kann die Carbonatisierung verhindern und die Festigkeit des Mörtels deutlich beeinträchtigen;
Kap. V-1, Abschn. 5.1 Außenputze, S. 373 GoreTex® -Prinzip im Kap. VI-3, Abschn. 1.1.1 Einstufiger Feuchteschutz, S. 643; insbesondere 8 auf S. 644
künstliches Gestein – nicht-hydraulische Bindemittel – Gips
Künstliches Gestein – hydraulische Bindemittel, weiter unten
• grundsätzlich ergeben Luftkalke eine außerordentlich lockere und feinporige Materialstruktur, die eine vergleichsweise große Dampfdiffusionsfähigkeit aufweist: eine Eigenschaft, die insbesondere bei Putzen höchst willkommen ist. Ferner reagieren diese Mörtel auf mechanische Beanspruchung ausgesprochen elastisch, wodurch kleinere Risse im Putzgrund ohne Beeinträchtigung der Regendichtheit des Verputzes aufgenommen werden können. Gips ist eine Verbindung aus Kalk, Schwefel und Wasser, ein Calciumsulfathydrat (CaSO4 2H2O). Er wird entweder als Naturgips aus natürlichen Vorkommen, insbesondere aus Meeressedimenten gewonnen, oder alternativ als Chemiegips künstlich hergestellt. Er fällt auch in Form eines Abfallprodukts aus der industriellen Rauchgasentschwefelung an. Sein Einsatz als Baugips eröffnet eine umweltschonende Möglichkeit der Verwertung des Gipsabfalls. Wird dem Gips durch hohe Temperaturen das Kristallwasser entzogen, entsteht Anhydrit (CaSO 4). Dieser Prozess kann im technischen Brennverfahren ablaufen (synthetischer Anhydrit) oder auch durch die Einwirkung von Hitze und Druck auf natürlichem Wege erfolgt sein (Naturanhydrit). Gipsstein wird in einem technischen Brennprozess in ein erhärtungsfähiges Bindemittel umgewandelt, wobei dem Gipsstein kontrolliert das Wasser entzogen wird. Der Erhärtungsvorgang nach dem Anmachen mit Wasser läuft in Form einer Hydratation ab, wobei Wassermoleküle in das Kristallgitter eingelagert werden. Ähnlich wie bei den hydraulischen Bindemitteln beschrieben, wächst ein Geflecht von dünnen Kristallnadeln aus Calciumsulfathydrat heran, das
1 Materie
211
sukzessive verfilzt und in ein festes Stoffgefüge übergeht.28 Charakteristische Eigenschaften der Baugipse sind: • Baugipse sind wasserlöslich. Sie sind folglich weder für den Außeneinsatz (keine Außenputze aus Gips) noch für die Verwendung in Nassräumen geeignet. Eine Ausnahme bilden entsprechend imprägnierte Gipskartonplatten für Feuchträume;
Band 3, Kap. XIV Innere Hüllen
• Baugipse schwinden nicht wie alle sonstigen Bindemittel, sie quellen stattdessen bei Erhärtung infolge der Einlagerung von Kristallwasser im Laufe der Hydratation. Gipsputze sind folglich weniger rissempfindlich als andere; • Gips darf nicht mit hydraulischen Bindemitteln vermischt werden. Er ist pH-neutral, schützt Stahleinlagen nicht vor Korrosion. Zusätzlich zu den reinen Kalken (CaO), die bei der Erzeugung nicht-hydraulischer Bindemittel verarbeitet werden, enthalten hydraulische Bindemittel Zusatzstoffe, die eine Stoffbindung durch chemische Mitwirkung von Wasser, und zwar ohne Beteiligung von Kohlendioxid CO2 aus der Luft, herstellen. Dies sind die sogenannten Hydraulefaktoren, im Wesentlichen: 29 • Siliciumoxid SiO2 • Aluminiumoxid Al2O3 • Eisenoxid Fe2O3 Sie sind in den Tonbestandteilen des Mergels enthalten, der die Grundlage für die Erzeugung hydraulischer Bindemittel darstellt. Mergel seinerseits ist ein Gemenge aus Kalk und Ton. An Calciumoxid CaO gebunden ergeben die Hydraulefaktoren folgende Substanzen: • Dicalciumsilicat 2CaO SiO2 • Tricalciumaluminat 3CaO Al2O3 • Tetracalciumaluminatferrit 4CaO Al2O3 FeO3 In chemischer Reaktion mit Wasser, bilden diese Substanzen im Prozess der Hydratation ein festes und dichtes Materialgefüge mit gesteinsähnlichen mechanischen Eigenschaften und guter Dauerhaftigkeit. Werden diese Ausgangsstoffe weitgehend ohne reine Kalke verarbeitet, spricht man von Zementen; sind hingegen teilweise auch reine Kalke enthalten, stellt sich eine Kombination von Hydratation (wie bei Zementen) und Carbonatisierung (wie bei Luftkalken) ein, und man spricht von hydraulischen Kalken. Diese erfordern
künstliches Gestein – hydraulische Bindemittel
212
IV Stoffe
53 Hydratationsprozess. Die Zementkörner schweben im Anmachwasser. 54 Rasch bildet sich um die Zementkörner die Gelhaut. Der Zementkorn wird angelöst und es beginnt das Wachstum der Kristallnadeln des Zementsteins.
55 Die Hydratation setzt sich kontinuierlich fort und löst die Zementkörner konstant an. Das Geflecht aus Kristallnadeln verdichtet sich, das Gefüge erstarrt. 56 Bis zum Schluss des Hydratationsprozesses ist das Zementkorn vollständig aufgelöst und das Geflecht hat sich verdichtet. Es tritt die Erhärtung ein, das Gefüge ist stabil.
Kap VI-6 Dauerhaftigkeit, S. 762
also Wasser und Kohlendioxid für die Erhärtung und zeigen mechanische Eigenschaften, die zwischen der Härte und Dichte von Zementstein, also des erhärteten Zements, und der Elastizität und Porosität der Luftkalke liegen. Moderne Zemente sind die Grundlage der Betontechnologie und besitzen im heutigen Baugeschehen eine fundamentale Bedeutung. Bei ihrer Herstellung wird den Hydraulefaktoren gerade soviel Kalk beigemischt wie diese vollständig binden können. Es verbleibt also kein reiner Kalk. Höhere Brenntemperaturen als bei hydraulischem Kalk führen zur Bildung leistungsfähigerer Verbindungen wie Tricalciumsilicat (3CaO SiO2), die ein rasches Abbinden erlauben. Tricalciumsilicate erzeugen bei Reaktion mit Wasser reichlich Kalkhydrate, welche für das korrosionshemmende, alkalische Milieu im Beton verantwortlich sind. Diese dürfen nicht durch Einwirkung von Kohlendioxid aus der Luft carbonatisieren, da ansonsten diese Schutzwirkung erlischt. 30 Beim Verarbeiten des Zements lagert sich das Anmachwasser um die Zementkörner an und setzt – nach einer induzierten Verzögerungsphase, die eine vollständige Verarbeitung im feuchtplastischen Zustand erlauben soll – die Hydratation in Gang ( 53). Dabei wachsen zunächst während der Phase der Erstarrung lange, dünne Kristallnadeln aus Calciumsilicathydrat, die sukzessive ein filzartiges Geflecht um die Körner des Zuschlags, also eine zusammenbindende Matrix erzeugen ( 54). Diese Phase der Erstarrung hält etwa 24 Stunden an. Anschließend setzt der Prozess der Erhärtung ein. Dabei lagern sich in die Hohlräume des Kristallgeflechts die Hydrate weiterer Zementbestandteile
1 Materie
ein, die den jungen Zementstein aus den vergleichsweise bruchempfindlichen Kristallnadeln verfestigen ( 55). Dieser Hydratationsprozess setzt sich über einen längeren Zeitraum fort – bis zu mehreren Jahren – und klingt dann langsam ab. Die Dichte des Kristallgefüges ( 56) ist entscheidend für die mechanischen und bauphysikalischen Eigenschaften des Zementsteins sowie des daraus hergestellten Werkstoffs (Mörtel oder Beton). Sie ist von zahlreichen Faktoren abhängig und kann technisch durch entsprechende Zusatzmittel sowie durch einen gezielt eingestellten Wasserzementwert – das Verhältnis von Wasser- zu Zementmenge – feingesteuert werden. Der feste Kalkstein, den man wie bei Luftkalken zunächst zerkleinert, wird nach Zugabe von tönernen Zusätzen, den Hydraulefaktoren, die ihn zum Abbinden ohne Luftkontakt befähigen, gebrannt (endotherme Reaktion) und anschließend zu feinem Pulver zermahlen. Dieser Prozess verbraucht naturgemäß Energie. Sie ist gewissermaßen latent im Zementpulver gebunden und wird freigesetzt, wenn es mit Anmachwasser in Kontakt kommt und die Hydratation einsetzt. Wiederum wird wie bei Luftkalken in einer exothermen Reaktion Wärme freigesetzt (Abbindewärme). Die im Zement gespeicherte Energie stellt im Prozess der Hydratation, nach anfänglicher Zerkleinerung des festen Ausgangsprodukts des Kalksteins, den zunächst aufgehobenen Stoffzusammenhalt des Kristallgefüges unter technisch kontrollierbaren Bedingungen – zum Zweck der Erlangung einer definierten Bauteilform oder bestimmter mechanischer Eigenschaften – durch erneutes Kristallwachstum wieder her. Anders als bei nicht hydraulischen Bindemitteln lassen sich Festigkeiten erzielen, die vergleichbar mit denen natürlicher Gesteine sind, oder sogar wesentlich größer. Diese Abfolge aus einem Zerstörungs- und einem anschließenden gezielten Wiederherstellungsprozess zur Schaffung eines neuartigen Materialgefüges stellt die technische Grundlegung des unerhörten Erfolgs künstlicher Gesteine wie des Betons dar ( 57).
213
Kap IV-4 , Abschn. 2. Zusammensetzung, S. 264
künstliches Gestein – technisches Grundprinzip
nachzulesen bei Hackelsberger Ch (1988) „Beton – Stein der Weisen? – Nachdenken über einen Baustoff“
214
IV Stoffe
Magmatite
Quarz SiO2
Glimmer
Feldspat Al2O3 2SiO2 CaO
+ CO2 Ton Al2O3 2SiO2
Sand SiO2
Kalkstein CaCO3
+ SO4H2O Gipsstein CaSO4 2H2O
Mergel
Lehm
Trocknen
Brennen
Tonerzeugnisse
Luftbindemittel
Hydraulische Bindemittel Hydraulischer Kalk
Branntkalk
Löschen Zement
Hydraulisches Kalkhydrat
Kalkhydrat
Gips Anhydrit
Zuschläge + Wasser Härten Luftgetrocknete Ziegel Stampflehm
Keramischer Ziegel
Beton Betonsteine
Porenbeton Kalksandsteine
Mörtel
57 Schematische Übersicht über die Herstellung von künstlichem Gestein für baulichen Einsatz 31
9.2
Metallische Stoffe
Kap. IV-6, Abschn. 2. Materialstruktur, S. 286
Trotz zugrundeliegender geordneter Raumgitterstruktur des Einkristalls der Metalle, setzen sich diese aus einem regellosen Haufwerk von beliebig ausgerichteten Kristalliten zusammen, die an den Korngrenzflächen zu einem homogenen Feststoff zusammengeschweißt sind. An diesen Kontaktflächen zwischen Kristalliten bilden sich teilweise Zusammenschlüsse zwischen den anstoßenden Kristallgittern, die den stofflichen Zusammenhang, die Kohäsion garantieren. Die periodische Gitterstruktur der Einkristalle wird zumeist aber nur bruchstückhaft fortgesetzt (teil- oder semikohärente Korngrenzen) ( 58).32 Korngrenzen stellen stets eine Schwachstelle des Stoffgefüges von Metallen dar und bilden bevorzugte Ansatzpunkte für Korrosion und Mikrorisse. Wenngleich die Einzelkristalle in ihrer Struktur für sich betrachtet – von Gitterbaufehlern abgesehen – regelmäßig und gerichtet, also anisotrop sind, ist das vielkristalline Haufwerk in seiner Gesamtheit als Grobgefüge dennoch als
1 Materie
215
58 Vereinfachte modellhafte Darstellung eines kristallinen Haufwerks aus einzelnen Kristalliten, die 35 an den Korngrenzen miteinander verschweißt sind. Obgleich hier zweidimensional dargestellt, sind die Kristallite regellos in drei Dimensionen orientiert. 59 Globulite
60 Dendrite (Tannenbaumkristalle) 61 Dendrite (Stengelkristalle)
richtungslos oder isotrop zu bezeichnen. Die Korngrößen bewegen sich im Bereich zwischen 10 und 100 +m. Man unterscheidet in der Metallurgie verschiedene Kristallgefüge aus folgenden Kristallformen: 33 • Globulite oder etwa kugelig geformte Polyeder ( 59); • Dendrite, die in mehrere ausgeprägte Richtungen wachsen oder Stengelkristalle in einer vorherrschenden Richtung (Gussgefüge) ( 60, 61); • Sphärolite oder fast vollständig kugelige Kristalle. Das zunächst neutrale kristalline Haufwerksgefüge, das im Wesentlichen bei Erstarren der Schmelze durch gegenseitige Wachstumsbehinderung der Einkristalle entsteht, kann durch äußere Einwirkungen eine mehr oder weniger deutliche Ausrichtung erfahren, wie beispielsweise beim Warmwalzen oder Strecken von Stahl. 34 Dies führt zu einer gewissen Anisotropie des Materials. Die Kombination von gerichteter Kristallstruktur und regellosem Haufwerk ist wesentlich für das Verständnis besonderer Eigenschaften metallischer Werkstoffe, insbesondere des Stahls, so z.B. das Gleiten unter Belastung im 45°-Winkel zur Kraftachse.
Abschn. 11. Verformung, S. 226
216
9.3
IV Stoffe
Organische Stoffe
62 Schematische Darstellung von örtlich verknüpften Fadenmolekülen
9.3.1
Holz H
OH
OH
H
CH2OH O
O
H
H
H
O
O
H
OH
H
H
OH
H
O CH2OH
63 Chemische Struktur Cellulose (C 6H 10O 5) n: Ausschnitt aus einem Kettenstrang mit zwei Glucosemolekülen.
skleros: gr. hart; enchym gr. Gewebe
Kap. IV-5 Holz, S. 272
Zu den organischen Stoffen zählen sowohl das Holz als auch die Kunststoffe. Auch wenn diese Stoffe zunächst keine besonders enge Verwandtschaft vermuten lassen, ist beiden, wie bereits erwähnt, sowohl die Kohlenwasserstoffverbindung als Grundbaustein sowie auch der molekulare Aufbau aus langen Kettenmolekülen gemeinsam. Dabei geht der Kohlenstoff C, anders als das Silicium Si, keine räumliche (kristalline) Struktur, sondern eine lineare Kettenstruktur ein. Es verbinden sich C-Atome längs miteinander und besetzen die freien Valenzen mit H-, O-Atomen oder auch Atomen anderer Elemente, wie auch Verbindungen aus diesen. Der organische Stoff ist folglich im Wesentlichen aus – mehr oder weniger stark – quer miteinander verknüpften Fadenmolekülen ( 62) aufgebaut. Diese Charakteristik bestimmt seine technischen Eigenschaften tiefgreifend. Holz setzt sich zu einem wesentlichen Teil (ca. 50%) aus Cellulose ( 63) zusammen, einer Kohlenwasserstoffverbindung, die sich aus der linearen Addition mehrerer Tausend Glucosemoleküle (Monosaccharide) zu einem langen Strangmolekül ergibt. Cellulose wird als ein Polysaccharid bezeichnet. Auch das Lignin, das der Holzstruktur Festigkeit verleiht, ist ein organisches Kettenmolekül. Das molekulare Stoffgefüge von Holz baut auf einem Festigungsgewebe auf, das als verholztes, zähes und widerstandsfähiges Stützgewebe auch in vielen krautigen Pflanzen auftaucht: dem Sklerenchym. Es weist hohe Festigkeit und Elastizität auf, die sich von ihrem submikroskopischen Aufbau ableitet:36 Celluloseketten sind – in einer Matrix aus Lignin eingebettet – in Form paralleler Bündel zu Micellen gruppiert, die schraubenlinienförmig, teilweise in gegenläufigen Scharen, die Sklerenchymfaser durchziehen. Benachbarte Ketten37 sind zusätzlich in bestimmten Abschnitten, den kristallinen Bereichen, durch Wasserstoffbrückenbindungen miteinander verknüpft ( 64-66),38 was zu einer starken Vernetzung und zu hoher chemischer Beständigkeit des molekularen Gerüsts führt. Im Baumstamm finden sich Sklerenchymfasern vorwiegend im Spätholz, das im Gegensatz zum Frühholz, das in der Wachstumsperiode (Sommer) entsteht und dem Safttransport dient, sich im Winter ausbildet, aus stark verdickten und verholzten Zellwänden besteht und eine wichtige Stütz- und Festigungsfunktion ausübt. Das hinsichtlich seiner mechanischen Eigenschaften spezialisierte Spätholz weist gegenüber dem Frühholz auch eine unterschiedliche Verformungstendenz auf, was beispielsweise die charakteristische Neigung von Holz zum Verwerfen erklärt. Insgesamt ist Holz in seinem Gefüge, in ausgeprägtem Gegensatz zu anderen Werkstoffen, ein stark ausdifferenzierter, aus hierarchisch gestuften, stark auf spezifische Funktionen spezialisierten Bestandteilen aufgebauter Organismus. Seine Struktur ist komplex und zeigt deutlich erkennbare, jeweils spezifische Strukturmerkmale auf allen Skalen zwischen
1 Materie
217
dem submikroskopischen und dem makroskopischen Maßstab. Sie hat tiefgreifenden Einfluss auf das Trag- und Verformungsverhalten des Werkstoffs, das infolgedessen deutlich komplexer als das einiger konkurrierender Werkstoffe ist. Näher hierzu wird an anderer Stelle eingegangen.
Kap. IV-5 Holz, S. 272
CellulosePolymerketten
Cellulose-Polymerketten Hemicellulose-Geflecht
Hemicellulose-Geflecht
Wasserstoffbrücken kovalente Bindungen
kristalliner Bereich
gelenkiger Bereich
Lignin-Mantel (Matrix)
Lignin-Mantel (Matrix)
Wasserstoffbrücken kovalente Bindungen
5 nm
65 Das molekulare Stoffgefüge von Holz – schematischer Querschnitt durch die Micelle in 64
66 Das molekulare Stoffgefüge von Holz – schematischer Längsschnitt durch die Micelle in 64
Es ist kein Zufall, dass der erste synthetisch erzeugte Kunststoff aus der natürlichen makromolekularen Substanz Cellulose entstand (Celluloid, 1860). Wie auch das Holz, bzw. sein Stützgewebe Sklerenchym, aus parallel gebündelten, lokal miteinander verknüpften langgestreckten Polymermolekülen besteht, so bauen sich Kunststoffe aus ähnlichen polymeren Makromolekülen auf, die entweder weitgehend parallel zueinander verlaufen, fallweise stärker oder schwächer quer miteinander verknüpft, oder in verschiedenen Graden ineinander verschlungen, verzwirbelt oder sogar watteähnlich verfilzt sind bzw. auch kristallähnliche räumliche Strukturen bilden. Je nach Art des molekularen Gefüges weisen Kunststoffe auch ein spezifisches mechanisches und thermisches Verhalten auf, das sich weitgehend aus der Weise erklären lässt, wie die Makromoleküle einander anziehen, quer verknüpft oder ineinander verschränkt sind ( 67-69). Polymere, also aus verschiedenartigen Monomeren aufgebaute Kettenmoleküle, können hinsichtlich ihres Aufbaus in verschiedene Kategorien gegliedert werden. 39 Neben regelmäßig linearen Ketten, existieren auch verzweigte Makromoleküle oder auch Kettenmoleküle mit lokalen Seitensträngen aus angelagerten Monomeren, die wie Pfropfen seitlich quer abstehen (Pfropfpolymerisation) und gleichsam wie Dorne oder Noppen die Fähigkeit haben, sich mit benachbarten Makromolekülen zu verhaken. Ferner besitzen einige Monomere freie, reaktionsbereite Stellen im Molekül,
Kunststoffe Kap. IV-9 Kunststoff, S. 338
64 Das molekulare Stoffgefüge von Holz – isometrische Darstellung einer aufgeschnittenen Micelle
9.3.2
218
IV Stoffe
CH2
CH2
CH2
CH2
CH2
CH2
CH2 CH2
CO
CH2 CH2 NH
67 Kettenmolekül von Polyethylen
68 Kettenmolekül eines Polyamids (Perlon)
69 Seitliche Verknüpfung von Kettenmolekülsträngen infolge polarer Anziehung (Van-der-Waals-Kräfte)
die den Kettenstrang dazu befähigen, auch dreidimensional vernetzte Riesenmoleküle zu bilden. Dies führt zu einem kristallähnlichen Aufbau, einer engen molekularen Vernetzung und zu vergleichsweise guter Härte und Festigkeit, z.B. bei Melamin-Formaldehyd-Harzen (MF).40 Je nach Art der molekularen Verknüpfung der Polymere unterscheidet man drei große Gruppen von Kunststoffen, die diese auch hinsichtlich ihres Werkstoffverhaltens kennzeichnen:
Kap. IV-9 Kunststoff, S. 338
Abschn. 7.4 Nebenvalenzbindungen, S. 197
70 Molekulargefüge eines Plastomers (schematisch). Verfilzte Abschnitte wechseln sich mit teilkristallinen ab.
• Plastomere oder Thermoplaste bestehen aus fadenförmigen, linear aneinandergelegten oder auch verknäuelten, aber nicht vernetzten Kettenmolekülen, die als lineare, unverzweigte Stränge aus der reinen Polymerisation hervorgehen. Die Stoffkohäsion ergibt sich aus Anziehungskräften, die zwischen diesen Fäden wirken; dies sind Van-der-Waals-Kräfte, die von der gegensätzlichen Polarität randständiger H-Atome hervorgerufen werden ( 69). Diese vergleichsweise schwache Anziehungskraft wirkt in lokalen Abschnitten – den kristallinen Bereichen. Dazwischen verlaufen die Ketten frei ohne Kontakt – in den gelenkigen Bereichen ( 70). Diese Struktur führt, je nach Dichte der Verfilzung der Fadenstränge miteinander, entweder zu weichplastischen Stoffen bei vorwiegend langgestreckten und glatten Makromolekülen, oder zu weichelastischen, wenn die gegenseitige Verhakung stärker ist.41 Allen Plastomeren ist die Eigenschaft gemeinsam, bei ansteigender Temperatur weich, dann plastisch formbar und schweißbar zu werden. Der Übergang ist gleitend, es ist kein definierter Schmelzpunkt erkennbar. Ab rund 250°C erfolgt die Zersetzung des Materials, die nicht reversibel ist; • Duromere oder Duroplaste zeigen ein Stoffgefüge aus seitlich miteinander gekoppelten, eng vernetzten Fäden. Die Brücken entstehen durch Polyaddition, indem Wasserstoffatome die Kopplung zum benachbarten Polymer
1 Materie
219
herstellen. Es entstehen auf diese Weise dreidimensional vernetzte Riesenmoleküle. Mechanisch gesehen äußert sich dies in der vergleichsweise großen Festigkeit und Elastizität des Materials im thermischen Gebrauchsbereich. Duromere verharren bei ansteigender Temperatur in einem hornartig-zähen Zustand 42 bis die Zersetzungstemperatur erreicht wird, bei welcher der Materialzusammenhang unwiederbringlich zerstört wird ( 71); • Elastomere setzen sich wie Duromere auch aus lokal miteinander verknüpften Fadenmolekülen zusammen. Allerdings ist der Zusammenhalt wesentlich lockerer und das Netzwerk weitmaschiger. Als Resultat sind Elastomere im Temperaturgefälle zunächst bei niedriger Temperatur glashart und spröde, später im Gebrauchszustand elastisch und dehnbar bis die Zersetzungstemperatur erreicht ist ( 72).
71 Modell des Molekulargefüges eines Duromers. Die Polymerketten sind durch Brückenstränge eng miteinander vernetzt. 72 Fadenstruktur eines Elastomers. Weitmaschiges Netz aus Polymerketten mit frei beweglichen (gelenkigen) und verknüpften (teilkristallinen) Bereichen.
Wenn weichelastische Eigenschaften bei den eher zähelastischen Plastomeren erwünscht sind, lässt sich dies durch Einbettung von Weichmachern in das Molekulargewebe erzielen. Dies kann durch Einbau (Einpolymerisieren) von spezifischen Verbindungen in die Molekülkette erfolgen (innere Weichmachung) oder durch Vermischung des heißplastischen Kunststoffs mit Substanzen, die sich in die gelenkigen Bereiche zwischen die Makromoleküle schieben und das Gefüge auf diese Weise auflockern und den Werkstoff aufweichen (äußere Weichmachung). Im Gegensatz zur inneren, kann die äußere Weichmachung durch Ausdiffundieren der weichmachenden Substanzen mit der Zeit abklingen, sodass das Material schrittweise versprödet. Wahrnehmbar ist dieser Effekt am charakteristischen Kunststoffgeruch, beispielsweise im Innern von Fahrzeugen.
220
10.
IV Stoffe
Grenzflächen
Abschn. 7.1 Atombindung, S. 194
Grenzflächen von Feststoffen und Flüssigkeiten nehmen eine besondere Stellung ein, da die chemischen Bindekräfte, welche die Partikel des Stoffs in seinem Gefüge zusammenhalten, an der Grenzfläche zum freien Raum hin keine Bindungspartner besitzen ( 73, 74). Die Valenzen oder elektrostatischen Anziehungskräfte der Atome oder Moleküle der Grenzschicht sind folglich nicht abgesättigt und bleiben nach außen hin aktiv ( 75). Dies hat Konsequenzen: Bei Flüssigkeiten führt die nach innen gerichtete Kraftresultierende zu einem Zusammenhalt des flüssigen Stoffs, was sich an der Oberfläche in Form einer Oberflächenspannung äußert ( 76, 77). Kleine, im Raum schwebende Tropfen nehmen Kugelgestalt an ( 78). Besonders bedeutsam für bauliche Fragen ist die Interaktion zwischen Feststoffoberflächen und Wasser. Die Benetzung einer Oberfläche sowie die Kapillarität sind eine Folge der Oberflächenspannung der Flüssigkeit sowie der Eigenart oder Polarität der Grenzfläche des beteiligten Feststoffs. Wassermoleküle, die ja einen ausgeprägten Dipolcharakter haben, also deutlich polar bzw. äußerlich elektrisch geladen sind, werden von den elektrostatisch
A C
B D
73 Grenzfläche eines Feststoffs oder einer Flüssigkeit. Die zum Raum hin gerichtete elektrostatische Komponente hat keinen Bindungspartner und bleibt infolgedessen aktiv.
74 In Flüssigkeiten wie auch in Feststoffen hat die Kraftkomponente A keinen Bindungspartner. B, C und D werden hingegen durch die Bindekraft der benachbarten Teilchen neutralisiert.
75 Resultierende elektrostatische Kraft an der Grenzfläche nach Neutralisierung der restlichen Bindungskräfte im Atom- oder Molekulargefüge
76 Die resultierende elektrostatische Kraft ist zum Innern der Flüssigkeit gerichtet und erzeugt (scheinbar) eine Oberflächenspannung.
77 Die resultierende elektrostatische Kraft ist auch bei gekrümmter Flüssigkeitsoberfläche (wie bei einem Tropfen) jeweils rechtwinklig zur Oberfläche der Flüssigkeit gerichtet.
78 Wassertropfen auf hydrophober Oberfläche
1 Materie
221
aktiven Grenzpartikeln des Feststoffs angezogen ( 79, 80). Es erfolgt eine Benetzung der Fläche und eine Anlagerung von Wassermolekülen an die Oberfläche des Feststoffs (sogenannte Adsorption) ( 81), zunächst in nur wenigen Molekülschichten (Adsorptionswasser). Dieses Adsorptionswasser ist infolge der elektrostatischen Anziehung fest an die Oberfläche gebunden und verliert durch diese Bindung die charakteristische freie Beweglichkeit einer Flüssigkeit. Geraten zwei mit Adsorptionswasser behaftete Flächen in engeren Kontakt, so werden diese durch Wirkung des Adsorptionswassers zusammengezogen und haften aneinander. Dies äußert sich in der sogenannten Wasserbindung, ein Phänomen, das insbesondere für die Bodenmechanik von grundlegender Bedeutung ist. Wasserschichten, die von der Oberfläche weiter entfernt sind (bis zu 1/2 +m) (Solvatwasser) sind wesentlich beweglicher und nur locker an den Feststoff gebunden. Wasser, das jenseits dieser Grenze liegt, ist frei beweglich und nicht mehr an die Oberfläche gebunden (freies Wasser)43 ( 82-84). Die nicht abgesättigten Valenzen der Grenzflächenpartikel erzeugen lokale elektrostatische Felder, die ferner δ− δ+
δ+
δ−
δ− δ+
Abschn. 11.3 Plastische Verformung > 11.3.2 lastabhängige plastische Verformungen > wassergebundene Granulate, S. 224
δ+
δ+
δ+
79 Polare Wassermoleküle (Dipole) werden von der elektrostatisch geladenen Feststoffoberfläche angezogen.
80 Wassermoleküle lagern sich als Adsorptionswasser an der Feststoffoberfläche an.
81 Durchfeuchtetes Steinmauerwerk
S
Sorptionswasser Solvatwasser
freies Wasser
S ~ 0,5 m
82 Sorptions-, Solvat- und freies Wasser mit unterschiedlicher Haftspannung an die Feststoffoberfläche in Abhängigkeit des Abstands
83 Zwischen zwei Grenzflächen bildet sich ein Meniskus aus. Steighöhe S.
84 Große Haftspannung zwischen dicht aneinander liegenden Grenzflächen. Je enger der Abstand, desto größer die Steighöhe S.
222
IV Stoffe
Beispiel: Nanotechnik, selbstreinigender Lotus-Effekt etc.
11.
Verformung
Kap. VI-4 Schallschutz, S. 684
dazu führen, dass verschiedene chemische Reaktionen mit Stoffen des umgebenden Gasraums, also im baulichen Anwendungsfall der Atmosphäre, stattfinden. Es kann zur Anlagerung von Atomen und Molekülen wie Sauerstoff, Kohlendioxid oder Wasserdampf und zur Bildung dünner, nur wenige Nanometer starker Oxid-, Carbonat- oder Hydroxidschichten kommen. Die gezielte technische Beeinflussung der Grenzflächen zur Verbesserung ihrer Dauerhaftigkeit oder ihres Stehvermögens sind bereits seit Langem üblich (Ankohlen von Holzoberflächen, Imprägnieren, Anstreichen, Beschichten, Tränken). Moderne technische Verfahren der Oberflächentechnik zielen auf die Erzeugung spezifischer Eigenschaften von Werkstoffoberflächen ab. Im Gegensatz zu Gasen, die aus einem völlig regellosen Verband frei im Raum sich bewegender Atome oder Moleküle bestehen und unter Pressung starke Volumenveränderungen vollziehen, erlauben Flüssigkeiten und insbesondere Feststoffe auch unter starker Belastung nur vergleichsweise kleine Volumenveränderungen. Während Flüssigkeiten, trotz weitgehend gleichbleibenden Volumens, unter der kleinsten Krafteinwirkung Formänderungen unterworfen sind, setzen Feststoffe dieser einen mehr oder weniger großen Widerstand entgegen. Es ist naturgemäß dieser Widerstand, der Feststoffe für den baulichen Einsatz prädestiniert. Trotz der scheinbaren Offensichtlichkeit dieser Aussage gibt es zahlreiche Beispiele, bei denen besondere Eigenschaften auch von Flüssigkeiten und Gasen für bauliche Zwecke gezielt eingesetzt werden – wie z.B. Gasdruck bei pneumatischen Konstruktionen oder das Gewicht von Wasser als Ballast. Auf Feststoffe einwirkende äußere Kräfte erzeugen interne Kräfte, welche wiederum Beanspruchungen im Material hervorrufen. Diese werden durch die Bindungskräfte des Stoffs, die jenen einen Widerstand entgegensetzen, neutralisiert. In Richtung der Kraftwirkung werden die Partikel, beispielsweise die Gitterelemente in einem kristallinen Raumgitter, in ihrer Lage und ihren Abständen verändert, also zusammengepresst oder auseinandergezogen, wobei sogenannte elastische Gitterschwingungen auftreten, die sich im Stoff fortpflanzen. Es treten sowohl Längs- oder Longitudinalwellen auf, die das Material in Kraftrichtung verformen, als auch Quer- oder Transversalwellen, die eine Querdehnung zur Folge haben (quantifiziert anhand der Querdehnungs- oder Poisson-Zahl i). Diese elastischen Schwingungen der molekularen Partikel treten auch bei der Anregung eines Festkörpers durch Schallwellen auf.44
1 Materie
223
Auch eine Erhöhung der Temperatur regt die Partikel zur Schwingung an und verursacht eine Temperaturdehnung des Materials. Sofern bestimmte, materialspezifische Temperaturen nicht überschritten werden, gehen diese Dehnungen bei Abkühlung wieder zurück. Amorphe Stoffe wie Glas oder thermoplastische Kunststoffe verlieren bei stetiger Erwärmung sukzessive ihre Festigkeit und gehen in einen plastisch-weichen Zustand über. Dabei lockert sich der Zusammenhalt der Moleküle allmählich, bis diese frei aneinander vorbeigleiten können. Hingegen bewirkt die stetige Erwärmung kristalliner Feststoffe wie Metalle oder Mineralien zunächst nur eine Erhöhung der Schwingungsfrequenz der Gitterbausteine, also keinen Verlust der Festigkeit, so lange bis der Schmelzpunkt erreicht ist, der bei diesen Stoffen – im Gegensatz zu amorphen – klar feststellbar ausgeprägt ist. Weitere Wärmezufuhr jenseits dieses Temperaturniveaus wird aufgebraucht, um die Bindekräfte zwischen den Bestandteilen des Raumgitters aufzulösen. Anschließend plastifiziert das Material. Bei anhaltender Erwärmung wird es flüssig. Wesentlich für den baulichen Einsatz von Werkstoffen ist die Temperatur des Schmelzpunktes, die beispielsweise für den Brandfall maßgeblich ist. Diese liegt bei Stahl in einem für einen Brandfall durchaus kritischen Bereich (600-700°C), während mineralische Werkstoffe, wie sie für Bauzwecke verarbeitet werden, erst bei rund 1700°C schmelzen. Dies erklärt ihr außerordentlich vorteilhaftes Brandverhalten.
Temperaturdehnung
Charakteristisch für die elastische Verformung, die sich unter Krafteinwirkung einstellt, ist, dass im molekularen Materialgefüge Rückstellkräfte wirken, welche die Dehnung nach Entlastung wieder vollständig rückgängig machen. Die atomaren oder molekularen Bausteine kehren wieder in ihre Ausgangslage oder Gleichgewichtslage zurück.
Elastische Verformung
11.2
Das Verhältnis von im Material wirkender Spannung (m) und der daraus folgenden Dehnung (¡) ist charakteristisch für das lastabhängige Verformungsverhalten eines Stoffs und wird im Spannungs-Dehnungs-Diagramm grafisch dargestellt ( 85). Eine Linearität der Kurve steht für elastisches Verhalten, d.h. für eine Proportionalität zwischen Spannung und der daraus resultierenden Dehnung des Materials (vgl. das Hookesche Gesetz). Die Neigung einer elastisch geprägten, also geraden Spannungs-DehnungsLinie ist definiert als der Elastizitätsmodul oder E- Modul des Werkstoffs (in N/mm2) bzw. als sein Gleitmodul G und ist ein wichtiger Kennwert, der für dessen Steifigkeit steht. Je steiler die Linie, desto steifer der Werkstoff. Hingegen weist eine Krümmung der Kurve auf ein plastisches Verhalten hin, d.h. auf eine Nicht-Proportionalität zwischen Spannung und Dehnung. Die Steifigkeit eines Materials erreicht besonders große Werte bei kristallinen Stoffen im Vergleich zu amorphen und
Spannungs-Dehnungs-Diagramm
11.2.1
11.1
σ in N/mm2
σP
P
E = σP / εP = tan α
ε (-)
O
α εP
ε in %
σ (-)
85 Spannungs-Dehnungs-Diagramm eines Stoffs mit Definition seines Elastizitätsmoduls E
Kap. VI-5, Abschn. 5.1.3 Die Werkstoffe für Primärtragwerke > Beton/Stahlbeton, S. 719
Abschn. 11.3 Plastische Verformung, weiter unten
224
IV Stoffe
hochmolekularen (polymeren). Zwischen den Kristallbausteinen wirken im Raumgitter starke gerichtete Bindungskräfte, die sich in Form großer Elastizität des Materials bemerkbar machen. 11.3
Plastische Verformung
Ausnahme: Shape-Memory-Effekt bei Holz 45
11.3.1
Lastunabhängige plastische Verformungen
Anders als bei der elastischen Verformung, bei der die Ursprungslage der Partikel im Material gewissermaßen gespeichert ist und nach Entlastung wieder zurückerlangt wird, sind plastische Verformungen irreversibel, d.h. es finden nicht mehr rückgängig zu machende Verschiebungen, Verzerrungen oder Versetzungen im Materialgefüge statt, die dieses nachhaltig verändern. Während elastische Verformungen auf eine Krafteinwirkung zurückgehen – es gibt zwar auch kraftunabhängige reversible Verformungen wie hygroskopische Volumenveränderungen, diese werden aber nicht als elastische Verformung bezeichnet –, können plastische Verformungen neben Krafteinwirkung auch zahlreiche andere Ursachen haben: Nicht von der Lastwirkung abhängige Verformungen sind beispielsweise:
Kap. IV-4 Beton, S. 264, sowie IV-3 Stein, S. 248
• irreversible Schwindprozesse infolge chemischer Veränderungen im Materialgefüge wie bei Beton oder keramischen Werkstoffen;
Kap. IV-5 Holz, S. 272
• irreversible Formänderungen bei Holz und Holzwerkstoffen, Verziehen, Schüsseln, Reißen etc., die mit dem kontinuierlichen Austrocknungsprozess von Bauholz zusammenhängen und auch durch nachträgliche Erhöhung des Feuchtegehalts nicht rückgängig zu machen sind; • interne Spannungen in warmgewalzten Stahlbauteilen (parasitäre Spannungen), die während des Walzprozesses entstehen und zum plötzlichen Reißen eines Bauteils führen können; • Verziehen eines Stahlprofils durch lokales Erwärmen – wie bei Schweißarbeiten –, das auch nach Abkühlen bleibende Verformungen hinterlässt; sowie weitere Ursachen, die jeweils im Zusammenhang mit dem betroffenen Werkstoff später untersucht werden.
11.3.2
Lastabhängige plastische Verformungen
Innerhalb der lastabhängigen plastischen Verformungen sind mechanische Phänomene wie das Kriechen und das Gleiten bei Werkstoffen im baulichen Einsatz besonders bedeutsam:
Kriechen
Das Kriechen von Betonbauteilen ist eine bleibende Verformung unter Belastung, die sich insbesondere beim jungen Beton bemerkbar macht und kontinuierlich im Laufe mehrerer Jahre abklingt. Das Kriechen lässt sich dadurch
Kap. IV-4 Beton, S. 264
1 Materie
225
erklären, dass der Kristallisationsprozess im Zementstein infolge kontinuierlicher Hydratation mit dem Aushärten des Betons nicht abgeschlossen ist, sondern sich über einen längeren Zeitraum fortsetzt, während welchem neue Zementminerale gebildet werden. In den unter Druck befindlichen Bereichen wird zusätzlich gebundenes Wasser herausgepresst. Die unter lang andauernder Last gegenüber dem Anfangszustand verformte Geometrie des Bauteils bzw. des Materialgefüges wird auf diese Weise durch die kontinuierliche Kristallbildung – wortwörtlich – fest zementiert. Auch nach Entlastung kann diese bereits festgefügte Form nicht mehr in die Ursprungsgeometrie zurückkehren. Auch Holz ist unter ständiger Last einem Kriechvorgang unterworfen. Gleitverformungen, die stets irreversibel sind, finden sich im Bauwesen bei Schüttgütern, wassergebundenen Granulaten, sowie auch bei kristallinen Stoffen wie Eis und insbesondere Metallen mit zäher Werkstoffcharakteristik ( 86). Dabei bewegen sich Elementarpartikel des Stoffs – dies können Bausteine auf molekularer Ebene sein wie bei den Metallen oder auch Teilchen in Korngröße wie bei Böden – in Gleitebenen aneinander vorbei, bis entweder eine Gleichgewichtslage bei nur kleiner Verformung gefunden wird oder der Stoff reißt bzw. vollständig zerfällt. Maßgeblich für das Gleitverhalten ist die Art des Zusammenhalts zwischen den gleitfähigen Teilchen: • bei trockenen Schüttgütern, wie beispielsweise trockenem Sand, ist die Beschaffenheit der Korngrenzen, also die Reibung (innere Reibung) oder mechanische Verzahnung der Körner untereinander, entscheidend sowie insbesondere der Winkel des Schüttkegels, der für die im Gemenge infolge Schwerkraft wirkenden Schubkräfte maßgeblich ist; • bei wassergebundenen Granulaten wie Böden oder auch Werkstoffen im feuchtplastischen Zustand wie Tonen, ist für den Stoffzusammenhalt oder die Kohäsion die Bindekraft des adsorbierten Wassers verantwortlich (Wasserbindung, Kapillarkräfte). Maßgeblich für die Bindung ist die Gesamtoberfläche der Körner sowie auch die zwischen den Körnern gebundene Wassermenge. Je größer die Oberfläche der Körner, d.h. je kleiner ihr Durchmesser ist, desto größer ist die wirksame Adsorptionsfläche und folglich auch der Zusammenhalt bei einem gegebenen Feuchtegehalt. Je größer bei konstanter Kornflächengröße die gebundene Wassermenge ist, desto mehr Solvat- bzw. freies Wasser befindet sich zwischen den Körnern, desto lockerer ist das Gefüge und desto größer ist infolgedessen auch die Tendenz zum Gleiten. Gleitfähige Teilchen können auch molekulare Abmessung haben wie beispielsweise bei Tonmineralien. Diese
Gleiten
86 Lamellengleitung von Sand
Abschn. 10. Grenzflächen, S. 220
226
IV Stoffe
Abb. 45-47, S. 207f
87 Molekularstruktur von Eis
setzen sich aus Kristallen in Blättchenform zusammen, die aus Aluminium-Silicat-Verbindungen hervorgehen (Kaolinit, Montmorillonit). Anders als bei den meisten mineralischen Stoffen kann das flache Kristall des Tonminerals keine räumliche Gitterstruktur schaffen, es stapelt sich stattdessen zu flachen Paketen. Wassermoleküle lagern sich an den Zwischenräumen zwischen diesen gestapelten Kristallplättchen. Je nach Wassergehalt können diese bei geringer Sättigung infolge Adsorptionswirkung fest aneinander haften – wie bei luftgetrockneten Lehmziegeln – und dadurch große Festigkeit sowie sprödes Bruchverhalten zeigen; oder sie können bei hohem Sättigungsgehalt wie beim formbaren, feuchten Ton eine feuchtplastische Masse ergeben. Letztere lässt sich unter Krafteinwirkung durch Aneinandergleiten der Kristallplättchen plastisch verformen; • Eis besitzt eine räumliche Kristallstruktur, die gleitfähig ist. Das Raumgitter des Eises ist vergleichsweise locker mithilfe von Wasserstoffbrücken zusammengeknüpft ( 87). Die starken Kohäsionskräfte der Ionenbindung sind in diesem Fall nicht über die Fernordnung des Einkristalls durchgängig wirksam wie bei den meisten kristallinen Feststoffen, sodass die Gitterstruktur an den Schwachstellen der Wasserstoffbrücken leicht aufbrechen kann. Gleitvorgänge, wie bei Gletschern zu beobachten ( 88), sind dann die Folge. Das Gleiten von Eis hat keine besondere bauliche Bedeutung und soll hier nur zu Analogiezwecken erwähnt werden.
88 Gletscher – Lamellengleitung von Eis
Kap. IV-6, Abschn. 4. Klassifikation der Stähle, S . 288
Abschnitt 12. Bruch, S. 229
Abschnitt 12. Bruch, S. 229
Wesentlich bedeutsamer für den baulichen Einsatz sind hingegen Gleitungen in festen Werkstoffen. Sie sind bei zähen kristallinen Werkstoffen zu beobachten, im Wesentlichen bei Metallen wie Stahl, insbesondere in seinen duktilen – also gleitfähigen – Varianten wie Baustahl. Wenngleich spröde Metalle wie z.B. Guss keine nennenswerten und spröde mineralische Werkstoffe wie Stein oder Beton keinerlei Tendenz zum Gleiten zeigen, kann trotzdem der Bruch dieser Materialien unter bestimmten Voraussetzungen durch Gleitung entlang spezifischer Gleitebenen stattfinden. Die Ursache für das Gleitvermögen von Metallen liegt in der speziellen Metallbindung des Raumgitters dieser kristallinen Stoffe. Während mineralische Stoffe ihren Zusammenhalt aus der äußerst spröden Ionenbindung beziehen, die bei kleinsten Verschiebungen in der Struktur des Raumgitters auseinanderbricht, stehen die Gitterbausteine der Metalle durch die Bindekraft des Elektronengases in zwar festem, aber zähplastischem Zusammenhang. Während die Ionenbindung auf einem abwechselnden Gegenüber positiver und negativer Ionen-Teilladungen basiert, erlaubt die durchgängig negativ geladene Wolke aus frei beweglichen Ionen bei Metallen unter externem Krafteinfluss ab einer definierten, materialspezifischen Elastizitätsgrenze, ab
1 Materie
89 Translations- oder Gleitebenen, an denen das Kristallgitter jeweils um ein Vielfaches der Elementarzelle gleitet, hier um eine Gitterstelle
227
90 Wie links, Gleitung um zwei Gitterstellen
welcher Verformungen unumkehrbar sind und das Material zu fließen beginnt, Parallelbewegungen oder Gleitungen ganzer Gitterpakete aneinander entlang. Diese Translationsbewegung kann aufgrund der strengen Gitterstruktur nur in Ebenen, den sogenannten Translations- oder Gleitebenen stattfinden ( 89, 90). Bevorzugt für diese Gleitprozesse sind die dichtest besetzten Netzebenen, wie der Ausdruck aus der Metallurgie lautet. Der Vorgang kommt nach einer bestimmten Verlagerungsstrecke, bei einem Minimum des periodischen Gitterpotenzials 46 zum Stillstand. Dabei nehmen die Gitterbausteine wieder eine Soll-Stellung im Raumgitter ein, allerdings um ein Vielfaches der Elementarzelle in Gleitrichtung versetzt. Dabei bewegt sich im Regelfall nicht eine einzelne Netzebene in der Stärke eines Gitterbausteins, sondern ganze Pakete oder Gleitlamellen aus mehreren Schichten ( 91). Dieses Phänomen ist in ähnlicher Weise auch beim Gleiten von Schüttgütern oder Eis zu beobachten. Selbst bei Metallen lassen sich die Grenzen zwischen Gleitlamellen manchmal mit bloßem Auge an der Oberfläche erkennen – man spricht von Gleitlinien oder Translationsstreifung. Teile des Metalls, die ein Gleiten oder Fließen vollzogen haben, erscheinen deshalb auch matter und stumpfer als die unverformte Metalloberfläche. Bevorzugte Orte für die Gleitung sind Fehlstellen oder Baufehler im kristallinen Gitter, die in der Fachsprache als Versetzungen bezeichnet werden ( 92). Diese Verzerrungen des regelmäßigen Gitters generieren interne Spannungen, die dazu führen, dass die kritische Schubspannung, ab der eine Gleitung stattfindet, an der Versetzung um Zehnerpotenzen niedriger liegt als beim ungestörten Gitter.47 Von großer Bedeutung ist ferner, dass rechtwinklig zu den Gleitebenen die Gitterkräfte – Elementarbindung zwischen den Atomen – wesentlich, nämlich um mehrere Zehnerpotenzen, größer sind als entlang der Gleitebenen. Das heißt, die Schubfestigkeit des Materials ist wesentlich niedriger als die Normalfestigkeit, bzw. als die Zug- und Druckfestigkeit axial zur Kraftrichtung.48 Ein Gleiten oder Fließen tritt folglich stets vor dem Bruch des Werkstoffs
91 Gleitlamellen
92 Baufehler im Kristallgitter (vgl. auch 28)
228
IV Stoffe
Kap. VI-2 Kraftleiten, Abschn. 2.6 Spannungen, S. 512
93 Gleitung des Werkstoffs unter 45°, hier bei Druckbelastung
Abschn. 9.2 Metallische Stoffe, S. 214
Fe
C
94 Versetzungsblockierung des Stahl-Kristallgitters infolge Verkrallens durch eingelagerte C-Atome (vgl. auch 26)
11.3.3
Bedeutung plastischer Verformungen im Bauwesen
ein, weshalb das Metall als zäh bezeichnet wird: es verformt sich deutlich und irreversibel bevor es bricht und zerreißt. Da normale Druck- und Zugkräfte gleichsetzbar sind mit diagonalen Schubkräften, gleitet das Material dann entlang Ebenen unter 45° zur Kraftrichtung ( 93). In das kristalline Raumgitter eingebaute Fremdbausteine, beispielsweise in Eisen eingelagerte Kohlenstoffatome, führen zu einem Verkrallen der möglichen Gleitebenen und somit zu einer starken Behinderung der Gleitung im Metall ( 94). Man spricht von einer sogenannten Versetzungsblockierung – wobei in diesem Fall mit Versetzung nicht der Gitterbaufehler, sondern die Gleitung gemeint ist. Mit steigender Dichte dieser Atome erhöht sich auch die kritische Schubspannung und folglich der Gleitwiderstand. Im Extremfall tritt zuerst, statt plastischer Verformung, ein spröder Trennbruch ein. Aus diesem Grund sind Eisenwerkstoffe mit hohem Kohlenstoffgehalt – sogenannte intermetallische Phasen wie Zementit Fe3C – im Gegensatz zum zähen Baustahl (mit niedrigem C-Gehalt) hart und spröde.49 Mit fortschreitendem Gleitweg und anhaltender Krafteinwirkung findet eine erneute graduelle Verfestigung des Materials statt, da die Gleitprozesse an den Korngrenzen der Kristallite, aus denen das Materialgefüge des Metalls aufgebaut ist, zu einem Stillstand kommen. Wie bereits erläutert, sind die Kristallite im Stoffgefüge beliebig orientiert, sodass sich die Geometrie ihres Raumgitters nicht im Nachbarkristallit fortsetzt. Es kommt dabei zuletzt zu einem Aufstau der Gleitungen in den Kristalliten, die sich gegenseitig blockieren, und folglich zu einer Verhinderungen weiterer Gleitvorgänge führen. Das Material verfestigt sich, versprödet und bricht bei weiter anhaltender Kraftwirkung auseinander. Bei einer sehr großen Zahl von Belastungszyklen, können sich an den Blockadestellen zwischen Kristalliten Mikrorisse bilden, die sich entlang der empfindlicheren Korngrenzen fortpflanzen und zuletzt ohne Ankündigung in einen Makroriss übergehen können. Das Material wird zerrüttet und es kommt zum Bruch. Man spricht bei diesem Phänomen von der Ermüdung des Materials.50 Plastische Verformungen an Bauteilen sind – außer bei der gezielten Umformung zu Fertigungszwecken – naturgemäß unerwünscht, da sie nicht umkehrbar sind und die technische Form eines Elements unkontrollierbar verändern. Dennoch zeigen plastische Verformungen, wie sie beispielsweise infolge Gleitvorgängen entstehen, unter bestimmten Voraussetzungen große Vorteile im Bauwesen: • da sie über einen längeren Zeitraum vor dem Bruch des Materials stattfinden und zumeist mit bloßen Auge erkennbar sind, kündigen sie ein mögliches Versagen des Werkstoffs frühzeitig an und erlauben dadurch ggf. vorsorgende Maßnahmen;
1 Materie
• sie können zu selbsttätigen Last- oder Spannungsumlagerungen im Werkstoff führen. Lokal stark beanspruchte Bereiche werden plastischen Verformungen unterworfen, sodass der Kraftfluss andere Wege nehmen kann und die lokalen Spannungsspitzen abgebaut werden. Dies kann aufgrund der Gleit- oder Fließcharakteristik von Stählen geschehen oder auch infolge der komplexen, während eines langen Zeitraums anhaltenden hydratationsbedingten Kristallisations- und Rekristallisationsprozesse im – allerdings nur druckbeanspruchten – Beton.
229
Schema in 30 in Kap. IV-6, Abschn. 9. Konstruktive Folgerungen, S. 299
Kap. IV-4 Beton, S. 264
Beide Faktoren sind Anzeichen einer gewissen Gutmütigkeit eines Werkstoffs, im Vergleich beispielsweise zum unangekündigten, plötzlichen Versagen spröder Materialien unter Zugbeanspruchung. Bruchvorgänge, also das Versagen des Materials unter Kraftwirkung, stellen den größten anzunehmenden Unfall im Bauwesen dar, da insbesondere bei Versagen von Primärtragwerken zumeist Menschenleben auf dem Spiel stehen und stets hohe Sachschäden zu erwarten sind. Gerade aus diesem Grund ist die Kenntnis der Bruchmechanismen und -ursachen bei den verschiedenen baurelevanten Stoffen von großer Bedeutung für den Konstrukteur, da diese Kenntnis ihm erlaubt, geeignete Vorkehrungen zu treffen, damit während der Lebensdauer eines Bauwerks ein Versagen des Werkstoffs ausgeschlossen ist. Gleichzeitig ist es von immer größerer Bedeutung, die Rückführung einer Baustruktur nach Beendigung ihrer Lebensdauer bereits während des Konzeptionsprozesses zu berücksichtigen. Auch aus diesem Grund kann es von großer Bedeutung sein, eine klare Vorstellung davon zu haben, wie ggf. ein Bruch zu Rezyklierungszwecken mit möglichst geringem Energieaufwand gezielt herbeizuführen ist. Beide Zielsetzungen, dauerhafte Standfestigkeit und einfache Rezyklierung, stehen offenbar in einem gewissen Widerspruch, der nicht einfach aufzulösen ist. Bei einem Materialbruch versagen die molekularen Bindekräfte des Materials in der Regel an einer bestimmten Schwachstelle ( 95), zumeist an einem bereits existierenden Mikroriss, der sich unter der Belastung zu einem größeren Makroriss ausweitet und schließlich dazu führt, dass das Material bricht und zerreißt, d.h. dass die Bruchfläche sich über den gesamten Querschnitt des Bauteils erstreckt. Neben dem durch starke Verformungen plastischer Art sich ankündigenden Verformungsbruch zäher Werkstoffe wie Stahl, existiert der unangekündigte Spröd- oder Trennbruch der brüchigen Materialien wie Stein oder Beton ( 96), der auch bei Holz zu beobachten ist. Wird der Gleitprozess bei einem zähen Werkstoff wie dem Baustahl über das Stadium der Verfestigung, bei dem die Kristallite sich gegenseitig blockieren, hinweg fortgesetzt, kommt es schließlich zum Bruch und zum Zerreißen
Bruch
95 Spröder Zugbruch von Beton. Man beachte, dass er vorzugsweise an den Grenzflächen zwischen Zuschlag und Matrix verläuft, was ein Anzeichen für die relative Schwäche der Haftkraft zwischen beiden ist.
96 Spröder Trennbruch eines ESG-Glases
12.
230
IV Stoffe
Abschn. 11.3.2 Lastbahängige plastische Verformungen > Gleiten, S. 227
Abschn. 11.3.2 Lastbahängige plastische Verformungen, > Gleiten, S. 228
Abschn 7.3 Metallbindung, S. 196
des Werkstoffs. Es ist bemerkenswert, dass der Bruch im Allgemeinen als Scher- oder Schubbruch im Winkel von 45° zur Kraftrichtung stattfindet 51 und nicht – wie zunächst zu erwarten wäre – im Winkel von 90°. Der Grund für dieses Phänomen liegt in der vergleichsweise geringen Schubfestigkeit des Metalls im Vergleich mit seiner Zug- und Druckfestigkeit, also seiner Festigkeit gegenüber Normalspannungen. Jene liegt – wie bereits erwähnt – um mehrere Zehnerpotenzen unter dieser. Als Folge davon findet vor dem Trennbruch ein Gleitvorgang entlang einer um 45° geneigten Scherfläche statt, die sich ihren Weg trotz (oder wegen) der zunächst völlig regellosen Orientierung der einzelnen Kristallite im Haufwerk sucht und zum Bruch des Materials führt. Besonders gefährlich bei metallischen Werkstoffen, die ja im Regelfall unter übermäßiger Belastung zunächst zähplastisch reagieren, ist der Ermüdungsbruch, der spröde erfolgt und als Folge einer sehr hohen Anzahl von Be- und Entlastungszyklen entsteht. Der spröde Trennbruch der mineralischen Materialien, der so charakteristisch für diese Werkstoffgruppe ist, erklärt sich aus der typischen Ionengitterstruktur ( 97) der Silicatverbindungen, aus denen diese Stoffe im Wesentlichen bestehen. Die klar definierte Polarität der Ionen, die für die chemische Bindekraft des Kristallgitters des Minerals verantwortlich ist, erlaubt, im Gegensatz zum Elektronengas der Metalle, kein zähplastisches Verschmieren der Bindungen, sondern löst sich durch Zusammentreffen jeweils gleich geladener, sich gegenseitig abstoßender Ionen bei der kleinsten Versetzung des Ionengitters unter Krafteinwirkung ( 97102). Die Bruchfläche verläuft als Folge der regelmäßigen Ordnung des Kristallgitters bei den Einkristallen entlang klar erkennbarer Ebenen. Abhängig vom Verhältnis der Schub- zur Druck-/Zugfestigkeit kann es wiederum zu einem Gleitbruch kommen, bei dem die Bruchfläche im Winkel von 45° zur Kraftrichtung verläuft. Dieser Bruchmechanismus ist analog zum Gleitbruch bei Metallen wie oben beschrieben. Auch amorphe Stoffe aus Silicaten, wie beispielsweise Glas, können eine extreme Neigung zum spröden Trennbruch zeigen ( 96). Andere amorphe Stoffe wie gewisse Kunststoffe reagieren (im entsprechenden Temperaturbereich) hingegen zäh. Trotz der generellen Gefährlichkeit von Rissen im Material muss festgestellt werden, dass nicht jeder Riss auch gleich die Standfestigkeit eines Bauteils gefährdet. Insbesondere künstliche mineralische Werkstoffe, wie Ziegel oder Beton, zeigen eine starke Tendenz zum Reißen, die insbesondere auf lastunabhängige Schwindprozesse, nicht unbedingt auf Krafteinwirkung zurückzuführen sind. Ferner neigt Stahlbeton (wie Beton ganz allgemein) zum Reißen unter Zugbeanspruchung, also beispielsweise in Zugzonen von Biegebalken ( 102). Diese feinen Risse sind notwendig und folgerichtig, damit die Zugkraft auf die Bewehrung übertragen werden kann, die ja verantwortlich für die Aufnahme derselben ist.
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Sie beeinträchtigen die Tragfähigkeit des Werkstoffs nicht. Dennoch ist dieser Risstendenz besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da gewisse Rissbreiten nicht überschritten werden sollten. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn das Bauteil der Witterung ausgesetzt ist. Auch die bei Holz häufig zu beobachtenden Risse entlang der Faser, die sich infolge Trocknungsprozessen von selbst bilden, sind im Regelfall für die Tragfähigkeit des Bauteils nicht kritisch. Es liegt auf der Hand, dass Anisotropien im Material eine bestimmte Beanspruchungsrichtung besonders zum Bruch prädestinieren. Bereits eine deutlich geringere Schubfestigkeit als Druck- und Zugfestigkeit eines Stoffes begünstigt – wie wir gesehen haben – eine spezifische Bruchrichtung im Material und äußert sich in Form einer gewissen Anisotropie. Ein deutlich anisotropes Verhalten im Hinblick auf Spaltkräfte parallel zur Faser zeigt insbesondere Holz (nicht umsonst wird Brennholz mit der Axt stets in Faserrichtung gespalten)
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97 Modellhafte Darstellung eines Ionengitters. Die Ionen der zwei beteiligten Elemente sind in verschiedenen Grautönen dargestellt. 98 Schema Gitter
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99 Belastung des Ionengitters durch eine Querkraft. Aufgrund einer anfänglichen Schubverformung benachbarter Gitterpakete an der Scherebene geraten gleichpolare Ionen in den Bereich ihrer elektrostatischen Felder. 100 Schema Bruch 1
101 Infolge der Abstoßung zwischen gleichgepolten Gitterbausteinen spaltet sich das Ionengitter an der Scherebene. 102 Schema Bruch 2
232
IV Stoffe
103 Risse im Holz 104 Betonschaden, vermutlich Abplatzung wegen Frosts
Abschn. 9. Das Stoffgefüge, S. 203
13.
Zersetzungsprozesse
Kap. VI-6 Dauerhaftigkeit, S. 762
( 103) sowie auch beispielsweise Sedimentgestein, das die Tendenz zeigt, sich entlang der Ablagerungsschichten zu spalten. Entscheidend für das mechanische Verhalten ist in diesen Fällen das Grobgefüge des Materials. Ebenfalls kritisch für die Trag- oder auch Gebrauchsfähigkeit eines Bauteils können Zersetzungsprozesse des Materials infolge atmosphärischer oder sonstiger Einwirkungen sein. Die allmähliche Auflösung des Werkstoffs an seinen Grenzflächen kann rasch zu einer Verkleinerung des zur Aufnahme von Lasten verfügbaren Bauteilquerschnitts führen. Als Folge davon erhöhen sich bei gleich bleibender Kraft die Spannungen im Material und führen nach Erlangen der Bruchspannung zum Versagen. Es können auch als Folge des Zersetzens oder Absprengens schützender Oberflächenschichten (wie bei Stahlbeton) wesentliche Bestandteile der Konstruktion (wie Bewehrungsstähle) ihren Schutz verlieren und infolge besonderer Prozesse (Korrosion) ihrerseits zersetzt werden und so zum Versagen des Bauteils führen. Es gibt im Bauwesen zahlreiche Zersetzungsprozesse, die ein Bauteil an der Erfüllung der ihm zugedachten Funktion hindern können. Im Folgenden sollen die Wichtigsten in Grundzügen beschrieben werden: • mechanisches Zerstören poröser Stoffe infolge Frosteinwirkung: Dieser Zersetzungsmechanismus beruht auf der Sprengwirkung von gefrierendem Wasser in den Poren eines Materials ( 104). Dieses Wasser lagert sich als Folge der Bewitterung in den Außenschichten ein und vergrößert sein Volumen um rund 9% beim Gefrieren,52 wovon ja gerade die Außenschichten des Werkstoffs besonders betroffen sind. Kann diese Ausdehnung im Material nicht durch die Festigkeit desselben, also durch seine molekularen Bindekräfte aufgenommen werden, bzw. kann es sich nicht in Hohlräumen frei ausdehnen, kommt es zu einem Abplatzen äußerer Schichten. Die nackten Bruchflächen sind dann dem gleichen Zersetzungsprozess ausgesetzt wie die exponierten Grenzflächen und dieser schreitet weiter voran. Als Folge davon können nur solche Werkstoffe als frostsicher gelten, die entweder:
1 Materie
•• eine sehr dichte Struktur haben und kein Wasser an ihrer Oberfläche aufnehmen;
233
Beispiel: Stahl, wobei ungeschützter Stahl andersartigen Zersetzungsprozessen unterliegt, s. u.
•• starke Bindungskräfte, also hohe Festigkeiten aufweisen, die erlauben, die entstehenden Zwängungskräfte schadensfrei aufzunehmen, wie beispielsweise magmatische Gesteine (Granit, Gneise etc.); •• größere Entlastungsporen oder -hohlräume haben, die ein freies Ausdehnen des gefrierenden Wassers ermöglichen. Dies gilt beispielsweise für Kiespackungen bei Fundierungen;
vgl. hierzu DIN EN 1367-1, DIN 52106
• chemische Korrosionsprozesse: Diese lösen die Bindekräfte zwischen den molekularen Bausteinen des Materials. Dies geschieht als Folge von chemischen Verbindungen zwischen diesen Bausteinen, oder chemischen Bestandteilen derselben, und Substanzen aus der Umgebung. Besondere Bedeutung für das Bauwesen haben: •• Korrosion von Metallen an der Atmosphäre ( 105). Dies erfolgt durch Oxidbildung aus Metallionen und Sauerstoff aus der Atmosphäre, wobei Wasser als Elektrolyt wirkt. Auf diese Weise wird die Kristallstruktur des Metalls und somit die Bindekräfte, die den Werkstoff zusammenhalten, allmählich aufgebrochen. Dies betrifft insbesondere die im Bauwesen üblichen konventionellen Stähle – ausgenommen nicht rostende Stähle. Dieser Prozess kann bei besonderen Legierungen (wetterfeste Stähle) zu einem weitgehenden Stillstand kommen, sodass nur die äußeren Schichten betroffen sind, nicht aber die Tragfähigkeit des Bauteils; oder er setzt sich ungehindert fort und zerstört am Ende das Bauteil, wie bei normalen ungeschützten Baustählen der Fall. Es lassen sich geeignete Legierungen wählen, um diesen Korrosionsprozess zu verhindern oder zumindest rechtzeitig zum Stillstand zu bringen, oder – was in den meisten baupraktischen Fällen geschieht – die Stahloberfläche wird durch geeignete Beschichtungen (z.B. Zinkschichten) oder Anstriche vor atmosphärischem Angriff geschützt; •• Kontaktkorrosion zwischen Metallen verschiedener Edle. Der Kristallverband des unedleren Metalls wird durch Einwirkung von Ionen des edleren Metalls im Wasser als Elektrolyten langsam aufgelöst; •• Carbonatisierung von Beton;
105 Korrosion von Stahl
Kap. VI-6, Abschn. 2.1.2 Kontaktkorrosion, S. 764
Kap. VI-6 , Abschn. 3.1 Carbonatisierung, S. 774
234
IV Stoffe
Abschn. 9.3.1 Organische Stoffe - Holz, S. 216
106 UV-Schädigung (Ausbleichen, Verspröden) nebst organicher Zersetzung von Holz
14.
Brandeinwirkung
Kap. VI-5 Brandschutz, S. 716
• Zerstörung des Materialgefüges durch UV-Strahlung ( 106). Energiereiche ultraviolette Strahlung aus dem direkten Sonnenlicht bricht bei lang andauernder Wirkung die molekularen Bindekräfte des Materials auf. Dieses Phänomen betrifft beispielsweise Holz, dessen Stützgewebe aufgrund der kontinuierlichen Zersetzung der verfestigenden Substanz Lignin durch ständige UV-Bestrahlung allmählich zerfällt. Auch polymere Werkstoffe wie bituminierte Abdichtungsbahnen sind gegen UV-Strahlung empfindlich, verspröden unter direktem Sonnenlicht und brechen am Ende auf; • biologische Zersetzungsprozesse: Diese betreffen organische Werkstoffe wie Holz ( 107). Lignin, die für den stofflichen Zusammenhalt des Holzes hauptverantwortliche Substanz, ist zwar verhältnismäßig resistent gegen den Angriff chemischer Wirkstoffe (z.B. Basen und Säuren),53 kann aber von gewissen – vergleichsweise wenigen – Arten von Mikroorganismen wie Weißfäulepilze zerstört werden. Voraussetzungen für die zersetzende Wirkung der Mikroorganismen ist das geeignete Feuchtemilieu. Unter zu niedriger Feuchte wie bei normal trockenem Bauholz, sind die Pilze nicht lebensfähig. Im Wasser können diese Lebewesen ebenso wenig existieren, weshalb bei Einsatz im wassergesättigten Milieu – beispielsweise als Fundierungspfähle im Erdreich – Holzteile dauerhaft beständig sind. Dieser Umstand ist die Grundlage des konstruktiven Holzschutzes, der das Ziel verfolgt, für Pilze zuträgliche Feuchtegehalte im Holz zu verhindern oder nur über einen kurzen, ungefährlichen Zeitraum zu ermöglichen. Die Voraussetzung dafür ist das rasche Ableiten von Niederschlagswasser von Holzoberflächen sowie die gute Belüftung derselben, um dem bereits eingedrungenen Wasser das rasche Ausdiffundieren zu ermöglichen. Brand ist seit jeher eine gefährliche Bedrohung für Baustrukturen. Brände führen in den meisten Fällen zur vollständigen Zerstörung eines Bauwerks, haben erhebliche Sachschäden wie beispielsweise beim Brand von Lagerhäusern zur Folge und können oftmals darüber hinaus Menschenleben fordern. Neben der Brennbarkeit des Baumaterials selbst – wie bei Holz oder Kunststoffen –, die durch Flammenschlag oder auch Brandgase und sonstige emittierte giftige Gase eine Bedrohung von Menschen darstellt, birgt insbesondere das statische Versagen des Primärtragwerks, oder von Teilen desselben, ein großes Gefährdungspotenzial. Unter Brandeinwirkung verliert dabei der Werkstoff ab einer bestimmten kritischen Temperatur seine Festigkeit (wie bei Stahl), oder das Material verkohlt durch Abbrand, also durch langsame Oxidation der Oberflächenschichten, (wie bei Holz) und verliert durch
1 Materie
235
diese chemische Umwandlung allmählich die atomare oder molekulare Bindekraft. Bauwerke konnten, und können auch heute noch, in den seltensten Fällen vollständig aus nichtbrennbaren und brandresistenten Materialien hergestellt werden. Selbst traditionelle Steinbauten konnten zumeist auf Holzbalkendecken und hölzerne Ausbauteile oder zumindest brennbare Einrichtungsgegenstände nicht verzichten, sodass stets eine ausreichende Brandlast, oder Gesamtmenge an brennbarem Material, vorhanden war – und heute noch ist –, die einem Brand ausreichende Nahrung liefert, um großen Schaden anzurichten. Als besonders kritisch unter Brandbedingungen erweisen sich metallische Werkstoffe, und hier naturgemäß insbesondere Stahl, das bei verhältnismäßig niedrigen Brandtemperaturen von 600°C seine Festigkeit bereits weitgehend verliert und in den plastischen Zustand gerät. Die kristallinen Gitterkräfte werden ab der Schmelztemperatur aufgebrochen, das Material geht in einen nichtkristallinen, also amorphen Zustand über und verliert seine ansonsten großen Bindekräfte. An dieser Tatsache ändert nichts, dass Stahl nicht brennt. Auch Stoffe mit amorpher Molekularstruktur versagen rasch unter Brandeinwirkung. Glas zerspringt entweder augenblicklich unter lokaler Erwärmung oder es plastifiziert und schmilzt bei gleichmäßiger Wärmeverteilung verhältnismäßig frühzeitig unter hohen Temperaturen. Glas ist wie auch Stahl dennoch unbrennbar. Auch die meisten Kunststoffe verlieren ihre Festigkeit rasch und schmelzen. Da sie als brennbar einzustufen sind, stellen sie ihrerseits eine Brandlast dar. Besonders gefährlich ist bei einigen Kunststoffen die Emission giftiger Gase sowie auch das brennende Abtropfen des schmelzenden Materials bei Einbau über Kopf. Etwas günstigeres Brandverhalten zeigt Holz, da die Kohleschicht, die sich unter Brandeinwirkung an den Oberflächen exponierter Holzbauteile bildet, eine vorteilhafte dämmende Wirkung auf den Brandfortschritt hat, diesen also bremst ( 108). Dies wird durch die öffentliche Wahr-
107 Holzfäule
108 Brandschäden an Holz
Kap. VI-5, Abschn. 5.1.3 Die Werkstoffe für Primärtragwerke > Stahl, S. 720
236
IV Stoffe
109 Brandschäden an Beton
Abschn. 13. Zersetzungsprozesse – chemische Korrosionsprozesse, S. 232
Anmerkungen
nehmung oftmals verkannt, vor allem unter dem – zunächst trügerischen – Aspekt, dass Holz selbst ja ein brennbares Material ist. Am günstigsten verhalten sich unter Brandeinwirkung die meisten mineralischen Werkstoffe wie Beton oder keramische Materialien. Der Schmelzpunkt dieser kristallinen Stoffe aus dem chemisch sehr stabilen Grundbaustein Siliciumdioxid (SiO2) liegt im Regelfall bei rund 1700°C. Es ist folglich eine wesentlich längere Brandzeit und auch bedeutend mehr Brandlast erforderlich, um die Hitzeeinwirkung so lange aufrechtzuerhalten, bis es zu einem Schmelzen dieser Werkstoffe kommt. Dies geschieht auch unter ungünstigen Brandbedingungen nur selten, sodass im Regelfall sowohl eine rechtzeitige Rettung von Menschen möglich ist als auch die mineralischen Werkstoffe den Brand oftmals in ihrer Grundsubstanz weitgehend unbeschadet überstehen können. Kritisch bei mineralischen Werkstoffen wie Beton (in bewehrter Ausführung) ist allerdings das Abplatzen von Oberflächenschichten ( 109), die einer starken Ausdehnung infolge hoher Temperaturen ausgesetzt sind. Die Innenbereiche massiver Bauteile erwärmen sich nicht so rasch, da die große Masse und hohe Wärmespeicherkapazität dies verhindern. Ähnlich wie bei Korrosionsvorgängen, können dann die gegen hohe Temperaturen besonders empfindlichen Bewehrungsstähle ohne die schützende Betonschicht plastifizieren und zum Versagen des gesamten Bauteils oder Tragwerks führen.
1 2 3
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
15 16
Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Atom Cuny (1967) Einführung in die Chemie, S. 170 f Die Physik unterscheidet zusätzlich auch den plasmaförmigen Zustand, der indessen keine unmittelbare bauliche Bedeutung hat. Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Atom Ebda, Stw. chem. Bindung; auch Knoblauch, Schneider (1992) Bauchemie, S. 16 Wie beispielsweise bei Holz oder Kunststoffen, vgl. Knoblauch, Schneider (1992) Bauchemie, S. 16-22 Knoblauch, Schneider (1992) S. 24 Ebda S. 24 Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. chem. Bindung Knoblauch, Schneider (1992) S. 24; Krenkler (1980) Chemie des Bauwesens, Bd. 1, S. 58 Cuny (1967) Einführung in die Chemie, S. 184 Knoblauch, Schneider (1992) S. 18-21, 24; Krenkler (1980) S. 58, Cuny (1967) S. 99 Anisotrope Stoffe haben je nach Raumrichtung unterschiedliche Eigenschaften; isotrope sind hingegen in allen Richtungen gleich Petersen (1994) Stahlbau, S. 34 Ebda S. 34
1 Materie
17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53
237
Ebda S. 42 Ebda S. 42 Knoblauch, Schneider (1992) S. 28 Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Makromoleküle, Polymere Knoblauch, Schneider (1992) S. 173 Krenkler (1980) S. 82 Ebda S. 104, 105 Ebda S. 106 Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Gefüge 2 Volland (1999) Einblicke in die Baustoffkunde, S. 74 Ebda S. 36 Ebda S. 45 f; Knoblauch u. Schneider (1992) S. 117 f Volland (1999) S. 38 Ebda S. 39-40 Diagramm nach Volland (1999), S. 33, modifiziert Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Korngrenzen Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Gefüge (3) Krenkler (1980) Graphik auf S. 430 Petersen (1994) S. 34; Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Korngrenzen Mägdefrau (1951) Botanik, S. 25 Knoblauch, Schneider (1992) S. 177 Schaubilder nach Navi/Heger (2004) Combined Densification... Vol. 29, No. 5 Knoblauch, Schneider (1992) S. 177f Ebda S. 179 Ebda S. 180 Ebda S. 181 Krenkler (1980) S. 76f Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. elastische Schwingungen Navi P, Heger F (2004) Combined Densification... Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Gleiten Petersen (1994) S. 42 Ebda S. 40 Ebda S. 41 Ebda S. 42 Ebda S. 49 Volland (1999) S. 28 Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Holz – chemische Eigenschaften
DIN 52106: 2013-12 Prüfung von Gesteinskörnungen - Untersuchungsverfahren zur Beurteilung der Verwitterungsbeständigkeit DIN EN 1367: Prüfverfahren für thermische Eigenschaften und Verwitterungsbeständigkeit von Gesteinskörnungen Teil 1: 2007-06 Bestimmung des Widerstandes gegen FrostTau-Wechsel
Normen und Richtlinien
I
I
KONSTRUIEREN
KONSTRUIEREN
II STRUKTUR II-1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG STRUKTUR II-2II INDUSTRIELLES BAUEN II-3 MASSORDNUNG II - 1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG II 2 INDUSTRIELLES BAUEN III NACHHALTIGKEIT 3 MASSORDNUNG III-1II -KONTEXT
1. 2. 3. 4. 5.
Werkstoffe im Bauwesen ........................................ 240 Hauptwerkstoffe ......................................................241 Materialgerechtigkeit ................................................242 Werkstoff und Nachhaltigkeit .................................. 244 Klassifikation der Werkstoffe für Primärtragwerke . 245
III-2 ÖKOLOGIE III-3 ÖKONOMIE III-4IIISOZIALES STOFFE III-5 ÖKOBILANZ -1 MATERIE III-6III RECYCLING III - 2 WERKSTOFF -3 STEIN IV III STOFFE -4 BETON IV-1III MATERIE -5 HOLZ IV-2III WERKSTOFF -6 STAHL IV-3III STEIN -7 BEWEHRTER BETON IV-4III BETON -8 KUNSTSTOFF IV-5III HOLZ -9 GLAS IV-6III STAHL IV-7 BEWEHRTER BETON IV-8 GLAS IV-9 KUNSTSTOFF
IV
BAUPRODUKTE
V IV BAUPRODUKTE -1 KÜNSTLICHE STEINE V-1 IV KÜNSTLICHE STEINE -2 HOLZPRODUKTE V-2IV HOLZPRODUKTE -3 STAHLPRODUKTE V-3IV STAHLPRODUKTE -4 GLASPRODUKTE V-4IV GLASPRODUKTE -5 KUNSTSTOFFPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI FUNKTIONEN FUNKTIONEN VI-1V SPEKTRUM VI-2 KRAFTLEITEN 1 SPEKTRUM VI-3V -THERMOHYGRIK 2 KRAFT LEITEN VI-4V -SCHALLSCHUTZ V 3 THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN VI-5 BRANDSCHUTZ V 4 SCHALLSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT V-5 BRANDSCHUTZ V 6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_12
240
1.
IV Stoffe
Werkstoffe im Bauwesen
Kap. V Bauprodukte, S. 354
Kap. VI-1, Abschn. 3. Zuweisen von Teilfunktionen an Bauteile, S. 479
Die Werkstoffe oder Materialien – beide Begriffe sollen im Folgenden gleichwertig verwendet werden –, die im Bauwesen verarbeitet werden, sind sehr zahlreich und im Rahmen dieses Werks nicht in ihrer Vollständigkeit zu behandeln. Dennoch lassen sich die meisten von ihnen auf einige wesentliche Grundwerkstoffe oder zumindest grundlegende Werkstoffgruppen zurückführen, denn zumeist handelt es sich bei den baurelevanten Werkstoffen um Derivate dieser Grundmaterialien, die einen spezifischen – zumeist industriellen – Umwandlungsprozess erfahren haben. Einen Überblick hierüber findet sich an anderer Stelle. Der baurelevante Nutzwert der Werkstoffe beruht auf besonderen physikalischen und chemischen Eigenschaften oder auf Kombinationen derselben, die sie zur Erfüllung einer bestimmten baulichen Teilfunktion eines Bauteils in die Lage versetzen. Neben der fundamentalen Anforderung, eine spezifische, für den jeweiligen Zweck des betrachteten Bauteils typische Teilfunktion wie in den folgenden Kapiteln definiert zu erfüllen, spielen bei der Auswahl eines Werkstoffs auch andere Aspekte eine Rolle, wie • die Verarbeitbarkeit, • die Verfügbarkeit oder die Kosten, • das Erscheinungsbild. Bis auf die Kosten beruhen sämtliche Eignungskriterien eines Werkstoffs auf seinen individuellen, vornehmlich physikalischen und chemischen Eigenschaften; so beispielsweise inwieweit das Material: • Kräfte leiten kann bzw. einem Kraftangriff unter spezifischen Bedingungen ohne Bruch oder übermäßige Verformung widerstehen kann – dies hängt wesentlich von der Festigkeit bzw. Steifigkeit des Werkstoffs ab ( 1); • gegenüber bestimmten Medien, insbesondere aus Witterungseinflüssen wie Wasser oder Wind, durchlässig ist – dies ist von der Dichtheit seiner Struktur bzw. der wasseranziehenden oder -abstoßenden Eigenschaft des Materials abhängig;
1 Kraftleitung durch Festigkeit der druckbeanspruchten stehenden Säule und Steifigkeit des biegebeanspruchten liegenden Balkens (Basilika Paestum)
• der Brandeinwirkung über einen längeren Zeitraum widerstehen kann, ohne eine kritische Mindestfestigkeit zu verlieren. Dies hängt mit der Veränderung des inneren Zusammenhalts der Materialstruktur unter hohen Temperaturen zusammen; und auf viele weitere Aspekte.
2 Werkstoffe
Im Folgenden sollen aus der breiten Auswahl der im Bauwesen einsetzbaren Werkstoffe, aus Gründen der Praktikabilität, lediglich die wichtigsten Werkstoffgruppen eingehender behandelt werden. Wir werden sie fortan als Hauptwerkstoffe bezeichnen. Auch wenn damit einige bauübliche Werkstoffe nicht direkt berücksichtigt werden, so kommen durch diese Praxis doch wenigstens indirekt ihre wesentlichen Merkmale zur Sprache, da sich die überwiegende Zahl der Baumaterialien unter einer der angesprochenen Hauptwerkstoffgruppen eingliedern lässt. Es empfiehlt sich, als Klassifikationskriterium die bedeutendste Teilfunktion heranzuziehen, ohne welche kein Bauwerk auskommt, nämlich die Tragfunktion. Folglich werden wir als Hauptwerkstoffe solche definieren, die für Kraftleitung, oder präziser für den Einsatz in Primärtragwerken geeignet sind. Dies sind gemäß herkömmlicher Klassifizierung und nach einer (zumindest partiell) entwicklungschronologischen Reihenfolge: • Stein • Holz • Beton • Stahl sowie als heute längst etablierter Verbundwerkstoff aus Beton und Stahl der: • Stahlbeton. Es kommen heute auch andere Verbundwerkstoffe in verschiedenen Materialkombinationen – wie beispielsweise Kunststofffasern und Beton – im Bauwesen zum Einsatz. Diese sind jedoch technisch noch nicht in der gleichen Weise ausgereift wie der Stahlbeton. Ferner haben weitere Werkstoffe einen Platz in der Gruppe der für Primärtragwerke grundsätzlich geeigneten Materialien erobert; dazu gehören: • Glas, • Kunststoffe, die mittlerweile eine gewisse, wenn auch beschränkte Bedeutung für den tragenden Einsatz haben. Die Werkstoffe der angesprochenen Auswahl sollen in diesem Kontext als Hauptwerkstoffe gelten und im Folgenden näher betrachtet werden.
241
Hauptwerkstoffe
Kap. VI-1 Spektrum, S. 468
zum Begriff „Primärtragwerk“ vgl. Kap. VI- 2, Abschn. 1.1 Kategorien von Tragwerken, S. 496
2.
242
3.
IV Stoffe
Materialgerechtigkeit
2 Frühstück im Pelz (Meret Oppenheim, 1936)
Der Begriff Materialgerechtigkeit drückt die Überzeugung aus, dass spezifische Werkstoffe einer Konstruktion – und im weiteren Sinne der Gestalt und dem strukturellen Konzept eines gesamten Bauwerks – gewisse, nur dem betreffenden Material eigene Regeln und Gesetze auferlegen. So könne eine Konstruktion oder ein Entwurf diesen charakteristischen Gesetzen entsprechen, also materialgerecht gestaltet sein, oder im Gegensatz diesen zuwiderlaufen oder diese nicht in ausreichendem Maß berücksichtigen. Oftmals werden diese beiden Optionen als Gradmesser für die technische oder auch formale Qualität eines Bauwerks angesetzt. Es ist unstrittig, dass Werkstoffe deutlich divergierende Eigenschaften aufweisen. Dies kann den Inhalten der folgenden Abschnitte ausführlicher entnommen werden. Die Unterschiede betreffen in erster Linie: • die maximal aufnehmbaren Spannungen infolge Krafteinwirkung, ausgedrückt durch die jeweiligen charakteristischen Bruch- (mB) oder zulässigen Spannungen (mzul); • das Verformungsverhalten infolge lastabhängiger oder auch lastunabhängiger Einwirkungen;
3 Nachahmung oder Mimesis eines ursprünglichen Holzbaus (links) im Steinbau (rechts) des antiken griechischen Tempels (nach Choisy)
• das Verhalten unter extremer Belastung, also die Sprödigkeit oder Duktilität eines Werkstoffs; • die Iso- oder Anisotropie des Materials, also der Grad der Ausrichtung des Materialgefüges; • den Verarbeitungsprozess sowie die üblichen Einsatzformen des Werkstoffs, also im Wesentlichen formlos, platten-, stab- oder bausteinförmig; • die Dauerhaftigkeit gegenüber Umwelteinflüssen;
4 Holztypische Verzapfungen mit Keilsicherung als Beispiel unsicheren Umgangs mit einem neuartigen Werkstoff (Eisenkonstruktion der CoalbrookdaleBridge in Großbritannien, 1775)
Kap I Konstruieren, S. 2
• die Rohdichte sowie insbesondere die Relation zwischen dieser und der aufnehmbaren Spannung (s.o.) sowie auch andere, weniger bedeutende Aspekte. Es liegt auf der Hand, dass diese Tatsache einen außerordentlich starken Einfluss auf den Planungs- und Konstruktionsprozess ausübt. Eine Relation zwischen Material und Bauform anzuerkennen oder zu leugnen ist dennoch eine weitgehend ideologische Frage, die jeder Bauschaffende individuell beantwortet und die jenseits rein technischer Erwägungen liegt. Es gibt ausreichend Beispiele aus der Baugeschichte und auch aus dem zeitgenössischen Bauen, bei denen man – manchmal aus ironischer Grundhaltung mit Vorsatz, manchmal auch ohne es ausdrücklich zu bezwecken – gegen das Material gearbeitet hat (vgl. stellvertretend für Ironie die Pelztasse in 2). Es besteht aber wenig Zweifel daran, dass bewusste oder unbewusste Missachtung dieser Gesetzmäßigkeiten fast ausnahmslos zu schwer lösbaren
2 Werkstoffe
technischen Problemen führt sowie mit Sicherheit zu erhöhtem – planerischen und technischen – Aufwand, höheren Kosten, für aufmerksame Augen zumeist unbefriedigenden formalen Lösungen und in extremen Fällen zur schieren Unmöglichkeit, eine Entwurfsidee baulich zu realisieren. Die materialspezifischen Entwurfs- und Konstruktionsregeln haben insbesondere in den herkömmlichen Bauweisen ihren Niederschlag gefunden. Es ist zweifellos angebracht, den Begriff der Materialgerechtigkeit sehr differenziert zu gebrauchen. Ein Blick zurück in die Baugeschichte zeigt, dass Bauschaffende oftmals kulturell unbestritten hochrangige Bauwerke schufen, die sich gemessen an den eben skizzierten Kriterien der Materialgerechtigkeit hart am Rande des Orthodoxen bewegen. Hier sollen nur einige wenige Beispiele für wenig materialgerechte Tendenzen genügen: • Mimesis oder Nachahmung: oftmals wurden Bauformen, die sich zunächst aus den charakteristischen technischen Gesetzmäßigkeiten eines spezifischen Materials entwickelten, später in ein anderes Material mit ganz anderer Charakteristik übertragen. Ein prominentes Beispiel ist der griechische Tempel, eine Replik in Stein von archaischen Holzbauformen ( 3);
243
Band 2, Kap. X Bauweisen
Schriften von A. Choisy und Viollet-leDuc
• mangelnde Kenntnis der Gesetzmäßigkeiten eines noch in Entwicklung begriffenen neuen Werkstoffs. Ein gutes Beispiel sind die als typische Holzbaudetails erkennbaren konstruktiven Lösungen an der Coalbrookdale-Brücke, der ersten Eisenbrücke aus den Jahren 1775-79 ( 4); • fehlende technische oder finanzielle Möglichkeiten, die durchaus wahrgenommenen und erkannten Gesetzmäßigkeiten eines innovativen Werkstoffs baulich umzusetzen. Beispiel: die nicht in Stahlbeton ausgeführte, wenn auch gemäß den Regeln des Stahlbetonbaus konzipierte und gestaltete Dachdecke des Barcelona-Pavillons von Mies van der Rohe, oder auch der Einstein-Turm von Mendelsohn ( 5); • bewusstes Ausschöpfen der Tragfähigkeit und Verarbeitbarkeit eines Werkstoffs bis zu seinen äußersten Grenzen. Als Beispiel kann die gotische Architektur gelten, bei der im Dienste einer leitenden, alles bestimmenden formalen Entwurfsidee extremer technischer Aufwand inkaufgenommen und der Werkstoff Naturstein buchstäblich bis hart an die Grenzen des objektiv technisch Realisierbaren getrieben wurde ( 6);
5 Obgleich im Entwurf die betontypische Formenfreiheit vorwegnehmend, wurde der Einsteinturm von Mendelsohn zuletzt aus Kostengründen in Mauerwerk ausgeführt.
244
IV Stoffe
• Ironie im Umgang mit Material: Eine selbstreflektierende, aus kunsttheoretischer Sicht manieristische Haltung, welche, aus der Kenntnis der Regeln des technischen Materialeinsatzes heraus, diese persifliert und bewusst konterkariert ( 7). Diese Nuancierung und teilweise Einschränkung des Begriffs der Materialgerechtigkeit, die sich aus jeder kritischeren und aufmerksameren Berücksichtigung der vielschichtigen – selbstredend nicht allein technischen – Dimensionen des Bauschaffens zwangsläufig ableitet, ändert nichts an der Tatsache, dass Material ein gewichtiger Faktor im Entwurfsund Konstruktionsprozess ist. Eine Missachtung der Materialeigenschaften zieht stets gravierende Konsequenzen nach sich, gleichgültig ob man bereit ist oder nicht, diese inkaufzunehmen. Wenngleich Anforderungen aus Material und Entwurfsidee nicht immer konfliktfrei harmonieren, belegen doch auch zahlreiche gebaute Beispiele, die als technische und künstlerische Höchstleistungen des Bauschaffens aller Epochen gelten können, dass ein beinahe bruchloses Verschmelzen von Materialgesetzmäßigkeit, Konstruktion und Form möglich ist und diese ganz besondere Qualität Sinne und Intellekt gleichermaßen anregt. 4.
Werkstoff und Nachhaltigkeit
6 Extremer Leichtbau mit dem für diesen Einsatzzweck von sich aus wenig geeigneten Material Naturstein. Sainte Chapelle, Paris, 1248. 7 Postmoderne Persiflage antiker Bauformen
Während der baukonstruktive Einsatz von Werkstoffen bis vor Kurzem sich vorwiegend an Gesichtspunkten der Funktionalität, Dauerhaftigkeit, Kostenträchtigkeit und des ästhetischen Erscheinungsbilds orientierte, und bestenfalls lokale Umweltwirkungen sowie unmittelbare Gefährdungen der Gesundheit von Nutzern oder Bewohnern von Gebäuden berücksichtigt wurden, ist Baukonstruktionsplanung heute darüber hinaus mit umfassenden Fragen der ökologischen Verträglichkeit im Konkreten und der Nachhaltigkeit im Allgemeinen konfrontiert. Dies betrifft in erster Linie
2 Werkstoffe
umweltbezogene Fragen, aber teilweise auch solche, die Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen haben. Werkstoffe spielen in diesem Kontext eine besondere Rolle, da sie verschiedene wichtige Parameter der Nachhaltigkeit unmittelbar beeinflussen. Dazu gehört insbesondere der Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Umweltwirkungen, die mit der Extraktion von Rohstoffen und ihrer Umwandlung zu Werkstoffen ursächlich verknüpft sind; ferner auch der Einfluss auf die Dauerhaftigkeit sowie auch auf die Rezyklierbarkeit am Ende des Lebenszyklus bzw. die Entsorgung; letztlich auch der Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit, den insbesondere exponierte Werkstoffoberflächen in Innenräumen ausüben. Die relevantesten Aspekte der Nachhaltigkeit werden an anderer Stelle eingehender diskutiert. Die wichtigsten Kennzahlen zu wesentlichen werkstoffbezogenen Indikatoren der Nachhaltigkeit finden sich in einem gesonderten Teilkapitel. Eine Bewertung der allgemeinen nachhaltigkeitsbezogenen Merkmale erfolgt bei der näheren Behandlung der großen Werkstoff- und Bauproduktegruppen. Innerhalb der verhältnismäßig kleinen Gruppe der für Primärtragwerke geeigneten Werkstoffe, lassen sich einige Gruppierungen vornehmen, die das Verständnis der Eigenschaften eines Materials sowie dessen planerischen und konstruktiven Einsatz erleichtern. Man kann diese Werkstoffe unterteilen: • hinsichtlich des entwicklungsgeschichtlichen Einsatzes in: •• ältere Werkstoffe wie Holz und Stein sowie in •• moderne Werkstoffe wie Stahl, Beton auch Stahlbeton; • hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften in: •• spröde Werkstoffe wie Stein oder Beton. Sie reißen unvermittelt unter übermäßiger Belastung. Es handelt sich um mineralische Materialien. Sie sind fast ausschließlich auf Druck belastbar. Zug können sie nur in sehr engen Grenzen tolerieren. Ferner gibt es auch: •• zähfeste Werkstoffe wie Stahl; Holz lässt sich nur mit großem Vorbehalt zu dieser Gruppe zählen, da es unter extremer Last zwar große Verformungen vollzieht, aber am Ende im Wesentlichen spröde bricht. Zähfeste Werkstoffe weisen ein gutmütigeres duktiles Verhalten auf, d.h. sie zeigen noch vor dem Bruch deutlich erkennbare Verformungen bzw. sind fähig, lokale Lastkonzentrationen durch Verformung
245
Kap. III Nachhaltigkeit, ab S. 98; Kap. VI-1 Spektrum, S. 470 Kap. III-5 Ökobilanz, S. 146 Kap. IV-3 bis IV-9, ab S. 248; Kap. V-1 bis V-5, ab S. 354
Klassifikation der Werkstoffe für Primärtragwerke
5.
246
IV Stoffe
abzubauen – dies gilt aber auch für Beton. Sie sind in der Lage, sowohl Druck als auch Zug aufzunehmen, und zwar annähernd in gleicher Größenordnung ( 8). Kap IV-9, Abschn. 4. Mechanische Eigenschaften, S. 341, sowie ebd.. Abschn. 5.7 Polyamid (PA), S. 348
Auch wenn sich neuere Werkstoffe in der Entwicklung befinden, die, wie beispielsweise Aramidfasern, Aussichten haben, mit ihrer extrem hohen Leistungsfähigkeit Eingang in das Bauwesen zu finden, so besteht heute noch kein Anlass, von dieser skizzierten Werkstoffklassifikation wesentlich abzuweichen. spröde Werkstoffe
zähfeste Werkstoffe
Stein
Holz
@alte Werkstoffe
Beton
Stahl
@neue Werkstoffe
Stahlbeton
8 Klassifikation der wichtigsten Werkstoffe für Primärtragwerke hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften
Plötzlicher Bruch ohne bleibende (sichtbare) Verformung
Bleibende (sichtbare) Verformung bereits vor einem Bruch.
Trennbruch zu Hauptzugspannungen
Elastisch / plastisches Verhalten
1. 2. 3. 4.
Geschichtliche Entwicklungsstufen......................... 248 Technische Entwicklungsstufen von Mauerwerk ... 248 Zusammensetzung des Mörtels .............................. 253 Klassifikation der Steine ........................................... 253 4.1 Natursteine ....................................................... 253 4.2 Künstliche Steine .............................................. 254 5. Mechanische Eigenschaften.................................... 255 6. Verformungsverhalten ..............................................257 6.1 Lastunabhängige Verformungen .......................257 6.2 Lastabhängige Verformungen .......................... 258 6.2.1 Spannungs-Dehnungs-Diagramm ......... 258 7. Konstruktive Folgerungen ....................................... 259 8. Zusammenfassung ................................................. 260 9. Kennwerte ................................................................ 260 Anmerkungen.................................................................261 Normen und Richtlinien .................................................261
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_13
248
1.
IV Stoffe
Geschichtliche Entwicklungsstufen
1 Stonehenge (zwischen 3000 und 1500 v. Chr.)
2.
Technische Entwicklungsstufen von Mauerwerk
Die Verarbeitung von Steinen in Form von großen Blöcken oder Mauerwerk zu Bauwerken geht bis auf vorgeschichtliche Zeiten zurück. Die Ursprünge liegen in ferner Vorzeit und lassen sich nicht mehr rekonstruieren. Unstrittig ist, dass das einfache Schichten vorgefundener Feldsteine eine der ältesten Formen der Schaffung menschlicher Behausungen ist.1 Daneben entstanden um ca. 4.000 bis 3.000 v. Chr. auch Megalith-Bauten aus großformatigen Steinblöcken ( 1). Der hohe Aufwand, der trotz der Ressourcenknappheit damaliger Gesellschaften zur Errichtung dieser Bauwerke getrieben wurde, erklärt sich wegen ihres kultischen Charakters. Für Zweckbauten oder Behausungen war diese Bautechnik ungeeignet und kam deshalb auch nicht zum Einsatz. Das Schichten und Fügen einzelner kleinerer, mit bloßen Händen handhabbarer Bausteine diverser Form und Machart zu einem tragfähigen Flächenelement wie einer Mauer oder einem Gewölbe hat als dominierende Art der Verarbeitung von Steinmaterial bis heute Bestand. Das tragende Steingefüge oder Mauerwerk hat in seiner Entwicklung verschiedene Stadien der technischen Reife durchlaufen, die teilweise auch heute noch nebeneinander existieren: • erste Stufe: einfaches Schichten von vorgefundenen, also nicht bearbeiteten Feldsteinen ( 2). Die einzige Beeinflussung des Grundmaterials ist in diesem Fall die gezielte Auswahl besonders flacher oder ansonsten günstig geformter Steine. Diese werden trocken, d.h. ohne plastisches Füllmaterial in den Fugen, aufeinandergestapelt, und zwar so, dass die vorzugsweise flachen Formate jeweils immer liegend verarbeitet werden. Es versteht sich von selbst, dass die Fuge zwischen Steinen jeweils immer den Schwachpunkt eines Mauergefüges ausmacht. Dies gilt im Übrigen auch für alle weiteren Mauerwerksvarianten, die weiter unten besprochen werden, aber ganz besonders für die trockene Verarbeitung. Es entsteht auf diese Weise zwangsläufig ein lockeres Steingefüge mit weitgehend offenen Fugen, bei denen zumeist nur punktueller Kontakt zwischen aufeinander liegenden Steinen besteht ( 3). Als Konsequenz erfolgt die Lastübertragung vertikal über eine vergleichsweise kleine Fläche (dies führt zu erhöhten Spannungen) und wenn ein flacher Stein frei zwischen zwei entfernten Auflagerpunkten spannt, kann es – infolge der Biegezugspannungen – leicht zum Bruch kommen. Auch die Reibung zwischen aufeinanderliegenden Steinen ist infolgedessen nur gering, was die Aufnahme von Horizontalkräften erschwert – wobei andererseits die Verzahnung in den unregelmäßigen Fugen sich günstig auswirkt. Eine weitere Variante ist das Bruchsteinmauerwerk, bei dem Steine so wie sie gebrochen werden, d.h. ohne steinmetzmäßige Weiterbearbeitung, verbaut werden
3 Stein
249
+ Auflast
2 Schichten von Mauerwerk aus flachen, unbehauenen Steinen 3 Punktuelle Auflagerung eines Steins mit daraus folgender erhöhter Druckspannung sowie Biegebeanspruchung
4 Mauerwerk aus geschichteten, unvermörtelten, kaum nachbearbeiteten Bruchsteinen. Die nur lokalen Kontaktflächen zwischen den Steinen führen zu einem nur lockeren Mauergefüge. Es wurden vorwiegend flache Formate gewählt, die liegend verlegt wurden. 5 Riss im Bruchsteinmauerwerk
( 4-6). Durch gezielte Auswahl der Steine und ihrer Lage an einem möglichst gut geeigneten Ort im Mauergefüge, lässt sich die Verzahnung, und damit die Tragfähigkeit der Konstruktion verbessern. Bei diesen Varianten handelt es sich um Lösungen mit beschränkter Tragfähigkeit, was vornehmlich an der sehr ungleichmäßigen und lückenhaften Kraftübertragung über die Fuge hinweg liegt. Man versucht manchmal, diesen Mangel dadurch zu beheben, dass man nachträglich kleine Steine in größere Spalte drückt ( 6). Die mangelnde Festigkeit des Gefüges musste stets durch große Eigen- oder Auflast kompensiert werden; • zweite Stufe: in einer weiteren Entwicklungsstufe wurde das Rohmaterial gezielt zu mehr oder weniger regelmäßigen Formen gespalten (z.B. mit Keilen) oder im weiteren Schritt steinmetzmäßig bearbeitet. Wichtigstes Ziel der Formgebung war zunächst, die Kontaktfläche an der Fuge zu vergrößern, im Idealfall einen weitgehend vollflächigen Kontakt zu erzielen, oder die Fuge sogar komplett zu schließen. Gleichmäßiges Bearbeiten der Steinfläche führt zu einer besseren Verteilung der Last auf eine größere Lagerfläche. Daraus folgt: •• eine Verringerung der Druckspannung (also der Spannungsspitzen); •• ein Verhindern der Biegezugspannung, weil durch den vollflächigen Kontakt im Idealfall keinerlei Biegung mehr auftritt;
6 Bruchsteinmauerwerk. Ausfüllung der Fugen und Lücken mit kleinen Steinen zur Verbesserung der Tragfähigkeit.
250
IV Stoffe
Kap. VI-2, Abschn. 9. Bauliche Umsetzung der Kraftleitungsfunktion im Element – Strukturprinzip des Bauteils > 9.3 Element aus Bausteinen, S. 596
•• eine Aktivierung der Reibung in der Kontaktfläche (der Lagerfuge) unter Mitwirkung der senkrecht auf sie wirkenden Last und damit eine größere Tragfähigkeit gegenüber horizontalen Lasten. Werden die Stoßflächen eines weitgehend unregelmäßigen Bruchsteins jeweils mit geringstmöglichen Aufwand zu Ebenen gemeißelt, entsteht ein polyedrischer Baustein, dessen Eckwinkel auf die Geometrie der anstoßenden, bereits vermauerten Steine angepasst ist. Man spricht dann von einem Zyklopenmauerwerk ( 7, 8). In einem weiteren Entwicklungsschritt werden die Lagerfugen horizontal gerade ausgeführt, die Steine also zu Quadern gemeißelt ( 9). Zur besseren Ausnutzung unregelmäßigen Rohmaterials wurden die einzelnen Steinschichten manchmal mit wechselnden Dicken ausgeführt. Am Ende dieser Entwicklungslinie steht das regelmäßige Werksteinmauerwerk aus weitgehend identischen Quadersteinen ( 10). • dritte Stufe: alle Varianten von Mauerwerk aus behauenen Steinen sind mit hohem handwerklichen Arbeitsaufwand verbunden, waren stets entsprechend teuer und lange paradigmatisch für eine qualitativ besonders wertvolle wie auch dauerhafte Konstruktion. Man hat die mechanischen Unzulänglichkeiten einfachen Trockenmauerwerks (s.o.) aber nicht nur durch Behauen, also gezielte aufwendige Formgebung, zu kompensieren versucht, sondern auch durch das Einbringen von Mörtel in die Fugen ( 11, 12). Dies ist eine im Verarbeitungszustand plastische Füllmasse, die sich, durch Aufziehen auf eine bereits vermauerte Steinreihe und Aufsetzen eines Steins, selbsttätig durch dessen Gewicht oder durch zusätzliches Klopfen an seine unregelmäßige Oberfläche anpasst, anschließend aushärtet und eine gute gleichmäßige Kraftübertragung zwischen Steinen ermöglicht ( 13, 14). Die Mörtelschicht reproduziert in gewisser Weise die Verhältnisse an einer sauber gearbeiteten Trockenfuge. Wie diese auch, ist jene nicht in der Lage, nennenswerte Zugkräfte an der Grenzfläche zum Stein rechtwinklig zu dieser aufzunehmen. Als Folge davon reißt oder klafft sie augenblicklich aufgrund der verhältnismäßig geringen Adhäsion. Ferner weist die Mörtelfuge gegenüber der Kontaktfuge des Werksteinmauerwerks folgende Nachteile auf: •• mit ihren beidseitigen Kontaktflächen an den anstoßenden Steinen verdoppelt sie insgesamt die Fugenfläche des Mauergefüges und damit dessen Schwachstellen; •• neben der Unfähigkeit, Zugkräfte an der Grenzfläche zum Stein aufzunehmen, zeigt der Mörtel deutliche Empfindlichkeit gegen Zugbeanspruchung in seinem
3 Stein
251
7 Mauerwerk aus passend behauenen Steinblöcken mit unregelmäßigen Formen 8 Präzise, aber unregelmäßig gefügtes Zyklopenmauerwerk (Palast des 6. Inkas, Cuzco, Peru)
9 Quaderförmig behauene Werksteine in Steinreihen mit wechselnden Höhen 10 Aufwendig behauenes, dekorativ bossiertes Quadermauerwerk des Palastes Kaiser Karls des V. auf der Alhambra in Granada
11 Dick vermörteltes, grobes Mauerwerk aus flachen Sedimentsteinen und Granitblöcken (Scheune in Corippo, Tessin) 12 Vermörteltes Werksteinmauerwerk
13 Mörtelfuge zum Ausgleich ungleichmäßiger Steinflächen beim Natursteinmauerwerk 14 Der Mörtel gleicht die starken Unebeneheiten des groben Ziegelsteins in der Fuge aus.
252
IV Stoffe
eigenen Materialgefüge, hat also selbst eine begrenzte Zugfestigkeit, und zwar zumeist eine kleinere als der Stein selbst. Zugkräfte (gleichgültig welcher Ausrichtung) können rasch zum Reißen der Mörtelschicht führen. Gleiches gilt für die Schubfestigkeit der Mörtelschicht. Grundsätzlich sollten, wegen der verglichen mit dem Stein schlechteren mechanischen Eigenschaften des Mörtels, die Fugendicken und damit der Mörtelanteil am Mauergefüge möglichst beschränkt werden; •• Mörtel hat ein anderes Verformungsverhalten als Stein. Seine Tendenz zum Schwinden ist größer als die des Steinmaterials. Die dadurch im Mörtel entstehenden Zugspannungen (im Stein entstehen hingegen Druckspannungen) können zum Reißen des Mörtels führen ( 15). Dies behindert neben seinen mechanischen Aufgaben unter anderem eine wichtige Funktion des Mörtels, nämlich das Herstellen der Dichtheit eines Mauergefüges. Trotz einiger Unzulänglichkeiten vermörtelten Mauerwerks, eröffnete dieser technische Entwicklungsschritt weitreichende bauliche Möglichkeiten. Erst die Mörteltechnik erlaubte die Verwendung zunächst gebrannter, später auch nach anderen Verfahren hergestellter künstlicher Steine, die aufgrund des Fertigungsprozesses (zumindest ohne aufwendige Zusatzbearbeitung) niemals die ausreichende Präzision erlangen können, die für ein halbwegs tragfähiges Trockenmauerwerk unerlässlich ist ( 14). Während Werksteinmauerwerk, aufgrund der unausweichlichen hohen Lohnkosten, heute weitgehend aus der Baupraxis verschwunden ist, hat sich das vermörtelte Mauerwerk aus künstlichen Steinen dank seiner Einfachheit und seiner niedrigen Kosten in bestimmten Sektoren (wie dem Wohnungsbau) bis heute erhalten.
15 Risse in der Mörtelfuge
3 Stein
Mörtel ist ein im feuchten Zustand plastischer Brei aus:
253
Zusammensetzung des Mörtels
3.
• Bindemittel wie Zement oder Kalk; • Wasser; • Zuschlag < 4 mm; • evtl. Zusatzstoffe (Gesteinsmehl, Puzzolane, Verzögerer). Das Materialgefüge ähnelt dem des Betons. Näheres zur Mikrostruktur ist an anderer Stelle zu finden. Bautechnisch und entwicklungsgeschichtlich wichtig ist die Unterscheidung zwischen:
Kap IV-1 Materie, S. 188, und IV-4 Beton, S. 264
• Luftmörteln, also solchen, die nur durch Kontakt mit der Luft aushärten, und • hydraulischen Mörteln, also solchen, die aufgrund eines chemischen Prozesses aushärten, der nicht auf Luftkontakt angewiesen ist. Entscheidend für das Abbindeverhalten ist das eingesetzte Bindemittel. Man verfügte lange Zeit nur über Luftmörtel, was dazu zwang, extreme Mauerdicken zu vermeiden oder alternativ trocken auszuführen, da ansonsten die inneren Mörtelschichten wegen mangelnden Luftkontakts niemals aushärteten. Hydraulische Bindemittel wurden für den großtechnischen Einsatz erst in der römischen Antike entwickelt. Sie gerieten anschließend in Vergessenheit. Erst vor ca. 200 Jahren kamen moderne hydraulische Bindemittel in Form von Portland-Zementen auf. Man unterscheidet die folgenden Steinarten: Natursteine sind in einer Vielzahl von Sorten sowie entsprechenden Festigkeiten und Härtegraden, was z.B. die Verarbeitbarkeit beeinflusst, vorhanden. Man unterteilt die Natursteine in drei große Hauptgruppen: • magmatische Gesteine oder Erstarrungsgesteine entstanden durch Erstarrung von Magma. Sie weisen verschiedenartige Gefüge auf, darunter richtungslose (weitgehend isotrope), aber auch in einem Fließgefüge ausgerichtete oder sphärolithisch radialstrahlige anisotrope Strukturen. Zu ihnen gehören beispielsweise Granite, Basalte oder Bimssteine; • Sedimentgesteine entstanden durch schichtweise Ablagerung und anschließende Verfestigung (Diagenese) von Sedimenten unter hohem Belastungsdruck durch darüberliegende Sedimentschichten und erhöhter
Kap IV-1, Abschn. 9.1.2 Künstliches Gestein, S. 205
Kap. IV-4, Abschn. 1. Geschichtliche Entwicklungsstufen, S. 264
Klassifikation der Steine
4.
Natursteine
4.1
254
IV Stoffe
Temperatur (infolge geothermischer Tiefenstufe der Schichten). Das daraus folgende lagige Gefüge führt zu einer deutlichen Anisotropie, weshalb diese Gesteine auch Schichtgesteine genannt werden. Sie neigen unter übermäßiger Belastung in Lagenrichtung dazu, entlang der Schichtgrenzflächen aufzureißen. Zu ihnen rechnet man Kalksteine, Sandsteine und Schiefer; • metamorphe Gesteine entstehen aus magmatischen Gesteinen oder Sedimentgesteinen durch Metamorphose, also Umwandlung infolge Veränderung der Druck- und Temperaturbedingungen. Es finden, neben mechanischen Veränderungen und Gefügeveränderungen, auch chemische statt. Aus Sandsteinen entstehen beispielsweise Quarzite, aus Kalksteinen Marmor, aus Tongesteinen bestimmte Schiefersorten. 2 Natursteine besitzen heute lediglich als Verkleidungsmaterial bauliche Bedeutung. 4.2
Künstliche Steine Normenserie DIN 105, DIN 106 und DIN V 1851-1853
Kap. IV-1, Abschn. 9.1.2 Künstliches Gestein – technisches Grundprinzip, S. 213
Kap. V-1 Künstliche Steine, S. 354
wie z.B. Lochziegel
Künstliche Steine entstehen aus einer plastischen Ausgangsmasse, die entweder durch Trocknung (Lehm), Brennen (Ziegel), Druck- und Dampfbehandlung (Kalksandstein) oder durch chemisches Abbinden (Betonstein) feste Konsistenz annimmt. Dieser Prozess ist in gewisser Weise eine technische Reproduktion des natürlichen Verfestigungsprozesses der Diagenese, wie er bei Natursteinen über sehr lange Zeiträume hinweg stattfindet. Sie werden nicht nachgearbeitet, allenfalls werden einzelne Steine geschnitten, wo es aus Notwendigkeiten des Verbands unerlässlich ist. Um diesen Vorgang weitestgehend zu vermeiden, richten sich die Steine in ihren Abmessungen nach einem festgelegten Modularsystem, das erlaubt, sie grundsätzlich verschnittfrei in geregelten Verbänden zu vermauern. Künstliche Steine weisen sehr unterschiedliche Eigenschaften auf. Sie bieten bei hohen Rohdichten große Druckfestigkeiten – wie gesinterte Klinker –, lassen sich aber gleichfalls mit poröser Struktur fertigen und bieten dann hohe Wärmedämmwerte. Druckfestigkeit und Dämmfähigkeit schließen sich dabei allerdings gegenseitig aus. Wenngleich das Grundmaterial künstlicher Steine isotrope Materialstruktur aufweist, sind moderne Steine zumeist durch ihre spezielle Formgebung auf eine spezielle Lage im Mauergefüge hin festgelegt. Ferner kann auch der Herstellungsprozess zu einer gewissen Anisotropie im Material führen, die allerdings nie so deutlich ausgeprägt ist wie bei anderen Werkstoffen, insbesondere Holz. Dies gilt beispielsweise für die gebrannten, also keramischen Ziegelsteine. Aufgrund der üblichen Schichtung der Normalsteine im Brennofen, sind zumeist die kleinen Seitenflächen stärker der Glut ausgesetzt als die größeren Ober- und Unterseiten. Letztere weisen folglich eine porösere Struktur auf als die dichter gebrannten Seitenflächen, die aus diesem Grund wit-
3 Stein
16 Rollschicht auf einer Mauerkrone zum Schutz der Mauer gegen Durchfeuchtung von oben durch Niederschlagswasser
255
17 Rollschicht auf schräger Mauerkrone. Bei flacher Neigung können an den waagrechten Ziegelschichten spitzwinklige Anschnitte entstehen.
terungsbeständiger sind. Auch eine Schnittfläche ist poröser als die unverletzten Seitenflächen. Diesem Umstand wurde im traditionellen Mauerwerksbau durch geeignete Verbände Rechnung getragen ( 16-18). Wesentlich für das Verständnis der mechanischen Wirkungsweise eines Mauergefüges ist der Umstand, dass die Steinfuge, gleichgültig ob trocken oder vermörtelt, den Schwachpunkt der Konstruktion darstellt. Wie bereits erwähnt, kann die Fuge im Gegensatz zum Stein – ohne Berücksichtigung der Last: • keine nennenswerte Zugkraft rechtwinklig zu ihrer Ebene; • keine nennenswerte Schubkraft in ihrer Ebene aufnehmen ( 19). Allein für die Aufnahme von Druckkräften rechtwinklig zu ihrer Ebene ist die Fuge ohne weitere Zusatzmaßnahmen gut geeignet. Es erfolgt eine gleichmäßige Verteilung der Druckkraft in der horizontal liegenden Lagerfuge, die im Regelfall die größten Druckkräfte zu übertragen hat, da die Schwerkraft rechtwinklig zu ihrer Ebene wirkt ( 20). Eigenlasten und Auflasten aus aufliegenden Bauteilen sind stets die maßgeblichen Belastungen von Steinmauern, die aus diesem Grund in den meisten Fällen als schwergewichtige Massivkonstruktionen gebaut werden. Die senkrechte Stoßfuge wirkt – zumindest unter Idealbedingungen – dabei nicht mit. Eventuell in der Fuge auftretende Zugkräfte oder auch Schubkräfte werden nicht durch Adhäsion an den Grenzflächen oder Kohäsion im Füllmaterial aufgenommen ( 19), deren Größenordnung für diesen Zweck nicht ausreicht, sondern grundsätzlich nur durch lotrechte Lasteinwirkung. Dies ist ein fundamentales Gesetz massiver Mauerkonstruktionen. Im Einzelnen:
18 Orthogonal zur Neigung verlaufende Grenadierschicht auf einer schrägen Mauerkrone. Vermeidung spitzer Schnittwinkel wie in 17.
Band 2, Kap. X-1 Mauerwerksbau
Mechanische Eigenschaften
Druck Riss an der Grenzfläche
Riss in der Mörtelschicht Zug Schub 19 Lastaufnahme und Versagen an der Mörtelfuge: Druck, Zug und Schub.
Kap. VI-2 Kraftleiten, Abschn. 9.3.2 Verband – druckkraftwirksame Übergreifung, S. 596
20 Lastverteilung im Verband des Mauerwerks
5.
256
IV Stoffe
Last
Zugkraft
Zugreaktion
Druckreaktion
21 Überdrücken von Zugkräften senkrecht zur Lagerfuge durch Last
Last Zugkraft
Zugkraft
Druckreaktion
22 Überdrücken von Zugkräften senkrecht zur Stoßfuge durch Last
zum Begriff des Reibschlusses: Band 3, Kap. XII-1, Grundlagen des Fügens
• Zugkräfte rechtwinklig zur Lagerfuge ( 21) können durch verschiedene Einwirkungen oder äußere Belastungen entstehen. Typische Fälle sind Biegezugspannungen infolge Horizontalkraft rechtwinklig zur Mauerebene oder abhebende Kräfte – beispielsweise bei aufbiegenden Ecken einer aufliegenden Platte. Diese Zugkräfte werden im Wesentlichen durch gegensinnig – also lotrecht – ausgerichtete Last kompensiert oder überdrückt; • Zugkräfte rechtwinklig zur Stoßfuge ( 22) entstehen beispielsweise bei Temperaturdehnungen einer aufliegenden Platte. Die (vertikale) Stoßfuge ist wegen fehlender Last rechtwinklig zu ihrer Ebene – sie verläuft parallel zur Hauptlastrichtung – nicht imstande, dieser Belastung zu widerstehen. Hier wirkt stattdessen die Schubfestigkeit der horizontalen Lagerfuge, die sich ebenfalls aus der rechtwinklig auf ihr wirkenden Last ergibt (siehe nächsten Punkt). Voraussetzung für diesen Mechanismus ist der schichtenweise Versatz der Stoßfuge oder die Verzahnung der Steine in vertikaler Richtung ( 23). Liefe die Stoßfuge vertikal durch, könnte auch eine schubfeste Lagerfuge ihr Aufreißen unter Zug nicht verhindern. Aus diesem Grund ist der Versatz, der mit dem Überbindemaß ü ( 24) der Steine quantitativ erfasst wird, eine Grundvoraussetzung für einen tragfähigen Verband aus Mauersteinen ( 25, 26); • Querkräfte oder Schubbeanspruchung in der Ebene der Lagerfuge ( 27) entstehen vorrangig durch horizontale Lasten auf das Mauerwerk. Auch sie werden unter Mitwirkung der lotrechten Last (Eigen- oder Auflast) neutralisiert oder überdrückt. Es kommt dabei ein Reibschluss zur Wirkung. Die Schubfestigkeit einer Fuge ergibt sich zu: `a = `HS + +umD `a = Scherfestigkeit; `HS = Haftscherfestigkeit; += Reibbeiwert; mD = Druckspannung Lagerfuge
h
Überbindemaß ü
ü
23 Versetzte Stoßfugen – typisches Merkmal tragenden Mauerwerks
24 Überbindemaß ü
25 Stehende Formate führen zu einem ungünstigen Verhältnis von Höhe h zu Überbindemaß ü.
3 Stein
257
26 Römisches opus reticulatum, eine Verblendschale beiderseits eines Mauerkerns aus opus caementitium. Bereits der Name reticulatum (gerastert) weist auf die Besonderheit dieses Verbands hin, der keine Überbindung, sondern Kreuzfugen aufweist. Darüber hinaus verlaufen die Fugen geneigt (vgl. hierzu Schrägverbände in Abschn. 7. Konstruktive Folgerungen sowie 31). Es liegt auf der Hand, dass es sich um keinen tragenden Mauerverband handelt, sondern um eine dekorativ gestaltete verlorene Schalung. Querkraft
Last Querkraft
27 Überdrücken von Querkräften in der Lagerfuge durch Reibschluss Druckreaktion Querkraft
28 Aufnahme von Querkräften rechtwinklig zur Lagerfuge durch die Scherfestigkeit des Steins dank der Verzahnung im Verband
Da `HS und +materialspezifische Konstanten und damit nur in sehr engen Grenzen variabel sind, kann `a im Wesentlichen nur durch Erhöhen von mD, also durch Erhöhen der Last vergrößert werden; • Querkräfte bzw. Schubbeanspruchung quer zur Lagerfuge , d.h. vertikal ( 28). Diese Art der Beanspruchung entsteht häufig durch eine unzureichende Fundierung, die ungleichmäßigen Setzungen unterworfen ist. Der Schub wird in diesem Fall durch die Verzahnung der Steine bzw. den Verband aufgenommen. Maßgeblich ist dann die Schubfestigkeit des Steinmaterials, das deutlich größer als die der Stoßfuge ist, die nicht unter Druck rechtwinklig zu ihrer Ebene steht und folglich vertikal keinen nennenswerten Reibschluss aktivieren kann. Ähnlich wie bei Beton ist beim Mauerwerk ein kontinuierlicher, mit der Zeit abklingender Schwindprozess infolge chemischer Vorgänge im Materialgefüge feststellbar. Er ist im Mörtel wesentlich größer als im Stein, bei dem er keine technisch relevanten Ausmaße annimmt. Da, wegen der üblicherweise liegenden Steinformate, der Lagerfugenanteil größer als derjenige der Stoßfugen ist, macht sich diese Verformung vornehmlich an der Mauerhöhe bemerkbar. Ferner existiert ein hygroskopisches Quell- und Schwindphänomen abhängig von atmosphärischen Bedingungen, also von der Luftfeuchte. Derlei Verformungen sind (anders als bei Holz) indessen minimal.
Verformungsverhalten
6.
Lastunabhängige Verformung
6.1
Kap.IV-4, Abschn. 5. Verformungsverhalten, S. 266
258
6.2
6.2.1
IV Stoffe
Lastabhängige Verformung
Da die lotrechten Drucklasten die maßgebende Belastung bei Mauerwerk sind, steht die vertikale Stauchung der Mauer im Vordergrund. Biegeverformungen sind dann gefährlich, wenn die lotrechte Last nicht ausreicht, um die auftretenden Biegezugspannungen zu überdrücken. Maßgebend für die Druckfestigkeit eines normalen Mauerwerks ist die Zugfestigkeit des Steines, da der Mörtel unter hoher Last dazu neigt, sich nach erreichen seiner maximalen Druckfestigkeit in Querrichtung zu dehnen, durch den Verbund mit dem Stein aber dehnbehindert ist – es entsteht in horizontaler Richtung Zug im Stein und Druck im Mörtel.
Spannungs-Dehnungs-Diagramm
Die Spannungs-Dehnungs-Kurve von Steinmaterial hat zunächst einen annähernd linearen Verlauf mit einer gewissen erkennbaren Krümmung bei erhöhter Spannung. Steinmaterial weist ein Verformungsverhalten auf, das zwischen rein elastischer und rein plastischer Charakteristik liegt ( 29). Da eine gekrümmte Spannungs-Dehnungs-Linie wie beim Stein keine präzise Festlegung eines E-Moduls erlaubt, wird ein Ersatzwert eingeführt, der sich ergibt, wenn man eine Gerade (Sekante) zwischen dem Koordinatenursprung und dem Dehnungswert legt, der einem Drittel der Bruchspannung mB entspricht. Der somit definierte Ersatz-E-Modul wird als Sekantenmodul bezeichnet. Der weitere Verlauf der Spannungs-Dehnungslinie des Steinmaterials zeigt eine Krümmung, die sich mit ansteigender Spannung zunehmend verstärkt, bis, bei Erreichen der Bruchspannung mB am Scheitel, der Bruch des Materials eintritt. Von diesem Punkt an können keine höheren Spannungen aufgenommen werden. Im Gegenteil: es entstehen immer größere Verformungen bei sinkenden Spannungen, bis das Material vollständig zerreißt. Dieser Diagrammverlauf kennzeichnet das Verhalten des Werkstoffs unter Druck (Vorzeichen –). Unter Zug (Vorzeichen +) tritt sehr rasch der Bruch ein. Alle mineralischen Werkstoffe zeigen einen ähnlichen Verlauf der Spannungs-Dehnungs-Linie. σ (–) in N/mm2 σB
B Z
σ0 = 1/3 σB
ε (+)
α O ε0
29 Spannungs-Dehnungs-Diagramm von Mauerwerk
σ (+)
ε (–) in %
3 Stein
259
F1 F2 L
z
x
30 An der Ecke miteinander verzahnte, sich gegenseitig versteifende Mauerverbände (keine freien Ränder) sind ein charakteristisches Merkmal tragenden Mauerwerks.
31 Schubbeanspruchung (infolge F1) und verringerte Pressung (F2) in der Lagerfuge bei Schrägstellung des Verbands
Aus den diskutierten Eigenschaften des Werkstoffs Stein lassen sich die folgenden generellen Konstruktionsregeln ableiten:
32 Das Mauerwerk der Chinesischen Mauer muss sich verschiedenen, teils starken Neigungen anpassen. Trotzdem verlaufen die Steinlagen horizontal.
Konstruktive Folgerungen
• durchgehende Stoßfugen sind zu vermeiden. Das Fehlen durchgehender vertikaler Fugen ist ein Hauptcharakteristikum tragenden Mauerwerks und Grundlage jedes Mauerverbands. Allein die Lagerfuge ist durchgehend ausführbar, weil sie der orthogonal angreifenden Hauptbelastung aus der Schwerkraft ausgesetzt ist ( 30); • zur Sicherung einer ausreichenden Verzahnung wie oben angesprochen, ist ein minimales Überbindemaß erforderlich, das im Bereich ü * 0,4 h * 4,5 cm liegen sollte;
nach DIN EN 1996-1-1
• schräg verlaufende Mauerverbände sind zu vermeiden. Der orthogonal zur Lagerfuge wirkende Lastanteil verringert sich ansonsten, d.h. eine wichtige Voraussetzung für die Tragfähigkeit des Mauerwerks, die wesentlich von der Aktivierung von Reibschluss in der Lagerfuge abhängt, ist dann ab einer bestimmten Neigung nicht mehr gewährleistet. Ferner erzeugt die dann in Richtung Lagerfuge (planmäßig) auftretende Lastkomponente Querkräfte, d.h. eine Tendenz zum Gleiten ( 31-33); • stehende Steinformate sind zu vermeiden: Liegende Formate ergeben ein vorteilhaftes Verhältnis von Stoßfuge zu Überbindemaß hs/ü 5 2,5 ( 25); • die Druckfestigkeit des Steins muss kleiner als oder gleich wie die des Mörtels sein, da sonst, bei Nachgeben des Mörtels aufgrund Auflast, Zugspannungen im Stein auftreten würden; A EMörtel < EStein
33 Chinesische Mauer: Trotz der Neigung der Topografie ist der Hauptverband waagrecht gemauert. Nur der Verband leichter Brüstungsaufbauten verläuft schräg.
7.
260
IV Stoffe
Kap. II-3, Abschn. 2.1 Das oktametrische Maßsystem, S. 68
8.
Zusammenfassung
• eine freie Verlegbarkeit der Steine in einem Verband ist nur dann gewährleistet, wenn die Steinformate einer genormten Maßordnung entsprechen. Muss der Stein in mehr als einer Hauptrichtung ¬ x, ¬ y oder ¬ z vermauert werden, müssen die betroffenen Abmessungen des Steins notwendigerweise auf einem gemeinsamen Grundmodul aufbauen. Auch für die verschnittfreie Lösung von besonderen Punkten (Mauerkanten, Ecken, Öffnungen etc.) ist dies eine Voraussetzung. Folgende wesentliche Merkmale von Mauerwerk lassen sich festhalten: • Steinmaterial gilt grundsätzlich als spröder Werkstoff. Es kann: •• Druck gut; •• Zug hingegen nur in sehr engen Grenzen aufnehmen; • es handelt sich um ein – besonders im Vergleich mit Beton – nur eingeschränkt druckfestes Material. Druckkonzentrationen und dadurch entstehende lokale Spannungsspitzen sind grundsätzlich zu vermeiden. Es ist daher seinem Charakter nach eine reine Wandbauweise und ist für Skelette nur sehr eingeschränkt geeignet; • ausreichende Eigen- oder Auflast ist unerlässlich zum Überdrücken der Zug- und Schubspannungen in der Lagerfuge sowie auch der Zugspannungen in der Stoßfuge;
Kap. VI-2, Abschn. 9.3.2 Verband – druckkraftwirksame Übergreifung, S. 596
9.
Kennwerte
• die hohe Empfindlichkeit gegenüber Biegebeanspruchung, sei es aus quer zur Mauerebene gerichtetem Lastangriff oder aus hohen axialen Druckkräften (Knickgefahr!) ergibt sich aus der weitgehenden Unfähigkeit des Werkstoffs, Biegezugspannungen aufzunehmen. Dies setzt eine günstige Lagerung von Mauerwerk voraus: es ist fast ausnahmslos vierseitige lineare Halterung erforderlich; oder anders formuliert: es sollten möglichst keine freien Mauerränder existieren ( 30). Wie bei anderen Werkstoffen auch, gibt es Steinmaterial in einer breiten Auswahl an Festigkeiten. Natursteine sollen hier ausgeblendet werden, da sie als Werkstoff für Primärtragwerke heute keine bauliche Bedeutung besitzen. Repräsentativ für künstliche Steine und zur ungefähren Einordnung ihrer typischen Materialeigenschaften wurde ein Ziegelstein der Druckfestigkeitsklasse 20 gewählt:
3 Stein
Steifigkeit
261
7000 N/mm2
E-Modul
Druckfestigkeit mD
Rohdichte
l
18 kN/m3
Wärmeleitzahl
h
~ 0,8 W/mK
Wärmedehnzahl _
1 2
20 N/mm2 (gilt für den Stein)
~ 6 · 10 -6 K-1
Otto F (1994) Alte Baumeister – Ancient Architects Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl. (1987)
DIN 105: Mauerziegel Teil 5: 2013-06 Leichtlanglochziegel und Leichtlanglochziegelplatten Teil 6: 2013-06 Planziegel Teil 100: 2012-01 Mauerziegel mit besonderen Eigenschaften DIN 106: 2015-06 Kalksandsteine mit besonderen Eigenschaften DIN V 1851: Hohlblöcke aus Leichtbeton Teil 100: 2005-10 Hohlblöcke mit besonderen Eigenschaften DIN V 1852: Vollsteine und Vollblöcke aus Leichtbeton Teil 100: 2005-10 Vollsteine und Vollblöcke mit besonderen Eigenschaften DIN V 1853: Mauersteine aus Beton (Normalbeton) Teil 100: 2005-10 Mauersteine mit besonderen Eigenschaften DIN V 18500: 2006-12 Betonwerkstein – Begriffe, Anforderungen, Prüfung, Überwachung DIN EN 771: Festlegungen für Mauersteine Teil 1: 2015-11 Mauerziegel DIN EN 1996: Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten Teil 1-1: 2013-02 Allgemeine Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
1. 2. 3. 4. 5.
Geschichtliche Entwicklungsstufen......................... 264 Zusammensetzung .................................................. 264 Materialstruktur........................................................ 265 Mechanische Eigenschaften.................................... 265 Verformungsverhalten ............................................. 266 5.1 Lastunabhängige Verformungen ...................... 266 5.2 Lastabhängige Verformungen .......................... 266 5.2.1 Spannungs-Dehnungs-Diagramm........... 267 6. Konstruktive Folgerungen ........................................ 267 7. Zusammenfassung .................................................. 269 8. Kennwerte ................................................................ 269 Anmerkungen.................................................................270 Normen und Richtlinien ................................................270
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_14
264
1.
IV Stoffe
Geschichtliche Entwicklungsstufen
1 Die römische Baukunst erreichte im Pantheon, (100-125 n. Chr.) mit einer Kuppel von 43 m Spannweite ihren Höhepunkt.
Kap. IV-7 Bewehrter Beton, S. 304
2.
Zusammensetzung
Die ersten Anwendungen von künstlichem Steinmaterial in Form von Beton sind schwer datierbar. Eine Quelle 1 gibt dafür ca. 7.000 v. Chr. an. Die gleiche Quelle nennt frühe Anwendungen eines betonähnlichen Gemenges in Uruk aus dem 5. Jahrtausend v. Chr 2 sowie im phönizischen Kulturkreis 3 (ca. 1.000 v. Chr.). Die erste großtechnische Anwendung von Beton erfolgt jedoch erst in der römischen Antike mit dem Einsatz des opus caementitium ( 1), einem Gemenge aus Steinbrocken, Splitt und einem hydraulischen Bindemittel aus Wasser und Puzzolanerden. Dies waren Vulkanerden aus dem Umkreis der Ortschaft Pozzuoli nahe dem Vesuv. Die Festigkeit des damals verwendeten Betons entsprach weitgehend denen unserer Normalbetone. Er wurde gewöhnlich als Füllmaterial zwischen Mauerschalen aus Steinen oder Ziegeln eingesetzt, seltener auch mit sichtbarer Schaloberfläche. Seiner Materialcharakteristik als spröder Werkstoff entsprechend kam der römische Beton ausschließlich in druckbeanspruchten Konstruktionen zum Einsatz, also insbesondere in Mauern und Gewölben. Er wurde unbewehrt verarbeitet. Mit dem Untergang des weströmischen Reiches geriet diese Bautechnik in Vergessenheit. Es dauerte rund eineinhalb Jahrtausende bis Anfang des 19. Jh. die Betontechnik wiederentdeckt wurde ( 2). Grundlage dafür war die Entwicklung neuer hydraulischer Bindemittel, aus denen die modernen Portlandzemente hervorgingen. Der wesentliche neue Beitrag dieser Neuentdeckung war aber die bis dahin unbekannte Bewehrung aus Eisen- oder Stahlstäben, wodurch man den Beton in Form des Stahlbetons ertüchtigte, neben Druck- auch Zugkräfte aufzunehmen. Beton ist ein im feuchten Zustand plastischer Brei aus (Anteile angenähert, nur zur groben Orientierung): • Zement (Bindemittel)
~10%
• Wasser
~15%
• Zuschlag
~75%
• evtl. Zusatzmittel (Frostschutz, Verzögerer, Beschleuniger); 2 Frühe Zementfabrik Aspdin & Ord bei Newcastleon-Tyne (1851)
• evtl. Zusatzstoffe (Silikastaub, Hochofenschlacke etc.). Das Gemenge entsteht durch Vermischen der Zuschlagstoffe (Sand, Kies) mit einem Bindemittel aus Zement und Anmachwasser. Nach Erhärtung durch Hydratation des Zements mit dem Anmachwasser, wird es zu einem natursteinähnlichen Gefüge (mineralisch, kristallin) ( 3). Wesentlich für die mechanischen Eigenschaften des Betons ist der Wasserzementwert (w/z-Wert). Er drückt das Ver-
4 Beton
265
hältnis zwischen der Menge Anmachwasser (w) und dem Zement (z) aus. Für das Verständnis des mechanischen Verhaltens von Beton ist die Kenntnis der Mikrostruktur ( 4) des ausgehärteten Werkstoffs entscheidend. Diese setzt sich im Wesentlichen zusammen aus:
Materialstruktur
3.
• dem in einer Matrix eingebetteten Zuschlag, einem toten Material ohne nennenswerte materialeigene Verformung sowie • dem sogenannten Zementstein, der aus dem abgebundenen Zementleim (aus Zement und Anmachwasser) hervorgeht. Dieser bildet die Matrix, welche den Zuschlag allseitig einschließt und in ein festes und zusammenhängendes, weitestgehend isotropes Materialgefüge verwandelt. Anders als der Zuschlag ist der Zementstein komplexen chemischen und hygroskopischen Veränderungsprozessen unterworfen, die das mechanische Verhalten des Betons maßgeblich beeinflussen. Der feste Zementstein geht aus dem Prozess der Hydratation des Zements durch Einwirkung des Anmachwassers hervor, einer chemischen Reaktion, bei der Wärme freigesetzt wird (Hydratationswärme). Dieser Prozess führt zur Bildung eines festen Gittergefüges aus Strukturkristallen mit einer Vielzahl eingeschlossener Mikroporen sowie auch Makroporen, die durch Hohlraumbildung in der Matrix entstehen. Da zunächst nur ein Teil des Anmachwassers für den ersten Hydratationsschub aufgebraucht wird, sind diese Mikro- und Makroporen jeweils beständig mit Wasser getränkt. Aus diesem eingeschlossenen Wasserreservoir speist sich der weiter voranschreitende Hydratationsprozess, durch welchen kontinuierlich neue Kristalle in der Matrix erzeugt werden. Dieser klingt allmählich ab und kommt erst nach Jahren zum Stillstand. Wie andere mineralische Werkstoffe auch, kann Beton verhältnismäßig hohe Druckkräfte aufnehmen, Zugkräfte hingegen nur in sehr begrenztem Ausmaß. Zugbeanspruchter Beton reißt sehr rasch. Er zeigt ein ausgesprochen sprödes Verhalten. Folglich ist Beton (unbewehrt), wie auch natürliches oder künstliches Steinmaterial, zur Aufnahme von Biegung ungeeignet. Ohne Zusatzmaßnahmen wie eine Bewehrung, wird Beton nur in rein druckbeanspruchten, zumeist eher untergeordneten Bauteilen wie einfachere Fundamente oder Estrichüberzüge eingesetzt. Beton ist durch eine Kombination viskoser und elastischer Eigenschaften gekennzeichnet – daher sein so genannter viskoelastischer Charakter. Trotz gefährlicher Neigung zu Spontanrissen unter Zug, zeigt der Werkstoff unter Drucklast ein vergleichsweise gutmütiges Verhalten, da die plastischen
3 Makroskopisches Materialgefüge von Beton. Man erkennt den Zuschlag, der in der Matrix des Zementsteins eingebettet ist.
Kap. III-1, Abschn. 9.1.2 Künstliches Gestein, S. 94
4 Mikroskopisches Bild des Materialgefüges von Beton
Mechanische Eigenschaften
vgl. Abschn. 5 Verformungsverhalten weiter unten
4.
266
IV Stoffe
Verformungen, die bei lokalen Spannungsspitzen einsetzen, zu einer Umlagerung der Spannungen und folglich zu einem Abbau der kritischen Spitzen führen. Einmal entstandene kleinere Risse können beim erneuten Schließen unter Druck, infolge des kontinuierlich fortschreitenden Hydratationsprozesses, wiederverschweißt werden – im Prozess der sogenannten Rehydratation). Diese sehr komplexen, für einen starren, festen Körper eigentlich untypischen Eigenschaften sind der Anlass, dass der Beton oftmals als ein pseudofester Körper mit viskoelastischen Merkmalen bezeichnet wird. Die Realität steht in scharfem Gegensatz zur weit verbreiteten volkstümlichen Auffassung, Beton sei ein unveränderliches, totes Material. 5. 5.1
Verformungsverhalten
Folgende lastunabhängige Verformungen sind zu berücksichtigen:
Lastunabhängige Verformungen • Verformungen infolge Temperaturänderung. Hier ist ggf. auch die Abbindewärme während des Erhärtungsvorgangs zu berücksichtigen; • Verformungen infolge hygroskopischen Verhaltens. Es ergibt sich als Reaktion auf die Veränderung der relativen Umgebungsfeuchte (atmosphärische Feuchte) und führt zu einem zyklischen Schwinden und Quellen. Dieses Phänomen ist im Vergleich mit anderen Verformungsfaktoren jedoch nur marginal. Bedeutender ist ein kontinuierlicher hygroskopischer Schwindprozess ab dem Vergießen des Frischbetons, der aus einem stetigen Verdunsten des in den Mikro- und Makroporen eingeschlossenen Anmachwassers folgt. Dieser Prozess ist unabhängig vom chemischen Prozess der Hydratation (s. nächsten Punkt) und überlagert sich mit diesem; • Schwinden infolge chemischer Bindung (Hydratation) des Anmachwassers im Zementstein. Der stetige Verbrauch von Feuchte im Beton führt zu einer spürbaren Volumenverringerung des Werkstoffs, die langsam abklingt, aber erst nach Jahren zum Stillstand kommt. Das Schwinden des Betons ist ein Phänomen, das eine große Aufmerksamkeit von seiten des Planers und Konstrukteurs verlangt und spezifische planmäßige Maßnahmen mit sich zieht. Insbesondere die Rissbildung infolge Schwindens ist – beispielsweise durch geeignete Bewehrung – unter Kontrolle zu halten.
5.2
Lastabhängige Verformungen
Die wesentliche lastabhängige Verformung des Betons ist das Kriechen. Es ist eine viskose, d.h. eine plastische, nicht wieder rückgängig zu machende Verformung unter lang einwirkender Belastung. Wasser in den Mikroporen des Zementsteingefüges wird durch Druckbeanspruchung in die größeren Makroporen gepresst, von wo es verdunstet. Hierdurch entsteht ein deutliches Schrumpfen des Zement-
4 Beton
267
steins. Diese Verformung ist größer als die lastunabhängige Schwindverformung. Auch dies ist ein lang anhaltender Prozess, der u.U. erst nach 15-20 Jahren abklingt. Das Spannungs-Dehnungs-Diagramm ( 5) des unbewehrten Betons ähnelt dem des Steinmaterials. Es zeigt den für mineralische Werkstoffe typischen leicht gekrümmten, also viskoelastischen Verlauf, der sich mit ansteigender Spannung kontinuierlich stärker krümmt und abflacht, bis die Bruchspannung mB erreicht wird. Auch hier wird nach dem gleichen Verfahren wie bei Steinmaterial ein Sekantenmodul definiert. Die bautechnisch brauchbare Festigkeit liegt, wie angesprochen, im Druckbereich (Vorzeichen –).
Spannungs-Dehnungs-Diagramm
5.2.1
σ (–) in N/mm2 B
σ
B
Z
σ = 1/3 σ 0
ε (+)
B
5 Spannungs-Dehnungs-Diagramm von Beton
α O ε0
ε (–) in %
σ (+)
Entscheidend für die Herstellung eines tragfähigen und dauerhaften Betons ist die Schaffung eines möglichst dichten und homogenen Gefüges, wofür in letzter Konsequenz die Konsistenz des Zementsteins maßgeblich ist. Voraussetzung dafür ist eine gute Durchmischung der Bestandteile, vor und nach dem Vergießen, mit dem Zweck, Lufteinschlüsse zu minimieren und eine gute Benetzung der Zementkörner mit Anmachwasser zu gewährleisten. Zu kurze Hydratationszeiten, wie sie beispielsweise an einer der Sonneneinstrahlung ausgesetzten, noch jungen, im Abbindeprozess begriffenen Betonoberfläche auftreten können, führen zu einem unregelmäßigen Schwinden und zu deutlicher Rissbildung. Dies lässt sich durch Feuchthalten im Rahmen geeigneter Nachbehandlung verhindern ( 7). Ferner ist sicherzustellen, dass sich der Frischbeton in
mB Bruchspannung m0 1/3 der Bruchgrenze mB zur Definition des Sekantenmoduls B Bruchgrenze Z Zerreißgrenze
Konstruktive Folgerungen
beispielsweise durch Rütteln, siehe 6
6.
268
IV Stoffe
6 Rütteln von Frischbeton
7 Abdecken von jungem Beton durch Planen, um frühzeitiges Austrocknen zu verhindern
8 Lunker auf einer Betonoberfläche
9 Abgeplatzte Kanten am Betonbauteil
10 Gefaste Kanten im Betonbau
11 Abgeschrägte Mauerkrone mit Tropfkante zur Entwässerung
Kap. VI-6, Abschn. 3.1 Carbonatisierung, S. 774; vgl. auch Carbonatisierung im Kap. IV-1, 9.1.2 Künstliches Gestein > nichthydraulische Bindemittel, Luftkalke, S. 209
der Schalung wie vorgesehen gut verteilen kann, ohne unerwünschte Hohlstellen (Lunker) zu bilden ( 8). Dies kann insbesondere in verschlungenen Hohlräumen oder bei dicht verlegter Bewehrung geschehen, wo man mit Rüttelvorrichtungen keinen Zugang findet. Aber auch einfache orthogonale Ecken sind gegen Ausfransen gefährdet ( 9), weshalb man im herkömmlichen Betonbau diese entsprechend abfast ( 10). Auch der Oberfläche des ausgeschalten Betons ist angemessene Aufmerksamkeit zu widmen, vor allem wenn diese sichtbar bleiben soll (Sichtbeton). Eine dichte, kontinuierliche äußere Deckschicht aus Zementstein, wie sie sich an einer glatten Schalfläche bildet, ist auch für eine gute Dauerhaftigkeit des Werkstoffs von entscheidender Bedeutung. Sehr wichtig in diesem Zusammenhang ist die Beschaffenheit – insbesondere die möglichst geringe (?) Saugfähigkeit – der Schalfläche. Trotz vergleichsweise dichter Struktur guter Betone, sind exponierte horizontale Flächen dennoch durch geeignete Maßnahmen (zumindest Abschrägen wie auf 11, besser Abdecken oder Verwahren) gegen stehendes Wasser zu
4 Beton
269
schützen. Gefährlich für den Beton sind insbesondere Verwitterungsprozesse. Bei diesen dehnt sich Wasser, das in die (kaum vollständig zu vermeidenden) Risse eindringt, bei Gefrieren aus und führt zu Abplatzungen. Die vermeintlich unverwüstliche, allen Unbilden widerstehende Beschaffenheit des Betons, wie sie landläufig wahrgenommen wird, ist nur ein Mythos. Beton ist ein künstlicher Stein und reiht sich infolgedessen in die Gruppe der mineralischen, spröden Werkstoffe ein. Er ist in der Lage,
Zusammenfassung
7.
Kennwerte
8.
• Druck sehr gut, • Zug hingegen nur sehr begrenzt aufzunehmen. Er weist gegenüber Naturstein den kaum zu überschätzenden Vorteil auf, im Verarbeitungszustand gießbar zu sein. Er kann sich folglich jeder beliebigen Form anpassen und erlaubt insbesondere auch die Schaffung fugenloser monolithischer Strukturen in größeren Maßstäben, bis hin zum kompletten Bauwerk. Komplexe Fragen der Kraftleitung über Stöße hinweg oder der Dichtheit gegenüber verschiedenen Umwelteinflüssen, wie sie die Fugenbildung bei anderen Werkstoffen aufwirft, stellen sich bei Beton bei monolithischer Verarbeitung nicht einmal. Dies lässt sich mit anderen Werkstoffen nicht einmal annähernd verwirklichen und erklärt zum großen Teil den bemerkenswerten Erfolg dieses Werkstoffs im Laufe den letzten 150 Jahre. Entgegen landläufiger Meinung ist Beton ein weitestgehend natürlicher Werkstoff, wenn man einmal von der großtechnischen Herstellung der modernen PortlandZemente absieht. Die Grundstoffe sind überall verfügbar. Ein moderater Energieaufwand ist für das Brennen des Zements erforderlich. Nicht vollständig gelöst ist hingegen das Recycling des Werkstoffs, insbesondere in bewehrter Form. Stellvertretend für einen Normalbeton werden die Kennwerte eines C 20/25 aufgeführt:
Steifigkeit
E-Modul
25000 N/mm2
Druckfestigkeit
mD
25 N/mm2
Rohdichte
l
23 kN/m3
Wärmeleitzahl
h
~ 2,1 W/mK
Wärmedehnzahl _
~ 10 · 10 -6 K-1
270
IV Stoffe
Anmerkungen
1 2 3
Normen und Richtlinien
DIN 1045: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 2: 2008-08 Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität – Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 Teil 3: 2012-03 Bauausführung - Anwendungsregeln zu DIN EN 13670 DIN EN 206: 2017-01 Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität DIN EN 1992: Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken Teil 1-1: 2011-01 Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau
Sinn (1994) Und machten Staub zu Stein, S. 40 Ebda S. 80 Ebda S. 94f
I
KONSTRUIEREN I
KONSTRUIEREN
II
II-2 II - 1 II-3 II - 2 II - 3 III III-1 III-2 IIIIII-3 III-4 III III-5 -1 III III-6 -2 III - 3 III IV -4 III IV-1 -5 III IV-2 -6 III IV-3 -7 III IV-4 -8 III IV-5 -9
STRUKTUR STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN ORDNUNG UND GLIEDERUNG MASSORDNUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE STOFFE ÖKONOMIE SOZIALES MATERIE ÖKOBILANZ WERKSTOFF RECYCLING STEIN BETON STOFFE HOLZ MATERIE STAHL WERKSTOFF BEWEHRTER BETON STEIN KUNSTSTOFF BETON GLAS HOLZ
IV-6 IV-7 IVIV-8 IV-9 IV - 1 IVV- 2 IVV-1 -3 IVV-2 -4 IVV-3 -5
STAHL BEWEHRTER BETON GLAS BAUPRODUKTE KUNSTSTOFF KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE BAUPRODUKTE STAHLPRODUKTE KÜNSTLICHE STEINE GLASPRODUKTE HOLZPRODUKTE KUNSTSTOFFPRODUKTE STAHLPRODUKTE
II II-1
1. Geschichtliche Entwicklungsstufen..........................272 2. Materialstruktur.........................................................272 2.1 Makroskopischer Aufbau ..................................272 2.2 Mikroskopischer und submiskroskopischer Aufbau ...............................................................274 3. Allgemeine Eigenschaften ........................................276 4. Mechanische Eigenschaften.................................... 277 5. Verformungsverhalten ..............................................278 5.1 Lastunabhängige Verformung ...........................278 5.2 Lastabhängige Verformung .............................. 280 6. Konstruktive Folgerungen .........................................281 7. Zusammenfassung .................................................. 282 8. Kennwerte ................................................................ 283 Anmerkungen................................................................ 283 Normen und Richtlinien ................................................ 283
V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE
V
VI VI-1 V-1 VI-2 V-2 VI-3 V-3 VI-4 V-4 VI-5 V-5 VI-6 V-6
FUNKTIONEN
FUNKTIONEN SPEKTRUM SPEKTRUM KRAFTLEITEN KRAFT LEITEN THERMOHYGRIK THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN SCHALLSCHUTZ SCHALLSCHUTZ BRANDSCHUTZ BRANDSCHUTZ DAUERHAFTIGKEIT DAUERHAFTIGKEIT
ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_15
272
1.
IV Stoffe
Geschichtliche Entwicklungsstufen
1 Speicherbau in Norwegen
2. 2.1
Materialstruktur Makroskopischer Aufbau
Ähnlich wie bei Steinmaterial verlieren sich die Ursprünge der baulichen Verwendung des Holzes im Dunkeln der Geschichte. Die breite Verfügbarkeit, leichte Bearbeitbarkeit und das gute Verhältnis von Gewicht zu Festigkeit machten Holz vermutlich bereits in frühesten menschlichen Entwicklungsetappen, die bis in die nomadischen Ursprünge der Menschheit zurückreichen, zum geeignetsten Werkstoff für Behausungen wie auch für zahlreiche Gebrauchsgegenstände und diverse Geräte. Als einziger bereits in frühen Zeiten verfügbarer verhältnismäßig zähfester Werkstoff mit der Fähigkeit, nicht nur Druck wie Stein, sondern auch Zugbeanspruchung aufzunehmen, war er überall dort unverzichtbar, wo es galt, Biegung, d.h. also Biegezugspannungen, aufzunehmen. Auch in ariden Weltregionen mit extrem knappem Holzbestand und steinerner Bautradition war – und ist teilweise heute noch – der Werkstoff beispielsweise für flache Decken und Dächer oder für provisorische Gerüste durch keinen anderen Werkstoff zu ersetzen. Die Holzverarbeitung hat in vielen Kulturkreisen hohes handwerkliches Niveau erreicht ( 1). Viele herausragende Bauwerke haben den Lauf der Zeit als Zeugnisse dieser Kunst leider nicht überdauert. Die Brennbarkeit und die mangelnde Dauerhaftigkeit von Holz im Vergleich insbesondere mit seinem historischen Konkurrenten, dem Stein, sind die gravierendsten Nachteile dieses Werkstoffs, die ihn entwicklungsgeschichtlich zum Teil in den Bereich des Häuslich-Provisorischen relegiert haben. Die Holzbautechnik, traditionell eine Domäne des Handwerks, hat in den letzten Jahren große bautechnische Fortschritte durch das Aufkommen des ingenieurmäßigen Holzbaus vollzogen, der auf industriellen Fertigungsmethoden basiert. Neue Füge- und Verarbeitungstechniken, seine Kombination mit anderen Werkstoffen in Verbundkonstruktionen und neuartige Holzschutztechniken haben zur Erschließung vielfältiger Anwendungsbereiche des Werkstoffs Holz geführt. Wesentlich für das Verständnis der makroskopischen Materialstruktur ist die Betrachtung des Wachstumsprozesses des Baumstamms, aus dem das Bauholz geschnitten wird. Der Stammkörper entwickelt sich durch jährliches Wachstum eines neuen, annähernd konisch geformten Zellkleids oder -mantels, der sich ausgehend vom Kambium, der eigentlichen Wachstumsschicht, alljährlich außenseitig an ältere Schichten anlegt ( 2). Diese dicht gepackten konischen Zellmäntel sind im Querschnitt des Stamms als sogenannte Jahresringe erkennbar ( 3). Die konische Form entspricht der Geometrie des sich stetig nach oben verjüngenden Baumstamms. Die Mantelschichten im Stammkörper gliedern sich bei vielen Baumarten (allerdings nicht bei allen) in zwei Bereiche ( 4):
5 Holz
2 Der Baumstamm entwickelt sich durch jährliches Anlegen eines neuen konischen Zellmantels.
273
3 Jahresringe
4 Splint- und Kernholz
• Kernholz im Innenbereich nahe der Stammachse. Dieses Holz ist weitgehend abgestorben und üblicherweise mit besonderen Gerbstoffen getränkt. Es weist eine erhöhte Resistenz gegen Schädlingsbefall auf sowie zumeist auch größere Festigkeit; • Splintholz im Außenbereich ringsum. Es besteht folglich aus den jüngeren Zellbereichen, in denen der Safttransport stattfindet, durch den der Baum mit Nährstoffen versorgt wird. Alle Mantelschichten bestehen aus pakettierten, längs in Stammrichtung aneinandergelegten Fasern. Dies sind rohrförmig aufgebaute Zellen mit einem Hohlraum, dem Lumen, und mit Wandungen, deren Festigkeit hauptsächlich auf der Matrixsubstanz Lignin beruht. Im Lignin sind Cellulose-Polymerketten eingebettet. Abhängig von der Jahreszeit, in der die jeweiligen Fasern entstehen, weisen die Zellen eine lockerere, dem Safttransport zuträglichere (Frühling und Sommer) oder stärker verdichtete und verholzte, ligninreichere, festere Struktur (Winter) auf. Man spricht deshalb vom helleren und weicheren Frühholz und vom festeren Spätholz. Jeder Zellmantel ist aufgrund dieser Dichte- und Färbungsunterschiede mit bloßem Auge im Schnitt erkennbar. Man unterscheidet beim Aufsägen des Baumstamms drei Schnittebenen ( 5, 6): • Querschnitt: Schnitt rechtwinklig zur Stammachse. Die Mantelschichten des Stamms bilden sich als konzentrische Kreise ab. Aus der Schnittführung ergibt sich, dass auch sämtliche Stammfasern quer aufgeschnitten und folglich mit ihrem Lumen zur Schnittfläche hin offen sind. Man spricht auch vom Hirn- oder Stirnholz. Dies ist ein konstruktiv bedeutsamer Umstand, da aufgrund der starken kapillaren Saugfähigkeit der offenen Fasern – auf ihr beruht zum Teil der Safttransport im lebenden Baum 1 – diese Holzfläche gegen Feuchtebildung, und infolge-
Abschn. 2.2 mikroskopischer und submikroskopischer Aufbau, weiter unten
auch Kap. IV-1, Abschn. 9.3.1 Holz, S. 216
274
IV Stoffe
Querschnitt Kernholz Splintholz
Querschnitt
Jahresringe Ausschnitt in 7 Borke Rinde Bast Kambium
Markstrahl
Fladerung
Radialschnitt
Tangentialschnitt
5 Radial aufgeschnittener Baumstamm und seine Strukturmerkmale
Kap. VI-6, Abschn. 4. Holzzschutzmaßnahmen, S. 778
6 Tangential aufgeschnittener Baumstamm
dessen Fäule, besonders empfindlich ist. Der Schutz von Querschnitten, oder nach überlieferter Bezeichnung von Hirnholz, vor Feuchte ist eine der wichtigsten Aufgaben des konstruktiven Holzschutzes; • Radialschnitt: Schnitt entlang einer Ebene, die durch die Stammachse verläuft. Die Mantelschichten zeichnen sich als parallele Streifen bzw. als Maserung ab; • Tangentialschnitt: Schnitt entlang einer beliebigen Ebene parallel zur Stammachse. Diese verläuft also – in jedem gedachten Querschnitt betrachtet – jeweils stets tangential zu einem Jahresring – daher die Bezeichnung. Die parallel zur Achse angeschnittenen Mantelkegel zeigen sich im Tangentialschnitt grob als Hyperbellinien. Sie erzeugen die charakteristische Fladerung im Holz. Der jeweils kennzeichnende Verlauf der Maserung in jedem Schnitt lässt erkennen, um welche Schnittebene es sich in jedem Einzelfall handelt. Der Stammkörper ist außenseitig mit dem Kambium und der schützenden Borke umgeben (7).
2.2
Mikroskopischer und submikroskopischer Aufbau
Die Zellwände sind für die Festigkeit von Holz von entscheidender Bedeutung. Sie weisen einen differenzierten Aufbau aus einzelnen Schichten auf ( 8), die sich ihrerseits aus parallel zur Stammachse ausgerichteten Fasern zusammensetzen:
5 Holz
275
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Radialschnitt
Tangentialschnitt
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a
7 Ausschnitt aus dem Bast und dem jüngsten Jahresring eines Nadelholzes 2
1 2 3 1 2 3 4 5
Pektinschicht Primärschicht äußere Sekundärschicht mittlere Sekundärschicht innere Sekundärschicht
4 5
8 Schichtenaufbau der Zellwand 3 9 Fibrillenbündel aus der Sekundärschicht 4
10 Micellenstrang mit einzelnen Micellen 6 11 Vereinfachtes, seitlich aufgeschnittenes Modell einer Micelle 5
276
IV Stoffe
• zunächst spiralförmig um die Längsachse gewundene Fibrillenbündel ( 9), ihrerseits bestehend aus: • Micellsträngen ( 10), in denen in einer Lignin-Matrix eingelagert die:
Kap. IV-1, 9.3.1 Holz, S. 216
3.
Allgemeine Eigenschaften
• Cellulose-Kettenmoleküle eingebettet sind ( 11). Diese sind in Abschnitten (den kristallinen Bereichen) durch Wasserstoffbindungen quer miteinander verknüpft, sodass sie eine widerstandsfähige, quasi-kristalline Struktur bilden. Folgende Merkmale kennzeichnen den Werkstoff Holz: • Holz ist ein regenerierbarer Werkstoff, und zwar der einzige baurelevante. Bei entsprechender Waldbewirtschaftung kann er ohne Einschränkung kontinuierlich im Umfang des Bedarfs nachwachsen. Dies ist ein ökologisch außerordentlich wichtiger Aspekt; • Holz bindet während seines Wachstums Kohlendioxid aus der Luft und weist – im Gegensatz zu allen anderen baurelevanten Werkstoffen – ein negatives globales Erwärmungspotenzial bzw. Treibhauspotenzial auf. D.h., dass der Einsatz dieses Werkstoffs insgesamt keine Umweltbelastung generiert, sondern im Gegenteil einen positiven ökologischen Einfluss hat;
Kap. IV-1, Abschn. 13 Zersetzungsprozesse, S. 232
Kap. VI-5, 5.1.3 Die Werkstoffe für Primärtragwerke > Holz, S. 722
Abschn. 4. mechanische Eigenschaften, weiter unten
• Holz besitzt eine vergleichsweise geringe Dauerhaftigkeit. Es ist stark durch Fäule und Schädlingsbefall gefährdet, ist aber unter geeigneten Bedingungen sehr lange haltbar. Voraussetzung für die Verrottung von Holz, die auf Pilzbefall zurückgeht, ist das kontinuierliche Vorhandensein von Feuchte. Befindet sich Holz hingegen in Wasser getaucht unter Luftausschluss, ist es wiederum fäulegeschützt. Erste und wesentliche Aufgabe eines wirksamen Holzschutzes ist folglich die Vermeidung ständiger Feuchte unter Luftkontakt. Andererseits ist Holz restlos kompostierbar und hinterlässt – ohne giftige Zusätze – keinerlei Altlasten. Auch dies ist ein ökologisch wesentlicher Aspekt; • Holz ist brennbar (Baustoffklasse B2 normal entflammbar gemäß DIN 4102). Sein Brandverhalten ist jedoch trotzdem insgesamt gutmütig. Andererseits lässt sich Holz fast restlos durch Verheizen entsorgen, ein ökologisch wichtiger Vorteil. Dabei wird die frei werdende Heizenergie wiedergewonnen; • Holz ist leicht bearbeitbar. Leichtes Handwerkzeug genügt für diesen Zweck. Seine Weichheit ist hingegen ein Nachteil, wenn es beispielsweise gilt, konzentrierte Lasten aufzunehmen;
5 Holz
277
• Holz ist im Gegensatz zu anderen Werkstoffen ein organisches Material, das oft auch als lebendig bezeichnet wird. Obgleich diesem letzten Begriff viel Mystik anhaftet und er streng betrachtet unzutreffend ist, steht dennoch fest, dass auch nach Zuschneiden des Bauholzes zahlreiche Verformungsprozesse stattfinden, die mit der Trocknung zwar abnehmen, aber nie komplett abklingen. Man spricht oft davon, dass das Holz beständig arbeitet;
Abschn. 5.1 lastunabhängige Verformung, S. 278
• Holz lässt sich im Wesentlichen nur stabförmig bereitstellen, da es aus dem seinerseits stabförmigen Baumstamm geschnitten wird. Größere flächige Bauteile sind in Vollholz ohne Fugen nicht realisierbar. Die mechanischen Eigenschaften von Holz sind stark durch dessen Anisotropie geprägt, die bereits in seinem mikround makroskopischen Aufbau strukturell angelegt ist. Wie beschrieben, besteht der Werkstoff im Wesentlichen aus differenziert organisierten Faserbündeln, die entlang der Stammachse ausgerichtet sind. Man muss folglich deutlich unterscheiden zwischen dem mechanischen Verhalten von Holz unter Beanspruchung:
Mechanische Eigenschaften
Abschn. 2. Materialstruktur, S. 272
• parallel oder • quer zur Faser ( 12). Dies gilt in gleicher Weise für sein Verformungsverhalten. Die größte Festigkeit weist Holz in Faserrichtung auf. Druck oder Zug quer zur Faser neigen dazu,
Abschn. 5. Verformungsverhalten, S. 278
• die Fasern zu trennen (Querzug). Dieser Beanspruchung kann nur die Adhäsion zwischen benachbarten Fasern entgegenwirken. Diese beruht auf der Bindekraft von Harzen und Zellgeweben und ist grundsätzlich kleiner als die axiale Festigkeit der Faser selbst; • die Fasern zu quetschen (Querdruck) ( 12). Dies führt zu starken bleibenden, also plastischen Verformungen. Die Faserzelle wird zusammengedrückt, so dass der Hohlraum des Lumens kollabiert und die Zellwände in einen dicht pakettierten Zustand übergehen ( 13). D
Aufgrund der annähernd kristallinen Struktur der gebündelten Celluloseketten existiert jedoch eine Art Formgedächtniseffekt, der sogenannte Shape-Memory-Effekt, der unter bestimmten Voraussetzungen wieder dazu führt, dass die ursprüngliche Form wiedererlangt wird 7 12 Deutliche Anisotropie des Holzes hinsichtlich der Beanspruchbarkeit
D
Längsdruck Längszug
Querzug
Querdruck
13 Pressung quer zur Stammachse führt zum Kollabieren des Zelllumens oder -hohlraums. Modellhafte Darstellung.7
4.
278
IV Stoffe
siehe die zugehörigen Kennwerte in der Tabelle auf S. 283
14 Die Kraftübertragung von Holz an Stahl erfolgt an den – kleinen – Kontaktflächen an den Bolzenschäften. Dies kommt einer Querschnittsschwächung gleich.
Abschn. 8. Kennwerte, S. 283
Band 3, Kap. XII Verbindungen
5. 5.1
Verformungsverhalten
In Faserrichtung kann Holz Zug und Druck annähernd gleich gut aufnehmen, was seiner Charakteristik als – zumindest in Teilaspekten – zähfester Werkstoff entspricht. Hierbei wird der molekulare Zusammenhalt der langen Fadenmoleküle wirksam. Diese Eigenschaft prädestiniert Holz für biegebeanspruchte Bauteile, da diese gleichzeitig Biegezug- und Biegedruckspannungen aufnehmen müssen. Biegung entspricht auch einem maßgeblichen Belastungszustand des lebenden Baumstamms, auf den die Pflanze biologischentwicklungsgeschichtlich gleichsam optimiert ist. Ferner liegen die äußeren Mantelschichten des Stamms enger aneinander als die inneren, was eine dichtere Materialstruktur an den Rändern ergibt. Dies lässt sich zwecks größerer Biegesteifigkeit durch entsprechende Schnittführung ausnutzen. Aber auch axiale Zug- und Druckbeanspruchung, also in Faserrichtung, kann Holz gut aufnehmen. Trotz seiner Weichheit weist gewöhnliches Bauholz (Nadelholz) eine Druckfestigkeit entlang der Faser auf, die mit der eines Normalbetons vergleichbar ist. Darüber hinaus ist bei Holz das Verhältnis zwischen Festigkeit und Eigengewicht oder Rohdichte so günstig wie bei kaum einem anderen gebräuchlichen Werkstoff. Indessen ist diese gute Zug- und Druckfestigkeit in der Gesamtkonstruktion nur teilweise nutzbar, da an den Anschlusspunkten Querschnittsschwächungen ( 14), welche die Tragfähigkeit des Bauteils mindern, nahezu unvermeidlich sind. Querkräften quer zur Faser setzen diese einen starken Widerstand entgegen. Es sind große Querkräfte erforderlich, um einen Holzstab quer zu seiner Achse abzuscheren. Hingegen zeigt Holz bei Querkräften parallel zur Faser Schwächen. Die nur mäßigen Adhäsionskräfte zwischen anliegenden Fasern begrenzen nicht nur die aufnehmbaren Zugkräfte (s.o.), sondern auch den Widerstand gegen Gleiten. Holz zeigt auch unter starker Belastung insgesamt ein gutmütiges Verhalten, da es vor dem Versagen großen, deutlich erkennbaren Verformungen ausgesetzt ist, die gleichsam einen willkommenen Warneffekt ausüben. Andererseits ist sein Versagen zuletzt durch schlagartigen Sprödbruch gekennzeichnet, was zu diesem Verhalten konträr ist. Mit folgenden lastunabhängigen Verformungen ist beim baulichen Einsatz von Holz zu rechnen:
Lastunabhängige Verformung
Abschn. 8. Kennwerte, S. 283
• Dehnungen infolge Temperaturänderungen, analog zu allen anderen Werkstoffen, wobei festzustellen ist, dass Holz sich im Vergleich nur wenig verformt; • Verformungen infolge hygroskopischen Schwindens und Quellens. Holz nimmt Feuchte aus der Umgebung auf und ändert je nach Feuchtegehalt sein Volumen, vergrößert es bei feuchter und verringert es bei trockener Umgebung. Im verbauten Zustand ist insbesondere die
5 Holz
279
relative Luftfeuchte für dieses Phänomen verantwortlich. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass Holz frisch geschlagen über 100% Feuchte enthält und auch nach Trocknung gewöhnlich noch mit einem verhältnismäßig hohen Feuchtegehalt ( 15) auf die Baustelle kommt (um die 20%). In beheizten Räumen trocknet es anschließend über einen längeren Zeitraum aus (Gleichgewichtsfeuchte minimal bis rund 7%). Dies ist mit einem kontinuierlichen Schwindprozess verbunden, der in seiner Intensität zwar von der relativen Luftfeuchte beeinflusst wird, aber dennoch bis zur Trocknung das Verformungsverhalten des Holzes dominiert. Nach der Trocknung erfolgt zyklisches hygroskopisches Schwinden und Quellen. Je rascher diese Trocknung erfolgt, desto stärker sind die Verwerfungen und die Risstendenzen des Holzes. Eine langsame kontinuierliche Trocknung begünstigt sein Stehvermögen. Auch bei hygroskopischen Verformungen macht sich die Anisotropie des Werkstoffs bemerkbar. Der Schwindund Quellprozess ist quer zur Faserrichtung um das 10-fache größer als längs zu ihr ( 16); • ferner ist Holz, nach dem Aufschneiden zu Bauholz, komplexen Formänderungen ( 17-19) unterworfen (Verwerfungen, Verziehen, Reißen), die teilweise zusammenhängen: •• mit der Lage des geschnittenen Holzprofils im Stamm. Das festere Spätholz neigt dazu, sich tangential stärker zusammenzuziehen als das Frühholz, weshalb die Tendenz überwiegt, dass Jahresringe sich insgesamt ausrichten. Kernholz schwindet weniger als Splintholz, was sich bei Brettern aus Radialschnitten (Kernbrettern) deutlich bemerkbar macht;
15 Trockenstapel
a a b
erkennbar beispielsweise am Schüsseln von Brettern im Tangentialschnitt
•• mit der besonderen Wuchscharakteristik des Baums. Hier spielen Faktoren wie Ästigkeit, Drehwuchs, krum-
17 Verziehen von geschnittenem Holz. Hier: Kernbrett
18 Unterschiedliche Lagen des geschnittenen Profils im Stamm führen zu charakteristischen Verformungen.
b
16 Schwind- und Quellmaß (a = Schwind-/Quellmaß quer zur Faser, b = Schwind-/Quellmaß längs zur Faser)
19 Der Baum ist ein lebender Organismus und richtet sich in seinem Wuchs oft nicht nach den technischen Bedürfnissen des Menschen.
280
IV Stoffe
mer Wuchs und sonstige Besonderheiten des Baums eine entscheidende Rolle;
nachzulesen beispielweise in Thoma E (2018) „... dich sah ich wachsen“
5.2
Lastabhängige Verformung
•• mit dem Vorgang der Fällung. Traditionell wurde Holz im Januar bei Neumond – deshalb Mondholz genannt – geschlagen, der Zeit des niedrigsten Saftgehalts, und so am Hang gelagert, dass der restliche Saft so weit wie möglich vor dem Besäumen des Stamms in die Äste abfließen konnte. Derart geschlagenes Holz besaß ein großes Stehvermögen und war darüber hinaus besonders resistent gegen Schädlingsbefall. Diese Vorkehrungen sind indessen heute nicht mehr allgemein gebräuchlich. Das Spannungs-Dehnungs-Diagramm von Holz ( 20) zeigt einen weitgehend linearen Verlauf, der die grundsätzlich elastische Charakteristik des Werkstoffs wiedergibt. Erst unter starker Belastung setzt eine plastische Verformung ein. Auch unter ständiger oder lang anhaltender Belastung sind, neben den elastischen, auch gewisse plastische Verformungen zu erwarten (Kriechen).
20 (Rechts) Spannungs-Dehnungs-Diagramm von Holz
σ (+)
ε (–)
ε (+) quer zur Faser
21 Schaukelstuhl aus Bugholz (Herst.: Thonet)
längs zur Faser
σ (–)
Wirken neben Kraft auch hohe Temperaturen und hohe Feuchtigkeit auf das Holz ein, lassen sich plastische Verformungen auch technisch gezielt herbeiführen. Dampfbehandelte Holzstäbe lassen sich beispielsweise für den Möbelbau (Bugholzmöbel, 21) mit fast beliebigen Krümmungen verformen. Holz weist in diesem Sinne ein ähnliches Verhalten wie thermoplastische Kunststoffe auf, was wiederum einen Hinweis auf die molekular stark verwandte Grundstruktur beider Werkstoffe darstellt.
5 Holz
281
23 Spundschalung: jedes Brett kann seitlich frei quellen und schwinden.
24 Schutz der Holzfassade vor Feuchte durch massiven Sockel und Dränung durch Kies
Aus den besprochenen Eigenschaften des Werkstoffs lassen sich folgende konstruktive Grundsätze ableiten:
Konstruktive Folgerungen
22 Verteilung der einzuleitenden Kräfte durch zahlreiche einzelne Verbindungsmittel (Stabdübel)
• Primärtragwerke aus Holz sind herkömmlich stets Gefüge aus Stäben, also Stabwerke. Erst in jüngster Zeit wurden mit industriellen Fertigungsmethoden auch flächige Bauteile aus Holz, zumeist Holzderivate, entwickelt, die zu Tragzwecken als Scheiben oder Platten eingesetzt werden können. Die Stabcharakteristik erlaubt, den Werkstoff vorteilhaft in Stab-, insbesondere Skeletttragwerken einzusetzen. Wandbauweisen setzen voraus, dass flächige Bauteile entweder aus geeigneten plattenartigen Holzwerkstoffen oder alternativ als Rippenelemente ausgeführt werden;
Kap. V-2, Abschn. 3 Holzwerkstoffe, S. 392
Band 2, Kap. VIII, Abschn. 5 Rippensysteme
• Bauholz ist an verhältnismäßig enge maßliche Grenzen gebunden, sowohl was die Abmessungen der Holzbauteile angeht – und zwar Querschnitt und Länge – als auch die mit ihnen überbrückbaren Spannweiten. Ein Vollholzbalken kann rund 4 bis 5 m überspannen. Selbst weitgespannte Holzkonstruktionen können nicht mit solchen aus anderen Werkstoffen konkurrieren; • hohe Lastkonzentrationen im Holz sind zu vermeiden, insbesondere wenn sie quer zur Faser ausgerichtet sind. Dies hat vor allem Auswirkungen auf die Gestaltung der Verbindungen ( 22), bei denen der sorgfältigen Verteilung der Spannungen im Material besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist; • noch sorgfältiger als bei anderen Werkstoffen sind bei Holz die Verformungen konstruktiv zu berücksichtigen ( 23). Insbesondere die Neigung zur Formänderung quer zur Faser infolge Schwindens und Quellens erfordert an den Anschlüssen ausreichend Toleranzraum; • der Witterung ausgesetztes Holz setzt einen wirksamen Holzschutz voraus. Es stehen zahlreiche konstruktive Maßnahmen zur Verfügung ( 24), um diesen Zweck zu
Band 3, Kap. XII Verbindungen
6.
282
IV Stoffe
erfüllen, ohne auf die Behandlung mit Giftstoffen zurückgreifen zu müssen. Letztere sind (nicht nur planmäßig für Ungeziefer, sondern, gewissermaßen als lästiger Nebeneffekt, auch) für Menschen gesundheitlich bedenklich. Beim konstruktiven Holzschutz werden Vorkehrungen getroffen, um das Holz möglichst rasch von Feuchte zu befreien, womit Schädlingen die Lebensgrundlage entzogen wird. Insbesondere ist das stark saugende Hirnholz vor ständiger Feuchte zu schützen; • auch starke UV-Strahlung, wie sie bei direkter Besonnung auftrifft, kann das Lignin in der Holzstruktur zerstören und damit die Dauerhaftigkeit des Holzes herabsetzen. Aus diesem Grund, wie auch zum Schutz gegen Niederschlag, werden Holzbauteile traditionell durch Anstriche oder beim Einsatz an Fassaden zumindest durch weit ausladende Dachüberstände geschützt. 7.
Zusammenfassung
Holz ist im Gegensatz zu seinen Konkurrenten ein organischer Werkstoff, der zwar streng genommen bereits nach dem Einschlagen als biologisch tot zu bezeichnen ist, aber während seiner technischen Nutzung dennoch vielfältige und komplexe Formänderungen erfährt, die manchmal zum Trugschluss führen, er sei lebendig. Dies unterscheidet Holz grundsätzlich von allen anderen Materialien für Primärtragwerke. Holz gilt, was seine Fähigkeit angeht, wechselnde Beanspruchungen aufzunehmen, im Wesentlichen als ein zähfester Werkstoff, denn es kann: • Druck gut und • Zug ebenso gut aufnehmen. Es weist fast durchweg verhältnismäßig gute Trageigenschaften auf, wenngleich es in absoluten Größen mit den Konkurrenten, insbesondere wenn es sich um Spezialwerkstoffe wie hochfeste Betone oder Stähle handelt, nicht gleichziehen kann. Diese relative Schwäche wird aber andererseits durch das exzellente Verhältnis zwischen Festigkeit und Eigengewicht teilweise wettgemacht. Kennzeichnend für Holz ist insbesondere seine ausgeprägte Anisotropie. Brauchbare Festigkeitswerte zeigt der Werkstoff nur in Faserrichtung. Querpressung ist gefährlich, weil sie rasch plastische Verformungen hervorruft; Querzug ist noch gefährlicher, weil akute Rissgefahr besteht, weshalb er beim Konstruieren stets sorgfältig zu vermeiden ist. Holz ist ein verhältnismäßig weiches Material, was zwar starke Belastungen verbietet, aber andererseits eine ausgezeichnete Verarbeitbarkeit, auch handwerklich, erlaubt. Ökologisch betrachtet bietet Holz als organisches Material
5 Holz
283
entscheidende Vorteile: es ist in seiner Umweltwirkung exzellent, ist regenerierbar, kann bei Bedarf rückstandslos beseitigt werden und erlaubt eine gute Weiterverarbeitung für Recyclingzwecke. Holz ist zwar im Gegensatz zu den anderen betrachteten Werkstoffen brennbar, was insbesondere die Anzahl der im Hochbau in Holzbauweise realisierbaren Geschosse begrenzt, lässt sich aber durch geeignete leichte Überdimensionierung gut gegen Brand schützen.
Kap. III-2 Ökologie, S.104, sowie III-5 Ökobilanz, S. 146
Es gibt eine sehr breite Auswahl unterschiedlicher Holzsorten mit stark divergierenden Materialkennwerten. Insbesondere Tropenhölzer können wesentlich höhere Festigkeiten erreichen als heimische Nadelhölzer wie sie für Bauzwecke in unseren Regionen herkömmlich verarbeitet werden. Hier sollen die Kennwerte eines solchen Nadelholzes (Kiefer der Güteklasse II) exemplarisch zur Orientierung genügen:
Kennwerte
Steifigkeit
E-Modul
längs tangential
10000 N/mm2 500 N/mm2
Druckfestigkeit
mD
II Faser Faser
20 N/mm2 5 N/mm2
Zugfestigkeit
mZ
II Faser Faser
20 N/mm2 0 N/mm2
Rohdichte
l
5,5 kN/m3
Wärmeleitzahl
h
0,15 W/mK
Wärmedehnzahl _
1 2 3 4 5 6 7 8
II Faser
4 · 10 -6 K-1
Mägdefrau (1951) Botanik, S. 66 f Nach Mägdefrau (1951) Nach Mägdefrau (1951) Nach Mägdefrau (1951) Nach Navi, Heger (2004) Combined Densification and ThermoHydro-Mechanical Processing of Wood Nach Mägdefrau (1951) Navi, Heger (2004) Nach Navi, Heger (2004)
DIN 4074: Sortierung von Holz nach der Tragfähigkeit Teil 1: 2012-06 Nadelschnittholz Teil 4: 2008-12 Nachweis der Eignung zur apparativ unterstützten Schnittholzsortierung Teil 5: 2008-12 Laubschnittholz
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
8.
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Geschichtliche Entwicklungsstufen......................... 286 Zusammensetzung .................................................. 286 Materialstruktur........................................................ 287 Klassifikation der Stähle ........................................... 288 Allgemeine Eigenschaften ....................................... 290 Fertigungsverfahren................................................. 292 6.1 Warmverformung ............................................. 292 6.2 Kaltverformung................................................. 293 6.3 Gießen .............................................................. 294 7. Mechanische Eigenschaften.................................... 295 8. Verformungsverhalten ............................................. 295 8.1 Lastunabhängige Verformung .......................... 295 8.2 Lastabhängige Verformung .............................. 296 9. Konstruktive Folgerungen ........................................ 297 10.Zusammenfassung .................................................. 301 11.Kennwerte ................................................................ 301 Anmerkungen................................................................ 302 Normen und Richtlinien ................................................ 302
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_16
286
1.
IV Stoffe
Geschichtliche Entwicklungsstufen
1 Antiker Rennbetrieb in Ägypten
2 Luppe
siehe auch Kap. V-3, 1. Geschichte der Herstellung von Eisen- und Stahlprodukten, S. 410
2.
Zusammensetzung
Eisen ist als Vorgänger und Grundmetall des Stahls etwa im 2. Jahrtausend v. Chr. entstanden und löste das wesentlich weichere Metall Bronze ab. Das schmiedbare Eisen wurde aus Roheisen gewonnen, das im Rennofen unter Einwirkung eines Holzkohlefeuers und eines Luftstroms in seinem Carbon-Gehalt reduziert und damit in seinen Eigenschaften verbessert wurde ( 1). Es entstand ein fester bis teigiger, stark verunreinigter Eisenklumpen, in der Fachsprache die Luppe ( 2), die anschließend durch Schmieden von anhaftenden Schlacken befreit und weiterverarbeitet oder ausgeschmiedet wurde (direktes Verfahren). Es waren nur verhältnismäßig kleine Teile realisierbar. Dieses frühe Eisen enthielt einen relativ hohen Anteil an Kohlenstoff und war entsprechend spröde und schwer schmiedbar. Der Herstellungsprozess war arbeitsaufwendig und mit hohem Energieverbrauch (Verbrennen von Holzkohle) verbunden. Eisenteile wurden deshalb lange Zeit nur in Form hochwertiger und teurer Gebrauchsgegenstände oder Waffen verwendet und waren im Bauwesen, abgesehen von kleineren Beschlagsoder Fügeteilen, kaum in Gebrauch. Um 1300 n. Chr. gelang zum erstenmal die Erzeugung von Schmiedeeisen im indirekten Verfahren durch Schmelzen von Roheisen im Hochofen – auf rund 7 m erhöhte Schachtöfen – und anschließendem Befreien von unerwünschten Begleitstoffen im Frischherd. Seit 1500 war auch die Herstellung größerer Teile wie Glocken möglich. Im 18. und 19. Jh. vollzog sich eine rasche technische Weiterentwicklung der Hüttentechnik, die es erlaubte, immer effizientere Verfahren des Frischens, also der Steuerung des Gehalts an Zusatzstoffen wie Kohlenstoff, Mangan, Silicium, Phosphor im Stahl unter Sauerstoffzufuhr, anzuwenden. Moderne großtechnische Verhüttung erlaubte seit dem 19. Jh. die Herstellung immer größerer Werkstücke sowie die gezielte Steuerung von Materialeigenschaften durch spezielle Legierungen oder geeignete Nachbehandlung (Sekundärmetallurgie). Stahl hielt etwa in der zweiten Hälfte des 19. Jh., durch Übernahme der zunächst für Eisenbahnschienen entwickelten Walzprofile, Einzug in das Bauwesen. Es erlaubte zum erstenmal in der Baugeschichte, Zugkräfte in bautypischer Größenordnung aufzunehmen. Stahl ist ein metallischer Werkstoff aus einer Legierung von Eisen (Fe) als Grundmetall und Kohlenstoff (C) mit einem Anteil unter 2%. Eisen mit höherem Kohlenstoffgehalt gilt als Roheisen (3 bis 4% C) oder wird zu Gusseisen (2,5% C) verarbeitet. Reine Legierungen von Eisen und Kohlenstoff werden als unlegierte Stähle bezeichnet. Um spezifische Eigenschaften zu steuern, können auch Zusätze wie Silicium, Chrom, Nickel, Molybdän, Kupfer hinzukommen; man spricht dann von legierten Stählen.1
6 Stahl
Wie bei allen metallischen Stoffen, beruht der Stoffzusammenhalt bei Stahl auf der charakteristischen metallischen Atombindung, bei der die positiv geladenen Atomrümpfe ihre freien Elektronen abgeben, die sich dann in den Zwischenräumen des kristallinen Raumgitters frei bewegen (Elektronengas). Die ungerichtete Atombindung im Elektronengas erzeugt ein extrem dicht gepacktes Raumgitter, eine dichtestmögliche Kugelpackung, und ist die Ursache der hohen Festigkeit von Stahl, die von kaum einem anderen Werkstoff, und gewiss nicht von einem heute allgemein praxistauglichen, überboten wird. Die modellhafte Vorstellung des Elektronengases erklärt ihrerseits beim Stahl: 2
287
Materialstruktur
• seine elektrische Leitfähigkeit; • seine hohe Wärmeleitfähigkeit – abzulesen an der hohen Wärmeleitzahl bzw. dem h-Wert von rund 60 W/mK, im Vergleich zu Beton mit rund 2 W/mK oder Holz mit rund 0,15 W/mK; • seinen metalltypischen Glanz • sowie auch die vergleichsweise leichte Abspaltbarkeit von Elektronen an seiner Grenzfläche unter Einwirkung gewisser reaktionsfreudiger Stoffe wie Sauerstoff, Schwefel oder Chlor, die zu einer elektrochemischen (elektrolytischen) Korrosion und damit zu einem gefährlichen Zersetzungsprozess des Stahls führen können. Die kristalline Molekularstruktur von Stahl lässt sich für technische Zwecke auf vielerlei Art gezielt verändern, sodass sich spezifische Eigenschaften oder Kombinationen derselben erzielen lassen. In das Kristallgitter durch Legieren eingelagerte Fremdatome wie beispielsweise der in verschiedenen Graden im Stahl stets vorhandene, in den Zwischengitterräumen eingelagerte Kohlenstoff C (Einlagerungsmischkristall) beeinflussen die Eigenschaften des Werkstoffs tiefgreifend ( 3). Kohlenstoff behindert das freie Gleiten im Raumgitter durch Verkrallen der Gleitebenen und macht den Stahl spröde.3 Eingelagerte Chrom- und Nickelatome machen den Stahl reaktionsträge gegenüber Korrosionsangriff (Substitutionsmischkristalle bei Edelstählen). Das übergeordnete Stoffgefüge in Form eines zunächst regellosen Haufwerks aus Kristalliten bestimmt ebenfalls die Stoffeigenschaften des Stahls maßgeblich. Ein langsames Abkühlen der Stahlschmelze erlaubt das Anwachsen vergleichsweise großer Kristallite, was zu spröden Stählen führt. Rasches Abkühlen der Schmelze unterbricht das Kristallwachstum frühzeitig und erzeugt kleinere Kristallite und folglich ein feinkörniges Gefüge mit hoher Festigkeit.4 Kristallite lassen sich durch Kneten wie beim Walzen
Kap. VI-6 Dauerhaftigkeit, S. 762
Kap. IV-1, Abschn. 8.1 Kristalle, S. 198
3 Fe-Kristallgitter von Stahl mit eingelagerten C-Atomen (Einlagerungsmischkristall)
3.
288
IV Stoffe
4 Auswalzen von Stahlbrammen
Abschn. 8.2 Lastabhängige Verformungen, S. 296
4.
Klassifikation der Stähle Abschn. 2. Zusammensetzung, S. 286
5 Rohrwalzwerk
6 Kristallgefüge von Stahl vor (oben) und nach (unten) dem Ausziehen durch Walzen oder Strecken 6
(Warmverformung) ( 4, 5 ) oder auch durch Recken (Kaltverformung) aus ihrer anfänglich annähernd kugeligen Form in eine ausgerichtete, längliche überführen (Faser- oder primäre Säulenstruktur 5), sodass die Korngrenzflächen in Walz- oder Streckrichtung, und somit die Festigkeit in dieser Richtung, deutlich vergrößert werden ( 6). Gleichzeitig schließt dieser Vorgang eventuell vorhandene Hohlräume. Auch das Vorrecken, das im Stahl gezielt einen Gleitvorgang bis kurz vor dem gegenseitigen Blockieren der Versetzungsebenen herbeiführt, verändert die Kristallstruktur des Stahls und führt zu einer Erhöhung der Festigkeit des Werkstoffs. Dies hat aber aufgrund der dadurch bereits aufgebrauchten Fließfähigkeit des Stahls die Aufgabe seiner Duktilität oder Zähigkeit zur Folge. Vorgereckte Stähle sind zwar hochfest, aber spröde. Die gezielte Veränderung der Kristallstruktur zur Schaffung spezifischer Gefügetexturen kann durch erneutes Glühen, wodurch der Stahl wieder in warmplastischen Zustand gerät, wieder rückgängig gemacht werden. Es erfolgt eine Umkristallisation, sodass aufgebaute interne Spannungen abgebaut werden und ein neues, spannungsfreies Stoffgefüge entsteht.7 Auch ein Abschrecken, also ein schlagartiges Abkühlen des rotglühenden Stahls im Wasserbad, führt zu besonderen kristallinen Formungsprozessen und zu einer Erhöhung der Stahlhärte bis auf das Dreifache des Normalwerts.8 Dieser Effekt ist vor allem auf die erhöhte Ausscheidung freien Kohlenstoffs zurückzuführen, der sich mit dem Eisen unter diesen Voraussetzungen zum außerordentlich harten Martensit verbindet. Diesen allerdings sehr spröden Stählen kann anschließend durch Erwärmen, das sogenannte Anlassen, graduell steuerbar wieder Elastizität und Zähigkeit verliehen werden.9 Neben der bereits erwähnten Unterteilung in unlegierte (reine Fe-C-Legierungen) und legierte Stähle (Chromstahl, Manganstahl, Nickelstahl) unterscheidet die DIN EN 1002089 bezüglich ihrer Güte folgende Gruppen:10
6 Stahl
289
• Grundstähle: unlegierte Stähle, keine besonderen Zusatzmaßnahmen bei der Herstellung; • Qualitätsstähle: legierte und unlegierte Stähle. Steuerung der Eigenschaften wie Oberfläche, Gefüge, Zähigkeit. Beispiele: Baustahl, Schienenstahl; • Edelstähle: legierte und unlegierte Sorten aus speziellen Herstellungsverfahren mit höherer Reinheit. Beispiele: Werkzeugstahl, nichtrostender Stahl. Hinsichtlich des Herstellungsverfahrens unterscheidet die Norm diverses Halbzeug und Walzstahlerzeugnisse:
Abschn. 6. Fertigungsverfahren, S. 292, sowie Kap. V-3 Stahlprodukte, S. 412
• Bandstahl
DIN EN 10079
• Breitflachstahl • Stabstahl • Stahlblech • Formstahl • Profilstahl • Walzdraht Es sind auch Klassifizierungen gebräuchlich, die sich nach der Anwendung der Stähle richten wie insbesondere: • Baustahl; wichtigste Stahlsorte für den Hochbau; herkömmlicher duktiler Stahl ( 7);
Abschn. 7. Mechanische Eigenschaften, S. 295
• Betonstahl für Bewehrung des Stahlbetons; gereckte Stabstähle mit geeigneter Profilierung ( 8);
Kap. IV-7 Bewehrter Beton, S. 304
• Federstahl; • Werkzeugstahl.
7 Zur Weiterverarbeitung vorbereiteter Baustahl (Brammen)
8 Betonstabstahl
290
5.
IV Stoffe
Allgemeine Eigenschaften
9 Stahl unter Druck (Mast) und Zug (Seile)
Abschn. 8. Verformungsverhalten, S. 295
Kap. VI-6 Dauerhaftigkeit, S. 762
Stahl zeichnet sich als der praktisch einzige metallische Werkstoff für Primärtragwerke gegenüber anderen Materialien durch seine große Härte, hohe Rohdichte, und außerordentlich große Festigkeit aus, die diejenige anderer Werkstoffe bei weitem übertrifft. Die meisten im Bauwesen eingesetzten Stähle sind zähfeste Sorten wie der herkömmliche Baustahl, die unter großer Belastung vor dem Versagen deutlichen Fließverformungen unterworfen sind. Die hervorragenden mechanischen Eigenschaften dieses Werkstoffs erlauben extrem schlanke und feingliedrige Bauteile, die als Zugglieder die volle Stärke des Materials ausspielen. Als Druckglieder sind sie hingegen, gerade wegen ihrer Schlankheit, erhöhter Knickgefahr ausgesetzt und können folglich nie bis an die eigentliche Bruchgrenze belastet werden ( 9). Trotz hoher Rohdichte (etwa dreimal so groß wie Normalbeton) ist Stahl im Hochbau kaum als thermische Speichermasse nutzbar, da sein Masseanteil an der Konstruktion aufgrund der extremen Schlankheit von Stahltragwerken sehr gering ist. Er zeichnet sich andererseits durch das außerordentlich günstige Verhältnis zwischen aufnehmbarer Last und Eigengewicht aus. Stahlbau gilt infolgedessen als Leichtbau. Stahl ist beispielsweise im Vergleich zu Holz verhältnismäßig schwer zu bearbeiten und erfordert maschinelle Werkzeuge. Es lässt sich dafür mit sehr hoher Präzision verarbeiten, insbesondere durch fräsende oder spanabhebende Techniken. Während die bauüblichen Toleranzen bei konkurrierenden Werkstoffen teilweise im Zentimeterbereich liegen, kann Stahl auch bei größeren Teilen mit Millimeterpräzision verarbeitet werden. Diese hervorragende Eigenschaft leitet sich auch von seiner extrem hohen Formstabilität ab. Der Konstrukteur darf nie vergessen, dass Stahl ein technisches Kunstprodukt ist, das aus Eisenoxiden der Erdrinde gewonnen und unter nicht unbeträchtlichem Energieeinsatz zu einem hochspezialisierten Werkstoff verarbeitet wird. Stahl zeigt aber während seiner Lebenszeit die deutliche und gefährliche Tendenz, wieder in den Zustand des Eisenoxids zurückzukehren, und zwar durch den Prozess der Korrosion. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Stahl nur unwesentlich vom organischen Werkstoff Holz, der ähnliche Neigung zeigt, sich unter Umwelteinflüssen zu zersetzen. Es ist eine der Hauptaufgaben des Planers sowie auch des späteren Betreibers des Stahlbauwerks, diesen Prozess zu verhindern oder auf ein Minimum zu reduzieren. Der Planer muss beispielsweise dafür sorgen, dass: • Wasser so rasch wie möglich von exponierten Stahlflächen abgeführt wird (konstruktiver Korrosionsschutz); • Wasser nicht kapillar in Fugen eingezogen werden kann; • eine möglichst geringe Oberfläche der Witterung ausgesetzt ist. Bei Verbindungen zeigt diesbezüglich die
6 Stahl
291
Schweißtechnik deutliche Vorzüge gegenüber der Verschraubung; • keine unzugänglichen Stellen entstehen, die weder kontrolliert noch gewartet werden können; • geeignete Beschichtungen den Stahl vor Witterungsangriff schützen. Die, gegenüber anderen Baumetallen wie Aluminium, hohe Korrosionsanfälligkeit sowie auch die hohe Wärmeleitfähigkeit von Stahl – nichtrostender Stahl leitet Wärme nur unwesentlich schlechter als Baustahl – führt dazu, dass dieser Werkstoff nur bedingt für Hüllkonstruktionen eingesetzt werden kann. Des weiteren wird Stahl nachgesagt, dass der aufgrund raumeinhüllender Stahlflächen oder -netze – wie bei Bewehrungen – entstehende Faradaysche Käfig die elektromagnetische Erdstrahlung abschirme und deshalb gesundheitlich schädliche Wirkungen zeige. Diese Behauptung ist jedoch bis heute nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Ferner ist Stahl sehr empfindlich gegen Brandeinwirkung. Bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen (rund 700°C) lockert sich das Kristallgefüge und der Stahl wird weichplastisch ( 10). Die Effekte hoher Temperaturen lassen sich im Brandfall durch die Verwendung von Verbundkonstruktionen (kühlende Wirkung der Betonteile) oder durch Feuerschutzanstriche mildern (dämmende Wirkung des unter Brandeinwirkung aufschäumenden Anstrichs). Ein zuverlässiger Brandschutz jenseits von Feuerwiderstandsdauern von 120 Minuten lässt sich indessen nur durch aufwendige Verkleidungen der Stahlbauteile sicherstellen. Wenngleich Stahl bei hohen Temperaturen als amorphe Schmelze mit Einschränkungen knetbar ist, kann dennoch nicht von einem frei formbaren Werkstoff wie bei Beton gesprochen werden. Stattdessen entstehen in großtechnischen Fertigungsprozessen streng genormte halbfertige Industrieprodukte, auf die der Konstrukteur bei seiner Arbeit heute noch zurückzugreifen hat. Nur langsam halten neue Fertigungstechniken, die eine stärkere Individualisierung erlauben, in die Produktion von Stahlerzeugnissen Einzug. Beispielhaft hierfür sei der Gussstahl genannt. Zwar ist auch gegossener Stahl an verhältnismäßig enge Formeinschränkungen gebunden, die sich aus dem Form- und Gießprozess herleiten, doch lassen sich, bei entsprechend hohen Stückzahlen, Gussstahlteile auch mit komplexen, individualisierten Formen bei vertretbaren Kosten herstellen ( 11). Digitale Computersimulationen des Gießvorgangs erlauben ferner eine weitgehende fertigungstechnische Optimierung der Bauteilform. Für Bauzwecke wird Stahl heute handwerklich fast überhaupt nicht mehr verarbeitet, und wenn überhaupt, dann durch Weiterverarbeitung von industriellem Halbzeug
10 Stahlkonstruktion nach einem Brand
Kap. VI-5 Brandschutz, S. 716
11 Stahlgussteil
292
IV Stoffe
wie Profilstahl. Abschließend ist festzustellen, dass Stahl – ähnlich wie auch Holz – für den Einsatz in Primärtragwerken überwiegend in Gestalt stabförmiger Bauteile verbaut wird. Dies ergibt sich aus der Verarbeitung in Prozessen wie dem Walzen, Pressen oder Ziehen. Stahltragwerke sind folglich stets Stabwerke. Die aus der Fertigung hervorgehenden Querschnitte oder Profile sind aufgrund des Herstellungsverfahrens kontinuierlich entlang der Achse unverändert. Eine Ausnahme stellt Gussstahl dar, da es – mit Einschränkungen – eine freie Formgebung erlaubt. Flächig wird Stahl ausschließlich in extrem dünnen Blechen eingesetzt, die durch Faltung oder andere Maßnahmen versteift sind, wie beispielsweise Trapezbleche. Schwere Stahlplatten sind im Hochbau bis auf seltene Einzelfälle, bei denen es auf deren strahlenabschirmende Wirkung ankommt, so gut wie unbekannt. 6.
6.1
Fertigungsverfahren
Anders als bei konkurrierenden Werkstoffen, existieren bei Stahl verschiedene Fertigungs- oder Umformverfahren, die jeweils Produkte mit spezifischen geometrischen sowie teilweise auch materialtechnischen Merkmalen hervorbringen. Oftmals werden nach einem bestimmten Verfahren hergestellte Stahlprodukte auch für einen klar umrissenen Einsatzzweck verwendet. Diese Verfahren sollen im Folgenden aufgeführt werden:
Warmverformung
Man unterscheidet folgende Verfahren der Warmverformung: • Warmwalzen: Dies ist die wichtigste Art der Warmverformung von Stahl zur Herstellung von Bauprodukten ( 12). Generell sind 90% der Stahlerzeugnisse Warmwalzprodukte.11 Stahl wird warm ausgewalzt zu: •• Flacherzeugnissen wie Blechen und Bandstahl; •• Profilerzeugnissen wie Stabstahl und Formstahl;
12 Warmwalzen in einer Stranggussanlage
•• Hohlprofilerzeugnissen wie Rund- und Rechteckrohren. Das Warmwalzen erfolgt auf Walzstraßen, wo die rotglühenden Rohblöcke bei Temperaturen zwischen 900 und 1300°C in aufeinanderfolgenden Phasen oder Stichen mittels Walzen schrittweise in eine bestimmte Profilform geknetet werden; • Schmieden wie Freiform- oder Gesenkschmieden zur Herstellung geometrisch komplexerer Werkstücke ( 13). Der warme, weichplastische Stahl wird beim Schmieden geschlagen;
13 Freiformschmiedepresse
6 Stahl
14 Gesenkschmiedepresse
293
15 Bandverzinken von kaltgewalztem Feinblech
16 Kaltwalzen von Trapezblech
• Pressen im Strangpressverfahren erlaubt die Herstellung von stabförmigen Profilen mit besonderen Querschnitten ( 14). Der warme Rohling wird durch eine Matrize oder ein Werkstück gepresst. Axial durchgehende Hohlräume lassen sich mittels eines Dorns einarbeiten. Querschnitte von Strangpressprofilen aus Stahl lassen sich nicht mit der gleichen Freiheit gestalten wie Aluminiumprofile, weshalb sie eine eher untergeordnete Rolle spielen. Wie bereits der Bezeichnung entnehmbar, erfolgt die Umformung des Stahls bei der Kaltverformung bei wesentlich niedrigeren Temperaturen als bei der Warmverformung, und zwar im Bereich unter 400°C oder bei normaler Umgebungstemperatur. Man unterscheidet: • Kaltwalzen im Stahlwerk: Es werden Betonstähle, Blechprofile (wie für Spundwände) oder Ausgangsmaterial für das Ziehen von hochfesten Stahldrähten in Walzstraßen kalt geformt ( 15). Die Kaltverformung im Walzprozess hat ein Strecken oder Kaltrecken des Stahls zur Folge, das zur Steigerung der Festigkeit gezielt herbeigeführt wird (Kaltverfestigung); • Kaltprofilieren (bzw. Rollen) bei der nachträglichen Verarbeitung von Stahlerzeugnissen: Ausgangsmaterial sind üblicherweise Warmwalzprodukte wie Band, Blech oder Breitflachstahl ( 16). Feinblech oder Band wird, in einem dem Warmwalzen ähnlichen Prozess, durch schrittweises Umformen in einer Walzenstraße zu Profilen verarbeitet. Diese Kaltprofile sind zumeist schlanker und feingliedriger als Warmwalzprodukte. Sie sind u. a. an den rund ausgerollten Ecken erkennbar. Dort erfolgt in der Regel ein Strecken oder Fließen des Stahls, was zur lokalen Festigkeit beiträgt (Kaltverfestigung).12 Es ist – insbesondere im Vergleich zur Abkanttechnik - eine verhältnismäßig hohe Präzision realisierbar. Verwendung finden sie im Hochbau insbesondere im Stahlleichtbau oder im Fassadenbau; • Abkanten von Blechen oder Feinblechen. In Abkantpressen werden mit Hilfe eines Stempels und einer Gegenform
Kaltverformung
6.2
294
IV Stoffe
17 CNC-Abkantpresse
18 Tiefziehpresse
einzelne Abkantungen am Blech vorgenommen ( 17); Zugstange
Rohr
Ziehring
Ziehdorn
19 Rohrziehen (Schema)
6.3
Gießen
20 Stahlguss
Ziehzange
• Tiefziehen von Feinblechen: ebene Bleche werden mittels Druck in eine Negativform gepresst ( 18). Ähnlich wie bei den anderen Kaltumformprozessen fließt der Stahl in Teilbereichen, wo er besonders starken Verformungen durch den Tiefziehvorgang ausgesetzt ist. Dies ist von der jeweiligen Werkstückgeometrie abhängig. Es sind doppelt gekrümmte Formen realisierbar; • Ziehen von Drähten: In einem ersten Schritt werden sogenannte Knüppel auf einen kleinen Durchmesser von 6-8 mm warmgewalzt. Diese werden anschließend, ggf. in mehreren Zügen, durch Matrizen hindurch zu dünnerem Stahldraht gezogen ( 19). Die Kaltverformung hat ein Strecken des Materials zur Folge, was seine Festigkeit – allerdings auf Kosten der Zähigkeit – deutlich erhöht. Stahldrähte lassen sich zu Seilen weiterverarbeiten.13 Unlegierte und legierte Stähle werden in Formen zu komplexeren Geometrien gegossen. Anders als bei den meisten übrigen Fertigungsverfahren, ist man beim Gießen nicht auf lineare Formungsprozesse eingegrenzt, sondern kann grundsätzlich frei geformte Werkstücke herstellen ( 20). Gewisse Einschränkungen ergeben sich aus der Notwendigkeit einer guten Verteilung des Stahls in der Form sowie auch aus anderen prozesstechnischen Randbedingungen. Auch die Größe der realisierbaren Teile stößt an Grenzen. Im Gegensatz zum spröderen Gusseisen weisen Gussstähle ausgezeichnete Zugfestigkeiten auf. Gussstahlteile erlauben – zumindest lokal – eine Umsetzung des integralen Bauprinzips und ermöglichen es, komplexe zusammengesetzte Anschlusskonstruktionen dadurch zu umgehen, dass der Knoten integral aus einem einzigen Werkstück gegossen wird. Ein Anschluss an anstoßende Walzprofile ist durch Schweißen möglich. Es liegt auf der Hand, dass die verhältnismäßig hohen Formkosten bei steigenden Stückzahlen zunehmend ihre Bedeutung verlieren.
6 Stahl
Ähnlich wie Holz, das mit einigen Einschränkungen als duktil gelten kann, zählt Stahl zu den zähen oder zähfesten Werkstoffen. Seine zähe Materialcharakteristik liegt in seiner Fähigkeit zum Gleiten begründet. Stahl weist im Vergleich mit anderen Werkstoffen außerordentlich hohe Festigkeiten auf. Extrem hohe Festigkeitswerte müssen indessen durch die Aufgabe der Zähigkeit erkauft werden. Hochfeste Stähle sind folglich spröde. Normale Baustähle hingegen verhalten sich zäh oder duktil. Verschiedene Vergütungsverfahren erlauben eine deutliche Steigerung der Stahlfestigkeit:
295
Mechanische Eigenschaften
7.
Kap. IV-1, Abschn. 11.3.2 Lastabhängige plastische Verformungen > Gleiten, S. 225
Abschn. 3. Materialstruktur, S. 287 sowie 6. Fertigungsverfahren, S. 292
• Erhöhung des C-Gehalts bis zu 0,9% bei Stahldrähten; • Zugabe von Legierungsmaterialien (Silicium, Chrom, Molybdän); • gezielte Wärmebehandlung wie Abschrecken nach Glühen; • Kaltverformung wie Ziehen, Vorrecken. Stahl besitzt im Vergleich zu konkurrierenden Werkstoffen auch extrem hohe Steifigkeit (hoher E-Modul), d.h. er verformt sich im elastischen Bereich auch unter hoher Belastung nur wenig. Wie auch Holz weist Stahl ähnliche Druck- und Zugfestigkeit auf. Wie erwähnt, können Stahlbauteile jedoch ihre Druckfestigkeit wegen ihrer extremen Schlankheit aufgrund Knickgefahr im Regelfall nicht voll ausschöpfen. Aus diesem Grunde gelten zugbeanspruchte Konstruktionen als die eigentliche Domäne dieses Werkstoffs. Das Stoffgefüge von Stahl ist weitgehend isotrop. Durch bestimmte Umformverfahren wie Walzen oder Ziehen kann es indessen zu einer (manchmal planmäßigen) Ausrichtung der Kristallite kommen, was eine gewisse Anisotropie des Werkstoffs zur Folge hat. Die Festigkeit steigt in Walz- oder Ziehrichtung im Vergleich zur Querorientierung. Neben den unvermeidbaren Temperaturdehnungen, die bei Stahl in ähnlicher Größenordnung wie bei Beton anfallen, zeigt der Werkstoff auch ohne Belastung eine bemerkenswerte Formstabilität. Es sind keinerlei hygroskopische Verformungen zu beobachten. Schwankungen der Umgebungsfeuchte gegenüber verhält sich Stahl, was Verformungen betrifft, völlig indifferent. Es ist folglich auch kein Schwinden oder Quellen zu erwarten, Phänomene, mit denen sich der Konstrukteur bei den übrigen Werkstoffen für Primärtragwerke auseinanderzusetzen hat.
Abschn. 8.2 Lastabhängige Verformungen, S. 296 Abschn. 11. Kennwerte, S. 301 Abschn. 5. Allgemeine Eigenschaften, S. 290
Kap. IV-1, Abschn. 9.2 Metallische Stoffe, S. 214
Verformungsverhalten
8.
Lastunabhängige Verformungen
8.1
Abschn. 11. Kennwerte, S. 301
296
8.2
IV Stoffe
Lastabhängige Verformungen
Das Verformungsverhalten von normalem Baustahl (S 235) unter Last ist dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm ( 21) entnehmbar. Danach zeigt der Werkstoff bei anfänglicher Belastung einen steilen, annähernd geraden Verlauf. Dies ist im sogenannten elastischen Bereich zu beobachten, wo Stahl sich gemäß dem Hookeschen Gesetz proportional zur Belastung dehnt, sich also elastisch verformt. Die steile Neigung dieses Kurvensegments ist Ausdruck der großen Steifigkeit, also des hohen Elastizitätsmoduls E. Nach der Proportionalitätsgrenze P herrscht keine strenge Proportionalität mehr zwischen m und ¡, bis zur Elastizitätsgrenze E ist das Verhalten indessen noch als weitgehend elastisch zu bezeichnen. σ in N/mm2 400
B
σB plastischer Bereich
Z 300
F 200 elastischer Bereich
ε (-)
S
E P
100
0 5
21 Spannungs-Dehnungs-Diagramm von Baustahl (S 235) P E F S B Z
Proportionalitätsgrenze Elastizitätsgrenze Fließgrenze Streckgrenze Bruchgrenze Zerreißgrenze
10
15
20 ε in %
σ (-)
σ hochfester Stahl
Baustahl
ε
22 Spannungs-Dehnungs-Diagramme von Baustahl und von kaltverformtem hochfestem Stahl. Bei Letzterem fehlt der charakteristische Sattel des Fließbereichs.
Nach Überschreiten dieses Werts ist die Streckgrenze S erreicht. Ab diesem Punkt beginnt das Material zu fließen. Dabei können keine höheren Lasten aufgenommen werden, während die Dehnungen indessen mit unregelmäßigem Verlauf zunehmen. Dies setzt sich bis zur Fließgrenze F fort. Hier setzen sich Gleitvorgänge im Stoffgefüge in Gang, bei denen die einzelnen Kristallite entlang diverser Versetzungsebenen gleiten. Es entstehen deutlich feststellbare Verformungen. Ab der Fließgrenze F beginnt das Material, sich erneut zu verfestigen. Es lassen sich wieder größere Spannungen aufnehmen, die aber – anders als im elastischen Bereich – auch beträchtliche Verformungen nach sich ziehen. Die Gleitvorgänge im kristallinen Gefüge können sich nicht mehr frei entfalten, da die Versetzungsebenen an die Korngrenzen stoßen, wo sie sich mit denen benachbarter Kristallite blockieren (Versetzungsblockierung). Die behinderte Gleitung äußert sich in einer Verfestigung des Werkstoffs. Zuletzt ist bei der Bruchgrenze B die maximal aufnehmbare Spannung, die Bruchspannung mB erreicht: das Material bricht lokal auf, was insgesamt zu einer Verminderung seiner Festigkeit führt. Der Zusammenhalt des Kristallgit-
6 Stahl
297
ters ist stellenweise zerstört. Es können, trotz steigender Dehnungen, nur mehr zunehmend geringere Spannungen aufgenommen werden. Schließlich zerreißt die Probe an der Zerreißgrenze Z. Wie in 22 gezeigt, eliminiert ein Vorrecken den elastischen und den Fließbereich dieser Kurve, was die anfänglich nutzbare Festigkeit des Werkstoffs zwar erhöht, aber auch seine Fließfähigkeit erkennbar mindert. Auch andere hochfeste Stähle zeigen diesen typischen Diagrammverlauf ohne den für das Fließen charakteristischen Sattel. Aus dem bisher Festgestellten lassen sich zum Zweck einer anfänglichen Orientierung einige grundsätzliche Eigenheiten des Werkstoffs Stahl in konstruktiver Hinsicht herleiten: • ein Werkstoff ist nur so leistungsfähig wie er es an seiner schwächsten Stelle ist. Hinsichtlich der Kraftleitung ist die schwächste Stelle nahezu ausnahmslos der Anschluss zwischen zwei Bauteilen ( 23). Die fundamentale Problematik der Kraftleitung an einer Fügung wird woanders angesprochen. Eine Fügung im Stahlbau ist nach dem integralen Bauprinzip nur auf Bauteilebene ( 24), nicht hingegen auf Tragwerksebene realisierbar. Hier sind Fügungen nur nach dem integrierenden oder Differenzialprinzip realisierbar. Im Einzelnen:
Konstruktive Folgerungen
Band 3, Kap. XII Verbindungen
•• Nieten: punktuelle Verbindung zweier Stahlteile mit einem begrenzten Vorspanneffekt (Differenzialprinzip) ( 25). Heute weitestgehend ungebräuchlich;
Band 3, Kap. XII-5 An-, Einpressen
•• Schrauben: punktuelle Verbindung zweier Stahlteile nach dem Differenzialprinzip, ggf. auch mit Vorspanneffekt ( 26);
Band 3, Kap. XII-5 An-, Einpressen
23 Schwächung des Querschnitts an einer Verbindung: Axialkräfte im Diagonalstab können bei einer SLVerbindung nur an der Lochwandung der beiden Nietverbindungen übertragen werden.
24 Vergleichbarer Knoten wie in 23 in Gussstahl. Keine Querschnittsschwächung an der Verbindung bei Integralbauweise.
25 Nietrohlinge und zu verbindende Bleche (Schauobjekt)
9.
298
IV Stoffe
26 Schraube mit Mutter
Band 3, Kap. XII-8 Fügen durch Stoffvereinigen
29 Geschweißter Stumpfstoß von Rohren
Kap. IV-5, Abschn. 6. Konstruktive Folgerungen, S. 281
27 Schweißen: Querschnitt einer Doppel-HY-Naht
28 Aus Blechen zusammengeschweißte Konstruktion
•• Schweißen: Verbindung nach dem integrierenden Prinzip. Der Werkstoff wird lokal durch Erhitzen plastifiziert und unter Beigabe von Schweißmaterial mit dem des anschließenden Teils verbunden ( 27). Schweißen ist die bevorzugte Verbindungstechnik für Werksverbindungen unter kontrollierbaren Bedingungen. Einzelteile werden im Werk zu komplexeren Bauteilen im Regelfall geschweißt ( 28, 29). Trotz sehr gleichmäßiger Kraftleitung führen viele Schweißverbindungen dennoch zu einer gewissen Verringerung des kraftleitenden Querschnitts und damit zu einer gewissen Schwächung des Anschlusses, es sei denn es erfolgt ein Durchschweißen des gesamten Querschnitts. Gleiches gilt naturgemäß für Baustellenschweißungen. Wesentlich gravierender ist die Querschnittsschwächung indessen bei den heute für Montageverbindungen (zumindest im Hochbau) üblichen Verbindungen nach dem Differenzialprinzip, wie beispielsweise Verschraubungen. Lokale Spannungskonzentrationen sind dabei nahezu unvermeidbar. Bauteile müssen oftmals nicht nach ihrer Hauptbeanspruchung, sondern nach den Verhältnissen am Anschluss dimensioniert werden. Für Stahl bedeutet dies, dass Einschränkungen seiner ansonsten exzellenten Festigkeit nicht allein wegen der extremen Schlankheit von Stahlbauteilen, sondern (zusätzlich) auch wegen der fast unumgänglichen differenzialen Fügung derselben hingenommen werden müssen. In diesem Punkt ähnelt Stahl wiederum dem anderen zähfesten Werkstoff Holz; • die so charakteristische Zähigkeit des Baustahls erlaubt, lokale Spannungskonzentrationen, beispielsweise an differenzialen Fügungen wie Verschraubungen, durch plastische Fließverformung abzubauen. Es findet dann eine Umlagerung dieser Spannungen statt sowie auch eine Verfestigung der überbeanspruchten Stelle ( 30). Vor einem möglichen Versagen kündigen deutliche plastische Verformungen diesen gefährlichen Zustand rechtzeitig an.
6 Stahl
299
A σz max σz σz max A
30 Kerbwirkung an der Einschnürung eines zugbeanspruchten Profils. Die Umleitung der Hauptspannungstrajektorien im Schnitt A-A erzeugt lokale Spannungsspitzen mZmax an der Kerbe, die zu einem Fließen des Stahls führen können. Bei duktilem Stahl findet eine Umlagerung der Spannungen und eine Entlastung statt. 31 Horizontalausteifung durch Dreiecksverband
32 Horizontalaussteifung durch Rahmen 33 Horizontalaussteifung durch Kern
Man kann die Duktilität des Baustahls mit Berechtigung als ein Zeichen seines gutmütigen Verhaltens im baulichen Einsatz werten; • wie erwähnt, sind Stahltragwerke im Hochbau grundsätzlich Stabwerke. Damit stellt sich die Frage, welche Zusatzmaßnahmen für die Aussteifung gegen Horizontallasten getroffen werden müssen, die in gleichsam systembedingter Ermangelung vollwandiger Scheiben (wie etwa beim Mauerwerksbau vorhanden) zumeist unumgänglich sind. Üblich sind: •• Ausbildung von Ersatzscheiben in Form von Dreiecksverbänden (Diagonalverbände, Fachwerke) ( 31); •• Ausbildung von Rahmenkonstruktionen ( 32); •• Anbindung des Stabtragwerks an feste Kerne in Massivbauweise ( 33). Auch Einspannungen in das Fundament sind grundsätzlich möglich, doch werden sie im Stahlhochbau häufig (insbesondere wenn bewittert) umgangen, z.B. um Korrosion zu verhindern;
Abschn. 5. Allgemeine Eigenschaften, S. 290
300
IV Stoffe
34 Fachwerkkonstruktion von Brückenpylon und Fahrbahn
Abschn. 5. Allgemeine Eigenschaften, S. 177
• die gute kombinierte Druck- und Zugfestigkeit prädestiniert Stahlbauteile für die gleichzeitige, bzw. wechselnde Beanspruchung durch Druck- und Zugspannungen. Dies tritt vornehmlich bei Biegebeanspruchung (Biegezug-/ Biegedruckspannungen) ein. Insbesondere bei durchlaufenden Querschnitten – wie bei Mehrfeldträgern aus Walzstahl –, die aus fertigungstechnischen Gründen stahltypisch sind, macht sich diese Eigenschaft positiv bemerkbar. Aber erst bei Fachwerkkonstruktionen kommt dieser Vorzug des Stahls wirklich zur Geltung, da dort die Beanspruchungen umgewandelt werden in ein räumliches Arrangement jeweils reiner axialer Druck- oder Zugkräfte, die sich stets einem Stab des gleichen Materials Stahl zuweisen lassen ( 34). Auch in diesem Punkt ist Holz dem Stahl vergleichbar, wenngleich es im Schlankheitsgrad nicht mithalten kann; • es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Stahl insbesondere bei zugbeanspruchten Konstruktionen seine Stärken auszuspielen vermag ( 35). Seile aus hochfesten Stählen sind die Grundlage für den Bau der gegenwärtig am weitesten spannenden Konstruktionen, wie die derzeit größte Hängebrücke Akashi Kaikyo mit 1990 m Spannweite;
36 Versteifende Stegbleche an einer biegesteifen Rahmenecke
• beim Konstruieren mit Stahl ist man stärker als bei konkurrierenden Werkstoffen auf eine vergleichsweise schmale Palette industrieller halbfertiger Produkte (Halbzeug) begrenzt. Dies gilt für Profilmaterial genauso wie für Trapezbleche oder auch Seile. Im Wesentlichen schneidet sich der Konstrukteur gleichsam Standardmaterial aus dem Katalog für seine Zwecke zurecht, setzt es zu geeigneten Bauteilen zusammen und verbindet diese letztlich zum Tragwerk. Die für Verbindungen erforderlichen Anschlussflächen, die sich nicht bereits aus der Bauteil- bzw. Profilgeometrie ergeben, werden beim Gestalten von Knotenpunkten zumeist durch werkseitiges Anschweißen von Blechen erzeugt (Anschlusslaschen, Kopf- oder Fußbleche). Auch lokale Verstärkungen oder Versteifungen – wie beispielsweise Stegbleche bei I-Profilen – werden gewöhnlich aus verschweißten Blechen hergestellt ( 36). Wenngleich die Fertigungstechniken im Stahlwerk, die das Halbzeug hervorbringen, noch keinen wesentlichen Entwicklungsschritt hin zu einer Individualisierung vollzogen haben, so eröffnet doch zumindest die moderne Schneid- und Frästechnik dank CNC-Steuerung größere Gestaltungsspielräume und erlaubt präzisere Verarbeitung;
Kap. VI-6 Dauerhaftigkeit, S. 762
• Stahl ist durch geeignete, in einem ersten Schritt durch konstruktive Maßnahmen, zusätzlich auch durch adäquate Beschichtungen, sorgfältig vor Korrosion zu schützen;
35 Zugbeanspruchte Konstruktion
6 Stahl
301
• Stahl ist extrem brandgefährdet und kann ohne Zusatzmaßnahmen keine nennenswerte Feuerwiderstandsdauer garantieren. Ungeschützte Bauteile aus Stahl sind also als F 0 einzuordnen. Im Hochbau ist Stahl entweder mit Brandschutzanstrichen oder mit -verkleidungen zu versehen. Auch Verbundkonstruktionen aus Beton und Stahl können trotz ungeschützter Stahlbauteile akzeptables Brandverhalten aufweisen. Stahl ist ein zähfester Werkstoff, der in der Lage ist, Druck und Zug in vergleichbarem Umfang aufzunehmen. Unter diesem Gesichtspunkt ist er Holz sehr ähnlich, aber auch seine stabförmige Verarbeitung sowie seine verhältnismäßige Schwäche an den zumeist differenzialen Anschlusspunkten machen deutlich, wie nahe beide Werkstoffe in werkstofftechnischer und konstruktiver Sicht beieinanderliegen. Ferner sind sowohl Stahl als auch Holz in ihrem Stoffgefüge gegenüber Witterungseinfluss vergleichsweise instabil und neigen unter Bewitterung ohne entsprechende Gegenmaßnahmen zur langsamen Zersetzung. Anders als Holz ist Stahl indessen ein unverkennbar industriell geprägter Werkstoff, der sich für die handwerkliche Herstellung und Verarbeitung nur bedingt eignet. Die Festigkeiten, die gegenwärtig mit Stahlerzeugnissen zu verwirklichen sind, erreicht kein anderer heute gebräuchlicher Werkstoff. Das Verhältnis zwischen aufnehmbarer Last und Eigenlast ist exzellent (große Zerreißlänge). Trotz ihrer großen Festigkeit und Härte zeigen die im Hochbau weit verbreiteten Baustähle ein gutmütiges duktiles Verhalten, das auf ihre Gleit- bzw. Fließfähigkeit zurückzuführen ist. Drohendes Versagen kündigt sich durch deutlich erkennbare zähe Verformungen an. Kennwerte für Baustahl S 235: Steifigkeit
210 000 N/mm2
E-Modul
Druckfestigkeit mD
360 N/mm2
Zugfestigkeit
mZ
360 N/mm2
Rohdichte
l
78 kN/m3
Wärmeleitzahl
h
60 W/mK
Wärmedehnzahl _
12 · 10 -6 K-1
Kap. VI-5 Brandschutz, S. 716
Zusammenfassung
10.
Kennwerte
11.
302
IV Stoffe
Anmerkungen
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Vgl. DIN 10020-89; Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Stahl Krenkler (1980) Chemie des Bauwesens, S. 386 f Ebda S. 428 Althaus (1999) Fibel zum konstruktiven Entwerfen S. 132 f Nach Ullmann in Krenkler (1980), S. 429 Petersen (1994), S. 55 Krenkler (1980) S. 431 Ebda S. 431 Nach Römpp in Krenkler (1980), S. 433 Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Stw. Stahl Petersen (1994) Stahlbau, S. 28 Ebda S. 45 Ebda S. 713
Normen und Richtlinien DIN EN 10021: 2007-03 Allgemeine technische Lieferbedingungen für Stahlerzeugnisse DIN EN 10025: Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen Teil 1: 2011-04 Allgemeine technische Lieferbedingungen DIN EN 10027-1: Bezeichnungssysteme für Stähle Teil 1: 2017-01 Kurznamen Teil 2: 2015-07 Nummernsystem DIN EN 10079: 2007-06 Begriffsbestimmungen für Stahlerzeugnisse
1. Geschichtliche Entwicklungsstufen......................... 304 2. Mechanische Eigenschaften.................................... 305 3. Verformungsverhalten ............................................. 306 3.1 Lastunabhängige Verformung .......................... 307 3.2 Lastabhängige Verformung .............................. 307 4. Brandschutz ............................................................. 308 5. Dauerhaftigkeit......................................................... 308 6. Konstruktive Folgerungen ........................................ 309 7. Neue Entwicklungstendenzen im Betonbau ............310 7.1 Hochleistungsbeton (HLB) ................................311 7.1.1 Allgemeines ............................................311 7.1.2 Bestandteile von HLB .............................311 7.2 Faserbetone.......................................................313 7.2.1 Allgemeines ............................................313 7.2.2 Glasfasermodifizierter Beton (FMB) .......313 7.2.3 Glasfaserbeton (GFB) ..............................313 7.2.4 Textilbewehrter Beton.............................314 7.2.5 Stahlfaserbeton (SFB) .............................315 7.2.6 Kunststofffasermodifizierter Beton/ Faserbeton mit synthetischen organischen Fasern .................................316 7.3 Selbstverdichtender Beton (SVB)......................318 7.3.1 Gründe für zunehmenden Einsatz von SVB ...................................................318 7.3.2 Allgemeines ............................................319 7.3.3 Zusammensetzung..................................319 7.3.4 Anforderungen an die Verarbeitbarkeit ...319 7.3.5 Fließfähigkeit .......................................... 320 7.3.6 Viskosität ................................................ 320 7.3.7 Gefügestabilität ...................................... 320 7.3.8 Blockierneigung...................................... 320 7.3.9 Selbstentlüftungsfähigkeit ..................... 320 7.3.10 Selbstnivellierungsfähigkeit ....................321 7.3.11 Sichtbetoneignung ..................................321 7.3.12 Fertigteilbau mit SVB ..............................321 8. Zusammenfassung .................................................. 322 9. Kennwerte ................................................................ 322 Anmerkungen................................................................ 323 Normen und Richtlinien .................................................324
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_17
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG
304
1.
IV Stoffe
Geschichtliche Entwicklungsstufen
Kap. IV-4 Beton, S. 264
1 Flechtwand
Bewehrter Beton bzw. Stahlbeton ist kein Primärwerkstoff wie die bisher behandelten, sondern ein Verbundwerkstoff aus Beton und Stahl. Er soll wegen seiner außerordentlich großen aktuellen baulichen Bedeutung in diesem Kapitel dennoch näher beleuchtet werden. Der Gedanke, Faserwerkstoffe mit einer zunächst plastisch verarbeitbaren, daraufhin aushärtenden Matrix zu umgeben, liegt verschiedenen älteren Werkstoffen zugrunde, wie beispielsweise den strohbewehrten Lehmziegeln (Adobe) oder der lehmgefüllten Flechtwand aus Ruten ( 1).1 Technische Zielsetzung dieses Materialgemisches ist die Nutzung der sich jeweils gegenseitig ergänzenden Eigenschaften der beteiligten Materialien: Fasern übernehmen die Zugkräfte, die das brüchige Matrixmaterial alleine zum Reißen bringen würden, die Matrix ist druckfest – eine Eigenschaft, die den Fasern fehlt – und schützt ihrerseits das eingebettete Fasermaterial indem es dieses umgibt und vor äußeren Einflüssen abschirmt. Es ist bemerkenswert, dass Beton zwar in der römischen Antike zu hoher technischer Reife entwickelt wurde, der technologische Schritt hin zum bewehrten Beton – trotz Vorbilder in Form bewehrten Lehms – damals nicht vollzogen wurde, vermutlich weil keine für diesen Zweck geeigneten Zugfasern verfügbar waren. Der eigentliche Ursprung von bewehrtem Beton (zunächst Eisenbeton, später Stahlbeton) geht auf den Pariser Gärtner Joseph Monier zurück. Ihm wurde 1867 das erste Patent auf die Herstellung drahtbewehrter Blumenkübel aus Zement erteilt. Er bettete allerdings Drahtnetze wahllos im Beton ein, weil er die technischen Möglichkeiten des gezielten Verlegens der Bewehrung entlang der Zugspannungstrajektorien noch nicht erkannte. Dies geschah erst später durch die systematische und wissenschaftlich fundierte Arbeit seiner Lizenznehmer Wayss und Freitag.
7 Bewehrter Beton
305
Analog zu anderen Verbundwerkstoffen werden den Verbundpartnern Stahl und Beton jeweils spezifische Aufgaben zugewiesen: Hinsichtlich der Kraftleitung übernimmt:
Mechanische Eigenschaften
• der Beton die Aufnahme von Druckkräften; • der Stahl die Aufnahme von Zugkräften (2).
2 Hauptspannungstrajektorien in einem Biegebalken unter Gleichlast. Unten: Abdeckung der Zugkomponente durch Stabbewehrung BW. BW Stabbewehrung BT Beton
BW
z x
BT Zug
Druck
Obgleich die auch unter Druck sehr hohen Festigkeitswerte des Stahls grundsätzlich die Aufnahme hoher Druckbeanspruchungen erlauben, und zwar in gleicher Größenordnung wie Zugkräfte, so ist diese Fähigkeit durch die Knickgefahr der dünnen Bewehrungsstäbe dennoch stark eingeschränkt. Die Betonmatrix wirkt diesem Ausknicken zwar teilweise entgegen, die (wegen der dort konzentrierten Zugspannungen) zumeist im Randbereich des Bauteils angeordneten Stahleinlagen könnten indessen unter Druck dennoch ausknicken, da die dünne Betondeckung beim Ausweichen der Stäbe nach außen leicht abplatzt. Um dies zu verhindern, wird die Hauptbewehrung von einer Schlaufenbewehrung umgeben und festgebunden, um das Ausweichen der Stäbe zu verhindern ( 3, 4). Auf diese Weise lässt sich bei stark druckbeanspruchten Bauteilen wie Stützen, neben der Druckfestigkeit des Betons, auch die von Stahl aktivieren. Die Schlaufenbewehrung hindert auch den stark druckbeanspruchten Beton am Reißen oder Abplatzen und erhöht dadurch insgesamt seine Druckfestigkeit. Ferner verhindert sie als fein verteiltes Bewehrungsnetz das Entstehen größerer Risse, mit denen aufgrund der unvermeidbaren Schwindtendenz des Betons stets zu rechnen ist (Schwindbewehrung). Im Regelfall herrscht allerdings eine weitgehende Aufga-
3 Haupt- und Schlaufenbewehrung bei Querschnitten von Stahlbetonbauteilen
vgl. auch Band 2, Kap. X-5, Abschn.5. Bewehrungstechnik
4 Vorbereitete Bewehrungskörbe aus Haupt- und Schlaufenbewehrung
2.
306
IV Stoffe
5 Die Profilierung der Betonstähle sorgt für eine geeignete Verzahnung und somit für ausreichenden Verbund mit der Betonmatrix.
Kap. IV-6, Abschn. 8.2 Lastabhängige Verformungen, Spannungs-Dehnungs-Diagramm in 21, S. 296
6 Feine Zugrisse rechtwinklig zu den Hauptzugspannungstrajektorien an einem Stahlbetonbalken (vgl. 2)
1. 3.
Verformungsverhalten
Kap. IV-4 Beton, S. 264 sowie IV-6 Stahl, S. 286
ü ü
7 Betonüberdeckung von Stahleinlagen
benteilung wie beispielsweise bei biegebeanspruchten Bauteilen, bei denen Beton wie ein Druckgurt die Biegedruck-, Stahl wie ein Zuggurt die Biegezugspannungen aufnimmt. Die Schnittkräfte müssen innerhalb des Bauteils durch Reaktionskräfte neutralisiert werden, was entweder durch geeignete Verankerung der Stähle im Betonkörper geschieht (Schlaufen oder Haken am Stabende) oder – wie heute in der modernen Betontechnik üblich – durch Verbund zwischen dem Bewehrungsstab und der umgebenden Betonmatrix, also im Wesentlichen durch Formschluss zwischen beiden Verbundpartnern. Zu diesem Zweck erhalten die Betonstähle bei der Herstellung im Walzprozess eine Profilierung (5). Im zugbeanspruchten Bereich reißt der Beton wegen seiner Sprödigkeit schnell in Form dünner Haarrisse, wodurch die Zugkraft vom Beton auf die Stahleinlagen übertragen wird ( 6). Diese verhindern, dass die Risse unter Zugbeanspruchung breiter werden. Die Bewehrungsstäbe lassen sich im Betonkörper frei dem Verlauf der Zugspannungen im Bauteil nachführen. Hierfür werden sie zunächst nach Bedarf im Schalungsraum verlegt, in ihrer Lage hinreichend fixiert und anschließend während des Gießvorgangs mit Frischbeton umhüllt. Abstandshalter sorgen für einen Mindestabstand der Stäbe zur Schalhaut und somit für eine Mindestüberdeckung aus Beton ( 7). Stahlbeton vereinigt hervorragende Eigenschaften aus den beiden Werkstoffwelten der spröden und zähfesten Materialien in einem einzigen Verbundwerkstoff. Nachteile der einzelnen beteiligten Werkstoffe werden weitgehend ausgeschaltet (Sprödigkeit des Betons sowie Knicktendenz, Brandempfindlichkeit und Korrosionsanfälligkeit des Stahls), ihre Vorteile hingegen potenziert (höhere Druckfestigkeit des Betons durch Bewehrung, Sicherung der Zugfestigkeit des Stahls durch wirksamen Schutz). Dass der Verbund zwischen den Werkstoffen Beton und Stahl im baulichen Einsatz gut funktioniert, beweist seine Bewährung im täglichen Baubetrieb sowie die allgemeine Dominanz des Stahlbetons in unserem aktuellen Baugeschehen. Dennoch ist diese Tatsache keinesfalls von vornherein selbstverständlich, da – wie bereits festgestellt – zwei Werkstoffe mit teilweise stark divergierenden Eigenschaften, darunter auch in einigen Bereichen stark abweichendem Verformungsverhalten, beteiligt sind. Eine wesentliche Voraussetzung für das dauerhafte Bestehen der Verbundwirkung ist zunächst ein nicht allzu stark divergierendes Dehnungsverhalten von Beton und Stahl unter Temperaturschwankungen. Die Ausdehnungskoeffizienten beider Materialien sind – in der Tat, zufälligerweise – recht ähnlich: Beton Stahl
10 · 10 -6 K-1 12 · 10 -6 K-1
7 Bewehrter Beton
307
Dennoch bleiben grundlegende Differenzen im Verformungsverhalten der beiden beteiligten Werkstoffe, die zur Folge haben, dass die statische Verbundwirkung nicht ganz ohne interne Spannungen bleibt. Insbesondere das komplexe Verformungsverhalten des Betons (Schwinden, Kriechen) steht im Konflikt mit dem verhältnismäßig inerten des Stahls. Die internen Spannungen, die hieraus entstehen können, bleiben ohne größere Konsequenzen allein aufgrund der Gutmütigkeit und Duktilität der beiden beteiligten Materialien: Stahl vermag unter großer Belastung zu fließen. Beton weicht großen lokalen Beanspruchungen durch sein viskoelastisches Verhalten aus; er ist ferner fähig, kleinere Risse durch Rekristallisation wieder zu verschweißen, wenn sie nach Entlastung wieder zusammengepresst werden. Hinsichtlich lastunabhängiger Verformungen ist das Verhalten des Betons, nicht des Stahls, maßgeblich. Stahl verformt sich nämlich ohne Lasteinwirkung kaum. Insbesondere die Schwindtendenz des Betons muss bei der Planung sorgfältig berücksichtigt werden, so beispielsweise bei der Lagerung von Stahlbetonbauteilen mit dem Ziel, Zwängungen zu vermeiden, sowie auch bei der Bewehrung. Diese enthält eine fein verteilte Schlaufen- oder Mattenbewehrung (Schwindbewehrung), um die Rissbildung infolge Schwindens zu begrenzen, sowie auch um die Rissbreiten insgesamt gering zu halten.
Lastunabhängige Verformung
3.1
Für einen axial belasteten Stab gilt: Das Verformungsverhalten im Druckbereich entspricht im Wesentlichen dem des Betons. Im Zugbereich lassen sich die Verformungen bis zum Erreichen der Betonzugfestigkeit (fct) als elastisch annehmen. Nach Überschreiten von fct entstehen erste Risse im Beton, in welchen der Bewehrungsstahl den Lastanteil Fc des Betons zwangsläufig übernimmt. Die Beanspruchung des Stahls vergrößert sich infolgedessen an den Rissstellen im Beton. Je nach Bewehrungsgrad und E-Modul des Stahls und des Betons, bewegt sich der Faktor der ehöhten Beanspruchung zwischen 4 und 16fach – für einen durchschnittlichen Beton. Stahlbeton ist ein Verbundwerkstoff und lässt sich in seinem Verformungsverhalten nicht sinnvoll in einem Spannungs-Dehnungs-Diagramm darstellen, da es abhängig ist von der Beanspruchungsart und der betrachteten Richtung (AAnisotropie). Zudem weist Stahlbeton – über den Querschnitt verteilt – stark divergierende Materialeigenschaften auf. Für eine grobe Orientierung wird ein KraftDehnungsdiagramm herangezogen ( 8). Als Kraft wird hier diejenige Kraft erfasst, die auf den Gesamtquerschnitt wirkt. Die Dehnung ist über die gesamte Stablänge gemittelt. In Wirklichkeit ist die Dehnung in den Rissen größer als in rissfreien Bereichen.
Lastabhängige Verformung
3.2
308
IV Stoffe
F (+)
ε
ε
(–)
(+)
F (–)
8 Kraft- Dehnungsdiagramm von Stahlbeton
4.
Brandschutz Näheres in Kap. VI-5, Abschn. 10.2 Bauteile aus Stahlbeton, S. 730 Wärmeleitfähigkeit h= 2,1 W/mK
5.
Dauerhaftigkeit Kap. IV-1 Materie, Abschn. 9.1.2 Künstliches Gestein > hydraulische Bindemittel, S. 211 sowie Kap. VI-6, Abschn. 3.1 Carbonatisierung, S. 774
Beton schützt durch die Überdeckung der Stahleinlagen diese vor direkter Brandeinwirkung. Den Flammen ausgesetzte Bewehrungsstähle würden in kürzester Zeit versagen. Zusätzlich kühlt der Beton den Stahl, dank seiner großen Wärmespeicherkapazität infolge seiner großen Masse. Seine vergleichsweise niedrige Wärmeleitfähigkeit verhindert das schnelle Ausbreiten der Brandwärme im Bauteil. Insgesamt kann der Verbundwerkstoff Stahlbeton als, in brandschutztechnischer Hinsicht, idealer Werkstoff bezeichnet werden. Die statisch erforderlichen Querschnittsdimensionen gewährleisten bei Stahlbetonbauteilen in den meisten Fällen bereits Feuerbeständigkeit (F 90). Der Beton erfüllt mit der kompletten Überdeckung der Stahleinlagen eine wichtige Korrosionsschutzfunktion für die eingebetteten Stähle. Das sich im Betonkörper infolge der eingeschlossenen Restfeuchte (aus dem Anmachwasser) einstellende alkalische Milieu erzeugt auf der Stahloberfläche eine Passivschicht, die den Korrosionsprozess zum Stillstand bringt. Insbesondere die Carbonatisierung des Betons infolge Umwelteinflüssen bewirkt eine Neutralisierung des alkalischen Milieus und damit eine Aufhebung der Schutzwirkung. Als Folge davon setzt eine Korrosion der Stahleinlagen mit gefährlichen Folgen für die Konstruktion ein. Voraussetzung für einen wirksamen Schutz der Bewehrung ist die komplette und kontinuierliche Überdeckung des Stahls durch den Beton in ausreichender Stärke (früher 25 mm, heute 30 bis 40 mm). Die Beschädigung dieser Umhüllung kann zu ernsthaften Schäden an der Bewehrung führen.
7 Bewehrter Beton
Bereits hinsichtlich der Anordnung oder Verlegung der Bewehrung im Bauteilkörper ergeben sich für den Verbundwerkstoff Stahlbeton aus konstruktiver Sicht einige wichtige Regeln: • Stahleinlagen werden dort angeordnet, wo die größten Zugbeanspruchungen zu erwarten sind, und entlang dieser Beanspruchungen ausgerichtet. Bei hohen Lastkonzentrationen kann es zu großen Bewehrungsdichten kommen, sodass ggf. Stäbe auch in mehr als einer Lage zu verlegen sind ( 9). Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass genügend Raum zwischen den Stählen verbleibt, damit der Frischbeton sich verteilen und diese vollständig umhüllen kann. Ansonsten ist weder eine ausreichende Verbundwirkung noch ein wirksamer Korrosionsschutz gewährleistet;
309
Konstruktive Folgerungen
9 Bewehrter Querschnitt mit doppelter Bewehrungslage: schwierige Verdichtung des Frischbetons im Bereich der Zugbewehrung unten.
• grundsätzlich muss innerhalb von Bewehrungskörben noch ausreichend Platz für eine gute Betonverdichtung vorhanden sein. Dies bedeutet baupraktisch, dass genügend Raum für eine Rüttelflasche verbleiben muss ( 10); • wenngleich die Kraftflüsse im Bauteil in den seltensten Fällen streng geradlinig sind (vgl. Verlauf der Hauptspannungstrajektorien auf 8), werden die Stahlstäbe aus Rationalisierungsgründen dennoch bevorzugt in geraden Abschnitten – ggf. schräg abgekantet –, wenn möglich sogar in orthogonalem Raster verlegt. Schräg zur Bauteilachse verlaufende Spannungen – wie beispielsweise Schubspannungen infolge Querkräften – werden mittels orthogonal kreuzweise verlaufenden Stäben aufgenommen – Beispiel: Haupt- und Bügelbewehrung in einem Biegebalken;
Analogie zwischen orthogonalen Druck-/ Zugspannungen und diagonalen Schubspannungen (bzw. umgekehrte Ausrichtungen) in Kap. VI-2, Abschn. 2.6 Spannungen, S. 514
• ebenfalls aus Rationalisierungsgründen werden ebene flächige Bauteile mit Hilfe von vorgefertigten Bewehrungsmatten armiert ( 11).
Kap. IV-6, Abschn. 4. Klassifikation der Stähle > Betonstahl, S. 288
Andere Grundsätze der Betonbewehrung wurden bereits an anderer Stelle angesprochen. Ein fundamentaler Vorzug dieses Verbundwerkstoffs ist, dass – anders als bei allen anderen verfügbaren Werkstoffen – ein echtes integrales Bauprinzip auf Bauwerksebene verwirklicht werden kann, bei dem Fugen und Anschlüsse vollständig umgangen werden können. Dabei lassen sich im Bauteilquerschnitt – im Gegensatz zu anderen Bauweisen nach dem Integralprinzip – gleichzeitig Zug- und Druckbeanspruchungen aufnehmen.
10 Verdichten des Frisch- 11 Bewehrungsmatten betons mit Innenrüttler
Abschnitt 2. Mechanische Eigenschaften, S. 305
Kap. II-1, Abschn. 2.3 Gliederung nach konstruktiven Gesichtspunkten, 2.3.2 aus dem Bauprinzip, S. 34
6.
310
IV Stoffe
12 Betonschale (Arch.: Félix Candela)
Band 2, Kap. VII Herstellung von Flächen
7.
Neue Entwicklungstendenzen im Betonbau
Ferner ist Stahlbeton der einzige Werkstoff mit zähfesten Eigenschaften – die ihm der Stahl verleiht –, der sich zu fugenlosen flächigen Bauteilen verarbeiten lässt ( 12). Während Flächen mit anderen Werkstoffen durch mühsames Fügen von Band-, Stab- oder Bausteinmaterial zusammengesetzt werden müssen, lassen sich diese in Stahlbeton durch einfachen Verguss erzeugen. In den letzten Jahren haben sich im Betonbau grundlegende Änderungen vollzogen, die einer technischen Revolution nahekommen. Wesentliche Ziele dieses technologischen Wandels waren • die Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten von Beton; • die Reduzierung bzw. Vereinfachung arbeitsintensiver Herstellungsphasen (vor allem das Schalen und Bewehren); • das systematische Vermeiden von Fehlern bei der Ausführung; • die Erhöhung der Dauerhaftigkeit von Betonen. Als Beispiele für diese Entwicklung werden in den folgenden Abschnitten Hochleistungsbetone, Faserbetone und selbstverdichtende Betone behandelt. Dies sind die wichtigsten materialspezifischen Neuerungen im Betonbau. Weitere neue Entwicklungen, wie • die Herstellung von Halbfertigteilen mittels der Verbindung von CAD/CAM-Anwendungen, die wichtige Fortschritte bei der Herstellung komplexer Formen in Beton ermöglichte und eng mit neuen Schalungstechniken verbunden ist;
7 Bewehrter Beton
311
• die neuen Stahl-Beton- und Holz-Beton-Verbundtechniken; • neue Vorspannungstechniken oder • neue Oberflächengestaltungsmöglichkeiten sind gleichfalls zu beachten. Hochleistungsbetone sind das Ergebnis der Weiterentwicklung von traditionellem Normalbeton. Die wichtigste Festbetoneigenschaft, nämlich die Druckfestigkeit, wird auch zur Klassifizierung dieser Betonsorten verwendet. Das Ziel der Entwicklung von HLB war zunächst, die Druckfestigkeit über das in den 1970er Jahren erreichbare Maß von 60 bis 130 N/mm2 hinaus zu steigern. Diese neuen Betone wurden zunächst als hochfeste Betone bezeichnet. Heute findet in erster Linie der Begriff Hochleistungsbeton Verwendung. Die maximale Druckfestigkeit in einem spröden Mehrkomponentenwerkstoff wie dem HLB wird durch die schwächste Einzelkomponente bestimmt. Diese ist bei Normalbeton die Kontaktzone zwischen Zuschlag und Matrix. Hier sammeln sich vermehrt poröse Hydratationsprodukte, größere Poren und teilweise freies Wasser an. Einen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten solcher Störzonen hat der Wasserzementwert w/z. Um unerwünschtes Überschusswasser zu begrenzen, muss dieser auf einem vertretbaren Maß gehalten werden. Dabei steht die durch eine Rücknahme des w/z-Wertes hervorgerufene Gefügeverbesserung den Anforderungen an die Verarbeitbarkeit entgegen, d.h. der Beton wird spröde. Hochleistungsbeton in seiner heutigen praxisgerechten Konsistenz und Verarbeitbarkeitsdauer wurde erst durch den Einsatz von modernen hochreaktiven Fließmitteln ermöglicht. Durch die Verwendung von Fließmitteln wird die Viskosität des Zementleims abgemindert. Dies führt zu einer deutlichen Konsistenzverbesserung des Frischbetons, bei einer Senkung des w/z-Wertes unter 0,4 bei gleichzeitig guter Verarbeitbarkeit der HLB.
Hochleistungsbeton (HLB)
7.1
Allgemeines
7.1.1
Die gewünschte und notwendige Zusammensetzung des HLB lässt sich unter der Verwendung von entsprechenden Zusatzmitteln und Zusatzstoffen und unter Berücksichtigung des Bindemittelgehalts gezielt steuern. Der auf den Bindemittelwert bezogene Wassergehalt beeinflusst ganz wesentlich die Druckfestigkeit des abgebundenen und ausgehärteten Betons, der bei HLB bis auf 130 N/mm2 gesteigert werden kann. Neue ultrahochfeste Betone, sog. UHPC ( 13, 14), erreichen Festigkeiten von über 200 N/mm2.
Bestandteile von HLB
7.1.2
312
IV Stoffe
Puzzolanische Zusatzstoffe ergänzen das Kornband in der Matrix. Die Stärkung der eigentlichen Matrix erfolgt einerseits durch die Füllwirkung in den Zwischenräumen zwischen den Zementpartikeln und andererseits durch die puzzolanische Reaktion unter Bildung von zusätzlichen Hydratphasen. Die Zusatzstoffe Steinkohleflugasche (sfa) oder Silikastaub (sf= Silica Fume) haben ebenfalls hydraulische Eigenschaften. Die Druckfestigkeit wird deshalb nicht ausschließlich durch das Verhältnis zwischen Zugabewasser (w) und Zement (z) (w/z) bestimmt. Stattdessen besitzt das Verhältnis zwischen Wasser (w) und Bindemittel (b) (w/b) beim HLB eine entscheidende Bedeutung. Deshalb spricht man im Unterschied zum klassischen Beton beim Hochleistungsbeton von einem 5-Stoff-System 2 mit folgenden Hauptbestandteilen: 3
13 Materialmuster – ultrahochfester Feinbeton (UHPC) mit 6 mm langen Stahlfasern (Anteil 2 Vol.-%)
• Zuschlag: Zuschlagsgemische mit kleinerem Größtkorndurchmesser führen neben der besseren Verarbeitbarkeit auch zu einer Festigkeitssteigerung. Mit zunehmender Betondruckfestigkeit erhöhen sich auch die Anforderungen an die verwendeten Zuschläge. Für Betonfestigkeiten über 100 N/mm sind gebrochene Zuschläge wie Basalt–, Gabbro– oder Granitsplitt erforderlich. In Deutschland wurden bisher für die Herstellung von Hochleistungsbetonen der Festigkeitsklassen C 90/105 und C 100/115 zumeist Basaltsplitte verwendet; • Wasser: im Unterschied zum Normalbeton erfolgt die Einstellung der HLB zur Verarbeitung durch die Zugabe verflüssigender Zusatzmittel;
14 Materialmuster – ultrahochfester Faser-Feinkornbeton (UHFB) mit 6 mm langen Stahlfasern (Anteil 2 Vol.-%) und einem Wasser-Bindemittelwert (w/b) von 0,15
• Zement: aufgrund der guten Eigenschaften (Verarbeitung u. Festigkeitsentwicklung) haben sich vor allem Portlandzemente der Festigkeitsklassen CEM I 42,5 R und CEM I 52,5 R – bei Endfestigkeiten über 105 N/mm2 – durchgesetzt; • Zusatzstoffe: als Zusatzstoffe für Hochleistungsbetone kommen bisher Silikastaub, sowohl als Feststoff wie auch als Suspension, Steinkohleflugasche und Metakaolin zum Einsatz. In einigen Fällen werden Quarz- oder Kalksteinmehl verwendet, um die Dichtheit des Betons bzw. die Kornzusammensetzung zu verbessern; • Zusatzmittel: die Herstellung von praxisgerechten Hochleistungsbetonen wurde erst durch die Entwicklung von hochreaktiven, betonverflüssigenden Zusatzmitteln ermöglicht. Ohne Verwendung von Fließmitteln hat Hochleistungsbeton aufgrund der geringen Wasserzement– bzw. Wasserbindemittelwerte nur eine erdfeuchte Konsistenz.
7 Bewehrter Beton
Die Anwendungs- und Einsatzmöglichkeiten von Faserbetonwerkstoffen sind nicht neu. Noch heute sind diese Materialien insbesondere bei Architekten weitgehend unbekannt. Es sind hier folgende Unterscheidungen zu treffen:
313
Faserbetone
7.2
Allgemeines
7.2.1
Glasfasermodifizierter Beton ist Beton nach DIN 1045, dem textile AR-Glasfasern in Form von Kurzfasern als Betonzusatzstoff zugegeben werden. Die Glasfasern haben keine planmäßige statische Funktion bzw. Wirksamkeit, sondern dienen im Wesentlichen der Verbesserung der Gefügeeigenschaften des Betons. Glasfaserbeton weist einen ARGlasfaseranteil von etwa 2,5 - 5,0 Vol.-% auf. Mit wesentlich geringeren Zugabemengen lassen sich die Eigenschaften von Normalbeton beeinflussen. Bereits ab rund 0,04 Vol.-% erhöhen AR-Glasfasern die Gebrauchstauglichkeit des Betons. Zur Unterscheidung von klassischem Glasfaserbeton spricht man in diesem Fall von glasfasermodifiziertem Beton (FMB). Im FMB wirken die Fasern als Mikrobewehrung. Sie nehmen in unmittelbarer Umgebung eines sich bildenden (Mikro-) Risses die Zugkräfte auf und verhindern so die Vergrößerung des Risses. Im Unterschied zu GFB stellen die Glasfasern jedoch keine statisch wirksame (anrechenbare) Bewehrung des Betons dar. Die Glasfasern sind vielmehr als Betonzusatzstoff zu betrachten ( 15). Es werden Fasern mit Längen von 6 bis 25 mm eingesetzt.
Glasfasermodifizierter Beton (FMB)
7.2.2
Glasfaserbeton weist einen AR-Glasfaseranteil von etwa 2,5 bis 5,0 Vol.-% auf. GFB stellt keine neue Entwicklung dar, sondern wird schon seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt. Die Herstellung von Formteilen – vergleichbar dem früheren Asbestzement – für den Fassadenbau oder von (verlorenen) Schalungselementen sind zeitgenössische Anwendungen von GFB. Schalenbauten in Glasfaserbeton wurden bereits ausgeführt. Glasfaserbeton ist ein Verbundwerkstoff, bei dem die Glasfasern die Funktion einer Bewehrung übernehmen. Die Besonderheit gegenüber anderen Faserbetonen besteht darin, dass die Zugfestigkeit des Verbundwerkstoffes diejenige der reinen faserlosen Betonmatrix übersteigt. Die Glasfasern stellen somit eine statisch wirksame und auch anrechenbare Bewehrung dar. Die spezifischen Vorteile des Verbundwerkstoffes GFB kommen bei dünnwandigen und dadurch leichten Bauteilen zum Tragen ( 16).4
Glasfaserbeton (GFB)
• glasfasermodifizierter Beton; • Glasfaserbeton; • textilbewehrter Beton; • Stahlfaserbeton bzw. stahlfaserverstärkter Beton; • kunststofffasermodifizierter Beton.
AR = Alkali-Resistant
AR-Glasfasern gemäß DIN 1259-1 mit bauaufsichtlicher Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik
15 Kurze Glasfasern als Zuschlag für FMB
7.2.3
314
IV Stoffe
Da es keine metallische Bewehrung gibt, bedarf es auch keiner Mindestbetondeckung, sodass sich sehr filigrane Formen realisieren lassen. Beispiele hierfür sind: • Fassadenbau: ebene, räumlich gestaltete Fassadenelemente; 16 Schale aus Glasfaserbeton für die Bundesgartenschau 1977 in Stuttgart. Die Schale wurde aus 8 großformatigen Fertigteilen vorgefertigt und hatte eine Wandstärke von 10-12 mm.
17 Betonprobe mit alkaliresistenten Glasfasern
7.2.4
Textilbewehrter Beton
Was ist denn das kennzeichnende Merkmal dieser Variante? Bitte erläutern.
• Mauerwerksbau: Hohlstürze, Fensterbänke und -laibungen, wärmegedämmte Mauerfußelemente; • Industrie– und Ingenieurbau: Bedachungsplatten, Brandschutzplatten, Lärmschutz, integrierte Schalung, Verkleidungen, Wasserbauelemente. Erst die Entwicklung von AR–Glasfasern ( 17), die durch einen Anteil von 15 bis 20% von Zirkoniumdioxid resistent gegenüber alkalischem Angriff sind, wie auch Fasern mit einer alkalischen Beschichtung, der sog. Schlichte, haben in den letzten 20 Jahren zu einer stetig wachsenden Verbreitung von Glasfasern in dünnen Betonbauteilen geführt. Neben der Entwicklung der Fasern wurde auch die Zementmatrix modifiziert, insbesondere mit dem Ziel, die chemische Verträglichkeit mit Glasfasern zu verbessern. Heute werden AR–Glasfasern auch im konstruktiven Bereich als tragende Bewehrung dauerhaft eingesetzt. Dies bedarf aber einer gesonderten Zulassung oder einer Zustimmung im Einzelfall.5 Textilbewehrter Beton ist ein neuer, erfolgversprechender Verbundwerkstoff, dessen Materialkennwerte und Langzeitverhalten noch nicht vollständig erforscht sind. Die Entwicklung des Textilbetons baut auf den Grundlagen des Glasfaserbetons mit Kurzfasern auf. Durch die gezielte Anordnung der Fasern in Richtung der Zugspannungen, ähnlich dem Stahlbeton, soll der Wirkungsgrad der eingelegten Fasern deutlich gesteigert werden.6 Zur Herstellung der Textilbewehrung wird heute vor allem Glasfaser eingesetzt – auch hier alkaliresistentes AR-Glas. Andere Fasermaterialien (Carbon oder Aramid) spielen aufgrund der hohen Materialkosten bislang keine wesentliche Rolle. Der textilbewehrte oder besser oberflächenbewehrte Beton ist zwischen dem Glasfaserbeton (GFB) und dem glasfasermodifizierten Beton (FMB) einzuordnen. Beim textilbewehrten Beton werden meist Gelege oder Gewebe oberflächennah in Normalbeton eingearbeitet. Durch die Konzentration und die genaue Positionierung der Glasfasertextilien in den zugbeanspruchten Bereichen wird eine sehr wirkungsvolle Bewehrung des Betons erreicht.7 Die Anwendungsmöglichkeiten textilbewehrter Betone, insbesondere die Anrechenbarkeit textiler Bewehrungen auf die statische Tragfähigkeit von Betonbauteilen, sind derzeit Gegenstand eines umfangreichen Sonderforschungsprogramms, das an verschiedenen Hochschulen in Deutschland
7 Bewehrter Beton
315
bearbeitet wird. Erfahrungen liegen derzeit nur in Einzelfällen vor, z.B. als Montagebewehrung für einachsig gespannte Fertigdeckenplatten oder als konstruktive Bewehrung für Bodenplatten. Textilbewehrter Beton besitzt zwei grundsätzliche Einsatzpotenziale. Einerseits kann er als Alternative zu herkömmlichen Baustoffen eingesetzt werden. Andererseits wird er aber sicherlich aufgrund seiner günstigen Eigenschaften völlig neue Anwendungsbereiche erschließen. Insbesondere die Anwendung bei der Bewehrung komplexer Strukturen dürfte die Integration von Zuggliedern wesentlich vereinfachen.8 Stahlfaserbeton ( 18, 19) wird meist dort verwendet, wo eine konstruktive Stahlbewehrung ersetzt werden soll, beispielsweise bei Industrieböden oder Kellersohlen. Aber auch andere Bauteile, z.B. Kellerwände oder Tunnelauskleidungen, werden heute aus Stahlfaserbeton hergestellt. Sie verbessern gegenüber dem herkömmlichen Stahlbeton vor allem das Trag- und Arbeitsverhalten des erhärteten Betons. Die Entwicklung des Stahlfaserbetons verlief nicht kontinuierlich. Dies hatte unterschiedliche Gründe. Eine Ursache liegt in der falschen Annahme, die Stahlfasern könnten konventionelle Bewehrung gänzlich ersetzen. Weiterhin bereitete die stochastische Orientierung im Beton erhebliche Schwierigkeiten, rechnerisch die Tragfähigkeit des Materials zu erfassen, sodass die Entwicklung geeigneter Bemessungskonzepte erst spät gelang.
Stahlfaserbeton (SFB)
• Industriebau: Boden u. Fundamentplatten
Aktuelle Anwendungen von Stahlfaserbetonen (ca.-Angaben) 9
70%
• Wohnungsbau: Fundamente, Kellerwände, Estrich 17% • Tiefbau: Tunnelschalungen, Tübbings
10%
• Sicherheitsbauten: Tresore
3%
• Hochbau: Fertigteile
1%
18 Zugabe von Stahlfasern beim Betoniervorgang
19 Stahlfaserbetone - Probewürfel
7.2.5
316
IV Stoffe
Wesentlich ist die Verbesserung der Tragstruktur durch die kombinierte Anwendung von Stahlfaserbeton und herkömmlicher Betonstahlbewehrung. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Sanierung von Betonflächen, die mit umweltgefährdenden Stoffen und Flüssigkeiten in Berührung gekommen sind. Hierbei wird auf die zu sanierenden Betonflächen eine dünne Deckschicht aus einem sehr zähen, zugfesten und undurchlässigen Mörtel aufgebracht. Weiteres Einsatzgebiet ist der neue Unterbau von Hochgeschwindigkeitszügen als sog. feste Fahrbahn. Hier werden Stahlfasern zur Unterstützung der Rissbreitenbeschränkung eingesetzt. Neuere Überlegungen zum Einsatz von SFB in Stahlbetonfertigteilen, WU-Beton oder im Unterwassereinsatz liegen vor.
7.2.6
Korrosionsverhalten von SFB
Das Korrosionsverhalten von SFB ist oft Gegenstand kontroverser Auseinandersetzungen. Die Korrosion der Stahlfasern kann für die Dauerhaftigkeit des Bauteils kritisch sein. Der Risszustand des Bauteils muss dabei beachtet werden. Bei ungerissenem Zustand kann davon ausgegangen werden, dass die Stahlfasern durch das alkalische Milieu ausreichend geschützt sind. Langzeitversuche zeigten keine Beeinträchtigung der Dauerhaftigkeit, Korrosion wurde nur an oberflächennahen Fasern beobachtet. Aufgrund der geringen Faserabmessungen ist der durch das Korrosionsprodukt entstehende Sprengdruck zu gering, um schädigende Abplatzungen zu verursachen. Im gerissenen Zustand sind die Fasern im Rissbereich nicht vor schädigenden Einflüssen geschützt. Der von den Rissflanken fortschreitende Prozess der Carbonatisierung spielt für die Korrosion allerdings eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist das Feuchteangebot im Riss, das von Parametern wie z.B. der Rissbreite und der Lage des Bauteils abhängt. Der Feuchtegehalt der Luft reicht nicht aus, um eine nennenswerte Korrosion zu fördern, bei ausreichendem Wasserangebot können Korrosionserscheinungen grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Die Ermittlung einer kritischen Rissbreite ist schwierig, weil abhängig von einer großen Anzahl von Parametern. Sofern Fasern ein Anteil am Lastabtrag zugerechnet wird, muss Korrosion ausgeschlossen sein. Dies gelingt am wirkungsvollsten durch eine Schutzbeschichtung oder durch Versiegelung aufgetretener Risse. Verzinkte Fasern bieten nur einen vorübergehenden Schutz mit verzögertem Beginn der Korrosion.
Kunststofffasermodifizierter Beton/Faserbeton mit synthetischen organischen Fasern
Zur Verbesserung der Betonstruktur können in die Matrix neben Glasfasern oder Stahlfasern auch synthetische organische Fasern eingegeben werden, d.h. Kunststofffasern. Kunststofffasern werden vor allem dann im Beton eingesetzt, wenn die Bildung von Schwindrissen möglichst weitgehend unterbunden werden soll, also zur Aufnahme
7 Bewehrter Beton
317
von lokalen Zugkräften. Außerdem kann eine Anwendung sinnvoll sein, wenn eine erhöhte Schlagfestigkeit und bessere Grünstandfestigkeit im Vergleich zu unbewehrtem Beton gefordert wird. Kunststofffasern müssen im Beton alkalibeständig sein, sie bestehen aus: Polypropylen, Polyacrylnitril, Polyvinylalkohol oder Aramid. Polyester und Polyamidfasern sind nur bedingt alkalibeständig und werden deshalb nur beschränkt verwendet. Am Häufigsten werden Polypropylen, Polyacrilnitril, Polyvinylalkohol eingesetzt, die beiden zuletzt genannten werden mit anderen Fasern zusammen in der Industrie für die Herstellung von Asbestersatzprodukten verwendet. Wie bei jedem Faserbeton muss die Zusammensetzung den gewünschten Eigenschaften angepasst werden. Aus baupraktischen Gründen werden Kunststofffasern in Mengen von 0,1 bis max. 2,0 Vol.-% zugegeben. Höhere Fasergehalte können bei den heutigen Mischmethoden eventuell zu schlechteren Eigenschaften des Festbetons bzw. des Frischbetons führen. Durch den Fasergehalt wird die Konsistenz bzw. bei höheren Fasergehalten auch das Ansteifverhalten gegenüber der faserfreien Matrix verändert. Mit Hilfe des Ausbreitversuchs kann die Homogenität bzw. das Zusammenhaltevermögen des Faserbetons beurteilt werden. Folgende Anwendungsbereiche kommen für Kunststofffaserbetone infrage: • Fassadenelemente; • Sandwich-Fassaden; • verlorene Schalungen; • Abflussrinnen; • Auffangräume für wassergefährdende Flüssigkeiten; • Brückenkappen; • Betonersatzsysteme; • Sanierungssysteme; • Boden- und Fundamentplatten; • Estriche.
Anwendung von Kunststofffaserbetonen
318
7.3
IV Stoffe
Selbstverdichtender Beton (SVB)
Selbstverdichtender Beton ist ein Normalbeton, der ohne Einwirkung zusätzlicher Verdichtungsenergie allein unter dem Einfluss der Schwerkraft fließt, entlüftet sowie die Bewehrungszwischenräume und die Schalung vollständig ausfüllt (Definition von SVB gemäß den DAfStbRichtlinien).
Der wesentliche Unterschied zum Normalbeton besteht in der selbstständigen Ausfüllung der Schalung ohne zusätzliche Verdichtungsmaßnahmen oder vergleichbaren Manipulationen bei zeitgleicher Entlüftung des Betons. Diese Eigenschaft ist aus folgenden Gründen wichtig: 7.3.1
Gründe für zunehmenden Einsatz von SVB
• die Grenzen der Betonierbarkeit werden immer häufiger erreicht. Selbstverdichtender Beton kann selbst kleinere Lücken vollständig ausfüllen; Beispiele hierfür: •• hohe lokale Bewehrungsdichte mit bis zu 800 kg/m3 Stahlanteil ( 20); •• Ausbildung von hochbewehrten Stützen mit der vollen Ausnutzung des Längsbewehrungsgrades;
20 Hoher Bewehrungsanteil lässt Verdichtung mit dem Rüttler kaum zu.
• heute findet oftmals menschliches Versagen bei der Ausführung von Betonarbeiten auf den Baustellen statt. Eine nicht sachgerechte Verdichtung führt bei Verwendung selbstverdichtender Betone weniger häufig zu Betonierfehlern; Beispiele hierfür: •• falsche Dosierung und mangelhafte Verdichtung. Folgeerscheinungen: Kiesnester, verstärkte Lunkerbildung, im Extremfall notwendiger Rückbau bereits betonierter Teile.
Vorteile in der Bauausführung durch Einsatz von SVB
Fogende Vorteile verdienen Erwähnung: • vollständige Füllung der Schalung ist gewährleistet; • gleichbleibende Homogenität im Kern- und Überdeckungsbereich von Betonbauteilen ist gewährleistet; • einfache und sichere Betonierbarkeit von filigranen Elementen und von Bauteilen mit hohem Bewehrungsanteil; • Poren- und lunkerarme Betonoberfläche; • hohe Sichtbetonqualität; • gutmütigeres Verhalten gegenüber Betonierfehlern als Normalbeton;
7 Bewehrter Beton
319
• einfacherer Betonierablauf; • vergleichbare Leistungsfähigkeit des Betons, insbesondere bzgl. des Verformungsverhaltens unter Dauerlast. Ein Fachmann beschreibt die Eigenschaften von selbstverdichtendem Beton wie folgt:
Allgemeines
7.3.2
Das Konzept des selbstverdichtenden Betons basiert auf der Annahme, dass mit einem fließfähigen Mörtel eine ausreichende Viskosität lediglich durch Zugabe von Grobzuschlag und Abstimmung der Fließmitteldosierung erzielbar ist. Dabei müssen zwei Faktoren beherrscht werden: Die Neigung zur Entmischung beim SVB und die Gefahr des Absinkens von Zuschlägen. Als Gegenmaßnahme ist die Kohäsion der Mischung zur Verhinderung des Absinkens der Zuschläge zu erhöhen, ohne die Selbstentlüftungsfähigkeit (Aufsteigen von Luftbläschen) des SVB zu stark zu stören. Die Lösung dieses Problems wurde zum einen in der Erhöhung des Mehlkornanteils in der SVB-Mischung erreicht, zum anderen in der Zugabe hochwirksamer Fließmittel.12
Zusammensetzung
7.3.3
Selbstverdichtender Beton wird in seinen Eigenschaften bei der Herstellung sehr genau eingestellt und reagiert deshalb bei der Herstellung äußerst sensibel auf Änderungen in der Mischungszusammensetzung oder auf Schwankungen der Eigenschaften der Ausgangsstoffe. Kleine Abweichungen, wie z.B. in der Fließmitteldosierung oder Ungenauigkeiten bei der Bestimmung des Feuchtegehalts von Zuschlagstoffen, können dazu führen, dass die erforderlichen Frischbetoneigenschaften nicht erreicht werden. Ausgangsstoffe und Dosierungen unterliegen deshalb einer sehr genauen Überwachung. Die Eigenschaften von SVB als Frischbeton sind bei der Herstellung und beim Einbau mit Hilfe geeigneter Prüfverfahren genau zu kontrollieren. Die Zeitspanne, in welcher der SVB seine ideale Verarbeitbarkeit beibehält, ist begrenzt; bei Transportbeton liegt sie bei max. 120 min.
Anforderungen an die Verarbeitbarkeit
7.3.4
Selbstverdichtender Beton (SVB) hat in den letzten Jahren aufgrund seiner innovativen Eigenschaften weltweit an Bedeutung gewonnen. SVB ist in der Lage, ohne Verdichtungsenergie bis zum vollständigen Niveauausgleich entmischungsfrei zu fließen und selbst bei Bauteilen mit anspruchsvoller Geometrie jeden Hohlraum selbstständig auszufüllen und dabei zu entlüften.10
Ein großer Vorteil des SVB liegt in seiner Anwendungsmöglichkeit als Sichtbeton: Die detailgetreue Wiedergabe von Oberflächenstrukturen und die Möglichkeit der Verbesserung von Sichtbetonoberflächenqualitäten sind wesentliche Vorteile selbstverdichtenden Betons. Der SVB wurde durch neue Mischungen des Betons ermöglicht, die sich in ihrer Zusammensetzung vom Normalbeton wesentlich unterscheiden.11
320
IV Stoffe
7.3.5
Fließfähigkeit
Die wichtigste Eigenschaft des SVB ist seine extreme Fließfähigkeit. In der Literatur wird die Fließfähigkeit (flowability) von SVB als die Fähigkeit definiert, sich lediglich unter der Wirkung der Schwerkraft horizontal auszubreiten – ein häufig gebrauchter Vergleich ist das Fließen von Honig, d.h. der Beton fließt in honigartiger Konsistenz in die Schalung. Als das Maß seiner Fließfähigkeit wird der Durchmesser des Ausbreitkuchens ( 21) bei der entsprechenden Prüfung oder eine vergleichbare rechnerische Prüfung angesetzt. Die Fließfähigkeit ist umso größer, je niedriger die Fließgrenze T0 ist.13
7.3.6
Viskosität
Als zweites Kriterium zur Beurteilung von SVB dient die Viskosität des Betons. Die Viskosität wird durch die innere Reibung einer Substanz bei einer aufgebrachten Belastung definiert. Je kleiner die Viskosität ist, umso schneller fließt der Beton.14
7.3.7
Gefügestabilität
Unter der Gefügestabilität von SVB versteht man den Widerstand gegen Entmischen, sowohl während des Fließvorgangs als auch nach dem Erreichen der endgültigen Lage im Bauteil. Der kritische Wert der Fließgrenze darf nicht unterschritten werden, sonst kann die Wasser-MehlkornSuspension die grobe Gesteinskörnung nicht mehr in der Schwebe halten, was zum Absetzen der groben Zuschläge und zum sogenannten Bluten des Betons führt.15
7.3.8
Blockierneigung
Für gleichmäßige Ausbreitung des frischen SVB in einer Schalung mit Bewehrung ist neben der Fließfähigkeit und Viskosität auch von Bedeutung, dass sich beim Erreichen der Bewehrung kein Stau der groben Zuschläge ergibt. Dies wird als Blockieren (blocking) bezeichnet. Das Blockieren muss durch die Begrenzung des Grobzuschlags bzw. der Verwendung eines ausreichenden Leimvolumens verhindert werden.16
7.3.9
Selbstentlüftungsfähigkeit
Wie oben bereits beschrieben, spielt die Fähigkeit des SVB, sich selbst zu entlüften, für den Betoniervorgang eine entscheidende Rolle. Der SVB muss die beim Mischen und Einbringen in die Schalung mitgeführte Luft bis zu einem gewissen Maß wieder abgeben können. Der Auftrieb der Luftporen/-bläschen wird ebenfalls von der Fließgrenze und der plastischen Viskosität des Werkstoffes bestimmt. Der Selbstentlüftungsgrad nimmt mit zunehmender Tiefe ab:17 • Luftanteil von SVB vor dem Betonieren: 4-6%; • Luftanteil von SVB nach dem Betonieren und Entlüften: ca. 2,5%;
7 Bewehrter Beton
321
Unter der Selbstnivellierungsfähigkeit von SVB versteht man die Ausbildung eines gleichen Oberflächenniveaus nach dem Einbringen in die Schalung und vollendetem Fließvorgang. Je besser die Fließfähigkeit von SVB, um so besser auch die Fähigkeit zur Selbstnivellierung. Der Einsatz von selbstverdichtenden Betonen zwingt den Verarbeiter zu ständiger Qualitätskontrolle und Prüfung, und zwar von der Rezeptur bis zum Einbringen und Abbinden in der Schalung. Schon leichte Qualitätsschwankungen werden vom Beton nicht verziehen. Es können nahezu lunkerfreie Bauteile hergestellt werden, die in ihrer Geschlossenheit und Farbgleichmäßigkeit höchsten Anforderungen genügen. Fehlerstrecken im Beton können weitgehend minimiert, aber nicht völlig ausgeschlossen werden – es ist keine absolute Porenfreiheit möglich. In der Praxis sind klare Qualitätsvereinbarungen notwendig, um die angestrebte Sichtbetonqualität festlegen zu können. Dies geschieht in der Regel mittels Musterflächen.18
Selbstnivellierungsfähigkeit
7.3.10
Der SVB wird nicht verdichtet: Damit entfallen durch den Verdichtungsprozess entstehende ungleichmäßige Verdichtungsgrade als Ursache für Farbunterschiede von Sichtbetonoberflächen. Selbstverdichtender Beton ist ein genaues Abziehbild der Schalung, d.h. Unzulänglichkeiten im Schalungsbau müssen vermieden werden. Mit SVB ist die Ausbildung von scharfkantigen Abdrücken der Schalhautoberfläche möglich. Selbst gekrümmte Betonbauteile lassen sich vor Ort lunkerfrei und mit einer perfekten Oberflächenausbildung betonieren. Die adäquate Nachbehandlung ist für SVB, wie für alle Sichtbetonbauteile, von grundlegender Bedeutung. Ein wesentlicher Vorteil liegt in der höheren Frühfestigkeitsentwicklung von SVB gegenüber Normalbeton.
Sichtbetoneignung
7.3.11
Aus den genannten Gründen eignet sich SVB auch besonders zur Herstellung von Stahlbetonfertigteilen. Darüberhinaus sind arbeitstechnische Vorteile wie das grundsätzliche Entfallen des Verdichtens und das Entfallen der hohen Geräuschbelastung am Arbeitsplatz durch die Rüttler besonders zu erwähnen.
Fertigteilbau mit SVB
7.3.12
21 Prüfung der Selbstfließfähigkeit von SVB
322
IV Stoffe
5. 8.
Zusammenfassung
Als Verbundwerkstoff vereinigt Stahlbeton in sich die wesentlichen Fähigkeiten und Vorzüge beider großer Werkstoffgruppen, der spröden und der zähfesten Werkstoffe. Er weist die Dauerhaftigkeit, Witterungs- und Brandresistenz mineralischer Materialien sowie auch gleichzeitig die Zähigkeit und Biegesteifigkeit zähfester Werkstoffe auf. Trotz des verhältnismäßig harmonischen Neben- und Miteinanders von Beton und Stahl, bzw. anderen Bewehrungsmaterialien, zeigt der Verbundwerkstoff dennoch ein komplexes Materialverhalten, dessen Effekte zwar weitgehend technisch kontrollierbar, dessen Ursachen jedoch noch nicht restlos geklärt sind. Die Arbeitsteilung weist in Hinsicht der Kraftleitung dem Beton die Aufnahme der Druck-, dem Stahl bzw. dem Faserwerkstoff die der Zugkräfte zu. Ferner kann die Stahlbewehrung auch wesentlich zur Druckfestigkeit des Betons selbst beitragen. Der Beton ist darüber hinaus für den Korrosions- und Brandschutz der Bewehrung verantwortlich. Stahlbeton ist der einzige Werkstoff, der die Herstellung monolithischer Konstruktionen im Maßstab eines kompletten Bauwerks sowie tragender, fugenloser, flächiger Bauteile erlaubt. Er ist darüberhinaus mit nur geringfügigen Einschränkungen frei formbar. Seine verhältnismäßig große Masse kann für bestimmte Einsatzzwecke von Nachteil sein, wie wenn sich bei hohen Gebäuden die Eigenlasten des Betontragwerks geschossweise aufsummieren. Sie kann sich aber auch durchaus günstig auswirken, wie etwa für Schallschutzzwecke oder im Sinne einer größtmöglichen thermischen Trägheit eines Gebäudes. Insgesamt kann Stahlbeton als der bedeutendste Werkstoff unseres Zeitalters gelten. Es gibt kaum ein zeitgenössisches Bauwerk, das nicht zumindest in erdberührten Bauteilen wie den Fundamenten auf Stahlbeton angewiesen wäre ( 21).
5. 9.
Kennwerte
Kennwerte lassen sich für den Verbundwerkstoff Stahlbeton nicht in gleicher Weise wie für die bislang behandelten Grundwerkstoffe angeben. Grobe Annäherungen können dennoch einigen Werten der Werkstoffe Beton und Stahl entnommen werden.
7 Bewehrter Beton
323
22, 23 Projekt Phaeno Science Center Wolfsburg, beispielhaftes Projekt für die Ausführung von komplex geformten Sichtbetonflächen mit SVB.
1 2
3 4
5 6 7 8 9
10
11 12 13 14 15
Daher auch die Etymologie des Wortes „Wand“ vom „Winden“ dieses Geflechts. König G, Viet True N, Zink M (2001): Hochleistungsbeton. Bemessung, Herstellung und Anwendung. Ernst und Sohn. Berlin, S. 7 Ebda S. 8ff Nussbaum G, Vissmann H W (1997) Schriftenreihe Spezialbetone Band 2, Faserbetone. Verlag Bau+Technik, Düsseldorf, S. 27 Ebda Zitat S. 26 Hegger J, Molter M (2001) Textilbewehrter Beton – Ein neuer Verbundwerkstoff. In DAB 1/01, S. 40ff Nach: Textilbewehrter Beton: http://www.fvf-faserbeton.de/ tbb.html, abgerufen am 20.06.2001 Ebda Nach: Brockmann G, Dahl J, Hansel D, Jobas W, Riech H (1997) Stahlfaserbeton. Ein Baustoff und seine Perspektiven. Verlag Moderne Industrie, Landsberg/Lech, S. 9 Brameshuber W et al: Betontechnologische Grundlagen des Selbstverdichtenden Betons. In: König G et al (2001) Selbstverdichtender Beton. Innovationen im Bauwesen. Beiträge aus Praxis und Wissenschaft. Berlin, S. 11 Ebda Ebda S. 14 Nach Grübl P, Lemmer C: Anforderungen an die Frischbetoneigenschaften von SVB. In: König G et al (2001) S. 27 Ebda S. 28 Ebda S. 28
Anmerkungen
324
IV Stoffe
16 17 18
Normen und Richtlinien
Ebda S. 29 Ebda S. 30 Ebda S. 30
DIN 488: Betonstahl Teil 1: 2009-08 Stahlsorten, Eigenschaften, Kennzeichnung Teil 2: 2009-08 Betonstabstahl Teil 3: 2009-08 Betonstahl in Ringen, Bewehrungsdraht Teil 4: 2009-08 Betonstahlmatten DIN 1045: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 2: 2008-08 Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität DIN 1259: Glas Teil 1: 2001-09 Begriffe für Glasarten und Glasgruppen Teil 2: 2001-09 Begriffe für Glaserzeugnisse DIN EN 1992: Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken Teil 1-1: 2011-01Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau DAfStb: 2003-11 Selbstverdichtender Beton, SVB-Richtlinie DBV-Heft Nr. 3: 2001 Selbstverdichtender Beton – Nachbehandlung von Beton DBV-Merkblatt: 2004-12 Selbstverdichtender Beton Zement-Merkblatt B 29: 2006-07-00 Selbstverdichtender Beton – Eigenschaften und Prüfung
1. Geschichtliche Entwicklungsstufen......................... 326 2. Zusammensetzung .................................................. 326 3. Materialstruktur........................................................ 327 4. Klassifikation der Gläser........................................... 327 5. Allgemeine Eigenschaften ....................................... 329 6. Mechanische Eigenschaften.................................... 330 7. Bruchverhalten ......................................................... 331 8. Verformungsverhalten ............................................. 331 9. Konstruktive Folgerungen ........................................ 332 10.Kennwerte ................................................................ 335 Anmerkungen ............................................................... 335 Normen und Richtlinien ................................................ 335
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_18
326
1.
IV Stoffe
Geschichtliche Entwicklungsstufen
Einfache Herstellungsverfahren von Glas sind sehr wahrscheinlich schon seit 7000 v. Chr. bekannt. Man stieß zuerst vermutlich zufällig auf sie, möglicherweise bei der Herstellung von Tongefäßen. Bis zur Erfindung der Glasmacherpfeife um 200 v. Chr. fand Glas im Wesentlichen Verwendung als Schmuck.1 Erst im 15. Jahrhundert gelang es den Venezianern durch spezielle Beimengungen, Glas nahezu blasenfrei und farbrein herzustellen. Der Weg hin zur industriellen Produktion wurde dann durch eine Reihe wichtiger Entwicklungen ermöglicht: • Gussverfahren von Bernard Perrot (1687) mit anschließendem Walzen zu größeren Scheibenformaten; • Entwicklung eines Verfahrens zur Gewinnung von Soda aus Kochsalz (1790). Dieses konnte die bis dahin notwendige teure Pottasche ersetzen; • Gussglasherstellung – seit Anfang des 20. Jahrhunderts – durch Abziehen von geschmolzenem Glas aus einer Schmelzwanne mit Rollenpaaren;
Kap. V-4 Glasprodukte, S. 434
2.
Zusammensetzung
Abschn. 3. Materialstruktur, weiter unten
1 Schöpfen der Glasschmelze 2 Schematische Darstellung der amorphen Molekularstruktur von Glas
• das bis dato wichtigste Herstellungsverfahren wurde 1959 von Alastair Pilkington entwickelt; beim Floatverfahren wird das Flachglas von einem geschmolzenen Zinnbad abgezogen. Glas entsteht 2 aus dem Schmelzen von Quarz (SiO2) sowie u.a. Soda Na2CO3 und Kalk CaCO3 ( 1). Bei diesem Vorgang wird die regelmäßige Kristallstruktur des Quarzes von den Oxiden der Alkali- oder Erdalkalimetalle (wie Na2O oder CaO) aufgebrochen (Aufschließen). Dadurch freigesetzte Valenzen werden durch Metallkationen belegt, wobei ein unregelmäßiges, also amorphes Molekulargefüge entsteht ( 2). Normales Bauglas ist im Wesentlichen ein Gemenge aus Calcium- und Natriumsilicat.3
9 Glas
327
Abkühlung flüssig (Schmelze)
Erwärmung
Temperatur
Temperatur
Aufgrund der sehr hohen Viskosität der plastischen Glasschmelze und der daraus folgenden kinetischen Trägheit der kristallbildenden Baugruppen4 erfolgt beim Abkühlen der Schmelze ein Erstarren bereits bevor ein geregeltes Kristallwachstum einsetzen kann. Es fehlt für diesen Zweck die nötige Beweglichkeit der molekularen Bestandteile. Man spricht beim Glas auch von einer extrem viskosen Flüssigkeit, einer festen Lösung oder unterkühlten Schmelze.5 Glas weist, anders als kristalline Feststoffe, keinen klar feststellbaren Schmelzpunkt auf, sondern geht vom festen in den plastischen Zustand graduell über ( 3, 4).
flüssig (Schmelze)
Abkühlung flüssig (Schmelze)
Materialstruktur
3.
Klassifikation der Gläser
4.
Erwärmung flüssig (Schmelze)
Haltepunkt fest (Kristall)
fest (Kristall)
fest
Zeit
3 Haltepunkt, z.B. bei Stahl
fest
Zeit
4 Kein Haltepunkt bei Glas
Diverse Verarbeitungsverfahren führen zu verschiedenen Glasprodukten, die an anderer Stelle näher behandelt werden. Aber auch die Zusammensetzung der Gläser lässt sich für verschiedene Zwecke technisch beeinflussen, woraus spezielle Grundglassorten hervorgehen. Bestimmend für die Eigenschaften des Glases ist insbesondere der Gehalt an Metalloxiden. Die bei der Glasherstellung verwendeten Alkali- und Erdalkalimetalloxide bewirken eine Aufspaltung des kristallinen Verbands des Quarzes zu amorpher Struktur und eine Veränderung der Charakteristika: • sind nur Alkalimetalle beteiligt (Na, K), lagern sie sich als Endglieder an die Gitterbruchstücke an.6 Die Alkaliionen nehmen Wasser auf, es entsteht ein wasserlösliches Glas, Wasserglas. Dieses wird baulich nur als Bindemittel für Anstriche oder Beschichtungen verwendet;
Kapitel V-4 Glasprodukte, S. 434
328
IV Stoffe
• die aus Natron (auch Soda genannt) und Kalk hervorgehenden Na- und Ca-Ionen führen aufgrund ihrer doppelten Valenzen zu einer stärkeren Bindung der Gitterbruchstücke 7 untereinander, sodass ein wasserbeständiger Feststoff hervorgeht. Dies ist das Kalknatronglas, das bauübliche Normalglas ( 5); Kalk-Natron-Glas
5 Mittlere Zusammensetzung von Normalglas (Kalknatronglas KNG) und Borosilicatglas (BSG)
Brosilikatglas
Siliciumoxid (SiO2)
~ 70 %
~ 81%
Calciumoxid (CaO)
~8%
–
Natriumoxid (Na2O)
~ 14 %
~ 4%
Magnesiumoxid (MgO)
~5%
–
Aluminiumoxid (Al2O3)
~2%
~ 2%
Eisen(III)-Oxid (Fe2O3)
~ 0,1 %
–
–
~ 13%
Botrioxid
• ferner lassen sich durch Variation der Zusätze verschiedene Glassorten mit speziellen Eigenschaften herstellen, beispielsweise Borosilicatgläser, die besonders gute mechanische Festigkeit, chemische Beständigkeit und geringe Wärmedehnung aufweisen (Laborgläser, Jenaer Glas) ( 6).
Kap. IV-9, Abschn. 5.11 Ungesättigte Polyesterharze (UP), S. 349
Bauliche Bedeutung besitzen auch Glasfasern ( 7), die durch Ziehen der Glasschmelze (besonders Calcium-Aluminium-Borosilicatschmelzen) 8 hergestellt werden. Durch den Ziehvorgang und die sehr kleinen Faserdurchmesser von 4 +m erfolgt eine erzwungene Parallelausrichtung der SiO-Kettenstränge,9 die auf diese Weise mechanisch in eine quasi-kristalline Struktur ausgerichtet werden. Die ansonsten nur mäßige Zugfestigkeit von Glas (70-100 N/ mm2) steigert sich auf diese Weise auf mehr als das 30fache (3000 N/mm2) und übertrifft diejenige hochfester Stähle. Glasfasern werden zur Bewehrung von Kunststoffprodukten eingesetzt, insbesondere von ungesättigten Polyesterharzen UP. Glasfaserprodukte sind auch Glas- oder Mineralwollen, die als Wärmedämmstoffe breite Verwendung im Bauwesen finden ( 8). Glasschmelzen lassen sich zur Herstellung von Dämmmaterial auch aufschäumen. Zu diesem Zweck werden pulverförmige Aluminium-Silicatgläser mit Zusatz von Kohlenstoff auf 1000°C erhitzt. Die Oxidation des Kohlenstoffs setzt CO2 frei, das schäumende Wirkung hat. Die daraus hervorgehende Zellstruktur ist geschlossen, ohne durchgehende Kapillaren, was das Schaumglas dampfdiffusionsdicht und nicht wassersaugend macht.10 Ferner ist Schaumglas außerordentlich druckfest ( 9).
9 Glas
Glas ist der am häufigsten eingesetzte transparente Werkstoff. Gegenüber Konkurrenzprodukten wie Kunststoffen (Polymethylmethacrylat, Polycarbonat, Polyvinylchlorid weist Glas eine größere Härte, Ritzfestigkeit sowie Alterungsbeständigkeit und allgemeine chemische Beständigkeit auf. Einzig die Zähigkeit der meisten glasklaren Kunststoffe fehlt dem Glas, dessen konstruktiv bestimmende Charakteristik die extreme Sprödigkeit ist. Da es das einzige für den Einsatz in einer Gebäudehülle wahrhaft brauchbare durchsichtige Baumaterial ist, gilt es, sich sorgfältig mit den konstruktiven Folgen dieser Eigenart vertraut zu machen. Die Sprödigkeit von Glas erweist sich im baulichen Gebrauch als ein gewisses Sicherheitsrisiko für den Menschen, da im Fall eines Bruchs die Splitter sehr gefährlich sein können. Diesem Risiko begegnet die moderne Glastechnik mit verschiedenen technisch-konstruktiven Maßnahmen. Insbesondere hinsichtlich solarer Energiegewinne in Gebäuden kommt dem Werkstoff Glas eine fundamentale Bedeutung zu. Aber auch die Wahrnehmung und das Erleben eines Innenraums hat sich seit dem großflächigen Einsatz von Glas in Gebäuden grundlegend verändert. Glas kann mit Rohstoffen hergestellt werden, die überall fast grenzenlos verfügbar sind, wie Quarzsand, Soda, Kalkstein und einigen weiteren Zusätzen. Es ist gut wiederverwendbar, da es sich leicht wieder einschmelzen lässt und auch auf Deponien keinerlei Altlast hinterlässt.
329
Allgemeine Eigenschaften Kap. IV-9 Kunststoff, jeweils S. 346, 349, 344 Abschn. 6. Mechanische Eigenschaften, S. 330
Abschn. 6. Mechanische Eigenschaften, S. 330 Kap. V-4, Abschn. 4. Funktionsgläser, S. 438
6 Technische Einrichtung aus Borosilicatglas 7 Glaswolle
8 Glasfasern 9 Schaumglas-Dämmung
5.
330
IV Stoffe
Wärmeleitzahl h = 1 W/mK
Abschn. 6. Mechanische Eigenschaften, weiter unten
6.
Mechanische Eigenschaften
Kap. V-4, Abschn. 4.2.1 Einscheibensicherheitsglas, S. 445
Glas ist dank seines sehr dichten Molekular- und Stoffgefüges wasser- und dampfundurchlässig und nimmt keinerlei Feuchte auf, ein bedeutsamer Umstand im Hinblick auf seinen Einsatz als Werkstoff von Gebäudehüllen. Vorsicht ist jedoch gegenüber einigen in Wasser gelösten Substanzen (Flusssäure, Fluate) geboten, welche die Glasoberfläche angreifen. Es ist indessen gut wärmeleitend, jedoch nicht so gut wie Metalle, und deshalb heute in wärmedämmenden Gebäudehüllen nur in Form von Mehrscheibenverglasungen einsetzbar. Ebenfalls gut ist seine Druckfestigkeit. Dank seiner bemerkenswerten selektiven spektralen Durchlässigkeit wirkt Glas nicht nur als Sonnenöffnung im Gebäude, die Licht und folglich Wärmeenergie hindurchdringen lässt, sondern trägt aufgrund seiner geringen Durchlässigkeit für langwellige Wärmestrahlung auch als Wärmefalle dazu bei, diese Energie im Gebäudeinnern zu bewahren. Für ultraviolette Strahlung im lichtnahen Spektralbereich ist Glas durchlässig, nicht hingegen für biologisch wirksame UV-Wellenlängen. Glas weist aufgrund der hohen atomaren Bindekräfte seiner Molekularstruktur bei ungestörtem Gefüge eine sehr hohe Druckfestigkeit auf ( 10). Aufgrund des extrem spröden Verhaltens kommt Glas jedoch sehr plötzlich zum Bruch, da Spannungsspitzen nicht durch plastisches Verformen abgebaut werden können. Die Festigkeit des Glases basiert sehr stark auf der Unversehrtheit der Oberflächen und ist somit schon bei kleinsten Oberflächenstörungen und Mikrorissen extrem bruchgefährdet. Zwar gelingt es der modernen Glasindustrie, Verletzungen der Glasoberfläche während der Produktion so zuverlässig auszuschließen, dass zumindest kein Spontanbruch ohne externe Einwirkung zu erwarten ist,11 doch ist während der Montage und des täglichen Gebrauchs von Gläsern mit einer zunehmenden Schädigung der Oberfläche und folglich auch mit gesteigerter Bruchwahrscheinlichkeit zu rechnen. Als Konsequenz dieses extrem spröden Materialverhaltens lässt sich die theoretische Festigkeit von Glas nicht wirklich ausnutzen. Es muss stattdessen anhand von Bruchwahrscheinlichkeiten unter Vorhaltung ausreichender Sicherheitsvorkehrungen dimensioniert werden.12 Die Gefahr, dass bei kleinen Oberflächenstörungen beginnend Zugrisse im Glas entstehen und dieses bricht, kann durch Druckvorspannung deutlich verringert werden. Entweder auf mechanischem, thermischem oder chemischem Weg wird dabei der Querschnitt oder die Oberfläche des Glases unter Druck gesetzt. Zugbeanspruchung kann nur dann zu Zugrissen führen, wenn diese Druckvorspannung unter der Zugspannung vollständig abgebaut ist. Dies macht sich an der deutlich erhöhten Festigkeit vorgespannter Gläser bemerkbar.
9 Glas
331
σ (+)
ε (–)
ε (+)
σ (–)
10 Idealisiertes Spannung-Dehnungsdiagramm von Glas. Insbesondere die theoretische Biegezugfestigkeit (+, gestrichelter Abschnitt) ist in der Praxis infolge Imperfektionen der Oberfläche nur beschränkt nutzbar. Zulässige Werte sind in der Norm stark begrenzt.
Normalglas bricht in der Regel völlig unangekündigt in Form äußerst spitzer und scharfkantiger Splitter, die – besonders aus größeren Höhen fallend – lebensgefährlich sein können ( 11). Überkopfverglasungen unterliegen deshalb besonderen Sicherheitsbestimmungen. Thermisch vorgespanntes Glas birgt planmäßig interne Spannungen, die sich bei Bruch schlagartig entfesseln und ein sehr feinkörniges Bruchbild erzeugen ( 12). Dies ist der Sicherheit dieser Gläser förderlich, da die rundlichen kleinen Splitter kein echtes Risiko darstellen. Insbesondere lokale Spannungskonzentrationen, die beispielsweise bei punktgehaltenen Gläsern auftreten und stets sorgfältig zu berücksichtigen sind, bergen ein erhöhtes Bruchrisiko. Aber auch Temperaturdehnungen, die sich ungleichmäßig auf der Glasfläche verteilen, führen zu internen Spannungen, die ggf. den Bruch zu Folge haben können. Ursachen dafür sind gewöhnlich Abschattungen, Abklebungen oder Farbanstriche auf Teilflächen von Gläsern.
Bruchverhalten
Glas weist Temperaturdehnungen auf, die geringer als die von Beton und Stahl, jedoch größer als die von Holz sind. Insbesondere bei Kombination mit Stahlverbindungsmitteln ist dieser Umstand zu berücksichtigen.14 Was hygroskopische Verformungen angeht, ist Glas als inert zu betrachten. Es sind auch keinerlei längerfristige Schwind- oder Kriechprozesse zu beobachten wie bei anderen Silicatwerkstoffen, insbesondere bei mineralischen. Unter Belastung zeigt Glas in einer theoretischen Spannungs-Dehnungslinie einen elastischen Verlauf ( 10). Einschränkend gilt allerdings das oben bereits Angemerkte.
Verformungsverhalten
7.
Kap. V-4, Abschn. 4.2 Sicherheitsgläser, S. 445
Näheres zu Bruchverhalten vgl. DIN EN 12600 und Schrift GUV 56.3 der Unfallversicherungsträger 13
6. Mechanische Eigenschaften, S. 330
8.
332
IV Stoffe
11 Bruchbild von Normalglas 12 Bruchbild von ESG
9.
Konstruktive Folgerungen
Band 3, Kap. XIII-9 Öffnungen
Band 3, Kap. XIII-6 Punktgehaltene Hüllen
Ein wesentlicher Teil der konstruktiven Vorkehrungen beim Verbauen von Glasbauteilen verfolgt das Ziel, die Gefahr aus der einzigen großen Schwäche des Werkstoffs, nämlich seiner Sprödigkeit, in Grenzen zu halten. Dazu gehören: • das Ausschließen von Zwängungen, die sich aus der Verformung benachbarter Bauteile ergeben könnten. Zu diesem Zweck ist besonders ein Randkontakt durch ausreichende Toleranzen zu vermeiden. Manchmal müssen aufwendige Rahmenkonstruktionen, wie beim Fenster, zwischengeschaltet werden, die dies verhindern. Gegebenenfalls sind auch geeignete Bewegungsfreiheiten bei der Lagerung zu schaffen; • weitgehende Vermeidung lokal konzentrierter Spannungen, die schwer kontrollierbar sind und leicht zum Bruch des Glases führen können. Diese Einschränkung betrifft in erster Linie die Lagerung des Glases, an der die Lasten zwischen Glas und Unterkonstruktion übertragen werden ( 13, 14). Um die Spannung niedrig zu halten, gilt es, die Lasten zu beschränken, aber auch die Fläche möglichst groß zu gestalten, an der die Kraft auf das Glas übertragen wird. Im baulichen Regelfall lässt sich die maximale Übertragungsfläche mittels einer linearen allseitigen Lagerung gewährleisten. Dies ist bei herkömmlichen Rahmeneinfassungen weitgehend der Fall. Doch auch teilweise Randlagerungen, wie bei einachsig spannenden Scheiben (zwei gegenüberliegende Linienlager), kommen der Materialcharakteristik entgegen. In den letzten Jahren wurden auch die technischen Voraussetzungen für die punktuelle Lagerung von Gläsern geschaffen, die heute bereits zum Stand der Technik zählt; • Vermeidung des direkten Kontakts zwischen Glas und anderen harten Materialien wie Stahl oder mineralischen Werkstoffen. Als Folge davon droht akute Bruchgefahr. Es sind weiche Zwischenschichten aus Kunststoffen oder weichen Metallen wie Aluminium einzubauen ( 15);
9 Glas
333
13 Lineare Lagerung von Glas 14 Punktuelle Lagerung von Glas
• der Transport- und Montageprozess von Glasbauteilen ist heikler als bei den meisten anderen Werkstoffen ( 16). Dies liegt zum Einen an der hohen Empfindlichkeit der Oberflächen gegen Kratzer und sonstige Beschädigungen, die spontanen oder späteren Bruch zur Folge haben können. Zum Anderen hat aber auch die Montagelage des Bauteils direkte Konsequenzen auf die verbaubaren maximalen Glasformate. Senkrechter Einbau von Scheiben ist vergleichsweise unproblematisch, da die Eigenlast in der Scheibenebene abgetragen wird. Hingegen ist das Positionieren in die leicht geneigte oder gar horizontale Lage wegen des Bauchens des noch nicht definitiv gelagerten Bauteils riskant und begrenzt die einsetzbaren Scheibenformate;
Band 3, Kap. XIII-5 Rippensysteme und Kap. XIII-6 Punktgehaltene Hüllen
• aufgrund der verhältnismäßig großen Versagensgefahr von Verglasungen und der zum Teil extremen Gefährdung für Leben und Gesundheit, die insbesondere von herabfallenden scharfkantigen Glassplittern ausgeht, ist bei kritischen Verglasungsarten wie beispielsweise Überkopfverglasungen eine Resttragfähigkeit erforderlich, die garantiert, dass selbst nach dem Bruch die Splitter zumindest eine bestimmte festgelegte Zeitspanne gebunden bleiben.15 Dies zieht entsprechende konstruktive Maßnahmen oder die Anwendung spezieller Gläser wie Verbundsicherheitsglas (VSG) nach sich;
Kap. V-4, Abschn. 4.2 Sicherheitsgläser, S. 445
• es wird oft übersehen, dass die spezielle Eigenschaft der Transparenz dem Werkstoff weitere Einschränkungen auferlegt, die weitreichende konstruktive Folgen nach sich ziehen. Man ist im Regelfall nicht bereit, Beeinträchtigungen der durchsichtigen Glasfläche hinzunehmen, was dazu führt, dass: •• keinerlei stützende Unterkonstruktionen hinter oder unter einer Glasscheibe möglich sind, die ja hinter der Scheibe deutlich sichtbar wären. Stab- oder gar punktförmige Stützkonstruktionen unter oder hinter dünnen Platten, wie sie dem Konstruktionsprinzip der Rippensysteme zugrundeliegen, sind ansonsten zwar
334
IV Stoffe
15 Elastische Zwischenschicht zwischen Glas und Stahl-Befestigungsteller 16 Montage einer liegenden Glasscheibe
Kap. VI-2, Abschn. 9.4 Element aus einachsig gespannten Rippen, S. 605 Kap. VI-2, Abschn. 9.6 Element aus beplanktem Rahmen, S. 631 kugelförmige Stützkörper Glas
Vakuum
low-e-Beschichtung
17 Schema einer Vakuumverglasung (Zweischeibensystem)
Entlüftungsstutzen
Randversiegelung aus Schweißglas Vakuum
Stützkugeln
Randversiegelung Glasscheiben aus Schweißglas am Entlüftungsstutzen
18 Aufbau einer Vakuumverglasung 17
ein bewährtes und effizientes Konstruktionsprinzip, verbieten sich indessen bei Glas aus besagtem Grund. Stattdessen ist grundsätzlich nur eine rahmenartige Randeinfassung oder -lagerung möglich; •• zweischalige Aufbauten mit annähernd beliebig dicker, opaker Zwischenschicht aus Dämmstoff – wie bei Hüllbauteilen aus allen anderen Werkstoffen – nicht möglich sind. Da der Wunsch nach Durchsichtigkeit eine ebenfalls transparente dämmende Zwischenschicht voraussetzt, kommt zu diesem Zweck praktisch nur eine stehende Luft- bzw. Edelgasschicht infrage, deren Dicke zur Vermeidung von Konvektion auf rund 20 mm begrenzt ist. Ihre Dämmfähigkeit lässt sich also durch einfaches Vergrößern der Dicke – wie bei herkömmlichem Dämmstoff in einem signifikanten Dickenbereich möglich – nicht verbessern. Vakuum würde zu einer starken Durchbiegung der Scheiben unter dem atmosphärischen Druck führen. Verschiedene lichtdurchlässige, wenngleich nicht vollständig durchsichtige Dämmstoffe wie TWD oder Aerogele erlauben zumindest die Herstellung hochdämmender transluzenter Glaspaneele; •• das Aktivieren bedeutender Tragreserven von Zweischeibenverglasungen rechtwinklig zur Scheibenebene durch doppel-T-artige Kopplung der Schalen mittels Stegen nicht möglich ist. Auch derartige Steifen wären durch die transparenten Scheiben hindurch sichtbar und werden folglich nicht toleriert. Ein ähnliches Bild ergäben Zweischeiben-Vakuumverglasungen, die zumindest punktuell mithilfe von Abstandshaltern zur Aufnahme des Außendrucks auseinandergehalten werden müssten ( 17, 18).
9 Glas
335
Kennwerte 16
Floatglas Steifigkeit
E-Modul
70 000 N/mm
Druckfestigkeit
mD
900 N/mm2
Zugfestigkeit
mZ
50-80 N/mm2
Rohdichte
l
25 kN/m3
Wärmeleitzahl
h
1,0 W/mK
Wärmedehnzahl
_
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
17
2
8 · 10 -6 K-1
Sobek (2002) Bauen mit Glas Krenkler (1980) Chemie des Bauwesens, S. 107f; Knoblauch, Schneider (1992) Bauchemie, S. 109 Krenkler (1980) S. 108 Benedix (1999) Chemie für Bauingenieure, S. 290 Knoblauch, Schneider (1992) S. 28 Krenkler (1980) S. 108 Ebda S. 108 Benedix (1999) S. 293 Krenkler (1980) S. 110 Benedix (1999) S. 293 Glas Handbuch 2003, S. 202 Schittich (Hg) (1998) Glasbau-Atlas, S. 88f Hinweis in Glas Handbuch 2003, S. 202 Schittich (Hg) (1998) S. 90f Technische Regeln für Überkopfverglasungen, zitiert in Schittich (Hg) (1998) S. 98 Schittich (Hg) (1998) S. 61; Härig S, Klausen D, Hoscheid R (2003) Technologie der Baustoffe, S. 340; Wendehorst R (1998) Baustoffkunde, S. 238 Quelle: University of Sydney, School of Physics: Applied and Plasma Physics, Dr. Nelson Ng
DIN 1259: Glas Teil 1: 2001-09 Begriffe für Glasarten und Glasgruppen Teil 2: 2001-09 Begriffe für Glaserzeugnisse DIN EN 12600: 2003-04 Glas im Bauwesen – Pendelschlagversuch – Verfahren für die Stoßprüfung und Klassifizierung von Flachglas
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
10.
1. 2. 3. 4. 5.
Geschichtliche Entwicklungsstufen......................... 338 Materialstruktur........................................................ 338 Allgemeine Eigenschaften ....................................... 340 Mechanische Eigenschaften.....................................341 Einige baurelevante Kunststoffe .............................. 342 5.1 Polyethylen (PE) ............................................... 342 5.2 Polypropylen (PP) ............................................. 343 5.3 Polyvinylchlorid (PVC) ...................................... 344 5.4 Polystyrol (PS) .................................................. 345 5.5 Polymethylmethacrylat (PMMA)...................... 346 5.6 Polytetrafluorethylen (PTFE) ............................ 347 5.7 Polyamid (PA) ................................................... 348 5.8 Polyurethan (PU)............................................... 348 5.9 Polycarbonat (PC) ............................................. 349 5.10 Polyisobutylen (PIB) ......................................... 349 5.11 Ungesätigte Polyesterharze (UP) ..................... 349 5.12 Silikon (SI) ......................................................... 349 Anmerkungen ................................................................351
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_19
338
IV Stoffe
1.
Geschichtliche Entwicklungsstufen
Der Einsatz von Kunststoffen als chemisch weiterentwickelte Naturprodukte war in Form von styrolhaltigen Pflanzenextrakten oder einer Art Kautschuk-Latex bereits seit den Ägyptern und Mayas bekannt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verfügte man bereits über ein umfangreiches Wissen im Umgang mit Kunststoffen. Eine wissenschaftliche Fundierung wurde jedoch erst durch Herrmann Staudinger um 1920 geschaffen.1 Die rasche Entwicklung der chemischen Industrie machte es möglich, den Kunststoff großtechnisch herzustellen.
2.
Materialstruktur
Die chemischen Ausgangsverbindungen organischer Stoffe sind an anderer Stelle beschrieben. Die Materialstruktur von Kunststoffen wurde in ihren Grundsätzen dort bereits angesprochen. Sie ist sehr stark vom Herstellungsverfahren abhängig. Neben den für das Bauwesen sekundären Kunststoffen, die durch Veredelung von Naturstoffen hergestellt werden, unterscheidet man drei Verfahren zur Herstellung synthetischer Kunststoffe: 2
Kap. IV-1, Abschn. 9.3 Organische Stoffe, S. 216 Kap. IV-1, Abschnitt 9.3.2 Kunststoffe, S. 217
• Polymerisation ( 3): die Monomere sind CH-Moleküle mit Doppelbindung wie beispielsweise Ethylen ( 8) oder Styrol ( 12). Im Polymerisationsvorgang wird die Doppelbindung aufgespalten, sodass an den freien Valenzen weitere Monomere angelagert werden können, wodurch eine Molekülkette entsteht. Aus Ethylen entsteht Polyethylen ( 9), aus Styrol Polystyrol ( 13). Ferner werden auch andere für das Bauwesen wichtige Kunststoffe wie Polypropylen und Polyvinylchlorid nach diesem Verfahren hergestellt. Es handelt sich um Plastomere, auch Thermoplaste genannt, die bei höherer Temperatur ihre Festigkeit verlieren. Die Quervernetzung der polymerisierten Moleküle erfolgt einzig durch Kohäsionskräfte ( 1), nicht durch die Verkrallung von quer abstehenden Dornfortsätzen3 ( 2). Die Polymerisation läuft ähnlich wie eine Kettenreaktion ab, die von Starter- oder Katalysator-Substanzen in Gang gesetzt wird und durch eine Abbruchreaktion endet. Dieser Wachstumsprozess ist vergleichbar mit dem Kristallwachstum bei kristallinen Stoffen; • Polykondensation ( 4): bei dieser Kondensationsreaktion verbinden sich zwei größere Moleküle unter Freisetzung von Wasser oder anderen niedrigmolekularen Substanzen. Damit die Reaktion gleichmäßig abläuft, muss dieses Wasser kontinuierlich entfernt werden. Es entstehen Ester oder Amide, die sich zu Molekülketten gruppieren. Die stark ausgeprägten Dornfortsätze (wie die Estergruppen, vgl. 15, 16) führen zu einer starken Quervernetzung der Molekülstränge und zu einer verhältnismäßig großen Festigkeit; 4
8 Kunststoff
339
1 Modellhafte Darstellung der Molekularstruktur eines polymerisierten Kunststoffs: lokale Verknüpfung in teilkristallinen Bereichen. 2 Weitmaschige Vernetzung benachbarter Molekülketten durch lange Dornfortsätze wie bei Polystyrolen und Polymethylmethacrylaten (schematische Darstellung)
3 Schema einer Polymerisation
4 Schema einer Polykondensation
5 Schema einer Polyadition
• Polyaddition ( 5): Diese verläuft ähnlich wie die Polykondensation, jedoch mit dem Unterschied, dass Wasserstoffatome H statt Wasser H2O abgespalten werden, die dann vom anzulagernden C-Atom gebunden, ihm also hinzuaddiert werden. Beispiele für baurelevante Kunststoffe, die durch Polyaddition entstehen, sind Epoxidharze und Polyurethane. Auch engmaschig vernetzte Duromere wie Phenol- oder Melaminharze entstehen nach diesem Verfahren. Ferner können aus diesem Prozess auch weitmaschig vernetzte Elastomere hervorgehen wie beispielsweise Natur- oder Polyurethankautschuk.5 Zunächst unabhängig von den Herstellungsverfahren hat der Vernetzungsgrad einen wesentlichen Einfluss auf die Materialstruktur. Wie bereits beschrieben, unterscheidet man: • Plastomere: unvernetzte Polymere; • Duromere: engmaschig vernetzte Polymere; • Elastomere: weitmaschig vernetzte Polymere.
Kap. IV-1, Abschn. 9.3.2 Kunststoffe, S. 217
340
3.
IV Stoffe
Allgemeine Eigenschaften
Wesentlich stärker als bei den anderen bisher besprochenen Werkstoffen lassen sich bei den Kunststoffen die Materialeigenschaften durch Beeinflussung bestimmter Parameter technisch steuern. Über die Existenz der drei großen Materialgruppen der Plastomere, Duromere und Elastomere hinaus lassen sich auch innerhalb dieser einzelnen Gruppen die Kunststoffe in einem breiten Spektrum technisch manipulieren. Es ist möglich, durch geeignete Herstellungsverfahren beispielsweise die Molekülgestalt und folglich das Stoffgefüge zu beeinflussen (Kettenstränge mit oder ohne Dornfortsätze); oder die Molekülgröße, wobei die Wachstumsreaktion des Polymers in ihrer Dauer beeinflusst werden kann; ferner lassen sich durch geeignete Zusatzstoffe bestimmte Merkmale des Werkstoffs steuern. Einige übliche Zusatzstoffe sind: 6 • Füll- und Verstärkungsstoffe: verbessern die Druckfestigkeit und thermische Formbeständigkeit und erhöhen in fasriger Form auch die Zugfestigkeit und Steifigkeit; • Farbmittel zur Einfärbung; • Stabilisatoren: schützen die Polymerketten vor Abbau durch äußere Einwirkungen wie UV-Strahlung, Luftsauerstoff oder Feuchtigkeit; • Gleitmittel: verbessern das Entformungsverhalten der verfestigten Schmelze beim Herstellung von Kunststoffteilen; • Treibmittel: werden zum Aufschäumen von Kunststoffen verwendet; • flammhemmende Zusätze: erlauben die Herstellung schwerentflammbarer Kunststoffe; • Nukleierungsmittel: beschleunigen die Kristallisation und erzeugen kleinere Kristallite für bessere Transparenz. • Antistatika: erzeugen einen Feuchtigkeitsfilm auf der Oberfläche, der die elektrostatische Aufladung verhindert. Aus diesen Gründen lassen sich allgemeine Aussagen zu den Eigenschaften von Kunststoffen nur sehr eingeschränkt machen. Dennoch ist im Vergleich mit den oben betrachteten Werkstoffen für Primärtragwerke Folgendes festzustellen: • Kunststoffe erreichen trotz Faserverstärkung im Vergleich nur eingeschränkte Festigkeiten; • Kunststoffe weisen eine gute Korrosionbeständigkeit auf. Gegenüber Konkurrenzmaterialien wie Stahl oder Holz ist dies ein wichtiger Vorzug;
8 Kunststoff
341
• die geringe Rohdichte von Kunststoffen macht sich im tragenden Einsatz durch eine sehr günstige Relation zwischen Eigengewicht und Festigkeit bemerkbar (vergleichbar mit Holz), bei Verwendung in Gebäudehüllen durch die günstigen Wärmeleitzahlen, also durch ihre gute Dämmwirkung. Die Kombination von guter Dämmfähigkeit und Festigkeit kann insbesondere die Wärmebrückenproblematik bei Gebäudehüllkonstruktionen entschärfen; • die Langzeit-Dauerhaftigkeit von Kunststoffen ist noch nicht umfassend getestet. Verschiedene äußere Einflüsse oder Veränderungsprozesse der Stoffstruktur können zu einer Veränderung der Stoffeigenschaften führen; 7 • Kunststoffe sind elektrisch und magnetisch neutral. Im Einsatz als Substitut für Stahl – beispielsweise bei Bewehrungen – spielt dieses Argument gelegentlich eine wichtige Rolle.
6 Rasterelektronen-Mikroskopaufnahme eines glasfaserverstärkten Kunststoffs (GfK) 7 Verwobene Aramidfaser (Mitte; rechts Carbon-, links Glasfaser)
Die mechanischen Eigenschaften der Kunststoffe variieren sehr stark. Sie streuen von elastisch, plastisch, elastoplastisch bis extrem spröde. Wesentlichen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften haben neben den Herstellungsverfahren ferner: • die Umgebungstemperatur; • das Alter des Kunststoffs; • die UV-Strahlung. Wiederum sind generelle Aussagen problematisch. Dennoch kann grundsätzlich festgestellt werden, dass Kunststoffe zwar vergleichsweise geringe Druckfestigkeiten aufweisen, dafür aber gemessen an spröden mineralischen Werkstoffen gute Zugfestigkeiten, und zwar beides in Kombination, was ihnen eine gewisse zähfeste Charakteristik verleiht. Die günstigsten Eigenschaften weisen in dieser Hinsicht faserverstärkte Kunststoffe auf ( 6). Diese Werkstoffe sind ähnlich wie Stahlbeton aus zugfesten Fasern und einer einhüllenden Matrix aufgebaut. Die Aufgabenteilung weist wiederum der Matrix die Druck- und Schub-, den Fasern die
Mechanische Eigenschaften
4.
342
IV Stoffe
Abschn. 5.7 Polyamid (PA), S. 348
5.
5.1
Zugbeanspruchung zu. Fasern können zwar nicht wie beim Stahlbeton gezielt verlegt, aber dennoch den Zugkräften folgend teilweise ausgerichtet werden ( 7). Spezielle Kunststoffe wie die aromatischen Polyamide, oder kurz Aramide, erzielen indessen als Fasermaterial höchste Zugfestigkeiten weit jenseits der Möglichkeiten hochfester Stähle.8 Nähere Angaben zu mechanischen Eigenschaften sowie auch Verformungsverhalten lassen sich nur im Zusammenhang mit einem spezifischen Werkstoff machen, weshalb auf den Abschnitt weiter unten verwiesen wird.
Einige baurelevante Kunststoffe
Stellvertretend sollen in diesem Zusammenhang ausgewählte Kunststoffe, die für den baulichen Einsatz (wenngleich zumeist nicht in Primärtragwerken) bedeutsam sind, näher betrachtet werden:
Polyethylen (PE)
Polyethylen entsteht aus der Polymerisation des Ausgangsstoffs Ethylen H2C = CH2 (auch Ethen genannt; 8, 9). Die chemische Strukturformel ist: H
H
H
H
H
C
C
C
C
C
H
H
H
H
H
H H
CH2 CH2 C C
8 Ethen bzw. Ethylen H2C = CH2 mit einer Doppelbindung, die bei der Polymerisation aufgespalten wird.
CH2
modellhafte Darstellung des Stoffgefüges in 62, S. 216
CH2
H
9 Molekül des Polyethylens (PE) mit angedeuteter Tetraeder-Grundstruktur.
H
Es handelt sich um einen Plastomeren aus unverzweigten Kettenmolekülen, die in teilkristallinen Bereichen aneinandergekoppelt sind. Sorten: Durch gezielte Einstellung der Molekülgestalt bei der Polymerisation können dichter gepackte (bei weniger verzweigten Molekülen) oder lockerer vernetzte Stoffgefüge (bei Molekülen mit Fortsätzen) hergestellt werden. Demnach sind: • PE-VLD
(very low density)
• PE-LLD
(linear low density)
• PE-LD
(low density)
8 Kunststoff
343
• PE-MD
(middle density)
• PE-HD
(high density)
erhältlich.9
Kennwerte10
PE-LD
PE-HD
Steifigkeit (E-Modul, Zug) 200-500 N/mm2
700-1400N/ mm2
Druck-, Zugfestigkeit m
8-23 N/mm2
18-35N/mm2
Rohdichte l
9,2 kN/m3
9,5 kN/m3
Wärmeleitzahl h
0,3 W/mK
0,42 W/mK
Wärmedehnzahl _
200 · 10 -6 K-1
150 · 10 -6 K-1
Polypropylen ist ein Plastomer, geht aus einer Polymerisation hervor und zeigt eine kettenartige Molekularstruktur mit seitlichen noppenartigen Fortsätzen aus CH3 -Gruppen ( 10). Die chemische Strukturformel ist:
H
H CH3 H
H
C
C
C
C
C
CH3 H
H
H CH3
Polypropylen (PP)
für die syndiotaktische Variante (rhythmisch abwechselnde Lagen der CH 3 -Gruppen; bei der isotaktischen sind alle CH3 -Gruppen einseitig ausgerichtet, bei der ataktischen unregelmäßig getaktet). Die vernetzte Molekularstruktur ( 11) eines regelmäßig getakteten PP (iso- oder syndiotaktischen PP) ergibt einen Kunststoff mit guter Steifigkeit und Härte. Ataktisches PP ist dagegen weich.11
CH-Gruppe (hinten) CH2-Gruppe CH3-Gruppe (hinten) CH2-Gruppe
CH3-Gruppe
10 Polypropylen. CH 3 -Gruppen stehen wie Dornfortsätze seitlich ab. Aneinander gekettete, sich abwechselnde CH- und CH2-Gruppen bilden den eigentlichen Molekülstrang (Tetraederstruktur graphisch hervorgehoben, hier syndiotaktisches PP dargestellt).
CH-Gruppe
11 Polypropylenkette. Die noppenartigen Querfortsätze führen zu einer Verhakung und Vernetzung der Kettenstränge.
5.2
344
IV Stoffe
Kennwerte
PP
Steifigkeit (E-Modul, Zug) 1100-1300 N/mm2
5.3
Polyvinylchlorid (PVC)
Kap. IV-1, 9.3.2 Kunststoffe, S. 217
Druck-, Zugfestigkeit m
21-37 N/mm2
Rohdichte l
9,0 kN/m3
Wärmeleitzahl h
0,22 W/mK
Wärmedehnzahl _
100-200 · 10 -6 K-1
Vinylchlorid H2C=CHCl aus der Reaktion von Ethylen und Chlor verbindet sich in einer Polymerisation zu Polyvinylchlorid. Die chemische Strukturformel ist H
H
H
H
H
C
C
C
C
C
Cl
H Cl H Cl
PVC ist ebenfalls ein Plastomer. Die Makromoleküle sind, aufgrund der im Vergleich zu den C- und H-Atomen viel größeren Cl-Atome, stark verkrümmt und dicht verfilzt, was zu einer hornartig zähen Werkstoffcharakteristik führt. Dies wird durch die Polarität der Cl-Atome noch zusätzlich verstärkt. Sorten: Man unterscheidet zwei PVC-Sorten: • Hart-PVC oder PVC-U (unplasticized); • Weich-PVC oder PVC-P (plasticized). Aus der Polymerisation geht zunächst Hart-PVC hervor, das dann anschließend mit Hilfe von Weichmachern zu Weich-PVC weiterverarbeitet werden kann und dabei eine elastische bis weichplastische Konsistenz erhält. Kennwerte
PVC-U
Steifigkeit (E-Modul, Zug) 1000-3500 N/mm2
PVC-P –
Druck-, Zugfestigkeit m
50-75 N/mm2
10-25 N/mm2
Rohdichte l
13,8-15,5 kN/m3
11,6-13,5 kN/m3
Wärmeleitzahl h
0,14-0,17 W/mK
0,15 W/mK
Wärmedehnzahl _
80 · 10 -6 K-1
150-210 · 10 -6 K-1
8 Kunststoff
345
Polystyrol entsteht aus der Polymerisation von Styrol, das seinerseits aus der Verbindung von Ethen und Benzol hervorgeht ( 12). Die chemische Strukturformel ist:
Polystyrol (PS)
5.4
H
H
H
H
H
C
C
C
C
H C
C
H
H H C H C
C C
C H
H C
C H
H C
H
C C
H
C H C H
H
C
H
C
H C C
Die sperrigen Dornfortsätze aus Benzolringen halten die leicht verwundenen Molekülketten weit auseinander, verknüpfen diese aber wirkungsvoll (vgl. modellhafte Darstellung in 13, 14). Aufgrund der entstehenden Leerstellen kann das Material glasklar hergestellt werden. Sorten: Man unterscheidet:
H C
C
H
H
12 Styrol aus der Verbindung von Ethen und einem sechseckigen Benzolring. Die Doppelbindung zwischen der CH- und der CH2-Gruppe oben wird bei der Polymerisation aufgespalten und bildet den Kettenhauptstrang ( 13 rechts).
• PS-E-Polystyrol: expandierbares, schaumfähiges Material; wird durch Zugabe von Treibmittel bei der Polymerisation erzeugt. Wird auch als expandierter Polystyrolpartikelschaum (EPS) bezeichnet. Konventioneller Polystyrolschaum für Dämmzwecke; • PS-X-Polystyrol: das Treibgas wird erst bei der Extrusion von Plattenmaterial zugeführt; sogenannter Extruderschaum, auch als extrudierter Polystyrolhartschaum (XPS) bezeichnet. Geschlossenzelliger Schaumstoff für erdberührte Bauteile und Umkehrdächer; • Ferner auch verschiedene Copolymerisate wie ABS oder ASA, die durch Aufpropfen von Polybutadien entstehen. Kennwerte
PS-E
Steifigkeit (E-Modul, Zug: 3200 N/mm2
13 Polystyrol (Ausschnitt). Polymerkette aus einem CH2-Strang mit angegliederten Fortsätzen aus Benzolringen (grau hervorgehoben). Diese sind für eine starke Vernetzung des Stoffgefüges verantwortlich.
PS-X –
Druckfestigkeit mD
0,06-0,25 N/mm2 > 0,15 N/mm2
Zugfestigkeit mZ
0,1-0,5 N/mm2
0,5 N/mm2
Rohdichte l
0,15-0,3 kN/m3
3,0-3,5 kN/m3
Wärmeleitzahl h
0,03-0,035 W/mK
–
Wärmedehnzahl _
80 · 10 -6 K-1
–
14 Abstrahiertes Stoffgefüge von Polystyrol mit großen Dornfortsätzen. Die Ketten werden verknüpft, aber weitmaschig auseinander gehalten.
346
5.5
IV Stoffe
Polymethylmethacrylat (PMMA)
Polymethylmethacrylat, auch als Acrylglas oder Plexiglas bezeichnet, ist ein Plastomer aus Monomeren mit ausgeprägten Dornfortsätzen aus Estergruppen ( 15, 16). Die chemische Strukturformel ist: H
H H
H
C
C
C
H
C
H
O
H
H
C
C
H
C
C
H
H C
O
H
O
O H
C
H
H
C
H
H
H
Die Polarität der Estergruppen erzeugt eine starke Anziehung zwischen benachbarten Molekülsträngen. Das Stoffgefüge ist hart und beständig.
Kettenstrang
H
Fortsatz CH3-Gruppe (2) (hinten)
H H
Kettenglied CH2-Gruppe
H
(1)
C H
C C C
H2
H
O
H2
H1
C2
H H
H2
H1 O
C1
15 Methylmethacrylat. Dieses Monomer setzt sich aus dem Kettengrundbaustein CH2 und aus einem Dornfortsatz in Form eines Esters (CO-O-CH3) zusammen. Die Doppelbindung an der CH2-Gruppe oben wird zur Kettenbildung aufgespalten. Kettenstrang
16 Polymethylmethacrylat. Man erkennt den Hauptstrang (Punktlinie) sowie die seitlich links abstehenden Dornfortsätze der Estergruppen.
Dornfortsatz Estergruppe
Kennwerte
PMMA
Steifigkeit (E-Modul, Zug) 2700-3200 N/mm2 Druck-, Zugfestigkeit m
50-77 N/mm2
Rohdichte l
11,7-12,0 kN/m3
Wärmeleitzahl h
0,19 W/mK
Wärmedehnzahl _
80 · 10 -6 K-1
8 Kunststoff
347
Polytetrafluorethylen entsteht aus der Polymerisation von Tetrafluor F2C=CF2 ( 17). Die chemische Strukturformel ist: F
F
F
F
F
C
C
C
C
C
F
F
F
F
F
Polytetrafluorethylen (PTFE)
Es entstehen weitgehend lineare Ketten, die sich aufgrund der starken Polarität zwischen den C- und den F-Atomen zu einer ausgeprägt kristallinen Struktur zusammenknüpfen ( 18 - 20). Die kristallinen Bereiche umfassen bis zu 70% der Moleküllängen.12 Kennwerte
PTFE
Steifigkeit (E-Modul, Zug) 420 N/mm2 Druck-, Zugfestigkeit m
10-14 N/mm2
Rohdichte l
21-23 kN/m3
Wärmeleitzahl h
0,24 W/mK
Wärmedehnzahl _
130-200 · 10 -6 K-1
F F
F F
C
C
C
17 Tetrafluorethylen. F F
18 Polytetrafluorethylen (PTFE) entsteht aus dem Monomer Tetrafluorethylen durch Aufspaltung seiner Doppelbindung
19 Anziehung zwischen C- und F-Atomen benachbarter Polytetrafluorethylenketten (PTFE) infolge starker Polarität 20 Die starke Anziehung zwischen den PTFEPolymerketten führt zu einer kristallähnlichen, eng vernetzten räumlichen Gitterstruktur (schematische Darstellung nach Volland).
5.6
348
5.7
IV Stoffe
Polyamid (PA)
Polyamide sind Thermoplaste, die durch Polykondensation von Aminosäuren entstehen.13 Die Makromoleküle weisen ausgeprägte teilkristalline Bereiche auf, die dem Material eine hornartige Zähigkeit verleihen ( 21). Die chemische Strukturformel des Monomers (hier vom Polyamid Perlon) ist
CH2 CH2
CH2
CH2
CH2
CO
CH2 NH
21 Polyamid (Perlon-Polymer)
H
H
H
H
H
H
C
C
C
C
C
N C
H
H
H
H
H
O
n
Dieses ergibt durch die zyklische Wiederholung das Kettenmolekül des Polyamids. Neben den weit verbreiteten Nylon- und Perlon-Polyamiden haben auch aromatische Polyamide besondere Bedeutung. Sie werden auch als Aramide bezeichnet, sind aber insbesondere durch Markenbezeichnungen wie Kevlar ® 14 allgemein bekannt geworden. Die Fasern bestehen aus Molekülketten, die durch seitliche Wasserstoffbrücken einen hohen Kristallinitätsgrad von 30 bis 60 % aufweisen.15 Zusätzlich werden die Ketten auf ein Mehrfaches ihrer Länge verstreckt, sodass die Parallelorientierung der Ketten verstärkt wird. Als Folge davon weisen die Fasern einen extrem hohen Dehnungswiderstand, große Reiß- und Hitzefestigkeit sowie hohe Biegsamkeit auf. Aramide erreichen Bruchspannungen von rund 3500 N/mm2 und übertreffen damit selbst hochfeste Stähle. Kennwerte
z.B. Polyamid 6 extrudiert (PA 6 E)
Steifigkeit (E-Modul, Zug) 1500-3000 N/mm2
5.8
Polyurethan (PU)
Druck-, Zugfestigkeit m
80-120 N/mm2
Rohdichte l
11,4 kN/m3
Wärmeleitzahl h
0,23 W/mK
Wärmedehnzahl _
70-100 · 10 -6 K-1
Polyurethane entstehen durch Polyaddition mehrwertiger Alkohole und Isocyanate.16 Die chemische Strukturformel eines Monomers ist: 17
O
H
H
C
C
H
H
O
C O
H
H
H
H
H
H
H
H
N
C
C
C
C
C
C
N C
H
H
H
H
H
H
O
n
8 Kunststoff
349
wobei je nach Verfahren lineare Polyurethane (vergleichbar den Polyamiden) oder auch vernetzte Polyurethane hergestellt werden können.18 Dementsprechend weit gestreut sind auch die erzielbaren Stoffeigenschaften. Kennwerte:
z.B. Polyurethan-Integral-Hartschaum 22K (PUR IHS 22K)
Steifigkeit (E-Modul, Zug.) 350-600 N/mm2 Druck-, Zugfestigkeit m
8-18 N/mm2
Rohdichte l
4,0-6,0 kN/m3
Wärmeleitzahl h
0,025 W/mK
Wärmedehnzahl _
73 · 10 -6 K-1
Polycarbonate sind thermoplastische Polyester, die durch Polykondensation entstehen. Es sind glasklare, hochelastische, ausgesprochen zähe Kunststoffe mit glänzender Oberfläche, die im Bauwesen insbesondere bei transparenten oder transluzenten Hüllelementen Verwendung finden. Am bekanntesten sind Hohlkammerplatten (z.B. Doppelstegplatten) aus Polycarbonat. Aufgrund der hohen Schlagzähigkeit von PC 19 weisen sie eine gute Bruchfestigkeit auf. Gegen UV-Strahlung und sonstigen Witterungseinflüssen sind Polycarbonate sehr beständig. 20
Polycarbonat (PC)
5.9
Polyisobutylen, auch als Butylkautschuk bekannt, weist eine verknäuelte, nur teilweise vernetzte Molekularstruktur aus Kettensträngen mit seitlichen CH3 -Dornfortsätzen auf. Seine Stoffcharakteristik entspricht der eines Elastomers, der Werkstoff ist gummielastisch bis zähplastisch. Er ist außerordentlich alterungsbeständig, ist säure- und laugenresistent, wird aber von Mineralölen und Benzin angegriffen.21
Polyisobutylen (PIB)
5.10
Ungesättigte Polyesterharze entstehen durch Polykondensation und sind harte, sehr spröde, wasserklare Kunststoffe mit hervorragender chemischer Resistenz. 22 Sie werden im Bauwesen als Klebstoffe (Zweikomponentenkleber), Gießharze sowie auch als Bindemittel für Polymermörtel und -betone eingesetzt.23
Ungesättigte Polyesterharze (UP)
5.11
Silikone, auch als Polysiloxane oder Siloxane bezeichnet, nehmen eine Sonderstellung innerhalb der polymeren Stoffe ein. Anders als die bisher betrachteten organischen Verbindungen, die auf Molekülketten aus C-Atomen bestehen, ist der Kettenstrang des Silikonpolymers eine Verbindung von Silicium Si- und Sauerstoff O-Atomen (Siloxankette). Die seitlichen Valenzen der Si-Atome sind durch organische CH-
Silikon (SI)
5.12
350
IV Stoffe
Verbindungen besetzt, beispielsweise mit Methylgruppen CH3 wie auf der Strukturformel eines Polydimethylsiloxans erkennbar: H H
H
C
H
Si H
O
C
H
C
H
Si H
C
O H
n
H
H
Kap. IV-1, Abschn. 9.1 Mineralische Stoffe, S. 203
H
Silikone nehmen eine Zwischenstellung zwischen den anorganischen Silicaten und den organischen Polymeren ein.24 Die Kettenstränge lassen sich entweder linear – mono- und difunktionelle Struktureinheiten – oder mit seitlichen Verzweigungen aus Si-O-Ketten – einseitige Verzweigungen: trifunktionelle, zweiseitige: tetrafunktionelle Struktureinheiten, vgl. 22 – herstellen. Dementsprechend lassen sich Molekulargefüge mit verschiedenen Vernetzungsgraden erzeugen, was die große Bandbreite der Materialeigenschaften von Silikonprodukten erklärt. Sorten: Es können je nach beteiligtem molekularem Strukturelement: • lineare oder zyklische Silikonöle entstehen, bzw. • bei entsprechender Vernetzung des Moleküls – tri- und tetrafunktionelle Strukturelemente – auch gummielastische kaltvulkanisierende Silikonkautschuke (RTV = Room Temperature Vulcanizing), wie sie als plastisch spritzbare Dichtstoffe ausgiebig im Bauwesen verwendet werden, sowie auch • heißvulkanisierende Silikonkautschuke (HTV = High Temperature Vulcanizing) wie für feste Dichtbänder, -profile und Schläuche eingesetzt – beispielsweise im Fenster- und Fassadenbau –, wie auch ferner • Silikonharze, die durch Erhitzen aushärten und beispielsweise zu Lacken verarbeitet werden.
22 Verschiedene Verzweigungsgrade von Silikonen bei verschiedenartigen Strukturelementen. R be25 zeichnet jeweils einen Methyl- oder Phenylrest.
R
R
R
O
R Si O
O Si O
O Si O
O Si O
R
R
O
O
difunktionell
trifunktionell
tetrafunktionell
monofunktionell
8 Kunststoff
1 2 3 4 5 6
7 8 9 10
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Bauen mit Kunststoffen E&S IBK Darmstadt (Hg) Jahrbuch Kunststoffe 2004, S. 44 Volland (1999) Einblicke in die Baustoffkunde..., S. 209 Ebda S. 210 Ebda S. 210 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, Datensammlung für technische Kunststoffteile der Kern GmbH, Clemens-KernStr. 1, D-56276 Großmaischeid; S. 46 f Volland (1999) S. 211 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 272 f; auch Beukers, van Hinte (2001) Lightness, S. 167 f Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 51 f Alle Daten dieser und der folgenden Kennwerttabellen für Kunststoffe sind entnommen: Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 56 Benedix (1999) Chemie für Bauingenieure, S. 419 Ebda S. 420 Kevlar ist eine Markenbezeichnung der Firma DuPont. Die chemische Bezeichnung ist Poly(p-phenylen-terephthalamid) Informationen des Fachinformationszentrums (FIZ) Chemie Berlin, VS-C Polyamide Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl. (1987), Stw. Polyurethane Benedix (1999) S. 426 Ebda S. 426 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 61 Benedix (1999) S. 425 Ebda S. 411 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 59 Benedix (1999) S. 424 Ebda S. 299 Ebda S. 299
351
Anmerkungen
V BAUPRODUKTE 352
IV Stoffe
1. Geschichte der künstlichen Steine .......................... 354 2. Gebrannte Ziegel ...................................................... 356 2.1 Ausgangsstoffe ................................................ 356 2.2 Herstellung ....................................................... 356 2.3 Färbung............................................................. 356 2.4 Auswahlkriterien............................................... 356 2.5 Nennmaße und Kenngrößen ............................ 357 2.6 Ziegelformen .................................................... 358 2.7 Sonderziegel ..................................................... 361 3. Ungebrannte Mauersteine ....................................... 362 3.1 Kalksandsteine ................................................. 362 3.1.1 Kurzbezeichnungen ................................ 362 3.1.2 Steinformate ........................................... 363 3.1.3 Kennwerte .............................................. 363 3.2 Porenbetonsteine ............................................. 364 3.2.1 Kurzbezeichnungen ................................ 364 3.2.2 Kennwerte .............................................. 364 3.2.3 Porenbeton als Baumaterial ................... 364 3.3 Beton- und Leichtbetonsteine .......................... 366 3.3.1 Kurzbezeichnungen ................................ 366 3.3.2 Kennwerte .............................................. 366 3.3.3 Bauen mit Steinen und Platten aus Beton und Leichtbeton........................... 367 3.4 Hüttensteine ..................................................... 367 3.4.1 Kurzbezeichnungen ................................ 367 3.4.2 Kennwerte .............................................. 367 3.5 Mantelbausteine ............................................... 368 4. Mauermörtel ............................................................ 368 4.1 Normalmörtel (NM) ...........................................370 4.2 Leichtmörtel (LM)..............................................370 4.3 Dünnbettmörtel (DM)........................................371 4.3.1 Vermauern von porosiertem Ziegelmauerwerk ....................................371 4.4 Mittelbettmörtel (MM) ......................................371 4.5 Vormauermörtel (VM) .......................................372 4.6 Sonstige spezielle Mörtel ..................................372 5. Mineralputze, Kunstharzputze und Wärmedämmverbundsysteme .................................372 5.1 Außenputze ...................................................... 373 5.2 Innenputze ........................................................ 373 5.3 Ausgangsstoffe ................................................ 373 5.4 Putzmörtelgruppen .......................................... 373 5.5 Lieferung und Anwendung ................................374 5.6 Putzaufbau.........................................................374 5.6.1 Putzdicken ...............................................375 5.6.2 Putzsysteme .......................................... 377 5.6.3 Putzweisen............................................. 377 5.7 Anwendung verschiedener Putzartzen ............ 377 5.7.1 Wärmedämmputze ................................ 377 5.7.2 Wärmedämmverbundsystem (WDVS) .. 377 Anmerkungen.................................................................379 Normen und Richtlinien .................................................379
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON KUNSTSTOFF GLAS
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_20
354
1.
V Bauprodukte
Geschichte der künstlichen Steine
Scheidegger (1990) Die Geschichte der Bautechnik Neuberger (1919) Die Technik des Altertums Schumacher (1920) Das Wesen des neuzeitlichen Backsteinbaus
Kap. IV-4, Abschn. 1 Geschichtliche Entwicklungsstufen, S. 264
Die Technik der Herstellung künstlicher Steine umfasst eine über 6000jährige Entwicklungsgeschichte. Künstliche Steine waren vermutlich die ersten präfabrizierten Bauprodukte auf den frühen Baustellen der Menschheit. Das mauerwerkstypische Prinzip des Vermauerns von Steinen im Verband in einem Gefüge dünner, sich gegenseitig stabilisierender Wände hat sich wegen seiner konstruktiven Konsequenz und Sinnhaftigkeit sowie auch wegen der altvertrauten Formensprache, die im Laufe der Geschichte aus ihm hervorgegangen ist, selbst heute einen Platz im modernen Wandbau bewahrt. Die frühen Ziegel des Altertums wurden zumeist in der Sonne getrocknet ( 1-2) oder schwach gebrannt. Aber auch hochgebrannte und glasierte Ziegel waren schon damals bekannt. Die römische Kultur hat die Technik der Ziegelherstellung nachhaltig geprägt. Auch die Ziegelherstellung in Deutschland lässt sich bis auf die Einführung römischer Technologie zurückverfolgen. Das Wort Ziegel leitet sich von lateinisch tegula ab. Dies war der römische Leistendachziegel. Die Römer haben ihre Ziegelprodukte über ihr damaliges Weltreich hinweg normiert, eine maßliche Vereinheitlichung, die in der Menschheitsgeschichte in einer derartigen geografischen Ausdehnung bis heute nicht mehr erreicht wurde. Die Dichte der Ziegeleien im römischen Reich war hoch. Hersteller waren das Militär und private Ziegeleien, die Steinmaterial, Dachziegel, Röhren und Formziegel – beispielsweise zum Bau der Hypokaustenheizungen – herstellten ( 3). Auch die Verbindung gemauerter Ziegelschalen und Verfüllungen mit Beton (opus caementitium) war eine Innovation römischer Bautechnik. Bereits vor diesen gebrannten Ziegeln waren in Babylon Kunststeine aus Quarz, Kalk und Magnesium bekannt. Die Römer verwendeten bereits künstliches Steinmaterial, das aus Zuschlagstoffen und einem hydraulischen Bindemittel hergestellt wurde und unseren heutigen Betonsteinen sehr ähnlich war. Noch bis in das späte Mittelalter hinein wurde häufig mit römischen Ziegeln gebaut, die aus den Ruinen des untergegangenen Weltreichs wiedergewonnen wurden. Die Ziegelherstellung, oft durch Wanderziegler, die sogenannte Handstrichziegel erzeugten, war kostenintensiv, der Ausschuss an unbrauchbaren Ziegeln groß. Erst im 19. Jahrhundert wurden Ziegel industriell produziert. 1859 baute Friedrich Hoffmann einen ersten Ringofen und ermöglichte nach der Erfindung der TonSchneidemaschine die Massenproduktion dieses für die industrielle Revolution so wichtigen Baumaterials in einer durchgängigen Qualität. Künstliche Steine stellen bis heute für viele Bauaufgaben von kleiner bis mittlerer Größenordnung in Verbindung mit Stahlbeton das wesentliche Rohbaumaterial dar. Moderne Bauprodukte wurden dabei den erhöhten bauphysikalischen und baubetrieblichen Anforderungen angepasst. Der künst-
1 Künstliche Steine
355
liche Stein kann heute in seinen vielen Anwendungsformen, insbesondere in seinem Einsatz in der Gebäudehülle, als ein hochentwickeltes industrielles Produkt gelten.
1 Lehmziegel bzw. ungebrannte Lehmsteine werden bei diesem Beispiel aus Ghana an der Luft zum Trocknen ausgelegt.
2 Aktuelle Lehmziegelherstellung in Marokko. Im Vordergrund wird die Lehmmasse eingesumpft, nach der Herstellung der Ziegel in Handarbeit werden diese zum Trocknen ausgelegt.
3 Römische Ziegel, die für den Bau einer Hypokaustenheizung verwendet wurden (Rekonstruktion in der Villa Rustica bei Lauffen/Neckar).
356
2.
V Bauprodukte
Gebrannte Ziegel
Ziegel werden aus Lehm, Ton oder tonigen Massen hergestellt und gebrannt. Zu fette Ausgangsstoffe müssen durch Zusätze von Sand, Ziegelmehl, Asche, etc. gemagert werden. Der Ziegelton wird je nach seinen Eigenschaften durch Mischen, Schlämmen, Einsumpfen oder Auswintern aufbereitet. Weiterhin wird das Mischgut durch ein Walzwerk geführt und zermahlen. Ein abschließendes sogenanntes Mauken oder Sumpfen verbessert die Plastizität und die Bindefähigkeit der Tonmasse.
2.1
Ausgangsstoffe
2.2
Herstellung
In der Regel erfolgt die Herstellung gebrannter Ziegel durch einen Strangpressvorgang. Aber auch auf vertikalen Stempeln gepresste Ziegel sind möglich. Die so entstandenen Rohlinge werden bei einer Temperatur von ca. 100°C getrocknet, wobei dem Ton das Anmachwasser entzogen wird, um ein späteres Zertreiben der Steine durch Dampfentwicklung während des Brennvorganges zu vermeiden. Nach dem Trocknungsvorgang werden die Rohlinge bei einer Temperatur von 900 bis 1100°C gebrannt. Durch die Silicatisierung beim Brennprozess werden die Rohstoffpartikel irreversibel verbunden. Nachdem der Ziegel den Ofen verlassen hat, besitzt er seine endgültigen Eigenschaften und kann nach dem Abkühlvorgang auch sofort verarbeitet werden.
2.3
Färbung
In Abhängigkeit des Ausgangsstoffs und der Ofenatmosphäre nehmen gebrannte Ziegel unterschiedliche Färbung an: • hoher Eisenoxidanteil sowie sauerstoffreiche Ofenatmosphäre bewirkt eine Rotfärbung der Mauerziegel; • hoher Mergelgehalt oder geringer Eisenoxidanteil führt zu Gelbfärbung; • sauerstoffarme Ofenatmosphäre erzeugt eine dunkle Färbung.
2.4
Auswahlkriterien
Für gemauerte Wände stehen klein-, mittel- und großformatige Mauersteine in vielfältiger Form und Abmessung zur Verfügung. Sie können auf spezifische Funktionen hin spezialisiert sein wie • Tragfähigkeit (Druckfestigkeit) • Wärmeschutz • Schallschutz • Brandschutz • Schlagregenschutz
1 Künstliche Steine
357
• Frostbeständigkeit • Verarbeitung Die Steinformate werden bis heute auf der Basis des oktametrischen Maßsystems gekennzeichnet als Vielfaches von ( 4-5):
Nennmaße und Kenngrößen Kap. II-3, Abschn. 2.1 Das oktametrische Maßsystem, S. 68
• DF (Dünnformat) Steinhöhe 52 mm; • NF (Normalformat) Steinhöhe 71 mm; Die Kennzeichnung mithilfe der Steindimensionen in Millimetern (Breite x Höhe x Länge) ist ebenfalls möglich: Länge bzw. Breite: 115, 145, 175, 240, 300, 365, 490 mm Höhe: 52, 71, 113, 238 mm Ferner werden weitere Merkmale herangezogen: • Rohdichte: 0,7 bis 2,2 kg/ dm3 • Druckfestigkeitsklasse: 12 bis 60 N/mm2 DF
5,2
11,5 NF
7,1
11,5 2DF 11,3 11,5 5DF
4DF
6DF
8DF
23,8 11,5 12DF
9DF
7,5DF
3DF 11,3 17,5 4DF
5DF
6DF
8DF
11,3 24 10DF
8DF
16DF
12DF
24
Länge
Breite
format
in mm
in mm
Höhe in mm
DF
240
115
52
NF
240
115
71
2 DF= 1,5 NF 240
115
113
3 DF= 2,5 NF 240
175
113
3,20 DF
145
300
113
3,75 DF
300 (308)
175
113
4 DF
240 (248)
115
238 (249)
4 DF
240 (248)
240
113 (124)
5 DF
300 (308)
115
238 (249)
5 DF
300 (308)
240
113 (124)
6 DF
365 (373)
115
238 (249)
6 DF
365 (373)
240
113 (124)
6 DF
490 (498)
175
113 (124)
7,5 DF
300 (308)
175
238 (249)
8 DF
240 (248)
240
238 (249)
8 DF
490 (498)
115
238 (249)
8 DF
490 (498)
240
113 (124)
9 DF
365 (373)
175
238 (249)
10 DF
240 (248)
300
238 (249)
12 DF
365 (373)
240
238 (249)
12 DF
490 (498)
175
238 (249)
14 DF
240 (248)
425
238 (249)
15 DF
365 (373)
300
238 (249)
16 DF
490 (498)
240
238 (249)
20 DF
490 (498)
300
238 (249)
4 Übersicht der Formate künstlicher Ziegelsteine als Vielfaches des Dünnformats DF
23,8 24
Stein-
30
36,5
49
5 Übersicht der Maße von künstlichen Ziegelsteinen
2.5
358
V Bauprodukte
• Angabe der verwendeten Wandstärke in mm Bezeichnungsbeispiel: DIN 105-100
2.6
Ziegelformen
Ziegel DIN 105-100 Mz (Vollziegel) 12 -1,8 - 2DF 240 ( 6). Grundsätzlich werden folgende drei Ziegelarten unterschieden ( 7): • Vollziegel: mit und ohne Lochung; • Hochlochziegel: Lochung rechtwinklig zur Lagerfläche ;
Vollziegel ungelocht
Vollziegel gelocht
• Langlochziegel: Lochung parallel zur Lagerfläche. Im Einzelnen wird ferner unterschieden zwischen:
Mauertafelziegel
Hochlochziegel mit Griffschlitz
Hochlochziegel
Langlochziegel
7 Grundtypen gebrannter Ziegelsteine.
• Vollziegel (Mz): gelocht oder ungelocht. Ziegel, deren Querschnitt bis zu 15% gemindert sein darf, z.B. zur Integration von Grifflöchern. Lochung A (rund), B (quadratisch) oder W (Waben) (Grund der Lochung: Gewichtsersparnis, Verminderung von Arbeitsaufwand, Reduzierung des Schwindprozesses) mit einem Lochanteil von 15 – 35%; • Leichthochlochziegel (LHIz): oder porosiertes Ziegelmauerwerk für Außenwandbauteile. Es handelt sich um senkrecht zur Lagerfuge gelochte Ziegel. Die Steine können als die Antwort der Ziegelindustrie auf die erhöhten Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz in den 80er Jahren verstanden werden. Der Gesamtlochquerschnitt liegt nach DIN 105 bei bis zu 50% der Lagerfläche ( 8-13). Besonders zu erwähnen sind: •• max. Druckfestigkeitsklasse 20 N/mm2; •• max. Rohdichte 1,0 kg/dm3;
8 (Links) Moderner Leichthochlochziegel mit Zahnleiste an der Stoßfuge 9 (Rechts) Moderner Außenwand-Planziegel mit Perlitefüllung in den Kammern (Hersteller: Fa. Wienerberger)
10 Fugenbild einer mit Dünnbettmörtel vermauerten modernen Mauerwerksaußenwand aus großformatigen Leichthochloch-Planziegeln 11 Formschlüssige mörtellose Stoßfuge zur Vermeidung einer thermischen Schwachstelle durch die Mörtelschicht
•• Entstehung der Porosierung beim Brennen durch Zugabe von Sägespänen, Styroporkugeln oder ähnlichen porenbildenden Materialien, die während des Brenn-
1 Künstliche Steine
359
Verfügbare Steinformate, Druckfestigkeitsklassen und Rohdichteklassen nach DIN 105 und DIN EN 771 Ziegelart
Kurzbezeichnung
Hochlochziegel DIN 105-100 Vormauerhochlochziegel DIN 105-100 Vollziegel Vormauerziegel DIN 105-100 Hochlochklinker DIN 105-100 Vollklinker DIN 105-100 Leichthochlochziegel DIN 105-100, DIN EN 771-1
HLzA HLzB VHLzA VHLzB Mz VMz
Mauertafelziegel DIN EN 771-1 Vollziegel Hochlochziegel Vollklinker Hochlochklinker DIN 105-100, DIN EN 771-1 Keramik-Vollklinker Keramikhochlochziegel DIN 105-4 und -100 Leichtlanglochziegel Leichtlanglochziegelplatte DIN 105-5 und -100, DIN EN 771-1 Planvollziegel Planhochlochziegel Planklinker DIN 106-6, DIN EN 771-1 1)
Rohdichteklasse in kg/dm 3 1,2 - 1,6
Festigkeitsklasse in N/mm 2 4 - 28
Formate (auch: b x h x l in mm)
1,4 - 1,6
12 - 28
NF - 3DF
1,6 - 2,2
12 - 28
NF - 5 DF
KHLzA KHLzB KMz
≥ 1,9
28
NF - 3 DF
≥ 1,9
28
NF, DF
HLzA HLzB HLzW HLzT
0,6 - 10
4 - 12
2 DF - 16 DF
0,8 - 1,0
6 - 28
8 DF - 24 DF
Mz/VMz HLz/VHLz KMz KHLz
1,2 - 2,2
36 - 60
NF - 5 DF
KK KHK
1,6 - 2,2
60
NF - 2 DF
Lz Lp
0,5 - 1,0
2 - 12
NF - 16 DF 60 - 115s 1)
PMz PHLz PKMz
0,7 - 2,0
2 - 28
NF - 10 DF
NF - 16 DF
Bei Lp Leichtlanglochziegelplatte Angabe der Steinstärke mit dem Zusatz s
6 Übersicht der verfügbaren Steinformate mit Druckfestigkeits- und Rohdichteklassen für gebrannte Ziegelsteine
12 Zur Verringerung eines Wärmebrückeneffekts mit Leichtmörtel vermauerte Leichthochlochziegel 13 Formziegel werden heute von den meisten Herstellern als Ergänzung angeboten. Hier als Anschlagziegel an der Fensteröffnung.
360
V Bauprodukte
vorgangs ausgebrannt werden und so Hohlräume erzeugen; •• die Steine werden als Außenwandsteine eingesetzt und werden in der Lagerfuge mit Leichtmörtel, Dünnbettmörtel oder Mittelbettmörtel vermauert. Im Bereich der Stoßfuge erfolgt die Fügung über die formschlüssige Verzahnung der Steine; • Mauertafel- und Mauertafelleichtziegel: großformatige Hochlochziegel mit durchgehenden senkrechten Kanälen. Durch diese kann Bewehrung geführt werden, die dann mit Mörtel vergossen wird – Herstellung nach DIN 1053, Teil 4; • Vormauervoll-, Vormauerhochloch- und Vormauerleichthochlochziegel (VMz, VHlz): Sammelbegriffe für zur Verblendung geeignete Ziegel, die frostbeständig nach DIN 52 252, Teil 1 sein müssen. Eine Strukturierung der Oberfläche ist zulässig; • Vollklinker und Hochlochklinker (KMz, KHlz): frostbeständige, an der Oberfläche bis zur Sinterung gebrannte Ziegel. Sie eignen sich insbesondere für hochbeanspruchtes Mauerwerk; • mittlere Scherbenrohdichte von 1,90 kg/dm3; • Massenanteil der Wasseraufnahme max. 7%; DIN 105-5
• Druckfestigkeit * 28 N/mm2; • Keramikvoll- und Keramikhochlochklinker (KK, KHK): Herstellung aus besonders hochwertigen und dichtbrennenden Tonen. Keramikklinker werden überall dort eingesetzt, wo eine hohe Widerstandsfähigkeit der Mauerwerksoberflächen gefordert ist; • mittlere Scherbenrohdichte von 2,00 kg/dm3; • Druckfestigkeit * 60 N/mm2; • Ritzhärte der Oberfläche nach Mohs mind. 5; • beständig gegen Flusssäure; • Leichtlanglochziegel und Leichtlanglochziegelplatten: Beide werden vor allem im Innenausbau zur Erstellung von Trennwänden verwendet. Die Lochung verläuft parallel zur Lagerfuge. Leichtlanglochziegelplatten dürfen nur zur Erstellung von nichttragendem Mauerwerk eingesetzt werden und stellen eine Sonderform im Mauerwerksbau dar;
1 Künstliche Steine
361
• Formziegel und Handformziegel: Ziegel mit unregelmäßigen Oberflächen, z.B. zur Ergänzung von Verblendmauerwerk. Neben den o.g. Ziegelsteinen gibt es heute eine Vielzahl von Ziegelprodukten, bei denen Ton über seine ursprüngliche Anwendung hinaus als hochspezialisierter Werkstoff eingesetzt wird. Sie erweitern die Einsatz- und Formgebungsmöglichkeiten von Ton weit über die traditionelle Steinanwendung hinaus. Hier sind nur einige Beispiele genannt:
Sonderziegel
Band 3, Kap. XIII-3 Schalensysteme und ebda. Kap. XIV-3 Vertikale Raumabtrennungen
• Ziegelelementdecken und Ziegelmontagedecken werden unterschieden in: •• statisch mitwirkende Ziegel für Decken und Wandtafeln; •• statisch nicht mitwirkende Deckenziegel. Beiden Konstruktionsmethoden ist gemeinsam, dass Ziegelformsteine als Lochziegel oder Hohlkammersteine in der massiven Deckenkonstruktion integriert werden und somit das Gesamtgewicht der Decke reduzieren. Die Ziegel können sowohl in vorgefertigter Form als statisch wirksamer Teil einer Platte, als Montagesteine oder aber als quasi verlorene Schalung einer Stahlbetonrippendecke eingesetzt werden. Gründe für diese hierzulande eher ungewöhnliche Anwendungsform von Ziegelmaterial sind z.B. der hohe Vorfertigungsgrad oder die Möglichkeit des Selbstbaus ohne aufwendige Schalung ( 14-15); • Ziegel-Vorhangfassade (z.B. Fa. Argeton). Ein Beispiel für die heute mögliche hochspezialisierte Anwendung für gebranntes Ziegelmaterial. Die Hohlkammer-Ziegelelementsteine werden als hinterlüftetes Fassadensystem mit einer systemeigenen Metallunterkonstruktion eingesetzt ( 16).
14 Herstellung einer Ziegelmontagedecke. Die Formsteine werden zwischen bewehrte Stahlbetonträger eingehängt und vergossen.
15 Ziegelelementdecke als präfabriziertes Fertigteil im Rohbau.
16 Argeton-Ziegelvorhangfassade (Fa. Wienerberger ArGeTon® ).
2.7
362
3. 3.1
V Bauprodukte
Ungebrannte Mauersteine Kalksandsteine DIN 106; DIN EN 771-2
Kalksandsteine nach DIN 106 werden aus erdfeuchtem Kalk und Quarzsand unter Dampfdruck gehärtet. Das Verfahren zur Kalksandsteinherstellung wurde 1880 patentiert. Zur Herstellung wird Quarzsand in der Körnung 0-4 mm verwendet. Das Bindemittel ist Branntkalk (CaO-Gehalt von über 90%). Branntkalk entsteht beim Brennen von Kalkstein ab einer Temperatur von 900°C. Dieser wird vor dem Brennvorgang mit Sand im Verhältnis von 1/12 gemischt und in einem Reaktionsbehälter zwischengelagert. Hier wird der Branntkalk in einem exothermen Vorgang zum Bindemittel Kalkhydrat reduziert. Mit der vollständigen Beendigung dieses Vorgangs, der mit einer Volumenvergrößerung des Mischgutes einhergeht, kann das Kalksandgemisch in Formen gefüllt, verdichtet und zu Steinrohlingen geformt werden. Das Aushärten der Rohlinge erfolgt in Autoklaven bei einer Temperatur von ca. 200°C. Die Steine erreichen ihre Festigkeit durch die Verbindung des Bindemittels Kalkhydrat mit dem Siliciumoxid des Quarzsandes. Die Steine sind nach dem Abkühlen sofort einsetzbar. Es gelten hohe Anforderungen bezüglich: • Ausblühung (Vormauersteine); • Verfärbungen (Vormauersteine); • Maßabweichungen.
3.1.1
Kurzbezeichnungen
Folgende Arten von Kalksandsteinen lassen sich unterscheiden: 1 • KS – Vollstein (h > 113 mm Blockstein); • KS-R – Ergänzung bei Nut- und Federsystemen; • KS L – Loch- und Hohlblockstein > 15% Lochanteilfläche; • KS ((L)-R) P – Planstein, Erg. R s.o., Erg. L s.o.; • KS F – Fasenstein; • KS XL-RE – Rasterelemente (markenabhängig); • KS XL-PE – Planelemente (markenabhängig); • KS Vm (VmL) – Vormauerstein/Vollst. (L: Ergänzung bei Lochstein); • KS Vb (VbL) – Verblender.
1 Künstliche Steine
363
Wie beim Ziegelmauerwerk bereits erwähnt, wird auch beim Kalksandstein die Steingröße als Vielfaches des Dünnformats DF definiert – z.B. 10 DF, 16 DF etc. ( 17, 18).
Steinformate
3.1.2
Festigkeitsklasse: 4 – 60 N/mm2: 12, 20 und 28 N/mm2 werden häufig eingesetzt.
Kennwerte
3.1.3
Rohdichte: 0,6 – 2,2 kg/dm3 Verlegung von sogenannten Plansteinen im Dünnbettmörtel auch bei Kalksandsteinen möglich ( 19, 20). Kalksandsteine sind sehr kostengünstig. Ein gewisser Nachteil ist die Notwendigkeit von zusätzlichen Wärmeschutzmaßnahmen an der Außenwand, da eine Porosierung des Stoffgefüges wie bei Tonmaterial nicht möglich ist.
17 Verschiedene Ausführungen von Kalksandsteinen als Voll- und Lochsteine
19 Großformatige Kalksandsteine werden mit Hilfe von Hebewerkzeug vermauert.
18 Kellerwände aus Kalksandsteinen
20 Verarbeitung von Kalksandsteinen mit Dünnbettmörtel
364
3.2
V Bauprodukte
Porenbetonsteine früher auch als Gasbeton-/Schaumbetonsteine bezeichnet heute auch als AAC (Autoclaved Aerated Concrete) bekannt
E DIN 4165 DIN 4166 DIN 4223-100 bis -103 DIN EN 12602 DIN EN 771-4
3.2.1
Kurzbezeichnungen (genormte Porenbetonsteinarten)
Porenbetonsteine werden aus Zement und/oder Kalk und feingemahlenen kieselsäurehaltigen Stoffen unter Verwendung von gasbildenden Zusatzstoffen und Wasser hergestellt und unter gespanntem Dampf gehärtet. Ausgangsstoffe sind heute quarzhaltiger Sand, Bindemittel, Treibmittel, Wasser (und evtl. Zusatzstoffe). Der Sand wird dazu zementfein gemahlen, als Bindemittel kann Branntkalk und/oder Zement eingesetzt werden. Als Treibmittel für die Porosierung wird Aluminium als Pulver oder Paste eingemischt. Die Ausgangsstoffe werden dosiert und zu einer wässrigen Suspension vermischt. In den Steinformen löscht das Wasser den Kalk in einer exothermen Reaktion ab, das Aluminium reagiert mit dem Calciumhydroxid unter Freigabe von Wasserstoff. Dieser bewirkt die Porosierung der Steine, es bilden sich Poren mit einem Durchmesser bis ca. 1,5 mm. Der Wasserstoff entweicht danach rückstandslos aus den Steinen. Die entstandenen Blöcke sind lediglich Rohlinge, die anschließend in einer Schneideanlage zu den endgültigen Steinformaten geschnitten werden. Die geschnittenen Rohlinge werden danach in Autoklaven ausgehärtet. Die Steine bestehen aus Calcium-Silicathydrat und besitzen nach dem Abkühlen ihre endgültigen Eigenschaften. 2 Die Abmessungen dieser Steine werden unter Angabe von Länge x Breite x Höhe festgelegt. Porenbetonsteine haben maximale Abmessungen von 62,4 x 50,0 x 24,9 cm, Porenbetonbauplatten 99,0 x 20,0 x 39,0 cm. Porenbetonsteine werden wie folgt unterschieden in: • PB – Porenbeton-Blockstein; • PP – Porenbeton-Planstein; • Ppl – Porenbeton-Bauplatte; • PPpl – Porenbeton-Planbauplatte; • PPE – Porenbeton-Planelemente.
3.2.2
Kennwerte
Hinsichtlich Festigkeit und Rohdichte sind folgende Werte maßgeblich: • Festigkeitsklasse: 1,6; 2 ;4 ; 6; 8 N/mm2; • Rohdichte: 0,3 – 1,0 kg/dm3.
3.2.3
Porenbeton als Baumaterial
Die Vorteile der Porenbetonsteine und -platten liegen in der auch für Laien einfachen Bearbeitbarkeit. Es lassen sich auf einfache Weise massive einschalige Wandkonstruktionen erstellen ( 21, 22), die sowohl die Tragwerksfunktion als auch die Funktionen des Dämmens und des Schall- und Brandschutzes erfüllen. Es werden von verschiedenen Herstellern Bausätze für den Selbstbau angeboten.
1 Künstliche Steine
365
Daneben sind auch bewehrte Porenbeton-Bauteile lieferbar. Dazu gehören Dach- und Deckenplatten, Wandplatten und Wandtafeln für tragende/nicht tragende Außen- und Innenwände. Der Bewehrungsstahl muss durch eine spezielle Oberflächenbehandlung vor Korrosion geschützt werden ( 23, 24).
21 Großformatige Porenbetonsteine werden mithilfe von Hebewerkzeug vermauert.
22 In sogenannter Stumpfstoßtechnik vermauerte Porenbetonsteine. Die porosierten Steine werden mit Dünnbettmörtel verklebt.
23 Verlegen von bewehrten Porenbeton-Deckenplatten. Sie werden bis zu einer Länge von 750 cm und einer Breite von 75 cm industriell vorgefertigt.
24 Montage von geschosshohen tragenden bewehrten Wandtafeln aus Porenbeton beim Bau eines Einfamilienhauses
366
3.3
V Bauprodukte
Beton- und Leichtbetonsteine Mauersteine aus Beton DIN 4226-100, DIN V 18153-100 und DIN EN 771-3 Leichtbetonsteine DIN V 18151-100, 18152-100 Wandplatten aus Leichtbeton DIN 18148 und 18162 Zement DIN 1164-10 Steinkohleflugasche DIN EN 450-1,-2 DIN EN 771-3 Festlegungen für Mauersteine Leichtbeton wird auch als LAC = ‚Lightweight Aggregate Concrete‘ bezeichnet
3.3.1
Kurzbezeichnungen
Dies sind Steine aus porigen, mineralischen Zuschlägen und hydraulischem Bindemittel. Bei Betonsteinen ist dies Normalbeton mit dichtem Gefüge mit mineralischen Zuschlägen, bei Leichtbetonsteinen werden entsprechende Leichtzuschläge – Naturbims, Hüttenbims, Lavaschlacke, Tuff, Blähton, Blähschiefer, gesintere Steinkohleflugasche, Ziegelsplitt – mit hydraulischen Bindemitteln eingesetzt ( 25, 26). Auf dem Markt ist die Bezeichnung der Steine nach den Zuschlägen üblich (z.B. Ziegelsplitt-Vollsteine). Bei der Herstellung werden die Ausgangsstoffe (Bindemittel, Zuschläge und Wasser) gründlich gemischt. Das Mischgut wird in Vibrations-Steinformmaschinen verdichtet. Es entstehen sogenannte Grünlinge, die für die Weiterverarbeitung in sich formstabil bleiben. In der Nachbehandlung werden durch Abgleichbürsten lose Teilchen und Grate entfernt. Die Grünlinge werden dann zur Vorhärtung eingelagert. Dieser Vorhärteprozess dauert zwischen 24 und 72 h. Danach werden die Steine bereits zur Auslieferung verpackt und zur Endhärtung bis zum Erreichen der Nennfestigkeit im Freilager gelagert. Die folgenden Kurzbezeichnungen sind üblich: • Hbl – Hohlblöcke aus Leichtbeton; • Hpl – Hohlwandplatten aus Leichtbeton; • Vbl – Vollblöcke aus Leichtbeton; • V – Vollsteine aus Leichtbeton; • Vbl S – Vollblöcke aus Leichtbeton mit Schlitzen; • Vbl S-W – Vollblöcke aus Leichtbeton mit Schlitzen und besonderen Wärmedämmeigenschaften; • Hbn – Hohlblöcke aus Beton; • Vbn – Vollblöcke aus Beton; • Vn – Vollsteine aus Beton; • Vm – Vormauersteine aus Beton; • Vmb – Vormauerblöcke aus Beton.
3.3.2
Kennwerte
Hinsichtlich Festigkeit und Rohdichte sind folgende Werte maßgeblich: • Festigkeitsklasse
2 – 12 N/mm2
• Rohdichte
0,5 – 2,4 kg/dm3
1 Künstliche Steine
367
Steine und Platten aus Beton oder Leichtbeton werden sowohl für tragendes wie auch nicht tragendes Mauerwerk eingesetzt. Die Wärmeleitfähigkeit von Leichtbeton wird von der Art der Zuschläge bestimmt. Betonmauerwerk findet auch als zweischaliges Mauerwerk Anwendung ( 27). Die maßliche Koordination von Betonsteinen erfolgt über das oktametrische Maßsystem. Großformatige Steine und Blöcke weisen Kammern senkrecht zur Lagerfläche der Steine auf.
Bauen mit Steinen und Platten aus Beton und Leichtbeton
25 Fugenbild einer Außenwand aus Leichtbetonhohlblocksteinen
27 Verblendschale von zweischaligem Mauerwerk, aus Leichtbetonvormauersteinen gemauert
26 Leichtbetonhohlblöcke mit integrierten Hartschaumdämmplatten
Hüttensteine werden aus künstlich gewonnenen Zuschlägen – meist granulierte Hochofenschlacke – und hydraulischen Bindemitteln (Zement oder Kalk) hergestellt. Die Steine werden nach dem Mischen der Zuschläge in Stahlschalungen geformt und verdichtet. Die nach dem Ausschalen formbeständigen Steine werden an der Luft, unter Dampf, evtl. auch unter kohlensäurehaltigen Gasen ausgehärtet. Die folgenden Kurzbezeichnungen sind üblich:
3.3.3
Hüttensteine
3.4
Kurzbezeichnungen
3.4.1
Kennwerte
3.4.2
• HSV – Hüttenvollsteine • HSL – Hüttenlochsteine • HHbl – Hüttenhohlblocksteine Hinsichtlich Festigkeit und Rohdichte sind folgende Werte maßgeblich: • Festigkeitsklasse
6 – 28 N/mm2
• Rohdichte
1,0 – 2,0 kg/dm3
Hüttensteine müssen bei Verarbeitung als Vormauersteine mindestens die Festigkeitsklasse 12 erreichen.
368
3.5
V Bauprodukte
Mantelbausteine
Betonwände können auch in sogenannten Mantelbauweisen erstellt werden. Hierzu werden großformatige Nut- und Federsteine aus Leichtbeton, Holzspanbeton ( 28) oder Schaumstoff gestapelt und abschnittsweise mit Beton verfüllt. Diese Bauweise wurde ursprünglich für den Selbstbau konzipiert, wird aber auch im herkömmlichen Geschossbau heute erfolgreich eingesetzt. Das Einbringen einer konstruktiven Bewehrung ist möglich (Stabstahl). Das Verfüllen der Kammern mit Beton muss gleichmäßig mit Schläuchen erfolgen, damit der Druck des Frischbetons die als verlorene Schalung dienenden Mantelsteine nicht zerstört. Als Varianten kommen zur Ausführung: • Betonschalungsstein, System Hinze; • Schalungsstein aus Leichtbeton, System Gisoton mit integrierter Wärmedämmung.
28 Schalungssteine in Holzspanbeton, die in Mantelbauweise als verlorene Schalung eingesetzt werden können (Hersteller: Fa. Rau, Nagold)
4.
Mauermörtel Kap. IV-3, Abschn. 2. Technische Entwicklungsstufen von Mauerwerk > 3. Stufe, S. 250 diese werden unter Abschn. 5. Mineralputze, Kunstharzputze und Wärmedämmverbundsysteme diskutiert, S. 372 Kap. IV-3, Abschn. 3. Zusammensetzung des Mörtels, S. 253 DIN EN 12620
Die wichtigste mechanische Aufgabe des Mauermörtels besteht in der vollflächigen Übertragung der Druck- und Schubkräfte zwischen Mauersteinen im Verband bei Schaffung einer begrenzten Zugfestigkeit, die indessen nicht angerechnet werden darf. Der Mauermörtel sorgt dank seiner Verarbeitung im plastischen Zustand für den Ausgleich von Unebenheiten an den Kontaktflächen mit dem Stein. Ferner übernimmt der Mörtel in Form von Putzüberzügen auch schützende und dichtende Aufgaben. Mörtel im Mauerwerksbau werden aus Sand, Bindemittel und Wasser gemischt – evtl. mit Zusatzstoffen und -mitteln. Die Korngröße des Sandes beträgt zwischen 1 und 4 mm. Der Sand muss den Anforderungen der DIN EN 12620 entsprechen. Er darf vor allem keine schädigenden Beimengungen (z.B. Ton oder organische Bestandteile) enthalten. Als Bindemittel sind zugelassen: • Kalk nach DIN EN 459-1; • Zement nach DIN EN 197-1;
1 Künstliche Steine
• Putz- und Mauerbinder nach DIN EN 413-1; • sowie gleichwertige zugelassene Bindemittel. Unter Zusatzstoffen versteht man Zusätze, die die Eigenschaften des Mörtels günstig beeinflussen (Baukalk, Trass, Gesteinsmehle). Sie verändern die Eigenschaften des Mörtels nachhaltig – Haftverbund mit dem Mauerwerk, Verarbeitbarkeit, Frostwiderstand etc. – und dürfen in größeren Mengen zugegeben werden. Zusatzmittel verändern die chemischen und pysikalischen Eigenschaften des Mörtels und werden nur in kleinen Mengen beigemischt: Luftporenbildner, Verflüssiger, Verzögerer, Erstarrungsbeschleuniger, Dichtungsmittel etc. Die Wirkung dieser Zusatzmittel ist stets vor dem Vermauern durch eine Eignungsprüfung zu überprüfen. Mauermörtel kann als sogenannter Baustellenmörtel direkt auf der Baustelle hergestellt werden, oder als sog. Werkmörtel im Mörtelwerk. Die Mischung mittels Maschine erfolgt nach Raumteilen oder Gewichtanteilen. Die Mischung von Hand kommt nur noch in Ausnahmefällen, z. B. bei kleinen Mengen zur Anwendung. Auf der Baustelle werden fast ausschließlich sogenannte Rezeptmörtel gemischt. Man geht dabei davon aus, dass der Rezeptmörtel ohne weitere Prüfung die gewünschten Anforderungen erfüllt. Abweichungen vom Mörtelrezept erfordern eine Eignungsprüfung. Im Werk hergestellter Mörtel garantiert eine sichere und gleichmäßige Einstellung seiner Eigenschaften. Dem Werkmörtel muss lediglich das Wasser beigemischt werden, dem Werk-Vormörtel noch das Bindemittel, nicht aber Sand, Zuschläge oder Zusätze. Folgende Werkmörtel werden unterschieden: • Werk-Trockenmörtel wird in Säcken oder im Silo geliefert, es muss nur noch Wasser in einer vom Hersteller angegebenen Menge zugegeben werden; • Werk-Frischmörtel wird auch kellenfertiger Mörtel genannt. Er wird in verarbeitbarem Zustand auf die Baustelle geliefert. Durch den beigegebenen Verzögerer bleibt der Mörtel bis zu 36 Stunden verarbeitbar; • Werk-Vormörtel ist vor allem in Norddeutschland üblich. Einem Gemisch aus Kalk und Sand wird im Mischer Wasser und Zement zugegeben; • Mehrkammer-Silomörtel wird im Silo ausgeliefert, wobei die einzelnen Bestandteile in getrennten Kammern des Silos gelagert werden. Sie werden im Silo unter Wasserzugabe gemischt, sodass dem Silo verarbeitungsfähiger Mörtel entnommen werden kann;
369
370
V Bauprodukte
Mindestdruckfestigkeit im Alter von 28 Tagen (im Mittel)
Luftkalk Mörtelgruppe
Kalkteig u. Kalkhydrat
MG
I
Hydraul. Kalk (HL2)
Hochhydraul. Kalk (HL5) Putz- und Mauerbinder (MC5)
Zement
1 1 1 1
II
1,5
1 1 1
2 2 1 IIa
1 2
III IIIa
1 1 1 1
Sand Natursand
4 3 3 4,5 8 8 8 3 6 8 4 4
Haftscherfestigkeit im Alter von 28 Tagen (im Mittel)
N/mm2 (Eignungsprüfung)
N/mm2 (Güteprüfung)
N/mm2 (Eignungsprüfung)
3,5
2,5
0,10
7
5
0,20
14 25
10 20
0,25 0,30
29 Mörtelzusammensetzung, Mischungsverhältnisse für Normalmörtel in Raumteilen nach E DIN 18580, Darstellung ohne Druckfestigkeitsklassen nach DIN EN 998-2.
4.1
Normalmörtel (NM): (Kalkmörtel, Kalkzementmörtel und Zementmörtel)
Normalmörtel sind die klassichen Mörtel im Mauerwerksbau. Sie werden als Rezeptmörtel nach u.g. Tabelle als Baustellen- oder Werkmörtel eingesetzt – Mörtel nach DIN E DIN 18580 mit einer Trockenrohdichte * 1,5 kg/dm3. Es handelt sich um die Mörtel der Mörtelgruppen I, II, IIa, III und IIIa ( 29).
4.2
Leichtmörtel (LM)
Leichtmörtel wird auch als wärmedämmender Mörtel bezeichnet. Er wird zur Unterbindung von Wärmebrücken in porosiertem hochdämmenden – i.d.R grossformatigem – Mauerwerk eingesetzt. Leichtmörtel werden nach ihrer Wärmeleitfähigkeit in zwei Gruppen unterteilt: 3
DIN V 18580
• LM 21 (Wärmeleitfähigkeit 0,21 W/mK) • LM 36 (Wärmeleitfähigkeit 0,36 W/mK) Die Trockenrohdichten liegen im Bereich von 0,7-1,0 kg/ dm3. Sie werden durch Zugabe von Blähton, Blähschiefer, Blähglimmer, Polystyrolschaumperlen etc. abgesenkt. Die LM entsprechen einem Mörtel der Mörtelgruppe IIa, weisen aber größere Verformungen als Normalmörtel auf.
30 Anrühren von Dünnbettmörtel mit dem Quirl
1 Künstliche Steine
371
Dünnbettmörtel dient zum Vermauern besonders maßhaltiger Steine – z.B. Porenbeton-Planblöcke. Sie werden ausschließlich als Werk-Trockenmörtel hergestellt und werden der Mörtelgruppe III zugeordnet. Die Lagerfugendicke ist auf 1 bis 3 mm beschränkt, das Größtkorn der Zuschläge liegt bei 1 mm. Wichtig ist die Zuordnung von Stein und Dünnbettmörtel. Beide sollten nur im System, d. h. in einer erprobten und definierten Kombination vermauert werden ( 30).
Dünnbettmörtel (DM)
4.3
Aufbringen des Dünnbettmörtels durch Eintauchen der Auflagerfläche des großformatigen Steins ( 31) oder – alternativ – Aufbringen des Leichtmörtels mittels einer Mörtelwalze ( 32).4 Das Einrichten der ersten Steinschicht und das Setzen der großformatigen Steine erfolgt mithilfe eines Montagekrans ( 33, 34).
Vermauern von porosiertem Ziegelmauerwerk (LHlz)
4.3.1
Mittelbettmörtel sind Mörtel nach DIN EN 12004. Diese Mörtelsorte sollte gewissermaßen einen Kompromiss zum Einsatz von Leichthochlochziegelmauerwerk darstellen. Die Dicke der Mörtelfuge liegt bei 5-7 mm, ist also deutlich geringer als die Fuge bei Verwendung von Normal- oder Leichtmörtel. Durch die Erhöhung der Fugenstärke lässt sich der technische Aufwand bei der Herstellung von Plansteinmauerwerk (Schleifen!) reduzieren – bei gleichzeitiger Erhöhung der Mauerwerksdruckfestigkeit. Der Anwendungsschwerpunkt von MM wird aber heute am häufigsten im Ausbau verwendet.
Mittelbettmörtel (MM)
4.4
DIN V 18580, Tabelle 2
31 Aufbringen von Dünnbettmörtel durch Eintauchen 32 Dünnbettmörtel wird mit Hilfe der Mörtelrolle auf die Stege der Hohlbocksteine aufgetragen
33 Einrichten der ersten Schicht von Leichthochlochziegeln auf einer Leichtmörtelunterlage 34 Vermauern von grossformatigem Ziegelmauerwerk mit dem Einsatz von Hebewerkzeug. Die Verwendung grossformatiger Steine führt zu einer wesentlichen Reduzierung des Mörtelfugenanteils.
372
V Bauprodukte
MM werden i.d.R als Werktrockenmörtel mit Faserzusatz hergestellt: • Druckfestigkeit `D * 5 N/mm2 • TrockenrohdichtelD ) 1,0 kg/dm3 • Haftscherfestigkeit `HS * 0,2 N/mm2 4.5
Vormauermörtel (VM)
Wie die Mittelbettmörtel sind auch die Vormauermörtel nicht in der DIN 1053 genormt. Sie werden ausschließlich in der Verbindung mit Verblendschalenmauerwerk/Vormauersteinen verwendet und sind auf diese Anforderung in Bezug auf Gestaltung und Witterungsschutz hin abgestimmt. Sie müssen Anforderungen an die Mörtelgruppen II bis IIIa erfüllen.
4.6
Sonstige spezielle Mörtel
• Fugenmörtel für Verblendschalenmauerwerk; • Gießmörtel zum Verbinden speziell ausgeformter Steine; • Mauermörtel für Glasbausteine (Mörtel der MG III); • Mauermörtel für Schornsteinformsteine; • Klebemörtel (kunststoffmodifizierte Portlandzementmörtel); • Einpressmörtel für Spannglieder nach DIN EN 447.
5.
Mineralputze, Kunstharzputze und Wärmedämmverbundsysteme DIN 18550, Teil 1, -2 DIN EN 998-1, -2
Putz oder Verputz ist ein an Wänden oder Decken einoder mehrlagig in bestimmter Dicke aufgetragener Belag aus Putzmörtel oder Beschichtungsstoffen mit einem Korndurchmesser von 0,25 bis 4 mm, der seine endgültigen Eigenschaften erst durch Verfestigung am Bauteil erreicht. Nach der Beschichtungsdicke und der Art des verwendeten Mörtels bzw. Beschichtungsstoffes übernehmen Putze bauphysikalische Aufgaben des Feuchte- und Windschutzes sowie auch der Regulierung des Raumklimas und dienen der Oberflächengestaltung. Grundsätzliche Unterscheidung: • mineralische Bindemittel für Putzmörtel; • organische Bindemittel für Putzmörtel (als Oberputz) (sog. Kunstharzputze). Beide können auch im Verbund wirken.
1 Künstliche Steine
373
Außenputze müssen witterungsbeständig sein, d.h. insbesondere der Einwirkung von Feuchtigkeit und wechselnden Temperaturen widerstehen, sowie Regenschutz gewährleisten. Die Wasserdampfdiffusion zwischen innen und außen darf nicht unterbunden werden und der Außenputz keinesfalls als Dampfsperre wirken ( 35).
Außenputze
5.1
Außenputz
Sockelputz
Geländeoberkante Kiespackung Kelleraußenwandputz Abdichtung Noppenfolie
35 Anwendung verschiedener Außenputzsorten im spritz- und oberflächenwassergefährdeten Sockelbereich eines Mauerwerksbaus. Der Außenputz muss vor allem im Sockelbereich Anforderungen der Witterungsbeständigkeit erfüllen.
Innenputze müssen Anforderungen als Träger von Oberflächenbeschichtungen sowie Aufgaben des Brand- und Schallschutzes übernehmen. Innenputz muss Wasserdampf rasch aufnehmen, speichern und wieder abgeben können (klimaregulierende Wirkung).
Innenputze
5.2
Ausgangsstoffe sind mineralische/organische Bindemittel und mineralische Zuschläge (Natursande, Perlite, Blähton, etc.)
Ausgangsstoffe
5.3
Putzmörtel werden in folgenden Gruppen untergliedert ( 36):
Putzmörtelgruppen
5.4
Bezeichnung
ehemalige Putzmörtelgruppen nach DIN V 18550: 2005-04-00
Mörtel mit Luftkalk
PI
Hydraulischer Kalkmörtel (NHL, HL)
PI
Kalk- und Zementmörtel
P II
Zementmörtel
P III
Bezeichnung
ehemalige Putztypen nach DIN V 18550: 2005-04-00
organisch gebundener Silikatputz (Silikatputz)
P Org 1
Dispersionsputz (Kunstharzputz)
P Org 1
Silikonharzputz
P Org 1
36 Ehemalige Putzgruppen nach DIN V 18550
374
5.5
V Bauprodukte
Lieferung und Anwendung
Es werden folgende Liefer- und Herstellungszustände unterschieden: • Baustellenmörtel: Mörtel, deren einzelne Ausgangsstoffe (i.d.R. Sand, Zement, Kalk) direkt auf der Baustelle gemischt werden ( 37); • Werkmörtel (auch Werk-Trockenmörtel): Trockenmörtel, die als Sackware oder im Silo auf die Baustelle geliefert werden und hier mit Wasser vermischt werden.
5.6
Putzaufbau
Der traditionelle Putzaufbau ist mehrlagig ( 38), ab der tragenden Außenwand bestehend aus ( 39): • Spritzbewurf als Haftgrund ( 40); • Unterputz als Hauptschicht; • evtl. Gittergewebeeinlage ( 41); • Oberputz als sichtbare Oberfläche ( 42, 44-48). Der Spritzbewurf zur Vorbehandlung zählt nicht als eigene Putzlage. Der Unterputz bildet die eigentliche Tragschicht. Der dünne Oberputz dient der Gestaltung der Putzfläche. Entsprechend der alten Handwerksregel Nicht hart auf weich! soll der Unterputz mindestens so fest wie der Oberputz sein. Der Putzgrund, z.B. eine Mauerwerksaußenwand, soll so beschaffen sein, dass eine ausreichende Haftung und eine gleichmäßig flächige Erhärtung des Putzes gewährleistet ist. Der feuchte Putz muss vor schneller und ungleichmäßiger Austrocknung geschützt werden (durch Besprühen mit
Oberputz Unterputz mit Gittergewebeeinlage Spritzbewurf
Mauerwerk (Putzgrund)
38 Historischer Dickputz auf einer Fachwerkkonstruktion mit Strohmatten als Trägermaterial
39 Schematische Darstellung des Aufbaus eines zweilagigen Außenputzes gemäß DIN 18550
1 Künstliche Steine
Mörtelart
Luftkalkmörtel
375
Baukalke, Luftkalk, Weißkalkhydrat, Kalkhydrat nach DIN EN 459-1
Hydraulischer Kalk, natürlich hydraulischer Kalk nach DIN EN 459-1
Putz- und Mauerbinder nach DIN EN 413-1
Zement nach DIN EN 197-1 (in der Regel CEM II 32,5R)
1,0
Mörtel mit hydraulischem Kalk
Sand nach DIN EN 12620
3,5 - 4,0
1,0
Mörtel mit Putzund Mauerbinder
3,0 - 4,0
1,0
3,0 - 4,0
Kalkzementmörtel
1,5 - 2,0
1,0
9,0 - 11,0
Zementmörtel mit Zusatz von Kalkhydrat
≤ 0,5
2,0
6,0 - 8,0
1,0
3,0 - 4,0
Luftkalkmörtel
37 Mischungsverhältnisse von Putzmörteln
Wasser und/oder Abschirmung der Putzfläche). Dies ist die häufigste Ursache für Rissbildung. Folgende Putzdicken sind üblich:
Putzdicken
• Außenputze 20 mm; • Innenputze 15 mm; • einlagige Innenputze 10 mm ( 43).
40 Manueller Spritzbewurf als Putzbasis auf einer Außenwand aus LHlz 41 Armierungsgewebe, hier zur Bewehrung eines Wärmedämmverbundsystems, wird heute häufig zur Aufnahme lokaler Zugspannungen in den Unterputz eingearbeitet.
42 Aufbringen des Oberputzes 43 Maschinelles Aufbringen und manuelles Glätten von einlagigem Innenputz
5.6.1
376
V Bauprodukte
44 Gefilzter Putz
45 Geriebener Putz
46 Kellenstrichputz
47 Kellenwurfputz
48 Kratzputz
1 Künstliche Steine
377
Als Putzsysteme bezeichnet man nach DIN 18550-1, aufeinander abgestimmte Putzschichtfolgen.5
Putzsysteme
5.6.2
Unter der Putzweise versteht man die oft lokal unterschiedlich ausgeführte Form der Oberflächengestaltung von Außen- und Innenputzen. Unterschieden werden hierbei:
Putzweisen
5.6.3
Bei einen Wärmedämmputz handelt es sich um einen Putzmörtel mit einer Wärmeleitfähigkeit ) 0,2 W/mK. Zur Einstellung dieser Eigenschaft werden leichte Zuschlagstoffe eingemischt.
Wärmedämmende Putze und Putzsysteme
5.7
Wärmedämmputze werden überwiegend zweilagig ausgeführt. Sie bestehen in der Regel aus einem 20 bis 100 mm dicken Wärmedämmunterputz mit Zuschlägen aus expandiertem Polystyrol, Perlite und Vercumilite sowie einem mineralischen Oberputz oder alternativ einem Kunstharzputz.
Wärmedämmputze
5.7.1
Eine Gebäudehülle muss heute deutlich erhöhten Anforderungen insbesondere in Bezug auf Wärmeschutz gerecht werden. Die für diesen Zweck deutlich erhöhten Dämmstärken werfen bei zahlreichen Außenwandkonstruktionen schwer zu lösende konstruktive Fragen auf. Insbesondere die Rückverankerung von außen liegenden Wetterschalen durch die Wärmedämmschicht hindurch ist nicht unproblematisch, da sie Wärmebrücken schafft. Die wärmeleitenden Querschnitte der Verankerungselemente werden dabei umso größer, je dicker die Wärmedämmschicht und folglich je größer der Abstand der Wetterhaut von der Fassadenkonstruktion ist. Wärmedämmverbundsysteme bestehen hingegen im Wesentlichen aus einer Wärmedämmschicht und einem außenseitig aufgebrachten speziellen Putzaufbau, der keine Unterkonstruktion benötigt. Es existieren folglich auch keinerlei Wärmebrücken. Ferner sind WDVS nicht nur fugenlos und schlagregendicht, sondern zeichnen sich auch durch hohe Wasserdampfdurchlässigkeit aus. Zudem verlagert sich bei Wänden, die mit einem WDVS gedämmt wurden, der Taupunkt deutlich weiter nach außen als bei einschaligen Mauerkonstruktionen, da die Dämmschicht einen steileren Temperaturgradienten schafft. So wird ein Durchfeuchten des Mauerwerks wirksam verhindert ( 49).
Wärmedämmverbundsysteme (WDVS)
5.7.2
• geglätteter oder geriebener Putz, Filzputz, Scheibenputz, Kratzputz, Kellenwurfputz usw. ( 41-45); • Edelputz ist ein hochwertiger Fabrik-Trockenmörtel mit Natursteinmehlzusätzen; • besondere Putzoberflächen sind Steinputz, Waschputz oder Sgraffitoputz.
vgl. hierzu Band 2, Kap. VIII, Abschn. 2.2 Einfache Schale mit außenseitigem Aufbau ohne Unterkonstruktion > 2.2.1 Äußere Hüllbauteile
378
V Bauprodukte
Mauerwerk/ Tragende Außenw. Spachtelmasse Dämmplatte • Schaumplatte • Faserplatte Armierungsschicht (1. Lage) Glasfasergewebe Armierungsschicht (2. Lage) Evtl. Zwischenbeschichtung Oberputz
49 Schichtenmodell eines Wärmedämmverbundsystems
Armierungsschicht
Die Dämmplatten werden auf die Hintermauerung aufgeklebt und machmal mit dünnen Ankern aus nichtrostendem Stahl zusätzlich gesichert. Auf diese wird eine zum System gehörende Armierungsschicht – bestehend aus Armierungsmasse und Glasgittergewebe – aufgebracht. In der Regel ist die Armierungsmasse identisch mit der Klebemasse, die auch zum Ankleben der Dämmplatten verwendet wird. Sie wird zweilagig, jeweils 2-3 mm dick, nass in nass aufgetragen, sodass das Gittergewebe mittig in der Armierungsschicht zu liegen kommt ( 50). Diese Armierung ist entscheidend für die Funktionsweise des WDVS, da Putze ansonsten stets einen festen Putzgrund erfordern, der bei traditionellem Mauerwerk durch die Maueroberfläche selbst gegeben ist. Da der Verputz eines WDVS hingegen notgedrungen auf einem weichen Grund (nämlich der Wärmedämmung) aufgebracht werden muss, ist die Gefahr der Rissbildung groß. Risse würden die Feuchte- und Regenschutzfunktion des Putzes beeinträchtigen, die Dämmung durchfeuchten und zu gravierenden Schäden führen. Dieser Gefahr begegnet man einerseits mit der Putzarmierung ( 51, 52), andererseits mit der erhöhten Elastizität der mit Kunstharz versetzten Putzmörtel. Gleichzeitig darf der Gehalt an organischen Bindemitteln nicht zu hoch sein, um die nötige Dampfdiffusionsfähigkeit der Putzschicht zu gewährleisten, damit kein Tauwasser an der inneren Grenzschicht zur Wärmedämmung anfällt. Diese teilweise konträren, sehr komplexen Anforderungen an ein WDVS führen zur Notwendigkeit, nur mit aufeinander abgestimmten Komponenten eines einzigen Herstellers zu arbeiten – deshalb die Bezeichnung WDV-System.
1 Künstliche Steine
379
50 Einarbeiten der Gittergewebearmierung aus Kunststoff- oder Glasfasergewebe in die Armierungsschichten eines Wärmedämmverbundsystems
51 Eckausbildung eines Wärmedämmputzes mit einer Metallschiene zur Verstärkung. Der Unterputz mit porösen Zuschlagen wird in einer Stärke bis max. 100 mm ausgeführt.
52 Putzeckprofil zur mechanischen Verstärkung: Außenecke bei einem Wärmedämmverbundsystem im Bereich der Armierungsschichten. Die Gittergewebeeinlage wird gerade eingearbeitet.
1 2 3 4 5
Belz et al (1992) Mauerwerk Atlas, S. 74ff; auch Frick et al (1992) Baukonstruktionslehre Teil 1, S. 140ff Belz et al (1992) S. 78 ff; auch Frick et al (1992) S. 188ff Frick et al (1992) S. 145 Fa. Wienerberger: Technische Verarbeitungsrichtlinien zum porosierten Ziegelmauerwerk Frick et al (1992) S. 566
DIN 105: Mauerziegel Teil 4: 2017-02 Keramikklinker Teil 5: 2013-06 Leichtlanglochziegel und Leichtlanglochziegelplatten Teil 6: 2013-06 Planziegel Teil 100: 2012-01 Mauerziegel mit besonderen Eigenschaften DIN 106: 2015-06 Kalksandsteine mit besonderen Eigenschaften DIN 1053: Mauerwerk Teil 4: 2018-05 Fertigbauteile DIN 1164: 2013-03 Zement mit besonderen Eigenschaften Teil 10: Zusammensetzung, Anforderungen und Übereinstimmungsnachweis von Zement mit niedrigem wirksamen Alkaligehalt DIN 4166: 1997-10 Porenbeton-Bauplatten und PorenbetonPlanbauplatten DIN 4223: Anwendung von vorgefertigten bewehrten Bauteilen aus dampfgehärtetem Porenbeton Teil 100: 2014-12 Eigenschaften und Anforderungen an Baustoffe und Bauteile Teil 101: 2014-12 Entwurf und Bemessung Teil 102: 2014-12 Anwendung in Bauwerken Teil 103: 2014-12 Sicherheitskonzept
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
380
V Bauprodukte
DIN 4226 Rezyklierte Gesteinskörnungen für Beton nach DIN EN 12620 Teil 101: 2017-08 Teil Typen und geregelte gefährliche Substanzen Teil 102: 2017-08 Teil Typprüfung und Werkseigene Produktionskontrolle DIN 18148: 2000-10 Hohlwandplatten aus Leichtbeton DIN 18162: 2000-10 Wandbauplatten aus Leichtbeton, unbewehrt DIN 18550: Planung, Zubereitung und Ausführung von Innen- und Außenputzen Teil 1: 2018-01 Ergänzende Festlegungen zu DIN EN 13914-1 für Außenputze Teil 2: 2018-02 Ergänzende Festlegungen zu DIN EN 13914-2 für Innenputze DIN 18580: 2017-03 Baustellenmauermörtel DIN 18946: 2018-04 Lehmmauermörtel - Begriffe, Anforderungen, Prüfverfahren DIN 52252: Prüfung der Frostwiderstandsfähigkeit von Vormauerziegeln und Klinkern Teil 1: 1986-12 Allseitige Befrostung von Einzelziegeln DIN V 1851: Hohlblöcke aus Leichtbeton Teil 100: 2005-10 Hohlblöcke mit besonderen Eigenschaften DIN V 1852: Vollsteine und Vollblöcke aus Leichtbeton Teil 100: 2005-10 Vollsteine und Vollblöcke mit besonderen Eigenschaften DIN V 1853: Mauersteine aus Beton (Normalbeton) Teil 100: 2005-10 Mauersteine mit besonderen Eigenschaften DIN V 18151: Hohlblöcke aus Leichtbeton Teil 100: 2005-10 Hohlblöcke mit besonderen Eigenschaften DIN V 18152: Vollsteine und Vollblöcke aus Leichtbeton Teil 100: 2005-10 Vollsteine und Vollblöcke mit besonderen Eigenschaften DIN V 18500: 2006-12 Betonwerkstein – Begriffe, Anforderungen, Prüfung, Überwachung DIN V 18580: 2017-03 Mauermörtel mit besonderen Eigenschaften DIN EN 197: Zement Teil 1: 2014-07 Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien von Normalzement DIN EN 413: Putz- und Mauerbinder Teil 1: 2018-07 Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien DIN EN 450: Flugasche für Beton Teil 1: 2012-10 Definition, Anforderungen und Konformitätskriterien Teil 2: 2005-05 Konformitätsbewertung DIN EN 459: Baukalk Teil 1: 2015-07 Begriffe, Anforderungen und Konformitätskriterien DIN EN 771: Festlegungen für Mauersteine Teil 1: 2015-11 Mauerziegel Teil 2: 2015-11 Kalksandsteine Teil 3: 2015-11 Mauersteine aus Beton (mit dichten und porigen
1 Künstliche Steine
Zuschlägen) Teil 4: 2015-11 Porenbetonsteine DIN EN 998: Festlegungen für Mörtel im Mauerwerksbau Teil 1: 2017-02 Putzmörtel Teil 2: 2017-02 Mauermörtel DIN EN 1015: Prüfverfahren für Mörtel für Mauerwerk Teil 14: 1999-07 Bestimmung der Dauerhaftigkeit von erhärtetem Mauermörtel (Festmörtel) (mit einem Zementanteil an der Gesamtbindemittelmenge von mehr als 50 %) DIN EN 1996: Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten Teil 1-1: 2013-02 Allgemeine Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk DIN EN 12602: 2016-12 Vorgefertigte bewehrte Bauteile aus dampfgehärtetem Porenbeton DIN EN 13914: Planung, Zubereitung und Ausführung von Außenund Innenputzen Teil 1: 2016-09 Außenputze Teil 2: 2016-09 Innenputze Teil 2 Berichtigung 1: 2017-05 Berichtigung zu DIN EN 13914-2: 2016-09 DIN EN 16572: 2015-10 Erhaltung des kulturellen Erbes – Glossar für Mauermörtel und Putzmörtel zur Verwendung am kulturellen Erbe
381
1. Charakteristische Eigenschaften von Holz .............. 384 1.1 Geschichtliche Entwicklung der Holzerzeugnisse ............................................... 384 1.2 Übersicht der Holzprodukte ............................. 386 2. Vollhölzer .................................................................. 386 2.1 Baurundholz ...................................................... 386 2.2 Schnittholz ........................................................ 387 2.2.1 Güteklassen .............................................387 2.2.2 Sortierklassen .........................................388 2.2.3 Sortiermerkmale ......................................388 2.2.4 Querschnittsformen .................................389 2.3 Konstruktionsholz/Bau(schnitt)holz.................. 389 2.3.1 Konstruktionsvollholz (KVH) .....................389 3. Holzwerkstoffe ......................................................... 390 4. Holzwerkstoffe aus Schnittholz ............................... 391 4.1 Keilgezinktes Bauholz ....................................... 392 4.2 Zusammengesetzte Schichtholzprodukte........ 392 4.2.1 Balkenschichtholz.....................................393 4.2.2 Kreuzbalken .............................................393 4.2.3 Brettschichtholz .......................................393 4.2.4 Brettstapelholz .........................................394 4.3 Brettsperrholz ................................................... 394 4.4 Holzbauelemente ............................................. 396 5. Holzwerkstoffe aus Furnieren, Spänen oder Fasern ...................................................... 397 5.1 Lagenholzwerkstoffe........................................ 397 5.1.1 Furniersperrholz (FU) ...............................397 5.1.2 Schichtholz (SCH).....................................398 5.1.3 Stabsperrholz ...........................................398 5.2 Spanplatten ...................................................... 400 5.2.1 Spanstreifenhölzer ...................................400 5.2.2 Langspanplatten ......................................400 5.2.3 Flachpressplatten .....................................401 5.3 Holzfaserplatten ............................................... 401 5.3.1 Poröse Holzfaserplatten (SB) ...................401 5.3.2 Harte und mittelharte Holzfaserplatten ....403 5.3.3 Mitteldichte Holzfaserplatten (MDF) ........403 5.4 Holzwolle-Leichtbauplatten ..............................403 6. Zusammengesetzte Querschnitte ........................... 404 6.1 Geleimte Profilträger ........................................ 404 6.1.1 Trigonit-Holzleimbauträger .......................404 6.1.2 Wellstegträger .........................................404 6.1.3 Träger mit Plattenstegen..........................405 6.2 Fachwerkträger-Sonderbauweisen .................. 405 6.2.1 Nagelplattenbinder...................................405 6.2.2 Greimbinder .............................................405 Anmerkungen................................................................ 406 Normen und Richtlinien ................................................ 407
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON KUNSTSTOFF GLAS
V
BAUPRODUKTE
V-1 KÜNSTLICHE STEINE V-2 HOLZPRODUKTE V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_21
384
1.
V Bauprodukte
Charakteristische Eigenschaften von Holz
1 Primitive Hütte aus Holzruten, vermutlich ein gängiger Typus früher Holzbauten.
1.1
Geschichtliche Entwicklung der Holzerzeugnisse
2 Assyrische Holzarbeiter mit einer Baumsäge, Beilen und Stützstangen ziehen zu Baumfällarbeiten aus.
Holz nimmt im Kontext der Hauptwerkstoffe eine besondere Stellung ein, da es das einzige nachwachsende Baumaterial ist; als Kohlenwasserstoffverbindung brennbar ist; biologisch abbaubar ist; eine kaum zu überbietende positive Ökobilanz aufweist sowie außerordentlich einfach zu verarbeiten ist. Gleichzeitig sind die mechanischen Eigenschaften von Holz beachtlich: wenngleich der Werkstoff es hinsichtlich Festigkeit nicht mit anderen wie Stahl aufnehmen kann (wohl aber mit Normalbeton), ist sein Verhältnis zwischen Festigkeit und Eigengewicht auch von Stahl nicht zu erreichen. Als Resultat dieser für Bauzwecke sehr günstigen Voraussetzungen kann Holz nicht nur auf eine sehr alte Bautradition zurückblicken, die eine ganz eigene Baukultur hervorgebracht hat, sondern erobert gegenwärtig im Wettstreit mit konkurrierenden Materialien beständig neue Marktanteile. Insbesondere industriell gefertigte Holzprodukte wie sie in diesem Kapitel detailliert vorgestellt werden, erschließen sich heute immer vielfältigere Bereiche der Baupraxis. Holz war in der Baugeschichte vermutlich das erste und lange Zeit auch das wichtigste Material für tragende Baukonstruktionen. Wahrscheinlich war es neben Knochenmaterial, Leder und Stein der erste Werkstoff der Menschheit überhaupt. Dazu trug vor allem die leichte Verfügbarkeit, die einfache Bearbeitbarkeit und günstige Kombinierbarkeit mit anderen Materialien (z.B. Fellen) bei ( 1).1 Das Fällen und die Bearbeitung des Holzes, insbesondere das Herstellen von flächigen Holzerzeugnissen wie Dielen oder Brettern, waren in der Geschichte der Holzverwendung immer besondere technologische Herausforderungen. Feuer diente wohl als ältestes Hilfsmittel zum Fällen von Bäumen, später einfache Steinäxte, die in der Antike dann von Äxten und Sägen aus Bronze, Kupfer und später Eisen abgelöst wurden ( 2).2 Noch lange blieb das Herstellen von Balken und Dielen aus dem gefällten Baum ein handwerklich aufwendiger Prozess. Im Mittelalter musste eine Brett- oder eine Furniersäge von bis zu 4 Personen bedient werden. Im 12. Jahrhundert wurden die ersten wassergetriebenen Sägen entwickelt. Dies waren zuerst Hubsägen, später Einblattgatter. Seit dem frühen 19. Jahrhundert gab es die ersten Dampfsägewerke. Noch heute gliedert sich ein Sägewerk in die klassischen Bereiche des Arbeitsablaufes: Rundholzplatz – Sägehalle – Schnittholzplatz ( 3, 4).3 Erste Arten von Sperrholz gab es bereits ca. 1500 v. Chr. in Ägypten. Man hatte bereits damals die Verbesserung der technischen Eigenschaften des Holzes durch die Weiterverarbeitung zu Holzwerkstoffen erkannt. Furniere wurden schon in vorindustriellen Zeiten mit Handsägen gesägt. Das
2 Holzprodukte
Ziel war, wie heute auch, teure und seltene Holzarten als Oberflächenbeschichtungen nur in sehr dünnen Lagen zu verarbeiten. Das erste Patent für eine Furnierschälmaschine wurde bereits 1818 vergeben. Erst 1870 wurde mit der industriellen Herstellung von Furnieren begonnen. Hartfaserplatten sind eine Entwicklung der modernen Papierindustrie. Der Aufschluss der Fasern erfolgt chemisch oder mechanisch (Schleifen). 1920 verbesserte Mason die Herstellung von Hartfaserplatten durch das sogenannte Dampfexplosionsverfahren, 1934 Asplund durch das sogenannte Dampfzersetzungsverfahren. Die Entwicklung von Spanplatten verlief parallel zur Entwicklung von Klebstoffen auf Kunstharzbasis. Seit 1946 werden sie industriell gefertigt. Neuere Platten, wie die OSB-Platte (seit 1969) aus den USA, folgten daraufhin.
385
Masonite = (engl.) Hartfaserplatte
3 Holzdachstuhl in Nordchina in traditioneller Konstruktion. Das Holz wird lediglich entrindet und als Rundholz verbaut.
4 Traditioneller Hof in den Alpen in Holzblockbauweise aus gesägten und behauenen Kreuzhölzern
386
1.2
V Bauprodukte
Übersicht der Holzprodukte
Eine erste grobe Untergliederung der Holzprodukte lässt sich in folgende Großgruppen vornehmen: • Vollholz (Bauholz und Konstruktionsholz); • zusammengesetzte Querschnitte (KVH, BASH, BSH); • Holzwerkstoffe
2.
Vollhölzer vgl. Gesetzliche Handelsklassensortierung für Rohholz (Forst-HKS, Erlass vom 23. Juni 1970, Land Baden-Württemberg) Ausformen: Der gefällte Baum wird ausgeformt, d.h. die Äste und der obere Teil der Krone wird entfernt, der Stamm bleibt zur Verwertung übrig
Vollhölzer sind entrindete Rund- und Schnitthölzer aus Nadel- und Laubholz. Als Vollholzprodukte werden die Holzerzeugnisse bezeichnet, deren Querschnitte direkt aus dem Stamm hervorgehen (Rundholz) oder aus diesem herausgeschnitten (Schnittholz) und lediglich nachbearbeitet werden (z.B. durch Hobeln). Das Entrinden der Laubholzstämme („Entfernen der Schwarte“) findet im Allgemeinen erst spät im Verarbeitungsprozess statt, damit es durch das Austrocknen des Holzes nach dem Ausformen zu möglichst geringer Rissbildung kommt. Nadelholz wird von modernen Vollholzerntern i.d.R. im Wald nach dem Schnitt entrindet. Roh- und Stammholz wurde bisher in 4 Güteklassen (A-D) klassifiziert. Die Güteklassen werden hier noch zur Information aufgeführt, spielen aber in der Beschreibung von Roh- und Stammholz heute keine wesentliche Rolle mehr: 4 A gesundes, fehlerfreies Holz (evtl. mit geringen Fehlern); B Holz von normaler Güte mit einem oder mehreren Fehlern (z.B. schwacher Drehwuchs, schwache Krümmung); C gewerblich verwendbares Holz, das nicht in die Klassen A und B aufgenommen werden kann; D noch bis zu 40% gewerblich verwertbar, kann aber wegen seiner Fehler nicht in die Klassen A, B und C aufgenommen werden.
2.1
Baurundholz
Baurundholz
Baurundholz besteht aus entasteten und entrindeten Stämmen, die oft ohne weitere Bearbeitung verwendet werden ( 5). Typische Einsatzbereiche sind: Gerüstbau, einfache Brücken, Gründungen (Rammpfähle), Masten, Abstützungen. Charakteristisches Verhalten: Rissbildung infolge Schwindverformung, hohe Festigkeit, da die natürliche Faserstruktur – anders als bei Schnittholz – intakt ist.5
5 Schälvorgang an einem Baumstamm
2 Holzprodukte
Rund- oder Scharfschnitt
SpiegelSchnitt
387
ModellSchnitt
Ganzholz; einstielig
Halbholz; zweistielig
HalbriftSchnitt
dreistielig
Kreuzholz; vierstielig
6 Einschnittarten von Stammholz für Bohlen und Bretter
Halbholz; herzgetrennt
Halbholz; herzfrei
7 Einschnittarten von Stammholz für Balken und Kanthölzer
Nach Norm ist Schnittholz ein Holzerzeugnis, das durch Sägen von Rundholz parallel zur Stammachse entsteht. Es kann scharfkantig sein oder Baumkanten aufweisen ( 6, 7). Nach Vorgaben der Norm erfolgt die Sortierung von Nadelhölzern gemäß Sortiermerkmalen und -klassen. Die DIN unterscheidet eine visuelle und eine apparativ unterstützte Sortierung. Die Überwachung und Einhaltung des Sortierens ist von entscheidender Bedeutung, da diese Festlegungen die Voraussetzung für den Standsicherheitsnachweis der tragenden Holzbauteile nach Norm sind. Die Sortierklassen (S7, S10, S13) ersetzen die mittlerweile nicht mehr verwendeten Güteklassen (s.o.).6 Holz wurde bis vor Kurzem entsprechend seiner Qualität in unterschiedliche Güteklassen eingeteilt: 1, 2 und 3. Bei der Einteilung in Güteklassen werden die Längen- und Breitenabmessungen berücksichtigt sowie die Holzart. Die Lage des Holzes im Stamm (Erdstamm, Mittelstamm oder Zopfstück [Krone]) spielt hier keine Rolle. Weiterhin werden vorhandene Fehler berücksichtigt, z.B. Äste, Krümmungen, Drehwuchs, Verfärbungen (blau, braun, rot), Schwind- und Blitzrisse, oder Insektenbefall. Bezeichnungsbeispiel nach DIN 68365: Fichte, 60mm x 120mm (Breite x Höhe), Güteklasse 1, Holzfeuchte 20% Kantholz – DIN 68365 – Fi – 60x120 – 1 – 20%
Schnittholz
2.2
DIN EN 844-3; DIN 68365 DIN 4074-1
DIN EN 1995-1-1, DIN EN 1995-2
Güteklassen (Sortierung nach dem Aussehen) DIN 68365
2.2.1
388
2.2.2
V Bauprodukte
Sortierklassen DIN 4074-1
Folgende Sortierklassen werden gegenwärtig in der Güteauswahl von Bauholz nach Norm verwendet: S 7, S 10, S 13 und S 15 nach DIN 4074-1 (Sortierung von Holz nach der Tragfähigkeit - Teil 1 Nadelholz) Nach v.a. apparativ feststellbaren Merkmalen werden drei Klassen unterschieden: • Schnittholz der Klasse S 7 (niedrigste Sortierklasse); • Schnittholz der Klasse S 10; • Schnittholz der Klasse S 13 (i.d.R. höchste Sortierklasse); sowie die Sortierklassen S 7K, S 10K, S 13K für Kanthölzer und vorwiegend hochkant (K) biegebeanspruchte Bretter und Bohlen. Nach vor allem apparativ feststellbaren Merkmalen ist eine weitere Sortierung in folgende Sortierklasse möglich: • Schnittholz der Klasse S 15 (höchste Sortierklasse). Den Sortierklassen sind jeweils die entsprechenden Festigkeitsklassen nach DIN 1052 zugeordnet. LS 10 und LS 13 nach DIN 4074-5 (Sortierung von Holz nach der Tragfähigkeit – Teil 5 Laubholz) Nach v.a. apparativ feststellbaren Merkmalen werden bei Laubholz zwei Klassen unterschieden: • Schnittholz der Klasse LS 10; • Schnittholz der Klasse LS 13.
2.2.3
Sortiermerkmale
vgl. Sortierregeln nach DIN 4074-1
Die maschinelle Sortierung darf nur mit geeigneten und geprüften Sortiermaschinen erfolgen, die visuelle Sortierung nur von qualifizierten Fachleuten durchgeführt werden. Die Sortierung erfolgt nach folgenden Merkmalen: • Äste oder Astlöcher in Kanthölzern, Brettern, Bohlen und Latten; • Faserneigung; • Markröhre; • Jahrringbreite; • Rissebildung (Blitzrisse, Ringschäle und Schwindrisse); • Baumkante; • Krümmung;
2 Holzprodukte
389
• Verfärbungen, Fäule; • Druckholz; • Insektenfraß durch Frischholz-Insekten; • sonstige Sortierholzmerkmale (z.B. Mistelbefall); • Holzfeuchte. Schnittholz wird hinsichtlich der Querschnittsform unterschieden in ( 8): 7
Querschnittsformen
2.2.4
DIN EN 14081
• Balken: größere Querschnittseite * 200 mm; • Kanthölzer: quadratischer oder rechteckiger Querschnitt mit einer Seitenlänge von mindestens 60 mm. Die große Querschnittseite ist maximal dreimal so groß wie die kürzere; • Bohlen: (auch Rüstbohlen, Gerüstdielen oder Baubohlen), Stärke * 40 mm. Die große Querschnittseite ist mindestens doppelt so groß wie die kleinere; • Bretter: Stärke von 8-39 mm, Breite min. 80 mm; • Latten: Querschnittfläche bis 32 cm2 , Breite bis 80 mm. Als Konstruktionsholz (oder einfach nur Bauholz oder Bauschnittholz) werden Erzeugnisse aus Vollholz bezeichnet, die nach dem Einschnitt lediglich spanabhebend weiterverarbeitet wurden.
Konstruktionsholz/Bau(schnitt)holz
2.3
Als Konstruktionsvollholz (KVH) werden „veredelte“ Bauschnitthölzer bezeichnet, die in ihren Eigenschaften über den Anforderungen der DIN 4074 liegen und darüber hinaus die Vereinbarungen zwischen dem Bund Deutscher Zimmermänner und der Überwachungsgemeinschaft Konstruktionsvollholz e.V. erfüllen.
Konstruktionsvollholz (KVH)
2.3.1
h h h
d
d
d
d
d
Rundholz
Halbrundholz
Latte
Brett
Bohle
8 Querschnittsformen von Schnittholz
h
h
b Kantholz
b Balken
Kreuzholz (Rahmen)
390
V Bauprodukte
Konstruktionsvollholz (KVH) wird unterschieden in: • (KVH Si) Konstruktionsvollholz für den sichtbaren Einsatz; • (KVH NSi) Konstruktionsvollholz für den nicht sichtbaren Einsatz; Die erhöhten Anforderungen gegenüber Bauholz betreffen insbesondere folgende Eigenschaften: • Holzfeuchte (t = 15 ± 3%); • Einschnittart („herzgetrennt“ oder auf Nachfrage „herzfrei“); • Oberflächenbeschaffenheit; •• KVH Si: gehobelt und gefast; •• KVH Ni: egalisiert und gefast. Für KVH stehen nach DIN 4074 folgende Holzarten zur Verfügung: Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche und Douglasie KVH wird mittels Keilzinkung und Verleimung addiert. Von den zentralen Industriesägewerken werden standardisierte Querschnitte angeboten. Aufgrund der erhöhten Anforderungen an Bauhölzer hat die Bedeutung von KVH ständig zugenommen. In manchen Regionen in Deutschland lässt sich aufgrund des Wegfalls kleiner Sägewerke überhaupt kein klassisches Bauschnittholz mehr beziehen. 3.
Holzwerkstoffe
Moderner Holzbau beruht zu einem großen Teil auf der Verarbeitung von Bauteilen, die aus Holzprodukten verschiedener Beschaffenheit zusammengesetzt sind, d.h. von solchen, die aus der Weiterverarbeitung von Holz zu Schnittholz, Furnieren, Streifen oder Fasern hervorgehen ( 9). Sie werden in der Fachsprache allgemein als Holzwerkstoffe bezeichnet. Durch das anfängliche Zerkleinern des gewachsenen Holzes und das anschließende erneute Zusammensetzen durch Kleben, Pressen oder andere Verfahren lassen sich sowohl Bauteilformen und -formate realisieren, die aufgrund der natürlich vorgegebenen Grundform des Baumstamms nicht möglich wären, sowie auch mechanische Eigenschaften des Materials gezielt steuern. Letzteres erfolgt oftmals durch planmäßige Orientierung der Faserverläufe der einzelnen Bestandteile, ein Vorgehen, das erlaubt, die natürlich vorgegebene strikte Anisotropie des Vollholzes zu umgehen. Es lassen sich sowohl stabförmige Bauteile nahezu beliebiger Dimensionen und Formen als auch wand- oder deckenförmige flächige Bauelemente herstellen: ein Novum in der langen Tradition des Holzbaus.
2 Holzprodukte
391
Holzwerkstoffe ☞ Abschn. 3
aus Schnittholz
aus Furnieren, Spänen oder Fasern
☞ Abschn. 4
☞ Abschn. 5
Massivholzwerkstoffe
Lagenholzwerkstoffe
Holzspanwerkstoffe
Holzfaserwerkstoffe
Verbundwerkstoffe
keilgezinktes Bauholz
Furniersperrholz FU Bau-Furniersperrholz BFU Schichtholz SCH Lagenholzformteile Stabsperrholz ST Stäbchensperrholz STAE Bau-Stabsperrholz BST
Flachpressplatten FPY/FOP Leichte Flachpressplatten FP Kunststoffbeschichtete Flachpressplatten KF Langspanplatten OSB
Poröse Holzfaserplatten Holzfaser-Dämmplatten SB Bitumen-Holzfaserplatten SB.I
Sperrtüren Platten mit besonderen Mittellagen Hohlraumplatten Parkett-Verbundplatten
Spanholzformteile
Harte Holzfaserplatten HB Mittelharte Holzfaserplatten MB Extraharte Holzfaserplatten Mitteldichte Holzfaserplatten MDF
Mehrlagenmassivholzwerkstoffe Balkenschichtholz BaSH Kreuzbalken Brettschichtholz BSH Brettstapelholz Brettsperrholz BSPH
Kunstharzpressholz KP
Strangpressplatten Vollplatten SV Röhrenplatten SR
Holzbauelemente
Besondere Holzwerkstoffe Fadenholz Leimholzplatten Fertigparkett
Kunststoffbeschichtete Holzfaserplatten KH
9 Übersicht: Einteilung der Holzwerkstoffe 8
Dies sind stab- oder flächenförmige Holzwerkstoffe, die durch Zusammensetzen von aus dem Baumstamm herausgeschnittenen Holzquerschnitten, also Schnittholz, entstehen ( 10). Die Brettlamellen, die als Ausgangselement dienen, können dabei an der Stirnkante oder an der Breit- und/oder an der Schmalseite zu einem größeren Bauteil untereinander verbunden werden. Als Verbindungstechnik kommt sowohl das Kleben wie auch das Verbinden mit mechanischen Verbindungsmitteln infrage. Als Schnittholz gelten hierbei nach Norm Holzerzeugnisse von mindesten 6 mm Dicke. Dies erlaubt, wesentliche mechanische und verformungsbezogene Eigenschaften des schwer zu vereinheitlichenden Naturprodukts Holz für bautechnische Zwecke deutlich zu verbessern. Dies geschieht durch gezielte Sortierung der Einzelteile, aus denen das Element zusammengesetzt ist, sowie als Folge der homogeneren Materialstruktur, die ein solches Zusammensetzten hervorbringt. Weitere Möglichkeiten ergeben sich beispielsweise durch gezielte Anordnung im Element von Einzelteilen unterschiedlicher Holzarten und -güten sowie durch die gezielte Ausrichtung der Faserverläufe der Einzelteile. Letzteres erlaubt, den Grad der Anisotropie des Holzwerkstoffs gezielt zu steuern, ausgehend von vollständiger Anisotropie wie beim herkömmlichen Schnittholz bei stets gleicher Orientierung (z.B. beim Brettschichtholz) bis hin zu nahezu vollständiger Isotropie bei wechselnder (wie beim Brettsperrholz). Aus Schnitthölzern zusammengesetzte Holzwerkstoffe werden oft auch als Massivholzwerkstoffe bezeichnet. Dies gilt insbesondere für derart gefertigte flächenhafte Bauteile aus mehreren Lagen Massivholz wie Brettsperrhölzer, die im modernen Wandbau in Holz eine immer größere Rolle spielen.
Holzwerkstoffe aus Schnittholz
DIN 4704-1, 3.1
4.
392
V Bauprodukte
Schnittholz
DIN EN 14081
keilgezinktes Bauholz
geklebte Schichtholzprodukte
Balkenschichtholz
Brettschichtholz
Brettsperrholzprodukte
Brettsperrholz
UKZ
UKZ
Brettschichtholz mit Verbundbauteile Universal-Keilzinken- aus verbindungen Brettschichtholz DIN EN 15497
Holzbauelemente
DIN EN 14080
Brettsperrholz mit Universal-Keilzinkenverbindungen DIN EN 16351
10 Klassifikation von Holzwerkstoffen aus Schnittholz in Anlehnung an DIN EN 16351; UKZ Universal-Keilzinkenverbindung
Abschn. 5 Holzwerkstoffe aus Furnieren, Spänen oder Fasern, S. 397
4.1
Keilgezinktes Bauholz DIN EN 15497
4.2
Zusammengesetzte Schichtholzprodukte
Eine andere Kategorie von Holzwerkstoffen wird aus kleineren Holzerzeugnissen gefertigt, nämlich aus Furnieren, Spänen oder Fasern. Sie wird weiter unten näher behandelt. Zu einem balkenartigen Bauteil längs keilgezinkte Vollholzteile für tragende Zwecke. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Schnittholz ergeben sich mehr Sortieroptionen und es lassen sich größere Bauteillängen realisieren, die bei Schnittholz besonders große Stämme voraussetzen würden. Flache Brettlamellen aus Schnittholz lassen sich an ihrer Breitseite schichtenweise miteinander zu einem zusammengesetzten Schichtholzprodukt verbinden. Die so entstehenden Elemente lassen sich auch als Ganze zu einem Verbundbauteil bzw. durch Universal-Keilzinkenverbindung zu einem größeren Bauteil koppeln ( 10). Letztere verbindet bereits in sich zusammengesetzte Schichtholzelemente; einfache Keilzinkenverbindungen hingegen nur einzelne Brettlamellen untereinander.
2 Holzprodukte
393
Zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Trocknung und der Gewährleistung der Formstabiltät der Querschnitte werden von den großen Herstellern sogenannte Duo- und Triobalken hergestellt. Dazu werden 2 bzw. 3 Balken übereinander geleimt ( 11, 12). Vergleichbar dem Brettschichtholz (BSH) werden diese unter Druck in einem geraden Pressbett verleimt.
Duo- und Trioträger (oder Balkenschichtholz BaSH)
4.2.1
Für die Herstellung von Kreuzbalken werden Rundholzsegmente mit Baumkantenanteilen verwendet, die vergleichbar dem BaSH verleimt werden ( 13).
Kreuzbalken
4.2.2
Bei Brettschichtholz werden mehrere (mindestens 3) Bretter, meist Nadelhölzer, zu einem Gesamtquerschnitt in einem Pressbett verleimt. Die Herstellung erfolgt in klimatisierten Werkhallen unter Verwendung von sogenannten Leimpressen, nachdem die Hölzer zuvor technisch getrocknet wurden. Als Kleber verwendet man Kunstharzleime. Ausreichend lange Brettlamellen sowie auch größere Bauteile insgesamt lassen sich mittels Keilzinkenverbindung zusammensetzen ( 14). Nach Verlassen der Leimpresse und ggf. nach Herstellung einer Keilzinkenverbindung werden die Bauteile in der Dickhobelmaschine gehobelt. BSH ermöglicht die Herstellung von größeren Querschnitten und nahezu beliebigen Bauteilformen, insbesondere Träger oder Binder für größere
Brettschichtholz (BSH)
4.2.3
DIN EN 14080
DIN EN 14080
11 Balkenschichtholz (BaSH), DuoBalken mit Keilzinkung. (auch Balkenschichtholz) 12 Balkenschichtholz (BaSH), TrioBalken mit Keilzinkung. (auch Balkenschichtholz)
13 Kreuzbalken mit Keilzinkung 14 Brettschichtholzträger (BSH) mit Keilzinkung
394
V Bauprodukte
Spannweiten ( 15, 16). Ihre Abmessungen werden lediglich begrenzt durch die Größe der Hobelmaschinen und der Transportfahrzeuge.9 Die werkstoffbezogenen Vorteile des Brettschichtholzes gegenüber Vollholzbauteilen liegen, wie auch bei anderen Holzwerkstoffen, in der Reduktion der Verwindungs- und Schwindtendenz sowie in der Erhöhung der Maßhaltigkeit und der Festigkeitswerte quer zur Faser. 4.2.4
Brettstapelholz
Band 2, Kap. X-2 Holzbau, Abschn. 3.6.2 Plattenförmige Massivholzelemente
4.3
Brettsperrholz (BSPH, X-Lam) DIN EN 16351 DIN EN 13017-1, -2 DIN EN 13353, DIN EN 13354 DIN EN 16351, 3.4, Anm. 2 Band 2, Kap. X-2 Holzbau, Abschn. 3.6.2 Plattenförmige Massivholzelemente
Brettstapelhölzer sind einlagige Massivholzplatten, deren Holzlamellen mit ihren Breitseiten rechtwinklig zur Bauteilebene orientiert und an diesen untereinander verklebt oder mit anderen Mitteln verbunden sind ( 17). Ihr Aufbau ist vergleichbar mit Brettschichtholz, weshalb (zumindest verklebte) Brettstapelhölzer in der Norm zur Gruppe der Schichtholzprodukte gezählt werden ( 10). Im Gegensatz zu BSH können die Lamellen bei Brettstapelhölzern statt verklebt auch genagelt oder verdübelt werden. Eine starke Schubbeanspruchung zwischen den Lamellen wie bei BSH ist hier nicht vorgesehen. Die Kraftrichtung verläuft stets in Faserrichtung entweder axial entlang der Lamellen (wie bei Wänden) oder in Form von Biegung des einzelnen Lamellenquerschnitts in seiner starken Richtung (wie bei einachsig spannenden Decken, bei denen die Lamellenquerschnitte hochkant verlaufen). Brettsperrhölzer nach Norm sind tragende Holzprodukte, die aus mindestens drei Brettlagen mit einer Dicke zwischen 6 und 60 mm bestehen, die mit kreuzweise abwechselnden Faserrichtungen zu einem flächigen Element verbunden werden ( 18, 19). (Massivholzplatten nach Norm unterscheiden sich ggf. nicht von Brettsperrholz in ihrem Aufbau, sondern lediglich in den verwendeten Holzarten und Klebstoffen). Auch einzelne Lagen aus Holzwerkstoffplatten sind möglich ( 19 C). Schmalseiten der Brettlamellen können untereinander verklebt sein, sie werden aber auch unverbunden auf Lücke verlegt, um Schwind- und Quellprozesse zwängungsfrei sich entfalten zu lassen und damit die Rissbildung zu verringern ( 18). Den gleichen Zweck verfolgen nutenartige Einschnitte in die Lamellen von der rechten Brettseite aus. Da die Schwind- und Quellverformungen des Holzes quer zur Faser in diesem Fall wegen der abgesperrten Zusammensetzung des Brettsperrholzes durch die jeweils dazu quer verlaufende Faserrichtung der benachbarten Brettlagen behindert, d.h. gesperrt wird, entsteht insgesamt ein isotropes Element. Dies gilt auch mechanisch betrachtet weitgehend, da die abwechselnden Faserverläufe in den Brettlagen in beiden Hauptrichtungen der Fläche nahezu ausgeglichen sind.
2 Holzprodukte
395
15 Brettschichtholzrahmen beim Firmengebäude eines Betriebs für Holzverarbeitung (Arch. Baumschlager/Eberle)
16 Formenvielfalt von Brettschichtholzbauteilen
1
2 2
1
1
4
3
5
tl3 tl2
≤4 ≤6
17 Brettstapelholz
tl1
≤ 0,9 tl2
19 (Unten) Verschiedene Schichtenaufbauten von Brettsperrhölzern gemäß DIN EN 16351
≤4 b
≤6
18 (Oben) Schichtenaufbau eines dreilagigen Brettsperrholzes gemäß DIN EN 16351
A Aufbau mit drei Brettlagen B Aufbau mit fünf Brettlagen, äußerste Lagen parallel zueinander verklebt C Aufbau mit fünf Lagen, Decklagen jeweils aus Holzwerkstoffplatten
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
Brettlage Klebefuge zwischen Lagen Lamelle Zwischenraum zwischen Lamellen Nut in Lamelle
Brettlage Klebefuge zwischen Lagen Lamelle Zwischenraum zwischen Lamellen Lage aus Holzwerkstoffplatte 2
3 4 3 4
1
12
2
2
1
5
3 4
1
1 1
12
2
1
1 5
2
≤ 6 mm ≤ 6 mm
A
≤ 6 mm
≤ 6 mm
B
2 1
≤ 6 mm
C
2
1
2
396
V Bauprodukte
20 Brettsperrholz (BSPH) zur Verwendung als großflächige Wand- oder Deckenplatte
4.4
Holzbauelemente
Band 2, Kap. X-2 Holzbau, Abschn. 3.6.3 Holzbauelemente
Für Geschossdecken mit größeren Spannweiten stehen Holzbauelemente zur Verfügung. Sie sind wie ein vorgefertigtes Rippendeckenbauteil kastenförmig mit tragenden Stegen ausgebildet. In dieser Hinsicht sind sie in ihrem Grundaufbau mit Holztafelementen vergleichbar. Die Bestandteile können geschichtete Brettlamellen ( 21) oder Vollholzquerschnitte ( 22) sein. Neben der erhöhten Tragfähigkeit, welche auf die Rippen zurückzuführen ist, bieten diese Elemente Hohlräume, die für verschiedene Zwecke nutzen lassen wie Installationsführung, Schallschutz oder Verbesserung der Raumakustik. Die Verwendung von Decklagen aus nahezu beliebig dimensionierbaren Vollholzquerschnitten erlaubt (im Gegensatz zu Holztafeln mit Plattenbeplankung) einen erhöhten Brandschutz durch addierte Abbranddicke.
21 Holzbauelement: Rippenelement aus geschichteten 22 Holzbauelement: Trogelement aus kombinierten Vollholzquerschnitten (Herst. Lignatur ®). Die Rippen gehen bei Brettlamellen (Herst. Lignotrend ®) diesem Element über die komplette Bauteilstärke durch, um die vorhandene statische Höhe zum Zweck erhöhter Tragfähigkeit maximal auszunutzen.
2 Holzprodukte
Holzwerkstoffe dieser Kategorie sind platten- oder balkenförmige halbfertige Industrieprodukte, die durch Pressen von Holzteilen kleinerer Dimension wie Furnieren, Stäbchen und zerkleinerten Holzteilen wie Spänen, Fasern und Holzwolle unter Zugabe von Bindemitteln (z.B. Kunstharze, mineralische Bindemittel etc.) entstehen. Analog wie bei oben behandelten Holzwerkstoffen aus Schnittholz weisen auch diese gegenüber Vollholz eine gleichmäßigere Festigkeit und ein günstigeres Verformungsverhalten auf sowie auch geringere Empfindlichkeit gegenüber Feuchteänderungen. Anders als Schnittholz, das stets in Stabform erscheint, lassen sich diese Holzwerkstoffe auch zu dünnen flächigen Platten verarbeiten: ein folgenreiches Novum gegenüber dem traditionellen zimmermannsmäßigen Holzbau, der keine derartigen Flächenelemente kannte. Holzwerkstoffe unterscheiden sich nach Verkleinerungsgrad, Art und Qualität des verwendeten Holzes und Bindemittels sowie nach dem Pressverfahren. Sie lassen sich in vier Gruppen einteilen ( 16): 10
397
Holzwerkstoffe aus Furnieren, Spänen oder Fasern
5.
DIN EN 13986
• Lagen(holz)werkstoffe • Verbund(holz)werkstoffe • Holzspanwerkstoffe • Holzfaserwerkstoffe Sie bestehen allgemein aus mindestens drei Holzlagen, die miteinander zu Platten oder Formteilen verklebt werden (17). Die Lagen lassen sich mit jeweils wechselnden Faserrichtungen verkleben; dies erzeugt ein weitgehend isotropes Element. Sie lassen sich auch derart kombinieren, dass eine größere Anzahl Lagen in eine der beiden Hauptrichtungen verläuft; dies führt zu einem anisotropen Element mit guter Kraftquerverteilung. Und schließlich lassen sich alle Lagen mit ihren Fasern in die gleiche Richtung orientieren, sodass ein deutlich anisotropes Element mit einer starken und einer schwachen Richtung hervorgeht. Dies erlaubt, Bauteile hinsichtlich ihres mechanischen Verhaltens gezielt auf besondere Aufgaben hin zu spezialisieren.
Lagenholzwerkstoffe (Sperr- und Schichtholz)
5.1
Sperrholz besteht aus mindestens drei Holzlagen, die aufeinandergeleimt und deren Faserrichtungen gegeneinander versetzt sind ( 23); dadurch können die einzelnen Furnierschichten nicht mehr ungehindert quer zur Faserrichtung arbeiten, d.h. schwinden und quellen, sie behindern sich stattdessen gegenseitig. Die Lagen können aus Furnieren, Holzstäben oder Holzstäbchen bestehen.
Furniersperrholz (FU)
5.1.1
DIN EN 636
398
V Bauprodukte
Bau-Furniersperrholz (BFU): kreuzweise (mit Phenolharzen, Resorcinharzen) verleimtes Furnierholz aus Schälfurnieren von Nadel und/oder Laubhölzern für baulichen Einsatz. Anwendungen: mittragende und aussteifende Innen- und Außenwandverkleidungen, Beplankungen (tragender Unterboden) von Decken, Dach- und Betonschalungen, Stege und andere tragende Konstruktionen (höchster E-Modul), hohe Resistenz gegenüber Witterungseinflüssen ( 24, 25).11 5.1.2
Schichtholz (SCH) DIN EN 14374 DIN EN 14279
Schichtholz besteht aus mehreren Furnierlagen bis 3 mm Dicke, die aufeinandergeleimt und deren Faserrichtungen in Längsrichtung verlaufen. Einzelne Lagen können bei größeren Breiten zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften quer zur Faser auch querlaufend eingesetzt werden (max. 15% der Furnierlagen).12 Durch die ausgerichtete Schichtung der Furniere erhalten die Schichtholzplatten eine große Festigkeit in Richtung des Faserverlaufs ( 23). Furnierschichtholz (FSH): Verleimte, ca. 3 mm dicke Schälfurniere – generell parallele oder weitgehend parallele Ausrichtung – aus Nadelholz (Produkte: Kerto-S ®, Microllam LVL®) Anwendungen: geeignet für stabförmige Bauteile wie Sparren, Pfetten, Balken, Stützen, Binder, Fachwerkstäbe etc. Gekrümmte Träger sind im Gegensatz zu Brettschichtholz nur begrenzt ausschneidbar. Verwendung auch als flächenartiges Bauteil in Form von Platten, Scheiben, Beplankungen, Beläge. Nur bedingt witterungsbeständig.
5.1.3
Stabsperrholz
DIN EN 12775 DIN EN 13017-1, -2 DIN EN 13353 DIN EN 13354
23 Bau-Furniersperrholz (BFU) aus Buche BFU-BU
Drei- und Fünfschichtplatten: Kreuzweise verleimte Brettlagen (drei oder seltener fünf Lagen) aus Nadelholz. Decklagen in geringerer Stärke als die Mittellage. Die Lamellen sind 5-10 mm stark und ca. 100 mm breit. Es entsteht ein Holzwerkstoff, ähnlich einer aus Brettern verleimten Massivholzfläche.13 Anwendungen: tragende, aussteifende und raumabschließende Funktionen, statisch wirksame Wand-, Decken- und Dachschalung außen und innen im Wohnungs- und Hallenbau. Als gebogenes und ebenes Bauteil herstellbar ( 26, 27).
2 Holzprodukte
399
24 Bau-Furniersperrholz (BFU) als Fassadenmaterial (Wohnhaus)
25 Furnierschichtholz (FSH), Bild unten: Fachwerkträger aus FSH)
26 Vorgefertigte Elemente aus Schichtplatten als Stadionüberdachung 27 Dreischichtplatte aus Nadelholz
400
5.2
V Bauprodukte
Spanplatten DIN EN 312
5.2.1
Spanstreifenhölzer
Spanplatten bestehen aus kleinen Holzspänen und/oder anderen holzartigen Faserstoffen sowie beigemischten Bindemitteln, wie Kunstharzen, aber auch Zement und Gips, die unter Pressdruck zusammengefügt werden (Pressspanplatten).14 Spanstreifenholz Intrallam LSL (Laminated Strand Lumber): miteinander verleimte Pappel-Spanstreifen (ca. 0,8 x 25 x 300 mm) ( 28). Anwendungen: Böden, Schalungen und Dachkonstruktionen, kostengünstige Alternative zu Vollholz und Brettschichtholz. Furnierstreifenholz Parallam PSL (Parallel Strand Lumber): Furnierstreifenholz aus ca. 16 mm breiten und ca. 3 mm dicken, parallel zur Balkenlängsachse ausgerichteten und miteinander verleimten Schälfurnierstreifen aus Douglas Fir oder Southern Yellow Pine. Parallam PSL wird im Standardquerschnitt 483 x 280 mm hergestellt. Die gewünschten Querschnitte werden anschließend vom Hersteller herausgeschnitten ( 29).15 Anwendungen: gut geeignetes Material für Träger wie Stützen, Firstbalken, Pfetten und Deckenträger; auch im Außenbereich einsetzbar.
5.2.2
Langspanplatten (OSB) DIN EN 300
28 Spanstreifenholz Intrallam LSL (Laminated Strand Lumber) 29 Furnierstreifenholz Parallam PSL (Parallel Strand Lumber)
OSB-Flachpressplatten (Oriented Strand Boards) Verleimte, vorzugsweise parallel zur Plattenoberfläche liegende Längsspäne (Strands, ca. 0,6 m dick, 75 mm lang, 35 mm breit). Die Längsspäne verlaufen vorzugsweise in den Deckschichten parallel und in der Mittelschicht quer zur Fertigungsrichtung. Dadurch ist die Biegesteifigkeit in der Längsrichtung der Platten deutlich höher als in der Querrichtung16 ( 30). Anwendungen: Dachschalung mit aussteifender Wirkung, Wandverkleidungen, Fußböden, Trennwände.
2 Holzprodukte
Spanplatten-Flachpressplatten (FPY): unter Druck verleimte kleine Holzspäne (parallel zur Plattenebene) ( 31). Anwendung: Aussteifung und Bekleidungen von Decken, Böden, Wänden und Dächern, als Verschalung, Trägerelement für Furniere und Beschichtungen.17 Zementgebundene Flachpressplatten. Chemisch behandelte Holzspäne der Holzarten Fichte und Tanne werden mit Portlandzement gebunden ( 32) Anwendungen: tragende und aussteifende Beplankung von Innen- und Außenwänden (witterungsbeständig!) Trockenestrich, Fassadenbekleidung.18
401
Flachpressplatten (FPY)
5.2.3
DIN EN 15197
DIN EN 634-2
Gipsgebundene Flachpressplatten. Holzspäne aus Fichte und Espe werden mit kalziniertem Gips gebunden ( 33). Anwendungen: mittragende und aussteifende Beplankung von Wänden. Holzfaserplatten: Das Holz wird zur Herstellung von Holzfaserplatten zunächst mechanisch zu Hackschnitzeln zerkleinert und dann bei hohem Dampfdruck und hoher Temperatur zerfasert. Im Rührwerk- oder Propellerbütten wird der Faserstoff vermischt.19 Entsprechend der Plattenart wird dem Gemisch Klebharz, wässrige Bitumenemulsion oder Paraffin-Emulsion beigegeben. Die entstandene Fasersuspension wird entwässert und verdichtet. Die entstandenen Platten werden bei ca. 170°C getrocknet, gekühlt und auf Format geschnitten. Harte, mittelharte und extraharte Holzfaserplatten haben eine glatte Oberseite und je nach Herstellungsmethode eine strukturierte Unterseite. Die Verarbeitungsrichtung ist bei Holzfaserplatten bedeutungslos, da sie in jeder Richtung annähernd gleiche Schwindmaße aufweisen. Verschiedene Dekorplatten sind im Handel.
Holzfaserplatten
Poröse Holzfaserplatten (SB oder HFD) haben ein poröses Gefüge, die Platten können wärmedämmende oder schallschützende Funktionen erfüllen, ihre Oberfläche ist streich- und tapezierfähig. Als bitumengetränkte poröse Holzfaserplatte (SB I oder BPH) sind die Platten extrem dauerhaft ( 34). Anwendungen: Trennwand- und Türmittellagen, Trittschalldämmung, feuchteresistente Dämmebenen. 20
Poröse Holzfaserplatten (SB), Holzfaserdämmplatten (HFD)
5.3
DIN EN 316 DIN EN 622-1
DIN EN 622-4
5.3.1
402
V Bauprodukte
30 OSB-Flachpressplatte (Oriented Strand Board)
31 Spanplatte/Flachpressplatte (FP)
32 Zementgebundene Flachpressplatte
33 Gipsgebundene Flachpressplatte
34 Poröse Holzfaserplatte
35 Harte Holzfaserplatte (HFH)
36 Mitteldichte Holzfaserpaltte (MDF)
37 Holzwolleleichtbauplatte
38 Mehrschichtleichtbauplatte mit Dämmkern
2 Holzprodukte
Harte Holzfaserplatten werden je nach Verdichtung in mittelharte Holzfaserplatten, harte Holzfaserplatten und extraharte Holzfaserplatten unterteilt.
403
Harte und mittelharte Holzfaserplatten
5.3.2
DIN EN 622-2 DIN EN 622-3
Harte Holzfaserplatten (HB oder HFH) ( 35) Sie werden im Nass- oder Halbtrockenverfahren durch starkes Verpressen von verholzten Fasern und Harzen zur Bindung unter Zugabe einer Kolophonium-Paraffin-Emulsion hergestellt. Anwendungen: Innenausbau, Beplankung von Wänden, Decken- und Dachtafeln für Holzhäuser in Tafelbauweise. Medium Density Fiberboard ( 36): Es handelt sich dabei um eine mitteldichte Faserplatte mit einem nahezu homogenen Aufbau. Sie werden i.a.R. dann eingesetzt, wenn es auf eine besonders feine Oberfläche ankommt, die weiterverarbeitet werden muss, z.B. für eine Lackierung. 21 Anwendungen: Innenausbau, Möbelbau, Beplankung von Wänden, Decken- und Dachtafeln für Holzhäuser in Tafelbauweise.
Mitteldichte Holzfaserplatten (MDF)
Holzwolle-Leichtbauplatten bestehen aus Holzwolle und mineralischen Bindemitteln wie Zement, Magnesit. Sie werden unter leichtem Pressdruck hergestellt (Produkt: Heraklith®) ( 37), ggf. dreischichtig mit Dämmkern (Produkt: Heratekta®) ( 38). Anwendungen: Wärmeschutz, Schallschutz, Brandschutz. Verschiedene Anwendungskategorien werden je nach möglicher Beanspruchung unterschieden. 22
Holzwolle-Leichtbauplatten (HLW)
5.3.3
DIN EN 622-5
5.4
404
6.
V Bauprodukte
Zusammengesetzte Querschnitte DIN EN 13377
6.1
Geleimte Profilträger
6.1.1
Trigonit-Holzleimbauträger
6.1.2
Wellstegträger
Zur Materialersparnis bei gleichzeitig hoher Tragfähigkeit dienen industriell vorgefertigte zusammengesetzte Binder ( 39). Da diese sehr kostengünstig hergestellt werden und bis zu 20 m Spannweite überbrücken können, sind sie auf der Baustelle u.a. zum Stützen der Schalung, aber auch für einfache landwirtschaftliche Bauten interessant. Trigonit ® ist die Markenbezeichnung für einen Holzleimbauträger ( 40). Die diagonalen Hölzer, die den Steg des Trägers bilden, werden durch Keilzinken miteinander verbunden und an die Gurte durch Nagelung angeschlossen. Es können Einfach- oder Mehrfachgitterstäbe hergestellt werden. Die Gurte können parallel, dreieckförmig oder pultartig zueinander verlaufen. 23 Unter Wellstegträger versteht man einen doppel-Tförmigen Träger aus Vollholzgurten und darin eingeleimten Stegen. Die Stege bestehen in einem sinuswellenförmig verlaufendem Sperrholz, um eine größere Festigkeit gegen Ausbeulen zu erzielen 24 ( 41).
39 Dimensionsstabilität von Schnittholz und von einem zusammengesetzten Querschnitt
40 Trigonit-Holzleimbauträger
41 Wellstegträger
42 Verschiedene Trägerquerschnitte, z.T. mit Plattenstegen
2 Holzprodukte
Träger mit Plattenstegen sind geleimte oder genagelte Konstruktionen mit Gurten aus Vollhölzern und Stegen aus Holzwerkstoffplatten. Der Vorteil dieser Träger besteht in einer im Verhältnis zum Materialverbrauch hohen Tragfähigkeit ( 42)
405
Träger mit Plattenstegen
6.1.3
Nagelplattenbinder sind Fachwerkträger, bei denen die Knotenpunkte der Gurte und Streben mittels Nagelplatten ausgebildet werden ( 43). Die Nagelplatten aus verzinktem Stahlblech werden beidseitig mit hydraulischen Pressen in die Hölzer gepresst. Nagelplattenbinder ermöglichen Spannweiten bis etwa 30 m.26
Fachwerkträger-Sonderbauweisen
6.2
Nagelplattenbinder
6.2.1
Die Greimbauweise für Fachwerkträger basiert auf einer Stahlblech-Holz-Nagelverbindung ( 44). Dabei werden Knotenbleche in eingesägte Schlitze gelegt und Nägel in vorgebohrte Löcher getrieben. 27
Greimbinder
43 Aufbau eines Nagelplattenbinders
44 Fachwerkträger in Greimbauweise
Beispiel: TJI-Träger (Truss Joist MacMillan, Ltd.) TJI-Träger sind Doppel-T-Träger mit Gurten aus Microllam und Stegen aus OSB, die mittels Phenolharzklebstoff miteinander verbunden werden. 25
DIN EN 14250
6.2.2
406
V Bauprodukte
Anmerkungen
???
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27
Normen und Richtlinien
Natterer et al. (1980) Holzbau Atlas, S. 33ff Vgl. www.fh-eberswalde.de Scheidegger (1990) Aus der Geschichte der Bautechik, S. 60ff, 172ff Nutsch et al (2003) Fachkunde-Holztechnik, S. 33 Scheer et al (1984) Der Holzbau, S. 10 Neuhaus (1994) Lehrbuch des Ingenieurholzbaus, S. 74ff Nutsch et al (2003) S. 35 In Anlehnung an Nutsch, W et al (2003) S. 102 Neuhaus (1994) S. 78ff Ebda S. 52ff; auch: Scheer et al (1984) S. 35ff, und Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) Holzbau-Handbuch Neuhaus (1994) S. 52; auch: Pfeifer et al (1998) Der neue Holzbau, S. 18; Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 5 Pfeifer et al (1998) S. 16; Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 7 Pfeifer et al (1998) S. 17; Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 4 Neuhaus (1994) S. 52; Pfeifer et al (1998) S. 20, 22; Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 9 Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 8 Pfeifer et al (1998) S. 23; auch: Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997), S. 10 Pfeifer et al (1998) S. 24; auch: Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 11 Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 15, S. 16 Neuhaus (1994) S. 52 Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 12, 13 Pfeifer et al (1998) S. 26 Neuhaus (1994) S. 52; auch: Pfeifer et al (1998) S. 27; Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hg) (1997) S. 19 Götz et al (1998) Holzbau-Atlas, S. 56f Ebda S. 56f Ebda S. 57f; auch: Pfeifer et al (1998) S. 55 Ebda S. 57f Ebda S. 57f
DIN 1052: Herstellung und Ausführung von Holzbauwerken Teil 10: 2012-05 Ergänzende Bestimmungen DIN 4074: Sortierung von Holz nach der Tragfähigkeit Teil 1: 2012-06 Nadelschnittholz Teil 2: 1958-12 Bauholz für Holzbauteile; Gütebedingungen für Baurundholz (Nadelholz) Teil 3: 2008-12 Apparate zur Unterstützung der visuellen Sortierung von Schnittholz; Anforderungen und Prüfung Teil 4: 2008-12 Nachweis der Eignung zur apparativ unterstützten Schnittholzsortierung Teil 5: 2008-12 Laubschnittholz DIN 68364: 2003-05 Kennwerte von Holzarten – Rohdichte, Elastizitätsmodul und Festigkeiten DIN 68365: 2008-12 Schnittholz für Zimmerarbeiten – Sortierung nach dem Aussehen – Nadelholz
2 Holzprodukte
DIN EN 300: Platten aus langen, flachen, ausgerichteten Spänen (OSB) - Definitionen, Klassifizierung und Anforderungen DIN EN 312: 2010-12 Spanplatten – Anforderungen DIN EN 316: 2009-07 Holzfaserplatten – Definition, Klassifizierung und Kurzzeichen DIN EN 338: 2016-07 Bauholz für tragende Zwecke – Festigkeitsklassen DIN EN 384: 2016-12 Bauholz für tragende Zwecke – Bestimmung charakteristischer Werte für mechanische Eigenschaften und Rohdichte DIN EN 408: 2012-10 Holzbauwerke – Bauholz für tragende Zwecke und Brettschichtholz – Bestimmung einiger physikalischer und mechanischer Eigenschaften DIN EN 622: Faserplatten – Anforderungen Teil 1: 2003-09 Allgemeine Anforderungen Teil 2: 2004-07 Anforderungen an harte Platten Teil 2 Berichtigung 1: 2006-06 Berichtigung zu DIN EN 622-2 2004-07 Teil 3: 2004-07 Anforderungen an mittelharte Platten Teil 4: 2018-04 Anforderungen an poröse Platten Teil 5: 2010-03 Anforderungen an Platten nach dem Trockenverfahren (MDF) DIN EN 634: Zementgebundene Spanplatten – Anforderungen Teil 2: 2007-05 Anforderungen an Portlandzement (PZ) gebundene Spanplatten zur Verwendung im Trocken-, Feucht- und Außenbereich DIN EN 636: 2015-05 Sperrholz – Anforderungen DIN EN 844: Rund- und Schnittholz – Terminologie Teil 3: 1995-04 Allgemeine Begriffe über Schnittholz Teil 6: 1997-08 Begriffe zu Maßen von Schnittholz DIN EN 975: Schnittholz – Sortierung nach dem Aussehen von Laubholz Teil 2: 2004-09 Pappel DIN EN 1309: Rund- und Schnittholz – Messmethoden Teil 3: 2018-09 Merkmale und biologische Schädigungen DIN EN 1611: Schnittholz – Sortierung nach dem Aussehen von Nadelholz Teil 1: 2002-11 Europäische Fichten, Tannen, Kiefern, Douglasie und Lärchen DIN EN 1912: 2013-10 Bauholz für tragende Zwecke - Festigkeitsklassen - Zuordnung von visuellen Sortierklassen und Holzarten DIN EN 1927: Qualitäts-Sortierung von Nadel-Rundholz Teil 1: 2008-06 Fichten und Tannen Teil 2: 2008-06 Kiefern Teil 3: 2008-06 Lärchen und Douglasie DIN EN 1995: Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten Teil 1-1: 2010-12 Allgemeines – Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau Teil 2: Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 2: Brücken
407
408
V Bauprodukte
DIN EN 12775: 2001-04 Massivholzplatten – Klassifizierung und Terminologie DIN EN 13017: Massivholzplatten – Klassifizierung nach dem Aussehen der Oberfläche Teil 1: 2001-03 Nadelholz Teil 2: 2001-03 Laubholz DIN EN 13353: 2011-07 Massivholzplatten (SWP) - Anforderungen DIN EN 13377: 2002-11 Industriell gefertigte Schalungsträger aus Holz - Anforderungen, Klassifikation und Nachweis DIN EN 13354: 2009-02 Massivholzplatten (SWP) – Qualität der Verklebung – Prüfverfahren DIN EN 13986: 2015-06 Holzwerkstoffe zur Verwendung im Bauwesen – Eigenschaften, Bewertung der Konformität und Kennzeichnung DIN EN 14080: 2013-09 Holzbauwerke – Brettschichtholz und Balkenschichtholz – Anforderungen DIN EN 14081: Holzbauwerke – Nach Festigkeit sortiertes Bauholz für tragende Zwecke mit rechteckigem Querschnitt Teil 1: 2016-06 Allgemeine Anforderungen Teil 2: 2017-07 Maschinelle Sortierung Teil 3: 2012-04 Maschinelle Sortierung, zusätzliche Anforderungen an die werkseigene Produktionskontrolle DIN EN 14250: 2010-05 Holzbauwerke - Produktanforderungen an vorgefertigte tragende Bauteile mit Nagelplattenverbindungen DIN EN 14251: 2004-04 Rundholz für bauliche Zwecke – Prüfverfahren DIN EN 14279: 2009-07 Furnierschichtholz (LVL) – Definitionen, Klassifizierung und Spezifikationen DIN EN 14374: 2016-07 Holzbauwerke – Furnierschichtholz (LVL) – Anforderungen DIN 15197: 2007-05 Holzwerkstoffe – Flachsspanplatten – Anforderungen DIN EN 15497: 2014-07 Keilgezinktes Vollholz für tragende Zwecke - Leistungsanforderungen und Mindestanforderungen an die Herstellung DIN EN 16351: 2015-12 Holzbauwerke – Brettsperrholz – Anforderungen DIN EN 16737: 2016-09 Bauholz für tragende Zwecke – Visuelle Sortierung von Tropenholz nach der Festigkeit
1. Geschichte der Herstellung von Eisen- und Stahlprodukten .......................................................................410 1.1 Vorteile des Stahlbaus ....................................... 411 1.2 Baustähle ........................................................... 412 1.2.1 Warmgewalzter unlegierter Baustahl .....413 1.2.2 Schweißgeeigneter Feinkornstahl ..........413 1.2.3 Wetterfester Baustahl .............................413 1.2.4 Nichtrostender Stahl ...............................413 2. Warmgewalzte Baustahlerzeugnisse .......................414 2.1 Flacherzeugnisse ...............................................415 2.2 Profilerzeugnisse ...............................................416 2.2.1 Stabstahl..................................................416 2.2.2 Formstahl ................................................416 2.2.3 Breitflanschstahl .....................................416 2.3 Hohlprofilerzeugnisse (Rohre) ...........................416 2.4 Trägertypen im Stahlbau ...................................416 2.4.1 P-Profil (schmaler I-Träger) ......................416 2.4.2 IPE-Profil (mittelbreiter I-Träger) .............416 2.4.3 IPB-Profil (Breitflanschträger) oder HE-Reihe ................................................. 417 3. Kaltprofile .................................................................. 417 3.1 Kaltumgeformte Hohlprofile .............................. 417 3.2 Kaltgewalzte Trapezbleche ................................ 417 3.3 Kaltgeformte Stahlprofile...................................418 3.3.1 Ausgangsmaterial für Trapezblech ..........418 3.3.2 Tragfähigkeit unterschiedlicher Trapezbleche ...........................................418 3.3.3 Verbunddeckenprofile .............................418 3.3.4 Kassettenaußenwand/Stahlkassetten ....419 3.3.5 PUR-Sandwichelemente/Paneele ..........420 4. Metallische Gusswerkstoffe .....................................420 4.1 Gusseisen mit Lamellengraphit (GJL).............. 422 4.2 Gusseisen mit Kugelgraphit (GJS) ................... 422 4.3 Temperguss (GJM)........................................... 423 4.4 Stahlguss .......................................................... 423 5. Stranggepresste Metallprofile ................................. 423 6. Weitere Stahlprodukte ..............................................424 7. Betonstahl .................................................................424 7.1 Betonstahl nach DIN 488 ..................................424 7.2 Betonstahlfasern ...............................................425 7.3 Spannstähle im Spannbetonbau .......................426 7.4 Seile, Bündel und Kabel ...................................427 Anmerkungen................................................................ 429 Normen und Richtlinien ................................................ 429
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_22
410
1.
V Bauprodukte
Geschichte der Herstellung von Eisen- und Stahlprodukten
1 Primitiver Eisenschmelzofen (Zugofen). Durch die obere Öffnung wurden Holzkohle und Eisenerz eingefüllt.
Kap. IV-6, Abschn. 1. Geschichtliche Entwicklungsstufen, S. 286
Bei den ersten Eisenfunden in der Menschheitsgeschichte dürfte es sich um Meteoreisen gehandelt haben, das aufgrund seiner ungewöhnlichen Materialität für Kultgegenstände verwendet wurde. Auch die ersten Erzeugnisse aus terrestrischem Eisen (ca. 2500 v.Chr.) waren Kultgegenstände. Im 1. Jahrtausend v.Chr. beginnt der Übergang von der Bronzezeit zur Eisenzeit. Seit ca. 2500 Jahren werden Eisen und Stahl im Bauwesen genutzt. Das sogenannte Rennfeuer ist das älteste Verfahren zur Eisengewinnung ( 1). Es handelt sich dabei um eine einfache Grube, in welcher der Schmelzvorgang mittels eines Gemisches aus Eisenerz und Holzkohle durchgeführt wurde. Das Resultat ist eine teigiger, mit Holzkohle und Verschmutzungen durchsetzter Eisenklumpen, die sog. Luppe, die mit hohem Aufwand an manueller Arbeit weiterverarbeitet werden muss. Erst im 14. Jahrhundert gelang es, im Hochofen das Eisenerz bis zu seinem Schmelzpunkt zu erhitzen. Man erhielt ein kohlenstoffhaltiges, nicht schmiedbares Roheisen (sog. Pig Iron: Schweineeisen,- was die Qualität dieses frühen Roheisens treffend beschreibt), das nur durch späteres Frischen, also durch das Reduzieren des Kohlenstoffgehalts im Eisen, zu Stahl weiterverarbeitet werden konnte. Die wirkliche Massenproduktion von Eisen wird erst mit der Einführung des Kokses möglich.1 Die moderne industrielle Nutzung von Eisen und Stahl ist heute ca. 250 Jahre alt und lässt sich in drei Phasen unterteilen: • Gusseisenperiode von 1780 bis 1850. Das Gusseisen zeichnet sich durch seine Materialsprödigkeit und geringe Zugfestigkeit aus; • Schmiedeeisenperiode von 1850 bis 1900; • Stahlperiode von 1880 bis heute. Die Entwicklung neuer Hochleistungsstähle begann ca. 1960.
2 Querschnitt durch einen Puddelofen
3 Stich eines Bessemerstahlwerks des 19. Jahrhunderts
Der sogenannte Puddelofen (to puddle: engl. rühren, kneten) ermöglicht erstmals eine Massenherstellung qualitativ hochwertiger Eisenprodukte ( 2). Das Eisen kommt dabei nicht mehr mit der Steinkohle in Berührung. Das 1784 von Henry Cort erfundene Verfahren erlaubt durch den Rührvorgang eine Reduzierung des Kohlenstoffgehalts. Der Bessemerkonverter ( 3) ermöglicht seit 1855 durch das Einblasen von Sauerstoff die Reduktion des Kohlenstoffgehalts im Eisen. Bei diesem Verfahren wird Luft durch das flüssige Roheisen gepresst. Die nicht erwünschten Inhaltsstoffe, wie Kohlenstoff und Mangan, werden reduziert bzw. verbrannt. Der ursprüngliche Nachteil des Verfahrens – nur phosphorarmes Roheisen konnte verarbeitet werden – wird durch C. Thomas um 1879 beseitigt. Er versieht den Konverter mit einer basischen Verkleidung. Die kostengünstige
3 Stahlprodukte
411
Massenherstellung von Stahl wurde fortan ermöglicht ( 4). Das Siemens-Martin-Herdfrischverfahren wurde ursprünglich zum Einschmelzen von Schrott und Abfall aus Walzwerken entwickelt. Eine sogenannte Regenerativgasfeuerung ermöglicht eine Ofentemperatur von 1700°C. Stahl lässt sich dadurch kontrolliert mit einem bestimmten Kohlenstoff- und Legierungsgehalt erschmelzen. Das Tiegel- oder Gussstahlverfahren wurde bereits um 1740 von B. Huntsman entwickelt und von A. Krupp um 1830 verbessert. Dabei werden einzelne beheizte Tiegel mit einem Inhalt von 30 - 50 kg verwendet, um einen meist hochlegierten Stahl ohne oder mit schwachen Frischen zu gewinnen. Heutige Verfahren der Stahlerzeugung sind: • Elektrostahlverfahren: die Schmelze wird im Lichtbogen oder im Hochfrequenz-Induktions-Tiegelofen elektrisch erhitzt ( 5); • Sauerstoffaufblasverfahren: Eisen wird durch Aufblasen technisch reinen Sauerstoffs auf die Eisenschmelze gefrischt (LD-Stahl, LD-AC-Stahl, Oxygenstahl); • moderne Direktreduktionsverfahren (Direktreduktion und Schmelzreduktion): sogenannte TieftemperaturReduktionsverfahren haben bereits Betriebsreife erreicht. Brikettierte oder zu Pellets gepresste Eisenerze werden im festen Zustand bei einer Maximaltemperatur von 800900°C in porigen Eisenschwamm umgewandelt. Der Eisengehalt beträgt 90%. Wegen der geringeren Temperaturen lassen sich kostengünstigere Energieträger, wie z.B. Erdöl oder Kohle, zur Roheisengewinnung einsetzen. Auch kleinere Hüttenwerke, sogenannte Ministahlwerke, können damit wirtschaftlich betrieben werden. Seit der industriellen Revolution haben das Eisen und später der Stahl eine wichtige Rolle im Hochbau übernommen. Im Gegensatz zum Mauerwerk handelt es sich bei diesen Metallen um zähfestes Material, das in der Lage ist, hohe Zug- und Druckkräfte aufzunehmen. Dem Planer steht ein Baukasten von normiertem industriellen Halbzeug zur Verfügung. Wesentliche Vorteile des Stahlbaus sind: • einfache Montage/Demontierbarkeit; • hohe Tragfähigkeit; • günstiges Verhältnis von Spannweite und Trägerhöhe; • Trockenbau (Montagebauweise); • Präzision in der Ausführung (geringe Toleranzen);
4 Schnitt durch einen Hochofen
5 Stahlkonverter im Betrieb
Vorteile des Stahlbaus
1.1
412
1.2
V Bauprodukte
Baustähle
Nach ihrer chemischen Zusammensetzung teilt man Stahlsorten in legierte und unlegierte Stähle ein. Die Legierungen des Grundwerkstoffs Eisen mit anderen Elementen entscheiden über die Eigenschaften des Stahls ( 6). Wichtig ist insbesondere der Kohlenstoffanteil; vornehmlich durch diesen unterscheidet sich der Stahl vom Roheisen. Die Dosierung der Beimischungen ist in sehr engen Grenzen steuerbar, sodass eine große Gleichmäßigkeit in der Zusammensetzung und in den Eigenschaften der jeweiligen Stahlsorte sichergestellt ist. Es werden grundsätzlich folgende Hauptgruppen unterschieden: DIN EN 10025-1, -2
DIN EN 10025-1, -3,-4, DIN EN 10113-1 DIN EN 10025-1, -5, DIN EN 10155 DIN EN 10088-1
• warmgewalzter unlegierter Baustahl • schweißgeeigneter Feinkornstahl • wetterfester Baustahl • nichtrostender Stahl σ [N/mm²]
Stahlsaiten
2000
Stahldrähte
1500 Cr-Ni-Stahl
Stahlstangen
1000
Schraubenstahl
S 690 Q 500 S 355 JO
S 235 JR
6 Vergleichende Darstellung von Spannungs-Dehnungsdiagrammen unterschiedlicher Stähle
ε [%] 5
8
10
15
20
25
3 Stahlprodukte
Es handelt sich bei dieser Gruppe um die Standardstähle im Hochbau:
413
Warmgewalzter unlegierter Baustahl
1.2.1
Diese Stähle haben ein sehr feinkörniges Metallgefüge mit einer Ferritkorngröße von 6 und kleiner.
Schweißgeeigneter Feinkornstahl
1.2.2
• unlegierte Qualitätsstähle StE 275, heute S 275
siehe 1.2.1, oben
• unlegierte Qualitätsstähle StE 355, heute S 355
siehe 1.2.1, oben
• legierte Edelstähle StE 420, heute z.B. S 450J0
DIN EN 10027 - 1, EN 10020
• unlegierter Grundstahl St 37-2, heute S 235 JR • unlegierter Grundstahl RSt 37-2, heute S 235 J0+N • unlegierter Qualitätsstahl St 52-3U, heute S 355 J0 • niedriglegierter Qualitätsstahl St 52-3N, heute S 355 J2 Früher fand eine Unterscheidung anhand der Mindestbruchfestigkeit in kp/mm2 statt. Heute erfolgt die Klassifikation der Stähle nach dem Mindestwert der Streckgrenze (Erzeugnisdicken ) 16 mm). Eine weitere Unterteilung orientiert sich an der Sprödbruchempfindlichkeit und der Schweißeignung.
• legierte Edelstähle StE 460, heute z.B. S 450J0 Der Widerstand dieser Stähle gegen atmosphärische Korrosion wird durch die Zugabe von Legierungselementen (Kupfer und Chrom) erhöht. Folgende Qualitäten sind erhältlich:
Wetterfester Baustahl
1.2.3
DIN EN 10025-5
• wetterfester Baustahl WTSt 37-3, heute z.B. S 235J2W • wetterfester Baustahl WTSt 52-3, heute z.B. S 355J0W Stähle mit Chromanteilen * 10,5% und einem Kohlenstoffanteil von max. 1,2% gelten im Sinn der Norm als nichtrostende Stähle. Sie unterscheiden sich darüber hinaus von den unlegierten Standardstählen durch eine wesentlich höhere Zugfestigkeit bei gleicher Streckgrenze und einer größeren Bruchdehnung. Die Korrosionsbeständigkeit wird durch die hohen Legierungsanteile (v.a. Chrom und Nickel) der Stähle erreicht. Durch Oxidation entsteht eine dünne und zähe Passivschicht auf der Stahloberfläche, welche die weitere Korrosion „hemmt“. Eine Grundvoraussetzung für den Korrosionswiderstand ist deshalb der Kontakt mit Sauerstoff. Die Bezeichnung der Stähle schlüsselt die Zusammensetzung und Legierungsanteile sowie die Art der Herstellung einer Stahlsorte auf.
Nichtrostender Stahl DIN EN 10088-1, -2, -3
1.2.4
414
V Bauprodukte
Bezeichnungsbeispiel: Stahl EN 10088-2-X5CrNi18-10+1D (nichtrostender Chrom-Nickel-Stahl). Die Angaben bedeuten: Legierungsanteil ist der Massenteil der Mischungskomponente in %
X
hochlegierter Stahl (Legierungsanteil * 5%)
5
C-Gehalt ) 0,07%
CrNi Chrom-Nickel-Legierungselemente
2.
Warmgewalzte Baustahlerzeugnisse
7 Drahtwalzstraße der Badischen Stahlwerke in Kehl
18
17 – 19,5% Cr
10
8 - 10,5% Ni
+1D
warmgewalzt, wärmebehandelt, gebeizt
Das Warmwalzen ist der wichtigste Herstellungsprozess von Halbzeug nach der eigentlichen Rohstahlerzeugung. 90% des Rohstahls werden heute ausgewalzt. Es handelt sich hierbei um einen Formungsprozess bei einer Materialtemperatur von 900 – 1000°C.2 In einem Walzgerüst oder Walzstuhl sind Zylinder eingebaut, die Teil einer Walzstraße sind. Auf ihr wird das Walzstück mittels Rollgängen bewegt. Der Querschnitt des Gussblocks, der Gussbramme oder der Vorbramme wird beim Walzprozess durch sukzessives Kneten des zähplastischen Stahls unter dem Pressdruck der Rollen bis dicht an der Größe des gewünschten Profils verkleinert ( 7, 8). Dies geschieht im Normalfall in mehreren Durchgängen (Stichen). Die Endformung erfolgt durch nachträgliches Kaltwalzen. Herkömmliche Walzvorgänge sind sehr aufwendige Verfahren der Umformung. Der Walzprozess unterliegt heute starken technologischen Veränderungen, die z.B. zum sog.
Blockgießen
Stranggießen
Rohprofil
Vorprofil
8 Umformung von verschiedenen Rohprofilen beim Warmwalzprozess, ausgehend von Block- und Strangguss. Ein Durchgang durch das Walzgerüst wird beim Warmwalzen als Stich bezeichnet.
29 Stiche
16 Stiche
5 Stiche
7 Stiche
7 Stiche
7 Stiche
Fertigprofil
3 Stahlprodukte
415
Gießwalzen geführt haben. Ausgangsprodukt ist hier der flüssige Stahl, der direkt seiner Endform zugeführt wird. Desgleichen lassen sich Profile durch Addition einzelner Bänder zu einem zusammenhängenden Querschnitt auswalzen. Es werden grundsätzlich folgende Stahlerzeugnisse unterschieden: • Flacherzeugnisse • Profilerzeugnisse ( 9) • Hohlprofilerzeugnisse ( 10)
9 Profilerzeugnisse, Beispiele
10 Hohlprofilerzeugnisse, Beispiele
Als Flacherzeugnisse werden Bleche und Band bezeichnet. Blech wird in quadratischen und rechteckigen Tafeln geliefert. Nach der Blechdicke wird unterschieden:
Flacherzeugnisse
• Feinstblech, Blechstärke > 0,5 mm • Feinbleche, Blechstärke bis 3 mm • Mittelbleche, Blechstärke > 3 bis 4,75 mm • Grobbleche, Blechstärke > 4,75 mm Neben warmgewalzten werden auch kaltgewalzte Bleche hergestellt. Sämtliche Bleche sind mit einem Überzug aus Zink-Zinn (Weißblech) oder Kunststoff lieferbar. Aus Blechen erfolgt durch weiteres Umformen die Herstellung von Well-, Riffel- oder Warzenblechen. Band, das in größeren Längen hergestellt und nach dem Walzvorgang auf eine Rolle gewickelt wird, unterscheidet man nach dem Herstellungsprozess in Warm- und Kaltband.
zur Kaltverformung siehe Kap. IV-6, Abschn. 6.2 Kaltverformung, S. 293
2.1
416
2.2
V Bauprodukte
Profilerzeugnisse
Es werden grundsätzlich unterschieden: • Stabstahl • Formstahl • Breitflanschstahl
2.2.1
Stabstahl
Von Stabstahl spricht man bei Profilen bis zu einer Profilhöhe von 80 mm. Sämtliche zu dieser Gruppe gehörigen Profile werden durch Warmwalzen hergestellt.
2.2.2
Formstahl
Von Formstahl spricht man ab einer Profilhöhe von 80 mm.
2.2.3
Breitflanschstahl
Breitflanschstahl gehört zu den Stabstahlerzeugnissen. Er dient zur Herstellung geschweißter I-Träger. Die Breite liegt zwischen 150 und 1250 mm, die Blechstärke zwischen 4,76 und 60 mm.
2.3
Hohlprofilerzeugnisse (Rohre)
Nach Herstellungsart werden nahtlose und geschweißte Rohre unterschieden. Durch warmes und kaltes Umformen runder Rohre werden Quadrat- und Rechteckhohlprofile erzeugt.
2.4
Trägertypen im Stahlbau
Darstellung der wichtigsten und gängigsten I-Träger ( 11):
11 Warmgewalzte I-Profile bzw. Doppel-T-Profile im Vergleich: 1 3
1
2
3
4
schmaler I-Träger mittelbreiter I-Träger/IPE-Profil HEA-Profil
2.4.1
I-Profil (schmaler I-Träger)
Ältester ausgewalzter Trägertyp. Aufgrund des alten Walzverfahrens besitzt er keine parallelen Flansche. Er wird im Hochbau nur noch selten eingesetzt, z.B. als Träger und Führung von Kranbahnen o.Ä.
2.4.2
IPE-Profil (mittelbreiter I-Träger)
Dies ist das im Geschossbau am häufigsten eingesetzte Trägerprofil. Es ist in Abstufungen der Gesamthöhe von 80600 mm lieferbar. Parallele Flansche und ein dünner Steg kennzeichnen das IPE-Profil, das zumeist als Biegeträger zum Einsatz kommt. Auch andere, nicht genormte Reihen werden ausgewalzt (IPEv/IPEo/IPEa aus dem Programm von Klöckner oder ThyssenKrupp).3
3 Stahlprodukte
Es werden drei Grundreihen von Breitflanschträgern ausgewalzt. Auch Profile mit größeren Abmessungen sind erhältlich.
417
IPB-Profil (Breitflanschträger) oder HE-Reihe
2.4.3
Kaltprofile
3.
• HEA-Profil, leichte Ausführung (früher IPBL) • HEB-Profil, normale Ausführung (früher IPB) • HEM-Profil, verstärkte Ausführung (früher IPBV) Diese Profile eignen sich für Stützen oder Träger zum Abtragen hoher Lasten. Bis zum 300er Profil ist die Querschnittshöhe gleich der Querschnittsbreite; bei den größeren Profilen sind die Flansche immer mit einer Breite von 300 mm ausgeführt. Durch Kaltumformen von Blech, Flachstahl, Warm- oder Kaltband werden Profile hergestellt. Die Kaltprofilierung erlaubt eine freiere Gestaltung der Querschnitte.4 Dadurch wird eine weitgehende Anpassung an die Konstruktionsaufgabe mit guter Werkstoffausnutzung und geringerem Eigengewicht möglich. Durch Kaltumformen ist die gezielte Erhöhung der Tragfähigkeit dünner Bleche möglich.
zur Kaltverformung siehe Kap. IV-6, Abschn. 6.2 Kaltverformung, S. 293
Meist quadratische Querschnitte mit Kantenlängen von 20 bis 400 mm oder mit rechteckigem Querschnitt mit Abmessungen 40/20 bis 500/300 mm.
Kaltumgeformte Hohlprofile
3.1
Die Herstellung erfolgt durch das Kaltwalzen warmgewalzter Bleche und Bänder. Trapezbleche werden in zahlreichen, nicht genormten Profilreihen hergestellt ( 12, 13). Sie finden Verwendung im Fassadenbau für Wand- oder Dachbekleidungen, bei der Herstellung von Paneelen sowie bei der Erstellung von Geschossdecken im Stahl- oder Stahlverbundbau. Trapezbleche werden in Längen bis 18 m, Breiten von ca. 1 m und in Blechdicken von 0,56 bis 2 mm ausgeliefert. Korrosionsschutzmaßnahmen sind in der Herstellung von Trapezblech bereits integriert, insbesondere die Feuerverzinkung und/oder Beschichtung mit Kunststoff.
Kaltgewalzte Trapezbleche
3.2
12 (Oben) Kaltgewalzte Trapezbleche 13 (Links) Kaltgewalztes Trapezblech im Herstellungsprozess
418
3.3
V Bauprodukte
Kaltgeformte Stahlprofile DIN EN 1993-1-1 bis -3
3.3.1
Ausgangsmaterial für Trapezblech DIN EN 10346
3.3.2
Technische Entwicklungsstufen von Trapezblech
Wegen der geringen Tragfähigkeit finden diese Profile im Hochbau selten Anwendung. Sogenannte C- oder Z-Profile werden insbesondere in den Ausbaugewerken eingesetzt. Als Beitrag zum Leichtbau dürften diese Profile aufgrund ihrer Materialökonomie in Zukunft eine wesentlich wichtigere Rolle spielen ( 14). Trapezbleche und Deckbleche für Paneele werden aus Stahlsorten hergestellt, die für die Kaltverformung geeignet sind. Heute sind dies Stähle nach Norm mit einer Streckgrenze von mindestens 280 N/mm2. Ausgangshalbzeug ist in Coils aufgerolltes Stahlband mit Bandstärken von 0,4 bis 1,5 mm und Bandbreiten von 600 bis 1800 mm.5 Es gibt verschiedene technische Entwicklungsstufen von Trapezblech ( 15): • niedriges Trapezblech mit Höhen bis zu 50 mm ohne Sicken (d.h. zusätzliche Steifen) in den Profilwänden, die aufgrund der geringen statischen Höhe nur als Wetterhaut an Gebäudehüllen oder im Sandwichpaneelverbund eingesetzt werden können; • höhere Profile mit breiteren Gurten und zusätzlicher Sickenaussteifung, die neben einhüllender auch tragende Funktion übernehmen können; • die dritte und jüngste Generation von Trapezblech zeigt eine deutlich vergrößerte Profilhöhe und breitere Obergurte, die mit einer zusätzlichen Profilierung zwecks verbesserter Beulsteifigkeit versehen sind. Diese neuen Trapezbleche können tragende Funktionen bei Spannweiten bis zu ca. 10 m übernehmen.
3.3.3
Verbunddeckenprofile
Markennamen: Holorib ®, Cofrasta ®
Ein wesentlicher Einsatzbereich von Trapezblechen liegt in der Anwendung im Verbund mit Stahlbeton als Stahl-BetonVerbunddeckenkonstruktion. Bei der Herstellung dienen die Trapezbleche als verlorene Schalung und müssen in dieser Funktion im Bauzustand ggf. zusätzlich unterstützt werden. Heute werden vor allem Trapezprofile geringer Bauhöhe von ca. 50-70 mm verwendet. Das Profil dient in seiner Verbundwirkung mit dem Beton als Zugbewehrung an der Unterseite der Deckenkonstruktion.6 Die hinterzogenen Sicken dieser speziell für den Verbundbau geformten Trapezbleche eignen sich darüber hinaus zum Anhängen von Ausbauelementen, wie z.B. abgehängter Decken oder auch technischer Gebäudeausrüstung ( 16).
3 Stahlprodukte
Im Industriebau werden Kassettenaußenwandkonstruktionen häufig eingesetzt. Hier werden oftmals keine hohen Anforderungen an den Brandschutz oder den Wärmeschutz gestellt. Die sich bei Außenwänden ansonsten nachteilig auswirkende Wärmeleitfähigkeit von Stahl fällt in diesem Fall somit nicht sonderlich ins Gewicht. Die Kassette, ein kaltgewalztes Blech, spannt im Regelfall horizontal zwischen den Fassadenstützen und macht damit eine Pfosten- und Riegelkonstruktion unnötig. Die Kassette wird mit Mineralfaserdämmung ausgefüllt. Außenseitig wird eine schützende Wetterhaut an ihr befestigt (Trapez- oder Wellblechprofil). Der direkte Kontakt zwischen der Kassette (warm) und der Wetterhaut (kalt) wird durch dazwischengelegte Kunststofflagen verhindert, sodass eine thermische Trennung erfolgt ( 17).
419
Kassettenaußenwand/Stahlkasse tten
14 Kaltgeformte Stahlprofile
15 Unterschiedliche Generationen von Trapezblechen (von oben nach unten):
16 Verbunddeckenprofile zur Herstellung von Stahl-Beton-Verbunddecken im Hochbau
• • •
einfache Form ohne Sickenbildung höhere Profile mit zusätzlicher Sickenbildung vergrößerte Profilhöhen und zusätzliche Profilierung im Obergurtbereich
3.3.4
420
3.3.5
V Bauprodukte
PUR-Sandwichelemente/-paneele
Band 3, Kap. XIII-4, Abschn. 2. Sandwichsysteme
4.
Metallische Gusswerkstoffe: Gusseisen und Gussstahl
Komplette funktionstüchtige Fassaden lassen sich mithilfe von Sandwichelementen oder -paneelen bauen. Sie werden als Stahl-Polyurethan-Verbundelemente für den Hochbau bereits seit den 1960er Jahren hergestellt und haben im Industrie- und Gewerbebau durch die Einfachheit von Aufbau und Ausführung einen weiten Markt erobert.7 Die Kombination von dünnwandigen Stahlblechdeckschalen (d > 0,5 mm) und einem dazwischen eingeschäumten Polyurethan-Hartschaumkern bzw. einem Mineralfaserkern schafft ein Bauteil, das einhüllende und – im Sekundärtragwerk der Hülle – lastableitende Funktionen sowohl vertikal als auch horizontal übernehmen kann ( 18). Die Dämmstärken dieser Paneele liegen zwischen 60 und 160 mm bei PUR-Kern und bis zu 300 mm bei Mineralfaserkern. Sie erfüllen alle Funktionen einer Außenwand, bis auf die Funktion der Wärmespeicherung und zum Teil auch des Schallschutzes, wofür die Elemente zu leicht und zu biegesteif sind. Deshalb sind Sandwichelemente nicht überall gleich gut einsetzbar. Sie sind aber insbesondere im Industrie- und Gewerbebau sehr verbreitet, wo ihre Schwächen nicht allzu sehr ins Gewicht fallen. Diese Wandbauteile werden in einem linearen Endlos-Prozess komplett im Werk vorgefertigt. Die Lieferlängen sind lediglich durch Transportund Baustellenbedingungen begrenzt. Es werden sowohl Wand- wie auch Dachelemente gefertigt. Die Fugenausbildung unterscheidet sich je nach Hersteller. Im Wandbereich sind formschlüssige Nut- und Federverbindungen üblich, die ein Bohren der Deckschalen unnötig machen. Die Elemente sind ca. 750-1000 mm breit. Eisen-Kohlenstoff-Legierungen mit einem C-Anteil von 2-4% werden als Gusseisen bezeichnet. Die wichtigsten Eigenschaften von Gusseisen sind seine Gießbarkeit, und somit die Möglichkeit einer freien Formgebung im Rahmen der Einschränkungen aus der Gießtechnik ( 19, 20), seine hohe Festigkeit bei geringer Verformung sowie sein gutmütiges Korrosionsverhalten (durch Si-Anteil).8 Im Stahlbau sind die Anwendungsmöglichkeiten metallischer Gusswerkstoffe vielfältig und finden zunehmend neue Einsatzbereiche. Beispielsweise die Schweißbarkeit von Gusseisen mit Lamellengraphit, was z.B. das Verschweißen mit Walzerzeugnissen erlaubt, hat neue Anwendungen ermöglicht. Dies sind vor allem konstruktive Lösungen, bei denen lineare Bauteile aus genormten warmgewalzten Baustahlprofilen und Knotenelemente aus Gusseisen bestehen. Denn Gusseisen ist besonders gut geeignet, um in geometrisch komplexen Anschlussknoten als tragendes, fugenloses Sonderformteil eingesetzt zu werden (z.B. in Seiltragwerken). Anwendungsbeispiele sind Pylonköpfe, Umlenksättel oder Seilfittings.
3 Stahlprodukte
421
Trapezblech als Wetterhaut
Kassettenprofil
17 Kassettenaußenwandsystem als Beispiel einer aus Halbzeug gefertigten Gebäudehülle
Attikaprofil
Wandpaneel
Dachpaneel Bsp. Fa. Hoesch Isodach
19 Gussknoten der Humboldthafen-Brücke in Berlin (Ing.: Schlaich-Bergermann und Partner)
Kaltverformte Tragprofile
18 Industriebausystem der Fa. Hoesch mit PUR-gefüllten Wand- und Dachpaneelen
20 Fußpunkt der Humboldthafen-Brücke aus Stahlguss (Ing.: Schlaich-Bergermann und Partner)
422
V Bauprodukte
Unterschieden werden nach der Form der Graphitkristalle im erstarrten Zustand: • Gusseisen mit Lamellengraphit (Grauguss); • Gusseisen mit Kugelgraphit (neuer Werkstoff mit hoher Zugfestigkeit); • Temperguss; • Stahlguss (gute Schweißbarkeit). 4.1
Gusseisen mit Lamellengraphit (GJL) DIN EN 1561
21 Materialgrundgefüge von Gusseisen mit Lamellengraphit in 100facher Vergrößerung
4.2
Gusseisen mit Kugelgraphit (GJS) DIN EN 1563
22 Materialgrundgefüge von Gusseisen mit Kugelgraphit in 100facher Vergrößerung
Chemisch nicht gebundener Kohlenstoff hat eine lamellenförmige Graphitstruktur. Diese Lamellen sind eine Störung in der metallischen Grundstruktur des Gusseisens und verursachen Spannungsspitzen durch Kerbwirkung. Diese Gefügestruktur hat eine geringere Zugfestigkeit und geringere Bruchdehnung von Gusseisen mit Lamellengraphit zur Folge, aber aufgrund der Störungen im Material auch gleichzeitig eine gute Korrosionsbeständigkeit. Dieses Material entspricht (wenn auch in verbesserter Form) dem traditionellen Stahlguss, wie er bereits in der Frühphase des industrialisierten Bauens eingesetzt wurde. In der DIN werden heute 6 Festigkeitsklassen von GJL unterschieden. Heutige Anwendungen von GJL im Bauwesen sind Roste, Rohre, Tübbings und Heizkörper ( 21) Dieser Werkstoff ist erst seit den 1950er Jahren im Einsatz. Durch die Legierung von Gusseisen mit Mg oder Cer (Cerit) bildet sich beim Erstarrungsprozess Graphit in Kugelform, d.h. die Materialstörungen werden bei diesem Werkstoff gemindert. Gusseisen mit Kugelgraphit besitzt deshalb höhere Zugfestigkeiten und lässt größere Dehnungen zu als traditionelles Gusseisen. Man spricht deshalb von duktilem Gusseisen. Mit dieser Entwicklung wurde dem Gusseisen ein weites Anwendungsgebiet erschlossen. Auch das Schweißen ist bei diesem Werkstoff bei entsprechender Vor- und Nachbehandlung möglich. In der DIN werden 8 Festigkeitsklassen von GJS unterschieden ( 22).9 Heutige Anwendungen: Gas- und Wasser(druck)rohre, Tragwerkselemente, Anschlusslaschen, Gabelköpfe, Einzelteile für Baumaschinen.
3 Stahlprodukte
423
Temperguss erfordert einen aufwendigen, mehrtägigen Herstellungsvorgang. Erst durch eine zusätzliche Wärmebehandlung (das Tempern) zerfällt das im ersten Gussvorgang entstandene Zementit in sogenannte Temperkohle, die als Graphit in Flockenform anfällt. D.h. man nutzt im ersten Schritt den dünnflüssigen Gusswerkstoff für eine einfache Formgebung und erhält dann durch das Tempern (Glühen) einen duktilen und konstruktiv wertvollen Eisenwerkstoff. Heutige Anwendungen sind kompliziert geformte Gussteile und Fittings. Temperguss wird wegen des aufwendigen Temperns zunehmend von Gusseisen mit Kugelgraphit verdrängt.
Temperguss (GJV)
Im Stahlguss wird kohlenstoffarmer Stahl zu Kokillen, Blöcken oder Brammen gegossen. Es dürfen keine Gasblasen beim Vergussvorgang entstehen, weshalb beruhigter Stahl eingesetzt werden muss ( 23). Diese Zwischenprodukte werden wärmebehandelt und im Warmwalzprozess weiter verformt. Darüber hinaus wird Stahlguss heute zur Herstellung nicht walz- oder schmiedbarer Sonderbauteile, wie z.B. Brückenlager verwendet.
Stahlguss
4.3
ISO 16112
4.4
23 Materialgrundgefüge von Stahlguss in 100facher Vergrößerung
Neben dem Warmwalzen, bzw. dem warmen und kalten Umformen, gibt es im Bauwesen auch die Möglichkeit, stranggepresste Profile herzustellen. Das Strangpressen stellt eine Sonderform der industriellen Herstellung von Stahl dar. Ein Beispiel für diese Herstellungsmethode ist das Strangpressen von Fassaden-, Fenster- und Sonderprofilen. Dabei wird flüssiger Stahl wird durch eine Schablone (Werkzeug) gepresst und abgekühlt. Insbesondere zur Herstellung von komplexen Sonderprofilen wird das Strangpressen als interessante und kostengünstige Alternative im Stahlbau betrachtet. Dabei wird im Unterschied zum Warmwalzen nur ein „Durchgang“ bis zum fertigen Halbzeug benötigt! Hohlprofile, spitze Winkel, komplizierte Formgebungen von Spezialprofilen sowie die „Kleinlosigkeit“ einer Serie sind Gründe für die Anwendung der Strangpresstechnologie. Alle Arten von Baustählen können verwendet werden, auch niedrig- und hochlegierte Stähle, Edelstähle und nichtrostende Stähle. Die Auslieferung erfolgt in Stabform (Längen bis 12.000 mm).10
Stranggepresste Stahlprofile
5.
424
6.
V Bauprodukte
Weitere Stahlprodukte
Neben dem oben vorgestellten Halbzeug können auch zahlreiche komplette Baukomponenten aus Stahl bezogen werden, wie beispielsweise: • standardisierte Träger (R-Träger, Wabenträger); • Drahtgeflechte; • Gitterroste; • Sonderprofile oder Komponenten für Zargen, Stahltüren, Glas-Stahl-Türen usw.; • Garagen- und Industrietore; • standardisierte Fertigtreppen etc.
7.
Betonstahl DIN EN 1992-1-1, DIN EN 1992-3
Unter der Kategorie des Betonstahls versteht man verschiedene Bewehrungsstahlsorten und -erzeugnisse für den Stahlbetonbau nach DIN EN 1992-1-1 für schlaffe Bewehrung und nach DIN EN 1992-3 für vorgespannte Bewehrung. Grundsätzlich wird unterschieden in: • Betonstabstahl (S) • Betonstahlmatten (M) • Bewehrungsdraht • Betonstahlfasern
7.1
Betonstahl nach DIN 488
Betonstahl ist ein Stabstahl mit kreisförmigem Querschnitt, der zur Bewehrung von Stahlbeton eingesetzt wird. Er wird hergestellt durch: • Warmwalzen (naturharter Stahl); • Warmwalzen mit anschließender Wärmebehandlung; • Kaltverformung. Die Eigenschaften naturharter Stähle sind durch ihre chemische Zusammensetzung vorgegeben, die von kaltverformten Stählen durch das kalte Nacharbeiten (z.B. Recken oder Tordieren) nach dem Warmwalzen. Die Stäbe von Betonstahlmatten werden grundsätzlich kalt hergestellt. Betonstahlmatten sind eine vorgefertigte flächenhafte Bewehrung aus sich kreuzenden Stäben, die an den Kreuzungspunkten durch Verschweißen planmäßig scherfest miteinander verbunden sind. Bewehrungsdraht wird als glatter oder profilierter Betonstahl in Ringen hergestellt und im Werk zu Bewehrungen (Stab- und Mattenstahl) weiterverarbeitet.
3 Stahlprodukte
425
Die DIN 488 unterscheidet folgende Betonstahlsorten: • B420S und B500S für gerippte Betonstabstähle ( 24); • B500M für geschweißte Betonstahlmatten aus gerippten Stäben ( 25), keine Normung nach DIN 10027-1; • B500G und B500P als glatter (G) und profilierter (P) Bewehrungsdraht. Sämtliche Betonstähle nach DIN 488 sind schweißbar. Folgende Stahlbetonmattenarten lassen sich unterscheiden:
24 Gerippter Betonstabstahl vor dem Betoniervorgang
• Lagermatten (standardmäßig vorrätig); •• N-Matten zur nichtstatischen Bewehrung von Estrichen; •• Q-Matten, statische Matten mit gleichem Bewehrungsquerschnitt in Längs- und Querrichtung; •• R-Matten, statische Matten für einachsige Bewehrung mit einem Abstand der Längsstäbe von 150 mm; • Listenmatten. Sie sind nicht standardmäßig vorrätig, werden nach Bedarf gefertigt und können aufgrund heutiger CAD/CAM-Technik innerhalb einer Matte auf die jeweiligen statischen Anforderungen angepasst werden.
25 Betonstahlmatten (Q-Matten)
Die gerippte Oberfläche der Bewehrung gewährleistet den formschlüssigen Verbund an der Berührfläche zwischen Stahl und Beton. Stahlfaserbeton ist eine relativ neue Entwicklung der Bewehrungstechnik im Betonbau. Er wird meist dort verwendet, wo aus diversen Gründen eine konstruktive Stahlbewehrung nicht oder nur schwer ausführbar ist, beispielsweise bei Industrieböden oder Kellersohlen. Aber auch andere Bauteile, z.B. Kellerwände oder Tunnelauskleidungen, werden heute aus Stahlfaserbeton hergestellt. Die Stahlfasern verbessern vor allem das Trag- und Verformungsverhalten des erhärteten Betons. Folgende Fasern lassen sich unterscheiden: • Drahtfasern: Sie werden mittels des sogenannten Düsenziehverfahrens aus kaltgezogenem Walzstahl hergestellt. Dabei wird der Ausgangsdraht durch hintereinander angeordnete, immer feinere Düsen gezogen, bis der gewünschte Durchmesser erreicht ist. Durch Walzen wird die Endverankerung und Oberflächenprofilierung eingeprägt. In einem abschließenden Vorgang schneidet man die Fasern auf die gewünschte Länge. Das Verfahren ermöglicht die Herstellung nahezu beliebiger Geometrien. Hierzulande
Betonstahlfasern Kap. IV-7, Abschn. 7.2.5 Stahlfaserbeton (SFB), S. 315
7.2
426
V Bauprodukte
liegen die Durchmesser i.d.R. zwischen 0,15 und 1 mm. Die zugehörigen Längen betragen 6-60 mm. Das Verfahren erlaubt auch die Verarbeitung hochqualitativer Drähte, deren Zugfestigkeit bis zu 2500 N/mm2 betragen kann. Die Herstellung von Fasern aus nichtrostendem Stahl ist ebenfalls möglich (Korrosionsschutz!) ( 26, 27);
26 Ultrahochfester Feinkornbeton mit kurzen Drahtfasern als Bewehrung
27 Stahldrahtfaserbewehrung für Stahlfaserbetone (Herst.: Fa. Baumbach-Metall GmbH): Beispiel WLG-60/0.75/H: W Stahldraht L min. Zugfestigkeit= 1,0 N/mm2, G Anlieferung wasserlöslich verklebt 60 Länge 60 mm 0.75 Durchmesser 0,75 mm H verkröpft.
7.3
Spannstähle im Spannbetonbau
neue europ. Bezeichnungen für Spannund Litzenstähle (oft noch nicht in Verwendung), max. Zugfestigkeit in N/mm2:
• gefräste/gespänte Fasern: Bei diesem Verfahren werden Metallspäne aus Stahlbrammen herausgefräst. Verfahrensbedingt sind diese Späne in ihrer Geometrie unregelmäßig, i.d.R. haben sie einen sichelförmigen Querschnitt. Sie sind um ihre Längsachse tordiert und besitzen eine glatte Außen- und eine rauhe Innenseite. Die maximale Zugfestigkeit liegt bei ca. 800 N/mm2. Diese Späne lassen sich nicht plastisch verformen, denn sie brechen spröde. Ihre unregelmäßige Oberfläche verbessert den Haftverbund der in der Matrix eingebetteten Stahlfaser; • Blechfasern: Fasern werden aus einem warmgewalzten Blech gewonnen, das zunächst in dünne Streifen, anschließend in einzelne Fasern zerschnitten wird. Dann werden durch Druckkräfte beliebige plastische Verformungen erzeugt und dadurch die gewünschte Geometrie und Oberflächenbeschaffenheit der Fasern herbeigeführt. Blechfasern sind meist rechteckig. Faserbreiten liegen zwischen 1,5 und 2,5 mm, Faserdicken zwischen 0,5 und 1,0 mm, Längen zwischen 1,5 und 2,5 mm.
Spannstähle werden zum Vorspannen von Stahlbetonbauteilen verwendet. Diese Technik ist hinsichtlich ihrer Dauerhaftigkeit hochsensibel. Spannstähle müssen eine hohe Sicherheit gegenüber einem Nachlassen der Vorspannung garantieren. Es handelt sich bei Spannstählen um unlegierte oder niedriglegierte Stähle mit hoher Zugfestigkeit und einer 0,01-Dehngrenze. Sie werden grundsätzlich den unlegierten und niedriglegierten Edelstählen nach EN 10027-2 zugeordnet, die Bezeichnung in Deutschland erfolgt noch immer entsprechend ihrer Festigkeit: St Streckgrenze (Rp0,2)/ Nennwert der Zugfestigkeit (Rm) jeweils in N/mm2.
Y 1230H nach DIN EN 10138-4 (warmgewalzter und/oder wärmebehandelter Stahl)
• Stabstähle (glatt mit Gewinde oder mit Gewinderippen) mit einem Durchmesser von 26-40 mm und Festigkeiten von St 835/1030 bis 1080/1230;
Y 1770C nach DIN EN 10138-2 (kaltgezogener Stahl)
• vergütete Drähte (glatt oder gerippt) mit einem Durchmesser von 5,2-14 mm; • kaltgezogene runde Drähte (Ausgangsprodukt für Litzen) mit einem Durchmesser von 4-12,2 mm und Festigkeiten von St 1370/1570; St 1600/1860;
3 Stahlprodukte
427
Die häufig eingesetzte Spanndrahtlitze wird aus 3 oder 7 kaltgezogenen Einzeldrähten mit Durchmessern von 6,9 bis 18,3 mm hergestellt. Stahlseile (auch: Drahtseile) sind sogenannte geschlagene Seile, die aus Drähten aufgebaut bzw. spiralförmig verseilt wurden. Die Drähte werden oftmals zu Litzen oder Kardeelen ( 34, 35) „verdreht“, also geschlagen. Geflochtene Seile finden im Bauwesen i.d.R. keine Anwendung. Parallel verlaufende und zusammengepresste Drähte oder Litzen werden als Bündel bezeichnet. Die Herstellung von Seilen bzw. das Schlagen der Drähte erfolgt auf Verseilmaschinen. Zur Herstellung von Stahlseilen wird häufig unlegierter Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt zwischen 0,4 und 0,9% verwendet. Nachträgliches Kaltziehen erhöht die Festigkeit der Stahls. Hinsichtlich der Herstellung wird zwischen Gleichschlagseilen und Kreuzschlagseilen unterschieden. Gleichschlagseile haben eine höhere Lebensdauer und werden aus diesem Grund im Hochbau häufig eingesetzt.11 Folgende Arten von Seilen werden unterschieden:
Seile, Bündel und Kabel
DIN EN 10264-1 bis -4 DIN EN 12385-10
DIN 3094
• offene Spiralseile: sie werden aus einzelnen Drahtlagen, die gegensinnig gedreht werden, hergestellt. Die Drähte einer Drahtlage folgen dabei der gleichen Schraubenlinie (Gleichschlagseil). Die einzelnen Drähte weisen in der Regel den gleichen Durchmesser auf. Je nach Seildurchmesser kommen vor allem die Seile 1x7, 1x19, 1x37, 1x61 und 1x91 (1 Kardeel bzw. 1 Litze mit n Drähten) zur Ausführung. Offene Spiralseile werden aus nichtrostendem Stahl oder aus unlegierten Stählen mit verzinkter Oberfläche hergestellt ( 28-31); • vollverschlossene Spiralseile: sie werden aus Z-förmigen Formdrähten, die über einen Runddrahtkern verseilt werden, hergestellt. Vollverschlossene Spiralseile verschließen sich beim Eintrag von Zuglast und erschweren somit das Eindringen von Feuchte. Die Rundstähle im Kernbereich sind dickverzinkt und häufig zusätzlich mit elastischer Zinkstaubfarbe umschlossen. Die äußeren Profildrähte erhalten ebenfalls eine Verzinkung als Korrosionsschutz ( 32, 33); • Rundlitzenseile: es handelt sich hierbei um eine mehrfach verseilte Ausführung. In aller Regel besteht das Seil aus einzelnen Litzen im gleichen Drehsinn geschlagener Drähte, die untereinander nochmals verseilt werden ( 34); •• Rundlitzenseile im Kreuzschlag: Die Drahtspirale in der Litze verläuft gegenläufig zur Litze im Seil; •• Rundlitzenseile im Gleichschlag: Die Drahtspirale in der Litze verläuft gleichläufig mit der Litze im Seil;
28 Beispiel für ein offenes Spiralseil aus Drähten aus nichtrostendem Stahl mit kreisrundem Querschnitt.
7.4
428
V Bauprodukte
29 Offenes Spiralseil aus Drähten mit einem kreisrunden Querschnitt 1x19 in 2 Lagen über einem Kernseil
30 Offenes Spiralseil aus Drähten mit einem kreisrunden Querschnitt 1x37 in 3 Lagen über einem Kernseil
31 Offenes Spiralseil aus Drähten mit einem kreisrunden Querschnitt 1x61 in 4 Lagen über einem Kernseil
32 Vollverschlossenes Spiralseil aus dichtschließenden Profildrähten und Drähten mit einem kreisrunden Querschnitt in 3 Lagen über einem Kernseil
33 Vollverschlossenes Spiralseil aus 2 Außenlagen aus dichtschließenden Profildrähten und Drähten mit einem kreisrunden Querschnitt über einem Kernseil
34 Rundlitzenseil aus 7-drähtigen Litzen mit einer Stahlseele, Querschnitt 19x7
35 Bündel aus 7-drähtigen Litzen, parallel geführt, Querschnitte 55x7
36 Gussknoten am Hauptrandkabel des Olympia-Stadiondachs in München
3 Stahlprodukte
429
• Bündel: Sie werden für hohe Traglasten über 20 000 kN hergestellt und bestehen aus dicken Drähten oder aus siebendrähtigen Litzen. Sie werden in einer Hülse verankert. Bündel können auch verdrillt werden, sie lassen sich dann auch krümmen, ohne dass der Drahtverband gesprengt wird. Die Dehnsteifigkeit und die Ermüdungsfestigkeit ist höher als bei den oben dargestellten Seilen ( 35); • Kabel: Unter Kabel versteht man die Addition von mehreren Seilen oder Bündeln, die an Einzelpunkten gekoppelt sind, an den Endpunkten aber ihre Kräfte über Schlaufen oder Vergusshülsen abgeben. Zur Verbesserung des Korrosionsschutzes oder für allgemeine Kontrollarbeiten werden Kabel heute vermehrt in sogenannter offener Anordnung ausgeführt, d.h. dass sie auch an den Koppelstellen untereinander auf Distanz gehalten werden ( 36). 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
11
dtv-Lexikon (1990), Stw. Eisen Petersen (1994) Stahlbau, S. 28ff Hart et al (1982) Stahlbau Atlas, verschiedene Beiträge Ebda S. 386ff Möller R (1993) Bauelemente aus Stahlblech, S. 98ff Ebda S. 120ff Ebda S. 129ff Häring et al (1996) Technologie der Baustoffe, S. 304ff Betschart (1993) Konstruieren mit Gusswerkstoffen, S. 58ff Vgl. Montanstahl, special profiles in steel: https://www.montanstahl.com/de/produkte/fertigungsverfahren/warmwalzen/ (abgerufen am 15.02.2017) Vgl. Fa. Pfeifer Seil- und Hebetechnik GmbH (2013) Drahtseile. Technische Informationen. S. 5ff
DIN 1623: 2009-05 Kaltgewalztes Band und Blech – Technische Lieferbedingungen – Allgemeine Baustähle DIN 3094: 1978-01 Rundhaspel für Drahtseile DIN EN 1561: 2012-01 Gießereiwesen – Gusseisen mit Lamellengraphit DIN EN 1563: 2016-12 Gießereiwesen – Gusseisen mit Kugelgraphit DIN EN 1992: Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken Teil 1-1: 2011-01 Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau Teil 3: 2011-01 Silos und Behälterbauwerke aus Beton DIN EN 1993: Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten Teil 1-1: 2010-12 Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau Teil 1-2: 2010-12 Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall Teil 1-3: 2010-12 Allgemeine Regeln – Ergänzende Regeln für kaltgeformte Bauteile und Bleche
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
430
V Bauprodukte
DIN EN 10020: 2000-07 Begriffsbestimmung für die Einteilung der Stähle DIN EN 10021: 2007-03 Allgemeine technische Lieferbedingungen für Stahlerzeugnisse DIN EN 10025: Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen Teil 1: 2011-04 Allgemeine technische Lieferbedingungen Teil 2: 2018-07 Technische Lieferbedingungen für unlegierte Baustähle Teil 3: 2018-07Technische Lieferbedingungen für normalgeglühte/normalisierend gewalzte schweißgeeignete Feinkornbaustähle Teil 4: 2018-07 Technische Lieferbedingungen für thermomechanisch gewalzte schweißgeeignete Feinkornbaustähle Teil 5: 2018-07 Technische Lieferbedingungen für wetterfeste Baustähle Teil 6: 2018-07 Technische Lieferbedingungen für Flacherzeugnisse aus Stählen mit höherer Streckgrenze im vergüteten Zustand DIN EN 10027: Bezeichnungssysteme für Stähle Teil 1: 2017-01 Kurznamen Teil 2: 2015-07 Nummernsystem DIN EN 10034: 1994-03 I- und H-Profile aus Baustahl; Grenzabmaße und Formtoleranzen DIN EN 10048: 1996-10 Warmgewalzter Bandstahl – Grenzabmaße und Formtoleranzen DIN EN 10058: 2004-02 Warmgewalzte Flachstäbe aus Stahl für allgemeine Verwendung – Maße, Formtoleranzen und Grenzabmaße DIN EN 10059: 2004-02 Warmgewalzte Vierkantstäbe aus Stahl für allgemeine Verwendung – Maße, Formtoleranzen und Grenzabmaße DIN EN 10060: 2004-02 Warmgewalzte Rundstäbe aus Stahl – Maße, Formtoleranzen und Grenzabmaße DIN EN 10061: 2004-02 Warmgewalzte Sechskantstäbe aus Stahl – Maße, Formtoleranzen und Grenzabmaße DIN EN 10079: 2007-06 Begriffsbestimmungen für Stahlerzeugnisse DIN EN 10084: 2008-06 Einsatzstähle – Technische Lieferbedingungen DIN EN 10088: Nichtrostende Stähle Teil 1: 2014-12Verzeichnis der nichtrostenden Stähle Teil 2: 2014-12 Technische Lieferbedingungen für Blech und Band aus korrosionsbeständigen Stählen für allgemeine Verwendung Teil 3: 2014-12 Technische Lieferbedingungen für Halbzeug, Stäbe, Walzdraht, gezogenen Draht, Profile und Blankstahlerzeugnisse aus korrosionsbeständigen Stählen für allgemeine Verwendung DIN EN 10111: 2008-06 Kontinuierlich warmgewalztes Band und Blech aus weichen Stählen zum Kaltumformen – Technische Lieferbedingungen DIN EN 10138: Spannstähle Teil 1: 2000-10 Allgemeine Anforderungen
3 Stahlprodukte
Teil 2: 2000-10 Draht Teil 3: 2000-10 Litze Teil 4: 2000-10 Stäbe DIN EN 10152: 2017-06 Elektrolytisch verzinkte kaltgewalzte Flacherzeugnisse aus Stahl zum Kaltumformen – Technische Lieferbedingungen DIN EN 10162: 2003-12 Kaltprofile aus Stahl – Technische Lieferbedingungen – Grenzabmaße und Formtoleranzen DIN EN 10169: 2012-06 Kontinuierlich organisch beschichtete (bandbeschichtete) Flacherzeugnisse aus Stahl – Technische Lieferbedingungen DIN EN 10210: Warmgefertigte Hohlprofile für den Stahlbau Teil 1: 2016-01 Allgemeines Teil 2: 2016-02 Technische Lieferbedingungen Teil 3: 2016-02 Grenzabmaße, Maße und statische Werte DIN EN 10216: Nahtlose Stahlrohre für Druckbeanspruchungen – Technische Lieferbedingungen Teil 3: 2014-03 Rohre aus legierten Feinkornbaustählen Teil 4: 2014-03 Rohre aus unlegierten und legierten Stählen mit festgelegten Eigenschaften bei tiefen Temperaturen Teil 5: 2014-03 Rohre aus nichtrostenden Stählen DIN EN 10217: Geschweißte Stahlrohre für Druckbeanspruchungen – Technische Lieferbedingungen Teil 7: Rohre aus nichtrostenden Stählen DIN EN 10219: Kaltgeformte geschweißte Hohlprofile für den Stahlbau Teil 1: 2016-01 Allgemeines Teil 2: 2016-02 Technische Lieferbedingungen Teil 3: 2016-02 Grenzabmaße, Maße und statische Werte DIN EN 10264: Stahldraht und Drahterzeugnisse – Stahldraht für Seile Teil 1: 2012-03 Allgemeine Anforderungen Teil 2: 2017-07 Kaltgezogener Draht aus unlegiertem Stahl für Seile für allgemeine Verwendungszwecke Teil 3: 2012-03 Runder und profilierter Draht aus unlegiertem Stahl für hohe Beanspruchungen Teil 4: 2012-03 Draht aus nichtrostendem Stahl DIN EN 10346: 2015-10-00 Kontinuierlich schmelztauchveredelte Flacherzeugnisse aus Stahl zum Kaltumformen – Technische Lieferbedingungen DIN EN 12385: Drahtseile aus Stahldraht – Sicherheit Teil 10: 2008-07 Spiralseile für den allgemeinen Baubereich Teil 10 Berichtigung 1: 2009-01 Berichtigung zu DIN EN 12385-10 2008-07 ISO 16112: 2017-02 Gusseisen mit Vermiculargraphit - Klassifikation
431
1. Geschichtliche Entwicklung des transparenten Raumabschlusses .................................................... 434 2. Heutige Verfahren zur Glasherstellung .................... 435 2.1 Gussglasverfahren............................................ 435 2.2 Floatglasverfahren ............................................ 436 3. Wichtige Kennwerte ................................................ 436 3.1 g-Wert .............................................................. 436 3.2 U-Wert .............................................................. 437 4. Funktionsgläser ........................................................ 438 4.1 Isoliergläser ...................................................... 438 4.1.1 Wärmeschutzgläser ............................... 439 4.1.2 Sonnenschutzgläser ............................... 440 4.1.3 Schallschutzgläser...................................441 4.1.4 Isolierverglasung mit Lichtumlenkung ... 442 4.1.5 Sichtschutzgläser ................................... 443 4.2 Sicherheitsgläser .............................................. 445 4.2.1 Einscheibensicherheitsglas (ESG) ......... 445 4.2.2 Verbundsicherheitsglas (VSG) ............... 446 4.2.3 Teilvorgespanntes Glas (TVG) ................ 446 4.2.4 Drahtglas ................................................ 446 4.3 Lamellenfenster ............................................... 447 4.4 U-Glas ............................................................... 447 4.5 Glassteine ......................................................... 448 4.6 Betongläser ...................................................... 449 5. Transparente Wärmedämmung (TWD) ................... 449 5.1 Wirkprinzip........................................................ 449 5.2 Aerogele ............................................................451 6. Anpassungsfähige Systeme .....................................451 Anmerkungen ............................................................... 452 Normen und Richtlinien ................................................ 453
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_23
434
1.
V Bauprodukte
Geschichtliche Entwicklung des transparenten Raumabschlusses
1 Kristallpalast von Sir Joseph Paxton, 1851
2 Frühe Vorgangfassade der Werkstätten des Bauhauses Dessau von Walter Gropius (1925-1926)
Die Fassade des traditionellen Gebäudes in Steinbauweise besteht aus geschlossenen Wandteilen und Öffnungen. Letztere sind zum Lüften und zur Belichtung der dahinterliegenden Räume notwendig. In der Frühzeit des Bauens wurden die Öffnungen mit Tierhäuten, Leinwänden oder Klapp- und Schieberahmen aus Holz geschlossen. Die unverzichtbare Funktion der Belichtung von umbauten Räumen sowie die Notwendigkeit, den Innenraum vollständig gegenüber dem Außenraum abzuschließen, verlangte mit fortschreitender technischer Entwicklung und gleichzeitig ansteigenden Ansprüchen indes nach einem Material, das gleichzeitig durchsichtig ist und Schutz vor Witterung bietet. Der einzige Werkstoff, der dies wirklich leistete, war Glas. Glas als Raumabschluss ist seit der römischen Antike nachweisbar. Das römische Fensterglas war nicht farblos transparent, eher bläulich-grün durchscheinend. Mit dem Untergang des weströmisches Reiches ging dieses Wissen verloren, sodass kaum Fensterglasfunde aus der Zeit vor dem 10. Jahrhundert existieren. Erst danach wurde Glas wieder im Bauwesen verwendet. Der Einsatz war aber nur begrenzt möglich, da Glas teuer war und nur relativ kleine Scheiben hergestellt werden konnten. Es wurde zunächst ausschließlich in Kirchen und Klöstern verwendet. Der verstärkte Einsatz von Glas in weltlichen Bauten begann Ende des 14. Jahrhunderts. Glas wurde zunehmend seitdem auch an Häusern wohlhabender Bürger eingesetzt. Nach heutigen Standards war herkömmliches Fensterglas allerdings mit Schlieren und zahlreichen Unregelmäßigkeiten durchsetzt. Hochwertiges Spiegelglas mit wirklich planen Oberflächen verlangte aufwendiges manuelles Polieren. Als teures Luxusobjekt fand es keine Anwendung an Fenstern. Die Weiterentwicklung der Herstellungsmethoden von Glas und Eisen während der industriellen Revolution des 18. und 19. Jahrhunderts führte zu einem sehr wichtigen Entwicklungsschub, der eine innovative Glas-Eisen Architektur hervorbrachte. Mit der Einsetzbarkeit von Eisen in Primärtragwerken eröffneten sich für die Baukonstruktion neue Möglichkeiten. Skelettkonstruktionen befreiten die Wand von ihrer tragenden Funktion. Die schwere tragende Mauer ließ sich durch eine lichtdurchlässige dünne Haut aus Glas ersetzen. Die Fassade war fortan nicht mehr zwangsläufig eine geschlossene Fläche mit eingeschnittenen Öffnungen, sondern konnte als ein Skelett mit nichttragenden Füllungen aus Glas ausgeführt werden. Mit der Errichtung des Londoner Kristallpalastes für die Weltausstellung 1851 durch den Gärtner und Architekten Joseph Paxton erreichte das vorfabrizierte, elementierte Bauen mit Eisen und Glas einen ersten Höhepunkt ( 1). Nahezu vollverglaste Fassaden fanden sich erstmalig an Industriebauten zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Umwandlung der Wand in eine gläserne Vorhangfassade (Curtain Wall) wurde bereits frühzeitig im Jahr 1903 an einer Werkshalle der Firma Steiff in Giengen konsequent vollzogen ( 2). Das
4 Glasprodukte
435
Tragwerk tritt hinter die durchlaufende Glasfassade zurück. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Prinzip der Vorhangfassade auf Hochhäuser angewendet. Einen der ersten Versuche realisierte L. Mies van der Rohe 1921 mit einem Entwurf zu einem Glashochhaus ( 3). Die Umsetzung eines vollständig verglasten Wohnhauses gelang ihm mit dem Farnsworth-Haus in Plano, Illinois (1946-1951) Mit der Erfindung des Floatglasverfahrens in 1959 durch Alastair Pilkington beginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte des konstruktiven Einsatzes von Glas. Damit erfolgt der entscheidende Schritt hin zur kostengünstigen industriellen Massenherstellung von hochwertigem Glas mit völlig schlierenfreien, makellos planen Oberflächen. Durch dieses Verfahren konnte ein qualitativ dem polierten Spiegelglas entsprechendes Industrieglas, das Floatglas, einfach und billig hergestellt werden. Glas besteht aus einem anorganischen Schmelzprodukt, das abgekühlt und erstarrt ist, ohne zu kristallisieren. Dazu werden die Grundstoffe Sand, Soda, Pottasche und Kalk, die als Rohstoffe fast unbegrenzt zur Verfügung stehen, auf ca. 1400˚C erhitzt und wieder abgekühlt ( 4). Um Eigenschaften und Farbe zu beeinflussen, lassen sich kleine Anteile anderer Stoffe hinzufügen.1
3 Mies van der Rohe, Glas-Hochhaus, 1919
Heutige Verfahren zur Glasherstellung
2.
Kap. IV-8, Abschn. 2. Zusammensetzung, S. 326 DIN EN 572-1
Glaszusammensetzung Siliciumdioxid
(SiO2)
Calciumoxid
(CaO)
5% bis 14%
Natriumoxid
(Na2O)
10% bis 16%
Magnesiumoxid
(MgO)
0% bis 6%
Aluminiumoxid
(Al2O3)
0% bis 3%
69% bis 74%
4 Die Zusammensetzung von Glas ist europaweit in der DIN EN 572, Teil 1 festgelegt. Siehe auch 5 in Kap. IV-9.
Beim Gussglasverfahren wird die Schmelze nach dem Prinzip einer überlaufenden Wanne verarbeitet, wobei zwei Walzen dem Glas in noch formbarem Zustand (Temperatur) ggf. eine Oberflächenstruktur aufprägen ( 5, 6). Dadurch lassen sich je nach Bedarf verschiedene profilierte und ornamentale Gläser erzeugen. Je nach Ausbildung der Walzen sind zwei glatte oder zwei strukturierte Oberflächen herstellbar. Es ist auch möglich, während des Herstellungsprozesses ein Drahtnetz in das flüssige Glas einzulegen. Das auf diese Weise entstehende Drahtglas kann in einem weiteren Arbeitsgang zusätzlich zu Drahtspiegelglas poliert werden. Gussgläser sind schlierig bis transluzent. Eine vollkommen klare Durchsicht wie beim Floatglas ist nicht gegeben.
Gussglasverfahren
DIN EN 572-5 DIN EN 572-6
2.1
436
V Bauprodukte
optische Kontrolle
5 Prinzip der Gussglasherstellung. Das Glas wird über ein Förderband durch den Kühlofen bis zur Verpackung geführt
Schmelzung
Walzen
Abkühlung
Schneiden
Man unterscheidet folgende Arten von Gussglas: • Rohglas/Ornamentglas; • Drahtglas/Drahtornamentglas (Haustüren, Hallentore); • Designgläser; • farbiges Gussglas; 6 Gussglasherstellung. Kontinuierliches Produktionsverfahren mit Walztechnik für Ornament-, Draht-, und Solarglas (Lamberts)
2.2
Floatgasverfahren DIN EN 572-2
7 Herstellung von Floatglas im kontinuierlichen Prozess
3. 3.1
Wichtige Kennwerte g-Wert
• Profilglas; • Spezialgläser. Das Floatglasverfahren wurde 1960 von Alastair Pilkington entwickelt. Es ermöglicht die Herstellung von großformatigen, planen Glasscheiben im Endlosprozess. Wie der Name ausdrückt (engl. float = schwimmen) wird ein endloses Glasband in einem Schwimmverfahren hergestellt und anschließend zu einzelnen Tafeln abgelängt ( 7). Die Glasschmelze fließt über einen Lippenstein auf ein flüssiges Metallbad (Zinn) und formt sich zu einem endlosen Glasband. Auf der viskosen Zinnoberfläche erlangt es die gewünschte Planheit. Anschließend wird es durch einen Kühltunnel geführt, in dem es bei gleichmäßiger Temperatur spannungsfrei abkühlt. Für die weitere Bearbeitung wie z.B. Schneiden, Bohren, Schleifen, ist das Spannungsgleichgewicht der Scheiben sehr wichtig. Der Abkühlprozess beginnt bei 1100°C. Das Material verlässt das Bad als festes Band bei 600°C. Am Ende des Produktionsprozesses wird das endlose Glasband für den Transport auf eine Größe von etwa 600 cm geschnitten (Maximalformat 320 x 600 cm). Fast alle industriellen Funktionsgläser gehen auf dieses Basisglas zurück. Der Gesamtenergiedurchlassgrad g nach DIN EN 410 gibt an, wieviel Prozent der Lichtenergie, die auf das Glas trifft, durch dieses hindurchdringt. Ein Teil der Gesamtenergie geht direkt durch das Glas hindurch, auf dem Weg der direkten Transmission (te). Ein anderer Teil gelangt über Absorption nach innen ( 8). Den Anteil der Sonnenstrahlung, der an der Grenzfläche von Glas reflektiert wird, bezeichnet man als Strahlungsreflexion. Reflexion entsteht immer an den Grenzflächen von gasförmigen zu festen Materialien. Allgemein gilt, dass die Summe von Absorption, Transmission und Reflexion
4 Glasprodukte
437
gleich 100% ist, tl + te + tr + qi + qa = 100% Übliche g-Werte: Zweifach-Isolierglas Dreifach-Isolierglas
Glas 4mm
60-70% 40-55%
Gesamte Sonneneinstrahlung
Lichttransmission tL
tL Transmission te
Reflexion
+
sekundäre Wärmeabgabe nach innen qi =
sekundäre Wärmeabgabe nach aussen qa
Gesamtenergiedurchlassgrad g
Der Wärmedurchgangskoeffizient U [W/m2K] gibt die Wärmemenge an, die pro Sekunde durch 1 m2 eines Bauteils bei einer Temperaturdifferenz von 1 K (Kelvin) der anschließenden Luftschichten fließt.2 Übliche U-Werte: 1-fach Floatglas 5,2 W/m2K 2-fach Isolierglas 1-3,0 W/m2K 3-fach Isolierglas 0,5 W/m2K (mit Edelgasfüllung im SZR)
8 Gesamteneriedurchlassgrad g an einer 4 mm dicken Glasscheibe: Sonneneinstrahlung Reflexion direkte Transmision te sekundäre Wärmeabgabe qa sekundäre Wärmeabgabe qi
100% 7% 85% 6% 2%
U-Wert
SZR ist die übliche Abkürzung für den Begriff ‚Scheibenzwischenraum‘
3.2
438
4.
4.1
V Bauprodukte
Funktionsgläser
Unter Funktionsgläsern versteht man Gläser, die durch Weiterbearbeitung von Basisglas an bestimmte Aufgaben angepasst werden. Folgende Ausführungen sind in der Anwendung:
Isoliergläser
Isoliergläser bestehen aus zwei oder mehreren parallel zu einem Glaselement zusammengeschalteten Einfachglasscheiben. Zwischen den Scheiben entsteht jeweils eine Luftschicht, die in der Fachsprache als Scheibenzwischenraum (SZR) bezeichnet wird. Heute sind DreischeibenIsoliergläser der Standard. Die Glasscheiben werden mit gekanteten Hohlprofilen aus korrosionsbeständigen Metallen (den sogenannten Abstandshaltern), die in der Regel mit Trockenmittel gefüllt sind, an den Glasrändern mittels einer gasdichten Butylschnur (Primärdichtstoff) verklebt und dadurch gegenseitig auf Abstand gehalten. Zusätzlich werden sie miteinander mittels eines Dichtstoffs (Sekundärdichtstoff) außenseitig dampfdicht verklebt und zusätzlich kraftschlüssig verbunden. Durch das Trockenmittel im Abstandshalter soll im Scheibenzwischenraum enthaltene Feuchte gebunden werden, um das innenseitige Beschlagen der Scheibe zu verhindern. Beide Dichtstufen werden unter dem Begriff des Randverbunds subsumiert. Neben dem üblichen Sekundärdichtstoff aus zweikomponentigen Polysulfidmassen (Handelsname Thiokol ® ) werden auch andere Systeme verwendet, wie z.B. Ganzglasverbund oder Butylrandverbund mit oder ohne Aussteifung ( 9). Polysulfidmassen sind nicht UV-beständig und müssen durch Überdeckung (Glasfalz, Deckprofil, Glasleiste) vor UV-Strahlen geschützt werden. Bei freiliegendem Randverbund sind sie durch Silikondichtstoffe zu substituieren. Die verhältnismäßig hohe Diffusionsrate der Silikone (Gefahr des Entweichens der Füllgase!) lässt sich heute durch geeignete Verfahren kontrollieren.3 Ferner müssen die Einbaubedingungen einen weitestgehend trockenen Randverbund gewährleisten. Der Scheibenzwischenraum ist mit trockener Luft oder alternativ – wie heute bereits Standard – mit dynamisch trägem Edelgas gefüllt. Bis zu einem Abstand von 16-18 mm steht die Luftschicht, sodass bei stark reduzierter Konvektion Wärme infolge der nur niedrigen thermischen Leitfähigkeit von Luft nur in geringem Maß von der inneren zur äußeren Glasscheibe transportiert wird ( 10). Der Wärmetransport von innen nach außen erfolgt durch ( 11):
DIN EN 1279-1
vgl. Abschn. 3.1.1 Wärmeschutzgläser weiter unten
• Wärmestrahlung zwischen Scheiben (1); DIN EN 1279-4
• Konvektion im SZR (2); • Wärmeleitung über Scheiben und SZR (3);
4 Glasprodukte
439
metallischer Abstandhalter Trockenmitttel Butyldichtung (Primärdichtstoff)
9 Zwei-Barrierensystem: Butyl optimiert Dampfdichtheit (Primärdichtstoff), Thiokol optimiert mechanische Festigkeit und Alterungsbeständigkeit (Sekundärdichtstoff).
Polysulfiddichtung (Sekundärdichtstoff)
10 Isolierverglasungen mit mehreren Scheibenzwischenräumen, hier Dreischeiben-Isolierglas.
Wärmetransport über vier Wege
1 Wärmestrahlung zwischen den Scheiben
1
2
3
4
1
2
3
4
2 Konvektion im SZR
3 Wärmeleitung über Scheiben und SZR 4 Wärmeleitung über Randverbund
11 Wärmetransport im Isolierglas. Vier Transportwege 12 Wärmeschutzgläser: zwei alternative Lagen der beschichteten low-e-Oberfläche. Die Scheibenoberflächen 1 bis 4 werden von außen nach innen gezählt.
• Wärmeleitung über Randverbund (4). Wärmeschutzgläser zeichnen sich durch einen niedrigen U-Wert und gleichzeitig durch hohe Licht- und Sonnenenergiedurchlässigkeit aus. Der g-Wert liegt bei ca. 65%. Folgende Maßnahmen sind für die Verbesserung des Wärmedurchgangskoeffizienten verantwortlich:
Wärmeschutzgläser
• eine aufgedampfte Edelmetall- oder Halbleiterschicht ( 12). Diese reflektiert oder absorbiert die langwellige Wärmestrahlung. Durch die hochtransparente, niedrig emittierende Beschichtung wird der Strahlungsaustausch zwischen den beiden Scheiben fast unterbunden. Der UWert sinkt dadurch von rund 2,9 auf 1,6 W/m²K. Die optimale Anordnung der Beschichtung ist die Außenseite der Innenscheibe (Position 3, 12), da sie vor Beschädigung
sogenannte „low-e-Beschichtung“, engl. low emissivity = niedrige Abstrahlungsfähigkeit; DIN EN 1096-1 bis -5
4.1.1
440
V Bauprodukte
geschützt ist und möglichst nahe an der Wärmequelle, d.h. am Innenraum liegt ( 12). Wärmeschutzverglasungen waren in frühen Entwicklungsphasen deutlich erkennbar getönt. Heutige low-e-Beschichtungen sind farblich neutral und optisch kaum wahrnehmbar. • Füllung mit Edelgasen: Der Wärmetransport durch Konvektion wird verringert, da Edelgase wesentlich träger sind als Luft. Die Scheibenzwischenräume der Wärmeschutzgläser werden mit dynamisch trägen Edelgasen wie z.B. Argon, Krypton, oder Xenon gefüllt, die im SZR eine nur geringe Neigung zur Konvektion zeigen. Durch den thermischen Beitrag der Edelgase reduziert sich der U-Wert von Zweischeiben-Isoliergläsern weiter auf 1,5 bis 1,1 W/m²K. 2-fach Isolierglas: U = 1,1 bis 1,5 W/m2K 3-fach Isolierglas: U bis 0,5 W/m2K Wärmeschutzgläser sollten zur passiven Energiegewinnung möglichst viel Sonnenenergie durchlassen. Verbesserte Abstandshalter aus Kunststoff, nichtrostendem Stahl oder sehr dünner (und damit wenig wärmeleitender) Metallfolie verringern den Wärmedurchgang an der besonders kritischen Kontaktstelle des Scheibenrands und senken 4 den U-Wert zusätzlich um rund 0,1 W/m2K. Eine weitere Reduzierung des Wärmedurchgangs versprechen Vakuumverglasungen, die indessen technisch noch nicht ausgereift sind. 4.1.2
Sonnenschutzgläser
Bei Sonnenschutzgläsern werden in erster Linie Reflexionsgläser verwendet. Diese bestehen aus einem Isolierglas, bei dem auf Seite 2 eine Edelmetallschicht aufgedampft ist ( 13). Sonnenschutzgläser haben – im Gegensatz zu Wärmeschutzgläsern, die Wärme von innen dämmen – die Aufgabe, möglichst viel Sonnenenergie, die von außen auf das Fenster trifft, vom Raum abzuhalten. Sonnenschutzmaßnahmen lassen sich durch Farbgläser und/oder Sonnenschutzschichten umsetzen. Sonnenschutzgläser sollten einen Gesamtenergiedurchlass g von max. 50% und ein Lichttransmissionsgrad von über 40% aufweisen. Sonnenschutzmaßnahmen bei Isoliergläsern werden in oder an der Außenscheibe (Position 2) durchgeführt. Dies können Farbgläser, die ein Teil der Sonnenstrahlen absorbieren, und/ oder Sonnenschutzschichten sein: • Sonnenschutzgläser beschichtet/eingefärbt; • Sonnenschutzgläser bedruckt: Der Sonnenschutz wird durch Reduzierung der Strahlungstransmission infolge
4 Glasprodukte
441
eines halbdurchsichtigen Rasters oder Musters gewährleistet. Diese Muster werden mit Hilfe eines Siebdruckverfahrens auf die Glasoberfläche aufgebracht. Gesamtenergiedurchlassgrad g < 50%. Bei der Schalldämmung einer Isolierglasscheibe sind nicht nur die Eigenschaften der Einzelglasscheiben zu beachten. Wesentliche Elemente sind auch der SZR und der Randverbund. Eine einzelne Scheibe kann nur durch ihre flächenbezogene Masse schalldämmend wirken. Je schwerer sie ist, um so höher ist die Schalldämmung. Dem Masse-Faktor sind jedoch Grenzen gesetzt. Bei Isoliergläsern wirkt die flächenbezogene Masse der Scheiben indessen nicht allein, sondern zusammen mit den SZR als schwingendes Masse-Feder-System. Durch größere Scheibenabstände und zunehmende Masse der Einzelscheiben, insbesondere wenn sie als biegeweichere laminierte Verbundglasscheiben ausgeführt sind, verlagert sich die Resonanzfrequenz in die tieferen, nicht störenden Bereiche. Träge Edelgasfüllungen im SZR verändern die Frequenzabhängigkeit, die Schallgeschwindigkeit und die Federwirkung. Gasfüllungen können den Schalldämmwert steigern, können sich aber auch nachteilig auf die Frequenzverteilung auswirken. Insbesondere unterschiedliche Glasscheibendicken ( 14) führen zu einer Entzerrung der Grenzfrequenzen der beiden Scheiben und somit zu einer Verbesserung des Schallschutzes.
Schallschutzgläser
4.1.3
Abschn. 4.1 Isoliergläser, S. 438
Kap. VI-4, Abschn. 3.5 Besonderheiten des Schallschutzes von Fenstern, S. 708
Sonneneinstrahlung
d‘
d
Lichttransmission 40%
Reflexion
innen
4
3
2
1
außen
optimierte Gasfüllung im SZR
Gesamtenergiedurchlassgrad g = 50% 13 Reflexionsglas: auf der Seite 2 ist zum Scheibenzwischenraum hin eine Edelmetallschicht aufgedampft.
14 Schallschutz-Isolierglasscheibe. Bessere Schalldämmung durch unterschiedlich dicke Glasscheiben und durch eine optimierte Gasfüllung im SZR.
442
4.1.4
V Bauprodukte
60°
Lichtumlenkungssysteme nutzen optische Phänomene wie Reflexion, Transmission oder Brechung, um einerseits das direkte Sonnenlicht auszublenden und anderseits das diffuse Tageslicht durchzulassen oder sogar in die Raumtiefe zu lenken. Je nach Glasaufbau sind g-Werte um 20% (??) erzielbar. Es gibt heute verschiedene Systeme auf dem Markt:
30°
• Okasolar ® ist ein Isolierglas der Firma Okalux mit fest angeordneten Spiegelprofilen im Scheibenzwischenraum. Okasolar reflektiert das einfallende Licht teilweise nach außen, teilweise diffus an die Decke des Raumes. Hierdurch wird dem fensternahen Bereich Licht entzogen und in die Tiefe des Raumes transportiert ( 15-19). Das Mikro-Sonnenschutzraster ist ein Isolierglas für Glasdächer mit integriertem Sonnenschutz und Lichtlenkraster. Es wurde von der Lichtplanung Bartenbach und der Siemens AG entwickelt. Das System wurde erstmalig 1993 für die Glasüberdachung des Kongress- und Ausstellungsgebäudes in Linz verwendet;
Isolierverglasung mit Lichtumlenkung
Sommer 60˚
Sommer 60˚
Übergang 45˚
Übergang 45˚
Winter 15˚
Winter 15˚
25°
20 System Lumitop. Reflexion der Sonnenstrahlen bei Prismengläsern im Sommer und Winter.
15°
15-19 Okasolar.Entsprechend dem Neigungswinkel der Sonnenstrahlung kann ein jahres- und tageszeitgesteuerter Sonnenschutz geschaffen werden. Sommer: Hoher Sonnenstand - niedriger Strahlungsdurchgang = passive Kühlung. Winter: Niedriger Sonnenstand - Hoher Strahlungsdurchgang = Solarkollektor.
• bei Lumitop werden leicht gebogene Acrylprofile in den Scheibenzwischenraum eingebaut (20). Im Oberlichtbereich eingebaut, können diese Glaselemente Innenräume mit blendfreiem Tageslicht ausleuchten, da alles Licht an die Raumdecke umgelenkt wird. Schräg einfallendes Licht wird durch ein spezielles Gussglas in die Raumtiefe reflektiert (21-22).
4 Glasprodukte
443
21, 22 Lumitop-Glaselemente. Audi-Entwicklungszentrum, Ingolstadt (Arch.: Fink und Jocher)
Undurchsichtigkeit der Gläser bei gleichzeitigem Lichtdurchtritt wird ermöglicht durch: • Strukturierung der Glasoberfläche; • Behandlung der Oberfläche durch Ätzung oder Sandstrahlen (Mattierverfahren); • Bedruckung von Gläsern (Emaillieren, Siebdruck, Farbtransferdruck; • Beschichtungverfahren. Ätzung oder Sandstrahlen mattieren die Glasoberfläche und machen sie somit transluzent. Geätzte Glasflächen haben im Vergleich zum Sandstrahlverfahren eine feinere Oberfläche und sind so beispielsweise unempfindlicher gegen Schmutz und Fett. Bei der Flächenätzung wird eine Ätzsalzlösung auf das Glas aufgebracht, wodurch die Glasfläche chemisch angegriffen und dadurch matt wird. Beim Sandstrahlverfahren erfolgt die Mattierung durch mechanischen Abrieb und Aufrauung. Neben dem vollflächigen Ätzen ganzer Scheiben ist auch ein partielles Ätzen begrenzter Bereiche möglich, um Muster, Schriftzüge etc. zu erzeugen ( 23, 24). Bei der Herstellung von vorgespannten Gläsern (ESG) kann eine farbige keramische Schicht in die Glasoberfläche eingebrannt, d.h. emailliert werden. Die Emailpaste wird mittels Gieß- oder Walzverfahren auf die Glasoberfläche aufgebracht und bei etwa 700°C eingebrannt. Die keramische Schicht ist undurchsichtig, kratzfest und witterungsbeständig. Neben der optischen Gestaltung dient diese Emaillierung auch dazu, die Oberfläche rutschsicher zu machen und gegen Kratzer zu schützen ( 25).
Sichtschutzgläser
4.1.5
444
V Bauprodukte
23, 24 Satiniertes Glas, durch Ätzen mit Flusssäure mattiert. Kunsthalle in Bregenz (Arch.: Peter Zumthor)
25 Emaillierung mit Keramikfarbe 26 Im Siebdruckverfahren beschriftete Fassade. Neben dem vollflächigen Bedrucken der Scheiben sind auch verschiedene Muster wie Logos, Punkte oder Streifen möglich.
Der Siebdruck erfolgt auf normalem Floatglas ohne nachträgliche thermische Behandlung. Zur Bedruckung der Scheibe verwendet man eine selbsttrocknende Zweikomponenten-Farbe. Diese ist jedoch nicht kratzfest. Im Gegensatz zur Emaillierung ist bei diesem Verfahren eine transluzente Farbbeschichtung möglich ( 26).Neben dem vollflächigen Bedrucken der Scheiben sind auch verschiedene Muster wie Logos, Punkte oder Streifen möglich. Die Beschichtungen können je nach Art, Aufbau oder Zusammensetzung außen, innen oder im Scheibenzwischenraum angebracht werden.
4 Glasprodukte
445
Die wichtigsten Sicherheitsgläser sind Einscheibensicherheitsgläser ESG, teilvorgespannte Gläser TVG, Verbundsicherheitsglas VSG und Drahtglas.
Sicherheitsgläser
4.2
Einscheibensicherheitsgläser sind thermisch vorgespannte Gläser. Bei der Herstellung werden Glasscheiben bis zum Transformationspunkt – d.h. mindestens 60° – erhitzt, und dann schlagartig mit kalter Luft in Kontakt gesetzt. Somit kühlen sich die Oberflächen schneller ab als der Kern, ziehen sich zusammen und erhärten. Der noch plastische heißere Kern passt sich an diese Schrumpfung der Grenzflächen an. Beim späteren Abkühlen und Erstarren des Kerns werden die bereits verfestigten Grenzschichten durch seine Schrumpfung indessen komprimiert. Damit entstehen in der Glasoberfläche Druckspannungen. Sie machen das Glas widerstandsfähiger gegen mechanische Beanspruchung, da gefährliche Zugspannungen (insbesondere Biegezugspannungen) durch sie überdrückt werden. Die Biegebruchspannung steigt somit an ( 27, 28). Wird thermisch vorgespanntes Sicherheitsglas überlastet, bricht es und zerfällt in kleine stumpfkantige Stücke ( 29). Verglichen mit scharfkantig brechendem Normalglas stellen sie ein vergleichsweise geringes Sicherheitsrisiko dar. Thermisch vorgespannte Gläser können nachträglich nicht mehr bearbeitet, wie z.B. geschnitten oder gebohrt werden. Diese Arbeitsgänge sind vorab am nicht gehärteten Basisglas durchzuführen. Anwendungen sind begehbares Glas, durchwurf-, durchbruch- sowie durchschusshemmende Verglasung.
Einscheibensicherheitsglas (ESG)
4.2.1
DIN EN 356 DIN 12150-1
Druck
Zug
Glasdicke
Druck
27 Spannungsverteilung im thermisch vorgespannten Glas
Glasscheibe
Aufheizung
Abkühlung
28 Prinzip der Herstellung von vorgespanntem Glas
vorgespanntes Glas
29 Bruchbild von ESG (oben). Die Bruchstücke sind klein und stumpfkantig im Vergleich zu Floatlas. Unten: Bruchbild von TVG. Verbesserte Resttragfähigkeit gegenüber ESG.
446
4.2.2
V Bauprodukte
Verbundsicherheitsglas (VSG) DIN EN ISO 12543-2, -5, -6
30 Prinzip der Herstellung von Verbundsicherheitsglas mit PVB-Folie.
4.2.3
Teilvorgespanntes Glas (TVG)
DIN EN 1863-1
4.2.4
Drahtglas DIN EN 572-3 und -6
31 (Oben) Drahtglas splitterbindend 32 (Rechts) Lamellenfenster
Verbundsicherheitsglas besteht aus mindestens zwei Scheiben aus Floatglas oder ESG, die mit einer elastischen, transparenten Zwischenschicht vollflächig verbunden sind. Beim Bruch werden Glassplitter durch die Folie zusammengehalten, wodurch das Verletzungsrisiko stark vermindert wird. Als Materialien für die Zwischenfolie kommen PVB (Polyvinylbutyral), Gießharze oder sonstige organische oder anorganische Materialien zum Einsatz. Bei Verwendung von PVB-Folien als Zwischenschicht wird die Folie zwischen die Gläser gelegt und in einem Autoklaven unter Einwirkung von Wärme und Druck zu fertigen Produkt verpresst ( 30).
Zusammenlegen der Scheiben mit PVB - Folie
Verpressen
Autoklav
fertiges VSG
Teilvorgespanntes Glas ist wie auch ESG thermisch vorgespannt, kühlt jedoch während des Herstellungsprozesses langsamer ab und weist folglich eine geringere Druckvorspannung als ESG auf. Es bricht ähnlich wie Floatglas in größeren Stücken, eher in Form von langgestreckten Radialbruchstücken, sodass die vorteilhafte Krümelbildung wie bei ESG hier verlorengeht. Stattdessen bietet TVG in seiner Verarbeitung als laminierte VSG-Scheibe den Vorteil, bei Bruch aufgrund der größeren Bruchstücke eine höhere Resttragfähigkeit zu besitzen, wodurch bei Überkopfverglasungen das Verletzungsrisiko gemindert werden kann. Drahtglas ist ein Gussglas, bei dem während des Herstellungsprozesses in die Glasschmelze ein Drahtnetz eingelegt wird. Das Gitter wirkt im Fall eines Bruchs splitterbindend. Drahtglas wird aufgrund seiner einbruch- und feuerhemmenden Eigenschaften bei Haustüren, Flurverglasungen, Hallentoren etc. eingesetzt ( 31).
4 Glasprodukte
447
Dies sind drehbare horizontale Lamellen aus Einfachoder Isolierglas (Höhe ca. 15 cm, Länge bis ca. 120 cm). Sie ermöglichen eine gut dosierbare Be- und Entlüftung, bei gleichzeitigem guten Schlagregen- und Einbruchschutz ( 32). Ihr Nachteil ist der hohe Fugenanteil sowie der hohe Rahmenanteil bei Isolierverglasung – der Randverbund ist dabei mit einem Aluminiumprofil eingefasst. Einfassungen und Mechanik aus Aluminium, Abdichtung gegen Niederschlagswasser nach dem Überschuppungsprinzip. Ein Abdichten gegen Wind erfolgt zusätzlich mittels Bürstendichtungen. Bei Einsatz von Isolierverglasung handelt es sich um eine verhältnismäßig aufwendige und kostspielige Konstruktion. Hersteller: z.B. Glasbau Hahn, Frankfurt.
Lamellenfenster
4.3
U-Glas ist ein wannenartig profiliertes Glaselement, das nach dem Gussglasverfahren hergestellt wird. Durch besondere Formrollensätze werden die Ränder der noch verformbaren Glasstreifen nach oben gebogen. Das fertige Glaselement hat u-förmigen Querschnitt und wird in langformatigen Elementen geliefert ( 33, 34).Für Verglasungen mit Sicherheitsanforderungen (z.B. für ÜberkopfVerglasungen) werden Drahteinlagen eingebracht. U-Glas ist lichtdurchlässig, jedoch undurchsichtig. Sein Charakteristikum ist die mehr oder weniger stark ausgeprägte Profilierung der Oberfläche. Die Oberflächenstrukturierung ermöglicht eine Lichtlenkung und Lichtstreuung, mit welcher tiefe Raumbereiche aufgehellt werden können. U-Glaselemente können bei Querschnitten mit 40 bis 60 mm hohen Stegen Biegung gut abtragen. Deswegen werden die Elemente im Regelfall sprossenlos montiert (ohne Sekundärkonstruktion). Sie können, einschalig als Spundwandsystem oder auch zweischalig montiert werden ( 35, 36). Durch die doppelschalige Bauweise wird eine bessere Wärmedämmung erzielt. Die Stoßfuge zwischen zwei benachbarten Glaselementen wird durch dazwischengelegte Kunststoffprofile abgedichtet. Bei zweischaliger Ausführung übernehmen diese Profile auch die thermische Trennung zwischen beiden Schalen.
U-Glas
4.4
DIN EN 572-7
33 LINIT-Profilbauglas mit oder ohne Drahteinlage.
35 U-Glas, einschalige Konstruktion
36 U-Glas, zweischalige Konstruktion
34 Produktionsband für U-Glas. LINIT-Profilbauglas wird am Band zu einem U-Profil von bis zu 7 m Länge geformt.
448
V Bauprodukte
37, 38 Fassaden aus U-Gläsern
4.5
Glassteine
DIN EN 1051-1, -2
39 Maison de Verre, Paris, 1928 (Arch. Pierre Chareau)
Sie verhindern den direkten Kontakt zwischen ihnen und unterbinden somit den Wärmetransport durch Wärmeleitung. Der von beiden U-Profilen gebildete Zwischenraum ist nicht wie bei Isoliergläsern hermetisch abgeschlossen, sondern enthält Luft mit wechselnden, schwer kontrollierbaren Feuchtigkeitsgraden. Zur Vermeidung von Kondenswasser sollte aus diesem Grund zumindest eine Öffnung zur Außenluft hin bestehen. Für erhöhten Wärmeschutz und maximale solare Gewinne kann die innere U-Glasscheibe mit einer low-e Beschichtung versehen werden, welche die Wärmestrahlung von der raumseitigen Scheibe zur kalten Außenscheibe nach außen reduziert. Mit zweischaligem Aufbau und Spezialbeschichtungen lassen sich U-Werte um 1,8 W/m2K erzielen. Einsatzgebiete für U-Glas sind Fassaden (Verlegung vertikal oder horizontal, insbesondere im Industriebau), Schrägverglasungen sowie Raumabschlüsse im Innenbereich. U-Glas mit Drahteinlage wird bei Bauaufgaben mit besonderen Sicherheitsbedingungen eingesetzt ( 37, 38). Die Gläser werden an ihren Stirnseiten mit Zargenprofilen gefasst. U-Gläser eignen sich nur für Festverglasungen. Die 3-4 mm breiten Fugen werden dauerelastisch versiegelt. Verglasung mit U-Glas ist sehr kostengünstig. Glassteine wurden seit Anfang des 19. Jh. im Schiffbau für lichtdurchlässige Decks eingesetzt. Um 1900 entstanden im Bauwesen Glassteinwände und -decken in Verbindung mit Eisenbeton. Seit den 30er Jahren existieren doppelschalige Glassteine und Glassteinkonstruktionen.5 Frühe Anwendungsbeispiele sind der Wohnblock in der Rue Franklin in Paris von Auguste Perret (1905), das Verwaltungsgebäude am Michaelerplatz in Wien von Adolf Loos (1910), das Maison de Verre von Pierre Chareau (1928), das Appartementhaus Clarté in Genf von Le Corbusier (1932). Glassteine, früher auch Glasbausteine genannt, sind luftdicht geschlossene Hohlglaskörper ( 39). Die im Pressverfahren hergestellten Glashalbschalen werden an den Kontaktflächen erhitzt und dann bruchfest verschmolzen. Bei der Abkühlung bildet sich im Hohlraum ein Vakuum von 76%. Dieses Teilvakuum verbessert die Wärmedämmeigenschaften und schließt Tauwasserbildung im Zwischenraum aus. Die beiden äußeren Sichtflächen sind je nach Prägeform strukturiert oder glatt. Glassteine lassen sich auch einfärben ( 40). Dieser Baustein erreicht akzeptable Feuerwiderstandswerte (einschalig G 90, zweischalig F 60). Außerdem bietet er einen relativ hohen Schallschutz. Der Wärmeschutz entspricht einer herkömmlichen Zweischeiben-Isolierverglasung. Glassteinwände können neben ihren Eigenlasten keine weiteren Lasten aufnehmen und gelten somit als nichttragend. Von angrenzenden Bauteilen dürfen keine Horizontalkräfte eingeleitet werden. Glassteinelemente übernehmen
4 Glasprodukte
449
40 Glassteine: mit Vollsicht (links) und lichtlenkend (rechts)
keine aussteifende Funktion. In der Regel werden Glassteine mit bewehrten oder unbewehrten Mörtelfugen vermauert und danach noch zusätzlich verfugt. Mittlerweile gibt es auch Trockenbauverfahren auf dem Markt, bei denen die Steine z.B. mit Kunststoff-Clipps an Flacheisen (in den Lagerfugen) fixiert werden. Die nur 3 mm breiten Fugen werden mit speziellem Silikon gedichtet. Betongläser sind nach DIN 4243 ebenfalls im Pressverfahren erzeugte Glaskörper, die in einem Stück oder aus zwei durch Verschmelzen fest verbundenen Teilen hergestellt werden. Sie sind für begeh- oder ggf. befahrbare lichtdurchlässige Deckenkonstruktionen geeignet. Ausführungen sind auch im Außenbereich möglich. Betongläser (viereckig oder rund) werden zwischen bewehrten Betonrippen (einachsig oder zweiachsig als Tragrost gespannt) im Verbund vergossen. Solche Deckenkonstruktionen werden generell mit einem Ringbalken (Stahlbeton) eingefasst (41). Zwängungen aus der Gebäudekonstruktion auf Glasstahlbetondecken müssen durch entsprechende Dehnungs- und Gleitfugen vermieden werden.
41 Begehbare Fläche aus Betongläsern
Betongläser
4.6
DIN EN 1051, DIN 4243
Unter transparenter oder transluzenter Wärmedämmung versteht man lichtdurchlässige Dämmmaterialien mit erhöhtem Wärmeschutz. Diese Dämmmaterialien besitzen zusätzlich zu den physikalischen Eigenschaften konventioneller Dämmstoffe auch eine hohe Lichtdurchlässigkeit, die erhebliche Energieeinträge in Innenräume oder Speichermassen ermöglicht.
Transparente Wärmedämmung (TWD)
5.
Zur Hüllfläche orthogonale oder parallele Kapillaren- oder Wabenstrukturen mit Öffnungsweiten von einigen wenigen Millimetern werden zwischen Folien oder Glasscheiben gelegt. Sie werden so angeordnet, dass die Sonnenstrahlen in Richtung der Zellenlängsachse einfallen. Die Glasscheibe bietet den nötigen Witterungsschutz und verschließt die Wabenstruktur außenseitig. Innerhalb dieser Waben werden die Sonnenstrahlen in Richtung einer Absorberwand oder des Innenraums reflektiert. Die stehenden schmalen
Wirkprinzip
5.1
450
V Bauprodukte
1 Glas 2 Verschattungssystem 3 Luftschicht 4 TWD 5 Glas
5 4 3 21
42 Aufbau eines TWD-Lichtelements
1 Glas
1 Glas
2 TWD
2 TWD
3 Luftschicht
3 Wärmeträger
4 Wand/ Speicher
4 Dämmung 5 Massivwand
4
3
2 1
44 TWD, konvektives System
5
4 3
2 1
45 TWD, hybrides System
Luftvolumina bieten gleichzeitig einen guten Wärmedurchgangswiderstand. Als TWD-Materialien werden heute überwiegend hochtransparente Kunststoffe wie Polymethylmethacrylat (PMMA) und Polycarbonat (PC) verwendet, aber auch Glas und Silica-Aerogele (s.u.) kommen infrage. Ein TWD-System besteht aus verschiedenen Komponenten: • dem Absorber; • dem Rahmenelement mit Verglasung; 43 Beispiel für ein U-Glas mit Kapillarblock: Röhrchenstruktur aus Glas
• der Regel- bzw. Verschattungskomponente an der Fassade. TWD-Massivwandsystem: der Absorber besteht aus einer Wand mit dunklem Anstrich. Diese übernimmt die Absorber- und Speicherfunktion. Das System muss mit einem Verschattungssystem ergänzt werden, um Überhitzung zu vermeiden ( 42, 43). TWD-Wandsystem/konvektives System: TWD und Absorber bilden eine vorgehängte Einheit. Der Wärmeübergang zum Speicher (Massivwand) erfolgt durch Strahlung und Konvektion über den Luftspalt. Ein Verschattungssystem entfällt, da die nicht gewünschte Wärme mittels Hinterlüftung des Systems nach außen abgeführt werden kann ( 44). TWD-Wandsystem/hybrides System: Ein Wärmeträger (Luft oder Wasser) übernimmt den Energietransport in den Speicher über ein Kanalsystem ( 45).
4 Glasprodukte
Diese Verglasungen erlauben ein gezieltes Steuern ihrer optischen Eigenschaften durch externe natürliche Einflüsse oder durch angelegte elektrische Spannung. Gegenwärtig sind folgende Varianten am Markt: • thermotrope und thermochrome Gläser: Thermotrope und thermochrome Schichten verändern die Strahlungsemission in Abhängigkeit der Sonneneinstrahlung; • elektrooptische Gläser: Bei den elektrooptischen Schichten hingegen verändert sich die Strahlungsemission durch das Anlegen einer elektrischen Spannung, die wiederum über Steuerelemente in Abhängigkeit der Wetterlage gesteuert werden kann ( 47-50); • Priva-Lite ® ist ein Verbundsicherheitsglas mit einem Film, in dem Flüssigkristalle eingebettet sind. Diese sind im Normalzustand ungeordnet, sodass die Scheibe undurchsichtig ist. Durch elektrische Spannung richten sich die Kristalle aus, sodass die Scheibe durchsichtig wird.
Aerogele
20
10
Granulat
30
PUR/CO2
Mineralwolle
EPS/XPS
PUR ohne FCKW
monolithisch
40
Verbundwewrkstoff
5.2
60
evakuiert
Wärmeleitfähigkeit λ (mW/mK)
Silica-Aerogele sind granulös oder plattenförmig verarbeitete Wärmedämmstoffe aus Siliciumoxid (SiO2) mit hervorragenden Wärmeleitwerten – im Regelfall 0,008 bis 0,017 W/mK (vgl. 46) und glasig-durchscheinender bis glasklarer Qualität, die sie zum Einsatz in TWD-Systemen befähigt. Chemisch sind sie identisch mit Quarzglas, weisen indessen eine extrem poröse Struktur auf, aus kleinen Hohlpartikeln mit nur wenigen Molekülen dicken Wandungen und wenigen Nanometern Durchmesser. Die innere Oberfläche des Granulats ist extrem groß (rd. 1000 m2 /g), die Rohdichte so gering wie bei keinem anderen Feststoff.7 Die Wärmetransmissionswege sind demzufolge lang und verschlungen, was die Wärmeleitfähigkeit klein hält. Die extrem kleinen Porendurchmesser des Gefüges liegen im Bereich oder sogar unterhalb der durchschnittlichen freien Weglänge der Gaspartikel, sodass ihre Wärmeenergie an die Wandungen abgegeben wird, von wo sie den langen Transmissionsweg beschreitet. Wärmestrahlung lässt sich durch Beimengung von Substanzen, die im Infrarotbereich schlecht durchlässig sind und einen trübenden Effekt hervorrufen (C, TiO2) zusätzlich verringern.8 Aerogele sind zweifellos die Feststoffe mit der derzeit höchsten Wärmedämmfähigkeit und sind bereits vereinzelt mit experimentellem Charakter als TWD eingesetzt worden. Sie sind im Bauwesen jedoch aufgrund ihrer – noch – hohen Kosten kaum einsetzbar.
451
0
Aerogele
herkömmliche Dämmstoffe
46 Vergleich der Wärmeleitfähigkeit von Aerogelen und herkömmlichen Dämmstoffen 6
Anpassungsfähige Systeme
6.
452
V Bauprodukte
47 Schema einer elektrooptischen Verglasung im transparenten Zustand. Die geordnete Lage der Flüssigkristalle ergibt eine transparente Glasscheibe.
48 Schema einer elektrooptischen Verglasung im nichttransparenten Zustand. Die ungeordnete Lage der Flüssigkristalle sperrt die Durchsicht in beiden Richtungen. 49, 50 Jeweils transparent und opak geschaltete elektrooptische Verglasung
Anmerkungen
1 2
3 4 5 6 7 8
Schittich et al (1998) Glasbau-Atlas, S. 61 Die vormals übliche Bezeichnung k-Wert (nach DIN 52619) wurde ersetzt durch den Begriff des U-Werts. Dieser ist in der DIN EN 673 geregelt. Interpane-Produktinformationen; Interpane AG, Lauenförde Glashandbuch 2003, S. 23 Detail, Heft 1/1988 Quelle: Hoechst AG Lawrence, E O (Berkeley National Laboratories) How Silica Aerogels Are Made Hüsing N, Schubert U (1998) Aerogele – luftige Materialien: Chemie, Struktur und Eigenschaften, Weinheim
4 Glasprodukte
DIN 1249: Flachglas im Bauwesen Teil 11: 2017-05 Glaskanten – Begriff, Kantenformen und Ausführung DIN 1259: Glas Teil 2: 2001-09 Begriffe für Glaserzeugnisse DIN EN 356: 2000-02 Glas im Bauwesen – Sicherheitssonderverglasung – Prüfverfahren und Klasseneinteilung des Widerstandes gegen manuellen Angriff DIN EN 410: 2011-04 Glas im Bauwesen – Bestimmung der lichttechnischen und strahlungsphysikalischen Kenngrößen von Verglasungen DIN EN 572: Glas im Bauwesen – Basiserzeugnisse aus KalkNatronsilicatglas Teil 1: 2016-06 Definitionen und allgemeine physikalische und mechanische Eigenschaften Teil 2: 2012-11 Floatglas Teil 3: 2012-11 Poliertes Drahtglas Teil 4: 2012-11 Gezogenes Flachglas Teil 5: 2012-11 Ornamentglas Teil 6: 2012-11 Drahtornamentglas Teil 7: 2012-11 Profilbauglas mit oder ohne Drahteinlage Teil 8: 2016-06 Liefermaße und Festmaße Teil 9: 2017-07 Konformitätsbewertung/Produktnorm DIN EN 673: 2003-07 Glas im Bauwesen – Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) – Berechnungsverfahren DIN EN 1051: Glas im Bauwesen – Glassteine und Betongläser Teil 1: 2003-04 Begriffe und Beschreibungen Teil 2: 2017-12 Konformitätsbewertung/Produktnorm DIN EN 1096: Glas im Bauwesen – Beschichtetes Glas Teil 1: 2012-04 Definitionen und Klasseneinteilung Teil 2: 2012-04 Anforderungen an und Prüfverfahren für Beschichtungen der Klassen A, B und S Teil 3: 2012-04 Anforderungen an und Prüfverfahren für Beschichtungen der Klassen C und D Teil 4: 2005-01 Konformitätsbewertung/Produktnorm Teil 5: 2016-06 Prüfverfahren und Klasseneinteilung für das Selbstreinigungsverhalten von beschichteten Glasoberflächen DIN EN 1279: Glas im Bauwesen – Mehrscheiben-Isolierglas Teil 1: 2004-08 Allgemeines, Maßtoleranzen und Vorschriften für die Systembeschreibung Teil 2: 2015-08 Langzeitprüfverfahren und Anforderungen bezüglich Feuchtigkeitsaufnahme Teil 3: 2015 - 08 Langzeitprüfverfahren und Anforderungen bezüglich Gasverlustrate und Grenzabweichungen für die Gaskonzentration Teil 4: 2015-08 Verfahren zur Prüfung der physikalischen Eigenschaften des Randverbundes Teil 5: 2015-08 Konformitätsbewertung DIN EN 1863: Glas im Bauwesen – Teilvorgespanntes Kalknatronglas
453
Normen und Richtlinien
454
V Bauprodukte
Teil 1: 2012-02 Definition und Beschreibung Teil 2: 2005-01 Konformitätsbewertung/Produktnorm DIN EN 12150: Glas im Bauwesen – Thermisch vorgespanntes Kalknatron-Einscheiben-Sicherheitsglas Teil 1: 2015-12 Definition und Beschreibung Teil 2: 2005-01 Konformitätsbewertung/Produktnorm DIN EN 12337: Glas im Bauwesen – Chemisch vorgespanntes Kalknatronglas Teil 1: 2000-11 Definition und Beschreibung Teil 2: 2005-01 Konformitätsbewertung/Produktnorm DIN EN 12758: 2011-04 Glas im Bauwesen – Glas und Luftschalldämmung – Produktbeschreibungen und Bestimmung der Eigenschaften DIN EN 13022: Glas im Bauwesen – Geklebte Verglasungen Teil 1: 2014-08 Glasprodukte für Structural-Sealant-Glazing (SSG-) Glaskonstruktionen für Einfachverglasungen und Mehrfachverglasungen mit oder ohne Abtragung des Eigengewichtes DIN EN 14179: Glas im Bauwesen – Heißgelagertes thermisch vorgespanntes Kalknatron-Einscheibensicherheitsglas Teil 1: 2016-12 Definition und Beschreibung Teil 2: 2005-08 Konformitätsbewertung/Produktnorm DIN EN 14449: 2005-07 Glas im Bauwesen – Verbundglas und Verbund-Sicherheitsglas – Konformitätsbewertung/Produktnorm DIN EN 15683:2014-01-00 Glas im Bauwesen – Thermisch vorgespanntes Kalknatron-Profilbau-Sicherheitsglas Teil 1: 2014-01 Definition und Beschreibung Teil 2: 2014-02 Konformitätsbewertung/Produktnorm DIN EN ISO 12543: Glas im Bauwesen – Verbundglas und VerbundSicherheitsglas Teil 1: 2011-12 Definitionen und Beschreibung von Bestandteilen Teil 2: 2011-12 Verbund-Sicherheitsglas Teil 5: 2011-12 Maße und Kantenbearbeitung Teil 6: 2012-09 Aussehen
1. Einsatz im Bauwesen............................................... 456 2. Einige baurelevante Kunststoffprodukte ................. 456 2.1 Produkte aus Polyethylen (PE) ......................... 456 2.2 Produkte aus Polypropylen (PP) ...................... 456 2.3 Produkte aus Polyvinylchlorid (PVC) ................ 457 2.4 Produkte aus Polystyrol (PS) ............................ 457 2.5 Produkte aus Polymethylmethacrylat (PMMA) 459 2.6 Produkte aus Polytetrafluorethylen (PTFE) ..... 460 2.7 Produkte aus Polyamid (PA) ............................. 460 2.8 Produkte aus Polyurethan (PU) ........................ 461 2.9 Produkte aus Polycarbonat (PC)....................... 462 2.10 Produkte aus Polyisobutylen (PIB) ................... 462 2.11 Produkte aus ungesättigten Polyesterharzen (UP) ........................................ 462 2.12 Produkte aus Silikon (SI) .................................. 462 Anmerkungen................................................................ 464
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_24
456
1.
V Bauprodukte
Einsatz im Bauwesen
Die Baubranche ist mit rund 20% Kunststoffverbrauch, nach der Verpackungsindustrie mit 37%, die zweitgrößte Abnehmerbranche für Kunststoffprodukte, wobei PVC (Polyvinylchlorid) knapp die Hälfte des eingesetzten Kunststoffs ausmacht. Dieser wird insbesondere für Rohre, Profile, Beläge und Armaturen eingesetzt. Einen weiteren großen Anteil machen die PS-Kunststoffe (Polystyrol) für Wärmedämmungen und PE-HD (Polyethylen hoher Dichte) für Rohrleitungen (Trinkwasser, Abwasser, Gas) aus.
1 PE-Folie aus LD-Polyethylen mit 0,5 mm Dicke 2 Spiralverstärktes Schwerlastrohr aus PE-HD (Polyethylen mit hoher Dichte)
2.
2.1
Einige baurelevante Kunststoffprodukte Produkte aus Polyethylen (PE) auch Kap. IV-9, Abschn. 5.1 Polyethylen (PE), S. 342
Eigenschaften: Polyethylen PE ist gegenüber dem Angriff von Säuren, Laugen sowie auch gegen Pilze und Mikroorganismen empfindlich.1 Es sollte nicht dauernder Feuchte ausgesetzt werden. Lediglich als Trennlage kann es zeitweiligem Kontakt mit Baufeuchte widerstehen. Nach geeigneter Behandlung zu chloriertem PE (PE-C) oder sulfoniertem PE (PE-CSM) kann es als Dachdichtungsbahn verwendet werden. Durchsichtige PE-Teile verspröden unter Lichteinwirkung rasch. Schwarz eingefärbte Bauteile weisen wesentlich längere Lebensdauer auf. 2 Verarbeitung und Fügung: Wichtigstes Verfahren der Verarbeitung ist die Extrusion, insbesondere von Folien- und Rohrmaterial. PE kann spanend bearbeitet werden. Es ist schweißbar, Kleben ist jedoch nur eingeschränkt möglich.3 Bauliche Anwendung: PE ist der baulich bedeutendste Kunststoff. Er findet Verwendung in Form von Folienmaterial als Trennlage, Dampfbremse, Schutzfolie oder auch als Dichtungsbahn; ferner auch bei Abwasserrohren oder Behältern ( 1, 2).
2.2
Produkte aus Polypropylen (PP) auch Kap. IV-9, Abschn. 5.2 Polypropylen (PP), S. 343
Eigenschaften: Polypropylen PP zeichnet sich unter den Plastomeren durch seine geringe Rohdichte aus. Es ist glatt, zeigt eine harte Oberfläche und weist verhältnismäßig große Zugfestigkeit auf. Die vergleichsweise hohe Schmelztemperatur liegt bei 160° C. PP ist beständig gegen schwache Säuren und Laugen.4 Verarbeitung und Fügung: PP kann beispielsweise durch Extrusion oder Spritzgießen verarbeitet werden. Fügungen lassen sich wie bei Polyethylen herstellen.5
5 Kunststoffprodukte
457
Bauliche Anwendung: PP ist ein kostengünstiger, vielseitig einsetzbarer Universalkunststoff.6 Im Bauwesen findet es als Rohrmaterial für Druckleitungen, Abgassysteme oder Fußbodenheizungen sowie auch bei Hohlkörpern oder Armaturen und Fittings Verwendung ( 3-5). Eigenschaften: Polyvinylchlorid PVC hat bei Gebrauchstemperaturen im Vergleich mit anderen Kunststoffen eine mittlere Zugfestigkeit, die durch Zugabe von Weichmachern allerdings verringert wird. Hart-PVC wird bei 75°C weich. Die Temperaturdehnung ist sehr groß. PVC ist beständig gegen schwache Säuren und Laugen, wird aber von vielen Lösungsmitteln angegriffen.7 Weichmacher verflüchtigen sich mit der Zeit und sind für den charakteristischen Geruch des Werkstoffs verantwortlich. Unter Brandeinwirkung wird Chlor freigesetzt. Chloride reagieren mit Löschwasser zu Salzsäure.8 Weich-PVC brennt außerhalb der Flamme weiter,9 es tropft brennend ab und ist deshalb bei Einbau über Kopf als gefährlich einzustufen. PVC (vor allem Weich-PVC) ist ohne spezielle Behandlung nicht gegen UV-Strahlung beständig. Es ist folglich gegen kontinuierliche Sonnenstrahlung zu schützen. Durch die Einwirkung von Licht vergilbt es mit der Zeit.
Produkte aus Polyvinylchlorid (PVC)
2.3
auch Kap. IV-9, Abschn. 5.3 Polyvinylchlorid (PVC), S. 344
Verarbeitung und Fügung: PVC kann in zahlreichen Verfahren wie Extrudieren, Hochdruckschäumen oder Spritzgießen verarbeitet werden.10 Zu Fügungszwecken lässt sich PVC kleben und verschweißen. Anwendung: PVC findet im Bauwesen eine sehr verbreitete Anwendung. Typische Einsatzformen von Hart-PVC sind Rohre, Armaturen sowie insbesondere Fensterprofile und Rollläden. Weich-PVC findet vorwiegend bei Abdichtungsbahnen, Fußbodenbelägen, Dichtprofilen und Kabelummantelungen Verwendung ( 6-8). Eigenschaften: Wenngleich die Festigkeit und Härte von Polystyrol PS nicht an die der Methacrylate heranreicht, so ist der Werkstoff dennoch sprödhart bis hornartig und kann mit glänzender Oberfläche hergestellt werden. PS-Schäume erweichen bei rund 100°C. PS ist gegen Benzin, Verdünner und Teerprodukte nicht beständig. Auch Weichmacher, wie beispielsweise in PVCAbdichtungsbahnen enthalten, greifen Polystyrolschaum an. Dies ist bei Dachaufbauten mit PS-Dämmplatten zu berücksichtigen. Verarbeitung und Fügung: Polystyrol wird im Bauwesen am häufigsten in geschäumter (PS-E) oder extrudierter (PS-X) Form eingesetzt, und zwar vorwiegend als Dämmplatte. PS-E-Granulat wird mit Treibmittel aufgeschäumt, die entstandenen Perlen anschließend mit Dampf zu Blöcken
Produkte aus Polystyrol (PS) auch Kap. IV-9, Abschn. 5.4 Polytstyrol (PS), S. 345 auch Kap. IV-9, Abschn. 5.5. Polymethylmethacrylat (PMMA), S. 346
2.4
458
V Bauprodukte
5 Verstärkte Polypropylen-Rohre an einem Solarkollektor
11 PS-Wandelement für erhöhte Wärmedämmung
3 Fertig-Schwimmbecken aus komplett verschweißten Polypropylenteilen
4 Schnellschweißung von PP-Bahnen
6 Dichtungsprofil aus Weich-PVC
7 PVC-Abwasserrohre
8 PVC-Rohrabzweigung
9 PS-E Dämmplatte (expandiert)
10 PS-X Hartschaum
12 PS-Rolladendämmung
5 Kunststoffprodukte
459
verschweißt. Diese Partikelstruktur ist mit bloßem Auge erkennbar ( 9, 10). Sowohl PS-E als auch PS-X lassen sich sägen, fräsen oder mit Heizdraht schneiden. Sie können mit Lösungsmitteln angelöst und verklebt werden. Anwendung: expandierter Polystyrolhartschaum PS-E wird vorwiegend als Wärmedämmplatte eingesetzt, wegen seiner guten Druckfestigkeit bevorzugt im Flachdachaufbau. Die Schaumpolystyrolpartikel werden auch bei der Herstellung von Leichtziegeln oder Leichtbeton angewendet. Extrudierter Polystyrolhartschaum PS-X wird, aufgrund seines geschlossenzelligen, nur wenig wassersaugenden Gefüges, vorwiegend als Dämmstoff für erdberührte Bauteile (sogenannte Perimeterdämmung) oder für Umkehrdächer eingesetzt. Spezielle ASA- und ABS-Polymerisate mit besonderen Eigenschaften finden als Fensterprofile (in Substitution von PVC) oder Sanitärobjekte, Beschläge, Kellerschächte etc. Anwendung ( 11, 12). Eigenschaften: Polymethylmethacrylat PMMA ist ein harter, spröder, extrem glasklarer, polierfähiger, außerordentlich witterungsbeständiger Kunststoff. Es ist weitgehend beständig gegen Säuren und Laugen, wird aber von Benzol und anderen Lösungsmitteln angegriffen.11 Auch gegen UVStrahlung ist PMMA sehr beständig. Verarbeitung und Fügung: wie andere Plastomere, wird PMMA bevorzugt in Form von Extrusion und Spritzguss verarbeitet,12 aber auch durch einfaches Gießen. PMMA lässt sich wie Polystyrol schneidend und fräsend bearbeiten, ist allerdings härter. Es kann ferner geklebt und verschweißt werden. Anwendung: in transparenter Qualität als Glasersatz in Form von Scheiben, Stegplatten, Oberlichtkuppeln einsetzbar. Eingefärbt auch für Sanitärobjekte wie Wannen oder Becken verwendbar. Die Kratzfestigkeit ist indessen geringer als die von Glas oder Emaille ( 13, 14).
13 Plexiglas®: ein PMMA-Kunststoff
14 Stegplatten aus PMMA (Polymethylmethacrylat) bzw. Acrylglas
ASA Acrylnitril-Styrol-Acrylat ABS Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer
Produkte aus Polymethylmethacrylat (PMMA) auch Kap. IV-9, Abschn. 5.5 Polytmethylmethacrylat (PMMA), S. 346
2.5
460
2.6
V Bauprodukte
Produkte aus Polytetrafluorethylen (PTFE) auch Kap. IV-9, Abschn. 5.6 Polytetrafluorethylen (PTFE), S. 347
Eigenschaften: Polytetrafluorethylen PTFE ist ein Thermoplast mit einer sehr beständigen Struktur, die zwischen -220 und +250°C ihr Stoffgefüge kaum verändert.13 Seine Schmelztemperatur liegt bei 320 bis 345°C.14 Es ist ferner außerordentlich resistent gegen Chemikalienangriff, es ist praktisch nur durch Fluor oder verflüssigte Alkalimetalle15 zersetzbar. PTFE ist hydrophob und eignet sich auch aufgrund seiner Zähigkeit gut als Dichtungsmaterial. Die guten Gleiteigenschaften seiner Oberfläche prädestinieren es zum Einsatz in Gleitlagern. Verarbeitung und Fügung: Aufgrund seiner hohen Temperaturbeständigkeit lässt sich PTFE nur durch Pressen und anschließendes Sintern verarbeiten.16 Spanende Weiterverarbeitung ist möglich. Anwendung: PTFE ist unter der Markenbezeichnung Teflon® gut bekannt. Es findet in Form von Dichtungsprofilen breite Anwendung in modernen Gebäudehüllen. Es ist ferner auch für Lager gebräuchlich, auch in Faserform für Dichtungen und Filtermedien ( 15, 16).17
15 PTFE-Gleitlagermatte 16 Disk-Filter aus PTFE
2.7
Produkte aus Polyamid (PA) Kap. IV-9, Abschn. 5.7 Polyamid (PA), S. 348
Eigenschaften: Polyamid PA ist ein harter, hornartig zäher, abriebfester Kunststoff.18 Seine Schmelztemperatur liegt bei 125-255°C.19 Gegen konzentrierte Säuren und Laugen ist es empfindlich, ebenso gegen Luftsauerstoff bei erhöhten Temperaturen – mehr als 100°C 20 – sowie auch gegen UVStrahlung. Es ist glasklar oder milchig weiß. Bemerkenswert ist die Eigenschaft von Polyamid, in Abhängigkeit von der Umgebungsfeuchte wechselnde Mengen von Wasser aufzunehmen bzw. Wasserdampf in wechselndem Umfang durchdiffundieren zu lassen. Bei niedriger Feuchte ist der Diffusionswiderstand groß, bei hoher klein. Verarbeitung: verspinnen, gießen, pressen, spanabhebend verarbeiten. 21
Kap. IV-9, Abschn. 5.7 Polyamid (PA), S. 348
Anwendung: Bekannt als Nylon® - und Perlon® -Fasern. Im Bauwesen gebräuchlich für feuchteadaptive Dampfbremsfolien, ferner für Dübel, Beschläge, Dichtungen. Aromatische Polyamide sind unter der Markenbezeichnung Kevlar ® allgemein bekannt ( 17, 18, 19).
5 Kunststoffprodukte
17 Dübel aus Polyamid.
461
18 Einbaudosen aus Polyamid.
Eigenschaften: Polyurethane PU können als Plastomere mit unvernetztem linearem Molekulargefüge gefertigt werden oder mit engmaschiger Vernetzung, sodass sie duroplastische Eigenschaften aufweisen (wie die bauüblichen Schaumstoffe). Sie lassen sich aber auch mit weitmaschig vernetzten Molekülsträngen herstellen, sodass die langen beweglichen Kettenstränge dem Material eine gummielastische Konsistenz verleihen (Polyurethanelastomere, hochelastische Fasern mit Reißdehnungen von über 500%). 22 PUR ist nur gegen konzentrierte Säuren und Laugen empfindlich, ansonsten ist es chemisch außerordentlich beständig. Exponiertes PUR kann sich durch UV-Strahlung zersetzen. Verarbeitung: Polyurethanschäume entstehen bei Vermischung der Reaktionskomponenten, ggf. mit Zugabe von Emulgatoren, Aktivatoren, etc., durch gleichzeitige Freisetzung des Treibgases. Dieses bleibt in den Mikroporen des Schaums gefangen und ist aufgrund seiner geringen Dichte verantwortlich für die sehr guten Wärmedämmwerte des PUR-Schaums. 23 Das aufschäumende Gemisch wird in Formen eingefüllt und erstarrt dort zu Blöcken oder beliebig geformten Teilen. Baulich besonders relevant ist das Ausschäumen von Sandwichelementen aus Blechen, die aufgrund der duroplastischen Eigenschaften des PURWerkstoffs einen steifen, druck- und schubfesten Kern erhalten, eine Grundvoraussetzung für die mechanische Wirkung als Sandwichpaneel. Als Einkomponenten-Ortschaum wird PUR zum Verfüllen von Fugenräumen für Dichtzwecke eingesetzt. Polyurethane werden auch als Lacke, Klebstoffe und Beschichtungen verarbeitet. Anwendungen: PU ergibt sehr leistungsfähige Dämmstoffe mit niedriger Wärmeleitzahl, vor allem in ausgeschäumten Sandwichelementen; auch als Füllmaterial, Formkörper, Fensterprofil sowie auch als Klebstoff und Lack einsetzbar, in elastischer Variante als Fasermaterial oder Schaumstoffpolster ( 20-22).
19 Drückergarnitur aus Polyamid.
Produkte aus Polyurethan (PU) Kap. IV-9, Abschn. 5.8 Polyurethan (PU), S. 348
Kap. V-3, Abschn. 3.3.5 PURSandwichelemente/-paneele, S. 420
Kap. VI-2, Abschn. 9.7 Mehrschichtverbundelement, S. 632
2.8
462
2.9
V Bauprodukte
20 Der berühmte Panton-Stuhl wird aus glasfaserverstärktem Polyurethan (PU) oder alternativ auch aus Polypropylen (PP) gefertigt.
21 PU-Dämmplatte mit selbstklebender Kaschierung
Produkte aus Polycarbonat (PC)
Polycarbonate PC sind thermoplastische Polyester, die durch Polykondensation entstehen. Es sind glasklare, hochelastische, ausgesprochen zähe Kunststoffe mit glänzender Oberfläche, die im Bauwesen insbesondere bei transparenten oder transluzenten Hüllelementen Verwendung finden ( 23-24). Am bekanntesten sind Hohlkammerplatten (z.B. Doppelstegplatten) aus Polycarbonat. Aufgrund der hohen Schlagzähigkeit von PC 24 weisen sie eine gute Bruchfestigkeit auf. Gegen UV-Strahlung und sonstigen Witterungseinflüssen sind Polycarbonate sehr beständig.25
auch Kap. IV-9, Abschn. 5.9 Polycarbonat (PC), S. 349
2.10
Produkte aus Polyisobutylen (PIB) auch Kap. IV-9, Abschn. 5.10 Polyisobutylen (PIB), S. 349
2.11
Produkte aus ungesättigten Polyesterharzen (UP) auch Kap. IV-9, Abschn. 5.11 Ungesättigte Polyesterharze (UP), S. 349
2.12
Produkte aus Silikon (SI)
auch Kap. IV-9, Abschn. 5.12 Silikon (SI), S. 349 Band 2, Kap. XII, Abschn. 4.3.3 Fuge mit Füllung und Flankenhaftung
22 Mit PU ausgeschäumtes AluSandwichpaneel
Polyisobutylen PIB findet als Dicht- und Klebstoff sowie auch als Dichtungsbahn oder -folie bauliche Anwendung. Insbesondere selbstklebende Fugendichtbänder, die vor der Montage angeheftet werden und sofort funktionstüchtig sind, haben im baulichen Einsatz weite Verbreitung (z.B. Andichtungen im Fassadenbau)26 ( 25-26). Besondere Bedeutung hat dieser Kunststoff unter Zugabe geeigneter Füllstoffe als Matrixmaterial für glasfaserverstärkte Kunststoffteile (früher GFK), die heute als UP-GF bezeichnet werden.27 Formkörper mit vielfältigen Geometrien lassen sich nach diversen Verfahren herstellen wie Handlaminieren auf Negativ-Formen, Wickeln mit Endlos-Fasern, Profilziehen oder Prepeg-Formen.28 Häufige bauliche Anwendungen von ungesättigten Polyesterharzen sind Schalenteile für den Möbelbau, lichtdurchlässige ebene oder gewellte Platten, Lichtkuppeln, Fassadenelemente mit schalenförmiger Geometrie wie in den 1960er und 70er Jahren wiederholt experimentell eingesetzt ( 27-29). Eigenschaften, Verarbeitung und Anwendung: Von fundamentaler Bedeutung für das aktuelle Baugeschehen sind die plastisch verarbeitbaren, anschließend elastisch sich verfestigenden kaltvulkanisierenden Silikonkautschuke, die aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften das Dichtprinzip der elastischen Fugenfüllung mit Flankenhaftung ermöglichen.
5 Kunststoffprodukte
23 Wetterfestes Lampengehäuse aus Polycarbonat
463
24 Transparente Hohlkammerplatten aus Polycarbonat
25 Butyl-Dichtband
26 Profilierte Butyl-Dichtbänder
27 Kunststoffzylinder aus UP-Gf einer Sendeanlage
28 Mehrlagiger Aufbau einer UP-GF-Schale mit Chemieschutzschicht, Traglaminat und Topcoat
29 Aufsetzkranz einer Lichtkuppel aus UP-GF
464
V Bauprodukte
Die im Bauwesen weit verbreiteten Einkomponenten-Kaltsilikone (RTV-1) werden durch Einwirkung von Luftfeuchte nach dem Spritzen vom plastischen in den gummielastischen Zustand überführt. Die Vernetzung zum Elastomer erfolgt durch Kondensation. Dabei wird (bei sauer vernetzenden Silikonen) Essigsäure frei, die sich am charakteristischen sauren Geruch bemerkbar macht. Im plastischen Verarbeitungszustand haftet der Dichtstoff an glatten Fugenflanken. Diese Haftung bleibt nach der Kaltvulkanisierung bestehen. Ggf. sind die Fugenflanken mit einem Primer vorzubehandeln. Silikonkautschuke weisen eine hohe Beständigkeit gegen Wärme, UV-Strahlung und chemischen Angriff auf und sind ausgesprochen hydrophob, was für ihre Hauptfunktion als Dichtung gegen Feuchte von fundamentaler Bedeutung ist ( 30). Sie sind indessen gegen Mikroorganismen empfindlich und müssen beispielsweise im Sanitärbereich regelmäßig gereinigt werden. 30 Verfugen mit Silikonkautschuk
Zweikomponenten-Kaltsilikone (RTV-2) kommen immer dann zum Einsatz, wenn nicht genügend Luftfeuchtigkeit für die Vernetzungsreaktion vorhanden ist. Am Bau sind sie nicht gebräuchlich.29
Anmerkungen
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26
Volland (1999) Einblicke in die Baustoffkunde für Architekten, S. 215 Ebda S. 215 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 53 Volland (1999) S. 219 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 57 Ebda S. 57 Volland (1999) S. 224 Ebda S. 225 Ebda Näheres hierzu vgl. Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 50 Volland (1999) S. 217 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 67 Benedix (1999) Chemie für Bauingenieure, S. 419 Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl. (1987), Stw. Polytetrafluorethylen Benedix (1999) Brockhaus Enzyklopädie, Stw. Polytetrafluorethylen Ebda, Stw. Polytetrafluorethylenfasern Volland (1999) S. 212, Benedix (1999) S. 420 Volland (1999) S. 213 Benedix (1999) S. 420 Ebda S. 420 Brockhaus Enzyklopädie, Stw. Polyurethanfasern Volland (1999) S. 222 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 61 Benedix (1999) S. 425 Bauen mit Kunststoffen, Jahrbuch 2002, S. 289f
5 Kunststoffprodukte
27 28 29
Ebda S. 59 Ebda S. 59f Ebda S. 289
465
VI FUNKTIONEN
466
V Bauprodukte
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR II STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN II - 1 ORDNUNG UND GLIEDERUNG MASSORDNUNG II - 2 INDUSTRIELLES BAUEN II - 3 MASSORDNUNG NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE III STOFFE ÖKONOMIE SOZIALES III - 1 MATERIE ÖKOBILANZ III 2 RECYCLINGWERKSTOFF III - 3 STEIN III 4 STOFFE BETON III - 5 HOLZ MATERIE III 6 STAHL WERKSTOFF III 7 BEWEHRTER BETON STEIN III - 8 KUNSTSTOFF BETON III 9 GLAS HOLZ
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
1. Hierarchie der Funktionen........................................ 468 1.1 Die Nutzung von Gebäuden ............................. 468 1.2 Bauliche Grundfunktion .................................... 469 1.3 Bauliche Hauptfunktionen .................................471 1.4 Bauliche Einzel- oder Teilfunktionen .................471 1.5 Nachhaltigkeit 2. Haupt- und Teilunktionen im Einzelnen.....................474 2.1 Tragen ................................................................474 2.2 Einhüllen ............................................................476 2.3 Ver- und Entsorgen ............................................477 3. Zuweisen von baulichen Teilfunktionen an Bauelemente ........................................................479 4. Die elementaren Teilfunktionen von Hüllbauteilen im Gebäudezusammenhang .............. 481 4.1 Kraftleiten ......................................................... 481 4.2 Schutz vor Feuchte........................................... 484 4.3 Windschutz....................................................... 486 4.4 Wärmeschutz ................................................... 486 4.5 Schutz vor unkontrolliertem Dampfeintritt ....... 487 4.6 Ausdiffundieren von Dampf ............................. 489 4.7 Akustik .............................................................. 489 4.8 Brandschutz...................................................... 491 5. Nachhaltigkeit .......................................................... 492 Anmerkungen................................................................ 494 Normen und Richtlinien ................................................ 494
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9 V V-1 V-2
STAHL BEWEHRTER BETON GLAS IV BAUPRODUKTE KUNSTSTOFF IV - 1 KÜNSTLICHE STEINE IV - 2 HOLZPRODUKTE BAUPRODUKTE IV - 3 STAHLPRODUKTE KÜNSTLICHE STEINE IV - 4 GLASPRODUKTE HOLZPRODUKTE IV - 5 KUNSTSTOFFPRODUKTE STAHLPRODUKTE
V-3 V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
V
FUNKTIONEN
FUNKTIONEN SPEKTRUM V-1 SPEKTRUM KRAFTLEITEN V-2 KRAFT LEITEN THERMOHYGRIK V-3 THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN SCHALLSCHUTZ V-4 SCHALLSCHUTZ VI-5 BRANDSCHUTZ V-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT V-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_25
KONSTRUIEREN
I
468
1.
1.1
VI Funktionen
Hierarchie der Funktionen
Bevor auf die konstruktionsrelevanten Funktionen eingegangen werden kann, müssen diese zunächst in eine konsistente Hierarchie der Betrachtung eingebettet und einige Begriffe klar voneinander differenziert werden:
Die Nutzung von Gebäuden
Gebäude werden für vielerlei Zwecke errichtet. Vermutlich entstanden die ältesten Gebäude zum Zweck des Schutzes gegen die Witterung. Doch bereits sehr alte Beispiele zeigen, dass Gebäude auch ausschließlich religiösen und kultischen Zwecken gewidmet und frei von Schutzfunktion sein konnten. Nur sofern es sich um Versammlungsbauten handelte, mussten diese ähnlichen Schutz gegen die atmosphärischen Einflüsse bieten wie gewöhnliche Behausungen. Manchmal jedoch waren – und sind heute noch – Gebäude nicht einmal dafür vorgesehen, von Menschen betreten zu werden. Ihre Bedeutung liegt in diesen Fällen allein in ihrer symbolischen Dimension, die sich bereits durch die Betrachtung, nicht zwangsläufig durch ihr Betreten erschließt. Bauwerke mit reiner symbolischer Funktion können frei von vielerlei Aufgabenzuweisungen sein, wie beispielsweise von den diversen Schutzfunktionen gegen die Witterung, müssen aber dennoch zumindest die anfallenden Lasten ableiten, benötigen also ein Tragwerk. Die große Mehrzahl der Gebäude verfolgen indessen eine spezifische fundamentale Zweckbestimmung. Wir könnten sie umschreiben als die Schaffung eines räumlich abgegrenzten, kontrollierbaren Umfelds, das für bestimmte menschliche Aktivitäten oder sonstige Bedürfnisse zweckorientiert eingerichtet, konditioniert und gestaltet werden kann.
Man bezeichnet diese menschlichen Aktivitäten, die im künstlich geschaffenen baulichen Umfeld stattfinden, als die Nutzung des Gebäudes. Dies kann ferner mit der Aufgabe verknüpft sein, und ist es in den meisten Fällen auch, diesen künstlich geschaffenen Raumbereich mit bestimmten Medien, Energieträgern oder auch elektrischen Impulsen – wie zur Datenübermittlung – zu versorgen. Herkömmliche Nutzungen wie beispielsweise Wohnen, Arbeiten, Ausstellen, etc. bedingen vielfältige Einzelfunktionen, die man in verschiedene Hierarchieebenen aufgliedern kann. Wir werden uns in den folgenden Abschnitten mit ihnen beschäftigen. Die sehr komplexe Mischung von teilweise stark divergierenden Einzelfunktionen ist kennzeichnend für den Hochbau. Diese jeweils gesondert zu erfüllen stellt bereits eine Herausforderung dar, eine noch viel größere hingegen die Bewältigung des Zusammenspiels der funktional verschieden belegten Einzelteile innerhalb einer Baukonstruktion.
1 Spektrum
Akzeptiert man die Prämisse, dass die überwiegende Anzahl der Gebäude zum Zweck der nutzungsorientierten Konditionierung eines Raums errichtet wird, so erfüllen die meisten Gebäude – auf einer Hierarchiestufe unterhalb ihrer eigentlichen Nutzung – eine bauliche Grundfunktion, nämlich eine Einhüllung oder Umbauung eines künstlich gestaltbaren Raumvolumens, in dem besondere Verhältnisse künstlich geschaffen oder beeinflusst werden können. Diese zielen darauf ab, einen geeignete Aufenthalts- oder Lebensraum für Menschen zu schaffen, bzw. für spezifische menschliche Aktivitäten. Insofern sind hierbei nicht allein physiologische Faktoren im Spiel (frische Luft, Tageslicht, Ausblick, thermische Behaglichkeit, etc.), sondern auch psychologische, die das allgemeine Wohlbefinden des Nutzers betreffen. Die Erfüllung dieser Grundfunktion obliegt dem Gesamtsystem des Gebäudes. In diesem Kontext werden wir naturgemäß Baukonstruktionen untersuchen, höhere planerische Hierarchiestufen (wie etwa den Gesamtgebäudeentwurf), die hierbei ebenfalls eine Rolle spielen, hingegen notwendigerweise ausklammern. Einige zur Erfüllung dieser Grundfunktion zu schaffende Voraussetzungen sollen hier nur beispielhaft genannt werden: • geeignete klimatische Verhältnisse. Hierbei kommt den einhüllenden Bauteilen, bzw. der Gebäudehülle die wesentliche Aufgabe zu, gegen Witterung zu schützen und ein gewünschtes, zumeist konstantes Innenklima zu schaffen. Je nach angestrebter Nutzung können die Anforderungen sehr hoch sein (vgl. Reinraumtechnik). In den meisten Fällen ist eine geschlossene Umhüllung des Raums erforderlich. Manchmal sind hingegen nur einzelne Witterungsfaktoren auszuschalten, wie beispielsweise Regen bei einer einfachen Überdachung. In solchen Fällen kann die Umhüllung auch offen sein und der konstruktive Aufbau entsprechend einfacher ausfallen; • Versorgung mit ausreichend frischer Luft; • oftmals Versorgung mit ausreichend Tageslicht; • oftmals Ermöglichung von Ausblick, visuellem Kontakt mit der Außenwelt; • Schutz gegen unerwünschte sonstige Einflüsse wie: •• Schutz vor Einblick; •• Schutz vor Eindringen oder Einbruch; •• (vereinzelt auch) Verhinderung des Ausbruchs;
469
Bauliche Grundfunktion
1.2
470
VI Funktionen
• Schaffung geeigneter akustischer Verhältnisse, wie beispielsweise in einem Konzertsaal; • Schaffung spezieller Lichtverhältnisse für diverse Aktivitäten wie die Betrachtung von Kunstwerken in Museen; • und nicht zuletzt spielt oftmals die Bereitstellung von zusätzlichen künstlich geschaffenen Bodenflächen im gestapelten Geschossbau, und damit die wirtschaftliche Verwertung von Grund und Boden, eine wesentliche Rolle beim Errichten von Gebäuden. Diese je nach Zweckbestimmung begeh-, befahr- oder anderweitig nutzbare Flächen vermehren die bebaute Grundstücksfläche um ein Vielfaches. Zuletzt gilt es in diesem Kontext auf einen fundamentalen Gesichtspunkt hinzuweisen, der sich aus der angesprochenen baulichen Grundfunktion direkt ableitet und oftmals übersehen wird: Der allseitige Einschluss eines Raums, auf dem die bauliche Grundfunktion beruht, bedingt naturgemäß auch seine Überdeckung; oder anders formuliert: die Anordnung und zuverlässig dauerhafte Lagefixierung von – nicht unbeträchtlicher – Konstruktionsmasse über unseren Köpfen, und zwar bei gleichzeitiger Schaffung brauchbarer Räume, was das Überbrücken ausreichender Spannweiten voraussetzt. Diese zunächst als selbstverständlich erscheinende Feststellung hat mindestens zwei fundamentale Konsequenzen:
hierzu Kap. VI-2, Abschn. 2.4 Form, 41 auf S. 511 Kap. VI-6 Dauerhaftigkeit, S. 762
• Bauen setzt stets ein Umleiten von Kräften voraus. Die dominierende Kraft ist die Schwerkraft, die der Konstrukteur gleichsam über den zu schaffenden Raum hinweg in den Baugrund umzuleiten hat. Eine Kraftumleitung ist – bereits aus geometrischer Notwendigkeit – grundsätzlich mit erhöhter Materialbeanspruchung verknüpft. Besonders bei der Bewältigung der Aufgabe, Raum zu überdecken, steuert deshalb der Entwerfer und Konstrukteur durch die mehr oder weniger materialeffiziente Gestaltung der Konstruktion den Materialverbrauch und allgemein den baulichen Aufwand maßgeblich; • die Baukonstruktion muss der kritischsten Witterungsbeanspruchung widerstehen, nämlich der annähernd lotrechten Bewitterung mehr oder weniger flach geneigter, manchmal auch horizontaler Flächen. Diese Aufgabe ist mit verschärften bauphysikalischen Anforderungen verbunden und bedingt oftmals gesonderte Gebäudeteile – wie das herkömmliche geneigte Dach –, aufwendigere Aufbauten oder besonders kurze Erneuerungszyklen – wie bei zahlreichen Flachdächern.
1 Spektrum
Die oben diskutierte bauliche Grundfunktion betrifft im Wesentlichen das Gesamtgebäude. Es ist vornehmlich dessen Aufgabe, ein dem menschlichen Aufenthalt sowie anderer menschlicher Bedürfnisse gerechten Raum unter Einsatz angemessener Aufwendungen zu schaffen, seine Funktionalität während eines ausreichenden Zeitraums zu wahren und dabei die Umwelt weitestmöglich zu schonen. Damit diese Grundfunktion in dieser Weise umgesetzt werden kann, müssen indessen auf einer niedrigeren Hierarchieebene, nämlich auf der Ebene von elementaren Grundbestandteilen des Gebäudes, andere Voraussetzungen gegeben bzw. andere Aufgaben oder Funktionen erfüllt sein. Münzt man die angesprochene bauliche Grundfunktion eines Gesamtgebäudes somit in bauliche Hauptaufgaben der Grundkomponenten einer Baustruktur auf einer tieferen Hierarchieebene um, so lassen sich drei bauliche Hauptfunktionen unterscheiden. Sie definieren ihrerseits zugehörige Grundbestandteile der Baustruktur: sie führen nämlich zur Untergliederung des Gesamtsystems der Baustruktur in drei grundlegende funktionale Teil- oder Subsysteme. Die baulichen Hauptfunktionen mit ihren zugehörigen Teilsystemen sind die folgenden:
471
Bauliche Hauptfunktionen
1.3
Kap. II-1, 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten > 2.2.1 nach Hauptfunktion, S. 31
1 Tragen: dem Tragwerk oder Primärsystem zugeordnet; 2 Einhüllen: der Hülle oder Sekundärsystem zugeordnet; 3 Ver- und Entsorgen: dem Ver- und Entsorgungs- oder Tertiärsystem zugeordnet. Man beachte, dass diese drei Teilsysteme in baulicher Ausführung sowohl getrennt als auch im gleichen Bauteil verschmolzen in Erscheinung treten können. Diese drei Hauptfunktionen sollen zuvorderst die Nutzbarkeit eines Gebäudes gewährleisten. Wir haben oben gesehen, dass sich auch weitere Aufgaben definieren lassen, die sich aus anderen Perspektiven herleiten und die Planung und materielle Ausführung der Baustruktur ebenfalls beeinflussen, unter diesen solche der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit. Setzt man den Prozess der fortschreitenden Ausdifferenzierung von Funktionen auf immer niedrigeren Hierarchieebenen fort, so lässt sich Folgendes feststellen: Damit die baulichen Hauptfunktionen auf der Ebene der Teilsysteme dauerhaft und zuverlässig umgesetzt werden können, müssen auf der Ebene ihrer konstruktiven Ausbildung weitere erfüllt sein, die als bauliche Einzel- oder Teilfunktionen bezeichnet werden sollen. Sie sichern die Funktionalität und Brauchbarkeit der konstruktiven Umsetzung der Grundbestandteile des Gebäudes, also Tragwerk, Hülle und Ver-/ Entsorgungssystem, und können verschiedenen Elementen der Konstruktion zugeordnet sein: Baukomponenten, Bau-
Bauliche Einzel- oder Teilfunktionen
vgl. auch Kap. II-1 Ordnung und Gliederung, Abschn. 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten > Abschn. 2.2.2 nach baulicher Einzelfunktion, S. 32
1.4
472
VI Funktionen
Kap. VI-2 bis VI-6, ab S. 496
1.5
Nachhaltigkeit
teilen, Einzelteilen, Verbindungen zwischen diesen, aber auch einzelnen Schichten eines konstruktiven Aufbaus. Sie sind für die Thematik dieses Werks, die Baukonstruktion, deshalb besonders relevant und nehmen in diesem Kontext somit einen besonderen Stellenwert ein. Die wichtigsten Teilfunktionen sind in der Übersicht in 2 gelistet. Besondere Bedeutung haben die Teilfunktionen, die den Feuchtehaushalt in der Konstruktion bei gleichzeitiger Wahrung festgelegter thermischer Bedingungen regeln. Sie werden als die hygrothermische oder thermohygrische Teilfunktionen bezeichnet. Sie erhalten nicht nur die Schutzfunktion der Gebäudehülle aufrecht, sondern sind indirekt auch für ihre Dauerhaftigkeit hauptverantwortlich. Grundlegende Merkmale von Baukonstruktionen, insbesondere konstruktive Aufbauten von flächigen Hüllbauteilen, lassen sich ursächlich auf Notwendigkeiten der thermohygrischen Schutzfunktionen zurückführen. Eine weitere für die Baukonstruktion wesentliche Teilfunktion ist die des Kraftleitens, die sich als eine Ableitung der übergeordneten Hauptfunktion des Tragens auf die Ebene der Konstruktion auffassen lässt ( 2). Alle der angesprochenen Funktionen ziehen wie erwähnt sowohl planerische als auch konstruktive Maßnahmen nach sich. Nahezu alle besitzen neben der konstruktiven auch eine entwurfliche oder planerische Komponente: vorbeugender Brandschutz hängt auch von der richtigen Organisation der Nutzflächen, der Verkehrswege und der Wahrung ausreichender Gebäudeabstände ab; Wärmeschutz beginnt bereits bei einer günstigen Standortbestimmung für das Bauwerk; Gleiches lässt sich für den Schallschutz behaupten, wenn es beispielsweise um Schallimmissionen von benachbarten Lärmquellen geht. Dieses Werk beschäftigt sich indessen lediglich mit den konstruktiven Gesichtspunkten. Dennoch bleibt die Komplexität und Vielschichtigkeit des angerissenen Anforderungskatalogs enorm, besonders wenn man das extrem hohe Anforderungsniveau in Betracht zieht, das bei einigen Faktoren – wie der Sicherung der thermischen Behaglichkeit – heute in Industrieländern angesetzt wird. Einige der aufgelisteten Anforderungen werden im Folgenden aus pragmatischen Erwägungen dort behandelt, wo von den betroffenen Bauteilen die Rede ist. Die elementaren Teilfunktionen sollen hingegen in ihren wichtigsten Einzelaspekten in den folgenden Teilkapiteln näher betrachtet werden. Einige von ihnen lassen sich unmittelbar aus den baulichen Teilfunktionen herleiten und sind in der Übersicht in 1 grafisch gekennzeichnet. Ferner erwartet man von Gebäuden, dass sie – im Gegensatz zu anderen technischen Gebilden – sehr lange Lebensdauern erreichen. Diese Forderung prägt den Gebäudeentwurf, aber insbesondere seine konstruktive Umsetzung sehr deutlich. Zahlreiche Maßnahmen der Baukonstruktion
1 Spektrum
zielen darauf ab, Zersetzungsprozesse von Werkstoffen zu verlangsamen und vornehmlich (vor allem zu diesem Zweck) den Feuchtehaushalt in und am Gebäude möglichst zielgerichtet zu kontrollieren. Man kann deshalb mit Fug und Recht eine eigene Aufgabe oder Funktion definieren, nämlich die Sicherung der Dauerhaftigkeit, die nahezu jedes Bauwerk zu erfüllen hat. Die Forderung nach langer Lebensdauer eines Gebäudes lässt sich auch als eine Teilforderung der umfassenderen Kategorie der Nachhaltigkeit eines Gebäudes verstehen, die das Gebäude in einen globalen ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Kontext einbettet. Dieser schwer zu fassende und abzugrenzende Begriff, der die Bauplanung heute stark prägt und sich zunehmend zu einer vorrangigen Notwendigkeit entwickelt, umfasst neben der Dauerhaftigkeit einer Konstruktion auch den mit ihr zusammenhängenden Ressourcen- und Energieverbrauch; die mit ihrer Herstellung verbundenen Umwelteinfüsse; die Kosten über den gesamten Lebenszyklus, nicht nur für die Erstellung, sondern auch für die Wartung, Instandsetzung, Erneuerung und letztlich Rückführung oder Entsorgung; die Möglichkeit der Veränderung zum Zweck der Anpassung an sich wandelnde Bedürfnisse; und nicht zuletzt die Auswirkungen auf das physiologische und psychologische Wohlbefinden des Menschen. Man kann infolgedessen weitere, nicht unbedingt strikt nutzungsbezogene Aufgaben definieren, die sich unmittelbar aus der Forderung der Nachhaltigkeit einer Baukonstruktion herleiten. Hier seien nur einige wenige zur Veranschaulichung gelistet:
473
Kap. VI-6 Dauerhaftigkeit, S. 762
Kap. III Nachhaltigkeit, ab S. 98
• Sichern der dauerhaften Erfüllung der angesprochenen Grundfunktion. Dies umfasst beispielsweise den Korrosions- oder Fäuleschutz der Baustruktur; besonders relevant ist in diesem Kontext jeweils der konstruktive Schutz; • Rezyklieren oder Wiederverwerten der Konstruktion am Ende ihrer Lebenszeit; dies betrifft beispielsweise die Art, wie Baukomponenten, Bauteile, Einzelteile oder auch Werkstoffe sich voneinander trennen lassen; • Ökonomie der Baumaßnahme unter privat-, betriebs- oder volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Hierzu gehört auch die Effizienz der Baumaßnahme hinsichtlich des Energie- und Rohstoffverbrauchs.1 Dieses Kriterium bezieht sich zwar grundsätzlich auf das Gesamtgebäude, hat aber weitreichende bautechnische Auswirkungen und ist aus diesem Grund auch an dieser Stelle relevant; • Fertigungs- und Montagegerechtigkeit der Baustruktur; • Gewinnung der Sonnenenergie zur Speicherung oder Bereitstellung in Form anderweitig – d.h. nicht nur direkt
Abschn. 1.1 Die Nutzung von Gebäuden, S. 468
474
VI Funktionen
für die Raumkonditionierung des betroffenen Gebäudes – nutzbarer Energieträger. Dieser Aspekt macht sich heute vor allem in Form von Bauwerken bemerkbar, die photovoltaisch in Strom umgewandelte Sonnenenergie in das Stromnetz einspeisen.
Kap. VI-2 bis VI-6, ab S. 496
2.
2.1
Haupt- und Teilfunktionen im Einzelnen
Tragen
Auch wenn in der umfassenderen Definition der Nachhaltigkeit einige der weiter oben genannten, im engeren Sinn nutzungsbezogenen Einzelfunktionen – wie etwa die Schaffung von geeigneten akustischen Verhältnissen oder die Sicherung der thermischen Behaglichkeit – bereits enthalten sind, sollen die Teilfunktionen im Folgenden wegen ihrer konstruktionsbezogenen Relevanz dennoch als eigenständige Aufgaben behandelt werden. Es folgt eine nähere Untersuchung der drei Hauptfunktionen Tragen, Einhüllen und Ver- und Entsorgen ( 1) sowie ihre Aufgliederung in die daraus ableitbaren baulichen Teilfunktionen: Die Aufgabe des Tragens folgt aus der Notwendigkeit, • die Standfestigkeit der Baustruktur zu gewährleisten sowie • die Verformungen derselben so weit einzugrenzen, dass die Funktionen des Gesamtbauwerks nicht beeinträchtigt werden. Man spricht dabei von der Sicherung der Gebrauchstauglichkeit der Konstruktion. So muss beispielsweise die Durchbiegung von Decken begrenzt werden, damit sie den Nutzungsansprüchen Genüge tun. Die Funktion des Tragens wird drei Hierarchieebenen zugeordnet, die den drei Abstufungen des • Primärtragwerks; • Sekundärtragwerks und • Tertiärtragwerks.
Abschn. 1.3 Bauliche Hauptfunktionen, S. 471 Kap. VI-2 Kraftleiten, S. 496, sowie Band 2, Kap. IX Primärtragwerke
entsprechen. Das Primärtragwerk ist zumeist gleichzusetzen mit dem eigentlichen funktionalen Primärsystem wie oben definiert (beide Begriffe sind deutlich voneinander zu unterscheiden) und wird gemeinhin mit dem Begriff Tragwerk belegt, in Abgrenzung zum funktionalen Sekundärsystem der Hülle. Dies gilt insbesondere für Skeletttragwerke, bei denen eine klare Trennung zwischen diesen beiden Subsystemen herrscht. Hingegen sind Sekundär- und Tertiärtragwerk üblicherweise materieller Bestandteil des funktionalen Sekundärsystems, also der Gebäudehülle, und folglich mit anderen funktionalen Elementen (beispielsweise solchen mit bauphysikalischen Schutzfunktionen) in einer
1 Spektrum
475
Hauptfunktionen
Teilfunktionen
Tragen
im Primärtragwerk
Kraftleiten
im Sekundärtragwerk im Tertiärtragwerk
Einhüllen
Windschutz
Elementare thermohygrische Teilfunktionen
Schutz vor Niederschlag thermische Konditionierung
Wärmeschutz thermischer Ausgleich passive solare Wärmegewinne
Kontrolle des Dampfhaushalts
Kontrolle der Feuchtebildung innerhalb der Konstruktion Regulierung der relativen Raumluftfeuchte
natürliche Belüftung Belichtung Schallschutz Brandschutz Sicht-, Blend-, Sonnenschutz Schutz vor Eindringen raumakustische Konditionierung
Ver- und Entsorgen
Versorgen mit Heizwärme
durch Umlagerung nicht regenerativ regenerativ
Versorgen mit Kühle
durch Umlagerung nicht regenerativ regenerativ
künstliche Belüftung Beleuchtung Versorgen mit Wasser
Versorgen mit Kaltwasser Versorgen mit Brauchwasser Entsorgen von Abwasser
Versorgen mit Elektrizität
Starkstrom Schwachstrom Funkwellen
Kontrolle von Stromflüssen
Blitzschutz Potenzialausgleich
1 Übersicht der Haupt- und Teilfunktionen einer Gebäudestruktur. Grafisch dunkelgrau hervorgehoben sind diejenigen Teilfunktionen, die einen unmittelbaren Einfluss auf die konstruktive Ausbildung von Bauteilen haben. Sie sollen in den Teilkapiteln VI-2 bis VI-5 näher untersucht werden.
476
VI Funktionen
gemeinsamen Konstruktion kombiniert. Die für sämtliche Elemente der angesprochenen Tragwerkshierarchien wirksame Teilfunktion ist dessen ungeachtet in diesem Kontext die Ableitung von Kräften oder Kraftleitung – wie z.B. bei einer Fassadenrippe. 2.2
Einhüllen
INNEN
AUSSEN
Feuchteschutz gegen Außenraum
Die Hüllfunktion, welche hauptverantwortlich für die Schaffung eines künstlichen, für unsere Zwecke geeigneten Mikroklimas bzw. eines gegen unerwünschte Einflüsse geschützten Raums ist, lässt sich in vielfältige Teilfunktionen aufgliedern und bestimmt durch ihre außerordentlich große Komplexität die Konstruktion eines Gebäudes nachhaltig. Die Diversität der Anforderungen, die an Gebäudehüllen gestellt werden, und die oftmals daraus hervorgehenden Zielkonflikte stellen den Konstrukteur vor beträchtliche Herausforderungen. In einem komprimierten Überblick sollen die Einzel- oder Teilfunktionen der Grundfunktion Einhüllen im Folgenden kurz angesprochen werden: • Windschutz: Schutz des Innenraums vor Wind und daraus resultierenden störenden Luftbewegungen;
Windschutz gegen Außenraum
• Schutz vor Feuchte: Schutz vor Regen, unter Winddruck stehendem Schlagregen, Schnee, Eisbildung; • thermische Konditionierung: Diese umfasst den: •• Wärmeschutz, der sowohl bei niedrigeren wie auch höheren Außentemperaturen die Grundlage für ein stabiles Innenklima darstellt;
Wärmeschutz
•• thermischen Ausgleich durch kontrollierte Wärmespeicherung und Wärmeabgabe durch Hüllbauteile; •• sowie auch passive solare Wärmegewinne, also solche, die allein durch die Baustruktur selbst erzielt werden; • Kontrolle des Dampfhaushalts: Diese verfolgt im Wesentlichen zwei Hauptzwecke, nämlich:
Schutz vor Dampfeintritt gegen Innenraum
Dampfdiffusionsfähigkeit zum Außenraum
2 Thermohygrische Teilfunktionen der Außenhülle
•• die Kontrolle der Feuchtebildung innerhalb der Konstruktion. Es darf nicht zu ständiger Feuchte kommen, da die Bausubstanz dadurch bleibenden Schaden erfahren kann; •• die Regulierung der relativen Raumluftfeuchte. Hüllbauteile sind unter bestimmten Voraussetzungen in der Lage, Feuchte zu binden und zeitverzögert wieder abzugeben. Sie entfalten eine ausgleichende Wirkung;
1 Spektrum
477
• natürliche Belüftung, eine Teilfunktion, die im Regelfall definierten Teilbereichen der Hülle zugewiesen ist, beispielsweise Fenstern. Wenngleich diese Funktion eine Art Versorgung darstellt, wird sie üblicherweise immer dann zur Hüllfunktion gerechnet, wenn sie über Öffnungen auf natürlichem Weg erfolgt; • (natürliche) Belichtung wird ebenfalls der Hüllfunktion zugeordnet, wenn sie über transparente Flächen der Gebäudehülle erfolgt. Die Beleuchtung (aus künstlichen Lichtquellen) wird hingegen dem Ver- und Entsorgungssystem zugerechnet;
Abschn. 2.3 Ver- und Entsorgen, weiter unten
• Schallschutz schirmt Innenräume gegen externe oder auch benachbarte interne Schallquellen ab; Schallschutz wird auch als Bauakustik bezeichnet; • Brandschutz bewahrt Gesamtgebäude oder auch Teilbereiche eines Gebäudes vor Brandeinwirkung; • Sicht-, Blend- und Sonnenschutz bewahrt vor unerwünschten Einflüssen; Sonneneinstrahlung kann unter bestimmten Voraussetzungen per se unerwünscht sein. Sonnenschutz erfüllt allerdings auch eine wesentliche Teilfunktion im Zusammenhang mit der thermischen Raumkonditionierung (siehe oben); • Schutz vor Eindringen; • raumakustische Konditionierung sorgt für geeignete Nachhallzeiten in Innenräumen. Dies ist zumeist auf Versammlungsräume, insbesondere Konzertsäle anwendbar. Sofern eine Funktion das Ziel verfolgt, vor äußeren Einflüssen zu schützen, sind naturgemäß die Außenbauteile betroffen ( 1). Schutz muss aber oftmals auch vor benachbarten Innenräumen garantiert werden. Es kann sich dabei um Schutz gegen Schallimmissionen oder gegen Brand handeln. In solchen Fällen haben auch Innenbauteile entsprechende Anforderungen zu erfüllen. Es empfiehlt sich aus diesem Grund eine Differenzierung von: • äußeren Hüllbauteilen wie Wänden, Dächern, Böden gegen Erdreich etc. und • inneren Hüllbauteilen wie Trennwänden, Zwischendecken. Die Ver- und Entsorgung eines Gebäudes mit Medien bzw. Energieträgern oder Daten ist eine Aufgabe der technischen Gebäudeausrüstung bzw. Gebäudetechnik. Diese technische Infrastruktur ist zumeist von den restlichen zwei funktionalen Teilsystemen (Tragwerk und Hülle) getrennt.
Ver- und Entsorgen
2.3
478
VI Funktionen
Dennoch ergeben sich oft genug Fälle, in denen Teile des Ver- und Entsorgungssystems räumlich mit Bauteilen des Trag- oder Hüllsystems in einer gemeinsamen Konstruktion integriert sind und Koordinationskonflikte hervorrufen. Gutes Beispiel ist die elektrische Leitungsführung in Schalenwänden (in Schlitzen, etc.) oder das Durchführen von Leitungen durch Tragbauteile. Zunehmend wird Gebäudetechnik auch planmäßig aus guten Gründen beispielsweise in Fassaden integriert. Die Koordination dieser funktionalen Teilsysteme ist jeweils sorgfältig zu planen. Wenngleich es unstrittig ist, dass die Erfüllung dieser Grundfunktion die Baustruktur nachhaltig beeinflusst, und zwar wiederum sowohl in ihrer Planung als auch in ihrer Konstruktion, ist der Einfluss auf die Konstruktion, welche uns in diesem Werk beschäftigt, dennoch nicht unmittelbarer Natur wie bei den anderen beiden des Tragens und Einhüllens. Materialwahl, geometrische Formgebung und konstruktiver Aufbau von Bauteilen werden von Anforderungen des Ver- und Entsorgungssystems in den seltensten Fällen entscheidend bestimmt. Aus diesem Grunde sollen Teilaufgaben dieser Grundfunktion nur dort behandelt werden, wo sich von ihnen betroffene Bauteile im Blickfeld befinden. Die Grundfunktion der Ver- und Entsorgung lässt sich in folgende Teilfunktionen untergliedern: • Versorgen mit Heizwärme; dies kann erfolgen durch: •• Umlagerung von Wärme innerhalb des Gebäudes – z.B. Wärmetausch; •• Erzeugung von Wärme aus nicht regenerativen Energiequellen; •• Nutzung regenerativer Wärmequellen; • Versorgen mit Kühle; analog zur Wärmeversorgung kann dies erfolgen durch: •• Umlagerung von Kühle innerhalb des Gebäudes – z.B. Wärmetausch; •• Erzeugung von Kühle aus nicht regenerativen Energiequellen; •• Nutzung regenerativer Kühlequellen; • mechanische Belüftung versorgt Innenräume über geeignete Kanäle mit Frischluft, die fallweise behandelt werden kann; • (künstliche) Beleuchtung versorgt Innen- oder auch Außenräume mit künstlichem Licht;
1 Spektrum
479
• Wasserver- und entsorgung stellt: •• Kaltwasser und •• Brauchwasser bereit und •• entsorgt Abwässer; • Versorgung mit elektrischer Energie umfasst: •• Starkstrom wie Wechsel- oder Drehstrom; •• Schwachstrom wie für Telefon und kabelgebundene Datennetze; •• Funkwellen wie für drahtlose Datennetze; • Kontrolle elektrischer Ströme sorgt für: •• Blitzschutz; •• Potenzialausgleich innerhalb des Gebäudes. Aus der Hauptfunktion Ver- und Entsorgen ableitbare Teilfunktionen besitzen für die Baukonstruktion nicht die gleiche Relevanz wie solche aus den Hauptfunktionen Tragen und Einhüllen. Aus diesem Grund werden sie nicht gesondert in eigenen Kapiteln untersucht. Dennoch können sie einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf konstruktive Lösungen haben. Dies wird indessen jeweils bei der Diskussion der konstruktiven Einzellösungen berücksichtigt. Einige der angesprochenen Teilfunktionen werden herkömmlicherweise spezifischen, lokalisierten Elementen oder Flächenbereichen der Gebäudehülle zugewiesen, wie beispielsweise die Lüftungs- und die Belichtungsfunktionen a Fenster oder lokale Verglasungen. Andere hingegen, die vor allem zur dauerhaften Aufrechterhaltung des Innenklimas sowie manchmal auch zusätzlich für die Standfestigkeit und die Funktionsfähigkeit der Konstruktion unverzichtbar sind, müssen durchgängig über die gesamte Fläche der Gebäudehülle bzw. über die komplette Gebäudestruktur hinweg gewährleistet sein. Hierzu zählen die folgenden Funktionen: • das Ableiten von Kräften, innerhalb der drei Tragwerkshierarchien Primär-, Sekundär- und Tertiärtragwerk; • die grundlegenden thermohygrischen Schutzfunktionen ( 1, 2): •• Schutz vor Niederschlag gegenüber Außenraum; •• Windschutz gegen Außenraum;
Zuweisen von Teilfunktionen an Bauteile
3.
480
VI Funktionen
•• Wärmeschutz; •• Schutz vor Dampfeintritt in die Konstruktion vom Innenraum aus (oder ggf. auch vom Außenraum). Zusätzlich kann ein Außenbauteil auch so konstruiert sein, dass eine weitere Schutzfunktion wirksam wird, nämlich: •• Dampfdiffusionsfähigkeit der Konstruktion zum Außenraum oder ggf. zum Innenraum hin. Dies soll sicherstellen, dass eventuell in die Konstruktion eingedrungene Feuchte bei entsprechenden klimatischen Voraussetzungen – ausreichendes Dampfdruckgefälle zwischen innen und außen, also bei trockener Witterung – in den Außen- oder Innenraum ausdiffundieren kann; • der Schallschutz gegen externe oder benachbarte interne Schallquellen. Zusätzlich ist an festgelegten Teilflächen der Gebäudehülle ganzflächig auch: • der Brandschutz sicherzustellen. Kap. II-1, Abschn. 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten > 2.2.2 nach baulicher Einzelfunktion, S. 32
Bei der Zuweisung von Aufgaben an Bauteile oder Einzelbestandteile derselben sind grundsätzlich zwei Vorgehensweisen denkbar: • Aufgliedern eines Bauteils in einzelne Schichten, denen spezifische Teilfunktionen zugewiesen werden. Sie werden auf die Erfüllung dieser Einzelfunktionen hoch spezialisiert, von anderen Aufgaben hingegen weitgehend entbunden – Beispiele sind Wärmedämmung oder Dampfsperre. Zwar kann auf die einzelnen Funktionen aufgrund der Monofunktionalität der Schichten sehr effizient reagiert werden, es ergeben sich hingegen oftmals Schwierigkeiten beim Zusammenwirken der äußerst ungleichartigen Stoffschichten innerhalb der Gesamtkonstruktion; • Zuweisen von mehreren Funktionen an ein einzelnes Bauteil. Hierbei ist es in der Regel unumgänglich, signifikante Abstriche an der Leistungsfähigkeit des Bauteils aufgrund dieser Funktionsmischung hinzunehmen. Manchmal gelingt es, vergleichsweise hohe Anforderungen durch den Einsatz technisch hoch entwickelter Fertigungsverfahren zu erfüllen – ein Beispiel ist die Porosierung und Profilierung moderner Leichthochlochziegel. Dennoch stellt diese Strategie zumeist einen Kompromiss dar, der indessen nur selten physikalische Kombinationsprobleme von Einzelbestandteilen aufwirft.
1 Spektrum
481
Obgleich die angesprochenen Schutz-, Kraftleitungs- und Konditionierungsfunktionen grundsätzlich über die gesamte Hüllfläche hinweg gewährleistet sein müssen, gibt es dennoch unterschiedliche Beanspruchungsgrade, die sich aus der Lage der betroffenen Hüllfläche am Gebäude herleiten. Im Folgenden werden unterschiedliche Lagen an der Gebäudehülle, und zwar sowohl an äußeren wie auch an inneren Hüllbauteilen, hinsichtlich ihrer Ansprüche aus den verschiedenen Teilfunktionen behandelt.
Die elementaren Teilfunktionen von Hüllbauteilen im Gebäudezusammenhang
4.
Um die Standfestigkeit und Formerhaltung einer Gebäudehülle zu gewährleisten, die eine fundamentale Anforderung an eine Baustruktur darstellt und beispielsweise bereits aus nutzungsbezogenen Gründen unbedingt erforderlich ist, sind Lasten innerhalb vergleichsweise enger Verformungstoleranzen aufzunehmen und je nach konstruktiver Rangordnung des betrachteten Bauteils entweder an die Fundierung oder an die nächsttiefere Tragwerkshierarchie des Gebäudes abzugeben. Es sind hierfür sowohl:
Kraftleiten
4.1
Kap. VI-2 Kraftleiten, S. 496
Kap. VI-2, 1.1 Kategorien von Tragwerken, S. 496
• Eigenlasten der Gebäudehülle ( 3) als auch: • externe Belastungen wie:
vgl. zu Lastannahmen der DIN 1055 bzw. DIN EN 1991
•• Windlasten •• Schneelasten
Schneelast Verkehrslast Abwechselnd Staudruck und Sog auf alle oberirdischen Hüllflächen infolge Wind
Verkehrslast Eigenlast und/oder Auflast
Eigenlast und/oder Auflast
Eigenlast und/oder Auflast Anpralllast
Erddruck Eigenlast und/oder Auflast Drückendes Wasser Eigenlast und/oder Auflast
Verkehrslast
Drückendes Wasser
3 Kraftleiten
482
VI Funktionen
•• Anpralllasten •• Erddruck •• Wasserdruck •• Verkehrslasten aufzunehmen. Es ist zu unterscheiden zwischen folgenden Bauteilkategorien: • vertikale oberirdische Hüllbauteile (A): wir bezeichnen diese als Fassaden oder Außenwände. Sie sind folgenden Lasten ausgesetzt: •• Eigenlast des Bauteils. Sie wirkt in der Bauteilebene; •• ggf. Auflast sofern es sich um eine tragende Wand des Primärtragwerks handelt. Auch diese wirkt in Bauteilebene; •• Anpralllasten. Bei diesen handelt es sich um punktuell auf die Hülle wirkende Lasten, die in der Regel jeweils Kraftkomponenten in und rechtwinklig zur Hüllebene hervorrufen; •• Druck- und Sogbeanspruchungen (Flächenlasten) infolge Wind. Je nach Windrichtung und örtlicher Situation entsteht alternativ Druck- oder Zugbeanspruchung. Ihre Angriffsrichtung ist rechtwinklig zur Hüllfläche anzusetzen; • geneigte oberirdische Hüllbauteile (B): schräge Dachflächen sind folgenden Beanspruchungen ausgesetzt: •• Eigenlast des Bauteils. Sie spaltet in einem bestimmten Querschnitt betrachtet in zwei Kraftkomponenten: eine in der Bauteilebene, die andere rechtwinklig zu ihr; •• ggf. Auflast sofern es sich um einen Teil des Primärtragwerks handelt und Lasten beispielsweise aus aufliegenden Decken abzuleiten sind. Auch diese spaltet sich in zwei Kraftkomponenten auf, jeweils in der Hüllebene und rechtwinklig zu ihr; •• Druck- und Sogbeanspruchungen (Flächenlasten) infolge Wind wie oben. Die Kraftkomponente ist rechtwinklig zur Hüllfläche anzusetzen; •• Verkehrslast in Form einer punktuellen Mannlast; •• Schneelast je nach Winkel der Hüllfläche;
1 Spektrum
• horizontale oberirdische Hüllbauteile (C): Bei Flachdächern ist mit folgenden Belastungen zu rechnen: •• Eigenlast des Bauteils. Kraftrichtung rechtwinklig zur Hüllebene; •• Verkehrslast: Je nach Nutzung Punktlasten (Mannlast, Fahrzeuglast) oder Flächenlasten (z.B. bei Terrassen). Kraftrichtung rechtwinklig zur Hüllebene; •• Schneelast: Flächenlast, Kraftrichtung rechtwinklig zur Hüllebene; •• Druck- und Sogbeanspruchungen (Flächenlasten) infolge Wind wie oben. Kraftkomponente rechtwinklig zur Hüllfläche anzusetzen; • vertikale erdberührte Hüllflächen (D): folgende Belastungen sind anzusetzen: •• Eigenlast des Bauteils. Kraftrichtung in Hüllebene; •• ggf. Auflast sofern es sich um einen Teil des Primärtragwerks handelt und Lasten aus aufliegenden Decken abzuleiten sind. Kraftrichtung in Hüllebene; •• Erddruck. Dieser wirkt rechtwinklig auf die Hüllfläche; •• je nach Baugrundverhältnissen ggf. auch hydrostatischer Druck aus dem Grundwasser. Kraftrichtung rechtwinklig zur Hüllebene; • horizontale erdberührte Hüllflächen (E): Zumeist liegt die Kellersohle vollflächig auf dem Baugrund auf, ist also anders als die restlichen Hüllbauteile flächig, nicht linear oder punktuell gestützt. Kellersohlen sind folgenden Belastungen ausgesetzt: •• Eigenlast des Bauteils. Die Flächenlast wirkt rechtwinklig zur Hüllebene; •• ggf. Auflast aus aufgelagerten Bauteilen (Wände oder Stützen) sofern das Hüllbauteil gleichzeitig als Fundamentplatte ausgebildet ist. Diese Auflast kann folglich linear oder punktuell sein; •• Verkehrslast gemäß DIN 1055 bzw. DIN EN 1991; •• ggf. je nach Baugrundverhältnissen auch hydrostatischer Druck aus dem Grundwasser. Kraftrichtung rechtwinklig zur Hüllebene nach oben gerichtet.
483
484
VI Funktionen
Zusätzlich muss je nach örtlichen Verhältnissen auch mit Erdbebenlasten gerechnet werden. Auch bei Verformungen infolge Temperaturänderungen oder sonstiger Einflüsse kann es abhängig von der Lagerung des Bauteils zu Zwängungskräften kommen, die bei der Planung sorgfältig zu berücksichtigen sind. Auf alle Hüllbauteile können zusätzlich je nach statischen Verhältnissen im Primärtragwerk auch Kräfte aus der Gebäudeaussteifung wirken. Beispielsweise werden Wand- oder Dachscheiben häufig als aussteifende Elemente ausgebildet. In diesen Fällen wirken zusätzliche Druck- oder Zugkräfte in der Hüllebene, die sich den bereits angesprochenen – beispielsweise Eigen- oder Auflast – überlagern. Zumeist ist eine einzelne tragende Schicht – beispielsweise eine Betonscheibe – für die Ableitung dieser in Hüllebene wirkenden Kräfte verantwortlich. Aus diesem Grund ist ein mehrschichtiger Aufbau davon nicht betroffen, weshalb diese Kraftkomponente im Rahmen der folgenden Überlegungen zum konstruktiv-physikalischen Aufbau von – zumeist mehrschichtigen – Hüllbauteilen ausgeblendet werden soll. Sie ist hingegen bei der Betrachtung von ggf. vorhandenen Bauteilfugen in der tragenden Schale wiederum zu berücksichtigen. Windlasten, Erddruck und hydrostatischer Druck sind keine konstanten Größen, sondern abhängig von der Entfernung des Kraftangriffs von der Bodengleiche. 4.2
Schutz vor Feuchte
Hinsichtlich der Lage der Hüllfläche ist beim Feuchteschutz grundsätzlich zu unterscheiden zwischen ( 4):
6 Schlagregen auf 5
4 Schutz vor Feuchte
Schlagregen unter Winddruck auf geneigter Fläche
4
Schlagregen unter Winddruck auf senkrechter Fläche
3
Spritzwasser
2
Bodenfeuchte
1
Drückendes Wasser
waagrechter Fläche
7 liegender Schnee mit Tauwasser
8 Flugschnee
1 Spektrum
485
• erdberührten Hüllflächen: Diese sind dem Angriff der Bodenfeuchte ausgesetzt (Fall 2). Je nach Beschaffenheit des Bodens, der Schichtenfolge im Erdreich sowie des Grundwasserspiegels kann der Druck, den das Wasser auf die Hülle ausübt, variieren. Im Extremfall liegt drückendes Wasser (Fall 1) vor, und es muss mit besonderen konstruktiven Maßnahmen reagiert werden; • Spritzwasserzone: Betroffen sind ca. 30 cm oberhalb des Bodenniveaus (Fall 3). Diese Fassadenfläche wird bei Regen durch das hinaufspritzende Wasser stärker beaufschlagt als darüber liegende Hüllflächen. Zusätzlich gelangt bei unbefestigten Flächen verstärkt Schmutz auf diese Zone; • senkrechte Hüllflächen oder nur leicht von der Lotrechten abweichende: Diese werden vom Schlagregen, ggf. unter Staudruck infolge Wind, beaufschlagt (Fall 4). Günstig wirkt sich bei dieser Lage aus, dass das Niederschlagswasser ungehindert und schnell abfließen kann. Je nach Höhe der Hüllfläche muss insbesondere in den untersten Bereichen mit verstärktem Wasseranfall (Fassadenwasser) gerechnet werden, das sich infolge des Niederschlags, der sich an der Hülle bricht und an dieser abfließt, ein starker Wasserschleier bilden kann. Dieser belastet dann auch die Spritzwasserzone stark; • geneigte Hüllflächen: Je nach Gefälle (Fall 5) kann auch hier das Niederschlagswasser entweder rasch ablaufen oder bei flachen Neigungen nur langsam abfließen, ggf. sogar Pfützen bilden. Je höher die Fließgeschwindigkeit des Wassers, desto geringer die Belastung der Hüllfläche. Auch die Rauhigkeit und Profilierung der Hüllfläche spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Bei starkem Gefälle wirkt sich der Reinigungseffekt des abfließenden Wassers günstig aus, insbesondere bei geneigten Glasflächen. Schmutz sowie im Niederschlag enthaltene aggressive Substanzen werden vom Wasser fortgespült; • waagrechte Hüllflächen: Diese sind wegen der sehr niedrigen Fließgeschwindigkeit des ablaufenden Wassers und der Wahrscheinlichkeit, dass sich über einen längeren Zeitraum hinweg Pfützen bilden können, besonders stark belastet (Fall 6). Ein Reinigungseffekt des schnell abfließenden Niederschlagswassers kann sich hierbei nicht entfalten. Bei Schnee- und Eisbildung (Fall 7) sind flachgeneigte und waagrechte Hüllflächen besonders betroffen. Dort kann Schnee liegen bleiben und mit der Zeit Tauwasser bilden, das sich auf der Hüllfläche sammelt und nur schwer abfließt. Zusätzlich ist an Hüllflächen mit Flugschnee (Fall 8) unter Winddruck zu rechnen.
Kap. VI-3, 1.1 Schutz vor Feuchte, S. 642
486
4.3
VI Funktionen
Windschutz Kap. VI-3, 1.2 Windschutz, S. 646
4.4
Wärmeschutz Kap. VI-3, 1.3 Wärmeschutz, S. 648
dieser übergeordneten Klassifikation folgt auch die Gliederung des Kapitels XIII Äußere Hüllen in Band 3
Die Gebäudehülle wird mit Winddruck bzw. Windsog belastet, je nachdem ob es sich um die dem Wind zugewandte (Luvseite) oder diesem abgewandte Seite (Leeseite) handelt ( 5). Es kann zu schwer vorhersehbaren Verwirbelungen kommen, die stark von der Hüllflächengeometrie, der umgebenden Topografie, dem Baumbestand oder der Nachbarbebauung abhängig sind. Die Windstärke und -geschwindigkeit nehmen mit ansteigender Gebäudehöhe kontinuierlich und deutlich zu. Dieser Effekt macht sich insbesondere bei hohen Häusern (Hochhäusern) bemerkbar und muss bei der Planung mit berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass je flacher geneigt eine Hüllfläche ist und je tiefer sie über der Geländeoberfläche liegt, diese desto besser vor Wind geschützt ist. Dennoch übt der Wind auch auf waagrechte Flächen einen spürbaren Sogeffekt aus. Ein Wärmeaustausch durch die Gebäudehülle hindurch stellt sich infolge eines Temperaturgradienten zwischen innen und außen ein. Dieser Wärmetransport wird umso stärker sein, je größer die Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenraum ist. Er wird zusätzlich beeinflusst durch die Windbelastung an der Hüllfläche: starker Wind trägt dazu bei, die Wärme an der Grenzfläche der Gebäudehülle rasch abzuführen (hoher Wärmeübergang), sodass sich ein stärkerer Wärmefluss durch die Hülle einstellen kann ( 6). Grundsätzlich voneinander zu unterscheiden sind:
Sog auf der Leeseite
Staudruck auf der Luvseite
5 Windschutz
1 Spektrum
487
• erdberührte Hüllbauteile: zwischen den zumeist ohnehin niedriger temperierten unterirdischen Räumen und dem Erdreich, das stets gemäßigtere Temperaturen aufweist als die Atmosphäre – wärmer im Winter, kühler im Sommer –, herrscht ein deutlich verminderter Wärmefluss durch die Gebäudehülle; • aufgehende Hüllbauteile oder nicht erdberührte Hüllbauteile oberhalb der Bodengleiche: Hier herrschen ungünstigere Bedingungen (s.o.). Da die warme Luft im Gebäudeinnern dazu neigt, sich in den oberen Geschossen, insbesondere unter der Dachfläche anzusammeln, sind die höheren Bereiche der Hülle, also vorrangig die Dachflächen, im Winter erhöhten Wärmeverlusten ausgesetzt. Analog zum Wärmetransport ist auch die Dampfdiffusion durch die Gebäudehülle hindurch (die planmäßig vorgesehen sein kann) vom Dampfdruckgefälle zwischen Innen- und Außenraum abhängig. Je größer dieses Druckgefälle, desto größer auch die Diffusionsgeschwindigkeit. Die Dampfdiffusion kann hingegen auch durch geeignete Sperrschichten planmäßig unterbunden werden ( 7) In unserer Klimazone herrscht im Gebäudeinnern zumeist ein höherer Dampfdruck als in der Atmosphäre, sodass oberhalb der Bodengleiche grundsätzlich mit einer Dampfdiffusion von innen nach außen zu rechnen ist.
Schutz vor unkontrolliertem Dampfeintritt Kap. VI-3, 1.4 Schutz vor unkontrollierten Dampfeintritt in die Konstruktion, S. 649 Schema 7, rechte Hälfte bzw. Kellerbereich
6 Wärmeschutz
4.5
488
VI Funktionen
Anders stellen sich die Verhältnisse im Erdreich dar: im feuchten Milieu des Bodens existiert Sättigungsdruck, der in jedem Fall höher ist als der Dampfdruck in unterirdischen Räumen. Hier wäre also ein umgekehrter Dampftransport in den Innenraum zu erwarten, der zu unterbinden ist. Dies geschieht mit Hilfe der Sperrschicht, die gleichzeitig die Aufgabe hat, Wasser im flüssigen Aggregatzustand von der Konstruktion fernzuhalten.
niedriger Dampfdruck außen
hoher Dampfdruck innen
kontrollierter Dampfdurchgang
innenseitiges Absperren des Dampfs
hoher Dampfdruck innen
mäßiger Dampfdruck in unterirdischen Räumen
feuchtegesättigtes Milieu
außenseitiges Absperren des Dampfs
7 Schutz von unkontrolliertem Dampfeintritt in die Konstruktion
lokal erhöhter Dampfdruck im Bauteil
niedriger Dampfdruck außen
hoher Dampfdruck innen
Kontrollierter Dampfdurchgang
Innenseitiges Absperren des Dampfs
hoher Dampfdruck innen
mäßiger Dampfdruck in unterirdischen Räumen
feuchtegesättigtes Milieu
8 Ausdiffundieren von Wasserdampf aus der Konstruktion
ggf. temporärer Dampfdurchgang nach innen bis sich Gleichgewicht einstellt
lokal erhöhter Dampfdruck im Bauteil
1 Spektrum
Zum Zweck der Abführung eventuell in die Konstruktion der Gebäudehülle eingedrungener Feuchte ist es zweckmäßig, wenngleich nicht unabdingbar, den Aufbau der Hüllkonstruktion so zu wählen, dass die Diffusionsfähigkeit der Schichten nach außen zunimmt ( 8). Die Herkunft der Feuchte ist bei dieser Maßnahme zunächst gleichgültig: es kann sich um Niederschlag von außen oder kondensierender Dampf aus dem Innenraum handeln. Man kann dabei von einer Sicherheitsmaßnahme sprechen, da ein Eindringen der Feuchte in Bereiche, wo sie Schaden hervorrufen kann, planmäßig selbstredend nicht vorgesehen ist. Sollte dies dennoch geschehen, sorgt eine richtig abgestufte Diffusionsfähigkeit der Bauteilschichten dafür, dass die Feuchte während einer trockenen Wetterperiode wieder in den Außen- oder ggf. Innenraum ausdiffundieren kann. Es sind wiederum zu unterscheiden:
489
Ausdiffundieren von Dampf
4.6
Akustik
4.7
• erdberührte Hüllbauteile: Hier ist ein Ausdiffundieren von Feuchte nach außen wegen der herrschenden Dampfdruckverhältnisse (siehe oben) nicht möglich. Es kann allenfalls Feuchte (z.B. Baufeuchte) so lange in den Innenraum ausdiffundieren, bis sich ein Feuchtegleichgewicht zwischen Bauteil und Raumluft einstellt. Erhöhte Luftfeuchte im Raum wird regelmäßig durch Lüftung (nicht etwa über Diffusion durch ein Bauteil) abgeführt; • aufgehende Hüllbauteile: In diesem Bereich herrscht zwischen dem an einer Schadensstelle kondensierten Wasser und der Außenluft ein deutliches Dampfdruckgefälle, sodass Feuchte nach außen verdunsten kann, vorausgesetzt die äußeren Bauteilschichten sind in ausreichendem Maß diffusionsfähig. Innenräume in einem Gebäude sind im Sinne des Wohlbefindens der Bewohner zumeist sowohl gegenüber störenden externen wie auch internen Schallquellen abzuschirmen. Wir sprechen dann von Schallschutzmaßnahmen. Sie werden unter dem Begriff der Bauakustik subsumiert. Diese betreffen entweder:
Kap. VI-4 Schallschutz, S. 684
490
VI Funktionen
• äußere Hüllbauteile, also immer dann wenn es erforderlich ist, Innenräume gegen Schallimmissionen von außen ( 9, Fall 1) zu schützen; • oder innere Hüllbauteile, also immer dann wenn die Störung von internen Schallquellen in benachbarten Innenräumen ausgeht. Die trennenden Hüllbauteile können entweder durch Luftschall angeregt werden (wie in den Fällen 2 und 3) oder alternativ selbst einen Körperschall entfalten, der durch einen Stoß verursacht wird (Fall 4). Im Hochbau ist der Körperschall, der durch Tritte auf Geschossdecken entsteht (Trittschall) besonders bedeutsam. Sowohl beim Luft- wie auch beim Trittschall sind stets auch die Schallnebenwege über die jeweils flankierenden Bauteile zu berücksichtigen. Während Schallschutz- bzw. bauakustische Maßnahmen die Schallübertragung zwischen zwei benachbarten Räumen durch ein Hüllbauteil hindurch betreffen, kann es bei bestimmten Raumnutzungen – Beispiele: Vortrag, musikalische Darbietung – darüber hinaus erforderlich sein, in einem Innenraum eine geeignete Raumakustik zu schaffen. Diese ist nicht vom Schalldurchgang durch ein Hüllbauteil abhängig, sondern von der Schallreflexion an dessen Oberfläche zurück in den Innenraum (Fall 5). Die Reflexionsverhältnisse beeinflussen die herrschende Nachhallzeit und damit die Verständlichkeit des gesprochenen Worts oder die Klangfarbe der Musik. Darüber hinaus haben sie auch einen gewissen Einfluss auf die Schallübertragung durch Hüllbauteile, also auf die Bauakustik.
2
1
Luftschall durch Wände
Schallimmissionen
3 4
Trittschall
Luftschall durch Decken Schallnebenwege
Schallnebenwege
5
9 Schallschutz und Raumakustik
Raumakustik
1 Spektrum
491
Gebäude sind vor Schadensfeuer nach der Maßgabe eines festgelegten Sicherheitskonzepts zu schützen. Manchmal ist das Gesamtgebäude in Abhängigkeit von seinem Standort vor Feuerangriff von außen wie bei Brandüberschlag von einem benachbarten Gebäude aus ( 10, Fall 1) zu sichern. Oftmals sind – wie beispielsweise bei Gebäuden mit mehreren Wohnungen – Teilbereiche, in denen Brandherde entstehen können, voneinander abzuschotten. Ein weiteres Ziel des baulichen Brandschutzes ist, sofern es nicht bereits durch die genannten Maßnahmen abgedeckt ist, das Primärtragwerk des Gebäudes vor Brand zu schützen und damit die Standfestigkeit des Gesamtbauwerks im Brandfall zu gewährleisten – zumindest über einen festgelegten Zeitraum hinweg, der die Evakuierung gestattet. Einzelne Bauteile wie Wände, Decken, Balken oder freistehende Stützen können fallweise abhängig von den räumlichen und geometrischen Gegebenheiten ein-, zwei, drei- oder vierseitig beansprucht werden (Fälle 2 bis 6). Zwischen übereinanderliegenden Geschossen kann es zu einem Brandüberschlag kommen (Fall 7). Von brennenden Nachbargebäuden aus kann Flugfeuer auf die Dachhaut gelangen (Fall 8). Innerhalb von Schächten besteht die Gefahr der Brandübertragung zwischen Geschossen (Fall 9). Auch Brandgase stellen eine Gefährdung dar, die durch geeignete rauchdichte Abschlüsse wie Türen (Fall 10) unterbunden werden muss.
Brandschutz Kap. VI-5 Brandschutz, S. 716
10 Rauchbeanspruchung einer Türöffnung
8 Beanspruchung einer Dachhaut durch Flugfeuer
3 einseitige 2
Luftschall durch Wände
Brandbeanspruchung einer Decke von unten
2 einseitige Brandbeanspruchung einer Trennwand
4 einseitige 5 dreiseitige 7
Brandüberschlag zwischen Geschossen
Brandbeanspruchung
Brandbeanspruchung einer Decke von oben
6 vierseitige
Brandbeanspruchung einer Stütze
9 Brandübertragung durch Schächte oder Deckenöffnungen
1
Brandbeanspruchung einer Außenwand z. B. durch brennendes Nachbargebäude
10 Brandschutz
4.8
492
5.
VI Funktionen
Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit
Kap. III Nachhaltigkeit, ab S. 98
Kap. VI-6 Dauerhaftigkeit, S. 762
Während die Baukonstruktionsplanung sich bis vor Kurzem vorwiegend an Gesichtspunkten der Funktionalität, Kostenträchtigkeit und des ästhetischen Erscheinungsbilds orientierte, und bestenfalls lokale Umweltwirkungen sowie unmittelbare Gefährdungen der Gesundheit von Nutzern oder Bewohnern von Gebäuden berücksichtigt wurden, ist sie heute darüber hinaus mit umfassenden Fragen der ökologischen Verträglichkeit im Konkreten und der Nachhaltigkeit im Allgemeinen konfrontiert. Erstere betrifft vornehmlich umweltbezogene Fragen, letztere darüber hinaus auch zahlreiche andere, die zum Teil Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen haben. Dieses Thema wurde an anderer Stelle bereits ausführlich behandelt. Diese deutlich erweiterte Perspektive beschränkt sich nicht allein auf die Erstellungsphase eines Bauwerks, sondern muss auch seinen kompletten Lebenszyklus in Betracht ziehen, inklusive Betrieb, Wartung, Instandhaltung, Erneuerung, Rückführung, Wiederverwendung bzw. Entsorgung. Sie betrachtet das Bauwerk als einen Teil eines Stoffkreislaufs, bei dem Ressourcen eingebracht werden (Inputs) und verschiedene Emissionen sowie Abfälle und ggf. Energie anfallen (Outputs). Da die Konstruktionsplanung vor der Erstellung des Bauwerks stattfindet, müssen zu diesem Zweck entsprechende Voraussagen getroffen werden, die sich vornehmlich auf verfügbare Datensammlungen stützen. Planerische Überlegungen zur Erleichterung der Erneuerung von Baukomponenten oder kompletten Subsystemen (beispielsweise Installationen oder Fassaden) oder der Rezyklierung von Werkstoffen, Einzel- oder Bauteilen haben im Allgemeinen weitreichende Auswirkungen auf die Baukonstruktionsplanung. Forderungen der Nachhaltigkeit lassen sich im Gebäudezusammenhang kaum in verschiedene Gebäudebereiche ausdifferenzieren wie dies bei den baulichen Teilfunktionen der Fall ist. Nachhaltigkeitskriterien sind auf der höchsten Hierarchiestufe des weltweiten Ökosystems relevant sowie auch auf der tiefsten Hierarchiestufe des Werkstoffs oder des konstruktiven Details. 3 In unserem Kontext der Baukonstruktion, das übergeordnete planerische und entwurfliche Überlegungen größtenteils ausblenden muss, stehen diesbezüglich nur die konstruktionsrelevanten Nachhaltigkeitsaspekte im Fokus. Eine besonders bedeutsame konstruktionsbezogene Nachhaltigkeitsanforderung an Baukonstruktionen ist die Dauerhaftigkeit. Sie verdient in unserem Kontext eine vertiefende Betrachtung, weshalb ihr ein Unterkapitel gewidmet ist.4 Wenngleich die Erfüllung der baulichen Haupt- und Teilfuntionen eine Grundvoraussetzung für die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit eines Bauwerks sind, so gilt darüber hinaus, dass die Baukonstruktion in ihrer Funktionstüchtigkeit von Einflüssen bedroht wird, die ihre Dauerhaftigkeit, und damit auch ihre Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit
1 Spektrum
infragestellen. Der Konstrukteur muss die physikalischen Mechanismen der schädigenden Wirkungen kennen und geeignete Maßnahmen gegen sie treffen. Im Gebäudezusammenhang sind Bauteile, die der zersetzenden Wirkung der Witterung oder direkter mechanischer Beanspruchung ausgesetzt sind, stärker gefährdet als andere. Insbesondere die Wirkung von Feuchte, die alle äußeren Hüllbauteile in variierendem Ausmaß in Mitleidenschaft zieht, ist hier zu berücksichtigen. Erdberührte Bauteile beispielsweise stehen unter dauerhafter Wirkung von Feuchte; bei aufgehenden Bauteilen spielt die Entfernung vom Boden eine Rolle (Spritzwasser) sowie auch insbesondere die Neigung der jeweiligen Hüllfläche bezüglich der Vertikalen, da dieser Faktor die Beanspruchung sowohl durch Solarstrahlung als auch durch Niederschlag maßgeblich beeinflusst. Einer nahezu ständigen mechanischen Beanspruchung sind in Gebäuden vor allem Fußböden ausgesetzt. Dies gilt für Beläge, die von vornherein zumeist derart ausgebildet sind, dass eine Erneuerung in verhältnismäßig kurzen Zyklen ohne größeren Aufwand möglich ist, aber auch zum Teil für Fußbodenaufbauten. Manche Fußböden sind extremer Beanspruchung ausgesetzt wie beispielsweise Industrieböden.
493
Abschn. 4.2 Schutz vor Feuchte, S. 484
494
VI Funktionen
Anmerkungen
1 2
3
4
Normen und Richtlinien
Von Weizsäcker et al (1995) Faktor vier. Dies macht deutlich, dass es zahlreiche Wechselwirkungen und gegenseitige Abhängigkeiten zwischen den Teilfunktionen gibt, wie bereits die Bezeichnung Thermohygrik nahelegt. Die oben eingeführten baulichen Teilfunktionen werden bei der umfassenderen Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs als Teilkriterien der Nachhaltigkeit behandelt. Einige dienen aus dieser Perspektive zuvorderst der Gesundheit und Behaglichkeit des Nutzers; so etwa die Wärmedämmung im Dienst des thermischen Komforts oder der Feuchteschutz im Dienst der Gesundheit. Diese werden der Kategorie der soziokulturellen Qualität zugerechnet. Daneben dienen diese beiden baulichen Teilfunktionen aber auch der Wahrung der Funktionstüchtigkeit der Konstruktion, wie etwa dem Tauwasserschutz der Gebäudehülle bzw. dem Schutz vor Durchfeuchtung. Letztere Funktionen werden der Kategorie der technischen Qualität zugeordnet. Diese Praxis entspricht beispielsweise dem Evaluationssystem DGNB für Neubauten von Büro- und Verwaltunsgebäuden Version 2015.2. (Vgl. hierzu die Aufstellung in 3 im Kap. III-1 Kontext.) Nach dieser Logik lassen sich praktisch alle konstruktionsbezogenen Funktionen der Nachhaltigkeit zurechnen. Dieser Auffassung schließen wir uns in diesem Werk allerdings nicht an (siehe auch die folgende Anmerkung 4). Auch die Dauerhaftigkeit wird bei umfassenderen Definitionen der Nachhaltigkeit als Teilkriterium derselben aufgefasst. Wegen ihrer außerordentlich großen baukonstruktiven Bedeutung und dem verhältnismäßig hohen Detailgrad, mit dem sie in unserem Kontext behandelt werden muss, wird sie jedoch bei der Diskussion der Funktionen im Einzelnen, die in den Kapiteln V-2 bis V-6 erfolgt, als eigenständige Funktion in VI-6 behandelt. Aus dieser Perspektive und unter Berücksichtigung des in Anmerkung 3 Gesagten beschäftigt sich Kapitel III Nachhaltigkeit mit den Nachhaltigkeitskriterien, die nach Abzug der Funktionen VI-2 Kraftleiten bis VI-6 Dauerhaftigkeit verbleiben.
DIN 1055: Einwirkungen auf Tragwerke Teil 2: 2010-11 Bodenkenngrößen DIN EN 1991: Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke Teil 1-1: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke – Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau Teil 1-2: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen – Brandeinwirkungen auf Tragwerke Teil 1-3: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen, Schneelasten Teil 1-4: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen – Windlasten
1. Vorbemerkung ...........................................................................................496 1.1 Kategorien von Tragwerken ...............................................................496 1.2 Zuweisung von Kraftleitungsfunktionen an Bauteile ........................496 1.3 Primärtragwerk und Morphologie des Gebäudes .............................498 2. Grundlegende Begriffe .............................................................................498 2.1 Prämisse .............................................................................................499 2.2 Äußere Belastung ...............................................................................499 2.3 Lagerung .............................................................................................504 2.4 Form ....................................................................................................507 2.5 Arten von Schnittkräften im System – aus Belastung, Form und Lagerung des Bauteils .......................................................508 2.6 Spannungen ........................................................................................ 512 3. Vergleichende Betrachtung von Biegemomenten/Querkräften und axialen Beanspruchungen bzw. Membranspannungen.................... 513 4. Materielle Ausführung von Hüllbauteilen ................................................. 514 4.1 Biegesteife Systeme .......................................................................... 514 4.2 Bewegliche Systeme ......................................................................... 514 5. Form und Kraftleitung ............................................................................... 516 6. Schnittkräfte im Bauteil ............................................................................ 517 6.1 Schnittkräfte im stabförmigen Bauteil ............................................... 518 6.2 Schnittkräfte im ebenen Bauteil ........................................................520 6.3 Schnittkräfte im Kontinuum ...............................................................522 7. Elementare Bauteile und exemplarische Lastfälle – Verformungen und Beanspruchungen im Bauteil ....................................524 7.1 Einfache stabförmige Bauteile ...........................................................528 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast ..............................................528 7.1.2 Einfeldträger mit einseitigem Kragarm unter Streckenlast.....528 7.1.3 Einfeldträger mit zweiseitigem Kragarm unter Streckenlast ..532 7.1.4 Kragträger unter Streckenlast ..................................................534 7.1.5 Zweifeldträger unter Streckenlast ...........................................536 7.1.6 Dreifeldträger unter Streckenlast ............................................538 7.1.7 Druckstab .................................................................................540 7.1.8 Zugstab .....................................................................................541 7.1.9 Bogen unter Streckenlast ........................................................542 7.1.10 Seil ............................................................................................543 7.2 Zusammengesetzte stabförmige Bauteile ........................................544 7.2.1 Zweigelenkrahmen unter Streckenlast ....................................544 7.2.2 Dreigelenkrahmen unter Streckenlast .....................................548 7.3 Flächige ebene Bauteile .....................................................................552 7.3.1 Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Streckenlast rechtwinklig zum Lager .............................552 7.3.2 Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Eigenlast rechtwinklig zum Lager ..................................553 7.3.3 Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Streckenlast parallel zum Lager .....................................554 7.3.4 Einseitig linear eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ................................................556 7.3.5 Mittig linear eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ................................................558 7.3.6 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ................................................558 7.3.7 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen .................562 7.3.8 Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ................................................564 7.3.9 Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen .................565 7.3.10 Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ...................................570 7.3.11 Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen ....571 7.3.12 Mittig punktuell eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast ................................................576 8. Kritische Versagensmechanismen ...........................................................580 9. Bauliche Umsetzung der Kraftleitungsfunktion im Element – Strukturprinzipien des Bauteils .................................................................582 9.1 Vollwandiges Element ........................................................................584 9.1.1 Vierseitig linear gelagerte Platte..............................................586 9.1.2 Punktuell gelagerte Platte........................................................589 9.2 Element aus gemäß y/z aneinandergelegten Stäben........................592 9.3 Element aus Bausteinen ....................................................................596 9.3.1 Kreuzfugengeometrie ..............................................................596 9.3.2 Verband – druckkraftwirksame Übergreifung .........................596 9.3.3 Verband – haftungswirksame Übergreifung ...........................602 9.4 Element aus einachsig gespannten Rippen ......................................605 9.5 Element aus zwei- oder mehrachsig gespannten Rippen.................620 9.5.1 Linear gelagerte Rippenelement .............................................623 9.5.2 Punktuell gelagertes Rippenelement ......................................627 9.5.3 Vergleich gerichtete – ungerichtete Rippensysteme ..............627 9.6 Element aus beplanktem Rahmen .....................................................631 9.7 Mehrschichtverbundelement.............................................................632 9.8 Pneumatisch vorgespannte Membran ..............................................632 9.9 Mechanisch vorgespannte Membran ................................................635 Anmerkungen ...............................................................................................639 Normen und Richtlinien ................................................................................639
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_26
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG
496
1.
1.1
VI Funktionen
Vorbemerkungen
Die Funktion Kraftleiten ist nicht auf das im üblichen Sprachgebrauch als Tragwerk bezeichnete Primärtragwerk eines Gebäudes beschränkt, sondern ist von allen Bauteilen zu erfüllen, die an der Gewährleistung der Standfestigkeit und Gebrauchstauglichkeit beteiligt sind. Dies betrifft im Wesentlichen die komplette Konstruktion, da es kaum ein Bauteil oder Einzelteil gibt, das in irgendeiner Weise von der kraftleitenden Funktion ausgenommen wäre.
Kategorien von Tragwerken
Die Summe der Bauteile bzw. das aus diesen bestehende konstruktive Gerüst, dessen Hauptaufgabe es ist, Lasten in den Baugrund abzuleiten, wird als Tragwerk bezeichnet, bzw. dessen Bestandteile im herkömmlichen Sprachgebrauch als tragende Bauteile. Diese letzte Bezeichnung ist indessen irreführend, da wie eben festgestellt grundsätzlich alle Bauteile eine tragende Funktion haben, und sei es nur das Tragen der Eigenlast. Auch bei Bauteilen, die im Regelfall nicht gemeinhin als tragend eingestuft werden, stellen sich die gleichen Fragen des Kraftleitens wie bei den sogenannten tragenden. Es empfiehlt sich aus diesem Grund folgende hierarchische Klassifikation: • Primärtragwerk: die Summe der Bauteile, welchen die Aufgabe zukommt, sämtliche gesammelten Lasten, sowohl Eigen- als auch sonstige Lasten, zu bündeln und in den Baugrund abzuleiten. Das Primärtragwerk wird im herkömmlichen Sprachgebrauch als das eigentliche Tragwerk bezeichnet. Versagt dieses, so folgt unweigerlich der Einsturz des Gesamtbauwerks. Beispiel: Skelettsystem, Scheibengefüge aus Mauern inklusive Decken; • Sekundärtragwerk: bündelt und überträgt die Lasten lokal auf einzelne Elemente des Primärtragwerks. Sein Versagen führt nur zu einem Teileinsturz und beeinträchtigt das Primärtragwerk nicht wesentlich. Beispiel: Fassadenelemente, die an Geschossdecken angeschlossen sind; • Tertiärtragwerk: Elemente, die Lasten bündeln und an Bestandteile des Sekundärtragwerks übertragen, wobei ihr Versagen die Standfestigkeit desselben nicht gefährdet. Beispiel: Sandwichpaneel in Pfosten-Riegel-Konstruktion.
Kap. II-1, Abschn. 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten > 2.2.1 nach Hauptfunktionen, S. 31
1.2
Zuweisung von Kraftleitungsfunktionen an Bauteile
Diese Unterteilung ist von der Gliederung in die funktionalen Hauptgruppen des Primär-, Sekundär- und Tertiärsystems (nicht -tragwerk) deutlich zu unterscheiden. Ähnlich wie bei den baulichen Teilfunktionen generell der Fall, stellt sich auch innerhalb eines Tragwerks die Frage, wie die Aufgaben der Kraftleitung einzelnen Bauteilen zugewiesen werden. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Strategien verfolgen:
2 Kraftleiten
497
• es lassen sich einzelne Kraftflüsse oder -pfade auch einzelnen, eindeutig definierten Bauteilen zuweisen. Man spricht dann von arbeitsteiligen Systemen. Statisch bestimmte Systeme gehören zu dieser Kategorie. Das Versagen eines einzelnen Bauteils führt zum Einsturz des Gesamttragwerks. Es sind keinerlei unkontrollierte Zwängungen zu erwarten; • oder man kann stattdessen je nach Art der Belastung oder in Abhängigkeit anderer Parameter, wie beispielsweise der Temperatur oder sich ändernder Baugrundverhältnisse, verschiedenartige Lastflüsse und -verzweigungen zulassen, d.h. diese also bereits planerisch erfassen und kontrollieren. Man spricht in diesem Fall von redundanten Systemen. Zu diesen gehören statisch unbestimmte Tragsysteme. Je höher ihre statische Unbestimmtheit – einfach, doppelt, dreifach ... –, desto größer auch ihre Redundanz. Der Ausfall eines Glieds führt nicht zwangsläufig zum Einsturz der Gesamtkonstruktion. Die anfallenden Kräfte können dann von anderen, zumeist benachbarten Bauteilen übernommen werden. Insbesondere bei kritischen Sicherheitsverhältnissen kann diese Art von Tragwerken wesentliche Vorzüge bieten. Hingegen kann die nahezu unvermeidbare Existenz von Zwängungen in der Konstruktion ggf. zu kritischen, schwer kontrollierbaren Zuständen führen. Grundsätzlich gilt, dass bei verschiedenen möglichen Kraftpfaden stets das jeweils steifere Bauteil die Last stärker an sich zieht. In der Frühzeit der Baustatik war das Einhalten einer strikten Arbeitsteilung bei der Leitung von Kräften eine Grundvoraussetzung für das analytische Erfassen von statischen Systemen mit den damals verfügbaren Handrechenverfahren. Als Konsequenz davon entstanden im Laufe des 19. Jh. vorwiegend statisch bestimmte Systeme – wie die Dreigelenkbinder großer Hallen in Eisenkonstruktion. Moderne, insbesondere digital gestützte Simulations- und Bemessungsverfahren (wie FE-Berechnungen) erlauben heute hingegen ein ausreichend genaues Erfassen der Spannungsverhältnisse auch in komplexeren, mehrfach redundanten Systemen. Vor allem gemäß dem integralen Bauprinzip gestaltete Tragwerke, wie monolithische Konstruktionen, weisen hohe Redundanzgrade auf und haben gegenüber arbeitsteiligen einen fundamentalen Vorzug, nämlich mit einem Minimum an Fugen auszukommen. Komplexe Fragen der Kraftleitung und Dauerhaftigkeit, wie sie sich insbesondere an konstruktiven Fugen stellen, sind auf diese Weise von vornherein ausgeschlossen.
Abschn. 2.3 Lagerung, S. 504
Kap. II-1, Abschn. 2.3 Gliederung nach konstruktiven Gesichtspunkten > 2.3.2 aus dem Bauprinzip, S. 34
498
1.3
VI Funktionen
Primärtragwerk und Morphologie des Gebäudes Band 2, Kap. IX Primärtragwerke
2.
Grundlegende Begriffe Kap. VI-1, Abschn. 4.1 Kraftleiten, S. 481
Grundlegende Fragen der Kraftleitung, wie sie für Primär-, Sekundär- und Tertiärtragwerke gleichermaßen relevant sind, werden als gesonderte elementare bauliche Teilfunktion in diesem Teilkapitel untersucht. Gegenstand des Kapitels VIII sollen hingegen Primärtragwerke sein. Da diese im Hochbau nie unabhängig von der Morphologie des Gesamtgebäudes betrachtet und verstanden werden können, soll dort eine gemeinsame Betrachtung von Primärtragwerk und Grundkonfiguration des Gebäudes angestellt werden. Im Folgenden soll näher untersucht werden, wie innerhalb eines flächigen Elements die Teilfunktion Ableiten von Kräften durch geeignete konstruktive Maßnahmen erfüllt werden kann, denn es sind solche, die für die Sicherstellung der baulichen Grundfunktion des Einschließen eines nutzbaren, konditionierten Raums hauptverantwortlich sind. Bei umschließenden flächigen Bauteilen findet sich darüber hinaus das komplexeste Miteinander zahlreicher Teilfunktionen, die es durch richtiges Konstruieren in einem Gesamtgefüge zu erfüllen gilt. Stabförmige Elemente sind in diesem Zusammenhang insofern relevant als sie in Form gerüstartiger Unterkonstruktionen für die Bildung von Flächen herangezogen werden. Deshalb werden die wichtigsten Varianten im notwendigen Ausmaß in ihrem statischen Verhalten untersucht. Die bereits anderweitig beschriebenen Lasten auf flächige Bauteile lassen sich in drei Richtungen gemäß einem dreidimensionalen Koordinatensystem aufgliedern, das sich an den Hauptrichtungen des Hüllbauteils selbst orientiert. Handelt es sich um ebene Hüllbauteile, wirken zwei der Kraftkomponenten in der Hüllebene (yz), eine orthogonal zu ihr (¬x). Momente werden entsprechend als Kräftepaare definiert. Die Betrachtung der äußeren Belastung auf ein Bauteil ist zunächst unabhängig von seiner Form, sodass diesbezüglich ebene und gekrümmte Bauteile sich nicht voneinander unterscheiden. Aus diesem Grund werden der Einfachheit halber in den folgenden Beispielen zur äußeren Belastung nur ebene Elemente dargestellt. Je nach: • Größe der auftretenden Belastung • sowie der räumlichen Lage des betrachteten Bauteils bezüglich der Richtung der Krafteinwirkung kann jeweils die Größenordnung dieser einzelnen Kraftrichtungen stark variieren. Oft überwiegt eine Komponente deutlich gegenüber den anderen beiden und stellt dann die für die Dimensionierung und Konstruktion maßgebliche Art der Belastung dar.
2 Kraftleiten
499
Prämisse
2.1
Die Größe der auf das Hüllbauteil wirkenden äußeren Belastung1 ist von verschiedenen Faktoren abhängig wie:
Äußere Belastung
2.2
• der Nutzung, insofern Verkehrslasten auf die Konstruktion wirken;
DIN EN 1991-1-1
• der Klimazone, insofern Schneelasten anfallen;
DIN EN 1991-1-3
• der Gebäudehöhe, insofern von dieser die Größe der wirkenden Windlast abhängig ist.
DIN EN 1991-1-4
Die oftmals dominierende Rolle der stets lotrecht, streng genommen auf den Erdmittelpunkt ausgerichteten Schwerkraft hat in herkömmlicher Sichtweise zur strengen Unterscheidung zwischen verschiedenen Lagen von Bauteilen bezüglich der Senkrechten geführt. Dies ist der Grund, weshalb traditionell: • Decken von Wänden • Stützen von Trägern usw. hinsichtlich der tragenden Funktion jeweils scharf voneinander getrennt wurden. Ohne dieser Sichtweise ihre Berechtigung abzusprechen, erscheint es im Sinne unserer Betrachtung, die eine deutlicher abstrakt-funktional geprägte Perspektive verfolgt, generell zum Zweck eines größeren Abstraktionsgrads angebracht, jeweils nur Bauteile mit spezifischen Lastkomponenten zu betrachten, die entlang dem bauteilbezogenen Koordinatensystem ausgerichtet sind. Wir betrachten deshalb im Folgenden stets nur Kraftkomponenten in den relativ zur Bauteilgeometrie festgelegten x-, y- oder z-Richtungen. Zwei Beispiele: • eine waagrecht angeordnete Decke weist infolge der meistens überwiegenden Eigen- und Verkehrslast rechtwinklig zu ihrer Ebene eine dominierende Lastkomponente in x-Richtung auf; • eine lotrecht angeordnete Außenwand (insbesondere in massiver Bauart) weist hingegen eine dominierende Kraftkomponente in ihrer Ebene auf, also in Richtung ¬ y oder ¬ z auf. Wenngleich die folgenden Schaubilder wegen unserer Sehgewohnheiten nahelegen könnten, die dargestellte z-Richtung sei identisch mit der Lotrechten, so stellen sie dennoch abstrakte, nicht schwerkraftausgerichtete statische Systeme dar und sind dementsprechend zu interpretieren.
500
VI Funktionen
Kap. VI-1, Abschn. 4.1 Kraftleiten, S. 481
Die Lage des Hüllbauteils am Gesamtgebäude beeinflusst ebenfalls die Größe der einzelnen Kraftkomponenten entlang ¬ x, ¬ y und ¬ z, da die äußeren Lasten dann jeweils bezüglich der Bauteiloberfläche eine andere Angriffsrichtung annehmen ( 1-16). Dies ist bereits angesprochen worden. Da Hüllbauteile, die hier im Vordergrund der Betrachtung stehen, flächige Grundgeometrien aufweisen, d.h. solche, bei denen zwei Dimensionen (Länge, Breite) gegenüber der dritten (Dicke) wesentlich größer sind, ist die Lage der Bauteiloberfläche – definiert durch Länge und Breite – gegenüber der Haupt-Lastangriffsrichtung von entscheidender Bedeutung. Üblicherweise ist es die kleinere Dimension, also die Dicke des Hüllbauteils, entlang welcher – zumindest hinsichtlich der verfügbaren statischen Höhe – die inneren Beanspruchungen dominieren und welche aus diesem Grund entsprechende planerische Aufmerksamkeit erfordert. Die eben angesprochenen Faktoren – auftretende Belastung/Lage des Bauteils – bestimmen die Verteilung, die absolute Größe und die Richtung der auf das Hüllbauteil wirkenden äußeren Kräfte. Man kann folglich für jedes Hüllbauteil ein spezifisches äußeres Belastungsbild definieren. Es können Einzel-, Strecken- und Flächenlasten wirken, und zwar sowohl ruhende als auch bewegliche. Es muss einschränkend bemerkt werden, dass jedes einzelne Last- oder Belastungsbild jeweils eine theoretisch definierte Momentaufnahme einer in Wirklichkeit zumeist sich ändernden Belastung darstellt und die tatsächlichen Verhältnisse nur modellhaft wiedergibt. Für die konstruktive Gestaltung und Dimensionierung eines Bauteils wird aus pragmatischen Gründen eine dominierende Belastung angesetzt, nach der sich die Festlegung der Bauteilgeometrie und -tragfähigkeit richtet. Dabei wird von einer aufzunehmenden Maximalbelastung ausgegangen, die sich aus der anzuwendenden Normung und den darin festgelegten Sicherheitsbeiwerten ableitet.
2 Kraftleiten
501
Axonometrien
z Koordinatenkreuz xyz
y x
z Koordinatenkreuz yz, x-Richtung ausgeblendet
y x
z Koordinatenkreuz, z-Richtung (–) lotrecht
y x
Risse, nicht schwerkraftabhängig
z
Koordinatenkreuz xyz, Blickrichtung -y
x
y
Koordinatenkreuz xyz, Blickrichtung -z
x
Risse, schwerkraftabhängig
z
Koordinatenkreuz xyz, Blickrichtung -y Seitenriss xz x
y
Koordinatenkreuz xyz, Blickrichtung -z Grundriss xy x
x Koordinatenkreuz xyz, Blickrichtung +z Untersicht xy y
Um Richtungsangaben im Text in den zugehörigen Bildern zweifelsfrei identifizieren zu können, werden im Folgenden, in den davon betroffenen Zeichnungen, ReferenzKoordinatensysteme xyz eingeführt. Sie werden durch kleine Signets veranschaulicht (siehe links). Ist der dargestellte Kontext abhängig von der Lotrechten, d.h. schwerkraftabhängig, wird das Signet mit einem Lotsymbol entlang der z-Achse ergänzt. Je nach Darstellung dieses Lotsymbols und der Konfiguration der Koordinatenachsen ist dann jeweils erkennbar, ob es sich um einen Seitenriss, einen Grundriss oder eine Untersicht handelt (siehe links unten). Die Ausrichtung des Referenz-Koordinatensystems, und damit die des betrachteten Bauteils, ist in den Zeichnungen dieses Kapitels der Einheitlichkeit und besseren Vergleichbarkeit wegen gleichbleibend. Die betrachtete Last wird folglich als nicht schwerkraftabhängig angenommen (deshalb kein Lotsymbol). Die z-Achse stimmt demnach nicht notwendigerweise mit der Senkrechten (Lotlinie) überein.
502
VI Funktionen
Äußere Belastungen Einzellasten
z
z
z y
y
y
x
x
x
1 Einzellast in Richtung -z 2 Einzellast in Richtung -y 3 Einzellast in Richtung -x 4 Sich bewegende Einzellast in Richtung -z 5 Sich bewegende Einzellast in Richtung -y
z
z y
y
x
x
Streckenlasten 6 Streckenlast in Richtung -z, entlang ¬ y verteilt 7 Streckenlast in Richtung -y, entlang ¬ z verteilt 8 Streckenlast in Richtung -x, entlang ¬ y verteilt 9 Streckenlast in Richtung -x, entlang ¬ z verteilt z
z y
y
x
x
10 Flächenlast in Richtung -x
Flächenlasten
z
z
z
y
y
y
x
x
x
2 Kraftleiten
503
Nicht-orthogonaler Kraftangriff 11 Die auf das Flächenbauteil mit einem – in einer zum Bauteil rechtwinkligen Ebene gemessenen – beliebigen Winkel _ auftreffende Kraft F kann aufgegliedert werden in drei Kraftkomponenten Fx, Fy und Fz gemäß den drei Raumdimensionen x, y und z.
_
F
z
=
F
Fy
z
x
_
x
_
y
Fz
12 Bei der Untersuchung der verschiedenen äußeren Belastungen auf ein Flächenbauteil können wir uns – nach 11 – auf die Betrachtung von zwei flächenparallelen Kraftkomponenten Fy und Fz sowie einer flächenorthogonalen Komponente Fx beschränken.
F
Fy
y
Fz
F
F x
x
FSty
FSt
FStz
_
= z
F
Fy
St
x
_
x
_
y
Fz
14 Die in 13 gezeigte Streckenlast F St gliedert sich in drei lineare Lastkomponenten FStx, FSty und FStz entlang der Wirkachse auf.
F
z Fy
x
13 Analog zu 11 lässt sich auch eine Streckenlast FSt in drei festgelegte Koordinatenrichtungen zerlegen.
F
y
Fz
F x
F x
FFlz
FFl
FFly
_
= F
z Fy
x
y
y
F x
Flx
α
_
Fz
F
F
z Fy
x
15 In gleicher Weise kann eine auf das Bauteil wirkende Flächenlast FFl in drei Koordinatenrichtungen zerlegt werden.
Fz
F x
16 Die Flächenlast FFl ergibt drei flächige Komponenten FFlx, FFly und FFlz.
504
2.3
VI Funktionen
Lagerung
Verwendete Darstellungskonventionen von Lagern
Punktlager dreiwertig: x, y und z gesperrt
Punktlager zweiwertig: x und z gesperrt
Punktlager einwertig: z gesperrt
Linienlager dreiwertig entlang x: x, y und z gesperrt
Punktlager vierwertig: z und y sowie Mxy und Myz gesperrt
z y
Punktlager sechswertig: x, z und y sowie Mxy, Mxz und Myz gesperrt
Damit im Tragsystem Gleichgewicht herrscht, muss der einwirkenden äußeren Kraft (actio) eine entsprechende Gegenkraft oder Reaktion (reactio) gegenüberstehen, die jene neutralisiert und im Gleichgewicht hält. Baulich wirkt diese Reaktion in Form eines Lagers oder einer Lagerung ( 35, 37 und 40). In ebenen statischen Systemen können in jedem Lager drei Kraftkomponenten durch Sperrung folgender Freiheitsgrade auftreten: • Gleitungen oder Verschiebungen in einer Achse; • Gleitungen oder Verschiebungen in der dazu orthogonalen Achse; • Verdrehungen um den Lagerungspunkt. Verschiedene beispielhafte Lagerungsvarianten von ebenen Flächenbauteilen sind in 17 bis 34 dargestellt. Je nach der Anzahl der Kraftkomponenten, die ein Lager durch Reaktionen aufnehmen kann, unterscheidet man in ebenen Tragsystemen zwischen: • einwertiger Lagerung: Es wird eine Komponente durch eine Reaktion neutralisiert; • zweiwertiger Lagerung: Es werden zwei Komponenten durch entsprechende Reaktionen neutralisiert;
x
• dreiwertiger Lagerung: Es werden alle drei Komponenten durch Reaktionen neutralisiert. In einem räumlichen statischen System treten entsprechend 6 mögliche Komponenten auf, jeweils: • drei Gleitungen in den drei Koordinatenrichtungen x, y und z; • drei Verdrehungen in den drei Koordinatenebenen xy, xz, yz. Die Art der Lagerung eines Bauteils bestimmt ebenso wie die Belastung die Art seiner Beanspruchung und die Pfade der Kraftleitung wesentlich. Eine fundamentale Kategorisierung in: • kinematische Tragwerke; • statisch bestimmte Tragwerke und • statisch ein- oder mehrfach unbestimmte Tragwerke
2 Kraftleiten
505
lässt sich anhand der Frage treffen, ob weniger Lagerbindungen existieren als Gleichgewichtsbedingungen (kinematisch), oder alternativ gleich viele Lagerbindungen wie Gleichgewichtsbedingungen (statisch bestimmt) oder in größerer Zahl als diese (ein-, zwei-, mehrfach statisch unbestimmt) vorliegen. Lagerungen – ein Punktlager
z y
z y
x
x
17 Ein Punktlager 3-wertig für Belastung parallel zur Ebene yz 18 Ein Punktlager 6-wertig im Raum
zwei Punktlager
19 Zwei Punktlager (zwei- und einwertig) für Belastung parallel zur Ebene yz, in Randlage z
y
z
x
y x
20 Zwei Punktlager (zwei- und einwertig) für Belastung parallel zur Ebene yz, eingerückt
drei Punktlager
21 Drei Punktlager für Belastung parallel zur Ebene xz, in Randlage z
y
z
x
y x
22 Drei Punktlager für Belastung parallel zur Ebene xz, eingerückt
vier Punktlager
23 Vier Punktlager für Belastung parallel zur Ebene xz in Randlage z
z y
y
x
x
24 Vier Punktlager für Belastung parallel zur Ebene xz eingerückt
506
VI Funktionen
ein Linienlager
25 Ein Linienlager (zweiwertig) für Belastung in Richtung z und y, entlang ¬ y ausgerichtet, unten angeordnet 26 Ein Linienlager (zweiwertig) für Belastung in Richtung z und y, entlang ¬ y ausgerichtet, oben angeordnet
z
z y
y
x
x
27 Ein Linienlager 3-wertig für Belastung in der Ebene xz, entlang ¬ y ausgerichtet, unten angeordnet z
28 Ein Linienlager 3-wertig für Belastung in der Ebene xz, entlang ¬ y ausgerichtet, mittig angeordnet
z y
y
x
x
zwei Linienlager
29 Zwei Linienlager für Belastung in der Ebene xz, Randlage, 2-wertiges oben, 1-wertiges unten z
30 Zwei Linienlager für Belastung in der Ebene xz, Randlage, 1-wertiges oben, 2-wertiges unten
31 Zwei Linienlager für Belastung in der Ebene xz, mit zwei Auskragungen, 2-wertiges oben, 1-wertiges unten
z
z y
y
x
x
y x
2 Kraftleiten
507
vier Linienlager
32 Vier Linienlager für Belastung in der Ebene xz und xy, Randlage z
y x
z
y x
33 Vier Linienlager für Belastung in der Ebene xz und xy, Element ringsum auskragend
ein Flächenlager
z y x
34 Flächenlager für Belastung in der Ebene xz und xy
Diese Unterscheidung äußert sich auch in einem abweichenden Tragverhalten. Kinematische Tragwerke sind beweglich und deshalb nur für sehr spezifische Zwecke anwendbar. Zwischen statisch bestimmten und statisch unbestimmten Tragwerken, welche den größten Anteil ausmachen, besteht eine fundamentale Unterscheidung im Tragverhalten: Statisch bestimmte Tragwerke versagen zwar beim Ausfall eines Teilglieds insgesamt, zeigen sich aber wenig empfindlich gegen Temperaturdehnungen oder Baugrundsetzungen. Hingegen verfügen statisch unbestimmt gelagerte Tragwerke über größere Tragreserven, weil bei Versagen eines Teils zumeist andere, benachbarte Teile die Kräfte aufnehmen können. Negativ wirkt sich bei diesen indessen aus, dass Temperturdehnungen und sonstige schwer kontrollierbare Verformungen zu Zwängungen im Tragwerk führen können, die in manchen Fällen schwer zu erfassen sind. Neben Belastung und Lagerung ist auch die Form des belasteten Bauteils für das Auftreten spezifischer Beanspruchungen im Innern des Tragbauteils bestimmend. Kräfte können naturgemäß nur entlang des Materials des Tragwerks übertragen werden.2 Folglich bestimmt die Form die Wege oder Pfade, welche die Kraft zurückzulegen hat, um vom Angriffsort der Last zum Ort der Lagerung bzw. der Reaktionskraft zu gelangen. Den Einfluss der Form auf die Tragwirkung macht das Beispiel in 41 deutlich. Dort wird bei jeweils gleich bleibender Belastung und Lagerung die Form des Tragsystems mehrmals variiert. Je nach Ausformung treten unterschiedliche Beanspruchungen im Bauteil auf.
Form
2.4
508
2.5
VI Funktionen
Arten von Schnittkräften im System – aus Belastung, Form und Lagerung des Bauteils
Aus der Festlegung der: • Lagerung sowie auch der • Form des belasteten Bauteils
nur bei statisch bestimmt gelagerten Systemen, bei statisch unbestimmten sind Bedingungen aus der Steifigkeit hinzuzuziehen Schnittkräfte werden fortan in Abbildungen in Form hellgrauer Pfeile dargestellt, um sie eindeutig von äußeren Kräften (dunkelgrau) zu unterscheiden.
ergibt sich unter der Wirkung der zu erwartenden Belastung das jeweils wirksame statische System oder Tragsystem. Aus den Bedingungen im Tragsystem des Bauteils sowie ggf. weiterer Eckdaten ergeben sich unter Ansatz der Gleichgewichtsbedingungen die inneren Beanspruchungen oder Schnittkräfte (actio) in einem bestimmten betrachteten Bauteilquerschnitt. Dabei wird das belastete Bauteil gedanklich an einem beliebigen Ort aufgeschnitten ( 36, 38, 39, 40). Damit die beiden Teilabschnitte ihrerseits im Gleichgewicht stehen, müssen an der Schnittfläche entsprechende innere Kräfte oder Schnittkräfte wirken, welche die äußeren Belastungen kompensieren und das Teilsystem in Gleichgewicht versetzen. Diese inneren Kräfte oder Schnittkräfte gliedern sich in: • Normalkräfte N – entlang der Bauteilachse –, die jeweils als Zug- oder Druckkräfte wirken können; • Querkräfte Q – quer zur Bauteilachse; • Biegemomente M – um die Schwerachse der Querschnittsfläche drehend; • Drill- oder Torsionsmomente – um die Bauteil-Längsachse drehend. Es stehen sich an den beiden Schnittufern (links und rechts) jeweils gegensinnig orientierte Kräfte oder Momente Nl,r, Q l,r sowie Ml,r gegenüber.
35 (Oben links) Tragsystem eines statisch bestimmt gelagerten 36 (Oben rechts) Gleiches Tragsystem an einer Schnittebene a-a virtuell Einfeldträgers mit äußeren Belastungen (Einzellast F, Streckenlast aufgetrennt. Jede der beiden Trägerhälften muss für sich im Gleichgeq) und zugehörigen Auflagerreaktionen RA, RB und RC, welche die wicht stehen: äußere Belastungen F, q, Auflagerreaktionen RA, RB Belastungen neutralisieren und einen Gleichgewichtszustand erzeugen. und RC sowie Schnittkräfte Ql,r (Querkraft links/rechts), Nl,r (Normalkräfte links/rechts) und Ml,r (Momente links/rechts) neutralisieren sich jeweils in einer Hälfte gegenseitig. 37 (Mitte links) Äußere Belastungen wirken auf ein ebenes Bauteil 38 (Mitte rechts) Parallel zur Ebene xy aufgeschnittenes Bauteil mit den und werden von den Gegenkräften oder Reaktionen der Lagerung drei Schnittkräften Querkraft, Normalkraft und Moment (Scheibenneutralisiert. Als Folge dieses Kräftespiels entstehen im Bauteilinnern schub und Drillmomente hier und in 39 ausgeblendet). Schnittkräfte, die in der Bauteilebene oder senkrecht dazu verlaufen (vgl. 4 und 5). 39 (Unten links) Parallel zur Ebene xz aufgeschnittenes Bauteil mit den drei Schnittkraftkomponenten Querkraft, Normalkraft und Moment.
40 (Unten rechts) Vergleichbare Verhältnisse herrschen auch bei einem gekrümmten Bauteil. Auch bei diesem können Schnittkräfte tangential oder normal zur Bauteiloberfläche auftreten (Die Pfeilrichtungen der Beanspruchung sind hier lediglich exemplarisch dargestellt und entsprechen nicht dem gezeigten Lastfall; desgleichen die normale, also zur Oberfläche orthogonale Komponente die bei diesem spezifischen Lastfall nicht existiert, weil reine [tangentiale] Membranspannungen herrschen 3).
2 Kraftleiten
509
F
F q
q a
Nr RB
Nl Ql
RC
RB Qr
Mr
Ml a
RC RA
RA z
z y
y
x
x
F F
R D
R
R
D
F A
R A
F
RE
RE F F R
F
B
R
RH
B
RH
RF
z
RG
y
z
RF
y
x
x
RG R D
F F F R
F
A
RE F R
H
R B
F z y
RF
RG
x
R
z y x
510
VI Funktionen
41 Darstellung der Beanspruchung eines Stabsystems mit sich ändernder Geometrie. 1 Ausgehend von einem axial belasteten Druckstab mit festgelegtem Querschnitt entsteht zunächst eine axial ausgerichtete innere Kraft T, deren Betrag gleich dem der äußeren Kraft F ist. Sie erzeugt im Querschnitt des Stabs eine gleichmäßig über diesen verteilte Druckspannung mT1. 2-4 Der Stab wird in zwei Hälften aufgespalten mit jeweils halb so großer Querschnittsfläche wie in Fall 1. Beide daraus hervorgehende Teile werden dann zunehmend gespreizt. Die Kraft F verteilt sich gleichmäßig auf beide Stabhälften. Die innere Kraft T ist jedoch jeweils größer als F/2 aufgrund der veränderten Geometrie des kraftleitenden Systems (= Neigungswinkel der Stäbe). F und die beiden Komponenten T müssen in einem Kräfteparallelogramm im Gleichgewicht stehen. Die dadurch vergrößerte innere Kraft T erzeugt eine jeweils proportional vergrößerte Normalspannung mT2 bis mT4. 5 Es erfolgt ein Durchschlagen des gespreizten Systems zu einem waagrecht liegenden geraden Stab, das eine qualitative Veränderung des Tragverhaltens bedeutet: Die axiale Druckbeanspruchung der Fälle 1 bis 4 schlägt um in eine Biegebeanspruchung, aufgrund deren sich Hauptpannungen im Stab wie im Schaubild dargestellt aufbauen. Die bislang als Normalspannung auftretende Beanspruchung wandelt sich in die charakteristische dreieckförmige Verteilung von Biegedruck- und Biegezugspannungen ± mT5. Trotz deutlicher Vergrößerung der Dicke des Stabs (seiner statischen Höhe) und damit seines Querschnitts, tritt eine starke Vergrößerung der Spannungen auf, wie die Maximalspannungen im Randbereich zeigen. 6-8 Gleiche Verhältnisse wie bei 2-4, jedoch mit umgekehrtem Vorzeichen: normal ausgerichtete Zugspannungen, Stäbe in verschiedenen Winkeln hängend. Die Spannungen mT6 bis mT8 sind in ihrem Betrag (nicht im Vorzeichen) gleich wie die Spannungen mT2 bis mT4. 9 Zuletzt ist der Zustand wie in 1 erreicht, jedoch unter umgekehrtem Vorzeichen: Der Stab wird durch die Kraft F axial gezogen. Der Betrag der Zugspannung mT9 ist gleich wie jener der Spannung mT1. Das Schema verdeutlicht folgende Sachverhalte: •
Erneut ist wie in 41 erkennbar, wie stark Biegung das Material beansprucht.
•
Hingegen sind axial beanspruchte Systeme (hier beispielhaft Sprengwerk/Hängewerk dargestellt) wesentlich materialeffizienter. Die Spannungszuwächse bei sich verringernder statischer Höhe oder Stich f des Systems sind nur mäßig. Dieses Tragprinzip stellt deshalb eine wichtige Grundlage des Leichtbaus dar.
•
Es wird gleichzeitig deutlich, dass dieser Vorzug axial beanspruchter Systeme auf Kosten von Höhe geht (statische Höhe oder Stich f). Ferner sind Horizontalkräfte (H) aufzunehmen. Ein weiterer Stab, zwischen den Auflagern spannend, kann diese Kraftkomponente indessen kurzschließen (es entsteht dann ein Dreiecksgefache).
•
Der Biegebalken hat zwar als statisch ineffizient zu gelten, bietet jedoch den wesentlichen Vorzug, mit minimaler statischer Höhe auszukommen, nämlich allein mit seiner eigenen Balkenhöhe h. Es sind keinerlei äußere horizontale Kraftkomponenten (H) vorhanden. Dies macht das biegebeanspruchte flache Tragelement zum prädestinierten Prinzip beispielsweise für den GeschossHochbau.
•
Kraftumleitung, wie sie in den Fällen 2 bis 8 stattfindet, geht stets auf Kosten einer höheren Materialbeanspruchung als wenn Lasten wie in den Fällen 1 und 9 auf kürzestmöglichem Wege abgetragen werden. Bauen ist fast ausnahmlos mit Kraftumleitung verbunden, wie etwa beim Überspannen von Räumen.
•
Innere Beanspruchung ist formabhängig. Durch Festlegung der Form wird die Materialeffizienz des Tragsystems nachhaltig vom Entwerfenden und Konstrukteur gesteuert.
F T = F
σT 1 T
1 Druckstab, axial
l
–
Normalspannung: Druck
–
Normalspannung: Druck
–
Normalspannung: Druck
–
Normalspannung: Druck
F
F
T
F
T + T > F
T
σT 2
2
f2
H
H
F/2
F/2
T F
F
T + T > F T
3
σT 3
f3 H
H
F/2
F/2 T F
F
T + T > F T
4
f4
H
σT 4
H F/2
F/2
σT 5 (–)
–
F
5 Biegebalken
Biegedruckspannung Biegezugspannung
h F/2
F/2 F/2
H
H
6
σT 5 (+)
+
F/2
σT 6
f6
+
Normalspannung: Zug
+
Normalspannung: Zug
+
Normalspannung: Zug
+
Normalspannung: Zug
T F
F
T + T > F T F/2
F/2 H
7
H
σT 7
f7
T F
F
T + T > F T
F/2
F/2 H
H
σT 8
8
f8
F
F
T
T + T > F
T
F T = F
σT 9
9 Zugstab, axial
T l
F
512
2.6
VI Funktionen
Spannungen τH
σD
σZ τV
τV
= σZ
σD
τH y
y
x
x
42 Tangential- oder Schubspannungen (oH, oV), wie sie hier auf ein Diferenzialteil wirken, können – je nach betrachteter Ausrichtung – auch als eine Kombination diagonal wirkender Druck- und Zugspannungen mD und mZ, also als Normalspannungen, aufgefasst werden.
Schnittkräfte führen zu Spannungen im Material, die eine Beanspruchung desselben hervorrufen. Dies sind stets Druck- oder Zugspannungen, die jedoch nicht entlang der Bauteilachsen wirken müssen, sondern an jedem Punkt des Bauteils verschiedene Orientierungen annehmen können – dargestellt durch die sogenannten Hauptspannungstrajektorien). Schubspannungen infolge Querkräften lassen sich stets in Druck- und Zugspannungen umwandeln ( 42). Spannungen beanspruchen den Werkstoff und verformen ihn auf eine charakteristische Weise, die uns erlaubt, von dem sicht- und quantifizierbaren Phänomen der Verformung auf die eigentlich nicht messbaren Spannungen Rückschlüsse zu ziehen. Spannungen führen ab einem materialspezifischen Schwellenwert – der sogenannten Bruchspannung – zu einem Aufbrechen des Materialgefüges, also zu einem Vergleich der Schnittkräfte F
System A
F G=6xF H=G
G H
2/3 h
h
I=F
a
J=F
L/2
43 Vergleich zwischen Biege-, Druck und Zugbeanspruchung eines Stabs mit gleichbleibendem Querschnitt durch die jeweils gleiche Einzellast F (Kräfte proportional maßstäblich dargestellt). Die Höhe h des Stabs wird als 1/16 der Spannweite L angenommen, eine bauübliche Schlankheit für einen Biegebalken. Insbesondere der Vergleich der Spannungen im Querschnitt a (unten4) verdeutlicht die schlechte Materialausnutzung der Biegebeanspruchung, da die Randfasern extrem, die neutrale Faser hingegen überhaupt nicht beansprucht wird. Vorausgesetzt, das Material ist in der Lage, mbr aufzunehmen, heißt dies, dass der Stabquerschnitt unter Normalspannung mN auf 1/24 des Querschnitts reduziert werden kann. Dies gilt für das System C (Zug), nicht aber im gleichen Umfang für das System B (Druck), das ab einer gewissen Schlankheit des Stabs – abhängig u. a. von der Steifigkeit des Materials und vom Flächenmoment des Stabquerschnitts – durch Knicken versagt. Dennoch sind unter reiner Normalkraft auch bei B deutliche Querschnittsverringerungen möglich. Dieser Sachverhalt erklärt, weshalb der Leichtbau Biegebeanspruchung so weit wie möglich vermeidet. Der angestellte Vergleich ist funktional betrachtet indessen adäquat einzuordnen, da die gezeigten Systeme von verschiedenen Voraussetzungen ausgehen, denn sie verteilen die Last jeweils unterschiedlich: der Biegestab leitet die Last über einer freien Spanweite ab, während die Systeme B und C diese jeweils geradlinig weiterleiten. Mit anderen Worten: es gibt Fälle, in denen die funktionalen Anforderungen und die gegebenen Randbedingungen keine andere Wahl als die Biegebeanspruchung lassen. Ein gutes Beispiel hierfür sind Geschossdecken im Hochbau (vgl. auch 41).
L/2
R1, R2 = 0,5 F
L R2
R1 System B
I R
F a System C
J R
F a
Vergleich der Spannungen System A
σbr = 24 x σN –
σ0 = 0
+
σbr Biegerandspannung σ0 Spannung in der neutralen Faser
a System B/C
σN + oder –
a
σN Normalspannung
2 Kraftleiten
Bruch des Materials und ggf. zu einem Versagen des Bauteils oder Tragwerks. Der Werkstoff setzt den Spannungen seine inneren Kohäsionskräfte entgegen. Diese befähigen das Material, im belasteten Zustand den Spannungen zu widerstehen. Die Kenntnis der Beanspruchung eines Querschnitts ist wesentlich, um entsprechende Werkstoffe, Dimensionen bzw. konstruktive Maßnahmen festzulegen, die geeignet sind, der Belastung einen entsprechenden Widerstand (reactio) entgegenzusetzen. Sie sind folglich auch für den konstruktiven Aufbau eines Bauteils von entscheidender Bedeutung und sollen später für verschiedene exemplarische, baupraktisch relevante Fälle näher betrachtet werden. Die differenzierte Betrachtung von Biegemomenten gegenüber anderen Arten der Schnittkräfte in einer Konstruktion wie insbesondere den axialen Beanspruchungen (Druck und Zug) sowie zum Teil auch den Querkräften hat eine große bauliche Bedeutung, da es sich bei der Biegebeanspruchung um die materialintensivste, ineffizienteste und damit unökonomischste Art der Beanspruchung eines Querschnitts handelt. Dies wird anhand des in 43 gezeigten Schaubilds deutlich, bei dem ein Bauteilquerschnitt alternativ mit axialer Druck- und Zugbeanspruchung bzw. mit Biegebeanspruchung bis an die Grenze der Materialfestigkeit belegt wird: bei axialer Druck- und Zugbeanspruchung verteilt sich die Spannung gleichmäßig über den gesamten Querschnitt, sodass das gesamte verfügbare Material bis an die Grenze seiner Tragfähigkeit beansprucht ist. Im Fall der Biegung hingegen kann das Material lediglich an den Randfasern bis an seine Leistungsgrenzen beansprucht werden. Hier treten im Vergleich zur axialen Beanspruchung darüber hinaus extrem hohe, um ein Vielfaches größere Spannungen auf ( 43). Der Kernbereich des Querschnitts ist nicht ausgelastet, die mittlere Faser (neutrale Faser) ist keinerlei Spannung ausgesetzt. Insgesamt kann bei der Variante unter Biegung (System A) nur ein Bruchteil der Festigkeitsreserven des Materials genutzt werden.4
513
Kap. IV -1, Abschn. 12. Bruch, S. 229
Vergleichende Betrachtung von Biegemomenten/Querkräften und axialen Beanspruchungen bzw. Membranspannungen
3.
514
4.
4.1
VI Funktionen
Materielle Ausführung von Hüllbauteilen
Bei der materiellen Ausführung flächiger Hüllbauteile ist, wie wir gesehen haben, dafür Sorge zu tragen, dass den Schnittkräften entsprechende innere Widerstände oder Gegenkräfte infolge der Materialsteifigkeit oder anderer Maßnahmen entgegengesetzt werden. Wir können in bezug auf die Fähigkeit verschiedener Tragwerke, Gegenkräfte zu den Schnittkräften aufzubauen, folgende grundsätzliche Unterscheidung treffen:
Biegesteife Systeme
Je nach Formgebung und Lagerung rufen die Belastungen eine Kombination aus: • axialen Druck- und Zugkräften sowie zumeist auch • Biegebeanspruchungen, die sich ihrerseits in Biegedruck- und Biegezugkomponenten aufgliedern, und • Querkräften hervor. Auf diese Beanspruchungen reagieren diese Systeme mit elastischen oder plastischen Verformungen (Dehnungen) Diese Beanspruchungen treten bei derlei Systemen indessen nicht immer gleichzeitig auf. Unter bestimmten Voraussetzungen treten reine axiale Zug- und Druckkräfte auf. Bei Belastungen, die rechtwinklig zur Hüllfläche gerichtet sind, können beispielsweise gekrümmte Bauteile geeignete Formen annehmen, bei denen die axialen Belastungen – also Druck und Zug – deutlich überwiegen, wenn sich die Systemlinie des Bauteils einer Stützlinie annähert. Im Idealfall der Übereinstimmung von System- und Stützlinie treten keine Biegemomente und Querkräfte auf. Bei ebenen Hüllbauteilen hingegen überwiegen bei der gleichen Belastung die Biegemomente und Querkräfte deutlich. Je nach Belastung und Lagerung kann es geschehen, dass keine axialen Zug- und Druckkräfte auftreten. Die Biegebeanspruchung ist – wie oben ausgeführt – als eine sehr materialintensive Art der Beanspruchung zu bewerten und stellt zumeist einen wesentlichen Faktor bei der Dimensionierung und Konstruktion eines Hüllbauteils dar.
4.2
Bewegliche Systeme
Die beweglichen oder biegeweichen Systeme besitzen keine Biegesteifigkeit und sind ausschließlich auf Zug beanspruchbar. Aus diesem Grund können Seile, Membranen und Seilnetze ihre Tragfähigkeit quer zu ihrer Achse oder Fläche nie in gerader bzw. ebener Form entfalten, da gerade lineare oder ebene Bauteile unter dieser Lastausrichtung unweigerlich biegebeansprucht werden würden. Sie vollziehen stattdessen eine Formänderung, bzw. nehmen selbsttätig eine abweichende Form unter einer derartigen Last an. Beim Seil unter gleichmäßig verteilter Belastung beispielsweise ist dies eine einfache, bei nur zugbeanspruchbaren Flächentragwerken unter ebendieser
2 Kraftleiten
Last eine doppelte Krümmung. Nur die Krümmung befähigt – zusammen mit einer Vorspannkraft – eine Membran unter diesen Voraussetzungen überhaupt dazu, Formstabilität zu erlangen und stellt eine Grundvoraussetzung für die Verwendung von membranartigen Bauteilen als Hüllflächen dar. Lasten und Vorspannkräfte setzen die Membran oder das Seilnetz unter Zugbeanspruchung, die stets tangential zur Hülloberfläche ausgerichtet ist – man spricht von einer Membranspannung. Die Vorspannkraft auf der Membran befähigt das Gesamtsystem (s.u.) dann doch dazu, Druckbeanspruchung aufzunehmen, soweit diese die Zugspannung aus der Vorspannkraft nur teilweise abbaut. Die Zugkraft aus der Vorspannung darf nie geringer als die Druckkraft werden, da die Membran ansonsten knittert oder durchhängt und ihre geometrische Steifigkeit bzw. die gewünschte Form verliert; denn bewegliche Systeme im angesprochenen Sinne nehmen selbsttätig die biegespannungsfreie Idealform der Lastabtragung an. Auf wechselnde Kraftwirkungen reagieren diese Systeme nicht mit Dehnungen wie die biegesteifen, sondern mit dehnungslosen Verformungen. Das Bauteil passt sich selbsttätig an eine neue Form an, welche wiederum die veränderte Belastung biegespannungsfrei abträgt. Diese dehnungslosen Verformungen sind wesentlich größer als die Dehnungen biegesteifer Systeme. Daraus leitet sich auch die für bestimmte Nutzungen – leider – nur eingeschränkte Gebrauchstauglichkeit beweglicher Systeme ab. Vorspannkräfte sind für die Tragfähigkeit beweglicher Systeme fundamental, da sie die starken Verformungen unter den im Bauwesen allgegenwärtigen wechselnden Belastungen in verträglichen Grenzen halten. Im Bauwesen finden sich folgende Varianten, eine Vorspannkraft auf eine membranartige Hüllfläche aufzubringen: • Aufbau einer Druckdifferenz zwischen Nutz- und Außenraum (pneumatische Vorspannung, Einfachmembran). Üblicherweise wird im Nutzraum ein Überdruck erzeugt ( 44). Dies ist das Wirkprinzip von Traglufthallen. Der Name deutet bereits richtigerweise darauf hin, dass es hier die Luft, bzw. die unter Überdruck stehende Raumluft ist, welche die Membran dank der auf sie ausgeübten Vorspannkraft tragfähig macht. Alternativ sind auch Unterdrucksysteme ausführbar; • Aufbau einer Druckdifferenz zwischen dem Bauteilinnern und dem Nutz- bzw. Außenraum (pneumatische Vorspannung, Doppelmembran) ( 45). Pneumatische Doppelmembranen, oder kurz Pneus, werden in Form von zwei- oder mehrlagigen kissenförmigen Elementen gefertigt, die im gas- oder luftgefüllten Zustand – oder alternativ unter Unterdruck versetzt – einer kontinuierlichen Zugbeanspruchung auf ihrer Oberfläche ausgesetzt sind. Diese Vorspannkraft macht das Gesamtsystem tragfähig
515
Band 2, Kap. VII, Abschn. 2.3 Oberflächentypen, 2.3.1 nach Art der Krümmung
Abschn. 9.8 Pneumatisch vorgespannte Membran, S. 633
516
VI Funktionen
F
–
– +
+
+
+
+ +
– +
46 Mechanisch vorgespannte Membran.
Abschn. 9.8 Pneumatisch vorgespannte Membran, S.633
Abschn. 9.9 Mechanisch vorgespannte Membran, S. 635
5.
Form und Kraftleitung
Band 2, Kap. IX Primärtragwerke
44 Pneumatisch vorgespannte Einfachmembran (Überdrucksystem).
+
+
+
+
45 Pneumatisch vorgespannte Doppelmembran (Überdrucksystem).
für Druck- und Biegebeanspruchungen. Die erforderliche Vorspannung lässt sich alternativ auch durch ein flüssiges Medium oder ein Granulat erzeugen. Wir sprechen dann nicht mehr von einem pneumatischen Tragwerk, sondern verwenden den allgemeineren Begriff des – hydraulisch oder granulös – flächig versteiften Membrantragwerks; 5 • mechanische Vorspannung: Zuschnitt und Befestigung der einlagigen Membran oder eines Netzes derart, dass eine gegensinnig gerichtete doppelte Krümmung (= antiklastische Krümmung) entsteht, vergleichbar einer Sattelfläche ( 46). Auch in diesem Fall nimmt die Membran eine stabile Form an und ist in der Lage, Druckspannungen aufzunehmen. Auch wenn die Tragsysteme von Hüllbauteilen im Hochbau aus verschiedenen Gründen, die in den meisten Fällen nicht mit der Ableitung von Kräften im Zusammenhang stehen, üblicherweise vorwiegend aus ebenen Elementen bestehen, also aus Platten und Scheiben, ist aus den angestellten Überlegungen heraus dennoch die Berücksichtigung des Formfaktors als für die innere Belastung des Bauteils maßgeblicher Parameter angebracht. Gekrümmte Hüllbauteile sind zwar nicht immer sinnvoll realisierbar oder für den jeweiligen Einsatzzweck angebracht. Bei einer axialen, bzw. entlang einer Bauteilebene ausgerichteten Druck- oder Zugbeanspruchung entsprechen nicht die gekrümmten, sondern im Gegenteil die geradlinigen oder ebenen Bauteile der biegespannungsfreien Idealform. Gekrümmte Oberflächen können aber dank ihrer Krümmung bei den meisten anzusetzenden Lastfällen im Vergleich zu ebenen Bauteilen – geeignete Lagerung vorausgesetzt – zu einer wesentlich günstigeren Beanspruchung führen, weil bei ihnen rechtwinklig zur Bauteilebene ausgerichtete Belastungen ohne Biegebeanspruchung abgetragen werden können. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Hülle und das Primärtragwerk identisch sind, und folglich durch eine geeignete Formgebung das Haupttragwerk entlastet werden kann. Als Beispiele hierfür seien weitgespannte Gewölbe, Kuppeln oder Schalen genannt.
2 Kraftleiten
Soll ein Bauteil hinsichtlich seiner Kraftleitungsfunktion gestaltet und konstruiert werden, ist eine Kenntnis der unter den gegebenen Randbedingungen wie Belastung, Lagerung und Form auftretenden Schnittkräfte erforderlich. Diese können in einem Bauteil mit einer spezifischen Form bezogen auf die Hauptrichtungen desselben, bzw. bezogen auf ein entsprechend festgelegtes Koordinatensystem, verschiedene Ausrichtungen annehmen. Je nachdem, ob es sich um einen Körper mit drei gleichwertigen Dimensionen handelt bzw. um ein stabförmiges oder flächiges Bauteil, werden besondere Ausrichtungen der Schnittkräfte für die Gestaltung und Dimensionierung eine große Bedeutung haben oder hingegen weitgehend irrelevant sein. Dies ist in einer systematischen Übersicht jeweils den Aufstellungen in 47-49 zu entnehmen. Da Beanspruchungen nur anhand von Verformungen oder Bruchbildern zu erkennen sind, werden in diesen Aufstellungen die Schnittkräfte zum Zweck einer größtmöglichen Anschaulichkeit durch die als Folge ihrer Wirkung zu erwartenden Verformungen dargestellt. Dort wo dies grafisch mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, werden alternativ die zu erwartenden Bruchbilder herangezogen. Zusätzlich sind der besseren Erkennbarkeit wegen auch (äußere) Belastungen dargestellt, welche die betrachtete Schnittkraft hervorrufen. Gemeint – in diesem Zusammenhang aber leider grafisch kaum darstellbar – sind dennoch Schnittkräfte. Dabei können einige Beanspruchungen fallweise alleine auftreten – wie Druck- und Zug –, andere treten hingegen nur gemeinsam mit anderen – wie beispielsweise Schub in komplementären Hauptrichtungen oder Biegung und Querkraft – in Erscheinung. Die gegenseitigen Abhängigkeiten der Beanspruchungsarten und -ausrichtungen werden im begleitenden Text beschrieben und sind ferner an der Darstellung der elementaren Bauteile unter spezifischer Belastung ablesbar. Die – hier auch grafisch hervorgehobenen – relevanten Schnittkraftausrichtungen werden bei späteren Betrachtungen zur Beanspruchung elementarer Bauteile in der hier gewählten grafischen Darstellung, gewissermaßen in Form von Erkennungssymbolen, als qualitative Hinweise auf die jeweils maßgebliche Beanspruchung wieder auftauchen.
517
Schnittkräfte im Bauteil
Abschn. 7 Elementare Bauteile und exemplarische Lastfälle - Verformungen und Beanspruchungen im Bauteil, S. 524
6.
518
6.1
VI Funktionen
Schnittkräfte im stabförmigen Bauteil
In 47 sind Beanspruchungen im stabförmigen Bauteil dargestellt (eine Dimension überwiegt deutlich gegenüber den beiden restlichen). Die Schnittkräfte werden jeweils mit verschiedenen räumlichen Ausrichtungen (¬ x, ¬ y und ¬ z) in Schnitt- oder Betrachtungsflächen parallel zu den drei Koordinatenebenen untersucht, also entlang der: • Koordinatenebene xy • Koordinatenebene xz • Koordinatenebene yz. Alle denkbaren Beanspruchungen der jeweiligen, als Koordinatenebenen gekennzeichneten Schnittflächen sind in 47 dargestellt. Nicht alle Varianten haben bauliche Bedeutung, weshalb die relevanten unter ihnen grafisch gekennzeichnet sind. Von Interesse sind insbesondere: • Druck axial (Fall 1.2); • Zug axial (Fall 2.2); • Querkraft entlang der Stabachse (Fälle 3.2 und 3.2‘) und quer zur Stabachse (Fälle 3.3 und 3.3‘). Diese Beanspruchungen treten gemeinsam auf, sind gegensinnig drehend und halten sich gegenseitig im Gleichgewicht; • ferner ist auch das Querkraftpaar in der komplementären Stabquerrichtung zu berücksichtigen (also Fälle 3.4 und 3.5 bzw. deren Umkehrungen); • Biegemomente jeweils in zwei komplementären Richtungen (Fälle 4.1 und 4.3 und deren Umkehrungen); • Verdrillung um die Stabachse (Fall 5.2).
47 Mögliche Schnittkräfte entlang einer definierten Schnittebene in einem stabförmigen, linearen Bauteil. Die einzigen bautechnisch relevanten Schnittkräfte sind grafisch hervorgehoben. Andere folgen zwar aus der Systematik, sind aber baulich ohne Interesse. Zum besseren Verständnis der Beanspruchung sind mit gestrichelter Linie alternativ Verformungs- oder Bruchbilder dargestellt. Pfeile zeigen zum besseren Verständnis die (äußeren) Belastungen, welche die jeweils betrachtete Schnittkraft im Bauteilinnern hervorrufen. Gleiches gilt für die folgenden Übersichten in 48 und 49.
2 Kraftleiten
519
Beanspruchung entlang x-Achse
1
2
3
4
Beanspruchung entlang y-Achse
Beanspruchung entlang z-Achse
Druck 1.1
1.2
1.3
2.1
2.2
2.3
3.1
3.2
3.3
3.2‘
3.3‘
3.4
3.5
3.6
3.4‘
3.5‘
4.1
4.2
Zug
Querkraft
Biegung
4.1‘
4.4
5 Verdrillung
5.1
4.3‘
4.5
4.6
5.2
5.3
5.2‘ z y x
4.3
520
6.2
VI Funktionen
Schnittkräfte im ebenen Bauteil
Abschn. 9. Bauliche Umsetzung der Kraftleitungsfunktion – Strukturprinzip des Bauteils, S. 582
Band 2, Kap. IX Primärtragwerke
Die Überlegungen zu der Art der inneren Beanspruchungen oder Schnittkräfte in einem Hüllbauteil sollen im Folgenden am Beispiel des ebenen Bauteils weitergeführt werden ( 48). Ebene Hüllbauteile stellen nach wie vor den Standard im Hochbau dar und verdienen deshalb eine vertiefte Behandlung wie sie in folgenden Abschnitten vorgenommen wird. Von Interesse sind insbesondere: • Druck entlang der Bauteilebene in Richtung y oder z (Fälle 1.2 und 1.3); • Zug wie oben Druck (Fälle 2.2 und 2.3); • Querkraft jeweils in sich gegenseitig aufhebenden Paaren auftretend: Fälle 3.2 und 3.3; Fälle 3.4 und 3.5; Fälle 3.1 und 3.6 bzw. deren Umkehrungen. Diese Beanspruchungen treten stets gemeinsam auf, sind gegensinnig drehend und halten sich gegenseitig im Gleichgewicht; • Biegemomente in zwei wesentlichen Richtungen (Fälle 4.1 und 4.4). Die Ausrichtungen 4.2 und 4.3 entsprechen einer Scheibenbeanspruchung und haben nur eingeschränkte Bedeutung; • Verdrillung entsprechend den Fällen 5.2 und 5.3.
48 Mögliche Schnittkräfte entlang einer definierten Schnittebene in einem ebenen flächigen Bauteil. Die bautechnisch nicht relevanten Schnittkräfte sind grafisch heller gekennzeichnet. Zum besseren Verständnis der Beanspruchung sind mit gestrichelter Linie entweder Verformungs- oder Bruchbilder dargestellt. Pfeile zeigen (äußere) Belastungen, welche Ursache für die jeweils betrachtete Schnittkraft sind.
2 Kraftleiten
521
Beanspruchung entlang x-Achse
1
2
3
4
Beanspruchung entlang y-Achse
Beanspruchung entlang z-Achse
Druck
1.1
1.2
1.3
2.1
2.2
2.3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
4.1
4.2
4.3
4.5
4.6
5.2
5.3
Zug
Querkraft
Biegung
4.4
5
Verdrillung
z
5.1
y x
522
6.3
VI Funktionen
Schnittkräfte im Kontinuum
Zuletzt sollen die denkbaren Beanspruchungen an einem richtungslosen Kontinuum oder an einem Körper mit drei gleichwertigen Dimensionen entlang einer definierten Schnittebene dargestellt werden ( 49). Bauliche Relevanz hat dieser Fall einzig im Hinblick auf Körpertragwerke oder auf die Bodenmechanik, da der Boden als ein solches durchgängiges – wenngleich nicht immer isotropes – Stoffgefüge angesehen werden kann. Neben Druck und Zug in den drei denkbaren räumlichen Richtungen (Fälle 1.1 bis 2.3) sind: • Querkräfte entlang 6 möglicher Scherebenen (Fälle 3.1 bis 3.6) zu berücksichtigen. Querkräfte treten stets paarweise auf: •• die Fälle 3.1 und 3.6, bzw. deren Umkehrungen, treten gleichzeitig auf, sind gegensinnig drehend und stehen miteinander im Gleichgewicht; •• desgleichen 3.2 und 3.3 bzw. deren Umkehrungen; •• desgleichen 3.4 und 3.5 bzw. deren Umkehrungen; • Biegung (Fälle 4.1 bis 4.6) und Verdrillung (Fälle 5.1 bis 5.3) des richtungslosen Elements werden der Vollständigkeit der Systematik halber zwar dargestellt, wegen ihrer Bedeutungslosigkeit aber grafisch ausgegraut.
49 Mögliche Schnittkräfte entlang einer definierten Schnittebene in einem Körpertragwerk bzw. in einem als ungerichtet angenommenen Kontinuum – in diesem Fall Betrachtung eines Differentialteils. Es werden wie bei den 47 und 48 (interne) Beanspruchungen betrachtet, auch wenn aus Gründen der Anschaulichkeit teilweise die (äußeren) Belastungen grafisch dargestellt werden, welche die Ursache der betrachteten Schnittkräften sind. Die einzigen bautechnisch relevanten Schnittkräfte sind grafisch hervorgehoben. Wechselnde Ausrichtungen der gleichen Schnittkraft haben in diesem Fall wegen der Ungerichtetheit des belasteten Elements keine besondere Bedeutung. Die heller dargestellten Fälle ergeben sich zwar aus der Systematik, haben indessen keine bauliche Relevanz. Zum besseren Verständnis der Beanspruchung sind mit gestrichelter Linie entweder Verformungs- oder Bruchbilder dargestellt.
2 Kraftleiten
523
Beanspruchung entlang x-Achse
1
2
3
Beanspruchung entlang y-Achse
Druck
1.1
1.2
1.3
2.1
2.2
2.3
Zug
Querkraft
3.1
3.2 3.1‘
3.4‘
5
3.3 3.2‘
3.5
3.4
4
Beanspruchung entlang z-Achse
3.3‘
3.6 3.5‘
3.6‘
Biegung
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
5.1
5.2
Verdrillung
z y x
5.3
524
7.
VI Funktionen
Elementare Bauteile und exemplarische Lastfälle – Verformungen und Beanspruchungen im Bauteil Abschnitte 2.2 Äußere Belastung, S. 499, und 2.3 Lagerung, S. 504
Band 2, Kap. IX Primärtragwerke
Die bisher für sich getrennt dargestellten wichtigsten Belastungen und Lagerungen sowie alle anderen denkbaren Fälle lassen sich zusammen mit diversen Bauteilgeometrien in zahlreichen Varianten kombinieren. Einige wenige Kombinationen werden lediglich zur Andeutung der denkbaren Varianz in den 51-63 beispielhaft vorgestellt. Es liegt auf der Hand, dass eine etwas nähere Betrachtung der Kraftleitungsfunktion zum Zweck eines zumindest elementaren Verständnisses des Kraftflusses in diesem Rahmen nur für die wesentlichsten Bauteile – stabförmige und ebene – sowie für einige exemplarische vereinfachte Lastfälle zu leisten ist. Auch werden nur die wichtigsten (inneren) Beanspruchungen in diesem Abschnitt aufgezeigt, die für das grundlegende Verständnis der Kraftleitungsfunktion unerlässlich sind. In den folgenden grafischen Übersichten wird ein möglichst anschauliches Bild vermittelt von: • den jeweils angesetzten statischen Systemen, welche Ausdruck der jeweils festgesetzten Randbedingungen der Kraftleitungsfunktion sind, also: •• Bauteilform •• Belastung •• Lagerung • der zu erwartenden Verformung; • den zu erwartenden Beanspruchungen im Bauteil, also der: •• Biegebeanspruchung, •• der Querkraftbeanspruchung sowie •• der Normalkraftbeanspruchung.
Vorzeichen hier zum Zweck der Vereinfachung ausgeblendet
Diese werden einerseits anhand eines Erkennungssymbols gekennzeichnet wie in den Übersichten 47-49 eingeführt. Es soll die Existenz und die Achsenausrichtung der betrachteten Beanspruchung anzeigen. Gleichzeitig wird, wie in der Baustatik üblich, mithilfe eines Diagramms die Verteilung der jeweiligen Beanspruchung über das Bauteil hinweg veranschaulicht. Die dargestellten Merkmale exemplarischer Fälle der Kraftleitungsfunktion sind die Grundlage für das Verständnis der wesentlichen baukonstruktiven Maßnahmen, die für die Erfüllung der Funktion Kraftleiten notwendig sind. Auf die verschiedenen Prinzipien der baulichen Umsetzung des in
2 Kraftleiten
525
diesem Abschnitt als kontinuierliches, in seinem inneren Aufbau nicht näher spezifiziertes Element angenommenen Bauteils wird an anderer Stelle eingegangen.
Abschn. 9. Bauliche Umsetzung der Kraftleitungsfunktion im Element – Strukturprinzip des Bauteils, S. 582
nicht axial beansprucht
Scheiben
Platten
stabförmige Bauteile
ebene Bauteile
durch Axialkraft
durch Biegung
vertikal
horizontal
zusammengesetzte Tragelemente
Aussteifung
konstruktive Umsetzung
ebene Grundelemente
stabförmige Grundelemente
axial beansprucht
50 Übersicht stabförmiger und ebener Tragwerkselemente
durch Scheibenwirkung
526
VI Funktionen
z
z
z y
y
y
x
x
x
51 Linear gelagerte Scheibe mit kontinuierlicher Auflast
z
52 Linear gelagerte Scheibe mit kontinuierlicher Horizontallast in Bauteilebene
53 Eingespannte Platte mit flächiger Last rechtwinklig auf ihrer Ebene
z
z y
y
y
x
x
x
54 Zweiseitig linear gelagerte Scheibe (stehend) mit Eigenlast
z
55 Zweiseitig linear gelagerte Scheibe (stehend) mit linearer Auflast und Eigenlast
56 Zweiseitig linear gelagerte Scheibe (hängend) mit Eigenlast
z
z y
y
y
x
x
x
57 Zweiseitig linear gelagerte Platte/Scheibe (stehend) mit Flächenlast und Eigenlast
58 Zweiseitig linear gelagerte Platte/Scheibe (hängend) mit Flächenlast und Eigenlast
59 (Für Belastung in xz) zweiseitig linear gelagerte Platte bzw. (für Belastung in yz) punktuell gelagerte Scheibe mit Flächenlast und Eigenlast
2 Kraftleiten
527
z
z y
y
x
x
60 (Für Belastung in xz) zweiseitig linear (hängend) gelagerte Platte bzw. (für Belastung in yz) linear gelagerte Scheibe mit Lastkombination aus: Flächenlast entlang ¬ –x Eigenlast entlang ¬ –z Streckenlast entlang ¬ –z Streckenlast entlang ¬ y
z
61 (Für Belastung in xz) zweiseitig linear gelagerte Platte mit Lastkombination aus: Flächenlast entlang ¬ –x, Eigenlast entlang ¬ –x.
z y
y
x
x
62 (Für Belastung in xz) zweiseitig linear gelagerte Platte bzw. (für Belastung in yz) linear gelagerte Scheibe mit Lastkombination aus: Flächenlast entlang ¬ –x, Eigenlast entlang ¬ –x, Streckenlast entlang ¬ y.
63 (Für Belastung in xz) zweiseitig linear gelagerte Platte bzw. (für Belastung in yz) linear gelagerte Scheibe mit Lastkombination aus: Flächenlast entlang ¬ –x, Eigenlast entlang ¬ –x, Streckenlast entlang ¬ y, bewegliche Einzellast entlang ¬ –x.
528
7.1
7.1.1
VI Funktionen
Einfache stabförmige Bauteile
Zunächst werden elementare Tragsysteme aus einem einfachen Stab mit unterschiedlichen Lagerungen und Geometrien untersucht:
Einfeldträger unter Streckenlast
Balken auf zwei Auflagern, jeweils gelenkig und verschieblich ( 64). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: gerades stabförmiges Bauteil mit Länge L. Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q quer zur Stabachse wirkend; • Lagerung: auf einer Seite zweiwertig (Gelenk), einwertig (Gleitlager) auf der anderen. Insgesamt drei Bindungen, also statisch bestimmt gelagert; • Verformung: parabolische Biegelinie 4. Grades mit größtem Stich f in Feldmitte (L/2); • Biegemomente: quadratisch parabolische Verteilung über die Stablänge mit positivem Maximum Mmax in Feldmitte. Diese Kurve wird in folgenden statischen Systemen als Referenzkurve mit maximalem Moment Mref herangezogen; • Querkräfte: lineare Verteilung mit Maxima Qmax an den beiden Auflagern, jeweils mit entgegengesetztem Vorzeichen. Nullpunkt in Feldmitte.
7.1.2
Einfeldträger mit einseitigem Kragarm unter Streckenlast
Balken auf zwei Auflagern wie oben, mit einseitigem Kragarm ( 65). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: Gerades stabförmiges Bauteil mit Länge L. Die Stablänge L teilt sich auf in ein Feld LF und einen Kragarm mit Länge LK . Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q quer zur Stabachse wirkend; • Lagerung: auf einer Seite zweiwertig (Gelenk), einwertig (Gleitlager) auf der anderen. Ein Auflager um die Länge LK eingerückt. Insgesamt drei Bindungen, statisch bestimmt gelagert; • Verformung: parabolische Biegelinie 4. Grades im Feldbereich LF bis zum Wendepunkt W (identisch mit dem Momentennullpunkt) mit größtem Stich fF im Punkt des maximalen (positiven) Feldmoments (Mmax +). Durchhang des auskragenden Trägerendes um f K . Die Biegelinie entspricht einer (vom Punkt W zur Auskragung hin umgekehrten) Parabel 4. Grades. Das Verhältnis zwischen
2 Kraftleiten
529
ax
-
QIIm
I
QII
ax
eI äft
=0
r rk ue
Q
-
Q_m
+
x
QII
a QIIm
Q_
=0
f
=0
Mre =
ax
Q_
+
=0
Q_ m
e_ äft
kr er
ax
+
Mm
Qu
ax
q
+
Mm
f 2
L/ te
2
L/
en
om
em ieg
B
L
g
un
rm rfo
Ve
m te
z y
s he isc
x
64 Fall 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast
at
St
s Sy
530
VI Funktionen
Biegelinie sowie sämtliche Schnittkraftdiagramme hier und in den folgenden Schemata der größeren grafischen Klarheit halber nicht wie üblich in Höhe der Bauteilachse, sondern in Höhe der Lagerungsachse dargestellt
Abschn. 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast, S. 528, wobei in diesem Fall nicht die Stablänge L, sondern die Feldlänge LF anzusetzen ist. Das Referenzmoment MrefF ist entsprechend kleiner als das Moment Mref
Abschn. 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast, S. 528
LK LF
=
1 (1 +
= 0,41 2)
fF und fK ist abhängig vom Verhältnis zwischen Stützfeld LF und Auskragung LK . Es leuchtet ein, dass mit (im Verhältnis zu LF) sich vergrößerndem LK auch fK größer wird. Die Nachgiebigkeit des auskragenden Endes ist indessen grundsätzlich größer als diejenige des Felds, da der Kragarm nur einseitig, das Feld hingegen zweiseitig gestützt ist; • Biegemomente: quadratisch parabolische Verteilung über die Stablänge in Form zweier Abschnitte: •• Feld: Verteilung positiver Biegemomente gemäß – über dem rechten Auflager einseitig hochgehängter – quadratischer Parabel, die identisch mit der Momentenkurve eines Referenzträgers mit gleicher Belastung und Stützweite LF ist. Das obere Ende der Parabel ist durch die Größe des negativen Stützmoments (M max –) vorgegeben – deshalb der Begriff hochgehängt. Das dem Referenzträger zugehörige maximale Feldmoment ist hier, bezogen auf die anzusetzende Stützweite LF als Referenzmoment MrefF in der Mitte des Stützfelds LF wiederzufinden. Am Schnittpunkt der Parabel mit der Systemachse befindet sich der Momentennullpunkt, der identisch mit dem Wendepunkt W ist. Zwischen W und der rechten Stützung entstehen negative Momente. Maximum Mmax – über der Stützung; •• Kragarm: Verteilung negativer Momente gemäß quadratischer Parabel mit Scheitelpunkt am Trägerende. Ihr Verlauf ist identisch mit der Momentenkurve eines gedachten Refenzträgers mit gleicher Belastung und doppelter Länge LK als Stützweite. Das zugehörige maximale Moment (Referenzmoment Mref K ) ist identisch mit dem Stützmoment Mmax –. Das Verhältnis zwischen den maximalen Momenten Mmax + und Mmax – hängt bei gleicher Belastung q vom Verhältnis der Kraglänge LK zur Stützweite LF ab. Bei einem Verhältnis von 0,41 werden Mmax + und Mmax – gleich groß und erlauben eine möglichst gleichmäßige Querschnittsausnutzung; • Querkräfte: lineare Verteilung mit Maximum über dem eingerückten Auflager, jeweils mit entgegengesetztem Vorzeichen. Das Qmax an dieser Stelle ist in seiner Summe (positiver + negativer Anteil) identisch mit der Auflagerreaktion. Nullpunkt in der Mitte des mit positiven Momenten belegten Abschnitts La , am gleichen Punkt wie das Momentenmaximum Mmax.
2 Kraftleiten
531
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65 Fall 7.1.2 Einfeldträger mit einseitigem Kragarm unter Streckenlast
a
St
L
532
7.1.3
VI Funktionen
Einfeldträger mit zweiseitigem Kragarm unter Streckenlast
Balken auf zwei Auflagern wie oben, mit zwei Kragarmen ( 66). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: gerades stabförmiges Bauteil mit Länge L. Feldbereich LF und Auskragungen LK jeweils auf beiden Seiten. Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q quer zur Stabachse wirkend; • Lagerung: auf einer Seite zweiwertig (Gelenk), einwertig (Gleitlager) auf der anderen. Beide Auflager um die Länge LK eingerückt. Insgesamt drei Bindungen, also statisch bestimmt gelagert;
Abschn. 7.1.2 Einfeldträger mit einem Kragarm unter Streckenlast, S. 528
• Verformung: parabolische Biegelinie 4. Grades im Feldbereich LF zwischen Wendepunkten W1 und W2 im Abschnitt La. – Wendepunkte jeweils identisch mit Momentennullpunkten. Größter Stich fF in diesem Bereich im Punkt des maximalen (positiven) Feldmoments (Mmax +). Durchhang der auskragenden Trägerenden um fK . Die Biegelinien in den Bereichen von den Punkten W1/2 zu den Kragarmen entsprechen jeweils einer umgekehrten Parabel 4. Grades. Das Verhältnis zwischen fF und fK ist abhängig vom Verhältnis zwischen Stützfeld LF und Auskragungen LK; • Biegemomente: quadratisch parabolische Verteilung über die Stablänge in Form dreier Abschnitte:
Abschn. 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast, S. 528
LK LF
=
1 2 2
= 0,35
•• Feld: Verteilung positiver Biegemomente gemäß – hier symmetrisch hochgehängter – quadratischer Parabel, die identisch mit der Momentenkurve eines Referenzträgers mit gleicher Belastung und Stützweite LF ist – vgl. Beispiel Einfeldträger mit Streckenlast. Die Lage der Enden der Parabel sind durch die Größe der negativen Stützmomente (Mmax –) vorgegeben. Das dem Referenzträger zugehörige maximale Feldmoment ist hier als Referenzmoment Mref F in der Mitte des Stützfelds LF wiederzufinden. An den Schnittpunkten der Parabel mit der Systemachse befinden sich die beiden Momentennullpunkte. Ihre Lage ist identisch mit den Wendepunkten W1/2 . Zwischen W und den Stützungen entstehen negative Momente. Maximum Mmax – jeweils über der Stützung; •• zwei Kragarme: Verteilung negativer Momente gemäß quadratischer Parabel mit Scheitelpunkt am Trägerende. Ihr Verlauf ist identisch mit der Momentenkurve eines gedachten Refenzträgers (Einfeldträger) mit gleicher Belastung und doppelter Länge LK als Stützweite. Das zugehörige maximale Moment (Referenzmoment Mref K ) ist identisch mit dem Stützmoment Mmax –.
2 Kraftleiten
533
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66 Fall 7.1.3 Einfeldträger mit zweiseitigem Kragarm unter Streckenlast
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L LK
534
VI Funktionen
Das Verhältnis zwischen den maximalen Momenten Mmax + und Mmax – hängt bei gleicher Belastung q vom Verhältnis der Kraglängen LK zur Stützweite LF ab. Bei einem Verhältnis von 0,35 werden Mmax + und Mmax – gleich groß und erlauben eine möglichst gleichmäßige Querschnittsausnutzung; • Querkräfte: lineare Verteilung mit Maximum über den Auflagern. Das Qmax an dieser Stelle ist in der Summe seines positiven und negativen Anteils identisch mit der Auflagerreaktion. Nullpunkt in der Mitte des mit positiven Momenten belegten Abschnitts La bzw. des Stützfelds LF, am gleichen Punkt wie das Momentenmaximum Mmax. 7.1.4
Kragträger unter Streckenlast
Einseitig eingespannter Balken, am anderen Ende frei ( 67). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: gerades stabförmiges Bauteil mit Länge L. Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q quer zur Stabachse wirkend; • Lagerung: auf einer Seite dreiwertig, also eingespannt, auf der anderen nicht gelagert; • Verformung: parabolische Biegelinie 4. Grades über die Stablänge L. Maximale Verformung f am freien Stabende;
Abschn. 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast, S. 528
• Biegemomente: quadratisch parabolische Verteilung über die Stablänge. Scheitel des Parabelastes am freien Stabende. Halbe Parabel um den Betrag des negativen Einspannmoments Mmax – hochgehängt. Dieser Wert ist identisch mit dem maximalen Feldmoment Mref eines gedachten Refenzsystems in Form eines Einfeldträgers mit doppelter Stützweite L unter identischer Last; • Querkräfte: lineare Verteilung mit Maximum an der Einspannung. Das Qmax an dieser Stelle ist in seiner Größe identisch mit der Auflagerreaktion.
2 Kraftleiten
535
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67 Fall 7.1.4 Kragträger unter Streckenlast
tis
a St
L
536
7.1.5
VI Funktionen
Zweifeldträger unter Streckenlast
Balken über zwei Stützfelder, eine gelenkige, zwei verschiebliche Lager ( 68). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: gerades stabförmiges Bauteil mit Länge 2L. Zwei Stützfelder mit Länge von jeweils L. Der Stab läuft über dem mittleren Auflager durch. Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q quer zur Stabachse wirkend; • Lagerung: auf einer Seite zweiwertig (Gelenk), einwertig (Gleitlager) jeweils die beiden anderen Auflager. Insgesamt vier Bindungen (2 + 1 + 1), also statisch einfach unbestimmt gelagert; • Verformung: drei parabolische Biegelinien 4. Grades: •• in beiden Feldbereichen L jeweils zwischen den Wendepunkten W1 und W 2 und den Trägerenden, also im Abschnitt La , Parabel mit Scheitelpunkt in der Mitte – Wendepunkte jeweils identisch mit Momentennullpunkten. Dort auch größter Stich f im Punkt des maximalen (positiven) Feldmoments (Mmax +); •• Zu beiden Seiten des mittleren Auflagers im Bereich Lb, also zwischen den Wendepunkten W1 und W2 umgekehrte Parabel mit Scheitel über dem Auflager;
Abschn. 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast, S. 528
• Biegemomente: quadratisch parabolische Verteilung über die Stablänge in Form zweier Feldbereiche: Verteilung der Biegemomente jeweils gemäß – hier asymmetrisch hochgehängter – Parabel, die identisch mit der Momentenkurve eines Referenzträgers mit gleicher Belastung und Stützweite L ist. Die Lage des oberen Endes der Parabel ist durch die Größe des negativen Stützmoments (Mmax –) vorgegeben. Das dem Referenzträger zugehörige maximale Feldmoment ist hier als Referenzmoment Mref in der Mitte des Stützfelds L wiederzufinden. An den Schnittpunkten der Parabel mit der Systemachse befinden sich die beiden Momentennullpunkte. Ihre Lage ist identisch mit den Wendepunkten W1/2 . Es entstehen folglich: •• zwei symmetrisch angeordnete Bereiche mit positivem Moment zwischen den Momentennullpunkten und den Trägerenden (= La). Maximales Moment Mmax + in der Mitte dieses Abschnitts La; •• zwischen den beiden Momentennullpunkten über der mittleren Stützung entstehen negative Momente. Maximum Mmax – über dieser Stützung;
2 Kraftleiten
537
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68 Fall 7.1.5 Zweifeldträger unter Streckenlast
• Querkräfte: lineare Verteilung mit Maximum über dem mittleren Auflager. Das Qmax an dieser Stelle ist in der Summe seines positiven und negativen Anteils identisch mit der Auflagerreaktion. Nullpunkt jeweils in der Mitte der mit positiven Momenten belegten Abschnitte La , jeweils am gleichen Punkt wie das Momentenmaximum Mmax.
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538
7.1.6
VI Funktionen
Dreifeldträger unter Streckenlast
Balken über drei Stützfelder, eine gelenkige, drei verschiebliche Lager ( 69). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: gerades stabförmiges Bauteil mit Länge 3L. Drei Stützfelder mit Länge von jeweils L. Der Stab läuft über den beiden mittleren Auflagern durch. Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q quer zur Stabachse wirkend; • Lagerung: auf einer Seite zweiwertig (Gelenk), einwertig (Gleitlager) jeweils die drei anderen Auflager. Insgesamt fünf Bindungen (2+1+1+1), also statisch zweifach unbestimmt gelagert; • Verformung: Fünf parabolische Biegelinien 4. Grades: •• in beiden Endfeldern jeweils zwischen den Wendepunkten W1 /W4 und den Trägerenden, also in den Abschnitten La , Parabel 4. Grades mit Scheitelpunkt in der Mitte – Wendepunkte jeweils identisch mit Momentennullpunkten. Dort auch größter Stich f1 im Punkt des maximalen (positiven) Feldmoments (Mmax +); •• im Mittelfeld analog, jedoch in kürzerem Abschnitt Ld zwischen den Wendepunkten W2 und W3 . Kleinerer Stich f2; •• jeweils zu beiden Seiten der mittleren Auflager im Bereich Lb/Lc, also zwischen den Wendepunkten W1 und W2 bzw. W3 und W4 umgekehrte Parabel 4. Grades; • Biegemomente: quadratisch parabolische Verteilung über die Stablänge in Form zweier gespiegelter Endfeldbereiche und eines Mittelfeldbereichs:
Abschn. 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast, S. 528
•• zwei Endfelder: Verteilung der Biegemomente jeweils gemäß – hier asymmetrisch hochgehängter – quadratischer Parabel, die identisch mit der Momentenkurve eines Referenzträgers mit gleicher Belastung und Stützweite L ist. Die Lage des oberen Endes der Parabel ist durch die Größe des negativen Stützmoments (Mmax –) vorgegeben. Das dem Referenzträger zugehörige maximale Feldmoment ist hier als Referenzmoment Mref in der Mitte des Stützfelds L wiederzufinden. An den Schnittpunkten der Parabel mit der Systemachse befinden sich zwei Momentennullpunkte. Ihre Lage ist identisch mit den Wendepunkten W1/4;
2 Kraftleiten
539
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69 Fall 7.1.6 Dreifeldträger unter Streckenlast
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540
VI Funktionen
•• Mittelfeld: analog zu den Endfeldern; jedoch wird die Momentenparabel hier an beiden Enden infolge der negativen Stützmomente symmetrisch hochgehängt. Das positive Feldmoment reduziert sich entsprechend. Das Referenzmoment Mref ist gleich dem der Endfelder. Es entstehen folglich: •• zwei symmetrisch angeordnete Bereiche mit positivem Moment zwischen den Momentennullpunkten (= W1 und W4 ) und den Trägerenden (Bereich = La). Maximales Moment Mmax + in der Mitte dieser Abschnitte La; •• ein mittlerer Bereich zwischen den Momentennullpunkten des Mittelfelds (= W2 und W3 ) mit deutlich kleinerem positiven Moment in der Mitte dieses Abschnitts Ld; •• zwischen den Momentennullpunkten (jeweils = W1/2 und W3/4 ) über den mittleren Stützungen entstehen negative Momente. Maxima jeweils Mmax – über diesen Stützungen; • Querkräfte: lineare Verteilung mit identischen Maxima über den beiden mittleren Auflagern. Das Qmax an dieser Stelle ist in seiner Größe identisch mit der Auflagerreaktion. Nullpunkt in der Mitte der mit positiven Momenten belegten Abschnitte La an den beiden Endfeldern und Ld im Mittelfeld, am gleichen Punkt wie die Momentenmaxima Mmax. 7.1.7
Druckstab
Gerader Stab unter axialer Druckkraft ( 70). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: gerades stabförmiges Bauteil mit Länge L; • äußere Belastung: Einzellast F längs der Stabachse ausgerichtet, zur Lagerung hin orientiert. Kraftangriff exakt axial angenommen; • Lagerung: an einem Ende dreiwertig, am anderen nicht gelagert; • Verformung: Stauchung des Stabs entlang der Achse um den Wert d – und kleinere Querdehnung; • Biegemomente: keine, sofern der Kraftangriff exakt axial stattfindet; • Querkräfte: keine, sofern der Kraftangriff exakt axial stattfindet;
2 Kraftleiten
541
• Normalkräfte: Druck, über die gesamte Stablänge konstant. Gerader Stab unter axialer Zugkraft ( 71). Die wesentlichen Merkmale:
Zugstab
7.1.8
• Tragelement: gerades stabförmiges Bauteil mit Länge L; • äußere Belastung: Einzellast F längs der Stabachse ausgerichtet, von der Lagerung weg orientiert. Kraftangriff exakt axial angenommen; • Lagerung: an einem Ende dreiwertig, am anderen nicht gelagert; • Verformung: Dehnung des Stabs entlang der Achse um den Wert d – und kleinere Querkontraktion; • Biegemomente: keine, sofern der Kraftangriff exakt axial stattfindet; • Querkräfte: keine, sofern der Kraftangriff exakt axial stattfindet; • Normalkräfte: Zug, über die gesamte Stablänge konstant.
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70 Fall 7.1.7 Druckstab
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71 Fall 7.1.8 Zugstab
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542
VI Funktionen
Bogen unter Streckenlast
7.1.9
Gekrümmter Stab auf zwei gelenkigen Auflagern ( 72). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: gekrümmtes stabförmiges Bauteil mit Stützweite L und Bogenstich f. Entlang der Stützlinie geformt, in diesem Fall eine quadratische Parabel. Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q, konstant entlang der Stützweite L des Bogens verteilt und quer zu dieser wirkend; • Lagerung: an beiden Enden zweiwertig, gelenkig unverschieblich gelagert. Es liegen insgesamt 4 Bindungen (2 + 2) vor, die Lagerung ist infolgedessen einfach statisch unbestimmt; • Verformung: Stauchung des gekrümmten Stabs entlang seiner Achse – und kleinere Querdehnung; größte Verformung am Scheitelpunkt S um den Wert d;
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72 Fall 7.1.9 Bogen unter Streckenlast
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2 Kraftleiten
543
• Biegemomente: keine – unter Vernachlässigung der Abweichung der Systemachse des Stabs von der Stützlinie; • Querkräfte: keine – unter Vernachlässigung der Abweichung der Systemachse des Stabs von der Stützlinie; • Normalkräfte: Druck maximal an den Auflagern, zum Scheitel hin stetig abnehmend. Gekrümmtes biegeweiches Seil bzw. Band an zwei gelenkigen Auflagern ( 73). Die wesentlichen Merkmale:
7.1.10
Seil
• Tragelement: gekrümmtes, hier bandförmig angenommenes, biegeweiches Bauteil mit Stützweite L und Seilstich f. Entlang der Seillinie geformt. Das Band nimmt infolge fehlender Biegesteifigkeit diese Form von selbst ein. Statisches System in der Ebene yz betrachtet;
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73 Fall 7.1.10 Seil
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L
544
VI Funktionen
• äußere Belastung: Streckenlast q längs der Stützweite L des Seils verteilt, quer zu dieser wirkend; • Lagerung: an beiden Enden zweiwertig, gelenkig unverschieblich gelagert. Es liegen insgesamt 4 Bindungen (2 + 2) vor, die Lagerung ist infolgedessen einfach statisch unbestimmt; • Verformung: Dehnung des Seils entlang seiner Achse – und kleinere Querdehnung; größte Verformung am Scheitelpunkt S um den Wert d; • Biegemomente: keine; • Querkräfte: keine; • Normalkräfte: Zug maximal an den Auflagern, zum Scheitel hin stetig abnehmend. 7.2
7.2.1
Zusammengesetzte stabförmige Bauteile
Tragsysteme aus rahmenartig zusammengesetzten geraden Stäben mit unterschiedlicher Ausführung und Lagerung.
Zweigelenkrahmen unter Streckenlast
Rahmenartiges Bauteil aus drei Stäben auf zwei gelenkigen Auflagern ( 74). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: zusammengesetzter Rahmen aus drei geraden stabförmigen Bauteilen über eine Stützweite L, mit Höhe H: Zwei Stiele, ein Riegel, biegesteif miteinander verbunden. Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q über die Stützweite L verteilt, quer zu dieser wirkend; • Lagerung: auf beiden Seiten zweiwertig (Gelenke). Es treten systembedingt Querkräfte in den Stielen und somit nach außen gerichtete Schübe entlang L an beiden Auflagern auf, die durch entsprechende Reaktionen zu neutralisieren sind. Insgesamt vier Bindungen (2 + 2), also statisch einfach unbestimmt gelagert; • Verformung: parabolische Biegelinie 3. Grades an beiden Stielen: Verkrümmung nach außen als Folge der Verformung des Riegels, die den Stiel an der steifen Ecke oben nach außen drückt. Unten freie Verdrehung des Stiels am Gelenk, jedoch Festhalten gegen Verschiebung nach außen – Aufbau eines Schubs entlang Stützweite L wie oben beschrieben. Verformung des Riegels im mittleren Bereich gemäß nach unten bauchender Parabel (4. Grades) mit Scheitel in der Feldmitte. Zu den beiden Ecken hin Änderung der Verformung gemäß nach oben konkaver Biegelinie infolge negativer Momentenbeanspruchung. Der Wechsel findet
2 Kraftleiten
545
an den Wendepunkten W1 und W2 statt, die identisch mit den Momentennullpunkten sind; • Biegemomente: jeweils unterschiedliche Momentenverteilung an Riegel und Stielen: •• Riegel: Verteilung der Biegemomente gemäß – hier symmetrisch hochgehängter – quadratischer Parabel, die identisch mit der Momentenkurve eines Referenzträgers (Einfeldträgers) mit gleicher Belastung und Stützweite L ist. Die Lage des oberen Endes der Parabel ist durch die Größe des negativen Stützmoments (Mmax –) vorgegeben. Das dem Referenzträger zugehörige maximale Feldmoment ist hier als Referenzmoment Mref in der Mitte des Stützfelds L wiederzufinden. Abhängig vom Verhältnis L/H variiert im Bereich der Feldmitte das positive Moment. An den Schnittpunkten der Parabel mit der Systemachse befinden sich dann zwei Momentennullpunkte. Ihre Lage ist identisch mit den Wendepunkten W1/2 . Zu den Ecken hin entstehen Bereiche mit negativem Moment, das bis zum Wert Mmax – an der Ecke anwächst; •• Stiele: jeweils geradliniger negativer Momentenverlauf, bei Null an den gelenkigen Auflagern beginnend und bis auf den Wert Mmax – anwachsend. Die Momente an den Enden von Riegel und Stiel, also an der steifen Ecke, sind identisch; • Querkräfte: unterschiedliche Verteilung in Riegel und Stielen: •• Riegel: lineare Verteilung mit gleichen Maxima Qmax über den beiden Ecken. Nullpunkt in der Mitte des Riegels; •• Stiele: konstante Verteilung der Querkräfte über die gesamte Stiellänge; • Normalkräfte: konstante Verteilung von Druckkräften N– über Riegel und Stiele.
Abschn. 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast, S. 528
546
VI Funktionen
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74 Fall 7.2.1 Zweigelenkrahmen unter Streckenlast
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2 Kraftleiten
547
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548
7.2.2
VI Funktionen
Dreigelenkrahmen unter Streckenlast
Rahmenartiges Element mit Gelenk in Riegelmitte, auf zwei gelenkigen Auflagern ( 75). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: zusammengesetzter Rahmen aus zwei Rahmenhälften, die in Feldmitte an einem Gelenk zusammenstoßen. Er spannt über eine Stützweite L, mit Höhe H. Stiele und Riegelhälften jeweils biegesteif miteinander verbunden. Statisches System in der Ebene yz betrachtet; • äußere Belastung: Streckenlast q über die Stützweite L verteilt, quer zu dieser wirkend; • Lagerung: auf beiden Seiten zweiwertig (Gelenke). Es treten systembedingt Querkräfte in den Stielen und somit nach außen gerichtete Schübe entlang L an beiden Auflagern auf, die durch entsprechende Reaktionen zu neutralisieren sind. Ein Gelenk in Riegelmitte. Insgesamt vier Bindungen abzüglich des Riegelgelenks (2 + 2 - 1 = 3), also statisch bestimmt gelagert; • Verformung: parabolische Biegelinie 3. Grades an beiden Stielen: Verdrehung nach außen durch die Verformung des Riegels, die den Stiel an der steifen Ecke nach außen drückt. Unten freie Verdrehung des Stiels am Gelenk, jedoch Festhalten gegen Verschiebung nach außen – Aufbau eines Schubs entlang Stützweite L wie oben beschrieben. Verformung der Riegelhälften infolge negativer Momentenbeanspruchung gemäß nach oben bauchender Parabel (4. Grades) mit Scheitel in der Ecke. Knickpunkt in der Biegelinie am Riegelgelenk; • Biegemomente: jeweils unterschiedliche Momentenverteilung an Riegel und Stielen:
Abschn. 7.1.1 Einfeldträger unter Streckenlast, S. 528
•• Riegel: Verteilung der Biegemomente gemäß – hier symmetrisch hochgehängter – quadratischer Parabel, die identisch mit der Momentenkurve eines Referenzträgers (Einfeldträger) mit gleicher Belastung und Stützweite L ist. Die Parabel hat den Scheitel im Riegelgelenkpunkt. Dort tangiert sie die Stabachse, dort sind die Biegemomente naturgemäß gleich Null. Das dem Referenzträger zugehörige maximale Feldmoment ist hier als Referenzmoment Mref in der Mitte des Stützfelds L wiederzufinden. Mref ist in diesem Fall gleich Mmax –. Zu den Ecken hin entstehen Bereiche mit starkem negativen Moment, das bis zum Wert Mmax – an der Ecke anwächst; •• Stiele: jeweils geradliniger negativer Momentenverlauf, bei Null an den gelenkigen Auflagern beginnend und bis auf den Wert Mmax – anwachsend. Die Momente an den Enden von Riegel und Stiel, also an der steifen Ecke, sind identisch;
2 Kraftleiten
• Querkräfte: unterschiedliche Verteilung in Riegel und Stielen: •• Riegel: lineare Verteilung mit gleichen Maxima Qmax über den beiden Ecken. Nullpunkt in der Mitte des Riegels; •• Stiele: konstante Verteilung der Querkräfte über die gesamte Stiellänge; • Normalkräfte: konstante Verteilung von Druckkräften N– über Riegel und Stiele.
549
550
VI Funktionen
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75 Fall 7.2.2 Dreigelenkrahmen unter Streckenlast
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L
552
7.3
7.3.1
VI Funktionen
Flächige ebene Bauteile
Zuletzt werden platten- bzw. scheibenähnliche, ebene flächige Bauteile mit unterschiedlichen Lagerungen untersucht:
Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Streckenlast rechtwinklig zum Lager
Scheibenartiges Element auf einem Linienlager ( 76) (äußere Belastung auf Lager gerichtet). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H; • äußere Belastung: Streckenlast q in Scheibenebene, orthogonal zum Lager hin ausgerichtet; • Lagerung: Lagerung linear dreiwertig (Einspannung) an einem Elementrand; • Verformung: proportionale Stauchung des Elements um das Maß d in Kraftrichtung (zusätzlich zugehörige Querdehnung); • Normalkräfte: Druck N– konstant über Querschnitt und Elementhöhe verteilt; • Biegemomente: keine, sofern Kraftangriff exakt axial; • Querkräfte: keine, sofern Kraftangriff exakt axial.
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76 Fall 7.3.1 Einseitig linear eingespannte Scheibe unter Streckenlast rechtwinklig zum Lager
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2 Kraftleiten
553
Scheibenartiges Element auf einem Linienlager ( 77) (Eigenlast auf Lager gerichtet). Die wesentlichen Merkmale:
Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Eigenlast rechtwinklig zum Lager
• Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H; • äußere Belastung: Flächenlast a in Scheibenebene, orthogonal zum Lager hin ausgerichtet; • Lagerung: Lagerung linear dreiwertig (Einspannung) an einem Elementrand; • Verformung: proportionale Stauchung des Elements um das Maß d in Kraftrichtung (zusätzlich zugehörige Querdehnung); • Normalkräfte: Druck N– linear entlang der Elementhöhe anwachsend. Maximum an der Lagerung; • Biegemomente: keine, sofern Kraftangriff exakt axial; • Querkräfte: keine, sofern Kraftangriff exakt axial.
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77 Fall 7.3.2 Einseitig linear eingespannte Scheibe unter Eigenlast rechtwinklig zum Lager
7.3.2
554
7.3.3
VI Funktionen
Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Streckenlast parallel zum Lager
Scheibenartiges Element auf einem Linienlager ( 78) (Äußere Last parallel zum Lager). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H; • äußere Belastung: Streckenlast q in Scheibenebene, parallel zum Lager wirkend; • Lagerung: Lagerung linear vierwertig (Einspannung) an einem Elementrand; • Verformung: Verbiegung bzw. trapezförmige Verformung (Verzerrung) des Elements; • Normalkräfte: es treten randnahe Normalkräfte N entlang y auf: an der lastzugewandten Seite Zug N(+), an der lastabgewandten Seite Druck N(–); • Biegemomente: die randnahen Normalkräfte lassen sich als Folge einer Scheibenbiegung (ähnlich einem Kragarm) auffassen; • Querkräfte: der Scheibenschub resultiert aus den drehenden Hauptspannungen, bei dieser Betrachtung im yz-System.
2 Kraftleiten
555
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78 Fall 7.3.3 Einseitig linear eingespanntes Element (Scheibe) unter Streckenlast parallel zum Lager
556
7.3.4
VI Funktionen
Einseitig linear eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast
Scheibenartiges Element, an einem Rand eingespannt, Kraft rechtwinklig zur Elementfläche ( 79). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H; • äußere Belastung: Flächenlast a orthogonal zur Elementebene; • Lagerung: linear dreiwertig (Einspannung) an einem Rand; • Verformung: Verbiegung des Elements rechtwinklig zur Elementebene mit maximaler Auslenkung d. Parabolische Biegelinie 4. Grades mit Scheitel im Lager; • Normalkräfte: keine;
Abschn. 7.3.6 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast, S. 560
• Biegemomente: quadratisch parabolischer Verlauf mit Maximum Mmax an der Lagerung und Nullpunkt (Scheitel der Momentenparabel) am gegenüberliegenden Rand. Die Momentenparabel entspricht derjenigen eines Referenzsystems aus einer zweiseitig linear randgelagerten Platte mit identischer Last und doppelter Spannweite H; • Querkräfte: zum Lager hin linear ansteigende Verteilung. Nullpunkt am freien Rand, Maximum Qmax an der Randeinspannung.
2 Kraftleiten
557
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79 Fall 7.3.4 Einseitig linear eingespanntes Element unter orthogonaler Flächenlast
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L
558
7.3.5
VI Funktionen
Mittig linear eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast
Plattenartiges Element, entlang der Mittellinie gelagert ( 80). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H; • äußere Belastung: Flächenlast a orthogonal zur Scheibenebene; • Lagerung: Lagerung linear dreiwertig (Einspannung) in der Plattenmitte; • Verformung: Verbiegung des Elements rechtwinklig zur Elementebene mit maximaler Auslenkung d. Parabolische Biegelinie 4. Grades mit Scheitel im Lager; • Normalkräfte: keine;
Abschn. 7.3.6 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast, S. 560
• Biegemomente: parabolischer Verlauf mit Maximum Mmax– über der Lagerung (Einspannung) und Nullpunkt – Scheitel der Momentenparabel – an den freien Rändern. Die Momentenparabel entspricht derjenigen eines Referenzsystems aus einer zweiseitig linear randgelagerten Platte mit identischer Last und Spannweite H; • Querkräfte: linear zum Lager hin ansteigende Verteilung. Nullpunkt an den freien Rändern, Maximum Qmax an der mittleren Einspannung.
2 Kraftleiten
559
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80 Fall 7.3.5 Mittig linear eingespanntes Element unter orthogonaler Flächenlast
L
560
7.3.6
VI Funktionen
Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast
Plattenartiges Element, an zwei gegenübergelegenen Rändern linear gelagert, jeweils gelenkig und verschieblich ( 81). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H; • äußere Belastung: Flächenlast a orthogonal zur Elementebene; • Lagerung: linear, jeweils zweiwertig (Gelenk) und einwertig (Gleitlager) an zwei entgegengesetzten Elementrändern; • Verformung: Verbiegung des Elements rechtwinklig zur Elementebene mit maximaler Auslenkung d. Parabolische Biegelinie 4. Grades mit Scheitel in Feldmitte; • Normalkräfte: keine;
Abschnitte 7.3.4, S. 556 7.3.5, S. 558 7.3.7, S. 562
• Biegemomente: quadratisch parabolischer Verlauf mit Maximum Mmax+ in der Feldmitte (Parabelscheitel) und Nullpunkt an den Lagern. Die Momentenparabel mit dem zugehörigen maximalen Moment Mmax = Mref ist diejenige, die bei anderen Lastfällen (ggf. mit veränderter Spannweite) als Referenz herangezogen wird; • Querkräfte: linear zum Lager hin ansteigende Verteilung. Nullpunkt in der Feldmitte, am gleichen Punkt wie das Momentenmaximum Mmax+. Querkraftmaximum Qmax an den beiden Lagern.
2 Kraftleiten
561
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81 Fall 7.3.6 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element unter orthogonaler Flächenlast
L
562
7.3.7
VI Funktionen
Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen
Plattenartiges Element, auf zwei gegenüberliegenden, eingerückten randparallelen Lagern linear gestützt, jeweils gelenkig und verschieblich ( 82). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H; • äußere Belastung: Flächenlast a orthogonal zur Elementebene; • Lagerung: Lagerung linear jeweils zweiwertig (Gelenk) und einwertig (Gleitlager) parallel zu zwei gegenüberliegenden Elementrändern und eingerückt um das Maß HK (Auskragung) gegenüber diesen. Es entsteht ein Feldbereich (HF) und zwei Auskragungen (HK ); • Verformung: Verbiegung des Elements rechtwinklig zur Elementfläche. Parabolische Biegelinie 4. Grades mit Scheitel in Feldmitte bis zu beiden Wendepunkten W1/2 . Ab dort umgekehrte parabolische Biegelinie bis zu freien Rändern. Maximaler Stich f in Feldmitte, maximale Auslenkung d an den freien Rändern; • Normalkräfte: keine; • Biegemomente: parabolischer Verlauf in drei Abschnitten:
Abschn. 7.3.6 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast, S. 560
Abschn. 7.3.6 wie oben
•• symmetrischer quadratischer Parabelabschnitt mit positivem Maximum Mmax+ in der Feldmitte – Scheitel der Parabel – und Nullpunkte in den Wendepunkten W1/2 . Die Momentenparabel mit dem zugehörigen maximalen Moment Mref F entspricht derjenigen eines Referenzsystems aus einer zweiseitig linear randgelagerten Platte mit identischer Last und Spannweite HF . Diese Parabel ist um den Wert der negativen Stützmomente Mmax – hochgehängt; •• zwei asymmetrische quadratische Parabelabschnitte über den Kragbereichen. Der Scheitel ist identisch mit den Momentennullpunkten an den freien Rändern. Der Parabelverlauf entspricht demjenigen eines Referenzsystems aus einer zweiseitig linear randgelagerten Platte mit identischer Last und Spannweite 2HK . Das Referenzmoment M ref K ist hier identisch mit dem negativen Stützmoment Mmax –. Es entstehen folglich zwei äußere Abschnitte mit negativem und ein innerer Feldbereich mit positivem Moment. Zwischen diesen liegen zwei Momentennullpunkte, die identisch sind mit den Wendepunkten W1/2.
2 Kraftleiten
563
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82 Fall 7.3.7 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen
• Querkräfte: linear zu den Lagern hin ansteigende Verteilung. Nullpunkt in der Feldmitte, am gleichen Punkt wie das Momentenmaximum Mmax+. Querkraftmaximum Qmax an den beiden Lagern.
L
564
7.3.8
VI Funktionen
Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast
Plattenartiges Element, allseitig linear gelenkig randgelagert (83). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H, in diesem Fall H = L angenommen; • äußere Belastung: Flächenlast orthogonal zur Elementebene; • Lagerung: Randlagerung linear gelenkig. Platte an einem Punkt festgehalten, ansonsten in Richtungen y und z frei gleitend gelagert. Verdrehung in Ebene yz verhindert;
Band 2, Kap. IX-2, Abschn. 3.1.1 Platte zweiachsig gespannt, linear gelagert
• Verformung: Verbiegung des Elements rechtwinklig zur Elementfläche. Parabolische Biegelinie 4. Grades mit Scheitel in Feldmitte, dort maximaler Stich f. Zu den aufgelegten Rändern hin auf Null auslaufend. Hochheben der vier Ecken um das Maß d infolge Effekts wie in Kap. VIII Primärtragwerke beschrieben; • Normalkräfte: keine;
Beanspruchungen werden im Folgenden stets in der Ausrichtung des betrachteten Schnitts untersucht. Dies ist zum richtigen Verständnis der Tragwirkung immer sorgfältig zu berücksichtigen
Abschn. 7.3.6 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast, S. 560
• Biegemomente: Längs- und Querbiegung (zweiachsige Biegung) entlang der beiden Hauptrichtungen (A-A und B-B). Jeweils quadratisch parabolischer Momentenverlauf in allen Schnittebenen parallel zu den zwei Hauptachsen. In den mittleren Schnitten A-A und B-B größte Krümmung, größter Stich und größtes Biegemoment mit gemeinsamem Wert Mmax + in Elementmitte jeweils in beiden Spannrichtungen. Dieser Wert ist unter den angenommenen Bedingungen gleich der Hälfte des Moments bei einachsiger Biegung des nur zweiseitig aufgelagerten Elements. Dieses ist als Vergleichsmoment Mref in einem Referenzsystem dargestellt. Zu den Rändern hin im Wesentlichen sich stetig verflachende Parabeln, dort Momente gleich Null; 6 • Querkräfte: In jeder Hauptspannrichtung A-A und B-B zu den Lagern hin linear ansteigende Verteilung mit jeweils wechselndem Vorzeichen. Nullpunkt in der Feldmitte, am gleichen Punkt wie das Momentenmaximum Mmax +. Querkraftmaximum Qmax an den vier Lagern mit parabolischem Verlauf von der Randmitte (dort Querkraftmaximum Qmax) bis zu den Ecken (dort Q = 0).
2 Kraftleiten
Plattenartiges Element, allseitig linear gelenkig gelagert; Lager randparallel, eingerückt ( 84). Die wesentlichen Merkmale:
565
Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen
• Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H, in diesem Fall H = L angenommen; • äußere Belastung: Flächenlast orthogonal zur Elementebene; • Lagerung: Lagerung linear. Platte an einem Punkt festgehalten, ansonsten in Richtungen y und z frei gleitend gelagert. Verdrehung in Ebene yz verhindert. Lagerung an allen vier Elementrändern, um das Maß LK bzw. HK (Auskragung) eingerückt; • Verformung: Verbiegung des Elements rechtwinklig zur Elementfläche: •• Ränder: sehr flache, fast gerade Biegelinie im mittleren Abschnitt, sich stark zu den Ecken hin krümmend. Dort maximale Verformung d; •• Mittelschnitte A-A, B-B: parabolische Biegelinie 4. Grades analog zu Fall 7.3.7, jedoch infolge zweiachsiger Lastabtragung deutlich flacher. Kombination von konkaver und konvexer Krümmung mit Wendepunkten W1 bis W4 , identisch mit den Momentennullpunkten; • Normalkräfte: keine; • Biegemomente: Längs- und Querbiegung (zweiachsige Biegung) entlang der beiden Hauptrichtungen (y und z). Jeweils quadratisch parabolischer Momentenverlauf in allen Schnittebenen parallel zu den zwei Hauptachsen analog zum Fall 7.3.7, jedoch infolge zweiachsiger Lastabtragung deutlich kleinere Biegemomente. Der Verlauf der Momentenparabel weist einen halb so großen Stich wie die Vergleichsparabel auf (Mref). In den mittleren Schnitten A-A und B-B größte Biegung mit positivem Wert Mmax + in Elementmitte und negativem Mmax – über den Auflagern. Zu den Rändern hin sich stetig verflachende Parabeln, dort Momente gleich Null; • Querkräfte: In jeder Hauptspannrichtung A-A und B-B zu den Lagern hin linear ansteigende Verteilung mit jeweils wechselndem Vorzeichen. Nullpunkt in der Feldmitte, am gleichen Punkt wie das Momentenmaximum Mmax +. Querkraftmaximum Qmax an den vier Lagern mit geradliniger, zum Rand hin auf 0 zulaufender Verteilung (dort also Q = 0).
Abschn. 7.3.7 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen, S. 562
7.3.9
566
VI Funktionen
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83 Fall 7.3.8 Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element unter orthogonaler Flächenlast
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VI Funktionen
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84 Fall 7.3.9 Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen
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570
7.3.10
VI Funktionen
Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast
Plattenförmiges Element, an den vier Ecken gelenkig punktgelagert ( 85). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H, in diesem Fall H = L angenommen; • äußere Belastung: Flächenlast orthogonal zur Elementebene; • Lagerung: Lagerung punktuell an allen vier Elementecken. Platte an einem Punkt festgehalten, ansonsten in Richtungen y und z frei gleitend gelagert. Verdrehung in Ebene yz verhindert; • Verformung: Verbiegung des Elements in zwei diagonalen Haupttragrichtungen C-C und D-D betrachtet. Zwei parabelförmige Biegelinien 4. Grades mit Scheitel in Elementmitte. Dort größter Stich f. Elementränder ebenfalls gemäß Parabeln verformt, jedoch flacher;
Es werden zum besseren Verständnis des Tragverhaltens auch die randparallelen Schnittrichtungen A-A und B-B dargestellt. Es handelt sich bei der diagonalen und randparallelen Schnittführung um alternative Betrachtungsweisen, die sich gegenseitig ausschließen. Dies kommt in den Übersichten durch die grafische Kennzeichnung der randparallelen Schnitte (graue Schrift, gestrichelte Kontur) zum Ausdruck. Gleiches gilt für die Fälle 7.3.11 und 7.3.12 Abschn. 7.3.6 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast, S. 560
• Normalkräfte: keine; • Biegemomente: größte Längs- und Querbiegung (zweiachsige Biegung) entlang der beiden diagonalen Hauptrichtungen C-C und D-D. Jeweils quadratisch parabolischer Momentenverlauf in den diagonalen Schnittebenen analog zum Fall 7.3.6, jedoch bezogen auf die größere diagonale Stützweite D = 21/2 * H. Infolge zweiachsiger Lastabtragung deutlich kleinere Biegemomente als dort. Die Momentenparabel weist einen halb so großen Stich wie die Referenzkurve (Mref) des einachsig spannenden Systems auf. Größte Biegung mit positivem Wert Mmax + in Elementmitte jeweils für die beiden betrachteten diagonalen Spannrichtungen C-C und D-D. An den Elementrändern ebenfalls parabolischer Momentenverlauf mit Scheitel in der Randmitte (Punkte A und B), jedoch kleinerer Maximalwert als in Elementmitte; • Querkräfte: zu den punktuellen Lagern hin linear mit jeweils wechselndem Vorzeichen ansteigende Verteilung. Nullwerte entlang zweier sich in Elementmitte schneidender Geraden, dort wo auch die Momentenmaxima auftreten. Querkraftmaximum Q max an den vier punktuellen Lagern mit geradlinig abnehmenden Verlauf zur Element- und den Randmitten A und B (dort Q=0).
2 Kraftleiten
Plattenförmiges Element auf vier gegenüber den Ecken diagonal eingerückte, gelenkige Punktlager ( 86). Die wesentlichen Merkmale:
571
Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen
• Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H, in diesem Fall H = L angenommen; • äußere Belastung: Flächenlast orthogonal zur Elementebene; • Lagerung: jeweils in vier Punkten, in den zwei diagonalen Hauptrichtungen von der Elementecke aus jeweils um das Maß DK = (HK2 + LK2 )1/2 – Auskragung diagonal gemessen – eingerückt. Platte an einem Punkt festgehalten, ansonsten in Richtungen y und z frei gleitend gelagert. Verdrehung in Ebene yz verhindert; • Verformung: Verbiegung des Elements in zwei diagonalen Haupttragrichtungen C-C und D-D sowie auch in randparallelen Schnitten jeweils gemäß konkav/konvexen Parabelabschnitten 4. Grades mit Wendepunkten analog zu Fall 7.3.7. Wendepunkte identisch mit Momentennullpunkten. Größte Verformung e in Elementmitte bzw. am Rand (f) oder an den Ecken (d) je nach Verhältnis zwischen L und LK;
Abschn. 7.3.7 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen, S. 562 hier der besseren Übersichtlichkeit wegen nur am Schnitt D-D dargestellt
• Normalkräfte: keine; • Biegemomente: größte Längs- und Querbiegung (zweiachsig) entlang der beiden diagonalen Hauptrichtungen C-C und D-D. Da sich hier die Spannweite im Vergleich zu Fall 7.3.9 auf DF,K vergrößert, treten entsprechend größere Biegemomente als dort auf. Jeweils quadratisch parabolischer Momentenverlauf in den diagonalen Schnittebenen analog zum Fall 7.3.7, jedoch infolge zweiachsiger Lastabtragung deutlich kleinere Biegemomente als bei einachsiger. Wiederum ist der Stich der Momentenparabel halb so groß wie der des Vergleichssystems des einachsig spannenden Elements (7.3.7) (Mref). Größte positive Biegung mit Wert Mmax + in Elementmitte. Größte negative Biegung mit maximalem Wert Mmax – über den punktuellen Auflagern; • Querkräfte: in den diagonalen Hauptspannrichtungen C-C und D-D zu den punktuellen Lagern hin linear mit jeweils wechselndem Vorzeichen ansteigende Verteilung. Nullwerte entlang zweier sich in Elementmitte schneidender Geraden, dort wo auch die Momentenmaxima auftreten. Querkraftmaximum Qmax an den vier punktuellen Lagern mit geradlinig abnehmenden Verlauf zur Element- und den Randmitten A und B (dort Q = 0).
DF,K = 21/2 · HF,K Abschn. 7.3.9 Vierseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragung, S. 565 Abschn. 7.3.7 Zweiseitig gelenkig linear gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen, S. 562
7.3.11
572
VI Funktionen Q IIm
ax
D in ng ilu C-C e t g er n ftv htu C krar Ric r ue äre e Qent h ic m Q gle ple IIm m ax ko
Q _m
Q IIm
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0 D
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A A-
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D
D-
Qu
z y x
85 Fall 7.3.10 Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element unter orthogonaler Flächenlast
n ilu rte g ve tun n te ch en r Ri omtäre e M en ich em gle mpl ko
in ng -C C g
2 Kraftleiten
573
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a D
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en
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em eg Bi
g
un
rm rfo
L
Ve
em st
y sS
st
at
he isc
574
VI Funktionen
D Q
_m
Q ax
IIm
D
C-
C Q
B
0 C
Q
D C-
B
B‘ B‘ D
C-
ax
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ax
e_ äft
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z y x
86 Fall 7.3.11 Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element unter orthogonaler Flächenlast mit Auskragungen
ilu rte ve chtu n te Ri en rer om ntä e M me ich ple e l m g ko -C C in
Q
2 Kraftleiten
575
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M
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2D K
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D
D K
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ng
u
rm rfo
LF
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st
at
s he isc
Sy
LK
L
=
576
7.3.12
VI Funktionen
Mittig punktuell eingespanntes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast
Plattenförmiges Element mit punktueller Einspannung in Elementmitte ( 87). Die wesentlichen Merkmale: • Tragelement: ebenes Flächenelement mit Breite L und Höhe H, in diesem Fall H = L angenommen; • äußere Belastung: Flächenlast orthogonal zur Elementebene; • Lagerung: Lagerung punktuell sechswertig (Einspannung) im Mittelpunkt der Elementfläche; • Verformung: Verbiegung des Elements in Diagonalrichtungen C-C und D-D bzw. in randparallelen Schnitten wie A-A und B-B gemäß Parabeln 4. Grades mit Scheitelpunkt in Elementmitte. Größte Auslenkung d in den Ecken; • Normalkräfte: keine; • Biegemomente: größte negative Längs- und Querbiegung (zweiachsige Biegung) entlang der beiden diagonalen Hauptrichtungen C-C und D-D. Jeweils Momentenverlauf in den diagonalen Schnittebenen und randparallelen Schnitten (wie A-A und B-B) gemäß quadratischer Parabeln mit Scheitelpunkten (= Momentennullpunkten) an den Elementrändern. Größte Biegung negativ mit Wert Mmax – in Elementmitte. Die dem halben Diagonalmaß D zugeordneten Parabelabschnitte ergeben sich aus einer Vergleichskurve, die dem Momentenverlauf eines gedachten einachsig spannenden Systems mit Stützweite D entspricht (Mref D), jedoch mit halbiertem Stich (= Mmax –); • Querkräfte: in den beiden Hauptspannrichtungen zum mittleren Lager hin linear mit jeweils wechselndem Vorzeichen ansteigende Verteilung. Nullwerte jeweils an den Randlinien. Querkraftmaximum Qmax am punktuellen Lager.
578
VI Funktionen Q
IIm
ax
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z y x
87 Fall 7.3.12 Mittig punktuell eingespanntes Element unter orthogonaler Flächenlast
er nv te ich n e R om er M ntär e ich me gle ple m o k
2 Kraftleiten
579
D/
2
Q
IIm
ax
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L
2 H/
=L
580
8.
VI Funktionen
Kritische Versagensmechanismen
Noch bevor die materialspezifischen Bruchspannungen eines unter Last befindlichen Bauteils erreicht werden, besteht unter Druckbeanspruchung auch bei wesentlich niedrigeren Lastwerten unter spezifischen Bedingungen die Gefahr des Knickens oder Beulens. Bei der Gestaltung und Bemessung eines Bauteils ist somit unbedingt Sorge dafür zu tragen, dass dieser Fall nicht eintritt, da ein derartiger Mechanismus, einmal in Gang getreten, nicht mehr gestoppt werden kann und unweigerlich zum Versagen und zur Zerstörung des Bauteils führt. Entscheidend für die sogenannte kritische Knicklast Fkrit, ab welcher mit einem Knicken des Bauteils zu rechnen ist, sind folgende Faktoren:
Mit diesem Warnkreuz werden im Folgenden kritische oder instabile Konstruktionen grafisch gekennzeichnet
• die Steifigkeit des Materials: sie wird quantifiziert mittels des Elastizitätsmoduls E. Es liegt auf der Hand, dass je größer die Steifigkeit, desto größer auch der Widerstand des Bauteils gegen Knicken ist; • der Widerstand des Querschnitts: quantifiziert durch das Flächenmoment 2. Ordnung I. Es leuchtet ein, dass je größer der Querschnittswiderstand gegen Biegung, desto größer auch der Widerstand gegen Knicken ist, das ja mit einer starken Biegeverformung seinen Anfang nimmt;
Eulersche Knickgleichung
Fkrit = f
EI sk2
Fkrit kritische Knicklast f Formfaktor E Elastizitätsmodul (Steifigkeit des Werkstoffs) I Flächenmoment 2. Grades (Steifigkeit des Querschnitts) E I Biegesteifigkeit sk ideelle Knicklänge
• die Lagerung des Bauteils: diese beeinflusst die so genannte ideelle Knicklänge sk. Je größer diese Knicklänge, desto größer auch die Knickgefahr. Euler unterscheidet 4 Lagerungsfälle, denen jeweils ein spezifische Knicklänge sk zugeordnet ist: •• Fall 1: einseitige Einspannung ( 88). Die ideelle Knicklänge ist gleich 2 L; •• Fall 2: zweiseitige gelenkige Lagerung ( 89). Die ideelle Knicklänge ist gleich L; •• Fall 3: jeweils einseitige Einspannung und gelenkige Lagerung ( 90). Die ideelle Knicklänge ist gleich 0,7 L; •• Fall 4: zweiseitige Einspannung ( 91). Die ideelle Knicklänge ist gleich 1/2 L.
siehe Kasten oben
Die Lagerung, bzw. die ideelle Knicklänge s k , ist hinsichtlich der Knickgefahr von den drei betrachteten der entscheidende Faktor, da sk in der zweiten Potenz in die Eulersche Knickgleichung eingeht. Ihr ist bei der Planung und Konstruktion eines unter Druckbeanspruchung befindlichen Bauteils besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
2 Kraftleiten
581
Fkrit Fkrit Fkrit Fkrit L L
L
L s K
L
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s
L
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K
L z
z y
y
x
x
88 Euler-Fall 1. Ab der kritischen Knicklast weicht der nicht gehaltene Rand seitlich aus. Die ideelle Knicklänge beträgt 2 L. Die Knickgefahr ist unter den dargestellten Varianten bei dieser Lagerung am größten. Die maximale Ausbiegung findet stets in der Mitte von s K statt.
89 Euler-Fall 2. Unter übermäßiger Belastung weicht das Bauteil durch seitliche Biegeverformung der Beanspruchung aus. Der belastete Rand verlagert sich parallel zur Bauteilebene in Richtung z. Die ideelle Knicklänge beträgt L.
Fkrit
Fkrit
Fkrit
Fkrit
L
L s K
L
L
=0
,7
L
s K
z
=1
/2
L
z y
y
x
x
90 Euler-Fall 3. Wie bei der vorigen Variante weicht das Bauteil am belasteten Rand parallel zur Bauteilebene yz aus. In diesem Randbereich verbiegt sich das Bauteil. Am biegesteif gehaltenen Rand kann sich das Bauteil hingegen nicht verdrehen oder verbiegen. Die ideelle Knicklänge beträgt hier 0,7 L.
91 Euler-Fall 4. Wegen der beiden biegesteifen Randlagerungen kann sich das Bauteil nur im mittleren Bereich verbiegen, um der übermäßigen Belastung auszuweichen. Der belastete Randbereich verlagert sich dabei parallel zur Bauteilebene. Die ideelle Knicklänge beträgt hier 1/2 L. Die Knickgefahr ist unter den dargestellten Varianten bei dieser Lagerung am geringsten.
582
9.
VI Funktionen
Bauliche Umsetzung der Kraftleitungsfunktion im Element – Strukturprinzip des Bauteils
Darstellungskonventionen:
Belastung oder Reaktion
Schnittkraft
Lagerung (alternativ zu Reaktionskraft)
Bewegung
Bei der bisherigen Betrachtung ebener Flächenbauteile unter verschiedenartigen Krafteinflüssen wurde von einem abstrakten flächigen Element mit nicht weiter definierter Struktur ausgegangen. Die ideelle Variante eines flächigen Bauteils mit vollständig homogenem und isotropem Materialgefüge ist in der Baupraxis hingegen nur selten anzutreffen. Viel häufiger sind aus Einzelbestandteilen oder Einzelteilen in verschiedenen Varianten zusammengesetzte Elemente, die nach einem spezifischen konstruktiven Prinzip mit einer charakteristischen Art der Kraftleitung gefügt sind. Äußere Belastungen treffen auf das Bauteil auf und müssen entlang spezifischer Kraftpfade, die durch dessen strukturellen Aufbau vorgegeben sind, im Element zu den Auflagern geleitet werden. Es steht nunmehr nicht nur das Tragverhalten des Gesamtelements im Vordergrund der Betrachtung, sondern auch das seiner Einzelteile sowie ihr statisches Zusammenwirken . Die im Bauwesen üblichsten Prinzipien des Zusammenbaus eines Flächenelements sollen im Folgenden näher betrachtet werden: • vollwandiges Element: in allen Richtungen (¬ x/¬ y/¬ z) fugenloses Materialgefüge ( 92); • Element aus aneinandergelegten Stäben (ausgerichtet entlang ¬ y oder ¬ z, 93); • Element aus Bausteinen: gemäß verschiedenen geometrischen Ordnungsmustern (Verbänden) zusammengesetzt ( 94); • Element aus einachsig gespannten Rippen: in Abständen verlegt, beidseitig – oder auch einseitig – beplankt ( 95); • Element aus zwei- oder mehrachsig gespannten Rippen: Rippenstruktur ein- oder beidseitig beplankt ( 96); • Element aus beplanktem Rahmen: zargenartiger Rahmen mit beidseitiger, freispannender dünner Platte ( 97); • Sandwichelement: homogener dehnweicher Kern mit beidseitiger äußerer Beschichtung oder Beplankung ( 98); • pneumatisch vorgespannte Membran (Pneu): infolge internem Gasdruck unter Zugspannung befindliches kissenartiges Element aus zwei dünnen Membranen ( 99); • mechanisch vorgespannte Membran: infolge mechanischer Stützung unter Zugspannung befindliche Membran ( 100).
2 Kraftleiten
583
z y x
92 Vollwandiges Element 93 Element aus aneinandergelegten Stäben 94 Element aus Bausteinen (hier exemplarisch die lotrecht verarbeitete Variante dargestellt)
95 Element aus einachsig gespannten Rippen 96 Element aus zweiachsig gespannten Rippen
97 Element aus beplanktem Rahmen 98 Sandwichelement
99 Pneumatisch gespannte Membran 100 Mechanisch gespannte Membran
584
9.1
VI Funktionen
Vollwandiges Element
wie oben in Abschn. 9 „Bauliche Umsetzung der Kraftleitungsfunktion im Element – Strukturprinzip des Bauteils“, S. 582, betrachtet
Abschn. 2.6 Spannungen, S. 512, und hier insbesondere die Schaubilder in 41 und 43
Dem bisher angenommenen homogenen Flächenbauteil () kommt die bauliche Realisierung als vollwandige Schale, die hinsichtlich der Kraftleitung entweder als Scheibe oder Platte wirken kann, am nächsten. Bei den bauüblichen Abmessungen von Hüllbauteilen kann ein solches Element kaum aus einem einzigen festen Werkstück gearbeitet werden, sondern ist zumeist aus einem gießbaren Werkstoff wie z.B. Beton, Lehm, etc. geformt. Vollwandige Schalen weisen im Hinblick auf die Kraftleitung grundsätzlich den wesentlichen Vorteil auf, die Last in ihrem kontinuierlichen Materialgefüge gleichmäßig zu verteilen. Beispiele hierfür sind die Scheibenwirkung sowie unter orthogonaler Belastung die Querverteilung von Lasten und die zweiachsige Tragwirkung. Für die im Hochbau primär auftretenden unidirektionalen Lasten sind sie unter Biegung jedoch eher ineffizient. Nachteilig erweist sich ihr im Allgemeinen hohes Eigengewicht und die ineffiziente Biegetragwirkung des homogenen Querschnitts. Hier zeigen Sandwichelemente gemäß 98 Vorteile. Insbesondere bei größeren Spannweiten, wo das ansteigende Eigengewicht einer Platte ihre Tragfähigkeit gleichsam immer mehr aufzehrt, weisen Rippensysteme gemäß dem Schemaprinzip in 95 Vorzüge auf. Vollwandige Schalen sind – abhängig vom verwendeten Material – infolge ihrer homogenen Struktur grundsätzlich in der Lage, vielfältige Beanspruchungen aufzunehmen, die im Folgenden näher beleuchtet werden sollen ( 101): • Druck: das vollwandige Element tritt häufig als druckbeanspruchte Scheibe auf. Auch punktuelle und unregelmäßige Belastungen können in der Schale infolge ihres fugenlosen Aufbaus gut verteilt werden (gute Querverteilung). Die bauüblichen gießbaren Werkstoffe, die sich für die Herstellung vollwandiger Schalen am besten eignen, sind zumeist mineralisch und weisen von sich aus eine hohe Druckfestigkeit auf (wie Beton). Die Druckrichtungen ¬ y und ¬ z sind gleichwertig; • Zug: wenngleich die gute Lastverteilung im Element auch für Zugkräfte einen Vorteil bedeutet, so haben doch die meisten gießbaren Werkstoffe, aus welchen vollwandige Elemente fast ausschließlich geformt werden können, eine nur geringe Zugfestigkeit. Diese sind folglich für Zugbeanspruchung bewehrt auszuführen. Beide Hauptzugrichtungen ¬ y und ¬ z sind aus den Gegebenheiten des vollwandigen Elements naturgemäß gleichwertig und lassen sich auch entsprechend bewehren; • Querkraft: im Vergleich mit anderen konstruktiven Varianten, die im Folgenden näher betrachtet werden, bietet die homogene Struktur des vollwandigen Elements eine gleichbleibende gute Schubsteifigkeit in allen Richtungen
2 Kraftleiten
585
(3.1 bis 3.6). Insbesondere bei einer Scheibenwirkung – wie bei einer aussteifenden Deckenscheibe, hier sind die Varianten 3.1 und 3.2 maßgeblich – ist diese Charakteristik von Bedeutung; • Biegung: Biegebeanspruchung führt stets zu einer Kombination von Biegedruck- und Biegezugspannungen im Querschnitt. Insbesondere die Biegezugspannungen überfordern die mineralischen Werkstoffe, aus denen in den meisten Fällen die vollwandigen Elemente bestehen, und führen zu Rissen. Sofern jedoch eine entsprechende Bewehrung das Element zur Aufnahme von Zug ertüchtigt, kann das vollwandige Element Biegebeanspruchung aufnehmen. Im Einzelnen bedeutet dies, dass bei Scheibenbeanspruchung wie auf Bild 4.1 oder 4.2 insbesondere die gedehnten Ränder, wo die größte Zugbeanspruchung auftritt, entsprechend zu bewehren sind. In den Fällen 4.3 und 4.4 muss beispielsweise im Betonbau bei einer biegebeanspruchten Platte eine dicht an der Außenfläche angeordnete Bewehrung die Zugspannungen aufnehmen. Bedeutsam ist bei der Betrachtung der Biegebeanspruchung, dass die Platte in der Lage ist, beide Biege-
Zug
Druck
1.1
1.2
3.1
3.2
3.3
3.4
4.1
4.2
4.3
4.4
5.2
5.3
2.1
2.2
3.5
3.6
Querkraft
Biegung
Verdrillung
101 Beanspruchungen der vollwandigen Schale
586
VI Funktionen
Band 2, Kap. IX-1, Abschn. 2.1 Ein- und zweiachsiger Lastabtrag
Abschn. 7. Elementare Bauteile und exemplarische Lastfälle – Verformungen und Beanspruchungen im Bauteil: Fall 7.3.8 und folgende, ab S. 564
9.1.1
Vierseitig linear gelagerte Platte Band 2, Kap. IX-2, Abschn. 3.1.1 Platte zweiachsig gespannt, linear gelagert
Unterteilung beliebig angenommen, zur besseren Erkennbarkeit Plattenstreifen trotz Materialkontinuums auf Abstand dargestellt
richtungen – hier ¬ z wie bei 4.4 und ¬ y wie bei 4.3 – gleichzeitig aufzunehmen, d.h. also eine zweiachsige Biegung aufzunehmen. Bei geeigneter doppelt gerichteter Mattenbewehrung kann der Beton einer Platte als druckbeanspruchter Verbundpartner folglich zunächst einmal doppelt – weil in zwei Richtungen – ausgenutzt werden. Ferner führt die zweiachsige Biegung zu einem geometrischen Verdrillungseffekt, der infolge einer entlastenden Biegedrillbeanspruchung die Biegebeanspruchung des Querschnitts reduziert. Dies soll im Folgenden deutlich gemacht werden: Eine zweiachsige Biegung zieht zwangsläufig eine Verdrillung der Platte wie auf den Bildern 5.2 und 5.3 nach sich. Verantwortlich für diese Verformung ist die Existenz von Biegeverformung in den zwei Hauptebenen xy und xz. Die Ursachen sollen im Folgenden zunächst anhand einer vierseitig linear gelagerten Platte etwas näher untersucht werden ( 83, Fall 7.3.8). Bei dem gezeigten Beispiel wird davon ausgegangen, dass die (ansonsten abhebenden) Eckbereiche am Lager festgehalten oder durch entsprechende Auflast niedergedrückt werden. Man denke sich die Platte aufgelöst in schub- und biegesteif miteinander verbundene Plattenstreifen in beiden Hauptrichtungen z (1 bis 7, 102 und 103) und y (1‘ bis 7‘). Es leuchtet ein, dass jeder einzelne Plattenstreifen (beispielsweise Streifen 2) nicht nur die Biegeverformung in seiner eigenen Biegeebene (also xz) erfährt, sondern von den ebenfalls sich – dann aber in Ebenen xy – verbiegenden kreuzenden Streifen (2‘ bis 6‘) quer zu seiner Längsachse verdreht, also verdrillt wird. Die stärkste Drillverformung des Streifens 2 erfolgt in Plattenmitte (hier Achse 4‘), da in den Ebenen xy betrachtet die kreuzenden Streifen (1‘ bis 7‘) sich vom Rand (1‘ und 7‘, keine Biegeverformung) bis zur Mitte (4‘, größte Biegeverformung) kontinuierlich stärker verbiegen. An den nicht unter Biegung befindlichen Rändern (1‘ und 7‘) wird der Streifen 2 in seiner Position festgehalten. Durch diese Behinderung der Drillverformung des Streifens 2 verdrillen sich die Randstreifen (also 1, 1‘, 7 und 7‘) ihrerseits am stärksten. Die Mittelstreifen (4 und 4‘) erfahren hingegen keine Verdrillung. Während in der Mitte des Streifens 2 – also am Kreuzungspunkt mit 4‘ – die Drillverformung maximal wird, ist ihre Behinderung an den anderen Rändern (1‘ und 7‘) am größten, was die Drillmomente zu den Rändern hin ansteigen lässt. Zweiachsig betrachtet erhöhen sich damit die Drillmomente zu den Ecken hin. Die in den Eckbereichen auftretenden Drillmomente sind verträglichkeitsbedingt und zeigen ein Drehen der Haupttragrichtung der Platte im Eckbereich an. Dies kommt einer Entlastung des gedachten Plattenstreifens gleich. Die Drillsteifigkeit des Materials – hier wiederum beispielsweise der Streifen 2 – erzeugt in den kreuzenden Streifen (2‘ bis 6‘) ein
2 Kraftleiten
587
102 Gedachte Unterteilung einer vierseitig linear gelagerten Platte (hier linke Hälfte dargestellt) in Plattenstreifen entlang den beiden Hauptrichtungen ¬ y und ¬ z. Auch wenn der Deutlichkeit halber getrennt dargestellt, sind die betrachteten Streifen infolge des Materialkontinuums an allen ihren Grenzflächen schub- und biegesteif mit dem angrenzenden Material verbunden. Die Drillverformung der Streifen wird an der Verlagerung der rückwärtigen Streifenkanten und Achsenkreuze (grau dargestellt) gegenüber den vorderen (schwarz gezeichnet) deutlich. L
1 L 1‘
2‘
3‘
4‘
5‘
6’
7‘ L
z
L y
2
3
4
588
VI Funktionen
103 Die charakteristische Drillverformung jedes einzelnen Plattenstreifens ist erkennbar an der Winkelabweichung der Knotenachse von der x-Achse als Referenz. Die Komponenten der Verdrehung sind jeweils nominell (y/z) bezeichnet. Der besseren Lesbarkeit halber sind komplette Plattenstreifen in z-Richtung grafisch hervorgehoben, quer dazu in y-Richtung sind lediglich die Mittelschnitte der kreuzenden Streifen dargestellt. Die Platte ist dennoch als isotrop anzunehmen. Für die Plattenstreifen in z-Richtung ist die Winkelabweichung +/– y von der x-Achse das Maß der Drillverformung.
4 3
L
-z
2 -z
1
L
1‘
-z
-z +y -z
0 +y z -
-z +yz -
2‘
+y
3‘
+y-z
0 +y
+y
+z
+y +z +y
4‘ +y
5‘
+y
6‘
+z y +
+z +z y +
+z y +
+z +z
+y +z
Knotenachse nach Verformung
z
7‘
y x
L
0
L
Referenzachse in Richtung x Symmetrieachsen L: Lagerachsen
2 Kraftleiten
589
ihrer Biegebeanspruchung entlang xy entgegengesetztes kompensierendes Moment ( 104). Ein Gleiches verursachen bei den betrachteten Streifen 2‘ bis 6‘ alle anderen kreuzenden verdrillten Streifen 3, 5 und 6. Die drillsteife Platte ist durch ihre Ecklagerung im Vergleich zur drillweichen steifer und in ihrer Tragwirkung effizienter, was auch durch eine geänderte gedachte gelenkige Lagerung deutlich gemacht werden kann ( 105). Analog zur linearen Lagerung ergeben sich auch bei punktueller Lagerung wie in 106 und 107 Verdrillungen. Der Randstreifen (1, 1‘, 7 und 7‘) steht in diesem Fall naturgemäß ebenfalls unter Biegeverformung, da er nicht mehr wie bei der linearen Lagerung vollständig aufliegt. Bezogen auf seine Systemachse ist seine Verformung im Vergleich zu anderen Plattenstreifen am größten. Am geringsten verformen sich die mittleren Streifen. Der Randstreifen erfährt, wie bei linearer Lagerung auch, die stärkste Verdrehung. Diese führt jedoch zu einer deutlich geringeren Drillverformung, da die Randstreifen (z.B. 1) an ihren Enden nicht mehr durch die quer anschließenden Randstreifen 1‘ und 7‘ eine Drilleinspannung erfahren. Stattdessen verformen sich diese Randstreifen 1‘ und 7‘ ihrerseits infolge Biegung und erlauben ein seitliches Neigen der Endpunkte des Randstrei-
Punktuell gelagerte Platte
2 1‘
2‘
104 Schnitt durch die belastete Platte in 103 im Bereich des Streifens 2. Die Drillsteifigkeit der kreuzenden Plattenstreifen 1‘ bis 7‘ – sowie selbstverständlich auch der dazwischenliegenden Plattenabschnitte – erzeugt entlastende Drillmomente (also mit negativem Vorzeichen) auf den betrachteten Plattenstreifen 2 und mindert folglich seine Durchbiegung.
3‘ drillsteif drillweich 4‘
5‘
6‘
7‘ z
x
105 Für eine gelenkig vierseitig linear randgelagerte Platte: Darstellung der effektiven gelenkigen Lagerung für eine drillweiche und eine drillsteife Platte.
9.1.2
590
VI Funktionen
106 Gedachte Unterteilung einer punktuell an den Ecken gelagerten Platte (hier linke Hälfte dargestellt) in Plattenstreifen entlang den beiden Hauptrichtungen ¬ y und ¬ z, analog zu 102.
L
1
L 1‘
2‘
3‘
4‘
5‘
6’
7‘ L
z
L y
2
3
4
2 Kraftleiten
591
107 Axonometrische Darstellung der Verformung bei der punktgelagerten Platte. Grafik wie in 103.
4
L
3
-z +y -z
2 +y z -
1
+y
+y z -z
1‘
L
-z
-z
+y z +y -z
2‘
+y-z
3‘
+y
-z
0
+y -z
+y +z +y +z +y
4‘
+y
+z +y +z
+z +y
5‘
+z
+y +z +y
+z
+z
6‘
+z y +
+y +z +y +z
7‘
+y
L
z y x
L
592
VI Funktionen
Fall 7.3.10: Vierseitig gelenkig punktuell gelagertes Element (Platte) unter orthogonaler Flächenlast, S. 570
9.2
Element aus gemäß y/z aneinandergelegten Stäben
wie beispielsweise Porenbeton-Wandund -Deckenplatten
Kap. IV-5, Abschn. 4. Mechanische Eigenschaften, S. 277
Unterpunkt Querkraft, weiter unten
wie wenn man beispielsweise Hölzer seitlich aneinanderleimt; in Band 2, Kap. X-2, Abschn. 3.6 Moderne Massivholzbauweisen
fens 1, was seine Verdrehungsänderung und somit seine Drillverformung mindert. Keine Verdrillung erfahren jeweils die Mittelstreifen 4 und 4‘. Insgesamt ist bei punktgestützten Platten eine geringe Drillmomentenbeanspruchung festzustellen. Dies weist auf eine im Vergleich zur linear gelagerten geringe Änderung der Haupttragrichtung hin. Diese ist bei punktgelagerten Platten im Wesentlichen diagonal ausgerichtet. Die Elementfläche wird in diesem Fall durch einfaches seitliches Stoßen oder Aneinanderlegen von stab- oder streifenförmigen Einzelteilen gebildet. Baupraktisch findet sich diese Variante insbesondere aus Materialien gefertigt, die vorzugsweise in Stabform verfügbar sind, also in erster Linie Holz. Stahl findet sich in dieser Strukturvariante nur sehr selten. Einzelne Beispiele aus mineralischen Werkstoffen () folgen diesem Strukturprinzip. Hinsichtlich der Kraftleitung lässt sich dieses konstruktive Prinzip wie folgt beschreiben: • Druck: Druckkraft wird entweder axial im Stab selbst aufgenommen – Kraftrichtung parallel zu Stabausrichtung, 108 – oder über direkten Kontakt an der Stoßfläche zwischen Stäben – Kraftrichtung quer zu Stabausrichtung, 110. Wenngleich demnach beide Kraftrichtungen aufnehmbar sind, bleibt die Frage, wie die Druckkraft zum Stab ausgerichtet ist, dennoch von Bedeutung, wenn das verwendete Material anisotrop ist. Dies trifft bei Holz zu, denn Druckkräfte können entlang der Faser wesentlich besser aufgenommen werden als quer zu ihr. Es ergibt sich im Fall auf 110 bei Ausführung in diesem Werkstoff folglich eine Querpressung des Holzes, die planerisch zu berücksichtigen ist. Ebenfalls bedeutsam bei stabparallelem Kraftangriff ist die fehlende Schubfestigkeit in dieser Richtung, die bei nachgiebiger Lagerung dazu führen kann, dass einzelne Stäbe sich gegenüber den benachbarten verlagern ( 109); ein Beispiel aus der Praxis sind unregelmäßige Setzungen entlang ¬ z bei unzureichender Gründung. Weniger anfällig gegen diese Gefahr ist bei entsprechender Stabsteifigkeit naturgemäß das System in 110; • Zug: verläuft die Zugkraft parallel zur Stabachse, herrschen ähnliche Verhältnisse wie unter Druck. Insbesondere bei anisotropen Werkstoffen wie Holz ist dann eine direkte Kraftaufnahme im Stab – bei Holz entlang der Faser – möglich. Quer zur Stabachse wirkend führt die Zugkraft ohne Gegenmaßnahme zunächst naturgemäß zum Klaffen der Fuge ( 111). Diese müsste für diese Art von Belastung entsprechend zugfest ausgebildet werden, was in der Regel einen entsprechenden konstruktiven Aufwand mit sich zieht. Dennoch ist auch eine solche Lösung grundsätzlich denkbar;
2 Kraftleiten
• Querkraft: klar zu unterscheiden sind bei Querkraftangriff jeweils die Fälle, bei denen die Scherfläche parallel ( 112, 115) oder quer ( 113) zur Stabachse verläuft. Quer zur Stabachse verlaufende Querkräfte treffen auf den Schubwiderstand der Stäbe selbst. Ihre Schubwiderstände addieren sich sogar auf. Längs zur Stabachse verlaufende Schubbeanspruchung kann hingegen nicht aufgenommen werden, solange die Stoßfuge nicht schubsicher ausgeführt ist. Baupraktisch äußert sich diese Einschränkung beispielsweise darin, dass eine Holzbalkendecke – gleichgültig ob mit anstoßenden oder auf Abstand verlegten Balken – ohne Zusatzmaßnahmen nicht zur Schubaussteifung herangezogen werden kann. Aus dem gleichen Grund kann z. B. auch eine Bretterschalung keine aussteifende Funktion übernehmen, da sie nicht imstande ist, Querkräfte in Richtung der Bretter aufzunehmen ( 116). Eine geeignete Maßnahme zur Schaffung einer schubsteifen Stoßfuge zwischen Stäben ist beispielsweise eine Verdübelung wie sie oftmals im Holzbau eingesetzt wird. Alternativ wird hierfür auch Reibung in der schubbeanspruchten Fuge aktiviert. Dies erfolgt durch Druck quer zur Kraftrichtung ( 114). Dieser Mechanismus ist insbesondere im Mauerwerksbau von großer Bedeutung; • Biegung: es liegt auf der Hand, dass für die Fähigkeit, Biegebeanspruchung aufzunehmen, wiederum die Spannrichtung der Stäbe entscheidend ist. Biegung kann nur in Spannrichtung der Stäbe aufgenommen werden ( 117). Ansonsten verhindert die fehlende Schubfestigkeit der Fugen sowie deren Neigung zum Klaffen unter (Biege)Zug jegliche Biegebeanspruchung, da diese mit entsprechenden Querkräften rechtwinklig zur Stabachse – also in x-Richtung – bzw. mit Biegezugspannungen in der Fuge verbunden ist ( 118). Anders verhält es sich, wenn die Fugengeometrie radial verläuft ( 119). Dann wird das Gleiten an den Fugen entlang der Kraftrichtung, also quer zur Elementebene gemäß ¬ x, verhindert und es baut sich eine Gewölbewirkung, also eine Stützlinie auf. Als Folge davon entstehen an der Lagerung nach außen gerichtete Schübe, die aufgrund des sehr kleinen Gewölbestichs (maximal = Elementdicke) entsprechend groß sind. Diese Lösung findet sich in der Praxis kaum, denn es ist gemeinhin vorteilhafter, die Steifigkeit der ohnehin vorhandenen Stäbe zu nutzen und die Spannrichtung zu ändern, diese also von Auflager zu Auflager zu spannen (wie in 117). Bedeutsam beim vorliegenden Stabsystem ist, dass Einzelkräfte, die nur einen Teil der parallelen Stäbe belasten ( 120), nur diese und nicht die benachbarten unbelasteten verformen. Die fehlende Mitwirkung benachbarter Stäbe ist ein Charakteristikum der sogenannten gerichteten Systeme und erlaubt bei diesem Konstruk-
593
Abschn. 9.4 Element aus einachsig gespannten Rippen, 183, S. 613
Abschn. 9.3.2 Verband – druckkraftwirksame Übergreifung, S. 596
594
VI Funktionen
z
z
y x
108 Druckbeanspruchung entlang der Stabachse
z
y
x
x
109 Druckbeanspruchung entlang der Stabachse bei lokal nachgiebiger Lagerung (lokal instabil)
z
y
z y
y
110 Druckbeanspruchung quer zur Stabachse
z
111 Zugbeanspruchung quer zur Stabachse (nicht stabiles System)
112 Querkraftbeanspruchung parallel zur Stabachse (nicht stabiles System)
y x
x
x
113 Querkraftbeanspruchung quer zur Stabachse
QD
QD z
y x
114 Querkraftbeanspruchung längs zur Stabachse lässt sich durch Reibung in der betroffenen Fuge infolge Querdrucks QD neutralisieren.
z
z
y
y
x
x
11 Querkraftbeanspruchung quer zur Elementebene (nicht stabiles System)
116 Aufgrund der Gleitfähigkeit der Stoßfuge zwischen Stäben ist keine Schubbeanspruchung in der Elementebene aufnehmbar (nicht stabiles System).
2 Kraftleiten
595
z
z
z
y
y
y
x
x
x
117 Biegebeanspruchung. Spannrichtung in Stabachse
118 Biegebeanspruchung. Spannrichtung quer zur Stabachse (nicht stabiles System)
z
z y
y
x
x
120 Biegebeanspruchung infolge Einzellast. Die Verformung betrifft allein den belasteten Stab. Keine Mitwirkung benachbarter Stäbe.
121 Drillbeanspruchung des Elements (nicht stabiles System)
119 Variante mit gefächerter Fugengeometrie verhindert die Schubverformung quer zur Elementebene. Es ist folglich eine Aufnahme der Kräfte in dieser Richtung (also x) möglich. Infolge der resultierenden Gewölbewirkung entstehen große Schubkräfte an den Auflagern.
596
VI Funktionen
tionsprinzip (im Gegensatz zur Platte) keine zweiachsige Lastabtragung. • Verdrillung: dieses Konstruktionsprinzip weist keine Torsionssteifigkeit auf, da die Stäbe sich unter dieser Beanspruchung in einer Drehbewegung gegeneinander verschieben können ( 121). Der Grund ist wiederum die fehlende Schubsteifigkeit der Stoßfuge zwischen Stäben. Element aus Bausteinen
9.3
Kreuzfugengeometrie
9.3.1
9.3.2
Band 2, Kap. VII, Abschn. 3.1.4 Bausteinförmige Ausgangselemente
Verband – druckkraftwirksame Übergreifung
z
y x
Denkt man sich das parallele Fugenmuster des Stabelements in der orthogonalen Richtung verdoppelt, so entsteht ein Element aus einzelnen Bausteinen, die in einem Kreuzfugenmuster gefügt sind. Das bedeutet also, dass an jeder Ecke vier Fugen kreuzförmig in einem Punkt zusammentreffen ( 122). Aufgrund der Gleitfähigkeit jeder einzelnen Fuge, also in allen Richtungen x, y und z gelten für diese Art von Bausteinelement hinsichtlich der Kraftaufnahme sämtliche Einschränkungen wie beim Stabelement, und zwar in allen drei Hauptrichtungen x, y und z ( 123, 124). Auch Beanspruchungen wie in 117 (Biegung) sind bei diesem System nicht aufnehmbar. Aus diesem Grund ist dieses Gefüge aus im Kreuzfugenraster verlegten Bausteinen in der Baupraxis als kraftleitendes Element so gut wie nicht existent. Es ist einzig als flächenbildender Belag auf tragender Unterlage anzutreffen. Eine Ausnahme bildet wiederum der Fall, bei dem die Fugengeometrie radial verläuft, und zwar in diesem Fall ausgehend von einem zentralen Punkt P. Es entstehen dann keilförmige Bausteine, die das Gleiten in Richtung x verhindern ( 125). Die Wirkungsweise ist vergleichbar zu der beim Stabsystem auf 119, wobei an der Lagerung Schübe in beiden Richtungen y und z entstehen. Baupraktisch ist auch diese Lösung äußerst selten. Sie tritt nur vereinzelt im Steinbau als scheitrechte Gewölbedecke auf. Eine wesentlich größere bauliche Bedeutung hat ein Bausteinelement aus im Verband7 verlegten Einzelsteinen, also solchen, die sich in der Bauteilfläche betrachtet gegenseitig übergreifen. Ein Verband schafft eine Verzahnung zwischen benachbarten Steinen und verbessert das mechanische Verhalten des flächigen Elements. Diese Art tragenden Gefüges stellt die Grundlage der herkömmlichen Mauerwerksbauweisen dar. Sie weist jedoch kennzeichnende Einschränkungen hinsichtlich ihrer Fähigkeit auf, Kraft zu leiten. Diese sollen im Folgenden näher betrachtet werden: • Druck: analog zum Element aus aneinandergelegten Stäben ( 110) kann Druckkraft über direkten Kontakt an den Fugen zwischen den Bausteinen übertragen werden. Bei gleichmäßig verteilter Streckenlast gilt dies für die beiden Kraftrichtungen ¬ y und ¬ z, also jeweils rechtwinklig zur Lagerfuge (Verlauf entlang ¬ y, 126) oder zur Stoßfuge (Verlauf entlang ¬ z, 128). Ungleichmäßig
2 Kraftleiten
verteilte Lasten oder Einzellasten lassen sich rechtwinklig zur Lagerfuge (in Richtung ¬ z) infolge der Verzahnung in der Elementebene verteilen ( 127). Hingegen können solche Lasten rechtwinklig zur Stoßfuge (also entlang ¬ y) zunächst dazu führen, dass ähnlich wie beim Stab ( 109) einzelne Steinreihen sich innerhalb des Gefüges verschieben, da die durchgehenden Lagerfugen der zugehörigen Querkraftbeanspruchung keinen Widerstand entgegensetzen ( 129). Dieser Gleitbewegung kann durch einen Querdruck (also entlang ¬ z) ein Widerstand entgegengesetzt werden, der sich aus der Reibung in der Fuge ergibt ( 116, vgl. auch Stabelement auf 114). Im Mauerwerksbau übernehmen herkömmlicherweise Lasten diese Aufgabe: entweder Eigen- oder Auflasten. Dies trifft für die parallel zu ihrer Ebene mit Lasten belegte Mauerscheibe zu. Grundsätzlich kann der für den Aufbau eines Reibschlusses in der Fuge erforderliche Druck aber auch bei Kraftwirkung quer zur Bauteilfläche durch andere statische Systeme erzeugt werden: beispielsweise durch ein Gewölbe, das indessen eine geeignete Krümmung voraussetzt. Übermäßige Belastung jenseits der kritischen Knicklast führt zum Versagen des Elements durch Knicken ( 131, 132). Je nach Lagerung kann es dabei zu verschiedenen Versagensmechanismen kommen. Grundsätzlich gilt, dass je mehr Ränder des Elements gelagert sind, desto größer die Knicksteifigkeit ist. Besonders kritisch ist demnach eine nur einseitige Lagerung wie auf 132 (z.B. einseitige Einspannung, 88: Euler-Fall 1). Günstiger verhält sich eine zweiseitige Lagerung, 131 (Euler-Fall 2 in 89). Im klassischen Mauerwerksbau werden Wandelemente vorzugsweise vierseitig gehalten (keine freien Ränder), was hinsichtlich der Bauteillagerung den günstigsten Fall darstellt; • Zug: Zugbeanspruchung orthogonal zur durchgehenden Lagerfuge (also in Richtung ¬ z) führt zum Klaffen derselben, sofern keine ausreichende Haftung besteht ( 133). Da diese Richtung (¬ z) bei herkömmlichen Steinmauern der Lotrechten entspricht, können bei dieser Bauweise derlei Zugkräfte durch entgegengesetzt gerichtete Lasten (Eigen- oder Auflast) neutralisiert werden – durch sogenanntes Überdrücken von Zugkräften. Zugbeanspruchung parallel zur Lagerfuge (in ¬ y) führt zunächst zum Aufreißen einer gezahnten Fuge wie in 134. Da im Mauerwerksbau keine ausreichenden Haftkräfte vorhanden sind, kann diese Zugbeanspruchung nur durch einen Querdruck in z-Richtung (also wiederum Last) ins Gleichgewicht gesetzt werden ( 135). Dieser presst die Lagerfugenabschnitte der gezahnten potenziellen Rissfuge zusammen und aktiviert eine die Zugkraft sperrende Reibkraft in y-Richtung (Detail, 135). Die Stoßfugen haben bei diesem Mechanismus keinerlei Wirkung;
597
historische gemauerte Gewölbe wie in Band 2, Kap. VII, Abschn. 3.2 Zweiseitig gekrümmte Oberflächen > 3.2.2 Kugel > bausteinförmige Ausgangselemente
598
VI Funktionen
z
z
z
y x
122 Element aus Bausteinen im Kreuzfugenraster
y
y
x
x
123 Fehlende Schubsteifigkeit in Richtung z (nicht stabiles System)
124 Fehlende Schubsteifigkeit in Richtung y (nicht stabiles System)
P
z
y
z
x
125 Die Variante mit gefächerter Fugengeometrie verhindert die Schubverformung quer zur Elementebene. Es ist folglich eine Aufnahme der Kräfte in dieser Richtung (also x) möglich. Schübe in beiden Richtungen ¬ y und ¬ z.
y
z y
x
126 Gleichmäßig verteilte Druckbeanspruchung in Richtung ¬ z wird durch Kontakt an den Lagerfugen übertragen.
x
127 Ungleichmäßig verteilte Druckbeanspruchung rechtwinklig zur Lagerfuge (Achse ¬ z) kann dank der Verzahnung durch versetzte Stoßfugen aufgenommen werden.
QD
z
y x
128 Gleichmäßig verteilte Druckbeanspruchung in Richtung y wird durch Kontakt an den Stoßfugen übertragen.
z
y x
129 Ungleichmäßig verteilte Druckbeanspruchung parallel zur Lagerfuge (Achse ¬ y) kann zum Gleiten einzelner Bausteinschichten führen (lokal instabiles System).
z
y x
QD
130 Ungleichmäßig verteilte Druckbeanspruchung wie in 129 kann durch Querdruck QD (in Richtung z) auf die Lagerfuge und resultierender Reibungskraft (entlang ¬ y) ausgeglichen werden.
2 Kraftleiten
599
Fkrit
Fkrit
z
y
z
x
131 Übermäßige Druckkraft führt zu einem Versagen des Elements durch Knicken am Ort mit größtem Biegemoment (zweiseitige Lagerung: Elementmitte) (nicht stabiler Zustand).
z y
y
x
x
132 Übermäßige Druckkraft führt zu einem Versagen des Elements durch Knicken am Ort mit größtem Biegemoment (einseitige Lagerung: an der Einspannung) (nicht stabiler Zustand).
133 Aufreißen der (nicht verzahnten) Lagerfuge infolge Zugs rechtwinklig zur Fugenebene (in Richtung z) (nicht stabiles System).
QD
z
y
z
x
x
134 Gezahnte Rissfuge infolge Zug in Richtung y. Aufreißen der Stoßfuge und Gleiten im Lagerfugenabschnitt (entlang ¬ y) (nicht stabiles System).
z
y
QD
135 Das Aufreißen wie in 134 wird verhindert durch einen Querdruck QD in Richtung z (Last L). Das Gleiten im Lagerfugenabschnitt (entlang ¬ y) wird mittels Druck behindert.
y x
136 Querkraftbeanspruchung in Richtung z (rechtwinklig zur Lagerfuge) wird aufgrund der Verzahnung der Steine in Richtung z aufgenommen (vgl. auch 113)
QD
QD z
z y
y
x
x
137 Querkraftbeanspruchung in Richtung y (parallel zur Lagerfuge) führt zu einem Gleiten in der durchgängigen Lagerfuge (nicht stabiles System).
138 Ohne geeigneten Querdruck (in Richtung z) würden die Lagerfugen unter Querkraftbeanspruchung in Richtung ¬ y gleiten und somit eine Scheibenwirkung des Elements verhindern (nicht stabiles System).
z
y x
139 Querdruck QD (in Richtung z) infolge Last L aktiviert den Reibungswiderstand in den Lagerfugen und ermöglicht eine Scheibenwirkung des Elements (vgl. auch 114).
600
VI Funktionen
• Querkraft: Querkräfte in Richtung der Stoßfugen (¬ z) werden mittels der Verzahnung der Bausteine aufgenommen ( 136). In Richtung der Lagerfuge führen sie zum Gleiten in derselben entlang der Achse ¬ y ( 137). Ohne Gegenkraft würde dieser Effekt eine Scheibenwirkung des Elements unter Querkraft wie auf 138 verhindern. Wiederum führt ein Querdruck (Last in Richtung ¬ z) zum Zusammenpressen der durchgehenden Lagerfuge und zur Aktivierung des Reibungswiderstands ( 139). Auf diese Weise wird der Verband schubsteif. Gleiches gilt für Querkräfte in x-Richtung;
Band 2, Kap. X-1, Abschn. 4.1. Stabilisierung von Wänden im Mauerwerksbau
Band 2, Kap. VII, Abschn. 3.1 Ausbau einseitig gekrümmter Oberflächen > 3.1.4 Bausteinförmige Ausgangselemente, 132
• Biegung: Biegebeanspruchung infolge eines Kraftangriffs rechtwinklig zur Elementebene (Achse ¬ x) führt zu einem Versagen, etwa wie beim Element aus aneinandergelegten Stäben in 118 (vgl. 141). Wie dort auch, fehlt dem Verband beispielsweise in Kraftangriffsrichtung, also entlang der Achse ¬ x, die notwendige Schubfestigkeit in der Fuge, um die entlang ¬ x auftretenden Querkräfte aufzunehmen. Sofern ein Querdruck wie in 142 existiert, und dieser nicht (wie in 145) ausreicht um Biegung zu überdrücken ( 140), erfolgt ein radiales Aufklaffen der Fugen. Auch bei dreiseitiger linearer Lagerung wie in 143 weicht unter extremer Belastung der Verband in x-Richtung durch Schubgleitung in der Lagerfuge (Ebene xy) aus. Diese Art der Beanspruchung können Mauerwerkswände nur bei begrenzten Spannweiten aufnehmen. Ansonsten sind Versteifungsmaßnahmen – wie beispielsweise bei einem Ringbalken – bzw. eine zusätzliche vierte Lagerung erforderlich – wie bei Anbindung an eine Deckenscheibe. Unter einer Linienlast wie in 144 erfolgt – ohne ausreichenden Querdruck – ein Aufklappen einer Fuge und eine Kippbewegung des versagenden Bauteils. Ähnlich wie beim Kreuzfugenelement sind zwar Lösungen mit Verband und radial gefächerten Fugen denkbar ( 125), doch heute im Bauwesen praktisch nicht existent. Sie traten hingegen bei historischen Wölbkonstruktionen (Kufverband) auf. Als horizontal oder schräg liegende Bauteile – also in den Fällen wo sich die Auflast nicht oder nur eingeschränkt (nämlich maximal in Größe der ebenenparallelen Kraftkomponente) auswirken kann, weil sie nicht rechtwinklig auf die Fugenflächen auftrifft – sind ebenflächige Mauerwerksverbände ungeeignet. Häufiger hingegen tritt Biegebeanspruchung bei stehenden Bausteinelementen (also Mauern) auf, sei es als einseitig eingespanntes (Beispiel: freistehende Mauer) oder zweiseitig linear gelagertes Element (Beispiel: durch Decken gehaltene Mauer). In solchen Fällen tritt der Querdruck auf den Lagerfugen infolge Last (Eigen- oder Auflast) in Funktion und erzeugt eine Reibungskraft, die Schubfestigkeit aktiviert und Zug überdrückt. Auch Biegebeanspruchung in der Lagerfuge kann aufgenommen werden, sofern ausreichend Last vorhanden ist
2 Kraftleiten
601
und der Lastangriff weitgehend axial im Mauerquerschnitt wirkt. Die abhebenden Zugkräfte infolge Biegebeanspruchung – Biegezugspannungen auf der lastabgewandten Seite in der Lagerfuge – werden dann durch die Druckkraft infolge Last überdrückt ( 140). Dies gilt sowohl für eine gelenkige zweiseitige Lagerung (gemäß Fall 7.3.6 in 81, vgl. 145) wie auch für eine einseitige Einspannung (gemäß Fall 7.3.4 in 79, vgl. 146);
innerhalb der Kernfläche; vgl. hierzu auch Band 2, Kap. IX-4 Gründung, 25
• Verdrillung: Bausteinelemente verhalten sich im Wesentlichen vergleichbar ungünstig wie Elemente aus aneinandergelegten Stäben ( 121). Die fehlende Schubsteifigkeit in den Fugen erlaubt ein Gleiten in denselben und eine Verdrehung des Elements. Somit sind wiederum ohne ausreichenden zweiachsigen Druck keine Drillmomente aufnehmbar.
M
>> M
>M
F
F
F
Zug in der Fuge
(F)
σD
–
(F)
+ (M)
σBZ
= σR l < 0
–
– σBD
σR r = σD + σBD – σBZ
+
σR l = 0
+ +
– σBD
=
σR l > 0 σR r = σD + σBD – σBZ
B
140 Beanspruchung einer Fuge durch eine Druckkraft F und ein in drei Stufen A, B und C ansteigendes Moment M. Mit anwachsendem M baut sich durch die Wirkung der Biegezugspannung mBZ auf einer Seite der Fuge die Druckspannung mD zunehmend ab, bis zuletzt Zugspannungen in einem randständigen Fugenabschnitt auftreten (Zustand C). Kraft Moment Druckspannung infolge F Biegedruckspannung infolge M Biegezugspannung infolge M Resultierende Spannung infolge F und M, jeweils links und rechts
σD
–
(M) σBZ =
A
F M mD mBD mBZ mR l , mR r
(F)
+ (M) σBZ
+
σD
–
!
+
C
– σBD
σR r = σD + σBD – σBZ
602
VI Funktionen
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Gefüge eines Bausteinelements, wie es im Mauerwerksbau üblich ist, nur dann gegenüber verschiedenen Belastungen kraftleitend wirken kann, wenn an seiner schwächsten und empfindlichsten Stelle – nämlich der durchgehenden Lagerfuge – ein ausreichender Querdruck wirkt, der sowohl • Querkräfte in der Fugenebene mittels Reibung als auch • abhebende Kräfte rechtwinklig zur Fugenebene mittels Überdrücken
eine Ausnahme stellt bewehrtes Mauerwerk dar Band 2, Kap. VII, Abschn. 3.2 Ausbau zweiseitig gekrümmter Oberflächen, 3.2.2 Kugel > bausteinförmige Ausgangselemente
9.3.3
Verband – haftungswirksame Übergreifung
neutralisiert. Dieser Querdruck lässt sich baupraktisch am sinnvollsten durch Last erzeugen, und zwar grundsätzlich sowohl (bei Mauern) axial als auch (bei Bogen- oder Gewölbekonstruktionen) quer zur Bauteilachse wirkend. Es ist dabei unerheblich, ob dies Eigenlasten des Mauerwerks oder Auflasten sind, die beispielsweise aufliegende Decken in eine Mauer einleiten. Da die Lasten naturgemäß immer lotrecht wirken, ergibt sich als notwendige Folge, dass die Lagerfugenebene im Wesentlichen horizontal zu verlaufen hat, und damit des Weiteren, dass Mauerwerk (mit nur kleinen Abweichungen) lotrecht zu verbauen ist. Alternativ lässt sich – wie erwähnt – der notwendige Druck in der Fuge auch durch Bogen- oder Gewölbewirkung erzeugen. Diese Art Tragwerke besitzt heute jedoch keine bautechnische Bedeutung und findet sich fast ausschließlich bei historischen Bauwerken. Anders als bei der eben besprochenen Konstruktion übergreifen sich die Bausteine in diesem Fall nicht in der Bauteilebene, sondern quer zu ihr (vgl. Detail in 150). Die Voraussetzung dafür ist, dass das Bauteil aus mehreren Bausteinschichten aufgebaut ist, die an ihren Kontaktflächen durch die Wirkung geeigneter Klebeschichten aneinanderhaften. Da die Stöße der Bausteine in jeder der einzelnen Schichten gegenüber denen der benachbarten Schicht versetzt sind, und zwar in beiden Hauptrichtungen der Fläche ¬ y und ¬ z, entsteht eine durchgängige Übergreifung ( 148). Infolgedessen ist jede Fuge in ihrer gesamten Länge durch Bausteinflächen der benachbarten Schicht überdeckt und kraftleitend geschlossen. Ein Verband bzw. eine Übergreifung in der Bauteilebene selbst ist zwar möglich, aber – anders als bei der druckkraftwirksamen Übergreifung, s.o. – für die Tragfähigkeit des Bauteils nicht mehr unabdingbar. Es entsteht auf diese Weise eine annähernd homogene Scheibe, die – abhängig von der Haftscherfestigkeit der Kontaktflächen – in der Lage ist, Zugspannungen ohne die Druckwirkung der Schwerkraft – das bereits erwähnte Überdrücken derselben – aufzunehmen. Im Gegensatz zu der druckkraftwirksamen Übergreifung ist hier die Klebe- oder Kontaktfläche um ein Vielfaches vergrößert, da nunmehr
2 Kraftleiten
603
fR D)
gR
(Q siehe 140
gR z
z y
y
x
x
141 Versagen des Bausteinelements unter Biegung durch Gleiten in den Lagerfugen infolge Querkraftbeanspruchung entlang x (nicht stabiles System).
z
gR
y x
142 Versagen des Bausteinelements unter Biegung durch radiales Klaffen der Lagerfugen infolge Biegezugkräften (nicht stabiles System).
143 Versagen des Bausteinelements bei dreiseitiger linearer Lagerung durch Aufbrechen des freien Rands (nicht stabiles System). fR freier Rand gR gelagerter Rand
D)
D)
(Q
QD
(Q
L siehe 140
siehe 140 z
z y
y
x
x
144 Versagen des Bausteinelements unter Kraftwirkung in Elementmitte durch Aufklappen einer Lagerfuge infolge Biegebeanspruchung (kleiner Querdruck QD, nicht stabiler Zustand).
145 Querdruck QD (in Richtung z) infolge Last L überdrückt die Biegezugspannungen in der Lagerfuge und erzeugt Biegesteifigkeit.
z
y x
siehe 140
146 Versagen einer einseitig eingespannten Elements unter orthogonaler Flächenlast durch Kippen an der Fuge mit größter Biegebeanspruchung (kleiner Querdruck QD, nicht stabiles System).
QD
siehe 140 z
z
z
y
y
y
x
x
x
147 Querdruck QD (in Richtung z) infolge Last L überdrückt die Biegezugspannungen in der Lagerfuge und erzeugt Biegesteifigkeit.
148 Scheibenwirkung bei einem haftungswirksamen Bausteingefüge. Die aufgrund der Biegung entstehenden Zugspannungen im unteren Bereich der Scheibe werden durch die Haftwirkung zwischen den Bausteinschichten sowie durch die Bausteine selbst übertragen.
149 Eine Plattenwirkung ist möglich wenn die Haftscherfestigkeit der zugbeanspruchten Kontaktfläche (hier der Kraft abgewandt) ausreichend ist, um die Biegezugspannungen aufzunehmen.
604
VI Funktionen
Band 2, Kap. VII, Abschn. 2.2 geometrische Voraussetzungen
nicht nur einzelne quer zur Elementebene verlaufende Fugenflächen für den Zusammenhalt des Gefüges verantwortlich sind, sondern ein Vielfaches der Gesamtfläche des Bauteils, nämlich das Äquivalent der Summe der Zwischenschichten zwischen den aneinanderhaftenden Bauteilschalen. Zusätzlich entsteht bei Verwendung eines Klebemörtels eine gewisse Zugtragfähigkeit. Es lässt sich hierdurch eine Scheibenwirkung aktivieren ( 148) sowie auch innerhalb gewisser Grenzen, die wiederum durch die maximale Haftscherfestigkeit der Klebefläche vorgegeben sind, eine Plattenwirkung, bei der eine Schale unter Biegezugbeanspruchung steht ( 150, 151). Ein baupraktisches Beispiel für diese Bauart sind die katalanischen Ziegelgewölbetechniken. 8 Eine besondere zusätzliche Steifigkeit erhalten die katalanischen Gewölbe durch ihre Krümmung. Die Fähigkeit des Gefüges, Zugkräfte in der Bauteilebene, bzw. tangential zu ihr, aufzunehmen erlaubt eine Membranwirkung bei diesen gekrümmten Bauteilen, die sich weitgehend wie eine homogene dünne Schale verhalten.
150 Die Bausteine werden in mehreren Lagen jeweils in beiden Richtungen y und z versetzt zueinander verlegt. Jede Fuge ist folglich beiderseits stets mit einer durchgängigen Bausteinfläche überdeckt und infolge der Haftwirkung kraftschlüssig zusammengehalten. Auch die Fugennetze gerader bzw. ungerader Bausteinschalen sind gegeneinander versetzt. 151 Ein Beispiel für die Plattenwirkung einer haftungswirksamen Übergreifung stellt diese katalanische Ziegeltechnik dar, bei der eine flache Decke horizontal mit Flachziegeln gemauert wird. Die nur beschränkte Haftscherfestigkeit der Mörtelschicht erlaubt indessen nur geringe Spannweiten a (rund 60 cm). Günstig wirkt sich auch die Durchlaufwirkung über die Träger hinweg aus.
a
2 Kraftleiten
Vollwandige Elemente und zum Teil auch Elemente aus gestoßenen Stäben wie in den vorigen Kapiteln besprochen weisen den Vorteil einer bei kleinen Spannweiten vergleichsweise geringen Konstruktionsdicke sowie einer guten Verteilung der Beanspruchungen im Element auf. Sie sind hingegen im Regelfall mit einem verhältnismäßig hohen Materialaufwand und hohem Eigengewicht verbunden. Unter bestimmten Voraussetzungen, wie beispielsweise Biegebeanspruchung über großen Spannweiten, kann der Fall eintreten, dass ein großer Teil der Tragressourcen des Elements aufgebraucht werden, allein um die Eigenlast zu tragen. Ein wesentlicher Schritt hin zu einer besseren Materialausnutzung und einer Gewichtsverringerung der Konstruktion sind Rippensysteme wie sie im Folgenden besprochen werden sollen. Das Konstruktionsprinzip beruht auf im festgelegten Abstand parallel zueinander angeordneten Stäben – fortan als Rippen bezeichnet. Diese werden zur Flächenbildung entweder mit:
605
Element aus einachsig gespannten Rippen
siehe auch Band 2, Kap. VIII, Abschn. 5 Rippensysteme, wo diese konstruktive Variante als komplettes Hüllbauteil in ihrem Gesamtaufbau hinsichtlich der verschiedenen baulichen Teilfunktionen untersucht wird
• einer Platte einseitig ( 152), oder: • zwei Platten beidseitig ( 153) belegt. Dabei können die Rippen sowohl: • einachsig (gerichtet) ( 95) als auch • zwei- oder mehrachsig (ungerichtet) ( 96) gespannt werden. Elemente aus zwei- oder mehrachsig spannenden Rippen werden weiter unten besprochen. Die Fläche lässt sich entweder durch:
Abschn. 9.5 Element aus zwei- oder mehrachsig gespannten Rippen, S. 620
• Platten ( 153), oder durch • quergespannte weitere gerichtete Stablagen einer niedrigeren Trägerhierarchie ( 154) in fortschreitenden Lagen, zuletzt mit einer dünnen Platte, zu einer Fläche schließen. Platten lassen sich in diesem Zusammenhang: • hinsichtlich Kraftleitung nicht mitwirkend, oder • hinsichtlich Kraftleitung mitwirkend ausführen.
Band 2, Kap. IX-1, Abschn. 3.7 Einige grundlegende planerische Überlegungen zu Stabscharen
9.4
606
VI Funktionen
z
z y
y
x
x
152 Rippenelement gerichtet, einseitig mit Platte belegt
z
153 Rippenelement gerichtet, zweiseitig mit Platte belegt
z
z y x
154 Rippenelement gerichtet mit querorientierter untergeordneter Stablage
z
y
y
y
x
x
x
155 Rippenelement ungerichtet, zweiseitig mit Platte belegt (siehe hierzu Abschn. 9.5)
156 Rippenschar
z
z
157 Rippenschar mit aussteifender und lastverteilender Platte
z
y
y
y
x
x
x
158 Rippenschar mit Randstäben
159 Rippenschar mit quer gerichteter nebengeordneter Stabschar
160 Rippenschar mit Kombination von Randstäben und aussteifender Platte (einoder beidseitig)
2 Kraftleiten
607
Wie bei den bisher besprochenen konstruktiven Varianten abstrahiert die folgende Betrachtung von spezifischen Anwendungs- oder Einbausituationen und geht lediglich von allgemeingültigen Last- und Lagerungsfällen aus. Aus dieser Perspektive gehören sowohl:
F
F
F
F
F
F
• Balkendecken; • Rippenwände; • flache Balkendächer; z y
• konventionelle geneigte Dachkonstruktionen als auch
x
• Trägerroste etc.
F
F
F
F
F
F
161 Rippenschar unter axialer Drucklast aus Einzellasten F
zur Kategorie der Rippensysteme. Die Kraftleitung erfolgt im Rippenelement im Wesentlichen in seiner Grundstruktur aus einer Stabschar ( 156). Die weiteren Bestandteile, welche die Einzelstäbe zu einer gemeinsam wirkenden flächigen Struktur ergänzen, dienen der Kraftverteilung und der Aussteifung der Grundstruktur. Es kann sich im Einzelfall handeln um:
e F
F
F
F
F
F
F
• eine Platte, ein- oder beidseitig angebracht ( 157); • Randstäbe, an denen die Einzelstäbe der Rippenschar am Stirnende anschließen ( 158); • eine weitere, nebengeordnete, quer orientierte Stabschar, zumeist einseitig angebracht ( 159)
z y x
sowie auch um verschiedene Kombinationen dieser Elemente ( 160). Die im Bauwesen auftretenden Kombinationen sind außerordentlich zahlreich und können in diesem Rahmen nicht erschöpfend behandelt werden. Im Folgenden sollen lediglich die wesentlichen Fälle der Kraftleitung im Grundsystem der Rippenschar sowie die mögliche Mitwirkung der ergänzenden Elemente Platte/Randglied/Stabschar untersucht werden: • Druck: wesentlich für die Kraftleitungsfunktion des Rippenelements ist die Art, wie die äußeren Lasten an die internen Strukturelemente, also insbesondere an die einzelnen Rippen, weitergeleitet werden. Die Stäbe des Rippensystems können zunächst nur axial auf sie einwirkende Einzellasten F aufnehmen ( 161). Eine Ergänzung mit Randgliedern kann darüber hinaus auch exzentrischen Kraftangriff ermöglichen, sofern das Randglied (ggf. unter Mitwirkung der dünnen Platte bzw. Platten) in der Lage ist, die daraus resultierenden Biegungen und Querkräfte aufzunehmen ( 162);
F
F F
F
F
F
F
162 Randglieder sind in der Lage, gewisse Exzentrizitäten e auszugleichen.
z y x
163 Verformung des Elements unter Druck durch Stauchung
608
VI Funktionen
Euler-Fälle in Abschn. 8. Kritische Versagensmechanismen, S. 580
Druckkräfte werden im Rippenelement nicht wie bei einer Platte gleichmäßig über den Querschnitt verteilt, sondern im Wesentlichen in den Rippen konzentriert abgetragen. Dies kann zu Lastkonzentrationen führen, die im Extremfall das Knicken einer oder mehrerer Rippen zur Folge haben, sofern die Platte(n) oder andere Maßnahmen dies nicht verhindern. Eine große Einzellast auf einer einzelnen Rippe kann ein Ausknicken dieses Bauteils verursachen ( 164). Sofern der Stab seitlich nicht gehalten ist, spielt die Querschnittsform eine besondere Rolle, da der Stab zur Seite mit der kleineren Biegesteifigkeit hin ausknickt. Eine erste sinnvolle Maßnahme, um diese Art des Versagens zu verhindern, ist, den Rippenquerschnitt mit ausreichendem Flächenmoment (also Biegesteifigkeit) in den zwei Hauptrichtungen – also hier ¬x und ¬y – auszustatten. Wie auch bei den anderen betrachteten Elementvarianten ist für das Knicken die Lagerung des Elements von entscheidender Bedeutung. Besonders gefährdet sind wiederum einseitig gehaltene Systeme (wie einseitige Einspannungen, 165), welche besonders große Knicklängen aufweisen. Dabei ist unter extremer Belastung mit einem gleichzeitigen Ausweichen der kompletten Rippenschar zu rechnen (wie in 167). Je nach Steifigkeitsverteilung im Rippenquerschnitt und Rahmensteifigkeit an der Verbindung zwischen Rippen und Randstäben kann dies aus der Elementebene heraus erfolgen (also in Richtung x wie in 167), oder in der Ebene selbst (also in Richtung y wie in 166). Günstiger verhalten sich zweiseitig gelagerte Systeme, da die Knicklänge sich gegenüber den einseitig gelagerten halbiert. Bei einer Streckenlast jenseits der kritischen Knicklast würde es im Versagensfall zu einem Knicken der kompletten Rippenschar in x- (wie in 169) oder in y-Richtung (wie in 168) kommen. Entscheidend für die Knickrichtung sind wiederum die Steifigkeitsverhältnisse des Rippenquerschnitts in diesen beiden Richtungen und die Steifigkeit der Verbindung zwischen Rippe und Randstab: Die Rippe weicht jeweils zur Seite der kleinsten Steifigkeit aus, bei den üblichen quer zur Ebene angeordneten Rechteckquerschnitten also eher in Elementebene. Wie erwähnt wirkt sich hierbei eine große Biegesteifigkeit des Rippenquerschnitts in beiden potenziellen Ausweichrichtungen ¬ x und ¬ y zunächst günstig aus. Dies würde zu eher gedrungenen, beispielsweise quadratischen Stabquerschnitten führen und folglich auch zu vergleichsweise großem Materialaufwand. Wirksamer ist hingegen ein seitliches Festhalten der Rippen, am günstigsten in der Feldmitte (wie in 170), wodurch die Knicklänge auf die Hälfte der Rippenlänge verringert wird. Der Querriegel auf 170 führt dazu, dass eine knickgefährdete Rippe von den restlichen festgehalten wird. Dies bedeutet, dass eine einzelne Rippe
2 Kraftleiten
609
Fkrit
Fkrit
z
z
y x
z
z y
z y
y
x
x
x
164 Ausknicken einer Rippe unter übermäßigem Druck aus Einzellast F. Unteres Randglied festgehalten angenommen (lokal instabiles System).
165 Einseitig eingespanntes Rippensystem unter gleichmäßiger Drucklast
Fkrit
z
Fkrit
Fkrit
z y
y
x
x
z y z
z
x
y
167 Ausknicken des Systems in Richtung x unter übermäßiger Drucklast (nicht stabiles System; Rippenquerschnitt in y-Richtung hierbei steifer angenommen) (nicht stabiler Zustand)
166 Ausknicken des Rippenelements aus 165 in seiner Ebene (yz) bei steifen Anschlüssen der Rippen an die Randglieder (nicht stabiler Zustand)
z
x
168 Ausknicken der kompletten Rippenschar eines zweiseitig gelagerten Systems in Richtung y unter übermäßiger Drucklast (nicht stabiler Zustand)
z y
x
169 Ausknicken der kompletten Rippenschar eines zweiseitig gelagerten Systems in Richtung x unter übermäßiger Drucklast nur wenn die Steifigkeit des Rippenquerschnitts in Richtung x kleiner als in Richtung y ist (nicht stabiler Zustand).
Fkrit
Fkrit
H z
z
z y
y
x
x
y z y
170 Erhöhung der Knicksteifigkeit durch Zusammenbinden der Rippen in x- und y-Richtung mittels eines Querriegels
x
z x
171 Verkürzung der Knicklänge einer Einzelrippe durch Mitwirkung der benachbarten und somit Erhöhung der kritischen Knicklast (lokal instabiler Zustand)
z
z y
x
172 Ein seinerseits in y-Richtung unverschieblich gelagerter Querriegel erzwingt eine Halbierung der Knicklänge des Gesamtsystems (hier in y-Richtung). Analog kann ein in x-Richtung gehaltener Riegel das Ausknicken der Rippenschar in x-Richtung erschweren (hier instabiler Zustand dargestellt).
610
VI Funktionen
unter großer Einzellast in y-Richtung nur wie auf 171 ausknicken könnte. Allerdings erhöht dieser Querriegel nicht die Knicklast für die komplette Rippenschar in x- oder in y-Richtung (wie in 168 und 169). Dies ist hingegen dann der Fall, wenn der Querriegel seinerseits unverschieblich gehalten ist – wie in 172 in y-Richtung durch den Festpunkt H. Eine ähnliche Aufgabe wie ein Querriegel können auch folgende Maßnahmen übernehmen: •• eine quer orientierte nebengeordnete Stabschar ( 173). Auch diese Querstäbe führen zu einem Festhalten der Rippen in y-Richtung und damit zu einem Verhindern des Ausknickens. Sofern diese Querstäbe ihrerseits nicht unverschieblich gehalten sind, gilt dies allerdings nur für einzelne Stäbe, nicht für die komplette Rippenschar, die unter extremer Belastung als Ganzes ausweichen könnte (wie in 174). Hingegen kann ein Diagonalverband wie in 175 das Element schubsteif machen und damit ein Ausknicken der Rippen entlang ¬ y verhindern;
vgl. hierzu auch den Unterpunkt Biegung weiter unten auf S. 616
•• eine Aussteifung mittels einer einseitig angebrachten Platte oder auch mittels zweier beidseitig angebrachten ( 176). Die Schubsteifigkeit der Platte in ihrer Ebene verhindert ein Ausweichen der Stäbe in derselben (also in ¬ y). Ferner lassen die Stäbe nicht zu, dass die – zumeist dünne – Platte unter diesem Scheibenschub ihrerseits aus ihrer Ebene ausweicht, also beult. Unter der Voraussetzung einer verringerten Knickgefahr der Rippe entlang ¬ y, wie sie die Platte bewirkt, kann diese in dieser Achse verschlankt werden. Es kommen dann also schlankere Querschnitte mit der Langseite in Richtung x infrage ( 177). Wird darüberhinaus mittels eines geeigneten Schubverbunds zwischen Rippe und Platte ein Zusammenwirken beider Bauteile ermöglicht, erhöht sich das Flächenmoment und verringert sich zusätzlich die Knickgefahr in x-Richtung ( 178). Druckkraft quer zur Rippenspannrichtung ( 179) betrifft zunächst nur die Randrippen, die in der Elementebene (also entlang ¬ y) unter Biegung gesetzt werden. Die Weiterleitung der Kraft erfolgt anschließend axial in den beiden Randgliedern. Diese Querorientierung der Rippenstruktur zur Kraft widerspricht naturgemäß dem konstruktiven Prinzip des Rippenelements. Ersatzweise müssen in solchen Fällen ergänzende Elemente wie Platten oder quer verlaufende Stabscharen die Übertragung der Druckkraft übernehmen.
2 Kraftleiten
611
Fkrit
z
z
z y
y
y
x
x
x
173 Auch eine quer gespannte Stabschar bewirkt ein gegenseitiges Halten der Rippen (wie hier in y-Richtung), verhindert jedoch nicht das Ausweichen des Gesamtsystems wie in 174.
174 Eine nicht gehaltene Stabschar kann das Ausknicken des gesamten Rippensystems in Richtung y (und naturgemäß auch x) ohne Zusatzmaßnahmen nicht verhindern (nicht stabiler Zustand).
175 Versteifung des Elements gegen Ausknicken der Rippen in y-Richtung mittels Diagonalverband
x
Platte nicht mitwirkend
x
h1 x
z
z y
y
x
x
176 Ein- oder beidseitig mit Platte belegtes Rippensystem
177 Zugbeanspruchung des Rippenelements mit Dehnverformung
z
z y
y
x
x
179 Druckbeanspruchung des Rippenelements quer zur Rippenschar
180 Schubbeanspruchung des Rippenelements
Platte mitwirkend
x
mitwirkender Plattenstreifen schubfeste Verbindung
h2
178 Die statische Mitwirkung schubfest mit der Rippe verbundener Platten erhöht die statische Höhe h des Rippenelements für Biegung um die Achse x-x und damit seine Biegesteifigkeit.
612
VI Funktionen
• Zug: im Gegensatz zur Druckbeanspruchung besteht bei Zug keinerlei Knickgefahr. Ähnlich wie bei Druck stellt sich auch hier die Frage, wie die äußere Kraft in die interne Rippenstruktur eingeleitet wird. Exzentrischer Kraftangriff um ein Versatzmaß e – analog zur Variante Druck in 162 – führt zu einer Biegebeanspruchung des betroffenen Stabs. Randstäbe können die gleiche lastverteilende Aufgabe übernehmen wie bei druckbeanspruchten Rippenelementen ( 162). Abgesehen von etwaigen Biegebeanspruchungen infolge Exzentrizität ist unter reinem Zug lediglich die Querschnittsfläche der Rippe relevant, nicht deren Querschnittsform. Überlegungen hinsichtlich ihrer Biegesteifigkeit in verschiedenen Richtungen wie bei Druck erübrigen sich folglich; • Schub: Voraussetzung für die Scheibenwirkung eines Rippenelements ist die Steifigkeit gegen Schubbeanspruchung in der Elementebene yz wie in 180 dargestellt. Unter Annahme der Existenz von Randstäben, welche die Rippenschar zu einem zusammenwirkenden Element zusammenbinden, sowie einer gelenkigen Verbindung an den Rippenenden zeigt sich eine Kinematik des Elements wie in 182: das orthogonale Element verzerrt sich zu einem Parallelogramm. Eine quer orientierte Stabschar wie auf 183 gezeigt ist nicht in der Lage, diese Beweglichkeit des Elements zu verhindern. Es sind ergänzende Maßnahmen erforderlich, um dieser Beanspruchung den nötigen Widerstand entgegenzusetzen. Denkbar sind:
•• Platte ein- oder beidseitig ( 184): Wie bei der Druckbeanspruchung beschrieben (siehe oben) steift die Platte das Rippensystem gegen Schub aus. Ihrerseits halten die Rippen die Platte in x-Richtung – also ihrer schwachen Dimension – fest, sodass ein Ausbeulen derselben unter der Schubbeanspruchung in dieser Richtung ausgeschlossen ist. Voraussetzung ist die kraftschlüssige Befestigung der Platte am Rippensystem;
vgl. den historischen Fachwerkbau, behandelt in Band 2, Abschn. 3.3 Fachwerkbau
•• stabförmige diagonale Versteifungen ( 185-189): Ein diagonal verlaufender Stab ist in der Lage, die mit der Querkraftbeanspruchung einhergehende diagonale Zug- bzw. Druckbeanspruchung – diese letzte ist in 185 dargestellt – aufzunehmen. Da es sich zumeist um Stäbe handelt, die sowohl Druck als auch Zug übertragen können, genügt ein einzelner Diagonalstab zur Aussteifung des Systems gegenüber wechselnden Belastungen. Trotz der auftretenden Druckkräfte ist der Diagonalstab meist nicht knickgefährdet, sofern er wie in 185 – zumindest an einigen Punkten – jeweils mit den Rippen verbunden ist. Gerade diese Knotenpunkte oder Durchdringungen von Rippe und Diagonalstab
2 Kraftleiten
613
z
z
z y
y
x
x
181 Verformung des Rippenelements in 180 bei steifem Anschluss der Rippe am Randglied
z
y
z y
182 Kippen des schubbeanspruchten, nicht ausgesteiften Rippenelements mit gelenkigem Anschluss Rippe/Randglied in seiner Ebene (yz) in Form eines Parallelogramms (nicht stabiles System)
183 Eine quer orientierte Schar aus schlanken Stäben ist allein nicht geeignet, um die Kinematik des Rippenelements zu verhindern (nicht stabiles System).
z
z
z
x
x
y
y
y
x
x
x
184 Aussteifung des Rippenelements gegen Querkraftbeanspruchung mithilfe einer ein- oder beidseitig angebrachten Platte
z y x
187 Aussteifung des Rippenelements gegen Querkraftbeanspruchung mithilfe einer rautenförmigen Diagonalversteifung
185 Aussteifung des Rippenelements gegen Querkraftbeanspruchung mithilfe eines druck- und zugfesten Diagonalstabs
186 Aussteifung des Rippenelements gegen Querkraftbeanspruchung mithilfe zweier Diagonalstäbe
614
VI Funktionen
stellen den wichtigsten Nachteil dieser Konstruktion dar, da sie mit hohem baulichen Aufwand verbunden sind. Es sind Diagonalversteifungen mit verschiedenen Geometrien denkbar ( 186-188). Es sind auch solche realisierbar, bei denen ganze Felder für ggf. notwendige Öffnungen frei bleiben (Felder A in 188); •• diagonale Zugbänder ( 189): zwei gegensinnig angebrachte Zugbänder sind in der Lage, die mit der Querkraftbeanspruchung verbundene diagonale Zugkraft in zwei konträren Richtungen aufzunehmen. Gleichgültig wie die Querkraft angreift, ist jeweils stets ein Band vorhanden, das die zugehörige Zugbeanspruchung aufnimmt. Diese Variante hat den Vorteil, dass Durchdringungen von Bauteilen – wie bei den oben besprochenen Varianten – umgangen werden können, da die vergleichsweise dünnen Zugelemente außenseitig an den Rippen vorbei verlaufen können. Etwaige Exzentrizitäten, die sich aus der außenseitigen Lage der Zugbänder ergeben, lassen sich durch beidseitige Auskreuzung umgehen. Indessen ist diese Art der Aussteifung vergleichsweise nachgiebig, da die Dehnsteifigkeit der Zugbänder nur gering ist. Es treten entsprechend große Verformungen auf. Es empfiehlt sich deshalb oftmals ein Vorspannen der Zugglieder.
Sie beteiligen sich lediglich über Rippenbiegung, welche die Verrautung des Gesamtelements verhindert
Grundsätzlich ist auch eine Aufnahme der Querkräfte durch eine Rahmenwirkung des Elements denkbar ( 190 und Verformung in 191). Die Anschlüsse zwischen Rippe und Randstab sind zu diesem Zweck biegesteif ausgeführt. Jedoch erfordert dieses Aussteifungsprinzip eine ausreichende Biegesteifigkeit der einzelnen Rippe in der Elementebene (yz), also eine größere Breite. Da zumindest im Einsatz als Hüllbauteil das Gerippe stets flächig geschlossen wird, ist davon auszugehen, dass mithilfe der oben angesprochenen Varianten (Platte, Diagonalverband) die Aussteifung mit geringerem Material- und Konstruktionsaufwand zu gewährleisten ist. Bei der Aufnahme einzelner Querkräfte ist zu unterscheiden, ob diese direkt an der Rippe ansetzen ( 192), wobei dann diese auf Abscheren beansprucht wird, oder ob sie zwischen Rippen ansetzt. Ist letzteres der Fall, ist davon auszugehen, dass ohne Zusatzmaßnahme das Randglied wie in 193 verformt wird. Eine geeignete Plattenaussteifung kann das Gerippe gegen diese Art der Querkraftbeanspruchung wiederum sichern. Querkräfte, die orthogonal zur Rippenspannrichtung angreifen ( 194 oder 195) führen zu einer Verformung der beiden Randrippen, ohne dass die restlichen Rippen an der Lastabtragung unmittelbar beteiligt wären. Es handelt sich um einen ungünstigen Kraftangriff, welcher dem
2 Kraftleiten
615
A
A
A
188 Aussteifung des Rippenelements gegen Querkraftbeanspruchung unter Freihaltung der Öffnungen A
A
z
z y
y
x
x
z
z y
y
x
x
189 Aussteifung des Rippenelements gegen Querkraftbeanspruchung mithilfe zweier diagonaler Zugbänder, ein- oder auch beidseitig
190 Rippenelement mit Rahmenwirkung: die Anschlüsse Rippe/Randglied sind biegesteif ausgeführt 191 Schubverformung des Rahmenelements
192 Querkraftbeanspruchung in einer Rippenachse z
z y
y
x
x
193 Querkraftbeanspruchung zwischen zwei Rippenachsen
194 Querkraftbeanspruchung orthogonal zur Rippenspannrichtung bei Lagerung auf einem Randstab (Verrautung des Elements) z
z y
y
x
x
195 Schubbeanspruchung orthogonal zur Rippenspannrichtung mit Biegeverformung der Randrippen (keine Verrautung durch Festhalten der Diagonale)
616
VI Funktionen
wie beispielsweise bei Deckenbalken aus schlanken stehenden Profilen im amerikanische Holzrippenbau eingesetzt; vgl. Band 2, Abschn. 1.2 Amerikanische Holzbauweisen; oder Abschn. 3.4 Holzrippen-, Holzrahmenbau
konstruktiven Prinzip des Rippenelements widerspricht. Zusatzmaßnahmen wie eine Platte sind erforderlich, um die Belastung auf alle Rippen zu verteilen. Querkräfte, die in Rippenrichtung ansetzen wie beispielsweise durch einen Versatz e zwischen Kraftangriff und Reaktion ( 196) werden durch die Scherfestigkeit der Rippe selbst neutralisiert. Gefährlicher ist hingegen ein Versatz e zwischen Kraftangriff und Lagerung quer zur Rippenachse ( 197). Sofern keine Zusatzmaßnahmen dies verhindern, führt diese Art der Beanspruchung zu einem Kippen der betroffenen Rippe – wie beispielsweise der äußersten Rippe. Da die Rippen in den meisten Fällen durch eine Platte oder auch durch eine quer orientierte Stabschar miteinander gekoppelt sind, kann dies auch zu einem Kippen der kompletten Rippenschar (wie in 198) führen. Ein Randglied wie in 197 ist ein geeignetes Mittel, um dies zu verhindern. Auch Diagonalverbände zwischen den Rippen (in Ebenen parallel zu xy) können dem gleichen Zweck dienen; • Biegung: die Voraussetzung für eine sinnvolle, materialeffiziente Wirkungsweise des Rippenelements unter Biegebeanspruchung ist zunächst die geeignete Spannrichtung der Rippen bezüglich der Lagerung. Bei der betrachteten gerichteten Variante des Rippensystems ist nur eine ein- oder zweiseitige Lagerung sinnvoll ( 200, 199). Naturgemäß ist eine Ausrichtung der Rippen parallel zu den Lagern ( 201) statisch unsinnig, da die Rippen dann keinerlei tragende Funktion haben, sondern lediglich an einem Zusatzelement wie einer Platte hängen. Dennoch können sie auch in diesem Fall unter Umständen die Versteifung bei einem tragenden Rippenelement übernehmen und beispielsweise für eine gute Lastquerverteilung sorgen. Sie wirken dann indessen nicht als primäres Tragglied. Auch ein Randstab, an dem die Rippen auflagern ( 202) widerspricht dem Kraftleitungsprinzip des gerichteten Rippensystems, da dieses Randelement einer starken Belastung und Verformung ausgesetzt ist, während die Rippen nur gering beansprucht sind. Ein zusätzliches Auflagern des Elements auf den zwei Randstäben 1 und 7 ( 203), also eine vierseitige Lagerung des Elements, bietet keine Vorteile, da die frei spannenden Rippen 2 bis 6 wegen der fehlenden quer spannenden (biegesteifen) Konstruktion davon nicht profitieren können. Im Gegenteil: die starke Formabweichung zwischen der nicht belasteten Randrippe (1 bzw. 7) und der benachbarten frei gespannten (2 bzw. 6) führt in diesem Bereich zwangsläufig zu einer starken Scher- und Drillbeanspruchung einer ggf. aufgebrachten Platte sowie zu starker Torsionsbeanspruchung der Randglieder, an denen die Rippen befestigt sind. Ausschlaggebend für die Biegesteifigkeit des Systems ist zunächst diejenige der Rippen, also insbesondere
2 Kraftleiten
617
e
ied
gl
nd
Ra
e
z
z
z y
y
y
x
x
x
196 Schubbeanspruchung entlang der Rippenspannrichtung und Biegung infolge Versatz e zwischen Kraftangriff und Reaktion
z
197 Schubbeanspruchung quer zur Rippenspannrichtung infolge Versatz e zwischen Kraftangriff und Reaktion. Sicherung gegen Kippen mittels eines Randglieds
198 Gefahr des Kippens der kompletten Rippenschar bei quer gespanntem Element wie Platte (im Bild) oder Stabschar (nicht stabiles System)
z
z y
y
y
x
x
x
199 Biegebeanspruchung eines zweiseitig linear gelagerten Rippenelements durch Flächenlast quer zur Elementebene (flächenbildende Platte nicht dargestellt, aber vorausgesetzt)
200 Biegebeanspruchung eines einseitig linear gelagerten (eingespannten) Rippenelements durch Flächenlast quer zur Elementebene
6 4 2
7
5
3
1
z
z y
y
x
x
202 Auflagerung der Rippen an Randstäben führt bei gleicher Rangordnung der Stäbe zu unnötiger Kraftumleitung und mangelhafter Materialausnutzung
203 Eine vierseitige lineare Auflagerung eines gerichteten Rippensystems bietet keine Vorteile. Die Rippen 2 bis 6 profitieren aufgrund fehlender Querverteilung der Last von den Lagern in Position 1 und 7 nicht.
201 Statisch unsinnige Orientierung der Rippenschar parallel zu den Linienlagern
618
VI Funktionen
204 Belegung eines Rippensystems mit einer oder zwei Platten (hier beidseitig dargestellt) 205 Sofern eine ausreichend schubfeste Verbindung zwischen Platte und Rippen besteht (wie hier in Form von punktuellen Verbindungen angedeutet), kann es unter Biegung zu einer statischen Zusammenwirken der beiden Bestandteile kommen.
z
z y
y
x
x
206 Die kraftzugewandte Platte wirkt als Druckgurt der Rippe, die kraftabgewandte als Zuggurt 207 Rippensystem mit Querstäben unter Biegebeanspruchung. Keine Mitwirkung der untergeordneten Stabschar möglich
Überlegungen zur Mitwirkung der Platte im Zusammenhang mit der Druckbeanspruchung, vgl. 178 auf S. 611
z
z y
y
x
x
das Flächenmoment ihres Querschnitts. Maßgeblich für dieses Flächenmoment ist ihrerseits die statische Höhe (gemessen in Richtung ¬ x) der Rippe, welche die Elementdicke vorgibt. Je größer diese Höhe, desto biegesteifer naturgemäß das Element. Anders als bei der Platte tritt beim Rippenelement auch bei größeren statischen Höhen kaum der Fall ein, dass ein Gutteil der Tragfähigkeit zum Tragen des Eigengewichts aufgebraucht wird. Dies bedeutet, dass beim Rippenelement die Relation zwischen Tragfähigkeit und Eigengewicht zumeist günstiger ist als bei einer Platte. Andererseits muss man bei einem derartigen Rippensystem für die gleiche Last eine größere Dicke oder statische Höhe vorsehen als bei einer Platte, sofern das Eigengewicht nicht über die anderen Lasten dominiert. Das ein- oder beidseitige Belegen des Rippenelements mit einer Platte ( 204) kann die Tragfähigkeit des Gerippes erhöhen, sofern eine ausreichende Schubfestigkeit an der Grenzfläche zwischen Rippe und Platte gegeben ist ( 205). Es findet dann ein Mitwirken der Platte statt. Im Biegedruckbereich der Rippe verstärkt die Platte den Stab mit einem Druckgurt, der sich aus einem mitwirkenden Plattenstreifen über der Rippe ergibt ( 206). In der Zugzone wiederum kann die Platte, sofern sie die nötige Zugfestigkeit aufweist, auch als Zuggurt wirken. Insgesamt wird die statisch wirksame Höhe um die Plattendicke – einfach oder doppelt, je nachdem ob ein- oder beidseitige Beplankung – erhöht, das Flächenmoment vergrößert sich um den Anteil der beiden Gurte oder mitwirkenden Plattenstreifen.
2 Kraftleiten
619
6
5
1
2
3
7
7
6 5 4
4
3 2 1
l
208 Ein Querstab hat die primäre Aufgabe, Last unter Biegebeanspruchung auf die darunter liegenden Rippen (hier 4 und 5) zu verteilen (Durchlaufwirkung des Querstabs und Verformung der Rippen hier ausgeblendet).
h z y x
l
z
y x
Eine quer gespannte Stabschar wie auf 207 ist naturgemäß nicht dazu geeignet, durch eine statische Mitwirkung die Biegesteifigkeit der Rippe zu erhöhen, da im Gegensatz zur Platte kein kontinuierlicher ergänzender Druck- oder Zuggurt entstehen kann. Die primäre Aufgabe dieser Stabschar ist, eine Last, welche nicht direkt auf einer Rippe auftrifft, also im Zwischenfeld angreift ( 208), auf beide das Feld begrenzende Rippen – hier Rippen 4 und 5, und zwar zunächst nur diese – zu verteilen. Der untergeordnete, quer verlaufende Stab (hier vereinfachend keine Durchlaufwirkung angenommen) wird folglich seinerseits unter Biegung gesetzt, wobei er lediglich den Abstand l zwischen zwei benachbarten Rippen zu überbrücken hat. Aus diesem Grund benötigt die quer orientierte Stabschar nur eine begrenzte Steifigkeit und weist eine entsprechend geringe statische Höhe h auf. Dies ist ein wesentliches Merkmal hierarchisch geordneter gerichteter Systeme. Einzellasten, die wie in 209 gezeigt eine Rippe und einen Querstab belasten, führen zu einer Biegeverformung der betroffenen Rippe (hier Nr. 5) sowie zu einer entsprechenden Biegeverformung des betroffenen Querstabs. Die restlichen, nicht belasteten Querstäbe würden, ohne Befestigung an der Rippe 5, von dieser abheben. Dem belasteten Querstab fehlt indessen die ausreichende Biegesteifigkeit, um die Last quer auf benachbarte Rippen zu verteilen, d.h. um eine zweiachsige Lastabtragung zu erzwingen. Erst wenn der Querstab eine vergleichbare Steifigkeit wie die Rippe selbst aufweist, kann eine echte zweiachsige Biegung stattfinden (wie im Beispiel in 223). Unter übermäßiger Belastung kann bei Rippensystemen ferner das Biegedrillknicken der Rippen – auch oft als Kippen bezeichnet, nicht zu verwechseln mit dem Umkippen der Rippe wie in 198 dargestellt – eintreten. Unter extremer Biegebeanspruchung erfolgt dabei ein seitliches Ausweichen oder Ausknicken des druckbeanspruchten Rippenobergurts. Als Folge davon verdreht sich der Querschnitt der Rippe im Bereich der Feldmitte gegenüber dem Querschnitt im Auflagerbereich, der hier als festgehalten angenommen wird – beispielsweise durch einen Randstab.
209 Die Wirkung einer Einzellast kann aufgrund nicht ausreichender Biegesteifigkeit des Querstabs nicht auf benachbarte Elemente (Rippen) verteilt werden (vereinfachte Darstellung).
Band 2, Kap. IX-1, Abschn. 3.6 Das Komplettieren von Stabsystemen zur Fläche mithilfe von Beplankungen
hier überzeichnet dargestellt, der Übersichtlichkeit halber ohne die Verformung des Querstabs infolge Durchlaufwirkung zu berücksichtigen, auch zur deutlichen Abgrenzung dieser nachgeordneten Stabschar gegenüber einer quer spannenden Stabschar gleicher Rangordnung in einem mehrachsig gespannten Rippenelement (Trägerrost) Abschn. 9.5 Element aus zwei- oder mehrachsig gespannten Rippen, S. 620; vgl. auch Band 2, Kap. IX-1, Abschn. 3. Der konstruktive Aufbau des raumabschließenden Flächenelements
620
VI Funktionen
F kr it
F kr it
z
x
z y z
x
z y
x
212 Eine Krag- oder Durchlaufwirkung der Rippen führt zu einer günstigeren Verteilung der Biegemomente.
Verminderte Biegebeanspruchung bei den Lastfällen 7.1.2, 7.1.3 sowie 7.1.5 und 7.1.6 im Vergleich zu Fall 7.1.2 oder 7.1.4
z
y
y z
z y
x x
210 Biegedrillknicken (Kippen) einer einzelnen Rippe unter großer Einzellast (lokal instabil)
z
z y
x
211 Biegedrillknicken (Kippen) eines kompletten Rippensystems unter großer Flächenlast (nicht stabiler Zustand)
Dieser Versagensmechanismus kann eine einzelne Rippe betreffen (bei einer großen Einzellast, 210) oder auch eine komplette Rippenschar ( 211), insbesondere bei Kopplung der Rippen untereinander mittels einer quer orientierten Stabschar. Es liegt auf der Hand, dass eine Durchlaufwirkung der Rippen ( 212) zu einer günstigeren Verteilung der Biegemomente führt als bei Einfeldsystemen; • Verdrillung: keine, nur Torsion der Einzelstäbe.
9.5
Element aus zwei- oder mehrachsig gespannten Rippen
Bei zweiachsig gespannten oder ungerichteten Rippenelementen – als Deckenkonstruktionen oftmals Roste oder Gitterroste genannt; in Form von Scheibensystemen als Rahmen bezeichnet – kreuzen sich zwei in ihren Dimensionen und Steifigkeiten vergleichbare Rippenscharen in beiden orthogonalen Hauptrichtungen (hier ¬ y und ¬ z). Die Rippen durchdringen einander in zumeist biegesteifen, seltener gelenkigen Knotenpunkten. Alternativ können sich auch drei oder mehr Scharen in einem Element gegenseitig durchdringen. Dieses Rippenelement verhält sich unter verschiedenen Belastungen analog zum gerichteten Rippensystem, weshalb diese übereinstimmenden Fällen im Folgenden nicht erneut behandelt werden. Ein deutlich abweichendes Verhalten ist hingegen immer dann festzustellen, wenn eine Querverteilung von Lasten den Ausschlag gibt. Diese speziellen Fälle sollen nun näher betrachtet werden: • Druck: die Rippenschar in y-Richtung kann nicht verhindern, dass nach Überschreiten der kritischen Knicklast das gesamte Element, wie für den Fall des einachsig gespannten Systems in 168 und 169 dargestellt, unter Druck in z-Richtung als Ganzes versagt. Ein seitliches Ausweichen in y-Richtung wie in 168 wird jedoch immer dann verhindert, wenn ein biegesteifer Anschluss der Rippenscharen vorliegt ( 213). Die quer gerichtete
2 Kraftleiten
621
Rippenschar bewirkt hingegen eine seitliche Sicherung der Einzelstäbe unter starker Einzellast. Ein Ausknicken einer einzelnen Rippe wie – ebenfalls für das einachsige System – in 171 dargestellt ist folglich nicht zu befürchten. Anders als bei gerichteten Rippensystemen ist eine Aufnahme von Druckkräften in beiden Hauptrichtungen y und z unter identischen Voraussetzungen möglich; • Zug: da die Querverteilung von Lasten unter Zugbeanspruchung nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist hier kein abweichendes Verhalten gegenüber gerichteten Systemen feststellbar. Eine Ausnahme stellt das System in 216 dar, bei dem eine Lastquerverteilung durch Biegung der orthogonal verlaufenden Stäbe erfolgt; • Querkraft: anders als beim gerichteten Rippenelement, bei dem die vergleichsweise langen Rippen nur ungünstig mit dem Randglied in Form eines Rahmens zusammenarbeiten, ergeben sich beim ungerichteten Rippenelement für eine Rahmenwirkung ( 217) günstigere Voraussetzungen. Die zahlreichen steifen Knoten und die ähnlichen oder gleichen Längen von Stababschnitten in beiden Richtungen (¬ y und ¬ z) halten die Biegemomente verglichen mit einachsig spannenden Rippensystemen (vgl. hierzu 191) in Grenzen. Die Rahmenwirkung führt zu einer Biegeverformung der Stäbe wie in 218 dargestellt. Eine Scheibenwirkung unter Querkraftbeanspruchung, wie in 217 dargestellt, ist wie bei anderen Stabsystemen ( 189) naturgemäß auch bei sich kreuzenden Rippen mittels eines diagonalen Verbands möglich, wenn die Knoten gelenkig ausgeführt sind ( 219, 220). Aufgrund der zahlreichen Durchdringungen an den Rippenknoten ist hierfür allerdings im Regelfall ein erhöhter konstruktiver Aufwand erforderlich. Alternativ ist auch eine Führung von flachen Zugelementen (Bändern oder Seilen) an der Elementaußenseite möglich; • Biegung: besonders interessant ist das Verhalten des ungerichteten Rippenelements mit biegesteifen Knoten unter Biegebeanspruchung aufgrund einer Last quer zur Elementebene (also in Richtung ¬ x). Wie angesprochen erfolgt dann eine zweiachsige Lastabtragung in beiden Richtungen y und z entlang den beiden sich kreuzenden Rippenscharen. Jede einzelne Rippe wird unter Biegebeanspruchung von allen sie kreuzenden Rippen unterstützt, da diese an den Kreuzungspunkten schubfest und biegesteif miteinander verbunden sind.
eine einfache Lösung für dieses Problem unter Anwendung einer Diagonalversteifung aus durchgehenden Seilen zeigen Projekte wie die Gitterschalen des Büros Schlaich, Bergermann & P.
622
VI Funktionen
Fkrit
z
Fkrit
z
z y
y
x
x
y z
z y
213 Verformung des als Rahmen wirkenden ungerichteten Rippenelements
x x
214 Seitliches Ausknicken des Rahmens in seiner Ebene (yz) bei linearer unterer Einspannung (nicht stabiler Zustand)
z
z
215 Seitliches Ausknicken des Rahmens in seiner Ebene (yz) bei linearer zweiseitiger Lagerung (nicht stabiler Zustand)
z
y
y
y
x
x
x
z
z y
216 Querverteilung einer Zugkraft im zweiachsig gespannten Rippenelement durch Biegung der Querrippen
217 Ungerichtetes Rippensystem unter Querkraftbeanspruchung
z
z
218 Verformung des als Rahmen wirkenden ungerichteten Rippenelements
z
y
y
y
x
x
x
219 Diagonalverband in einem ungerichteten Rippenelement mit Gelenkknoten
x
220 Diagonalversteifung aller Felder mithilfe von Seilen (Knoten jeweils gelenkig)
221 Vierseitig linear gelagertes, ungerichtetes Rippenelement. Die Rippen sind an den Knotenpunkten schub- und biegesteif miteinander verbunden.
2 Kraftleiten
Bei einer vierseitigen linearen Randlagerung wie in 222 ist zu beobachten, dass unter der Belastung eine Verdrehung entlang der Stabachse aufgrund der Kontinuität der Rippen stattfindet. Die zu den Ecken hin steigende Behinderung der Verdrehung führt zu einer zunehmenden Verdrehungsänderung bzw. einem Tordieren der Rippen. Dieses Phänomen ist vergleichbar mit der Verdrillung von Plattenstreifen. Es ergibt sich aus dem Umstand, dass jede einzelne Rippe an ihren Enden durch den (axial geraden) Randstab gehalten wird, im Feldbereich hingegen von den kreuzenden Rippen, die sich unter der Last verbiegen, um seine Achse verdreht, also unter Torsion gesetzt wird. Voraussetzung hierfür ist der biegesteife Verbund zwischen den Rippen an den Knotenpunkten, welcher charakteristisch für das ungerichtete Rippenelement ist. Dieser Effekt ist umso stärker, je weiter die Rippe vom Elementmittelpunkt entfernt ist. In 224 ist deutlich zu erkennen, dass die Randstäbe 1/1‘ und 7/7‘ am stärksten tordieren. Die mittleren Rippen 4/4‘ (sofern vorhanden) werden hingegen nicht verdreht. Diese Verformung stellt zwar eine zusätzliche Beanspruchung der betroffenen Rippen dar, sie lässt sich aber auch als ein Mitwirken der jeweiligen Rippe bei der Lastabtragung durch die kreuzenden Stäbe auffassen. Oder anders formuliert: durch den Torsionswiderstand, den jede Rippe dieser Beanspruchung entgegensetzt, wird die Biegeverformung der sie kreuzenden Rippen verringert (225). Man kann diesen Effekt gezielt dadurch verstärken, dass der Torsionswiderstand der Rippen vergrößert wird. Dies setzt einen gedrungenen Querschnitt mit möglichst großen Abmessungen voraus. Da dies bei Anwendung auf alle Rippen zu einem vergleichsweise hohen Materialaufwand führt, wird in der Regel nur der Randstab (Nr. 1/1‘ oder 7/7‘) entsprechend torsionssteif ausgebildet, da er auch derjenige ist, der am stärksten unter Torsion steht (226 rechts). Jede an ihm anschließende Rippe wird dann an ihrem Auflager einem stärkeren kompensierenden Biegemoment unterworfen – vgl. die beiden großen Drehpfeile an den Rippenenden in 226 –, was zu einer teilweisen Einspannung und folglich zu einer Reduktion der Feldmomente führt. Wie bei der Platte auch, heben beim ungerichteten Rippenelement die Ecken vom Lager ab, sofern keine Kraftwirkung vorhanden ist, die dies verhindert ( 223) . Bei den 224 und 225, die keine abhebenden Ecken zeigen, wurde eine derartige rückhaltende Kraft angenommen und damit von einem drillsteifen Element mit geringerer Biegeverformung ausgegangen.
623
Linear gelagertes Rippenelement vgl. hierzu auch die Verhältnisse bei der Platte in Abschn. 9.1.1 Vierseitig linear gelagerte Platte, S. 586 sowie Abschn. 9.1.2 Punktuell gelagerte Platte, S. 589 Detail in 226
7 6 5 4 3 2 1 1‘ 2‘ 3‘ 4‘ 5‘ 6‘
z
7‘
y x
222 Ungerichtetes Rippenelement unter Biegebeanspruchung durch Flächenlast rechtwinklig zu seiner Ebene. Ecken hier gegen Abheben gesichert angenommen. d
d
d
z y x
d
223 Abheben der Eckbereiche unter gleicher Belastung wie in 222 bei nicht ausreichender Auflast oder Rückhaltekraft, analog zur vollwandigen Platte.
Erklärung in Band 2, Kap. IX-2, Abschn. 3.1.1 Platte zweiachsig gespannt, linear gelagert
9.5.1
624
VI Funktionen
224 Jede Rippe (hier 1 bis 4 komplett dargestellt) erfährt eine Biegeverformung in der Ebene xz sowie eine Verdrehung um ihre Achse in z-Richtung. Hieraus folgt eine spezifische Abweichung der Knotenachse aus der x-Richtung in jedem Knoten. L
1 L
1‘
2‘
3‘
4‘
5‘
6’
L
7‘
z
L y
2
3
4
2 Kraftleiten
625
225 Verformung des in 225 gezeigten Systems. Man erkennt die Verdrillung der Rippen um ihre Längsachse. Die Randrippen 1, 1‘, 7 und 7‘ werden am stärksten tordiert, die Mittelrippe 4 hingegen nicht. Die Tordierung resultiert aus der Änderung der Rippenverdrehung.
4
3 L
-z 2 -z 1 -z
-z +y z -
1‘
0
L
+y z 2‘
-z +y
-z
+y -z
0
+y
3‘
+y
+y
+z
+y
4‘
+z +y
+y +z
+z
+y
5‘
+z y +
+y +z y + +z
6‘
+z +z
+y
Knotenachse nach Verformung
7‘
z
0
y x
L
L
Referenzachse in Richtung x Symmetrieachsen L: Lagerachsen
626
VI Funktionen
4
4
1‘ 1‘
2‘
3‘
2‘
3‘
4‘
4‘
5‘
5‘
6‘
6‘
7‘
7‘
z
y
226 Schnitt durch das belastete Rippenelement in 223 neben der Mittelrippe Nr. 4. Links: torsionsweicher Randstab 1‘/7‘. Rechts: torsionssteifer Randstab 1‘/7‘ führt zu einem Einspannungseffekt an den Rippenenden und folglich zu einer günstigeren Momentenverteilung sowie zu einer geringeren Verformung.
2 Kraftleiten
627
Bei punktueller Lagerung des Rippenelements an den vier Ecken, wie auf 227 dargestellt, erfolgt wie bei der linearen Lagerung ebenfalls eine zweiachsige Lastabtragung zunächst infolge der schubfesten Verbindung zwischen den sich kreuzenden Rippen, die sich unter der Belastung gemeinsam verformen. Anders als bei der linearen Randlagerung wird der Randstab (1/1‘ bzw. 7/7‘) hier wie alle anderen Rippen unter Biegung gesetzt. Er erfährt eine stärkere Biegeverformung als die restlichen Rippen. Die Mittelrippe (4/4‘) wird hingegen am wenigsten verformt. Da die Enden sämtlicher Rippen an den Randstäben biegesteif anschließen, führt diese unterschiedliche Biegeverformung der Rippen, die graduell zwischen Randstab (maximal) und Mittelstab (minimal) variiert, zu einem Tordieren des Randstabs. Da aber sämtliche Rippen an den Kreuzungspunkten biegesteif verbunden sind, betrifft dieses Phänomen alle Rippen bis auf die Mittelstäbe (sofern vorhanden). Unterschiedliche Biegeverformungen der Rippen 1 bis 7 (in der Ebene x-z) führen also zu einer sich ändernden Verdrehung der Stäbe 1‘ bis 3‘ und 5‘ bis 7‘ um ihre Achsen (entlang ¬ y). Wie beim linear gelagerten Element auch, wirkt das Tordieren der Rippenstäbe entlastend auf die unter Biegebeanspruchung befindlichen kreuzenden Stäbe. Es setzt wiederum an jedem Knotenpunkt ein kompensierendes Moment an, das gegensinnig zum belastenden Biegemoment wirkt. Analog zum linear gelagerten Rippenelement lässt sich auch in diesem Fall diese Wirkung durch einen gedrungeneren Randstab verstärken, da auch bei der Punktlagerung dieser der stärksten Torsion unterworfen ist – deutlich erkennbar in 228, Stab 1 bzw. 1‘ und 7‘. Insgesamt ist die Drillbeanspruchung eines punktgelagerten zweiachsigen Rippensystems deutlich geringer als bei einer linearen Lagerung.
Punktuell gelagertes Rippenelement
Zusammenfassend lassen sich folgende wesentliche Merkmale gerichteter bzw. ungerichteter Rippensysteme festhalten:
Vergleich gerichtete-ungerichtete Rippensysteme
• als schubbeanspruchtes Element, also als Rahmen, ist einzig das ungerichtete System aus sich kreuzenden Rippenscharen geeignet. Eine ausreichende Rahmenwirkung ist bei langen, parallel verlegten Rippenstäben nicht vernünftig realisierbar. Das ungerichtete Rippenelement nähert sich in seiner Tragwirkung am ehesten einer Scheibe an. Insbesondere dann wenn es gilt, Öffnungen von Diagonalversteifungen (wie in 216) freizuhalten, wie es bei Außenwänden mit Fenstern der Fall ist – insbesondere bei der Aussteifung von Hochhäusern kann die Rahmenbzw. Scheibenwirkung der Außenwand eine entscheidende Rolle spielen –, sind rostartige Rippensysteme gut geeignet;
9.5.2
Detail in 228- 229 dargestellt
z y x
227 Verformung des auf vier Eckpunkten gelagerten Rippensystems. Siehe Detail in 228 und 229
wie in 226 dargestellt
226 rechts
wie in 228 und 229 im Vergleich zu 224 und 225 erkennbar
9.5.3
628
VI Funktionen
228 Verformung des in 227 gezeigten Systems. Man erkennt auch in diesem Fall die Verdrillung der Rippen um ihre Längsachse. Die Randrippen 1, 1‘, 7 und 7‘ sind auch an ihren Enden, also im Bild bei den Auflagerpunkten 1/1‘ und 1/7‘, tordiert.
1 2
1‘
2‘
3‘
4‘
5‘
6’
7‘ z
y
3
4
2 Kraftleiten
629
229 Kennzeichnende Abweichung der Knotenachse aus der x-Richtung in jedem Knoten infolge der Verformung des Rippensystems
4
3
-z +y-z
2 1
-z
+y
+y
1‘
+y z -z -z
+y z 2‘
+y z -
+y z +y z -
3‘
0
+y -z
+y +z
+y 4‘
+z +y
+y +z +y
+z +z
+z
5‘
+y
+y +z +y
+z +z
+z y +
6‘
+y +z +y
z
+z
y x
7‘
+y
630
VI Funktionen
Band 2, Kap. IX-1, Abschn. 2.3 Verhältnis der Spannweiten bei zweiachsigem Lastabtrag
• ein sehr vorteilhaftes Tragverhalten zeigt unter bestimmten Voraussetzungen das ungerichtete Rippenelement unter Biegebeanspruchung infolge Kraftwirkung rechtwinklig zu seiner Ebene, d.h. in seinem Einsatz als Trägerrost. Maßgeblich hierfür ist die zweiachsige Lastabtragung in beiden sich kreuzenden Rippenscharen. Voraussetzung ist die schub- und biegesteife Knotenverbindung zwischen den Rippen. Es kommt eine weitgehende Mitwirkung sich kreuzender Rippen zum Tragen, und zwar nicht allein dank der Biegesteifigkeit der Rippen, sondern auch dank ihrer Torsionssteifigkeit. Auf diese Weise wird das Material in sehr vorteilhafter Weise – man könnte sagen mehrfach – ausgenutzt. Auch hier kommt das ungerichtete Rippensystem einer Platte sehr nahe. Eine Voraussetzung hierfür ist wiederum, dass die Steifigkeiten der beiden Scharen vergleichbar sind, ansonsten wird eine der Scharen (die steifere) überproportional belastet, die andere wird hingegen unzureichend ausgenutzt. Dies führt sinngemäß zu vorwiegend quadratischen Elementformen, also zu gleichen Spannweiten in beiden Richtungen. Die deutlich lastverteilende Charakteristik dieser Systeme bietet auch bei ungleichmäßig verteilter oder wechselnder Last Vorteile. Die Konsequenz dieser guten Ausnutzung des Materials unter Biegung sind deutlich geringere Konstruktionshöhen als bei gerichteten Rippensystemen, insbesondere dann, wenn letztere aus gestapelten Stabscharen aufgebaut sind. Manchmal kann sich hingegen die Festlegung auf gleiche Spannweiten in beiden Hauptrichtungen als planerisch einengend erweisen, sodass ggf. dem gerichteten System der Vorzug gegeben wird. Ferner ist der konstruktive Aufwand in Rechnung zu stellen, der mit der Schaffung der Rippenknoten verbunden ist. Es kann stets nur ein Stab durchgängig ausgeführt werden, die anstoßenden sind schub- und biegesteif beidseitig anzuschließen. Einfacher lässt sich dieser Detailpunkt mit gießbarem Material (z.B. Beton) ausführen. Grundsätzlich sind derartige ungerichtete Rippensysteme aufwendig in der Ausführung. Der Zusatzaufwand kann stets nur dann gerechtfertigt sein, wenn sich hoher Nutzen aus den Stärken dieser Systeme, wie oben beschrieben, schlagen lässt. Immer dann, wenn diese Merkmale nicht den Ausschlag geben, wie bei einfachen, vergleichsweise wenig belasteten Elementen, bei denen es vornehmlich darum geht, ohne großen baulichen Aufwand eine geschlossene Fläche zu bilden, zeigen die gerichteten Systeme aufgrund ihrer konstruktiven Einfachheit deutliche Vorzüge. Als einfache Unterkonstruktion für eine abschließende, flächenbildende dünne Platte, wie etwa bei einem beidseitig beplankten leichten Rippenelement, bietet ein vergleichsweise kostspieliges ungerichtetes Rippengitter keinerlei Vorteile.
2 Kraftleiten
Die Flächenbildung findet bei diesem konstruktiven Prinzip dadurch statt, dass eine möglichst große Platte ein- oder beidseitig auf einer rahmenartigen Zarge befestigt wird. Es ist in seiner Tragwirkung zunächst vergleichbar mit einem zweiachsig gespannten Rippensystem (s.o.), bei dem eine flächenbildende, abschließende Platte ja auch ringsum auf einem Geviert aus Stäben aufliegt. Die Besonderheit dieses Prinzips besteht darin, dass größere Felder von der Platte frei zu überdecken sind, was zunächst dem bewährten konstruktiven Prinzip widerspricht, größere Flächen in ein engmaschigeres Rippensystem mit möglichst dünner abschließender Plattenbeplankung aufzulösen. Verständlich wird die Sinnhaftigkeit dieser Variante erst dann, wenn man sich vor Augen führt, dass sie fast ausschließlich bei verglasten Hüllelementen verwirklicht wird, insbesondere in der Bauform eines beidseitig mit Glas belegten Rahmenelements, also eines ZweischeibenIsolierglases. Es leuchtet ein, dass dabei ein wichtiges Ziel ist, möglichst große transparente, von unterstützenden Rippen vollständig freie Flächen zu bilden, weshalb sich das unterstützende Rippensystem verbietet. Aus diesem Grund soll im Folgenden bei der Platte nur noch von einer Scheibe – also Glasscheibe – die Rede sein. Damit sind hinsichtlich der Kraftleitung auch gleichzeitig die engen Grenzen dieser Strukturvariante definiert. Sie werden maßgeblich von der maximalen Spannweite vorgegeben, die eine Glasscheibe mit vertretbarer Dicke und Gewicht unter Biegebeanspruchung überbrücken kann. Für die Aufnahme andersartiger Beanspruchungen wie Druck, Zug und Schub in größerem Ausmaß ist dieses Element nicht geeignet. Einzig die bei äußeren Hüllelementen übliche Kombination aus Biegebeanspruchung aus Wind und Druckbzw. Zugbeanspruchung aus Eigenlast ist für die Bemessung und konstruktive Ausbildung maßgeblich. Bei einseitig auftreffender Flächenlast wie unter Windbelastung muss die Kraft in der betroffenen (äußeren) Scheibe aufgenommen werden, ohne Mitwirkung der anderen Scheibe. Es wirkt sich dabei vorteilhaft aus, dass die Scheibe vierseitig linear gelagert ist, also zweiachsig spannt. Voraussetzung dafür ist wiederum das Seitenverhältnis des Elements, das – zumindest aus Sicht der Lastabtragung – möglichst quadratisch sein, jedenfalls die Proportion 1:1,5 nicht überschreiten sollte. Die Umfassungszarge lässt sich für tragende Zwecke – z.B. bei Punktlagerung an den Ecken – nicht heranziehen, da ihre statisch nutzbare Höhe aus bauphysikalischen Gründen maßlich stark eingegrenzt ist. Eine Punktlagerung des Elements ist realisierbar. Dabei wird im Regelfall die außen auftreffende Last mithilfe der Verbindungsmittel durch die Doppelscheibe hindurch an die stützende Konstruktion abgegeben. Maßgeblich für diesen Lagerungsfall sind insbesondere die an den Befestigungspunkten in der belasteten Scheibe auftretenden Querkräfte.
631
Element aus beplanktem Rahmen
Kap. V-4, Abschn. 3.1 Isoliergläser, S. 438 Band 3, Kap. XIII-6 Punktgehaltene Hüllen Band 2, Kap IX, Abschn. 5.4.4 Rippensystem mit Schale und Aufbau mit Längsrippung punktgestützte Platten in den Abschn. 7.3.10, S. 570, und 7.3.11, S. 571
9.6
632
9.7
VI Funktionen
Mehrschichtverbundelement
Ein Mehrschichtverbundelement besteht aus einem vollwandigen Kern und zwei diesen beidseitig bedeckenden dünnen Schichten oder Schalen, zumeist als Deckschalen bezeichnet, welche mit diesem im Regelfall schubfest verbunden sind. Trifft dies zu, so wirkt das gesamte Paket im Wesentlichen wie eine Platte oder Scheibe, also wie das bereits unter 9.1 besprochene vollwandige Element. Der wesentliche Unterschied zu diesem beruht in der Querschnittsheterogenität des Elements: in der Regel weisen die beteiligten Schichten unterschiedliche Materialeigenschaften auf, da sie in den meisten Fällen auch auf verschiedene Teilfunktionen (z.B. bauphysikalische) spezialisiert sind. Dabei kommt dem Kern üblicherweise eine wärmedämmende Funktion zu, die Deckschichten sind beispielsweise für den Witterungsschutz oder für den Schutz gegen mechanische Einwirkungen zuständig. Deckschicht Kern σBD 1
σBD 2 < σBD 1
S1 h1
230 Sandwichelement unter Biegebeanspruchung infolge Flächenlast rechtwinklig zu seiner Ebene 231 Verringerte Biegezug- und Biegedruckspannungen m B (größerer Momentenhebelarm h 2) beim Mehrschichtverbundelement im Vergleich zur vollwandigen Platte (Si = Schwerpunkt, I = const.)
wie ausgeführt, vgl. Abschn. 3. Vergleichende Betrachtung von Biegemomenten/ Querkräften und axialen Belastungen bzw. Membranspannungen, S. 513
S2 H h2
S1
S2
σBZ 1 z
σBZ 2 < σBZ 1
y x
Platte
Mehrschichtverbundelement
In Bezug auf die Kraftleitungsfunktion ist insbesondere die Biegebeanspruchung zu betrachten, unter welcher die größten Spannungen im Material auftreten ( 230, 231). Es ergeben sich beim Mehrschichtverbundelement im Vergleich mit einem vollwandigen Element immer dann deutliche Vorteile, wenn die beteiligten Schichten spezifische Fähigkeiten aufweisen: • Deckschalen: zug- und druckfest; • Kern: schubfest (zug- und drucknachgiebig). Dies entspricht einer Zuordnung der Spannungen wie folgt: • Deckschalen: Biegezug- und Biegedruckspannungen; • Kern: Schubspannungen. Biegezugspannungen sind im Regelfall gut von einer dünnen äußeren Schicht aufzunehmen, beispielsweise von einem Blech. Biegedruckkräfte sind immer dann von einer dünnen Außenschicht aufnehmbar, wenn ein ausreichender Haftverbund zum Kern besteht, und dieser die dünne Schicht vor
2 Kraftleiten
633
dem Ausweichen (Beulen/Knicken) bewahrt. Unter diesen Voraussetzungen ist die Lage der verschiedenen Funktionsschichten ideal, da die zug- und druckfesten Außenschichten den maximal realisierbaren Hebelarm – also die beinahe komplette statische Höhe oder Konstruktionsstärke des Elements – ausschöpfen. Mehrschichtverbundelemente vereinen in ihrer baupraktisch häufigsten Erscheinungsform, dem Sandwichelement, auf eine sehr günstige Weise zwei Funktionsprinzipien: • bauphysikalisch: wärme- und feuchteschutztechnisch die Kombination eines dämmenden porösen Kerns mit vor Witterung schützenden Deckschalen. Ferner die schalltechnische Verwirklichung eines federnden Systems aus zwei festen Außenschalen und einem (zumindest teilweise) federweichen Kern. Gerade diese letzte Charakteristik kann vom Kernmaterial nur sehr eingeschränkt geleistet werden, da die Anforderungen an die Schubfestigkeit (Kraft) und Federweichheit (Schall) widerstrebender Art und nur sehr eingeschränkt zu vereinbaren sind. Aus diesem Grund kann die schalltechnische Wirkungsweise von Sandwich-Außenbauteilen in Leichtbauweise auch als deren gravierendste Schwachstelle gelten;
Kap. VI-3, Abschn. 2.1 Prinzipielle Kombinationsmöglichkeiten von feuchterelevanten Funktionsschichten, S. 652
• kraftleitend: Kombination von Außenschichten mit dichter Materialstruktur (geeignet zur Aufnahme von Biegezugund Biegedruckspannungen) mit schubfestem und darüber hinaus schubfest mit den Deckschichten verbundenem Kern aus Material mit weniger dichtem Materialgefüge. Es handelt sich um den Idealzustand des Doppel-T-Prinzips wie bei Biegebalken. Der Begriff des Sandwich wird auch oftmals auf Elemente angewandt, die nur die angesprochene bauphysikalische Funktionsweise, nicht aber die kraftleitende realisieren. Hierzu gehören Sandwichplatten aus Stahlbeton mit dämmender Kernschicht. In der Folge unserer bisherigen, grundsätzlich auf ebene Hüllbauteile beschränkten Betrachtung sind abschließend rein zugbeanspruchte Membran- bzw. Seilnetzsysteme unter vergleichbaren Vorgaben zu untersuchen: Es wird jeweils eine gedachte, rechteckig bzw. quadratisch eben umgrenzte Hüllfläche angesetzt, welche durch Membranen oder Seilnetze geschlossen wird. Man wird der außerordentlich großen Formenvielfalt von Membrantragwerken dadurch zwar nicht gerecht,9 doch ist das Ziel unserer Überlegungen an dieser Stelle ein anderes, nämlich die Beschreibung der grundsätzlichen Kraftleitungsmechanismen bei einem Hüllbauteil mit begrenzter Ausdehnung. Unter dieser Vorgabe sind die folgenden Ausführungen zu interpretieren.
Pneumatisch vorgespannte Membran pneumatisch und mechanisch vorgespannt, Abschn. 9.8, 9.9, S. 633ff
9.8
634
VI Funktionen
Abschn. 4. Materielle Ausführung von Hüllbauteilen > 4.2 Bewegliche Systeme, S. 514
vgl. hierzu Abschn. 4.2 Bewegliche Systeme, S. 514
Wie bereits kurz angesprochen, erfolgt die Stabilisierung der von sich aus biegeweichen Membran durch eine Vorspannung infolge Druckdifferenz zwischen den zwei an die Membran anstoßenden Raumhälften (232, 233). Als Kraft ausübendes Stützmedium wirkt dabei entweder Luft, andere Gase, Flüssigkeiten oder geeignete Granulate. Zumeist sind gebäudetechnische Zusatzmaßnahmen notwendig, um diese Druckdifferenz dauerhaft aufrechtzuerhalten, da von ihr die Standfestigkeit des Elements abhängt. Sowohl Einfach- wie auch Doppelmembransysteme beruhen auf dieser durch das Stützmedium hervorgerufenen Vorspannung, wobei Über- und Unterdruck jeweils sowohl innen- als auch außenseitig angeordnet sein können – daher die Unterscheidung in Über- und Unterdrucksysteme. Anders als bei Doppelmembransystemen, die hier im Folgenden exemplarisch betrachtet werden sollen, ist bei Einfachmembransystemen der stabilisierende Raum gleichzeitig der Nutzraum des Bauwerks. Hieraus folgt, dass bei letzteren das Stützmedium Luft sein muss, und zwar unter physiologisch verträglichen Druckverhältnissen. Ansonsten ist im Rahmen unserer Überlegungen die Kraftleitungsfunktion beider Systeme vergleichbar. Unter der Wirkung des Stützmediums nimmt die Membran eine nahezu ausnahmslos synklastische (also gleichsinnig doppelte) Krümmung an. Sie ist kennzeichnend für die meisten pneumatisch gespannten Membranen. Einzig in kritischen Anschlussbereichen – wie bei unserem Beispiel in den Eckbereichen des Stützrahmens oder generell bei punktuellen Stützungen – treten lokal auch antiklastische (also gegensinnige doppelte) Krümmungen auf. Die derart durch Vorspannung erzeugte stabile Oberfläche ist eine direkte Folge des jeweils herrschenden Gleichgewichts der Kräfte. Anders als bei biegesteifen festen Bauteilen führt eine Veränderung der wirkenden Kräfte zu einer dehnungslosen Verformung des Flächenbauteils, und zwar derart, dass sich bei veränderter Membrangeometrie ein erneutes Gleichgewicht unter den neuen Kraftverhältnissen einstellt ( 234-237). Dies gilt für alle zugbeanspruchten nicht biegesteifen Tragwerke, also auch für die weiter unten zu diskutierenden mechanisch versteiften Membranen. Aus diesem Grund kann man diese Art von kraftleitenden Systemen mit einiger Berechtigung als beweglich bezeichnen,10 da sie unter den bauüblichen wechselnden Belastungen deutliche Bewegungen und Verformungen vollführen. Sie sind deshalb trotz ihrer außerordentlich hohen Materialausnutzung – reine Membranspannungen, keine Biegung; reine Zugbeanspruchung, keine Knick- oder Beulgefahr – im Hinblick auf ihre Kraftleitungsfunktion nur dort einsetzbar, wo man diese Bewegungen tolerieren kann. Begehbare Bodenflächen sind ein Beispiel für diesbezüglich kritische, kaum mit rein zugbeanspruchbaren Elementen herstellbare Bauteile. Sie sind jedoch durch Ballastierung eingeschränkt für diesen Zweck tauglich zu machen.
2 Kraftleiten
635
–
+
– 232 In einer ringsum verlaufenden Lagerung gefasste, pneumatisch gespannte Doppelmembran
z y
233 Querschnitt durch die Doppelmembran entlang xz
z
x
x
234 Verteilte Kraftwirkung auf die Membran parallel zur Rahmenebene entlang ¬ y z y
235 Querschnitt: Formänderung der Membran unter Last wie in 235
y
x
x
236 Verteilte Kraftwirkung auf die Membran rechtwinklig zur Rahmenebene entlang ¬ x z y
z
x
x
Die zunächst naheliegendste Art eine Membran vorzuspannen ist, diese an ihrer linearen Randeinfassung unter Zug zu versetzen. Die Membran wird – sofern die Randeinfassung in einer Ebene liegt – eben gespannt ( 238 und 239). Die Vorspannung sorgt dafür, dass keine Falten entstehen. Kräfte, die wie in 240 und 241 in der Membranebene wirken, verändern die Membranform nicht, sondern erzeugen Dehnungen wie bei einem gerade hängenden Seil. Ist das Membranmaterial elastisch, bauen die Kräfte in Wirkrichtung die Vorspannkraft ab und erhöhen die Zugspannung auf der entgegengesetzten Seite proportional. Sobald die Kraft die Vorspannkraft übersteigt, hängt die Membran auf der kraftzugewandten Seite durch bzw. knittert. Die eben gespannte Membran ist auch in der Lage, Kräfte quer zu ihrer Ebene aufzunehmen ( 242). Im eben gespannten Zustand ( 243) wirken theoretisch unendlich große Kräfte, sodass die Membran wie in 244 und 245 für die Schnittebene xz dargestellt aus der Ebene ausweicht. Erst
237 Querschnitt: Formänderung der Membran unter Last wie in 237
Mechanisch vorgespannte Membran
9.9
636
VI Funktionen
238 In einem Rahmen eben gespannte Membran z y
239 Querschnitt durch die ebene, unbelastete Membran entlang xz oder xy
240 In der Ebene wirkende Streckenlast auf die eben gespannte Membran baut in Wirkrichtung die Vorspannkraft ab
y
x
x
z y
y
x
241 Querschnitt durch die Membran entlang xy
x
R2 = ∞
242 Entlang x wirkende Einzellast auf die eben gespannte Membran ruft eine Formänderung der Membran in Wirkrichtung der Kraft hervor, die sie befähigt, die Last aufzunehmen. 243 Die Einzellast belastet die Membran. Im ebenen Zustand müssten die Kraftkomponenten R1 und R2, deren Resultierende die Reaktion R ist, unendlich groß sein. Die Membran reißt bereits in diesem Zustand oder weicht im Normalfall aus (nicht stabiler Zustand).
R
F
R1 = ∞ z y
z
x
x
1
der Winkel _3 bzw. `3 reduziert die Membrankräfte R1 und R2 so weit, dass sich unter der Kraftwirkung F ein stabiles Gleichgewicht einstellt ( 246). Dies ist auch auf die andere Schnittrichtung (xy) übertragbar. Ein ähnlicher Vorgang spielt sich bei verteilter Belastung der eben gespannten Membran ab ( 247, 248). Je größer die Vorspannkraft, desto geringer die für das stabile Gleichgewicht nötigen Winkel _ und `. Diese Vorspannkraft nähert sich bei kleinen Winkeln jedoch sehr rasch extrem hohen Werten – bei _, ` = 0 theoretisch unendlich. Die großen anfänglichen Bewegungen, welche die eben gespannte Membran unter Kraft rechtwinklig zu ihrer Ebene vollführt, bevor das Gleichgewicht erreicht ist, schränken ihre bauliche Anwendung sehr stark ein. Kräfte wie beispielsweise infolge Wind auf eine Außenwand aus einer derartigen Membran erzeugen Flattern und im ungünstigsten Fall das Zerreißen der dünnen Haut. Als bewitterte horizontale Fläche bilden sich unter der Verformung Wassersäcke. Diese Art
2 Kraftleiten
R2
637
α1
R
R2
F
R1
α2 R
α3
R2 F
R1
R
F
R1 β2
β1 z
β3
z x
2
244 Die Einzellast führt zu einem anfänglichen Ausweichen der Membran. Die in ihr wirkenden Komponenten R1 und R2 werden aufgrund der Winkel _1 und `1 kleiner (nicht stabiler Zustand).
z x
3
245 Mit fortschreitender Formänderung und wachsendem Winkel _2, `2 verkleinern sich die Kraftkomponenten R1 und R2 kontinuierlich (nicht stabiler Zustand).
von Membrankonstruktion ist deshalb nur für kleine Formate und untergeordnete Zwecke geeignet. Deutlich geringere Formänderungen sind hingegen bei einer Membran zu beobachten, die mittels einer geeigneten Vorspannkraft bereits aus der Rahmenebene hinaus verlagert ist. Dies kann beispielsweise durch eine punktuelle Stützung wie in 249, 250 geschehen. Dadurch sind an jedem Punkt der Membran die geometrischen Voraussetzungen – also ausreichende Winkel gegenüber der Rahmenebene – geschaffen, um der äußeren Belastung rasch, d.h. ohne allzu große Formänderung, Gegenkräfte entgegenzusetzen. Verschiedene äußere Kraftwirkungen und die zu erwartenden Formänderungen sind in 251-256 exemplarisch dargestellt. Der Vorspannkraft entgegengesetzte Membrankräfte dürfen diese jeweils an keiner Stelle übersteigen, da die Membran ansonsten Falten wirft oder durchhängt. Punktuelle Stützungen führen zu Kraftkonzentrationen im Bereich der Membranenbefestigung, die schnell ein Reißen der empfindlichen Membran zur Folge haben können. Die Krafteinleitung aus der Membran in die Stützung sollte aus diesem Grunde auf eine möglichst lange Randlinie – wie bei einem Ring oder einer Schlaufe, vgl. 46 – verteilt werden. Doppelt gekrümmte, mechanisch vorgespannte Membranen sind, im Gegensatz zu den pneumatisch gespannten, grundsätzlich antiklastisch (also gegensinnig) gekrümmt. Ihre Tragwirkung basiert für jede Belastung auf einem Zusammenspiel von Tragrichtung – in 249 zwischen Spreize und Rahmen – und Spannrichtung – in 249 jeweils konzentrisch ringförmig um den Hochpunkt. Vergleichbare Belastungen ( 242-248) führen bei der doppelt gekrümmten, mechanisch vorgespannten Membran zu deutlich geringeren Verformungen als bei der ebenen. Dies erhöht ihre Gebrauchstauglichkeit, insbesondere für horizontale Hüllbauteile, und verringert die Beanspruchungswechsel in den Lagern (kritisch: Ermüdung des Materials).
x
4
246 Das stabile Gleichgewicht und der Stillstand sind beim Winkel _3, ` 3 erreicht. Die Gegenkraft R als Resultierende der beiden Seilkräfte R1 und R2 neutralisiert die Kraft F (stabiler Zustand).
z y x
247 Analog zu 242 bis 246 führt eine rechtwinklig zur Ebene wirkende Flächenlast zu einer lastabhängigen starken Formänderung der Membran, bevor die auf ihr wirkende Kraft im Gleichgewicht steht.
z x
248 Mittiger Querschnitt durch die Membran entlang xy oder xz
638
VI Funktionen
249 Mittels einer Unterspannung mechanisch aus der Rahmenebene heraus vorgespannte Membran 250 Querschnitt durch Membran wie auf 245 entlang xz. Unterstützung mit abgespannter Luftstütze angenommen
251 Formänderung unter Last auf der Membran parallel zur Rahmenebene, entlang y
z y
z
x
x
z y
252 Querschnitt der Membran in 247 mit Formänderung infolge Kraftwirkung
y
x
x
253 Formänderung unter verteilter Last quer zur Rahmenebene 254 Querschnitt der Membran in 249 mit Formänderung infolge Kraftwirkung. Luftstütze unbeweglich angenommen
z y
z
x
x
255 Formänderung unter verteilter Last auf eine Membranenhälfte quer zur Rahmenebene 256 Querschnitt der Membran in 251 mit Formänderung infolge Kraftwirkung. Unterspannung der Luftstütze unbeweglich angenommen
z y
z
x
x
2 Kraftleiten
1
2
3
4
5 6
7
8
9
10
Wenngleich in der Baustatik der Begriff Belastung stets eine äußere Kraft bezeichnet, soll dennoch – um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen – der Ausdruck äußere Belastung verwendet werden, auch wenn dies streng genommen als eine Redundanz gelten kann. Demgegenüber bezeichnen die Begriffe Schnittkraft und Beanspruchung immer innere Kräfte, die Spannungen hervorrufen. Dies gilt nicht für Feldkräfte. Diese benötigen keine materielle Verbindung oder materiellen Kontakt für die Kraftübertragung. Die einzige baurelevante Feldkraft ist die Gravitation, die wir indessen für technische Zwecke nicht beeinflussen können. Die Lagerung des Zylinders auf der Platte ist hier gleitend angenommen, sodass keinerlei Momente im Auflagerbereich des Zylinders entstehen. Dies gilt strenggenommen für E-E-Bemessung (elastischelastisch). Bei E-P (elastisch-plastisch) lassen sich etwas größere Reserven im Querschnitt aktivieren. Dies ändert aber nichts an der grundsätzlichen Gültigkeit der Aussage. Herzog (1976) Pneumatische Konstruktionen – Bauten aus Membranen und Luft, S. 15 Der Effekt der Drillmomente und der abhebenden Ecken ist hierbei nicht berücksichtigt. Dies führt zu singulären Momentenverläufen in den Eckbereichen. Der Begriff Verband, der bisher als Bezeichnung eines allgemeinen Ordnungsmusters von Bausteinen verwendet wurde, meint hier den mauerwerksüblichen Verband mit Bausteinübergreifung. Zu katalanischen Ziegelgewölben siehe: Moya Blanco (2000) Bóvedas tabicadas; auch Collins (1968) The Transfer of Thin Masonry Vaulting from Spain to America, S. 176-201 Für ein vertiefendes Studiums von zugbeanspruchten Flächentragwerken siehe z.B.: Brinkmann (1990) Leicht und Weit – Zur Konstruktion weitgespannter Flächentragwerke; Otto, F (1990) Das hängende Dach Berger (1996) Light Structures – Structures of Light – The Art and Engineering of Tensile Architecture, S. 49f. Der Autor macht eine sehr anschauliche und einleuchtende Unterscheidung zwischen festen und dynamischen Tragsystemen.
DIN 1055: Einwirkungen auf Tragwerke Teil 2: 2010-11 Bodenkenngrößen DIN EN 1991: Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke Teil 1-1: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke – Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau Teil 1-2: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen – Brandeinwirkungen auf Tragwerke Teil 1-2 Berichtigung 1: 2013-08 Berichtigung zu DIN EN 1991-2 2010-12 Teil 1-3: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen, Schneelasten Teil 1-4: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen – Windlasten
639
Anmerkungen
Normen und Richtlinien
640
VI Funktionen
Teil 1-5: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen – Temperatureinwirkungen Teil 1-6: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen, Einwirkungen während der Bauausführung Teil 1-6 Berichtigung 1: 2013-08 Berichtigung zu DIN EN 1991-6 2010-12 Teil 1-7: 2010-12 Allgemeine Einwirkungen – Außergewöhnliche Einwirkungen Teil 2: 2010-12 Verkehrslasten auf Brücken Teil 4: 2010-12 Einwirkungen auf Silos und Flüssigkeitsbehälter Teil 4 Berichtigung 1: 2013-08 Berichtigung zu DIN EN 1991-4 2010-12
1. Die thermohygrischen Schutzfunktionen ................ 642 1.1 Schutz vor Feuchte........................................... 642 1.1.1 Einstufiger Feuchteschutz ..................... 643 1.1.2 Mehrstufiger Feuchteschutz .................. 645 1.2 Windschutz....................................................... 646 1.3 Wärmeschutz ................................................... 648 1.4 Schutz vor unkontrolliertem Dampfeintritt in die Konstruktion............................................ 649 2. Das Zusammenwirken der thermohygrischen Funktionsschichten in der Hüllkonstruktion ...............650 2.1 Prinzipielle Kombinationsmöglichkeiten von feuchterelevanten Funktionsschichten ........652 2.1.1 Sandwich-Prinzip.................................... 652 2.1.2 Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz und einstufiger Dampfsperre .......................................... 652 2.1.3 Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz und (teildurchlässiger) Dampfbremse ........................................ 654 2.1.4 Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz, (teildurchlässiger) Dampfbremse und einer dampfabführenden Luftschicht ............................ 654 2.1.5 Kombination von einstufigem, diffusionsoffenem Feuchteschutz mit Dampfbremse durch Diffusionswiderstand des Bauteils......................... 654 2.1.6 Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz mit Dampfbremse durch Diffusionswiderstand des Bauteils ........ 654 3. Konstruktive Aufbauten hinsichtlich ihrer thermohygrischen Funktionsweise ............................656 3.1 Sandwichpaneel ............................................... 656 3.2 Isolierglasscheibe ............................................. 656 3.3 Holzfensterprofil ............................................... 658 3.4 Aluminiumfensterprofil ..................................... 658 3.5 Nicht belüftetes Flachdach............................... 660 3.6 Umkehrdach ..................................................... 662 3.7 Einschalige Außenwand aus porosiertem Mauerwerk .................................. 664 3.8 Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem .................... 664 3.9 Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Außendämmung und vorgehängter Wetterhaut ................................. 666 3.10 Zweischalige Außenwand aus Mauerwerk mit Kerndämmung ............................................ 668 3.11 Leichte Außenwand in Holzrippenbauweise.....670 3.12 Nicht belüftetes geneigtes Dach ..................... 672 3.13 Belüftetes geneigtes Dach................................674 3.14 Kelleraußenwand ...............................................676 3.15 Kellersohle (Dämmung unterseitig) .................. 678 3.16 Kellersohle (Dämmung oberseitig) ................... 678 4. Kontinuität der Funktionen ....................................... 680 Anmerkungen ............................................................... 682
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_27
642
1.
VI Funktionen
Die thermohygrischen Schutzfunktionen
Thermohygrische Schutzfunktionen eines Hüllbauteils haben den Zweck, den erforderlichen Wärmeschutz sowie die Trockenheit und damit die hygienische Unbedenklichkeit und die Dauerhaftigkeit des Bauteils zu gewährleisten. Im Wesentlichen sind die Faktoren: • Feuchte im flüssigen und dampfförmigen Aggregatzustand, • Wind, • Wärme zu berücksichtigen. Dichtmechanismen spielen dabei naturgemäß eine wichtige Rolle. Die jeweiligen Schutzfunktionen der Schichten können entweder einstufig oder mehrstufig realisiert werden. Dies gilt insbesondere für die Teilfunktionen Dichten gegen Wasser und Dichten gegen Wind. Schichten in einstufigen Dichtungen sind stets nichtdurchlässig gegen das jeweilige Medium ( 22). Die ersten Schichten bei mehrstufigen Dichtungen sind hingegen teildurchlässig ( 1, 2); die letzte Schicht im mehrstufigen Aufbau wiederum nichtdurchlässig. Die Schutzfunktion wird dabei sozusagen schrittweise in mehreren aufeinanderfolgenden Stufen umgesetzt. Bei der Steuerung der Dampfdiffusion durch eine Außenwand lässt sich ferner ein vollständiges Dichten bzw. Sperren von einem Bremsen des Wasserdampfs unterscheiden. Grundsätzlich können mehrstufige Dichtungen als robuster gegen Schäden und Ausführungsmängel als einstufige gelten. Einstufige hingegen sind zumeist mit erheblich geringerem Ausführungsaufwand verbunden.
1.1
Schutz vor Feuchte
Der Feuchteschutz, den eine Außenwand gewährleisten muss, verfolgt zwei grundsätzliche Ziele: • kein Wasser in den Innenraum gelangen zu lassen; • Wasser so weit vom Innern der Außenwandkonstruktion fernzuhalten, wie bauphysikalisch in Abhängigkeit des entsprechenden Schichtenaufbaus und des dafür zu betreibenden technischen Aufwands vertretbar. In der Praxis bedeutet dies, dass nicht mehr Wasser in die Konstruktion eindringen darf, als während der trockenen Jahreszeit wieder ausdiffundieren kann, ohne Schaden anzurichten ( 5-6). Während die erstgenannte Forderung aus Gründen der Physiologie sofort einleuchtet, und zumindest in modernen Gebäudehüllen bedingungslos einzuhalten ist, lässt sich die zweite in ihrer nur eingeschränkten Reichweite – es ist nicht immer absolute Dichtheit gefordert – nur aus den Zwängen der baulichen Umsetzung erklären.
3 Thermohygrik
643
1 Zweistufige Abdichtung gegen Regenwasser mithilfe einer Abtropfkammer und Hinterlüftung. Die erste Schicht (rechts) ist planmäßig treildurchlässig gestaltet. 2 Zweistufige Abdichtung gegen Winddruck mithilfe einer Verwirbelungs- und Entspannungskammer. Auch hier ist die erste Schicht teildurchlässig.
3 Dampfbremse durch Diffusionswiderstand einer Schicht 4 Dampfbremse durch Diffusionswiderstand einer Schale
5-6 Dampffalle: • •
Vollständige und dauerhafte Wasserdichtheit an der Außenfläche einer Gebäudehülle, also die Verwirklichung eines einstufigen Dichtprinzips in Reinform, ist nur schwer zu realisieren. Mit folgenden Einschränkungen und Erschwernissen ist dabei ggf. zu rechnen: • die dichtungstechnischen Schwachpunkte, die sich an Stoßfugen auf der Außenhaut der Gebäudehülle ergeben; • die materialimmanente Tendenz zur Rissbildung bei einigen Werkstoffen, die zu offenen Kanälen für das Eindringen der Feuchte führt – Beispiel: Mörtel, Ziegelstein, Beton, Putze;
Wasser dringt durch eine undichte Stelle in die Konstruktion Nach der Umwandlung in Dampf kann die Feuchte nicht durch die äußere Haut in den Außenraum entweichen
Einstufiger Feuchteschutz
1.1.1
644
VI Funktionen
• die Tendenz zur Rissbildung unter Witterungseinflüssen – Beispiel: extreme Temperaturschwankungen, UVStrahlung, Lufttrockenheit; • extreme Empfindlichkeit von Dichtschichten gegenüber mechanischer Beschädigung – Beispiel: bituminöse Flachdachabdichtungen;
7 Die Forderungen nach Wasserdichtheit und Diffusionsfähigkeit der äußeren Schichten stehen in Konflikt miteinander.
• ungünstige geometrische Lagen der Hüllfläche gegenüber der Witterungsrichtung, die zu extremen Beanspruchungen führen. Wenn man davon ausgeht, dass die vorwiegende Witterungsrichtung die senkrechte – mit temporären, vergleichsweise kleinen Abweichungen – ist, folgt daraus, dass dies insbesondere für weitgehend horizontale Hüllflächen gilt. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Flachdach, bei dem in seiner klassischen Ausführung aus diesen Gründen keinerlei Fugenbildung infrage kommt. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass an einer: •• senkrechten Gebäudehülle das Niederschlagswasser schnell abläuft oder abtropft und diese folglich nur mäßig belastet wird; •• horizontalen oder nur wenig geneigten Gebäudehülle das Niederschlagswasser nur langsam abläuft oder sogar über einen längeren Zeitraum in Teilbereichen stehenbleibt und die Gefahr besteht, dass es durch Risse und Spalte in das Innere der Konstruktion dringt.
8 Gore-Tex®-Prinzip: die äußere Schicht ist sowohl wasserdicht als auch diffusionsoffen.
1 Wetterhaut 2 Luftschicht 3 Sperrschicht
9 Zweistufige Feuchtesperre: die nur teilweise wasserdichte (also lediglich schlagregendichte) Wetterhaut und die Luftschicht erlauben die freie Diffusion nach außen.
Einstufige Abdichtungen gegen Wasser sind manchmal dennoch unumgänglich (Beispiel: Flachdach) oder aus anderen Gründen – beispielsweise wegen konstruktiver Einfachheit und Ökonomie wie bei einem Sandwichelement – angebracht. Doch geht die Forderung nach Dichtheit bei strikt einstufigem Aufbau oft zu Lasten der Dauerhaftigkeit (siehe wiederum Flachdach). Aber auch ein anderer, für das Konstruieren von Gebäudehüllen wesentlicher Aspekt erschwert beim Feuchteschutz die Verwirklichung des einstufigen Dichtprinzips an Gebäudehüllen. Dichtheit gegen Niederschlagswasser bedingt ein Material mit möglichst dichter und geschlossener Struktur (sowie oft auch hydrophober Oberflächencharakteristik). In diesem Sinn gut geeignete Werkstoffe sind beispielsweise Metalle (beschichtete Stähle, Kupfer, Zink), Steine (dichte Natursteine wie Granit bzw. Schiefer, oder gut gebrannte dichte Ziegelsteine wie Klinker). Diese zunächst wünschenswerte Eigenschaft des die Hülle nach außen hin abschließenden Materials steht allerdings in scharfem Konflikt mit der Forderung, dass eine Konstruktion nach außen hin möglichst dampfdiffusionsoffen sein sollte ( 7). Letztere ist immer dann von entscheidender Bedeutung, wenn aus Gründen der (lokalen) Undichtheit der
3 Thermohygrik
645
Außen- oder Wetterhaut bereits Feuchte in die Konstruktion eingedrungen ist und möglichst rasch wieder ausdiffundieren sollte, um keinen Schaden anzurichten. Genau dann erweist sich ein geschlossenes Materialgefüge an der äußersten Schicht als kontraproduktiv, da dieses in den meisten Fällen nicht nur: • gegen Wasser, sondern auch • gegen Dampfdiffusion (von innen nach außen) dicht ist. Man kann in diesen Fällen von einem gefährlichen Effekt sprechen, der einer Art Dampffalle 1 gleichkommt: durch einen unkontrollierten Spalt in der Wetterhaut in die Konstruktion eingedrungenes Wasser verwandelt sich in Dampf. Dieses kann trotz Dampfdruckgefälle zwischen innen und außen dennoch nicht entweichen, da das Hüllbauteil außenseitig vollflächig mit einem (dampf)dichten Material überzogen ist. Ideal für diesen Zweck wäre ein gleichzeitig wasserdichtes und diffusionsoffenes Material für die Wetterhaut (gewissermaßen nach dem Gore-Tex®-Prinzip), das allerdings im Bauwesen gegenwärtig noch nicht verfügbar ist ( 8). Dennoch existieren seit langer Zeit bewährte Materialien oder Komposite, die diesem Idealprofil nahekommen: fachgerecht ausgeführte mineralische Verputze weisen diese Art Doppelcharakteristik auf: • unter längerer Bewitterung sättigt sich das poröse mineralische Gefüge des Putzes mit Wasser und entwickelt eine deutlich wasserabweisende Charakteristik; • besonders im trockenen Zustand weisen mineralische Verputze infolge ihrer stark porösen Struktur eine hohe Dampfdiffusionsfähigkeit auf. Ein konstruktives Mittel, um diesen schwer zu entschärfenden Zielkonflikt zu entflechten, stellen mehrstufige Lösungen des Feuchteschutzes dar. Eine mehrstufig aufgebauter Feuchteschutz besteht im Allgemeinen (von außen nach innen) aus ( 9): • einer außenliegenden, nicht vollständig wasser-, aber schlagregendichten Wetterhaut (1). Oftmals kommen Verkleidungen mit weitgehend offenen, von oben nach unten überlappenden Fugen zum Einsatz; • einer bewegten Luftschicht (2) (Hinterlüftung), die es erlaubt, dass eventuell durch die Wetterhaut dringende Restfeuchte kontrolliert nach unten abfließen bzw. infolge der Luftbewegung nach außen verdunsten kann;
Mehrstufiger Feuchteschutz
1.1.2
646
VI Funktionen
• einer Sperrschicht (3), die sicherstellt, dass keine Restfeuchte in die Konstruktion dringt. Diese Schicht ist naturgemäß einer wesentlich geringeren Belastung ausgesetzt als die äußere Wetterhaut. Dieser Aufbau stellt gleichzeitig sicher, dass eventuell in das Innere des Wandaufbaus eingedrungene Feuchte (von innen nach außen) ( 10): • durch die Sperrschicht 3, die nach außen hin weitgehend diffusionsoffen sein kann (nur geringe Feuchtebelastung von außen) in die Luftschicht 2; 10 Zweistufige Feuchtesperre mit diffusionsoffener Feuchtesperre hinter der Luftschicht
• in der Luftschicht 2 nach oben • bzw. durch die zumeist offenen Fugen der Wetterhaut 1 in den Außenraum entweichen kann.
1.2
Windschutz
Der Windschutz einer Gebäudehülle verfolgt die Zwecke: • keine unangenehmen Zugerscheinungen im Innenraum entstehen zu lassen, die das Behaglichkeitsgefühl beeinträchtigen könnten; • keinen unkontrollierten Luftaustausch zwischen dem Innen- und dem Außenraum entstehen zu lassen, der über Konvektion zu ungewolltem Wärmetransport (zumeist in unseren Breiten Wärmeverluste) führen würde; • durch Sperren des Luftdurchtritts in das Innere eine wesentliche Grundvoraussetzung für effizienten Schallschutz zu schaffen. Es sind ggf. auch weitere Schallschutzmaßnahmen zu treffen.
11 Windschutz
Ähnlich wie bei der Feuchteschutzfunktion ist für den Windschutz einer Gebäudehülle das möglichst dichte und geschlossene Gefüge des Materials an der äußeren Schicht der Gebäudehülle wesentlich für deren Wirksamkeit. Aus diesem Grund werden beide Aufgaben, also Feuchte- und Windschutz, den gleichen Schichten der Konstruktion zugewiesen ( 11). Auch wenn die meisten herkömmlichen Hüllkonstruktionen, insbesondere massive Außenwände, ohne spezielle Zusatzmaßnahmen als weitgehend winddicht angesehen werden können, bleibt dennoch die Problematik der konstruktiven Fuge, die wie beim Feuchteschutz auch die kritische Schwachstelle hinsichtlich der Windbelastung darstellt. Aus diesem Grunde kann behauptet werden, dass insbesondere bei Leichtbauten, also mit Fugen durchsetzten Montagebauten, der Windschutz eine besonders sorgfältige Planung und Ausführung erfordert. Wie beim Fall des Feuchteschutzes
3 Thermohygrik
647
auch, lässt sich der Winddruck bei Montagebauten, die ja infolge ihrer vielfältigen Stoßfugen am stärksten gefährdet sind, am zuverlässigsten mit Hilfe zwei- oder mehrstufiger Dichtsysteme an oder in der Konstruktion abbauen. Ein exemplarischer mehrstufiger Aufbau zum Schutz vor Wind an einem Hüllbauteil weist folgende Funktionsschichten auf ( 12): • eine äußere Schicht 1, teilweise wind- und luftdurchlässig, zumeist identisch mit der Wetterhaut des Feuchteschutzes. Die Wind- und Luftdurchlässigkeit dieser Schicht ergibt sich zumeist aus den notwendigen Stoßfugen an ihrer Konstruktion; • eine Luftschicht 2, die als Entspannungskammer für den Winddruck dient, und in der sich der Staudruck in Form von Verwirbelungen abbaut; • eine hintergeschaltete Windsperre 3, die jedes weitere Eindringen von Wind in die Konstruktion und in den Innenraum verhindert, allerdings nicht mehr dem direkten Staudruck ausgesetzt ist. Diese Aufgabe kann von einer massiven Schale (Mauerwerk, Beton), bzw. von einer ansonsten als Dampfsperre wirkenden Luftdichtschicht am raumseitigen Ende des Schichtenaufbaus übernommen werden. Diese letzte Lösung findet sich fast durchweg bei leichten Holzaußenwänden. Hier ist eine wirksame Abdichtung gegen Wind bereits in den äußeren Schichten (also ein weitgehend einstufiges Dichtprinzip) wegen der nicht zu vermeidenden zahlreichen Bauteilfugen und Anschlüsse kaum zu realisieren ( 13-14).
1 Wetterhaut 2 Entspannungskammer 3 Windsperre
12 Zweistufige Windsperre
13 Zweistufige Windsperre mit innenliegender Folie
14 Dreistufige Windsperre mit außen- und innenliegender Folie
648
1.3
VI Funktionen
Wärmeschutz
Die für den Wärmeschutz verantwortlichen Schichten einer Gebäudehülle müssen im Einzelnen dafür sorgen, dass: • (bei temperierten Räumen) eine ständige behagliche Raumtemperatur im Innern aufrechterhalten wird. Diese darf weder im Raum selbst noch an den Strahlflächen der Innenwände oder anderer Innenbauteile die Grenzwerte unter- (oder über-)schreiten. Die Dämmschicht übernimmt in diesem Zusammenhang die Verringerung (oder Dämmung) des Wärmetransports über Transmission und hat folglich in gewissem Sinne eine unterstützende (wenngleich wesentliche) Funktion für haustechnische Maßnahmen wie Heizung oder Kühlung ( 15); • die Wärmeverluste, die sich trotz Dämmwirkung und daraus folgender Verringerung des Wärmeflusses ergeben, so niedrig wie möglich gehalten werden. Hier stehen nicht nur ökonomische Fragen der Betriebskosten eines Gebäudes, sondern auch umwelttechnische sowie auch volkswirtschaftliche Aspekte im Vordergrund; • zu niedrige Temperaturen dort in der Konstruktion verhindert werden, wo durch das Vorhandensein einer kritischen relativen Luftfeuchte Tauwasser entstehen könnte. Dieses durchfeuchtet in der Regel die zumeist porösen Dämmschichten und beeinträchtigt dadurch wiederum deren Dämmfähigkeit: ein zyklischer Prozess, der zu ernsthaften Schäden führen kann. 15 Wärmedämmschicht
Anders als bei den oben behandelten Funktionsschichten des Regen- und Windschutzes handelt es sich bei den Wärmeschutzschichten um Materialien mit lockerem, deutlich porösem Gefüge. Die Dämmwirkung beruht nicht auf der Wärmeleitfähigkeit h des Basismaterials, sondern auf der niedrigen Wärmeleitfähigkeit der in den kleinen Poren eingeschlossenen Luft. Diese Einschlüsse liegen jeweils unter der kritischen Größe, ab der die Luft beginnt, sich zu bewegen und Wärme verstärkt auf dem Konvektionsweg zu transportieren. Die Folge dieses Wirkmechanismus der Wärmeschutzschichten für die Kombination mit anderen funktionalen Schichten des Aufbaus ist, dass Dämmschichten stets poröse Struktur aufweisen und folglich auch: • eine große Dampfdiffusionsfähigkeit aufweisen. Aus diesem Grund ist fast immer: •• mit einem starken Dampftransport (in unseren Breiten von innen nach außen) durch diese Schicht hindurch zu rechnen, sofern keine Gegenmaßnahmen (Dampfsperre/-bremse) getroffen werden. Durch eine Wärmeschutzschicht hindurchtretender Dampf erreicht in einer bestimmten Tiefe die kritische Taupunkttemperatur und kondensiert zu Wasser;
3 Thermohygrik
649
•• andererseits gewährleistet, dass in diese Wärmeschutzschicht (von außen oder innen) eingedrungene Feuchte in Dampfform leicht wieder durch das Material hindurch nach außen (oder ggf. auch innen) hinausdiffundieren kann, sofern dieser Dampftransport nicht behindert wird; • ohne außenliegende schützende Zusatzschichten nie für einen Regen- oder allgemein Witterungsschutz geeignet sind. Sie sind ganz im Gegenteil infolge ihrer Porosität einer extremen Durchfeuchtungsgefahr von außen ausgesetzt. Trotz der grundsätzlich porösen Struktur von Wärmeschutzschichten kann ihr Dampfdiffusionswiderstand (oder äquivalente Luftschichtdicke) durch die geeignete Materialund Produktwahl innerhalb gewisser Grenzen gesteuert werden. Dies ist für solche Schichtenaufbauten wichtig, bei denen die Wärmeschutzschicht eine dampfbremsende Funktion zu erfüllen hat – z.B. Polystyrolhartschäume in zweischaligen Mauern mit Kerndämmung. Hier liegt also wiederum eine Doppelzuweisung von Funktionen an eine einzelne Schicht vor. Dampfsperrende oder -bremsende Schichten sind dafür verantwortlich, • zu verhindern, dass Dampf von innen in Aufbauten von Hüllbauteilen eindringt, die eine hohe Dampfdiffusionsfähigkeit aufweisen und folglich mit dem Risiko behaftet sind, dass dieser nicht schnell genug nach außen entweichen kann und in der Konstruktion kondensiert; • den Dampfdurchtritt bei dieser Art von Konstruktionen durch ihren (begrenzten) Dampfdiffusionswiderstand so weit zu reduzieren, dass stets gewährleistet ist, dass nie mehr Dampf von innen in die Konstruktion eintritt als ausdiffundieren kann; • oftmals auch Funktionen des Windschutzes (Wind- und Luftsperre) zu übernehmen. In diesem Zusammenhang ist nicht die Diffusionsfähigkeit von Bedeutung, sondern die kontinuierliche Luftdichtheit der Schicht. Dies wird in der baulichen Umsetzung entweder von dünnen Folien mit hohen bis extrem hohen Dampfdiffusionswiderständen geleistet – Dampfsperren oder -bremsen aus Kunststoffen oder Metallen, im Leichtbau üblich – oder durch zumeist massive Schalen mit ausreichenden Diffusionswiderständen – Mauerschalen, im Massivbau üblich ( 16-17). Es ist jeweils zu berücksichtigen, dass die dampfsperrenden oder -bremsenden Funktionsschichten stets soweit wie möglich raumseitig (also innenseitig) anzuordnen sind. Nur dadurch ist gewährleistet, dass der Dampf bereits im warmen
Schutz vor unkontrolliertem Dampfeintritt in die Konstruktion 2
1.4
650
VI Funktionen
Bereich abgesperrt wird, wo er noch keinen Schaden durch Kondensation anrichten kann. Dies gilt selbstverständlich für unsere hiesigen klimatischen Verhältnisse. Verlegt man die Dampfsperre oder -bremse innerhalb der Wärmeschutzschicht weiter nach außen, besteht die Gefahr, dass raumseitig sich ansammelnder Dampf in der Wärmeschutzschicht die Bereiche mit oder sogar unter Taupunkttemperatur erreicht und dort kondensiert. Sollte diese Anordnung aus bestimmten Gründen erforderlich sein (Beispiel: Aufdoppelung der Dämmung innenseitig an Holz-Leichtbauwänden für Elektroinstallationsführung), ist jeweils sorgfältig sicherzustellen, dass die Dampfsperre oder -bremse nie im Taupunktbereich liegt, sondern in der raumseitigen Zone der Dämmschicht ( 18-20). 2.
Das Zusammenwirken der Funktionsschichten in der Hüllkonstruktion
Kap. lI-1, Abschn. 2.2 Gliederung nach funktionalen Gesichtspunkten > 2.2.2 nach baulicher Einzelfunktion, S. 32
Nur wenige Materialien sind in der Lage, derart weitgespannte Anforderungen, wie sie sich aus der Verwirklichung der oben beschriebenen Schutzfunktionen – sowie zusätzlicher Aufgaben – ableiten, gleichzeitig in einem akzeptablen Ausmaß zu erfüllen. Traditionellerweise gelang dies einzelnen Werkstoffen wie Ziegel – z.B. im unverputzten einschaligen Mauerwerk – oder Holz – z.B. in der Blockbauweise –, wobei die Schärfe der Anforderungen bei den überlieferten Bauweisen vergleichsweise gering war. Die heutigen extrem hohen Standards, die an Gebäudehüllen gestellt werden, zwingen in der Regel dazu, getrennte Funktionszuweisungen an verschiedene Schichten oder Schalen vorzunehmen. Dies geht bereits aus unseren obigen Überlegungen zu den verschiedenen Schutzfunktionen und ihrer baulich-konstruktiven Umsetzung hervor. Auch moderne einschalige Konstruktionen – z.B. porosiertes Ziegelmauerwerk aus Leichthochlochziegeln – erfordern zumindest einen äußeren und inneren Überzug (Verputz), dem spezifische Aufgaben zugewiesen sind. Die Regel sind gegenwärtig mehrschichtige Außenwandkonstruktionen, wobei einzelnen Schichten durchaus auch mehr als eine Funktion zugeteilt werden können. Um die ihnen zugewiesenen Teilfunktionen zuverlässig und dauerhaft erfüllen zu können, müssen diese Schichten: • in ihren Charakteristika und Leistungsfähigkeiten aufeinander abgestimmt sein: so muss beispielsweise eine Dampfbremse so weit den Dampftransport von innen nach außen reduzieren, wie die äußeren Schichten des Außenwandaufbaus in der Lage sind, diesen nach außen ausdiffundieren zu lassen; • am richtigen Ort eingebaut sein: eine Dampfsperre im kalten äußeren Bereich einer Außenwand wäre nicht nur wirkungslos, sondern schädlich;
3 Thermohygrik
651
16 Dampfsperre durch dünne Folie 17 Dampfbremse durch dünne Folie
18 Dampfbremse in Kombination mit einer unabhängigen dampfabführenden Luftschicht außen (keine Hinterlüftung der Wetterhaut) 19 Dampfbremse durch Schale mit begrenztem Dampfdiffusionswiderstand
• in ihrer Funktion nicht durch Unterbrechungen wie Öffnungen oder Durchdringungen beeinträchtigt sein: Eine Wärmedämmebene sollte im Idealfall keinerlei Durchdringungen (Wärmebrücken!) aufweisen. Es wird sich zeigen, dass diese Grundanforderung beim Konstruieren, also bei der Planung des Gefüges aus Einzelteilen, aus denen ein Gebäude besteht, am schwierigsten zu realisieren sein wird und die höchsten Anforderungen an den Konstrukteur stellt. Ähnlich wie bei der Planung gewisse etablierte Bauweisen existieren, kann man auch bei Aufbauten von Gebäudehüllen gewisse, weitverbreitete Standardlösungen identifizieren. Diese stellen insbesondere hinsichtlich der richtigen gegenseitigen Abstimmung der Schichten sowie ihrer geeigneten Anordnung in der Sequenz des Schichtenaufbau bewährte bauliche Lösungen dar, auf die der Konstrukteur zurückgreifen kann. Im Folgenden sollen exemplarisch einige davon behandelt werden.
20 Dampfeintritt in die Konstruktion infolge undichter Dampfsperre
652
2.1
VI Funktionen
Prinzipielle Kombinationsmöglichkeiten von feuchterelevanten Funktionsschichten
Da Feuchte den gefährlichsten Schadensfaktor an einer Gebäudehülle darstellt, ist der Kombination verschiedener konstruktiver Prinzipien ( 21) • des Feuchteschutzes und • des Schutzes gegen Eindringen von Dampf in einem Aufbau besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Es leuchtet ein, dass, um eine effektive Steuerung des Feuchtehaushalts in einer Konstruktion zu gewährleisten, die jeweiligen Durchlässigkeitsgrade dieser beiden Funktionsschichten notwendigerweise aufeinander abgestimmt sein müssen. Es gibt Unvereinbarkeiten wie die Konstruktion in 21 rechts.
2.1.1
Sandwich-Prinzip Der Begriff Sandwich wird hier in seiner bauphysikalischen Bedeutung verwendet. Er ist gegen das statische Sandwichprinzip, wie im Kap. VI-2, Abschn. 9.7 Mehrschichtverbundelement, S. 632, beschrieben, abzugrenzen
wie bereits in Abschn. 1.1 Schutz vor Feuchte, S. 642, beschrieben Abschn. 3.1 Sanwichpaneel, 3.2 Isolierglasscheibe, S. 656, und 3.5 Nicht belüftetes Flachdach, S. 660
2.1.2
Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz und einstufiger Dampfsperre
Einfachstes konstruktives Prinzip ist das des sogenannten Sandwichs. Hier geht man davon aus, dass sowohl Regen als auch Dampf einstufig gesperrt werden, sodass planmäßig keinerlei Feuchtigkeit in das Innere der Konstruktion eindringen kann, weder von außen noch von innen ( 22). Neben dem einleuchtenden Vorteil der konstruktiven Einfachheit einer solchen Lösung müssen hingegen auch die mit ihr verbundenen Gefahren erwähnt werden: Der Aufbau bleibt nur so lange funktionsfähig und schadensfrei wie beide Funktionsschichten (Feuchteschutz und Dampfkontrolle) einwandfrei dicht bleiben. Bei der kleinsten Undichtheit kann sich der Effekt der Dampffalle einstellen und die Konstruktion dauerhaft schädigen. Als Beispiele hierfür werden im Folgenden ein Sandwichpaneel, eine Isolierverglasung sowie ein nicht belüftetes Flachdach behandelt. Die extreme Empfindlichkeit exponierter einstufiger Regensperren sowie die ernsthaften Schäden, die sich aus ihrem Versagen ergeben, führen oft zum Einsatz zwei- oder mehrstufiger Regensperren, welche die Sicherheit gegen Beschädigung wesentlich erhöhen. Feuchtetechnisch vorteilhaft ist das vollständige Sperren des Dampfs aus dem Innenraum mithilfe einer einstufigen Sperre in Kombination mit einer Sicherheit gegen Ansammeln von ggf. eingedrungener Feuchte/Dampf hinter der Regensperre ( 23). Infrage kommen hier ausgleichende, Dampf verteilende Folien ( 24) oder dampfdiffusionsfähige Feuchtesperren an der Außenseite ( 25). Bei dieser Art des Aufbaus wird das Prinzip der Staffelung von nach außen abnehmenden Diffusionswiderständen der beteiligten Schichten überzeugend verwirklicht. Dieses Prinzip soll im Folgenden anhand des Schichtenaufbaus einer leichten Außenwand in Holzbauweise sowie einer geneigten, nicht unterlüfteten Dachkonstruktion behandelt werden.
3 Thermohygrik
653
21 Einstufiger Feuchteschutz in Verbindung mit einer (durchlässigen) Dampfbremse führt zwangsläufig zu innerer Kondensation. 22 Sandwich-Prinzip
23 Kombination mehrstufiger Feuchteschutz/einstufige Dampfsperre 24 Kombination mehrstufiger Feuchteschutz mit Dampfdruckausgleichsschicht/einstufige Dampfsperre
25 Kombination mehrstufiger dampfdurchlässiger Feuchteschutz/einstufige Dampfsperre
654
2.1.3
VI Funktionen
Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz und (teildurchlässiger) Dampfbremse Abschn. 3.11 leichte Außenwand in Holzrippenbauweise, S. 670, und 3.12 Nicht belüftetes geneigtes Dach, S. 672
2.1.4
Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz, (teildurchlässiger) Dampfbremse und einer dampfabführenden Luftschicht
Abschn. 3.13 Belüftetes geneigtes Dach, S. 674
2.1.5
Kombination von einstufigem, diffusionsoffenem Feuchteschutz mit Dampfbremse durch Diffusionswiderstand des Bauteils
Abschn. 3.7 Einschalige Außenwand aus porosiertem Mauerwerk, S. 664, und 3.8 Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem, S. 664
2.1.6
Kombination von mehrstufigem Feuchteschutz mit Dampfbremse durch Diffusionswiderstand des Bauteils Abschn. 3.9 Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Außendämmung und vorgehängter Wetterhaut, S. 666, und 3.10 Zweischalige Außenwand aus Mauerwerk mit Kerndämmung, S. 668
Ein ähnliches Wirkprinzip verfolgt die Kombination eines mehrstufigen dampdiffusionsfähigen Feuchteschutzes mit einer (teilweise durchlässigen) Dampfbremse ( 26). Ihr Dampfdiffusionswiderstand ist sorgfältig auf die Dampfdurchlässigkeit der anderen Schichten abzustimmen. Beispielhaft hierfür soll eine leichte Wand- sowie eine geneigte Dachkonstruktion vorgestellt werden. Als aufwendigere Variante des eben genannten Prinzips kann die Kombination mit einer eigens zum Zweck der Abführung des Dampfs von innen zwischengeschalteten innenseitigen Luftschicht angesehen werden ( 27). Sie bietet einen hohen Grad an Sicherheit gegen Kondensation von Dampf im Innern der Konstruktion. Als Beispiel soll hierzu eine unterlüftete geneigte Dachkonstruktion besprochen werden. Dieser Aufbau erlaubt einen planmäßigen kontrollierten Dampfdurchtritt von innen nach außen durch das gesamte Konstruktionspaket hindurch. Die äußerste Feuchteschutzschicht arbeitet nach dem Gore-Tex-Prinzip. Die Diffusionswiderstände der Schichten sind entsprechend aufeinander abzustimmen ( 28). Diese Art des Aufbaus entspricht der bauphysikalischen Funktionsweise der meisten herkömmlichen einschaligen Mauerwerksaußenwände mit oder ohne Dämmschicht. Einige exemplarische sollen nachfolgend behandelt werden. Alternativ zum oben genannten Aufbau ist hier an der Außenseite ein mehrstufiger Feuchteschutz mit dampfdurchlässiger Feuchtesperre vorgesehen ( 29). Diese Art Feuchteschutz kann verglichen mit dem diffusionsoffenen Feuchteschutz (Gore-Tex-Prinzip) als weniger empfindlich gelten, wenn auch technisch aufwendiger. Einsatz findet dieser Aufbau insbesondere bei gemauerten zweischaligen Konstruktionen sowie auch bei einschaligen Mauern mit leichter Wetterhaut und Hinterlüftung.
3 Thermohygrik
655
26 Kombination mehrstufiger Feuchteschutz/(teildurchlässige) Dampfbremse
L
27 Einführung einer zusätzlichen Luftschicht L zur gesonderten Abführung von Wasserdampf aus dem Innern
28 Kombination eines einstufigen dampfoffenen Feuchteschutzes mit einer dampfbremsenden Schale
29 Kombination eines mehrstufigen Feuchteschutzes mit einer dampfbremsenden Schale
656
3.
3.1
VI Funktionen
Konstruktive Aufbauten hinsichtlich ihrer thermohygrischen Funktionsweise Sandwichpaneel
Das Sandwichpaneel ist ein Beispiel für ein Hüllbauteil, bei dem sowohl Regen als auch Dampf von innen einstufig gedichtet werden. Es muss für die ordnungsgemäße bauphysikalische Funktion dieses Aufbaus ausgeschlossen sein, dass Feuchte oder Wasserdampf durch Undichtheiten in den Kern der Konstruktion dringen. Beide Blechhäute (innen und außen) stellen eine über die gesamte Fläche des Bauteils hinweg fugenlose, kontinuierliche Sperre dar. Undichtheiten führen zum Dampffalleneffekt: als Konsequenz geschieht häufig, dass der eingeschlossene Dampf nicht mehr nach außen dringen kann und zu Ausbeulungen an der äußeren Blechschicht führt. Die Teilfunktionen im Einzelnen ( 30): • Feuchteschutz: äußere Blechhaut; • Windschutz: äußere Blechhaut; • Wärmedämmung: PUR-Schaumkern; • Dampfkontrolle: innere Blechhaut.
3.2
Isolierglasscheibe
Kap V-4, Abschn. 3.1 Isoliergläser, S. 438
Auch bei einer Isolierglasscheibe ist es für eine korrekte Funktion erforderlich, dass keinerlei Feuchte in das Innere der Konstruktion dringt. Zwei über das Gesamtbauteil hinweg kontinuierliche geschlossene Glasscheiben dichten gegen Regen, Wind (außen) und Dampf (innen). Im Innern, also im Scheibenzwischenraum (SZR), leistet eine stehende Luftschicht, oder alternativ eine Füllung aus konvektionsträgen Edelgasen, den nötigen Wärmeschutz. Gegebenenfalls wird dieser durch geeignete Beschichtungen der Innenseite einer oder beider Scheiben unterstützt. Am stärksten gegen Feuchteeintritt gefährdet ist die Konstruktion an der Verklebung der Glasscheiben mit dem Abstandshalter sowie am Randverbund. Werden diese undicht, so können die Scheiben innenseitig beschlagen, bzw. eine Edelgasfüllung kann entweichen und den Wärmedämmwert des Scheibenzwischenraums deutlich herabsetzten. Die Teilfunktionen ( 31): • Feuchteschutz: Glasscheibe außen; • Windschutz: Glasscheibe außen; • Wärmedämmung: Scheibenzwischenraum mit Luft- oder Edelgasfüllung, ggf. Scheibenbeschichtung; • Dampfkontrolle: Glasscheibe innen.
3 Thermohygrik
657
Blechhaut PUR-Schaum Blechhaut
1 Feuchteschutz
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
30 Sandwichpaneel – Aufbau und Teilfunktionen
Glasscheibe außen Scheibenzwischenraum (SZR), stehende Luftschicht Glasscheibe innen
1 Feuchteschutz 31 Isolierglasscheibe – Aufbau und Teilfunktionen
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
658
3.3
VI Funktionen
Holzfensterprofil
Band 3, Kap. XIII-9, Abschn. 2.9 Besonderheiten des Holzfensters
Ein Holzfensterprofil ist mit einer Beschichtung bzw. einem Anstrich zu versehen, die das Bauteil von außen gegen Regen und von innen gegen Dampfeintritt schützen. Die Diffusionsfähigkeit der Anstriche innen und außen wird jeweils gezielt gewählt, sodass der Innenanstrich (geschlossenporig) eine möglichst niedrige, der Außenanstrich (offenporig) hingegen eine möglichst große aufweist. Auch bei diesem Beispiel erfolgt die Dichtung einstufig: d.h. sobald eine Deckschicht versagt, kann der Dampffalleneffekt eintreten. Dann platzt der Außenanstrich infolge Dampfdruck und Aufquellen des Holzes von innen her auf. Dies verstärkt dann zusätzlich den Feuchteeintritt in das Holz. Die Teilfunktionen im Einzelnen ( 32): • Feuchteschutz: geschlossener, kontinuierlicher Außenanstrich; Falzentwässerung in den Außenraum; • Windschutz: geschlossenes Holzprofil; • Wärmedämmung: Holzprofil; • Dampfkontrolle: geschlossenporiger Innenanstrich; • Diffusionsfähigkeit nach außen: Diffusionsfähigkeit des Holzes, offenporiger Außenanstrich; Falzentlüftung.
3.4
Aluminiumfensterprofil
Band 3, Kap. XIII-9, Abschn. 2.10 Besonderheiten des Aluminiumfensters
Regen-, Windschutz und Dampfkontrolle werden beim Aluminiumfensterprofil einstufig realisiert. Diese Funktionen übernehmen jeweils die beiden kontinuierlichen, fugenlosen Halbschalen aus Aluminium, aus denen das Fensterprofil im Wesentlichen besteht. Die Wärmedämmung wird durch die thermische Trennung beider Halbschalen voneinander geleistet. Diese sind mittels schlecht wärmeleitender Kunststoffverbinder gekoppelt. Die weitgehend stehende Luftschicht des Profilhohlraums sorgt für die Kontinuität der Wärmedämmebene über das gesamte Profil hinweg. Zur Sicherheit kann in dieser Kammer angesammelte Feuchte, auch in Dampfform, über Öffnungen nach außen entweichen. Die Teilfunktionen ( 33): • Feuchteschutz: äußere Halbschale; Falzentwässerung in den Außenraum; • Windschutz: äußere Halbschale; Entspannungskammer; • Wärmeschutz: Kunststoffverbinder, stehende Luftschicht der Profilkammer; • Dampfkontrolle: innere Aluminiumhalbschale; • Dampfdiffusion nach außen: Öffnungen in der Profilkammer: Falzentlüftung.
3 Thermohygrik
659
offenporige Beschichtung Holzprofil geschlossenporige Beschichtung
1 Feuchteschutz
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
32 Holzfensterprofil – Aufbau und Teilfunktionen
äußere Halbschale Profilkammer Kunststoffverbinder innere Halbschale Öffnungen 1 Feuchteschutz
33 Aluminiumfenster – Aufbau und Teilfunktionen
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
660
3.5
VI Funktionen
Nicht belüftetes Flachdach Band 3, Kap. XIII-3, Abschn. 2.3 Fläche Dächer auf tragender Schale
unter Berücksichtigung des Schutzes durch die Kiesschicht (zweistufiges Dichten des Regenwassers)
unter zusätzlicher Berücksichtigung der Dampfdruckausgleichsschicht hinter (unter) der Feuchtesperre
Ein weiteres Beispiel für eine Hüllkonstruktion, die Regen, Wind und Dampf jeweils einstufig sperrt, ist das nicht belüftete Flachdach. Die stark gegen Beschädigung und Versprödung gefährdete Wassersperrschicht ist oberseitig mit einer Kiesschicht geschützt. Undichtheiten in dieser Bahn führen zum Versagen der Konstruktion. Durch eindringendes Wasser kann es dazu kommen, dass die Wärmedämmung ständig durchfeuchtet. Hierdurch wird ihre Dämmfähigkeit wesentlich gemindert und es kann zur Durchfeuchtung der tragenden Schale kommen. Es tritt auch hier der Mechanismus der Dampffalle ein: in die Wärmedämmschicht eingedrungene Feuchte kann nach Umwandlung in Dampf nicht mehr entweichen und bildet ggf. Blasen unter der Sperrbahn. Eine Schutzmaßnahme gegen diese Gefahr stellt die Dampfdruckausgleichsschicht dar, die dafür sorgt, dass der Dampf sich in diesem Fall flächig in ihren Hohlräumen ohne Blasenbildung ausbreiten kann. Eine Dampfdiffusionsfähigkeit durch die Abdichtung hindurch nach außen hin, wie bei anderen Hüllkonstruktionen vorhanden, lässt sich hier nicht sinnvoll realisieren, da höchste Anforderungen an die Wasserdichtheit der Sperrbahn zu stellen sind (wegen horizontaler Lage), und diese als Folge davon auch unvermeidbar einen hohen Diffusionswiderstand aufweist. Damit die unterhalb der Wärmedämmung liegende Dampfsperre durch die Rauigkeit der Betonoberfläche – insbesondere während des Baus – keinen Schaden nimmt, wird zusätzlich unter ihr eine Schutz- und Ausgleichsschicht eingelegt. In ihren Hohlräumen kann sich ggf. auch übermäßiger Dampfdruck entspannen. Die Teilfunktionen ( 34): • Feuchteschutz: Brechen und Entspannen des Schlagregens an der aufgelegten Kiesschicht. Darunter Regensperre aus ein- oder mehrlagiger Sperrbahn, kontinuierlich, verklebt oder überlappend verschweißt; • Windschutz: kontinuierliche Sperrbahn; • Wärmeschutz: Wärmedämmschicht; • Dampfkontrolle: kontinuierliche, verklebte Dampfsperrbahn; • Diffusionsfähigkeit nach außen: Diese Funktion ist nicht durch die Abdichtung hindurch nach oben realisierbar, sondern lediglich durch Verteilung über die Ausgleichsschichten unter Sperrbahn und Dampfsperre und ggf. Entweichen durch geeignete Öffnungen am Dachrand.
3 Thermohygrik
661
Kiesschicht mehrlagige Abdichtung Dampfdruckausgleichsfolie Wärmedämmung Dampfsperre 1 Feuchteschutz Ausgleichsfolie tragende Betondecke
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen 34 Nicht belüftetes Flachdach – Aufbau und Teilfunktionen
662
3.6
VI Funktionen
Umkehrdach
Band 3, Kap. XIII-3, Abschn. 2.3 Flache Dächer auf tragender Schale
unter Berücksichtigung des Schutzes der Regensperre durch die Kies- und Dämmschicht sowie der Dampfdruckausgleichsschicht hinter (unter) der Regensperre
Das Umkehrdach stellt einen Spezialfall einer Hüllkonstruktion nach dem Sandwich-Prinzip dar, bei dem sich die Wärmedämmschicht nicht wie ansonsten zwischen der Regen- und Dampfsperre befindet, sondern oberhalb – also außenseitig an – der Sperrbahn mit dem Zweck, diese vor Beschädigung und vorschneller Alterung zu schützen. Es liegt auf der Hand, dass diese dann im Nassen liegt, was einen Sonderfall darstellt und nur mit Hilfe spezieller Dämmstoffe zu bewältigen ist (geschlossenzelliger Schaumstoff), die trotz ihrer Porosität Wasser nur geringfügig aufsaugen. Aufgrund der unvermeidbaren Feuchtigkeit im Dämmpaket ist auch mit einer gewissen Minderung der Dämmwirkung zu rechnen, die hier allerdings inkaufgenommen wird. Der spezifische Aufbau des Umkehrdachs erklärt sich zuvorderst aus der dringenden Notwendigkeit, die Feuchteschutzschicht, also die Sperrbahn, wirkungsvoll und dauerhaft zu schützen. Dies ist bei einer äußerst empfindlichen Konstruktion wie dem Flachdach, das in seinem Aufbau dem (riskanten) Prinzip des Sandwichs entspricht, adäquat. Aufgrund des hohen Dampfdiffusionswiderstands der Feuchtesperrbahn sowie ihrer bauphysikalisch günstigen Lage im warmen Bereich – hinter oder unter der Wärmedämmung – erfüllt diese bei dieser Art Aufbau auch gleichzeitig die Funktion einer Dampfsperre. Es ist hierfür also keine zusätzliche Schicht erforderlich. Die Teilfunktionen im Einzelnen ( 35): • Feuchteschutz: Brechen und Entspannen des Schlagregens an der aufgelegten Kiesschicht sowie an der Dämmschicht. Darunter Regensperre aus ein- oder mehrlagiger Sperrbahn, kontinuierlich, verklebt oder überlappend verschweißt; • Windschutz: kontinuierliche Sperrbahn; • Wärmeschutz: Wärmedämmschicht; • Dampfkontrolle: kontinuierliche, verklebte Dampfsperrbahn; • Diffusionsfähigkeit nach außen: Diese Funktion ist nicht durch die Abdichtung nach oben realisierbar, sondern durch Verteilung über die Ausgleichsschicht unter der Abdichtung/Dampfsperre und ggf. Entweichen am Dachrand.
3 Thermohygrik
663
Kiesschicht Rieselschutz Wärmedämmung Sperrbahn und Dampfsperre Ausgleichsfolie
1 Feuchteschutz
tragende Betondecke
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen 35 Umkehrdach – Aufbau und Teilfunktionen
664
3.7
VI Funktionen
Einschalige Außenwand aus porosiertem Mauerwerk Band 3, Kap. XIII-3, Abschn. 1.1.3 Einschalige Außenwände aus porosiertem Mauerwerk
Dieser Außenwandaufbau vereinigt äußerste konstruktive Einfachheit und Robustheit mit Erfüllung heute gängiger Dämmstandards. Der Außenputz verwirklicht die baulich ansonsten schwer zu realisierende Gleichzeitigkeit von Wasserdichtheit und Dampfdiffusionsfähigkeit (GoreTex® -Prinzip). Die Diffusionswiderstände der Schichten sind derart aufeinander abgestimmt, dass bei fachgerechter Ausführung keinerlei Feuchtebildung in der Konstruktion zu befürchten ist. Die Teilfunktionen ( 36): • Feuchteschutz: Außenputz; • Windschutz: Außenputz; • Wärmedämmung: Leichthochlochziegel, durch Porosierung und Wabenstruktur des Ziegels (zwecks Verlängerung der Wärmetransmissionswege) in Kombination mit Leichtmörtel in den Lagerfugen; • Dampfkontrolle: Dampfdiffusionswiderstand der Mauerschale und des Innenputzes bei hoher Diffusionsfähigkeit des äußeren Verputzes (Regensperre); • Diffusionsfähigkeit nach außen: diffusionsfähiges Mauerwerk und Außenputz.
3.8
Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem Band 3, Kap. XIII-3, Abschn. 2. Schalensysteme mit addiertem funktionalen Aufbau
Wesentlich größere Freiheiten bei der Festlegung des Wärmeschutzes einer Außenwand bietet im Vergleich mit der einschaligen Variante die Einführung einer der Mauerschale vorgesetzten Wärmedämmschicht im sogenannten Wärmedämmverbundsystem. Dies ändert im Wesentlichen nichts am bauphysikalischen Prinzip des Aufbaus, da es sich bei der Dämmschicht um eine diffusionsoffene Lage handelt, die den Dampftransport nach außen kaum behindert. Hingegen verändern sich die konstruktiven Gegebenheiten drastisch, da der Verputz keinen wirklich festen Untergrund mehr besitzt. Er muss ausreichenden Halt auf der Dämmschicht selbst finden. Zu diesem Zweck wurden spezielle Kunstharz- oder organische Putze entwickelt. Diese weisen gegenüber herkömmlichen mineralischen Putzen eine erhöhte Elastizität, also eine geringere Neigung zu Rissbildung, auf und werden zusätzlich mit Gewebeeinlagen armiert. Die richtige Beimengung von Kunstharzen muss beide wesentliche Eigenschaften des Außenputzes sicherstellen: die Wasserdichtheit sowie die Dampfdiffusionsfähigkeit. Alle Bestandteile des äußeren Schichtenpakets aus Putzund Dämmschicht müssen für eine einwandfreie Funktion sorgfältig aufeinander abgestimmt sein, sodass hierfür nur komplette Systeme eines einzigen Herstellers zum Einsatz kommen. Die Teilfunktionen ( 37):
3 Thermohygrik
665
Außenputz porosierter Leichthochlochziegel Leichtmörtel Innenputz
1 Feuchteschutz 2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
36 Einschalige Außenwand aus porosiertem Mauerwerk – Aufbau und Teilfunktionen
organischer Außenputz
Wärmedämmung
Hintermauerung
Innenputz
1 Feuchteschutz
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
37 Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem – Aufbau und Teilfunktionen
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
666
VI Funktionen
• Feuchteschutz: organischer Außenputz mit Gewebearmierung; • Windschutz: Außenputz; • Wärmeschutz: Wärmedämmschicht (ggf. in Kombination mit der Hintermauerung); • Dampfkontrolle: Dampfbremse über Innenputz und Mauerschale; • Dampfdiffusion nach außen: diffusionsoffene Dämmung in Kombination mit diffusionsoffenem Außenputz. 3.9
Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Außendämmung und vorgehängter Wetterhaut Band 3, Kap. XIII-3, Abschn. 2.3 Schalensysteme mit addiertem funktionalen Aufbau
Die Problematik einer dünnen, vergleichsweise stark rissgefährdeten Wetterhaut (Außenputz) auf einem federweichen Untergrund (Dämmstoff), wie beim vorigen einschaligen Beispiel beschrieben, existiert bei der Variante mit vorgehängter Wetterhaut nicht. Diese wird in diesem Fall mit Hilfe einer Unterkonstruktion durch die Dämmschicht hindurch an der tragenden Hintermauerung befestigt. Zwar entstehen hierbei Wärmebrücken im Dämmpaket, doch besitzt die äußere Haut dann einen festen Halt und kann aus festem Plattenmaterial hergestellt sein. Eine vertikal durchgehende bewegte Luftschicht sorgt dafür, dass durchtretende Feuchtigkeit weitestgehend von der Wärmedämmung abgehalten wird. Zusätzlich wird diese mitunter durch eine diffusionsoffene Kaschierung – z.B. Ölpapier oder diffusionsfähige Kunststofffolie – geschützt. Die Teilfunktionen ( 38): • Feuchteschutz: vorgehängte schlagregendichte Wetterhaut, Hinterlüftung und ggf. Regensperre (z.B. äußere Kaschierung der Wärmedämmung); • Windschutz: wie oben; • Wärmeschutz: Wärmedämmschicht, ggf. zuzüglich der Dämmfähigkeit der Hintermauerung; • Dampfkontrolle: Diffusionswiderstand der Hintermauerung; • Dampfdiffusion nach außen: Diffusionsfähige Dämmschicht mit davor liegender Hinterlüftungsebene, dazwischen ggf. diffusionsoffene Kaschierung.
3 Thermohygrik
667
leichte Wetterhaut Unterkonstruktion bewegte Luftschicht Wärmedämmung Hintermauerung Innenputz
1 Feuchteschutz
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
38 Einschalige Außenwand aus Mauerwerk mit Außendämmung und vorgehängter Wetterhaut – Aufbau und Teilfunktionen
668
3.10
VI Funktionen
Zweischalige Außenwand aus Mauerwerk mit Kerndämmung siehe hierzu Kap. VI-2, 9.3.2 Verband druckkraftwirksame Übergreifung, S. 596
Band 3, Kap. XIII-3, Abschn. 3. Doppelte Schalensysteme
Variante zweischaliges Mauerwerk mit Hinterlüftung
Die Wetterhaut besteht bei dieser Variante aus einer gemauerten halbsteindicken Verblendschale. Auch wenn diese Lösung zunächst Vorteile aufweist, wie beispielsweise die Dauerhaftigkeit der Außenschale sowie ihr von außen erkennbarer Charakter als massive Mauerkonstruktion, müssen dennoch einige kritische Aspekte Berücksichtigung finden. Zunächst ist festzustellen, dass die Verblendschale zwar eine Mauerkonstruktion im Verband darstellt, aber dennoch gegen fundamentale konstruktive und statische Grundsätze von Mauerkonstruktionen verstößt. Sie ist aus diesem Grunde von selbst nicht tragfähig und ist an der Hintermauerung zu verankern. Dies erzeugt lokale Wärmebrücken an den Metallankern, die zu Kondensation führen können. Des Weiteren ist der Abstand zwischen den Mauerschalen (und somit auch die Dämmschichtdicke!) aus konstruktiven Gründen begrenzt. Ferner muss wegen des Fehlens einer Hinterlüftung ausreichende Dampfdiffusion durch die Verblendschale hindurch nach außen gewährleistet sein. Dies bedeutet, dass das Steinmaterial dieser Schale kein zu dichtes Gefüge aufweisen darf (z.B. kein Klinker). Um zu starken Dampfdruck innenseitig an dieser Verblendschale infolge Diffusion durch die Dämmschicht zu vermeiden, sollte ein geeigneter Dämmstoff mit entsprechendem (nicht zu kleinem) Dampfdiffusionswiderstand gewählt werden (z.B. geschlossenzelliger Schaumstoff). Es ist weiterhin dafür Sorge zu tragen, dass durch die Verblendschale hindurchdringendes Niederschlagswasser den Dämmstoff nicht durchfeuchtet (auch aus diesem Grund offenzelligen Dämmstoff vermeiden) und kontrolliert am Fußpunkt durch die Verblendschale hindurch an geeigneten Öffnungen wieder herausfließen kann. Die Teilfunktionen ( 39): • Feuchteschutz: gemauerte Verblendschale; Zwischenraum mit nichtsaugender Dämmschicht leitet eingedrungenes Wasser ab, Entwässerung unten durch Öffnungen; • Windschutz: wie oben; • Wärmeschutz: Wärmedämmschicht (Kerndämmung), ggf. zuzüglich Dämmfähigkeit der Hintermauerung; • Dampfkontrolle: Diffusionswiderstand der Hintermauerung, zuzüglich auch der Kerndämmung (geschlossenzelliges Gefüge); • Diffusion nach außen: möglichst diffusionsoffene Verblendschale. Als weitere Variante dieses Aufbaus ist das zweischalige Mauerwerk mit Hinterlüftung zu nennen ( 40). Hierbei
3 Thermohygrik
669
Verblendschale Wärmedämmung Hintermauerung Innenputz
1 Feuchteschutz
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
39 Zweischalige Außenwand aus Mauerwerk mit Kerndämmung – Aufbau und Teilfunktionen
Verblendschale bewegte Luftschicht Wärmedämmung Hintermauerung Innenputz
40 Zweischalige Außenwand aus Mauerwerk mit Wärmedämmung und Hinterlüftung – Aufbau
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
670
VI Funktionen
wird zwischen Verblendschale und Dämmschicht eine bewegte Luftschicht geschaltet, die über entsprechende Öffnungen an der äußeren Schale be- und entlüftet ist. Die oben angesprochene Kondensationsgefahr an der Innenseite der Verblendschale ist hierbei weitgehend gebannt. Außen können Steine mit dichtem Gefüge (und folglich großer Dauerhaftigkeit) verwendet werden. Da der Schalenabstand aus konstruktiven Gründen begrenzt ist, verringert sich die mögliche maximale Dämmschichtdicke gegenüber dem vorigen Beispiel um die Dicke der Luftschicht (mindestens 4 cm). 3.11
Leichte Außenwand in Holzrippenbauweise Band 3, Kap. XIII-5, Abschn. 2.1.1 Holzrahmenwände
Variante mit Dampfsperre
Variante mit Dampfbremse
Exemplarisch für leichte Wandkonstruktionen soll hier eine Außenwand in Holzrippenbauweise behandelt werden, die in ähnlicher Form auch für vorgefertigte Holztafelbauten zum Einsatz kommt. Der mehrstufige Feuchteschutz ist in ähnlicher Form im Abschn. 3.9 beschrieben worden. Die stark saugfähige Dämmschicht wird in diesem Fall mit einer porösen, stark diffusionsfähigen Holzwerkstoffplatte (z.B. Weichfaserplatte) gegen von außen eindringende Feuchte geschützt. Der Dampfdurchtritt durch die extrem diffusionsoffene Wärmedämmschicht, der in der zu erwartenden Stärke nicht durch die äußeren Schichten hindurch effektiv abgeführt werden könnte, ist in jedem Fall zumindest wirksam zu bremsen. Dies erfolgt mit Hilfe einer raumseitig hinter der Dämmschicht verlegten geschlossenen, dicht verklebten Dampfbremse mit geeignetem Diffusionswiderstand. Alternativ hierzu kann auch eine diffusionsdichte Dampfsperre verwendet werden. Beiderlei Folien stellen zudem die letzte und entscheidende Windsperre zum Innenraum hin dar. Der Winddruck kann ansonsten an und in den davor liegenden Schichten, die ja mit zahlreichen Stoßfugen durchzogen sind, nur teilweise abgebaut werden. Eine ausreichende Wind- und Luftdichtheit des Außenwandaufbaus ist auch im Hinblick auf die Wärmedämmfähigkeit der Konstruktion unverzichtbar. Die Teilfunktionen ( 41): • Feuchteschutz: leichte vorgehängte, schlagregendichte Wetterhaut auf Unterkonstruktion; Hinterlüftung; Regensperre (diffusionsoffen) außenseitig an der Dämmschicht; • Windschutz: kontinuierlicher Abbau des Winddrucks in den aufeinanderfolgenden Schichten der Konstruktion. Definitives Dichten gegen Wind/Luft an der Dampfbremse/sperre; • Wärmeschutz: Wärmedämmung im Zwischenraum der Rippenkonstruktion. (Relative) Wärmebrücke an der Holzrippe: lässt sich durch Aufdoppeln der Dämmschicht (mit Querlattung) innen- oder außenseitig weitgehend unterbinden. Sehr niedrige U-Werte erzielbar;
3 Thermohygrik
671
Wetterhaut Unterkonstruktion bewegte Luftschicht diffusionsoffene Platte Wärmedämmung Dampfsperre/-bremse innere Verschalung
1 Feuchteschutz
2 Windschutz
41 Leichte Außenwand in Holzrippenbauweise – Aufbau und Teilfunktionen.
• Dampfkontrolle: kontinuierlich dicht verklebte Folie (Dampf-bremse/-sperre) innenseitig an der Dämmschicht. Alternativ an der Grenzfläche zwischen Dämmschicht und innenseitiger Aufdoppelung der Wärmedämmung. • Diffusionsfähigkeit nach außen: diffusionsoffene Holzwerkstoffplatte außenseitig an der Dämmschicht erlaubt das Entweichen des Dampfs in die bewegte Luftschicht.
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
672
3.12
VI Funktionen
Nicht belüftetes geneigtes Dach Band 3, Kap. XIII-5, Abschn. 2.2 Geneigte Dächer
Variante mit Dampfsperre
Variante mit Dampfbremse
Diese Variante einer Dachkonstruktion begegnet der vergleichsweise starken Beanspruchung der geneigten Hüllfläche durch Niederschlag mit einer mehrstufigen Regensperre. Eventuell durch die Deckung von außen eindringendes Wasser kann auf der Unterspannbahn kontrolliert ablaufen. Feuchtigkeit in der Luftschicht kann nach oben bzw. durch die Ziegelfugen hindurch abgeführt werden. Die Unterspannbahn stellt ein Beispiel für eine gleichzeitig wasserdichte und (bis zu einem gewissen Ausmaß) diffusionsoffene Schicht dar. Im Dämmpaket eingeschlossene Feuchte muss durch diese hindurch nach außen ausdiffundieren können. Ähnlich wie bei der Außenwandkonstruktion im Abschn. 3.11 kann die Wärmedämmschicht, die zumeist so dick ist wie die tragenden Sparren, bei Bedarf von unten aufgedoppelt werden. Zu diesem Zweck wird innenseitig eine Querlattung auf die Sparren aufgebracht. Sofern es zweckmäßig ist, kann die Dampfbremse/ bzw. -sperre in der Grenzfläche zwischen Dämmung und Aufdoppelung liegen. Im Dämmpaket der Aufdoppelung kann die Elektroinstallation verlegt werden, ohne die Folie – beispielsweise durch Anschlussdosen – zu verletzen und damit die Dampf- und Luftdichtheit zu beeinträchtigen. Die Teilfunktionen ( 42): • Feuchteschutz: teildurchlässige, schlagregendichte Ziegeldeckung; bewegte Luftschicht im Bereich der Konterlattung; Regensperre an der Unterspannbahn; • Windschutz: kontinuierlicher Abbau des Winddrucks in den aufeinanderfolgenden Schichten der Konstruktion. Definitives Dichten gegen Wind/Luft an der Dampfbremse/sperre; • Wärmeschutz: Wärmedämmschicht im Sparrenzwischenraum. Relative Wärmebrücke an den Sparren kann durch innenseitige Aufdoppelung der Dämmung ausgeschaltet werden; • Dampfkontrolle: raumseitig an der Wärmedämmschicht verlegte Folie (Dampfbremse/-sperre) mit hohem bzw. sehr hohem Dampfdiffusionswiderstand. Gleichzeitig Gewährleistung der Luftdichtheit; • Diffusionsfähigkeit nach außen: Die Unterspannbahn ist diffusionsfähig, sodass Feuchte im Dämmpaket in die bewegte Luftschicht ausdiffundieren kann.
3 Thermohygrik
673
Ziegeldeckung bewegte Luftschicht Unterspannbahn 1 Feuchteschutz Wärmedämmung Dampfsperre/-bremse innere Verschalung
2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
42 Nicht durchlüftetes geneigtes Dach – Aufbau und Teilfunktionen
674
3.13
VI Funktionen
Belüftetes geneigtes Dach Band 3, Kap. XIII-5, Abschn. 2.2 Geneigte Dächer
L
Das durchlüftete Dach sieht feuchtetechnisch eine vollwertige Wassersperre zwischen dem Feuchteschutzaufbau und dem Dämmpaket vor. Anders als bei der oben besprochenen Variante ist keinerlei Dampfdiffusion durch diese Schicht nach außen vorgesehen. Diese besteht aus einer vollwertigen Abdichtung auf einer Schalung oder Beplankung als ebener starrer Untergrund. Man spricht hierbei von einem Unterdach. Eventuell im Dämmpaket anfallende Feuchte wird über eine (zweite) bewegte Luftschicht auf der Oberseite der Wärmedämmung abgeführt. Diese steht mit der oberen Luftschicht nicht in Verbindung, sondern wird getrennt an Traufe und First be- und entlüftet. Auf diese Weise wird der schwierige Kompromiss, den der Einbau der (schwach diffusionsfähigen) Unterspannbahn darstellt, für den Preis eines erhöhten baulichen Aufwands für das Unterdach umgangen. Die Teilfunktionen ( 43): • Feuchteschutz: teildurchlässige, schlagregendichte Ziegeldeckung; bewegte Luftschicht im Bereich der Konterlattung; Regensperre am Unterdach; • Windschutz: kontinuierlicher Abbau des Winddrucks in den aufeinanderfolgenden Schichten der Konstruktion. Definitives Dichten gegen Wind/Luft an der Dampfbremse/sperre; • Wärmeschutz: Wärmedämmschicht im Sparrenzwischenraum. Relative Wärmebrücke an den Sparren kann durch innenseitige Aufdoppelung der Dämmung ausgeschaltet werden; • Dampfkontrolle: raumseitig an der Wärmedämmschicht verlegte Folie (Dampfbremse/-sperre) mit hohem bzw. sehr hohem Dampfdiffusionswiderstand. Gleichzeitig Gewährleistung der Luftdichtheit; • Diffusionsfähigkeit nach außen: in das Dämmpaket eingedrungene Feuchte kann über die bewegte Luftschicht unter dem Unterdach abgeführt werden.
3 Thermohygrik
675
Ziegeldeckung bewegte Luftschicht Abdichtung 1 Feuchteschutz Verschalung bewegte Luftschicht Wärmedämmung Dampfsperre/-bremse innere Verschalung 2 Windschutz
3 Wärmeschutz
4 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach außen
43 Durchlüftetes geneigtes Dach – Aufbau und Teilfunktionen
676
3.14
VI Funktionen
Kelleraußenwand Band 3, Kap. XIII-2 Erdberührte Hüllen
Besondere Voraussetzungen gelten bei erdberührten Bauteilen wie einer Kelleraußenwand. Feuchtebelastung erfolgt hier durch das in Bodenporen gebundene Wasser, das je nach Gegebenheiten auch hohen hydrostatischen Druck auf die Hülle ausüben kann (drückendes Wasser). Die ständige vollflächige Feuchtebelastung der Hülle stellt eine starke Gefährdung des Bauteils dar. Die Dichtheit hängt von der Wassersperre, also einer dünnen, extrem empfindlichen Schicht ab. Sofern es sich nicht um sandige, nicht bindige Böden handelt, in denen das Wasser rasch versickert, sind konstruktive und installationstechnische Maßnahmen (Dränung) erforderlich, um das Wasser teilweise abzuführen und somit den Wasserdruck zu reduzieren. Aufgrund der spezifischen Dampfdruckverhältnisse ist ein Dampftransport infolge Druckgefälle nur in den Innenraum hinein zu erwarten. Im Boden selbst herrscht Sättigungsdruck, im Innenraum ist der Dampfdruck deutlich niedriger. Dieser Feuchtetransport von außen nach innen ist selbstverständlich unerwünscht und wird von der Sperrbahn unterbunden, die ja gleichzeitig wegen ihres hohen Dampfdiffusionswiderstands eine effiziente Dampfsperre darstellt. Es kann sich allenfalls ein Dampftransport aus den raumseitig der Sperre befindlichem Schichten in den Innenraum hinein einstellen. Dieser temporäre Prozess endet sobald ein hydrostatisches Gleichgewicht zwischen diesen und der Raumluft erreicht ist. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise die Baufeuchte der Hintermauerung abführen. Die Teilfunktionen im Einzelnen ( 44): • Feuchteschutz: Das Dichten erfolgt mehrstufig. Bodenfeuchte kann durch das Filtervlies hindurch, in dem Erdpartikel zurückgehalten werden, in die Dränplatte sickern. Hier wird der hydrostatische Druck entspannt und das Wasser kann in dieser Schicht zu weiteren Dränung kontrolliert nach unten abfließen. Eventuell durch die Dämmschicht hindurchtretende Feuchte wird dann definitiv an der Sperrbahn abgedichtet. An ihrer Außenfläche kann dieses Restwasser wiederum nach unten abfließen und kontrolliert in das Dränsystem geleitet werden. Dank des Schichtenaufbaus vor dieser Sperrbahn ist diese ausreichend vor mechanischer Beschädigung durch das Erdreich oder durch Wurzelangriff geschützt;
Abschn. 3.6 Umkehrdach, S. 662
• Wärmeschutz: analog zum Aufbau des Umkehrdachs liegt die Wärmedämmschicht im feuchten Milieu. Es ist folglich sicherzustellen, dass das Dämmmaterial nur wenig Feuchte aufsaugt, denn ansonsten würde es seine Dämmfähigkeit einbüßen. Es werden sogenannte geschlossenzellige Schaumstoffe (Perimeterdämmung) eingesetzt, die sich kaum mit Wasser aufsaugen. Da die Wasser- und Dampfsperre im warmen, also raumseitigen Bereich liegt, ist ein Kondensieren des Wasserdampfs aus der Raumluft nicht zu befürchten;
3 Thermohygrik
677
Erdreich Filtervlies Dränplatte Wärmedämmung Sperrbahn Überzug Hintermauerung 1 Feuchteschutz Innenputz
3 Wärmeschutz
3 Dampfkontrolle
5 Diffusionsfähigkeit nach innen
44 Kelleraußenwand – Aufbau und Teilfunktionen
678
VI Funktionen
• Dampfkontrolle: Absperren im warmen (also nicht kondensatgefährdeten) Bereich durch kombinierte Wasserund Dampfsperre; • Diffusionsfähigkeit nach innen: wie angesprochen ist eine temporäre Dampfdiffusion aus den raumseitigen Schichten (also diesseits der Wasser- und Dampfsperre) in den Innenraum vorteilhaft. Auf diese Weise lässt sich Baufeuchte abführen. 3.15
Kellersohle (Dämmung unterseitig)
Band 3, Kap. XIII-2 Erdberührte Hüllen
Die Sperrschicht, von der die Wasser- und Dampfdichtheit der Kellersohle abhängt, ist auf der tragenden Platte aufgebracht, die einen geeigneten ebenen, festen Untergrund dafür bietet. Es wird inkaufgenommen, dass diese mitsamt der Wärmedämmschicht im feuchten Milieu liegt. Die Dämmung ist folglich geschlossenzellig auszuführen. Die Teilfunktionen im Einzelnen ( 45): • Feuchteschutz: hier wird nach dem mehrstufigen Dichtprinzip vorgegangen. Zunächst wird unterseitig das kapillare Aufsteigen der Feuchte durch eine kapillarbrechende Kiesschicht vermindert. Eventuell im Dämmpaket und der tragenden Platte aufsteigende Restfeuchte wird an der Sperrbahn auf dieser Platte abgedichtet. Diese wird in der Regel oberseitig mittels eines Estrichs gegen mechanische Beschädigung geschützt; • Wärmeschutz: das Dämmpaket liegt bei dieser Variante unter der tragenden Platte. Es wird vor dem Verguss der Sohle mit einer Trennlage abgedeckt, damit kein Zementleim durch Stoßfugen fließt und Wärmebrücken bildet. Da es im Feuchten liegt, ist es in geschlossenzelligem Schaumstoff oder gleichwertigem Material auszuführen; • Dampfkontrolle: analog zur Kelleraußenwand wird sich zwischen den raumseitig der Wasser- und Dampfsperre liegenden Schichten (hier der Estrich) und der Raumluft ein Dampfdruckgleichgewicht einstellen. Da diese Schichten vollständig im Warmen liegen, ist Kondensation nicht zu befürchten; • Diffusionsfähigkeit nach innen: ggf. im Estrich anfallende Feuchte kann in den Innenraum ausdiffundieren.
3.16
Kellersohle (Dämmung oberseitig)
Alternativ zum oben besprochenen Aufbau ist hier die Wärmedämmung zuoberst der tragenden Platte verlegt. Die Wärmedämmung liegt im Trockenen, was einer guten Dämmwirkung förderlich ist ( 46).
3 Thermohygrik
679
Estrich Sperrbahn tragende Platte Trennlage Wärmedämmung kapillarbrechende Kiespackung Erdreich
1 Feuchteschutz
2 Wärmeschutz
3 Dampfkontrolle
45 Kellersohle (Dämmung unterseitig) – Aufbau und Teilfunktionen
4 Diffusionsfähigkeit nach innen
46 Kellersohle (Dämmung oberseitig) – Aufbau und Teilfunktionen
680
4.
VI Funktionen
Kontinuität der Funktionen
Band 2, Kap. VII Herstellung von Flächen
Band 3, Kap. XI Flächenstöße
Die angesprochenen thermohygrischen Teilfunktionen müssen – neben anderen Teilfunktionen auch – naturgemäß über die gesamte Hüllfläche eines Gebäudes hinweg erfüllt werden, sodass an Anschlussstellen ein bruchloser Übergang der Funktionsschichten zu gewährleisten ist. Die Schaubilder 1 bis 4 rechts zeigen exemplarisch an einem Fensteranschluss, wie Übergänge zwischen verschiedenen Hüllflächen hinsichtlich ihrer thermohygrischen Teilfunktionen gelöst werden können. Dabei kommt zumeist eine Sequenz verschiedener Lösungsprinzipien zum Einsatz, welche auf die konstruktive Beschaffenheit und Logik des jeweiligen Hüllbauteils sowie auch an die Besonderheiten des jeweiligen Anschlusspunkts angepasst sind. Hier wurden beispielsweise beim Feuchte- und Windschutz im Wechsel ein- und zweistufige Dichtprinzipien verwirklicht. Die fachgerechte Ausbildung der Anschlusspunkte unter zuverlässiger Wahrung der Funktionsfähigkeit der verschiedenen Schutzebenen auch an den Übergängen stellt eine wesentliche und manchmal schwierige Aufgabe der Konstruktionsarbeit dar. Hinweise, wie die Kontinuität von Schichten aus stab-, band- und bausteinförmigem Material aus geometrischer Sicht hergestellt werden kann, finden sich in Kapitel VII. Überlegungen zur konstruktiven Ausbildung von Stößen und zu den Folgen für die Funktionsfähigkeit der Fuge sind in Kapitel XI enthalten.
3 Thermohygrik
1 Feuchteschutz
681
äußere Glasscheibe Nassdichtung Falzraum (2. Stufe) Beschichtung Entspannungskammer und Entwässerungskanal für Falzraum (2. Stufe) Mitteldichtung (2. Stufe) Beschichtung Befestigung Sohlbank Dichtband (2. Stufe) Außenwandfläche
2 Windschutz
äußere Glasscheibe Nassdichtung Rahmenprofil Entspannungskammer Mitteldichtung (2. Stufe) Rahmenprofil Befestigung Sohlbank Dichtband (2. Stufe) Außenwandfläche
3 Wärmeschutz Scheibenzwischenraum Abstandshalter/Randverbund stehende Luftschicht Rahmenprofil stehende Luftschicht Rahmenprofil Dämmfüllung Dämmfüllung Dämmfähigkeit Außenwand 4 Dampfkontrolle
innere Glasscheibe Nassdichtung Beschichtung
Beschichtung
Nassdichtung Diffusionswiderstand Außenwand
47 Kontinuität der thermohygrischen Teilfunktionen über einen Fensteranschluss hinweg
682
VI Funktionen
Anmerkungen
1
2
In Ermangelung eines eingeführten Begriffs schlagen wir den Begriff der Dampffalle vor, da die Gefährlichkeit dieses Mechanismus auf der Behinderung des Ausdiffundierens von Wasserdampf aus der Konstruktion beruht. Auch wenn bislang in der Fachsprache nicht gebräuchlich, schlagen wir die Einführung des Begriffs Dampfkontrolle für eine adäquate knappe Bezeichnung dieser Funktion vor.
1. Akustik ..................................................................... 684 2. Schall ........................................................................ 684 2.1 Physikalische Grundlagen ................................ 684 3. Schallschutz ............................................................. 686 3.1 Bauakustische Grundfunktionen von Hüllbauteilen .............................................. 686 3.2 Subjektives Hörempfinden ............................... 687 3.3 Luftschallschutz ............................................... 688 3.3.1 Schalldämmmaß .................................... 688 3.3.2 Luftschalltechnisches Verhalten von Bauteilen.......................................... 689 3.3.3 Bauliche Varianten zweischaliger Hüllbauteile............................................. 698 3.4 Trittschallschutz................................................ 702 3.4.1 Trittschalldämmmaß .............................. 702 3.4.2 Trittschalltechnisches Verhalten von Decken ............................................ 704 3.4.3 Verbesserung des Trittschallschutzes durch Bodenbeläge ................................ 704 3.4.4 Verbesserung des Trittschallschutzes durch schwimmende Estriche ............... 704 3.4.5 Verbesserung des Trittschallschutzes durch Unterdecken ................................. 706 3.5 Besonderheiten des Schallschutzes von Fenstern..................................................... 708 Anmerkungen ................................................................712 Normen und Richtlinien .................................................713
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_28
684
1.
VI Funktionen
Akustik
Hüllbauteile können in akustischer Hinsicht grundsätzlich zweierlei Aufgaben erfüllen: • bauakustische Funktionen (Schallschutz). Diese sind mit schalltechnischer Kapselung von umbauten Räumen gegenüber Außenlärm verbunden oder mit schalltechnischer Trennung oder Abschirmung eines Innenraums von einem benachbarten Raum. Der Schallempfänger befindet sich grundsätzlich in einem anderen Raum als die Schallquelle. Sende- und Empfangsraum sind voneinander durch ein flächiges Bauteil getrennt; • raumakustische Funktionen zur Sicherung der Verständlichkeit des gesprochenen Wortes oder zur geeigneten Beeinflussung der Klangfarbe von Musik. In diesem Zusammenhang sind lediglich die akustischen Verhältnisse in einem einzigen Raum von Interesse (deshalb Raumakustik). Schallquelle und Empfänger befinden sich folglich im gleichen Raum. Bau- und Raumakustik werden in unter dem Oberbegriff der Akustik subsumiert. Akustik umfasst darüber hinaus weitere, nicht direkt baubezogene Disziplinen. Die Begriffe Bauakustik und Schallschutz werden gewöhnlich als Synonyme benutzt.
2. 2.1
Schall physikalische Grundlagen
Eine Schallquelle versetzt ein umgebendes elastisches Medium – für das Bauwesen sind sowohl Feststoffe als auch Luft relevant – in Schwingungen, sodass in der Molekülpackung des Mediums ( 1) entlang der Schallausbreitungsrichtung jeweils Verdichtungen und Verdünnungen entstehen ( 2). Dieser Prozess lässt sich in einer Sinusfunktion ausdrücken, die eine charakteristische Zeitperiode oder Wellenlänge hund einen maximalen Ausschlag oder Amplitude A aufweist ( 3). Die Anzahl der Ausschläge oder Schwingungen pro Sekunde wird als Frequenz f [in s -1 oder Hz] bezeichnet. In unserer Wahrnehmung bestimmt die Frequenz die Tonhöhe ( 4), die Amplitude A hingegen die Lautstärke ( 5). Schall entsteht an der Schallquelle zumeist durch Schwingung eines festen Körpers (Musikinstrument, Stimmbänder, Abspielgerät), also in Form von: • Körperschall, welcher die umgebende Luft in Schwingungen versetzt und sich infolgedessen anschließend als • Luftschall weiter ausbreitet.
685
Schalldruck p
4 Schallschutz
t
1 Luftmoleküle im Ruhezustand gleichmäßig verteilt
Schalldruck p
2 Luftmoleküle unter Schalldruck. Es bilden sich Verdichtungen (Druckmaxima) und Verdünnungen (Druckminima) gemäß einer Sinusfunktion
A t
3 Sinuskurve der wellenförmigen Schallausbreitung in einem elastischen Medium wie Luft. Amplitude A und Wellenlänge h
λ
p
p
leiser Ton
hoher Ton t
A t
A
t
t tiefer Ton
lauter Ton λ
4 Unterschiedliche Tonhöhe bei gleichbleibender Amplitude A und wechselnder Frequenz f 5 Unterschiedliche Lautstärke bei wechselnder Amplitude A und konstanter Frequenz f
686
VI Funktionen
6 Schallreflexion an einem Flächenbauteil
7 Schallabsorption an einem Flächenbauteil
8 Schalltransmission durch ein Flächenbauteil hindurch
Trifft der Luftschall auf ein flächiges Bauteil, sind drei Phänomene zu beobachten, die bautechnisch von Bedeutung sind: • Schallreflexion an der raumzugewandten Oberfläche, welche die Schallwellen wieder in den Raum zurückwirft ( 6); • Schallabsorption, durch welche die Schallenergie in den oberflächennahen Bauteilschichten absorbiert und in Wärme umgewandelt wird ( 7); • Schalltransmission oder Schalldurchgang durch das Flächenbauteil hindurch ( 8). Der Luftschall regt das Bauteil zu Schwingungen an und induziert in diesem dadurch einen Körperschall. Auf der gegenüberliegenden Bauteilfläche strahlt der Schall dann wieder als Luftschall ab, jedoch – und dies ist baulich bedeutsam – mit verringerter Schallenergie. Während Schallreflexion und -absorption insbesondere für raumakustische Anliegen eine Rolle spielen, ist die Schalltransmission der fundamentale physikalische Prozess unter bauakustischen oder schallschutztechnischen Gesichtspunkten. 3. 3.1
Schallschutz Bauakustische Grundfunktionen von Hüllbauteilen
Eine der Hauptfunktionen vieler Hüllbauteile ist die Abschirmung eines Innenraums gegenüber störenden Schallquellen, also im oben beschriebenen Sinne die möglichst große Verringerung der Schallenergie bei der (nicht gänzlich zu vermeidenden) Schalltransmission durch ein Raum abschließendes Hüllbauteil hindurch. Folgende Grundbedingungen müssen zu diesem Zweck gegeben sein: • die Hüllfläche muss kontinuierlich raumabschließend ausgebildet sein, und zwar ohne durch die Bauteildicke hindurch verlaufende Spalte oder sonstige Öffnungen. Manchmal ist diese Forderung baulich nicht leicht zu erfüllen, insbesondere bei elementierten Bauten mit hohem
4 Schallschutz
Fugenanteil oder auch bei beweglichen Teilen wie einem Fenster. In diesem Sinne erfordert der Schallschutz, ähnlich wie andere Schutzfunktionen der Gebäudehülle auch, eine besondere Sorgfalt beim Sicherstellen der funktionalen Kontinuität des Flächenbauteils bzw. einzelner betroffener Schichten desselben;
687
Band 2, Kap. VII Herstellung von Flächen
• damit die Schalltransmission durch das Bauteil selbst minimiert werden kann, muss dieses möglichst viel Schall reflektieren und möglichst schwer in Schwingungen zu versetzen sein. Träges Schwingungsverhalten vernichtet bei der Umwandlung von Luft in Körperschall ein Maximum an Schallenergie (im störenden Frequenzbereich), bzw. genauer: wandelt einen Teil derselben in Wärmeenergie um. Dies ist im Prinzip durch zwei Mechanismen zu bewerkstelligen: •• durch große flächenbezogene, gleichmäßig über die Fläche verteilte Masse; •• durch kombinierte Schwingungsanregung zweier oder mehrerer parallel zu einem mehrschaligen Bauteil zusammengeschalteter Schalen. Unter günstigen Voraussetzungen, die planerisch vorauszusehen und baulich sorgfältig umzusetzen sind, dämpfen sich in Kombination mit der Federwirkung des Zwischenraums die Schwingungen der Schalen gegenseitig, sodass wiederum Schallenergie verringert wird; • auch die sogenannten Schallnebenwege über flankierende Bauteile, über welche der Schall trotz hochdämmender Bauteilkonstruktion dennoch einen ungehinderten Weg in den Nachbarraum finden könnte, müssen derart gestaltet sein, dass sie eine vergleichbare Schalldämmung bieten wie das raumabschließende Flächenbauteil. Das Ziel der Bauakustik ist, Störungen durch Schall so weit wie möglich, oder technisch und ökonomisch vertretbar, zu reduzieren. Ein wesentlicher Parameter ist der Schalldruck p des durch das schalldämmende Bauteil hindurchtretenden Schalls. Da die baurelevanten Schalldrücke eine Spanne von bis zu fünf Zehnerpotenzen umfassen, wird an seiner Stelle das logarithmische Maß des Schallpegels L [in dB] verwendet. Der fundamentalen Zielsetzung der Bauakustik kommt entgegen, dass das menschliche Gehör eine maximale Frequenzspanne zwischen 16 Hz und rund 20 000 Hz wahrnehmen kann. Kleinere oder höhere Frequenzen als diese Schwellenwerte (Infra-/Ultraschall) sind nicht wahrnehmbar und infolgedessen bautechnisch irrelevant. Bauakustisch bedeutsam, weil von störender Wirkung, sind indessen lediglich Frequenzen1 zwischen rund 100 Hz und 3150 Hz.
das Schaubild 9 im Kap. VI-1, Abschn. 4.7 Akustik, S. 490
Subjektives Hörempfinden
3.2
688
VI Funktionen
Wesentlich für den Schallschutz ist nicht so sehr die objektiv messbare Schallpegel des durch das schalldämmende Bauteil hindurchtretenden Schalls, sondern das subjektive Hörempfinden des Empfängers, das von spezifischen Faktoren abhängig ist. Gleiche Schallpegel unterschiedlicher Frequenzen werden beispielsweise von unserem Gehör als unterschiedlich laut empfunden. Für höhere Frequenzen ist unser Ohr empfindlicher als für tiefere. Zur Erfassung der in Abhängigkeit der Frequenz empfundenen Lautstärke wurde der bewertete Schallpegel oder A-Schallpegel [in dB(A)] eingeführt, der anhand einer festgelegten A-Bewertungskurve ermittelt wird.2 Eine fundamentale Strategie der Bauakustik beruht auf der Verlagerung von allfälligen Minima der Schalldämmwerte in unkritische, insbesondere tiefere Frequenzbereiche. 3.3
Luftschallschutz
3.3.1
Schalldämmmaß
Das Maß der Luftschalldämmung kann näherungsweise erfasst werden als die Differenz zwischen den Schallpegeln zu beiden Seiten des schalldämmenden Bauteils. Es ist definiert durch das logarithmische Verhältnis zwischen der auftreffenden Schallenergie ES (vom Senderaum) und der abgestrahlten Schallenergie EE (in den Empfangsraum) und wird als Schalldämmmaß R bezeichnet.
60
B A
50
B‘ Rw 40
Die Schalldämmung ist ferner abhängig von der Fläche des Bauteils sowie auch von der Schallabsorption im Empfangsraum. Unter Berücksichtigung dieser Parameter errechnet sich das Schalldämmmaß R messtechnisch zu
U
30
Schalldämmmaß R (in dB)
R = 10 * lg (ES / EE)
R = LS – LE + 10 * lg (A/S)
20
10
0 100
200
Frequenz (in Hz)
400
800
1600
3200
500 Hz
9 Festlegung des bewerteten Schalldämmmaßes Rw nach DIN EN ISO 717-1 als frequenzunabhängiger Einzahlwert. (Quelle 5) A Messwerte B Bezugskurve nach DIN, welche die größere Empfindlichkeit des menschlichen Gehörs für höhere Frequenzen berücksichtigt (deshalb bei höheren Frequenzen höhere Dämmwerte gefordert). B‘ verschobene Bezugskurve B, bis die mittlere Unterschreitung (U) 2 dB beträgt U Unterschreitung der verschobenen Bezugskurve durch die Messwerte Rw bewertetes Schalldämmmaß, wird bei 500 Hz festgelegt
wobei A die äquivalente Schallabsorptionsfläche des Empfangsraums, S die zu prüfende Bauteilfläche ist. 3 Der zusätzliche Effekt der Schallleitung über Nebenwege wird durch das Bauschalldämmmaß R‘ erfasst. Schalldämmmaße hängen stark von der Frequenz ab und sind deshalb frequenzabhängig in Diagrammen darzustellen. Ein baupraktisch brauchbarer Mittelwert ist infolge der Frequenzabhängigkeit des Schalldämmmaßes arithmetisch nicht zu ermitteln, da die selektive Empfindlichkeit unseres Ohrs auf diesem Wege nicht richtig erfasst wird. Zu diesem Zweck wird das bewertete Schalldämmmaß R w eingeführt. Anhand einer festgelegten Bezugskurve wird dabei nach einem normierten Verfahren4 ein Mittelwert bei einer Frequenz von 500 Hz ermittelt, der als Einzahlwert die Luftschalldämmung eines Bauteils möglichst gehörstreu wiedergibt ( 9). Nach dem gleichen Verfahren wird unter Berücksichtigung bauüblicher Schallnebenwege auch das bewertete Bauschalldämmmaß R‘w festgesetzt. Hohe Schalldämmmaße sind ein Anzeichen für eine gute Luftschalldämmung eines Bauteils.
4 Schallschutz
689
Wie bereits angesprochen muss bezüglich des luftschalltechnischen Verhaltens von Bauteilen grundsätzlich unterschieden werden zwischen:
Luftschalltechnisches Verhalten von Bauteilen
• einschaligen Bauteilen und • mehrschaligen Bauteilen. In der Baupraxis liegen fast ausnahmslos zweischalige Bauteile vor. Der Mechanismus der Schalldämmung folgt dabei jeweils zwei unterschiedlichen physikalischen Prinzipien: Entscheidend für eine effiziente Schalldämmung, also für hohe Schalldämmmaße, eines einschaligen Bauteils ist eine Kombination von:
einschalige Bauteile
• großer flächenbezogener Masse. Diese muss gleichmäßig, ohne lokale Verdünnungen der Bauteilstärke, über das Gesamtbauteil verteilt sein. Als einfache Faustregel, die weiter unten näher differenziert wird, gilt, dass je größer die Masse eines Flächenbauteils, desto größer auch das Schalldämmmaß ist; • geringer Biegesteifigkeit. Vereinfachend kann man davon ausgehen, dass eine Verdoppelung der flächenbezogenen Masse zu einer Verbesserung des bewerteten Schalldämmmaßes von 7 bis 8 dB führt.6 Es herrscht indessen keine reine Proportionalität zwischen Masse und Schalldämmung, da der Einfallswinkel des Schalls einen deutlichen Einfluss ausübt.7 Der Grund hierfür liegt in einer räumlichen Resonanz, die entsteht, wenn Schallwellen in einem bestimmten Winkel auf die Bauteiloberfläche auftreffen ( 10, 11), die mit einer gewissen, von Masse
λ
λ
α
λB
10 Flächenbauteil und angrenzende Luftmoleküle im Ruhezustand
11 Anregung des Flächenbauteils zu Biegeschwingungen durch Luftschall. Rechtwinklige Ausrichtung
12 Anregung des Flächenbauteils zu Biegeschwingungen durch schräg auftreffenden Luftschall. Auf die Bauteilfläche bezogen ist die Schallwellenlänge die Spurwellenlänge hB = h cos_
3.3.2
690
VI Funktionen
Kap. IV-5, Abschn. 7 Zusammenfassung, S. 282
und Steifigkeit abhängigen Biegewellenlänge schwingt. Stimmt die auf die Bauteilebene bezogene Spurwellenlänge des Schalls mit der Biegewellenlänge des Bauteils überein ( 12), tritt eine deutliche Schwingungsverstärkung auf und die Schalldämmung verringert sich deutlich. Man spricht vom Spuranpassungseffekt. Die niedrigste Frequenz, bei der dieser Effekt in Erscheinung tritt, wird als KoinzidenzGrenzfrequenz fg bezeichnet. Der Einfluss dieses Phänomens auf die Relation zwischen Masse und Schalldämmung zeigt das Diagramm in 13. Deutlich erkennbar ist ein Plateau im Kurvenverlauf, das zum Ausdruck bringt, dass im Bereich zwischen etwa 10 und 50 kg/m3 flächenbezogener Masse eine Erhöhung derselben keine bauakustischen Vorteile bietet. Die reine Proportionalität (ausgedrückt im Bergerschen Massengesetz) zeigt sich nur bei biegeweichen Platten (Kurve B). Holz und Holzwerkstoffe besitzen eine für bauakustische Anliegen ungünstige Kombination von Steife und geringer Masse (Kurve C), die hingegen in statischer Hinsicht einen großen Vorzug des Werkstoffs darstellt. Die Schalldämmwerte fallen folglich bei niedrigen flächenbezogenen Massen gegenüber anderen Materialien ungünstiger aus. Setzt man das Schalldämmmaß in Beziehung zur Frequenz, zeigt sich ein klar erkennbares Dämmungsminimum im Bereich der Grenzfrequenz fg ( 14). Die Lage dieses kritischen Frequenzbereichs ist abhängig vom Verhältnis von flächenbezogener Masse zur Biegesteife des Bauteils. Je dicker eine Platte, und damit auch je steifer, desto niedriger liegt die Grenzfrequenz ( 15). Als Orientierungshilfe kann herangezogen werden, dass • schwere biegesteife Betonplatten eine Grenzfrequenz fg im Bereich von 100 Hz aufweisen, wo das Dämmungsminimum keine besonders störende Wirkung zeigt; • dünne biegeweiche Platten wie beispielsweise Gipskartonplatten die Grenzfrequenz fg im Bereich von 3000 Hz haben, wo die bauakustisch relevante Frequenzspanne endet und somit auch keine signifikanten Störungen zu erwarten sind. Kritisch sind hingegen leichte biegesteife Schalen wie beispielsweise Porenbetonplatten oder porosierte Ziegel. Nach den bisherigen Überlegungen wird deutlich, dass ein Zielkonflikt zwischen den Forderungen des Schallschutzes und fundamentalen Anforderungen aus der Teilfunktion der Kraftleitung entstehen kann. Eine Kombination von großer Masse und geringer Biegesteifigkeit ist bei den üblichen Baumaterialien eher selten. Mit steigender flächenbezogener Masse steigt bei üblichen Baukonstruktionen auch die Biegesteifigkeit eines Flächenbauteils, was zwar entwicklungsgeschichtlich wegen des Primats der Tragfunktion günstig erscheint, zumindest bauakustisch aber unerwünscht ist.
4 Schallschutz
691
60 dB
50 dB
bewertetes Schalldämmmaß R’w (in dB)
A 40 dB
C
B
30 dB
13 Zusammenhang zwischen der flächenbezogenen Masse m‘ und dem bewerteten Schalldämmmaß R‘w nach Gösele und Lutz 8
20 dB
A einschalige Wände und Decken aus Materialien wie Beton, künstliche Steine, Gips, Glas B Stahlblech bis 2 mm Dicke, Bleiblech, Gummiplatten
10 dB
2
3
4 5 6 7 8 9 10
20
30
40 50
70
100
200
300
500
700
C Holzwerkstoffe
flächenbezogene Masse m’ (in kg/m2)
10000
biegeweich C 5000 4000
E
3000
C
A
2000
Bauakustische Frequenzspanne
60
B F
50 1000
G
700
Grenzfrequenz fg (in Hz)
Schalldämmmaß R (in dB)
A 40
30
fg 20 100
200
500
1000
2000
5000
Frequenz (in Hz) 14 Zusammenhang zwischen Schalldämmmaß R und Frequenz von dünnen Wänden mit flächenbezogener Masse von 55 kg/m2 nach Gösele 9 A Beton B Gummiplatte C gleich schwere Platte mit vernachlässigbarer Biegesteife fg Grenzfrequenz der Betonplatte
500 400
B
300
D
200
biegesteif
100 0,2 0,3 0,4 0,5 0,7
1
2
3
4 5
7
10
15
20
30
Plattendicke (in cm)
15 Grenzfrequenz von Platten verschiedener Werkstoffe abhängig von der Plattendicke nach Gösele 10 A Glas E Gips
B Beton F Hartfaserplatte
C Sperrholz G Porenbeton
D Vollziegel
692
VI Funktionen
Kap. IV-5 Holz, S. 272 Diagramm in 13, S. 691
D
d d d
16 Verringerung der Biegesteifigkeit einer Platte mit der Dicke D durch Aulösung in drei lose (beispielsweise punktuell) miteinander verbundenen Einzelplatten der Dicke d oder durch rasterförmiges Aufschlitzen
Abschn. 3.4 Trittschallschutz, S. 702
schwimmender Trockenestrich Beschwerung aus Betonsteinen
tragende Deckenkonstruktion
17 Verbesserung des Schallschutzes einer leichten Decke durch Beschwerung mit künstlichen Steinen
Biegesteifigkeit ist aus der Sicht der Kraftleitung naturgemäß durchaus erwünscht. Auch aus der Perspektive einer größtmöglichen Materialökonomie besteht der Wunsch nach kleiner Masse und großer Biegesteifigkeit. Gerade Holz zeigt hier gleichzeitig statische Stärken und bauakustische Schwächen. Auch mit Anforderungen des Wärmeschutzes, der ja ein möglichst leichtes poröses Gefüge voraussetzt, können Erfordernisse des Schallschutzes, bei dem sich Masse grundsätzlich günstig auswirkt, gelegentlich kollidieren. Die Biegesteifigkeit dickerer Platten lässt sich dadurch reduzieren, dass die Platte in ein Paket lose aufeinandergeschichteter dünnerer Platten aufgelöst wird ( 16). Die Beigesteifigkeit, die ja in erster Linie von der statischen Höhe, also von der Plattengesamtdicke D, abhängt, reduziert sich dann auf den Wert, welcher der Summe der einzelnen n Teildicken d entspricht (also im Verhältnis n · d statt D3). Auch durch Aufschlitzen einer Platte lässt sich ihre Biegesteifigkeit deutlich reduzieren, ohne dass die flächenbezogene Masse stark abnimmt. Das Dämmungsminimum kann durch diese Maßnahme in einen unkritischeren oberen Frequenzbereich verlagert werden. Auch eine Materialdämpfung, beispielsweise durch Füllung von Hohlräumen mit losem Schüttmaterial wie Sand, kann die Schalldämmung verbessern, weil Schallenergie durch die gegenseitige Reibung der Partikel in Wärme umgewandelt wird. Leichte Deckenkonstruktionen wie beispielsweise Holzbalkendecken, die infolge ihrer niedrigen flächenbezogenen Masse – gewissermaßen ein konzeptionell angelegtes Merkmal und ein großer statischer und materialökonomischer Vorzug dieser Leichtbaukonstruktionen – eine ungünstige Schalldämmung, sowohl Luft- als auch Trittschalldämmung, aufweisen, können durch die Addition von Masse in Form biegeweicher Schalen bauakustisch deutlich verbessert werden. Bautechnisch geschieht dies durch einfaches Auflegen von schweren künstlichen Steinen (z.B. Betonsteinen, vgl. 17) oder durch Sandschüttungen. Sowohl Sand als auch die lose, einfach anstoßend verlegten Steine verhalten sich insgesamt biegeweich, addieren dem Gesamtbauteil Masse hinzu, ohne dessen Biegesteifigkeit zu vergrößern, was sich schalltechnisch ungünstig auswirken würde. Aus statischer Sicht stellt diese Masse indessen nur Ballast, also gewissermaßen funktionslose tote Masse dar, die naturgemäß zu einer Überdimensionierung der Tragkonstruktion führt. Vorteilhaft wirkt sich bei Decken die Möglichkeit aus, diese Masse auf einer horizontalen Fläche einfach frei zu verlegen. An senkrechten oder geneigten Bauteilen müsste die Beschwerung verankert werden, was zusätzlichen konstruktiven Aufwand in Form von Befestigungen erfordern würde. Die Verbesserung des Trittschallschutzes fällt nach Gösele 11 deutlich aus (vgl. Diagramm in 30), ebenso die des Luftschallschutzes.
4 Schallschutz
zweischalige Bauteile Band 2, Kap. VIII Aufbau von Hüllen
Band 2, Kap. VIII, Abschn. 3. Doppelte Schalensysteme
m1
m2
großer Schalenabstand kleiner Schalenabstand Vergleichssystem Einzelschale gleich schwer
Schalldämmmaß R
In bauakustischer Hinsicht zählen zu den zweischaligen Flächenbauteilen sowohl doppelte Schalensysteme in Sinne unserer Betrachtung, bei denen zwei nicht – oder nur lose – miteinander gekoppelte Schalen zu einem Bauteil kombiniert sind, als auch Rippensysteme mit Beplankung aus dünnen Schalen. Die entstehenden Hohlräume werden in der Regel mit Dämmstoff teilweise oder komplett ausgefüllt. Aus Wärmeschutz- aber auch – wie wir sehen werden – Schallschutzgründen werden die Zwischenräume indessen in der Baupraxis zumeist vollständig ausgefüllt. Zweischalige Bauteile können unter bestimmten Voraussetzungen wesentlich höhere Luftschalldämmwerte erzielen als einschalige. Insbesondere der Nachteil einschaliger Wände, für einen guten Schallschutz große Flächengewichte aufbieten zu müssen, wird durch zweischalige Systeme umgangen. In dieser Hinsicht ähnelt die bauakustische Zielsetzung bei zweischaligen Bauteilen der statischen, zumindest bei leichten Rippensystemen. Auch aus der Sicht der Kraftleitung wird bei diesen die Biegesteife eines schweren Vollquerschnitts durch die eines leichten zweischaligen Gerippes substituiert. Anders als bei einschaligen Bauteilen, bei denen eine Vernichtung oder Umwandlung der Schallenergie durch die Schwingungsträgheit einer großen Masse erzielt wird, beruht die bauakustische Wirkung zweischaliger Bauteile auf der gegenseitigen Neutralisierung eines Teils der Schwingungsenergie beider Schalen innerhalb bestimmter günstiger Frequenzbereiche. Dabei wirkt das Bauteil als ein kombiniertes Masse-Feder-System aus zwei schwingenden Massen m1 und m2 sowie einer federnden Zwischenschicht, in der Baupraxis entweder Luft oder ein weichfederndes Dämmmaterial. Analog zum Schwingungssystem Luft/Einzelschale existiert für jedes zweischalige Bauteil eine Eigenfrequenz oder Resonanzfrequenz fR , bei der beide Schalen mit der gleichen Schwingung ausschlagen. Bei dieser Frequenz verstärkt sich die Schwingungsenergie des Gesamtsystems deutlich, infolgedessen sinken die Schalldämmwerte. In diesem Bereich verhält sich das zweischalige System ungünstiger als eine Einzelschale gleicher Masse wie die Summe der beiden Einzelmassen ( 18). Es gilt, diesen ungünstigen Resonanzfrequenzbereich an den unkritischen unteren Rand des relevanten Frequenzspektrums zu verlagern (unter 100 Hz). Hingegen verbessern sich die Schalldämmwerte des zweischaligen Systems bei höheren Frequenzen dramatisch. Auf diesem Phänomen beruht die außerordentliche bauakustische Wirksamkeit der Doppelschalen- oder Rippensysteme. Resonanzfrequenzen zweischaliger Bauteile mit dünnen biegeweichen und dicken biegesteifen Schalen können den Diagrammen auf den 19 und 20 entnommen werden. Die kritischen Resonanzfrequenzen können infolgedessen niedrig (möglichst unter 100 Hz) gehalten werden, wenn:
693
100 Hz
fR
3150 Hz
f‘R
fg
Frequenz
18 Schalldämmung von Doppelschalensystemen mit Dämmungsminimum bei der jeweiligen Resonanzfrequenz fR und f‘R. Das Minimum bei fR liegt jenseits des relevanten Frequenzspektrums. Der Sattel rechts oben bei fg entspricht der Koinzidenz-Grenzfrequenz der einzelnen Schale des Doppelsystems.12
Band 2, Kapitel VIII, Abschn. 5. Rippensysteme
694
VI Funktionen
• die Schalen schwer sind; • der Schalenabstand groß ist; • der Dämmstoff im Hohlraum federweich ist.15 Die bauakustische Wirksamkeit zweischaliger Bauteile wird anhand der Werte auf dem Diagramm in 21 deutlich. Lediglich im Bereich zwischen 40 und 100 kg/m2 flächenbezogener Masse bildet sich ein Plateau aus, d.h. eine Steigerung der Masse in diesem Bereich führt zu keiner spürbaren Verbesserung der Schalldämmung. Hier liegen die Grenzfrequenzen der Schalen.17 Der Dämmstoff im Hohlraum übernimmt die wichtige Funktion der Hohlraumdämpfung. Er baut gegenüber dem Schall einen Strömungswiderstand auf, der zu einer merkbaren Schalldämpfung und somit zu verbesserten Schalldämmwerten führt. Biegesteifere Hartschäume sind für diesen Zweck nicht geeignet, Faserdämmstoffe hingegen gut. Bereits eine Auskleidung des Hohlraums mit dünnen Dämmmatten zeigt positive Wirkung; wirksamer ist hingegen das vollständige Ausfüllen der Hohlräume, was bei äußeren Hüllbauteilen auch gleichzeitig den erhöhten Wärmeschutzanforderungen Rechnung trägt. Analog zum Schallübertragungsweg 2 (22), dem direkten Übertragungsweg durch das Flächenbauteil hindurch, müssen die Wege 1 und 3, d.h. Schallwege über verbindende Brücken wie flankierende Bauteile (1) oder Rippen (3), derart gestaltet werden, dass keine Schwachstellen entstehen, dort also ähnliche Schalldämmwerte vorliegen wie auf dem Weg 2. Im Folgenden wird kurz auf die beiden Schallwege 1 und 3 eingegangen: • Weg 1 Randeinspannung: Hier spielt 19 insbesondere der Einsatz biegeweicher Schalen eine wesentliche Rolle sowie auch die Verwendung von geeigneter Körperschalldämmung an der Einspannstelle (Dämmstreifen). Ferner kann auch eine Materialdämpfung von Hohlräumen Wirkung zeigen; • Weg 3 Rippe: Die Verbindung zwischen den Schalen stellt eine Schallbrücke dar, die zu einer deutlichen Verschlechterung des zweischaligen Gesamtsystems führen kann. Wichtig dabei ist: •• die Verwendung biegeweicher Schalen analog zu den Überlegungen zu Weg 1. Vergleichsweise schwere, biegeweiche Schichten, die an den Schalen angebracht werden, verbessern die Schalldämmung des Bauteils, ebenso eine Materialdämpfung. Beides ist beispielsweise durch Aufdoppeln einer biegeweichen Schale erzielbar. Dadurch wird einerseits die Biegesteifigkeit herabgesetzt (vgl. Überlegungen in 16) und ande-
4 Schallschutz
695
m‘ 400 d
200
Grenzfrequenz fR (in Hz)
150
100 5 70
7,5 10
50
15 20
40 1 2 Dicke d (in cm)
3
4
5
7
10
15
m‘
Masse m’ (in kg/m2)
Bauakustische Frequenzspanne
300
19 Resonanzfrequenz fR von Doppelschalensystemen aus biegeweichen dünnen Platten etwa gleicher Dicke und Masse m‘ 13
20
m‘ 400 d Bauakustische Frequenzspanne
300
200 150
m‘
75 100
70
150 200
50 450
300
40 1 2 Dicke d (in cm)
3
4
5
7
10
15
Masse m’ (in kg/m2)
Grenzfrequenz fR (in Hz)
50 100
20
20 Resonanzfrequenz fR von Doppelschalensystemen aus biegesteifen dicken Platten etwa gleicher Dicke und Masse m‘ 14
rerseits ein gewisser Materialdämpfungseffekt durch die dazwischenliegende Luftschicht erzielt;20 •• die Verwendung möglichst weichfedernder Rippenprofile, die eine eher federweiche Verbindung zwischen den Schalen schaffen. Die höchsten Schalldämmwerte werden naturgemäß bei Trennung des Rippenprofils erreicht, eine Maßnahme, welche die Schallbrücke über die Rippe faktisch eliminiert. Unter den verschiedenen Schallnebenwegen macht sich die Schalllängsleitung über flankierende, zumeist rechtwinklig an das betrachtete Element anschließende Bauteile am stärksten bemerkbar. Entscheidend für das Ausmaß der Schalllängsleitung über ein flankierendes Bauteil ist die Art des Anschlusses, also ob es sich um einen:
Längsleitung
696
VI Funktionen
• starren Anschluss mit Randeinspannung, oder einen • gelenkigen Anschluss zwischen den zwei T-förmig anstoßenden Flächenbauteilen handelt. Diese beiden Fälle werden im Folgenden kurz erläutert: • starre Anschlüsse liegen dann vor, wenn zwei massive Bauteile zusammenstoßen. Es sind dann verschiedene Schallleitungswege zu berücksichtigen (Ff, Fd, Df wie in 23), da sich die biegesteif angeschlossenen Bauteile akustisch gegenseitig beeinflussen. Grundsätzlich gilt, dass sich unter diesen Voraussetzungen eine Verbesserung der Schalldämmung einstellt infolge des Effekts der Stoßstellendämpfung. Dieser beruht auf einer Verzweigungsdämmung am konstruktiven Knoten, aufgrund deren ein Teil der Schwingungsenergie reflektiert und nicht in den Empfangsraum weitergeleitet wird.21 • gelenkige Anschlüsse entstehen bei Existenz mindestens eines mehrschaligen Bauteils mit biegeweichen Schalen, bei denen die Anschlüsse wie oben beschrieben ohne Randeinspannung ausgeführt wurden. Die anstoßenden Flächenbauteile beeinflussen sich in diesem Fall akustisch nicht mehr gegenseitig, es liegt neben der direkten Übertragung (Dd) dann nur ein Übertragungsweg über das flankierende Bauteil vor (Ff) ( 23 unten). Es sind wiederum zwei Fälle zu unterscheiden: •• flankierendes Bauteil massiv, trennendes Bauteil aus biegeweichen Schalen ( 24 oben): Da der Effekt der Stoßstellendämpfung wie bei zwei massiven Bauteilen in diesem Fall nicht wirkt, muss die Schalldämmung des flankierenden Bauteils ausreichend groß sein. Dies bedeutet, dass das massive flankierende Element durch ausreichende Masse der Längsleitung Ff entsprechende Schalldämmung entgegenzusetzen hat;
22 Schallübertragungswege bei zweischaligen Bauteilen: doppelte Schalensysteme (oben) und Rippensysteme (unten).18 Weg 1: Randeinspannung ist von den verschiedenen Wegen der Längsleitung L über die flankierenden Bauteile zu unterscheiden.
Ff Fd
L
1 23 Schalllängsleitungswege an einem T-Stoß zweier Flächenbauteile in starrer (oben) und gelenkiger Ausführung (unten) (vgl. auch 17). Die Bezeichnungen nach DIN 52217 unterscheidet jeweils Direkt(D, d) oder Flankenleitung (F, f) in Sendeund Empfangsraum (jeweils Groß- oder Kleinschreibung).
Df
Dd
2
L Ff Dd
1
2
3
697
100 dB
100
50 90 dB 20 80 dB 10
Schalenabstand d (in mm)
4 Schallschutz
70 dB
m‘ 60 dB d
Kurven B
B 50 dB
m‘
bewertetes Schalldämmmaß R’w (in dB)
A
40 dB Kurve A
30 dB
21 Bewertetes Schalldämmmaß R‘w zweischaliger Wände aus etwa gleichen Schalen in Abhängigkeit der flächenbezogenen Masse m‘ und dem Schalenabstand d.16 Als Vergleichskurve (A) die Werte einschaliger Bauteile (vgl. auch 13).
20 dB
10 dB
2
3
4 5 6 7 8 9 10
20
30
40 50
70
100
200
300
500
700
flächenbezogene Masse der gesamten Wand m’ (in kg/m2)
F T 24 Gelenkige Bauteilanschlüsse aus der Kombination von massivem flankierenden Bauteil und trennendem Bauteil aus biegeweichen Schalen (oben) sowie von zwei Bauteilen aus biegeweichen Schalen (unten).
F T
25 Verringerung der Schalllängsleitung (Ff) am T-Stoß zweier Bauteile aus biegeweichen Schalen durch Vergrößerung der Schalenmasse am flankierenden Bauteil (F) (oben, z.B. durch Aufdoppelung) oder durch Trennung der Beplankung des flankierenden Bauteils (F).
698
VI Funktionen
zwei biegeweiche Schalen
zwei biegesteife Schalen
eine biegesteife, eine biegeweiche Schale
3.3.3
Bauliche Varianten zweischaliger Hüllbauteile
Gipskartonplatten
)18 mm
Putzschalen auf Traggewebe
-
Holzwolle-Leichtbauplatten, einseitig verputzt, auf Unterkonstruktion oder frei stehend
-
Feserzementplatten
)10 mm
Glasplatten
)8 mm
Stahlblech
)2 mm
Spanplatten
)16 mm
26 Biegeweiche Platten nach der Definition der DIN 4109, Beiblatt 2
Abschn. 3.4 Trittschallschutz, S. 702
•• beide Bauteile, trennend und flankierend, aus biegeweichen Schalen ( 24 unten): Die Schallübertragung (Ff) über den Hohlraum des flankierenden Bauteils muss durch geeignete Hohlraumdämpfung sowie ggf. durch Abschottung, die sich im Regelfall bereits durch eine notwendige Anschlussrippe ergibt, verringert werden. Darüber hinaus kann eine Massenerhöhung an den Schalen des flankierenden Bauteils ( 25 o.), beispielsweise durch Aufdoppeln der Platte, eine günstige Wirkung entfalten. Am wirkungsvollsten erweist sich hingegen das Trennen der Beplankung des flankierenden Bauteils an der Anschlussstelle des trennenden, sodass die Kontinuität des kritischsten schallleitenden Elements unterbrochen ist ( 25 u.). Während einschalige Bauteile einen hinreichenden Luftschallschutz grundsätzlich über ihre Masse erlangen, steht bei zweischaligen Hüllbauteilen die Ausbildung des schwingenden Systems, die Art der Kopplung beider Schalen sowie die Dämpfung des Hohlraums im Vordergrund. Ferner ist von Bedeutung, in welcher Kombination schwere biegesteife und leichte biegeweiche Schalen (vgl. Tabelle in 26) zu einem Bauteil zusammengefügt werden. Im Folgenden sollen drei Varianten mit unterschiedlichem bauakustischen Verhalten näher betrachtet werden: • Elemente aus zwei biegeweichen Schalen: Es handelt sich hierbei in erster Linie um Wände aus Ständerwerk mit beidseitiger Beplankung, also leichte Rippensysteme, die vor allem als leichte Trennwände eine große bauliche Bedeutung besitzen. Deckenkonstruktionen liegen in dieser Ausführungsart nur selten vor, beispielsweise als Holztafeldecken. Dort spielt bauakustisch der Trittschallschutz eine entscheidende Rolle, sodass das Element bereits aus diesem Grund mit weiteren Funktionsschichten wie schwimmende Estriche zu ergänzen ist. In besonders deutlicher Form tritt dieses Bauprinzip bei leichten Trennwänden aus Gipskartonplatten mit Ständerwerk aus federweichen C-Profilen aus Stahlblech in Erscheinung ( 27). Doppelte Beplankungen und größere Schalenabstände, d.h. breitere Ständerprofile, verbessern das erreichbare Schalldämmmaß, ebenso speziell profilierte, besonders federweiche Ständerprofile ( 28). Höchste Dämmwerte lassen sich durch die Trennung des Ständerwerks in zwei Schalen ( 29) erzielen sowie durch Kombination mit Spezial-Ständerprofilen ( 30); • Elemente aus zwei biegesteifen Schalen: Decken sind in dieser Bauart nicht sinnvoll zu verwirklichen, da die dominierende Aufgabe einer Decke – die Tragwirkung – weder einer einzelnen Schale (tragende Schale entweder zu dünn oder getragene Schale zu schwer), noch dem gesamten
4 Schallschutz
y
699
y
x
27 Leichte Gipskartonständerwände mit einfacher und doppelter Beplankung
x
28 Leichte Gipskartonständerwand mit speziellem, weichfederndem Ständerprofil aus Metall
PS
y
y x
29 Leichte Gipskartonständerwand mit getrenntem Ständerwerk
x
30 Leichte Gipskartonständerwand mit getrenntem Ständerwerk und speziellem, weichfederndem Ständerprofil. Die Ständer werden nur lokal in größeren Abständen durch Plattenstreifen PS aus Gipskarton miteinander verbunden. Es sind hohe Schalldämmwerte erzielbar.
700
VI Funktionen
Dies ist am Plateau der Kurvenschar B im Diagramm in 21, S. 697, ablesbar, insbesondere bei kleineren Schalenabständen: größere Schalenmasse führt bei diesen vergleichsweise geringen Massen von etwa 100 bis 300 kg/m2 zu keiner spürbaren Verbesserung der Schalldämmwerte
31 Prinzipschema einer zweischaligen Haustrennwand mit durchgehender Trennfuge. Füllung aus federweichem Dämmstoff.
Paket zugewiesen werden kann (Schalen für Mitwirkung wiederum zu schwer). Trennwände sind in dieser Bauart hingegen durchaus realisierbar, sind jedoch wegen der vergleichsweise große Längsleitung über flankierende Bauteile wie Decken in ihrer Schalldämmwirkung begrenzt. Nach Gösele 22 erzielt man die günstigsten Ergebnisse bei Verwendung zwei leichter Schalen; schwere Schalen verhalten sich unter diesen Voraussetzungen nicht günstiger als einschalige Bauteile gleicher flächenbezogener Masse. Vor allem für Haustrennwände, bei denen besonders hohe Schalldämmwerte erforderlich sind, ist diese Ausführungsart von großer Bedeutung. Die Trennfuge wird ausgehend vom gemeinsamen Fundament durchgehend über alle Geschosse ausgebildet, sodass Schallbrücken minimiert sind ( 31). Auch lokale Schallbrücken, beispielsweise durch unsauberes Abschalen beim Betonieren, beeinträchtigen die Schalldämmwirkung dieser zweischaligen Systeme wesentlich und müssen sorgfältig vermieden werden. Bedeutsam ist ferner 23 eine ausreichende Fugenbreite zwischen 30 und 50mm sowie ein möglichst federweiches Dämmmaterial. Angenäherte bewertete Bauschalldämmwerte R‘w von Haustrennwänden in Abhängigkeit von ihrer Masse können 32 entnommen werden (vgl. auch die Werte für zweischalige Hüllbauteile in 21); • Element aus einer biegesteifen und einer biegeweichen Schale: Die dickere und steifere Schale wird durch Addition der leichten, jeweils vorgesetzten, aufgelegten oder untergehängten dünnen biegeweichen Schale in ein zweischaliges schwingendes Masse-Feder-System umgewandelt und kann unter geeigneten Voraussetzungen in seiner Schalldämmung deutlich verbessert werden. Entscheidend für eine wirksame Verbesserung ist der (nicht zu kleine) Schalenabstand und die möglichst federweiche Verbindung zwischen den Schalen. 24 Wie dem Diagramm in 33 zu entnehmen, lassen sich Wände insbesondere bei vergleichsweise leichter biegesteifer Schale durch eine Vorsatzschale bauakustisch verbessern, schwerere Ausführungen der Hauptschale hingegen nur unwesentlich. Das Prinzip der Kombination einer wesentlich steiferen Hauptschale mit einer untergeordneten, wesentlich biegeweicheren Nebenschale kommt naturgemäß den Erfordernissen von Decken besonders entgegen, da dort die Tragfunktion von der schweren Schale übernommen werden kann. Die leichte stellt eine bauakustische Verbesserung ohne primäre Tragaufgaben dar. Sie kann als Deckenauflage wie beim schwimmenden Estrich, oder als untergehängte leichte Unterdecke in Erscheinung treten. Ihre bauakustische Wirkung verbessert nicht nur den Luft- sondern auch den Körperschallschutz – also
4 Schallschutz
701
bewertetes Bauschalldämmmaß R’w (in dB)
90
20 mm
80
m‘
A
70
Kurve A B
32 Bewertetes Bauschalldämmmaß R‘ w von zweischaligen Haustrennwänden mit 20 mm Schalenabstand. Die Kurve B stellt den Bezugswert eines erhöhten Schallschutzes nach DIN 4109 dar [nach Gösele 1985]. Die Werte lassen sich durch Vergrößerung des Schalenabstands verbessern, bzw. die Massen lassen sich bei gleichbleibender Schalldämmung verringern.
60
50
40
100 200 300 500 700 1000 flächenbezogene Masse der gesamten Wand m’ (in kg/m2)
60
bew. Bauschalldämmmaß R’w (in dB)
m‘
A
50
50 mm
40
B
30
33 Bewertetes Bauschalldämmmaß R‘ w einer schweren Wandschale mit leichter Vorsatzschale bei 50 mm Schalenabstand. Die Kurve B stellt den Bezugswert einer einschaligen Wand dar [nach Gösele 1985] (vgl. auch die Diagramme in 13 und 21).
50 70 100 200 300 400 500 Flächenbezogene Masse m’ der Hauptschale (in kg/m2)
y
x
34 Leichte Vorsatzschale aus Gipskarton und Unterkonstruktion aus Metall-C-Profilen zur Verbesserung der Schalldämmung einer massiven Wand
702
VI Funktionen
den Trittschallschutz, der im Folgenden im Abschnitt 3.4 behandelt wird – wesentlich. Beide Maßnahmen werden weiter unten im Zusammenhang mit dem Trittschallschutz näher behandelt. 3.4
3.4.1
Trittschallschutz
Neben der Übertragung von Luftschall ist die Leitung von Körperschall zwischen benachbarten Räumen zu berücksichtigen. Sie wird im Bauwesen bei Decken vereinfachend als Trittschallübertragung bezeichnet, obgleich die Schallquellen auch anderer Art als Schrittgeräusche auf Decken sein können. Zutreffend ist, dass die Geschossdecken hinsichtlich der Körperschallübertragung die wichtigsten, weil kritischsten Bauteile sind.
Trittschalldämmmaß
Zur quantitativen Erfassung des Trittschalldämmmaßes eines Bauteils werden folgende Größen festgelegt:
Norm-Trittschallpegel Ln
Norm-Trittschallpegel Ln: errechnet sich unter Berücksichtigung einer festgelegten Bezugsfläche A im Verhältnis zu der Absorptionsfläche S des Empfangsraums. Ln = L + 10 * lg (A/S)
vgl. z.B. das Luftschalldämmmaß R = Ls -Le + 10 * lg (A / A0), das eine Pegeldifferenz, also eine Pegelminderung darstellt
wobei L der gemessene Trittschallpegel im Empfangsraum ist. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass zur Erfassung des Trittschalls, anders als beim Luftschall, bei dem mit Dämmmaßen gearbeitet wird, stattdessen Schallpegel herangezogen werden. Es wird folglich der Schall erfasst, der durch ein Bauteil hindurchdringt. Aus diesem Grund bedeuten: • hohe Trittschallpegelwerte eine schlechte Trittschalldämmung; • niedrige Trittschallpegelwerte eine gute Trittschalldämmung.
Abschn. 3.3.1 Schalldämmmaß, S. 688, und 9 ebendort
gebäudebezogener Norm-Trittschallpegel L‘n
Der Norm-Trittschallpegel ist frequenzabhängig und berücksichtigt in seiner jeweiligen Höhe die größere Empfindlichkeit des menschlichen Gehörs gegenüber hohen Frequenzen. Aus den eben genannten Gründen verläuft das Norm-Trittschallpegel-Diagramm nach DIN EN ISO 717-2 ( 35) ungefähr gegenläufig zur Sollkurve des Schalldämmmaßes R nach DIN EN ISO 717-1. Werden auch die bauüblichen Schallnebenwege berücksichtigt, ergibt sich der nicht nur auf die Decke, sondern auf das Gebäude bezogene Norm-Trittschallpegel L‘n.
4 Schallschutz
703
Als Einzahlwert wird der bewertete Norm-Trittschallpegel Ln.w definiert. Die Bestimmung von Ln.w bzw. von dem gebäudebezogenen L‘n.w erfolgt nach einem ähnlichen Verfahren wie beim bewerteten Schalldämmmaß Rw, das in der DIN EN ISO 717-2 festgelegt ist. 26
bewerteter Norm-Trittschallpegel Ln.w
zur Berücksichtigung der Verbesserung, die sich bei Rohdecken anschließend mit dem Aufbringen eines trittschalldämmenden Estrichs oder einer sonstigen Auflage ergibt, wird der äquivalente bewertete Norm-Trittschallpegel Ln.w,eq eingeführt (Einzahlwert27). Dieser errechnet sich unter Hinzunahme einer Bezugsdeckenauflage.
äquivalenter bewerteter NormTrittschallpegel Ln.w,eq
Das Ausmaß der Verbesserung infolge des Aufbringens einer Deckenauflage auf eine Rohdecke wird durch den Wert des bewerteten Trittschall-Verbesserungsmaßes 6Lw erfasst (Einzahlwert 28).
bewertetes Trittschall-Verbesserungsmaß 6Lw
Abschn. 3.3.1 Schalldämmmaß, S. 688
Aus der Zusammenführung der beiden letzten Werte lässt sich mit einfachen Mitteln ein bewerteter Trittschallpegel Ln.w der kompletten Decke inklusive Deckenauflage ermitteln: Ln.w = Ln.w,eq – 6Lw Gegebenenfalls kann bei mehrlagigen Deckenauflagen ein Rechenwert des mehrschichtigen Pakets durch Berücksichtigung des günstigeren Verbesserungsmaßes 6Lw1 zuzüglich eines Korrekturfaktors k ermittelt werden. Der Rechenwert 6Lw,R ist dann: 6Lw,R = 6Lw1 + k 60
35 Festlegung des bewerteten Norm-Trittschallpegels Ln,w nach DIN EN ISO 717-2 als frequenzunabhängiger Einzahlwert
70
60
U
B
Ln,w
A
Messwerte
B
Bezugskurve des Norm-Trittschallpegels Ln nach DIN EN ISO 717-1, welche die größere Empfindlichkeit des menschlichen Gehörs für höhere Frequenzen berücksichtigt (deshalb bei höheren Frequenzen niedrigere Pegelwerte gefordert).
B‘
verschobene Bezugskurve B, bis die mittlere Unterschreitung (U) 2 dB beträgt
U
Unterschreitung der verschobenen Bezugskurve durch die Messwerte
Norm-Trittschallpegel L’n (in dB)
50
B‘ 40
A 30
Ln,w bewerteter Norm-Trittschallpegel, wird bei 500 Hz festgelegt 20 100
200
Frequenz (in Hz)
400 500 Hz
800
1600
3200
[Quelle 25]
704
3.4.2
VI Funktionen
Trittschalltechnisches Verhalten von Decken
vgl. obere Kurve des Diagramms in 36 auf der Seite rechts
3.4.3
Verbesserung des Trittschallschutzes durch Bodenbeläge
Abschnitt 3.4.4 Verbesserung des Trittschallschutzes durch schwimmende Estriche, weiter unten
3.4.4
Verbesserung des Trittschallschutzes durch schwimmende Estriche
Analog zur Luftschalldämmung verbessert sich die Trittschalldämmung einer einschaligen, massiven Decke annähernd proportional zu ihrer flächenbezogenen Masse, d.h. die Werte des bewerteten Trittschallpegels verringern sich entsprechend. Diese Verbesserung kann grob als 10 dB pro Verdoppelung der Deckendicke angenommen werden. 29 Je schwerer eine Decke ist, desto schwieriger ist es folglich, sie durch lokale Erschütterungen, wie sie die üblichen Körperschallquellen darstellen, in Schallschwingungen zu versetzen. Herkömmliche Massivdecken, die bei üblichen Spannweiten flächenbezogene Massen von rund 500 kg/m2 aufweisen, erreichen äquivalente Trittschallpegel von etwa 70 dB. Um die geforderte Trittschalldämmung zu gewährleisten, sind diese Decken mit zusätzlichen Maßnahmen bauakustisch zu verbessern. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die ober- oder unterseitige Addition bauakustisch günstiger (weil biege- oder federweicher) Schichten oder Schalen. Diese Maßnahmen sollen im Folgenden näher betrachtet werden. Weichfedernde Beläge wie beispielsweise Teppichböden sind in der Lage, die Körperschallschwingungen unmittelbar an der Schallquelle, nämlich am Ort des auftretenden Fußes, zu dämpfen. Die Decke selbst wird aufgrund dessen weniger angeregt als beim Vorhandensein eines harten und steifen Belags. Je weichfedernder der Belag ist, desto niedriger ist die Resonanzfrequenz 31 und desto größer fällt die Verbesserung der Trittschalldämmung aus. Kombinationen von vergleichsweise schweren Massivdecken (wie sie beispielsweise bei größeren Spannweiten im Verwaltungsbau nötig sind), die bereits von sich aus niedrige äquivalente Trittschallpegel erreichen (also gute, wenngleich nicht völlig ausreichende Trittschalldämmung), mit weichfedernden Bodenbelägen, die Trittschall-Verbesserungsmaße von über 20 dB erzielen, bieten insgesamt hinreichenden Trittschallschutz ( 37). Dadurch lassen sich schwimmende Estriche vermeiden, die bei versetzbaren Trennwänden, wie sie im Verwaltungsbau üblich sind, schwerwiegende bauakustische Probleme aufwerfen. Deckenauflagen in Form schwimmender Estriche ( 38) stellen in Verbindung mit der Rohdecke ein zweischaliges schwingendes System nach dem Masse-Feder-Prinzip dar und sind infolgedessen unter geeigneten Voraussetzungen gut dazu geeignet, die Schallenergie wirksam zu dämpfen, diese also in Wärmeenergie zu verwandeln. Entscheidend für die Wirksamkeit eines schwimmenden Estrichs ist nicht in erster Linie die Masse des Estrichs, die ja an vergleichsweise enge Grenzen gebunden ist, sondern insbesondere die Federwirkung der darunter liegenden Trittschalldämmschicht, die anhand ihrer dynamischen Steifigkeit s‘ erfasst wird.
4 Schallschutz
705
90
Rohdecke
Ln,w,eq
m‘
70
36 Abhängigkeit des äquivalenten NormTrittschallpegels Ln,w,eq von einschaligen, massiven Rohdecken von ihrer flächenbezogenen Masse m‘. Ln,w stellt den Trittschallpegel der Kombination aus Rohdecke und Deckenauflage dar und errechnet sich aus der Addition des äquivalenten Trittschallpegels Ln,w,eq und des TrittschallVerbesserungsmaßes 6L (jeweils in drei Schritten 25 bis 35 dB).
60
Ln,w 50 25 40
30 35
30
Trittschall-Verbesserngsmaß ΔLw,R des Aufbaus (in dB)
bew. Trittschallpegel Ln,w bzw.Ln,w,eq (in dB)
Aufbau
80
150 200 300 400 500 Flächenbezogene Masse m’ der Rohdecke (in kg/m2)
[Quelle 30]
federweicher Bodenbelag
Bodenbelag
Verbundestrich/ Estrich auf Trennlage
Trennlage
Rohdecke
Rohdecke
schwimmender Estrich
Trittschalldämmung
37 Decke mit Verbundestrich (bzw. Estrich auf Trennlage) und federweichem Bodenbelag. Mit diesem Aufbau ist ein ausreichender Trittschallschutz erreichbar.
z
z
x
x
38 Decke mit schwimmendem Estrich
Fußleiste Randdämmstreifen Bodenbelag schwimmender Estrich Trennlage Trittschalldämmung Rohdecke
z
x
39 Schallbrückenfreie Ausbildung des Anschlusses eines schwimmenden Estrichs an eine Trennwand
706
VI Funktionen
Abschn. 3.3.2 Luftschalltechnisches Verhalten von Bauteilen – einschalige Bauteile, S. 689
3.4.5
Verbesserung des Trittschallschutzes durch Unterdecken
Näheres zum Abtrahleffekt siehe Gösele, Schüle (1985), S. 47
das Beispiel in 42 und 43, Seite rechts
Weiterhin ist der Estrich sorgfältig von den umgebenden Bauteilen konstruktiv und damit auch schalltechnisch zu trennen. Schallbrücken, wie sie beispielsweise beim Vergießen durch offene Stoßfugen der Dämmplatten hindurch entstehen können, machen die Trittschalldämmung eines Estrichs zunichte. Die üblichen konstruktiven Vorkehrungen sind 39 zu entnehmen. Unter leichten Trennwänden durchgehende schwimmende Estriche führen zu einer erhöhten Schalllängsleitung zwischen benachbarten Räumen und können die bauakustische Wirksamkeit der Wand erheblich herabsetzen, und zwar sowohl was die Luftschall- als auch was die Trittschallübertragung angeht ( 40). Das Aufschlitzen des Estrichs unter der Wand schneidet zwar den Schallübertragungsweg ab, erschwert aber das freie Umsetzen der leichten Trennwand erheblich. Ein Mittel, die bauakustisch günstige Wirkung von Massen in Kombination mit schwimmenden Estrichen zu nutzen, stellt die Beschwerung von leichten Balkendecken, insbesondere Holzbalkendecken, dar. Trittschallverbesserungsmaße 6Lw nach Gösele sind 33 im Diagramm in 41 dargestellt. Ähnlich wie schwimmende Estriche zur Umwandlung einer einschaligen Decke in ein zweischaliges Masse-FederSystem führen, zeigen federnd abgehängte Unterdecken eine spürbare bauakustisch verbessernde Wirkung. Es ist eine deutliche Verbesserung nicht nur des Tritt-, sondern auch des Luftschallschutzes des gesamten Deckenpakets feststellbar. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, den Abstrahleffekt zu nutzen, der sich einstellt, wenn parallel zu einer vergleichsweise biegesteifen Schale (wie der tragenden Decke) eine biegeweiche dünne Schale angeordnet wird, die nur mit kurzen Biegewellen schwingt und dadurch die Schallübertragung deutlich mindert. Werkstoffe für Unterdecken wie beispielsweise Gipskartonplatten oder vergleichbare leichte Unterdeckenplatten erfüllen diese Bedingung. Ferner ist es notwendig, eine möglichst weichfedernde Verbindung zwischen den schwingenden Schalen herzustellen. Punktuelle Abhängungen in festgelegten Mindestabständen sorgen für eine derartige Befestigung, bei der die Schalen unabhängig voneinander schwingen können. Wie bei der Luftschalldämmung auch, müssen Mindestabstände der Schalen eingehalten werden, die indessen für die bauüblichen Abhängekonstruktionen zumeist ohnehin notwendig sind. Eine Hohlraumdämpfung mit Dämmstoff geringer dynamischer Steifigkeit verbessert darüber hinaus das bauakustische Verhalten des Deckenpakets. Nach Gösele 34 können schwere Decken ohne schwimmenden Estrich, aber mit federnd abgehängter Unterdecke, außerordentlich günstige Trittschalldämmwerte erreichen.
4 Schallschutz
707
60
50 Schalllängsdämmmaß RL (in dB)
hoch schalldämmende Trennwand
B
schwimmender Estrich
A
Rohdecke
40
40 Maximal erreichbares Luftschalldämmaß R einer ansonsten hoch schalldämmenden Trennwand infolge Längsleitung durch eine durchgehende Estrichplatte. Im Bereich der Spuranpassungsfrequenz fg ergibt sich ein deutliches Schalldämmminimum mitten im bauakustisch kritischen Frequenzbereich. A Schalllängsdämmmaß RL der Trennwand B Bewertungskurve des Schalldämmmaßes nach DIN EN ISO 717-1 als Referenz
30
fg
fg Spuranpassungsfrequenz [Quelle 32]
20 100
200
400
800
1600
3200
Frequenz (in Hz)
bew. Trittschallverbesserungsmaß ΔLw (in dB)
40 Trockenestrich Beschwerung
m‘
30
tragende Decke
20
41 Abhängigkeit zwischen der flächenbezogenen Masse der Beschwerung einer Holzbalkendecke in Verbindung mit einem schwimmendem Trockenestrich und dem erreichbaren Trittschallverbesserungsmaß 6Lw. Schwimmende Zementestriche erreichen bei derartigen Leichtbaudecken im Vegleich bestenfalls Verbesserungsmaße unter 20 dB.
10
0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 Flächenbezogene Masse m’ der Beschwerung (in kg/m2)
Ff Dd Rohdecke
Rohdecke
Abhänger
Abhänger
Grundprofil, Metallschiene
Tragprofil, Metallschiene
Tragprofil, Metallschiene
Grundprofil, Metallschiene
Gipskartonplatte doppellagig
Gipskartonplatte doppellagig
z x
42 Unterdecke aus Gipskartonplatten an einer Unterkonstruktion aus weich federnden Metallschienen. Die Knotenpunkte der Aufhängung weisen Mindestabstände auf. Schnitt entlang der Stirnseite der Platten.
z
z x
43 Unterdecke wie links. Schnitt entlang der Längsseite der Platten. Die doppellagige Beplankung wirkt biegeweicher als eine gleich dicke Einfachplatte.
x
44 Schalllängsleitung bei Körperschallanregung einer Massivdecke mit Unterdecke über anschließende massive Wand (Ff)
708
VI Funktionen
Abschnitt 3.3.2 Luftschalltechnisches Verhalten von Bauteilen - Längsleitung, S. 695
Band 2, Kap. VIII, Abschn. 6. Ergänzende Funktionselemente oder -schalen
Band 3, Kap. XIII-3 Schalensysteme
3.5
Besonderheiten des Schallschutzes von Fenstern
Band 3, Kap. XIII-9 Öffnungen
Eine zusätzliche Verbesserung bietet ein federnder Bodenbelag. Kritisch bei derartigen Unterdecken ist die Schalllängsleitung über anschließende Wände ( 44), insbesondere wenn diese massiver Bauart sind. 35 Diese begrenzt ggf. den Trittschallschutz, der mit dieser Art von Deckenpaketen maximal erreichbar ist. Günstiger verhalten sich leichte Trennwände, die – ähnlich wie leichte flankierende Bauteile die Luftschalllängsleitung begrenzen – sich durch die Deckenkonstruktion schwerer in Schwingungen versetzen lassen. Insbesondere leichte Trennwände, die nur bis zur Unterdecke geführt werden, erlauben hohe Trittschalldämmwerte des Deckenpakets. Eine besondere Bedeutung haben federnd abgehängte Unterdecken für die Verbesserung der ansonsten mäßigen bis schlechten Schalldämmung von leichten Deckenkonstruktionen, insbesondere von Holzbalkendecken. Entscheidend für die Verbesserung ist die konstruktive Lösung der Aufhängung. Mehrere übliche Befestigungsvarianten sind zusammen mit den dadurch erzielbaren Norm-Trittschallpegeln Ln,w im Diagramm in 45 dargestellt. Morphologisch betrachtet stellen federnde Unterdecken ein gutes Beispiel für eine addierte Funktionsschale dar ( 46), in diesem Fall mit bauakustisch dämmender Funktion. Als weitgehend monofunktionale Elemente zum Zweck einer erhöhten Trittschalldämmung von Decken sind diese Art von Zusatzschalen ohne übermäßigen Aufwand realisierbar, da infolge der horizontalen Lage keinerlei Schubbeanspruchung des Systems wie bei schräg liegenden oder vertikalen Hüllbauteilen zu erwarten ist. Eine ähnliche Wirkung, jedoch mit der Zielsetzung oder zumindest dem Nebeneffekt der Verbesserung des Luftschallschutzes, erzielen beispielsweise gemauerte Verblendschalen bei zweischaligen Außenwänden aus Mauerwerk. Ihre Hauptfunktion ist indessen die des Witterungsschutzes. Die konstruktiven Aufwendungen sind erheblich. Fenster müssen zum Zweck einer kontinuierlichen Schalldämmung über die gesamte Hüllfläche hinweg, ohne die jede Schallschutzmaßnahme wirkungslos wäre, vergleichbare bauakustische Werte erreichen wie geschlossene Hüllbereiche. Wesentlich für die Schalldämmung eines Fensters ist folglich zunächst die Dichtheit des Bauelements selbst, also insbesondere diejenige der Rahmendichtung (Flügel- und Blendrahmen) und der Verglasung. Moderne Fensterkonstruktionen weisen ausreichende Dichtheit für diesen Zweck auf. Des weiteren ist die Fensterfläche selbst, also die Glasfläche, mit einer hinreichenden Luftschalldämmung auszuführen. Wie auch bei großflächigen Verglasungen entfällt die Möglichkeit, bei Fenstern größere Massen für diese Zielsetzung zu aktivieren, da die Scheibendicken sich
4 Schallschutz
709
100
Leimung
A
90
A 80
B Federbügel
70
Norm-Trittschallpegel Ln (in dB)
B 60
C
C elastische Zwischenschicht getrennte Abhängung
50
D D
40 100
200
400
800
1600
45 Frequenzabhängige Abnahme des Norm-Trittschallpegels Ln bei Holzbalkendecken durch die Wirkung federnd abgehängter Unterdecken. Der Einfluss der 36 Art der Befestigung ist deutlich ablesbar.
3200
Frequenz (in Hz)
z y x
46 Morphologische Einordnung federnd abgehängter Unterdecken als unterseitig addierte Funktionsschalen nach dem in Band 2, Kap. VII, Abschn. 6 eingeführten konstruktiven Prinzip, hier mit möglicher Leitungsführung dargestellt.
710
VI Funktionen
Kap. IV-8 Glas, S. 326
Kap. VI-3 Thermohygrik, S. 642
vgl. die Bezugskurve B in 47, Seite rechts
Abschn. 3.3.2 Luftschalltechnisches Verhalten von Bauteilen – einschalige Bauteile, S. 689, und 16 auf S. 692
nach den statischen Bedürfnissen aus der Überspannung der Fensteröffnungsmaße ableiten und zumeist gering sind. Folglich lässt sich die eigentlich verhältnismäßig große volumenbezogene Masse des Werkstoffs Glas nicht für Schallschutzzwecke heranziehen. Ferner ist die große Steifigkeit des Materials zu berücksichtigen, die sich bauakustisch ungünstig auswirkt. Als Folge dieser Tatsache beruht die Schalldämmung von Fenstern und Verglasungen im Wesentlichen auf dem Masse-Feder-Prinzip zweischaliger Flächenbauteile. Dies kommt gleichzeitig den Anforderungen aus einer anderen Teilfunktion, nämlich dem Wärmeschutz, entgegen: bereits aus thermischen Gründen muss ein modernes Fenster zumindest mit einer Doppel-Isolierglasscheibe ausgestattet sein. Wie auch bei vergleichbaren zweischaligen Elementen führt zunächst eine Steigerung der Masse der Scheiben innerhalb der realisierbaren Grenzen zu einer Verbesserung des Luftschallschutzes wie aus dem Diagramm in 47 zu entnehmen ist. An den Kurven ist ferner der große Einfluss des Scheibenabstands erkennbar, der leider deshalb bauakustisch nicht gebührend ausgenutzt werden kann, da aus Gründen der verstärkten Konvektion Scheibenzwischenräume von mehr als rund 20mm thermisch unwirksam sind. Bei üblichen Scheibenabständen von 12 mm kann es bei kleineren Glasdicken (ohne geeignete Zusatzmaßnahmen) sogar zu einer Verschlechterung der Schalldämmung des Isolierglases im Vergleich mit der gleich schweren Einzelglasscheibe kommen, was auf Resonanzeffekte des zweischaligen Systems zurückzuführen ist. Es verbleiben als technisch umsetzbare Maßnahmen des Luftschallschutzes bei Isoliergläsern die folgenden: • eine Verbesserung des Luftschallschutzes ergibt sich bei Substitution einer Glasscheibe durch eine Verbundglasscheibe mit einer elastischen Zwischenschicht aus einem speziellen organischen Gießharz in einer Dicke zwischen 1 und 2 mm 38 anstatt der üblichen Zwischenschicht aus PVB (Polyvinyl-Butyral). Bei gleichbleibender Gesamtmasse der Scheibe erfolgt eine Laminierung derselben in verschiedene, gegeneinander elastisch gelagerte Schalen, was die Steifigkeit des Elements deutlich herabsetzt und das Schwingungsverhalten bauakustisch verbessert. Einen ähnlichen Effekt wurde bereits erwähnt, beispielsweise findet er sich bei doppelten Gipskartonplatten-Beplankungen; • Füllung des Scheibenzwischenraums mit einem trägen Gas, das bereits aus thermischen Gründen zur Gewährleistung hinreichender Wärmedurchgangskoeffizienten notwendig ist. Geeignet ist Argon; Krypton erreicht etwas bessere Werte, auch in thermischer Hinsicht;
4 Schallschutz
711
60 d
dG
50
Scheibenzwischenraum d (in mm)
Bewertetes Schalldämmmaß Rw (in dB)
A
40
30
80
B
60 40 24
47 Bewertetes Schalldämmmaß Rw von Zweischeiben-Isolierverglasungen in Abhängigkeit der Gesamtglasdicke dG und der Dicke des Scheibenzwischenraums d. Als Bezugskurve B sind die Werte einer Einfachglasscheibe aufgetragen. Es wird nur die Schallübertragung über die Luftschicht erfasst.37
12
20 1 4 6 8 10 Gesamtglasdicke dG (in mm)
15
20
25
30
70
13 mm 20 mm
60
9 mm
G3
G3 (Rw = 54 dB)
B 50 6 mm
G2
12 mm 9 mm
40
G2 (Rw = 44 dB)
Schalldämmmaß R (in dB)
G1
4 mm
30
12 mm 6 mm G1 (Rw = 37 dB)
20
10 100
200
Frequenz (in Hz)
400
800
1600
3200
48 Schalldämmmaß R von Zweischeiben-Isolierverglasungen in Abhängigkeit der Scheibenart und der Dicke des Scheibenzwischenraums. Als Bezugskurve B ist das Norm-Schalldämmaß nach DIN EN ISO 717-1 aufgetragen. Die Verbundglasscheiben haben eine Zwischenschicht aus speziellem Gießharz.39
712
VI Funktionen
• Verwendung von Glasscheiben mit unterschiedlichen Dicken im gleichen Isolierglaselement. Durch diese Maßnahmen wird verhindert, dass die Grenzfrequenzen fg der beiden schwingenden Schalen zusammenfallen und somit im betroffenen Frequenzbereich zu einem Loch in der Schalldämmwirkung führen. Die Grenzfrequenzen der Scheiben werden durch die Variation der Dicken gleichsam entzerrt. Anmerkungen
1 2 3
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
Lutz et al (2002) Lehrbuch der Bauphysik, S. 5 Ebda S. 10 Bläsi (2002) Bauphysik, S. 206; Lutz et al (2002), S. 12 Näherungsweise ergibt sich das Schalldämmmaß aus der Differenz der gemessenen Schallpegel zu beiden Seiten des schalldämmenden Bauteils, wenn dabei der Einfluss der Bauteilfläche und des Empfangsraums herauskorrigiert wird. Dies ist notwendig, da das Schalldämmmaß eine Bauteilkenngröße ist und von der Fläche des Bauteils und der Schallabsorption im Empfangsraum unabhängig ist. DIN EN ISO 7171-1, vgl. auch Lutz et al. (2002), S. 14 Gösele, Schüle (1985) Schall, Wärme, Feuchte, S. 36 Lutz et al. (2002) S. 40 Gösele, Schüle (1985) S. 40 Ebda S. 39 und Lutz et al (2002), S. 39 Gösele, Schüle (1985), S. 41 Ebda S. 42; Bläsi (2002) S. 200 Gösele, Schüle (1985), S. 118 Ebda S. 45; Becker et al (1998) Trockenbau Atlas, S. 97 Nach Gösele, Schüle (1985), S. 47 Nach Gösele, Schüle (1985), S. 47 Ebda S. 46 Nach Gösele, Schüle (1985), S. 47 Ebda S. 49 Nach Gösele, Schüle (1985), S. 45 Ebda S. 50 Ebda S. 52 Becker et al (1998) S. 98; Gösele, Schüle (1985), S. 54 Gösele, Schüle (1985) Ebda Ebda; Lutz et al (2002) Nach Gösele, Schüle (1985), S. 91 Zum Begriff des alten Trittschallschutzmaßes TSM der DIN 4109 vgl. Lutz et al (2002), S. 17 Nach DIN EN ISO 717-2 Nach DIN EN ISO 717-2 Nach Gösele, Schüle (1985), S. 97 Nach Gösele, Schüle (1985), S. 96 Ebda S. 98 Nach Gösele, Schüle (1985), S. 125 Ebda (1985), S. 118 Ebda S. 125 Ebda S. 98 Nach Gösele, Schüle (1985), S. 111
4 Schallschutz
37 38 39
713
Ebda S. 76 Glashandbuch (2003) Ebda
DIN 1320: 2009-12 Akustik – Begriffe DIN 4109: 2016-07-00 Schallschutz im Hochbau Beiblatt 2: 1989-11 Hinweise für Planung und Ausführung; Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz; Empfehlungen für den Schallschutz im eigenen Wohn- oder Arbeitsbereich Teil 1: 2018-01 Mindestanforderungen Teil 2: 2018-01 Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen Teil 4: 2016-07 Bauakustische Prüfungen Teil 31: 2016-07 Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Rahmendokument Teil 32: 2016-07 Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Massivbau Teil 33: 2016-07 Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Holz-, Leicht- und Trockenbau Teil 34: 2016-07 Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Vorsatzkonstruktionen vor massiven Bauteilen Teil 35: 2016-07 Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Elemente, Fenster, Türen, Vorhangfassaden Teil 36: 2016-07 Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Gebäudetechnische Anlagen DIN 18041: 2016-03Hörsamkeit in Räumen – Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung DIN EN 12354: Bauakustik – Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften Teil 5: 2009-10 Installationsgeräusche Teil 6: 2004-04 Schallabsorption in Räumen DIN EN 12758: 2011-04 Glas im Bauwesen – Glas und Luftschalldämmung – Produktbeschreibungen und Bestimmung der Eigenschaften DIN EN ISO 717: Akustik – Bewertung der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen Teil 1: 2013-06 Luftschalldämmung Teil 2: 2013-06 Trittschalldämmung DIN EN ISO 10052: 2010-10 Akustik – Messung der Luftschalldämmung und Trittschalldämmung und des Schalls von haustechnischen Anlagen in Gebäuden – Kurzverfahren DIN EN ISO 10848: Akustik – Messung der Flankenübertragung von Luftschall und Trittschall zwischen benachbarten Räumen in Prüfständen Teil 1: 2018-02 Rahmendokument
Normen und Richtlinien
714
VI Funktionen
DIN EN ISO 12354: Bauakustik – Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften Teil 1: 2017-11 Luftschalldämmung zwischen Räumen
1. 2. 3. 4.
Allgemeine Ziele des Brandschutzes........................716 Grundsätze des vorbeugenden Brandschutzes........716 Baurecht ....................................................................717 Konstruktionsrelevante brandschutztechniche Maßnahmen ..............................................................717 5. Brandverhalten von Werkstoffen aus der Perspektive des Baurechts und der Normung .........718 5.1 Klassifikation gemäß DIN 4102 .........................718 5.1.1 Nichtbrennbare Baustoffe .......................718 5.1.2 Brennbare Baustoffe ...............................719 5.1.3 Die Werkstoffe für Primärtragwerke ......719 5.2 Klassifikation gemäß DIN EN 13501-1 ..............721 5.2.1 Rauchentwicklung (s) ............................. 722 5.2.2 Brennendes Abtropfen/Abfallen (d) ....... 722 6. Brandverhalten von Bauteilen ................................. 722 6.1 Feuerwiderstandsdauer gemäß DIN 4102 ....... 722 6.1.1 Feuerwiderstandsklassen ...................... 723 6.2 Feuerwiderstandsfähigkeit gemäß DIN EN 13501-2 .................................................724 7. Zusammenhang zwischen Baustoffklasse und Feuerwiderstandsklasse bzw. -fähigkeit ...........726 8. Bautechnische Brandschutzmaßnahmen .................727 9. Einflussfaktoren auf den Feuerwiderstand...............727 9.1 Konstruktive Maßnahmen zur Erhöhung des Feuerwiderstands ..................................... 729 10. Konstruktiver Brandschutz am baulichen Regeldetail ............................................................... 730 10.1 Bauteile aus Mauerwerk .................................. 730 10.2 Bauteile aus Stahlbeton.................................... 730 10.2.1 Balkenförmige Bauteile ..........................731 10.2.2 Decken .................................................. 732 10.2.3 Fertigteildecken .................................... 732 10.2.4 Stützen .................................................. 734 10.2.5 Wände ................................................... 734 10.3 Bauteile aus Holz .............................................. 736 10.3.1 Balkenförmige Bauteile ......................... 738 10.3.2 Stützen .................................................. 738 10.3.3 Holztafelwände ..................................... 739 10.3.4 Holzdecken .............................................740 10.3.5 Dächer ....................................................744 10.4 Bauteile aus Stahl ..............................................744 10.4.1 Verhältniswert U/A .................................744 10.4.2 Konstruktionsgrundsätze .......................746 10.4.3 Balkenförmige Bauteile ..........................746 10.4.4 Stützen ...................................................747 10.5 Unterdecken ..................................................... 750 10.6 Verbundkonstruktionen .....................................752 10.7 Verglasungen .....................................................752 Anmerkungen................................................................ 758 Normen und Richtlinien ................................................ 758
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_29
716
1.
VI Funktionen
Allgemeine Ziele des Brandschutzes
Der Brandschutz verfolgt das Ziel, Brände zu vermeiden und eventuelle Brandschäden zu minimieren, und zwar sowohl Sach- als auch insbesondere Personenschäden.1 Dafür sind einerseits abwehrende Maßnahmen wie ein Löscheinsatz der Feuerwehr erforderlich, wenn ein Brand trotz Vorkehrungen dennoch entstanden ist, andererseits aber auch vorbeugende Maßnahmen, welche die Brandentstehung verhindern oder doch zumindest erschweren sollen. Letztere sind in Teilbereichen Bestandteil der Arbeit des Planers und Konstrukteurs und deshalb im Zusammenhang unserer Betrachtung von Bedeutung. Man unterscheidet: • vorbeugenden betrieblichen Brandschutz, also die organisatorischen Maßnahmen in einem Betrieb, welche die Brandentstehung möglichst verhindern sollen; • vorbeugenden baulichen und anlagentechnischen Brandschutz, also die Gestaltung des Bauwerks sowie der zugehörigen Gebäudetechnik derart, dass Brandentstehung bzw. -ausbreitung erschwert oder verhindert wird; • abwehrenden Brandschutz durch die Feuerwehr nach Brandentstehung.
2.
Grundsätze des vorbeugenden baulichen Brandschutzes
Der vorbeugende bauliche Brandschutz umfasst planerische und bautechnische Maßnahmen sowie auch solche des Gebäudebetriebs während der Lebens- oder Nutzungszeit der Immobilie. Dies geht aus der Formulierung der Ziele des Brandschutzes, die in folgender baurechtlicher Festlegung ihren Ausdruck finden, hervor: Bauliche Anlagen sind so zu entwerfen, anzuordnen, zu errichten, zu ändern und zu unterhalten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben oder Gesundheit, nicht gefährdet werden. (§ 3 MBO)
Relevant für den vorbeugenden baulichen Brandschutz ist folglich: • das Entwerfen und Anordnen von Gebäuden, also grundsätzlich planerische Maßnahmen, die wir in unserem Zusammenhang thematisch weitgehend ausblenden müssen. Diese betreffen vorrangig die Evakuierung brennender Bauten sowie die Verhinderung der Brandausbreitung; • das Errichten, also die bautechnischen Maßnahmen, und hier naturgemäß die konstruktiven Aspekte, die im Mittelpunkt unserer Betrachtung stehen. Hierbei geht es in erster Linie um die Sicherung der Standfestigkeit eines Bauwerks während eines Brands, insbesondere zum Zweck der sicheren Evakuierung der Menschen. Diese Maßnahmen betreffen zunächst das Primärtragwerk,
5 Brandschutz
717
das beim Verlust seiner Tragfähigkeit die gesamte Konstruktion mit sich reißen würde. Ein weiteres wichtiges bautechnisches Ziel ist aber auch die Verhinderung der Brandausbreitung, was durch abschottende flächige Hüllbauteile erfolgt. Auch beim Ändern eines Gebäudes stehen – neben allfälligen planerischen – vergleichbare bautechnische Maßnahmen im Vordergrund; • der Betrieb des Gebäudes, der in diesem Werk thematisch nicht behandelt wird. Daneben stellt der vorbeugende bauliche Brandschutz auch eine Vorbereitung des abwehrenden Brandschutzes dar, und hat die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, damit wirksame Lösch- und Rettungsarbeiten durch die Feuerwehr erfolgen können. Das operative Ziel des vorbeugenden baulichen Brandschutzes ist, ein geeignetes ganzheitliches Sicherheitskonzept für ein spezifisches Bauvorhaben zu entwickeln, das ein Schadensrisiko so weit wie vertretbar und ökonomisch sinnvoll begrenzt. Die angesprochenen planerischen und bautechnischen Maßnahmen sind dabei eng miteinander verflochten und können sich ggf. gegenseitig kompensieren. So können beispielsweise besonders gute Fluchtmöglichkeiten aus einem brennenden Gebäude eine Herabsetzung der Sicherheitsstandards der Konstruktion erlauben. Auch wenn die Sicherheitskonzepte individuell auf die Bauvorhaben zugeschnitten sind, existieren dennoch grundlegende baurechtliche Regelungen zum Brandschutz, die Gesetzescharakter haben. Diese sind in den Landesbauordnungen (LBO) erfasst. Als gemeinsame Leitlinie dient hierfür die Musterbauordnung (MBO), die jedoch als solche nicht rechtswirksam ist. 2 Ferner ist die entsprechende Normung zu berücksichtigen, die, sofern sie für unsere Betrachtung relevant ist, in der nationalen DIN 4102 sowie in der europäischen DIN EN 13501 enthalten ist. 3
Baurecht
3.
Aus den Notwendigkeiten des ganzheitlichen brandschutztechnischen Sicherheitskonzepts leiten sich Einzelforderungen an die bautechnische Ausbildung des Bauwerks ab. Einfluss auf die konstruktive Ausführung einer Baustruktur haben insbesondere:
Konstruktionsrelevante brandschutztechnische Maßnahmen
4.
• Festlegungen hinsichtlich des Brandverhaltens, vornehmlich der Brennbarkeit der eingesetzten Werkstoffe. Nach den grundsätzlichen materialtechnischen Aspekten, die bereits angeschnitten wurden, sollen im Folgenden die wesentlichen Werkstoffe für den Einsatz in Primärtragwerken auch hinsichtlich ihrer baurechtlichen Einstufung näher betrachtet werden;
Kap. IV-1, Abschn. 14. Brandeinwirkung, S. 234
718
VI Funktionen
• Festlegung zum geforderten Mindestzeitraum, während dessen eine Baustruktur unter Brandeinwirkung ihre Standfestigkeit zu bewahren hat. Aus dieser Forderungen lassen sich Feuerwiderstandsdauern für einzelne Bauteile (nicht Werkstoffe) ableiten, welche die konstruktive Durchbildung derselben maßgeblich bestimmen. 5.
5.1
Brandverhalten von Werkstoffen aus der Perspektive des Baurechts und der Normung
Klassifikation gemäß DIN 4102 Kap. IV-1, Abschn. 14. Brandeinwirkung, S. 234
Das Brandverhalten von Werkstoffen für das Bauwesen ist in den Landesbauordnungen, der nationalen Norm DIN 4102-1 sowie in der europäischen Norm DIN EN 13501-1 geregelt. Wesentliches Kriterium für die Einordnung von Baustoffen ist ihre Brenn- bzw. Entflammbarkeit, die in den angesprochenen Regelwerken mit unterschiedlichen Differenzierungsgraden erfasst wird ( 1). Die DIN EN 135101-1 führt diesbezüglich, neben der Brenn- oder Entflammbarkeit, weitere Differenzierungskriterien in die Benennung ein, die insbesondere die Rauchentwicklung (Kürzel s) und das brennende Abtropfen oder Abfallen (Kürzel d) betreffen. Werkstoffe werden nach DIN 4102 klassifiziert in: 4 • nichtbrennbare Baustoffe (A); • brennbare Baustoffe (B).
Nichtbrennbare Baustoffe
Als Baustoffe der Klasse A1 (nichtbrennbar ohne besonderen Nachweis nach DIN 4102) gelten solche ohne organische Bestandteile, insbesondere mineralische wie: • Sand • Zement
Zusatzanforderungen
nicht brennbar
Klassif. nach DIN 4102-1
Klassif. nach DIN EN 13501-1
kein brennendes Abtropfen/ Abfallen
bauaufsichtliche Benennung
kein Rauch
5.1.1
A1
A1
A2
A2 - s1 d0 B, C - s1 d0
schwer entflammbar 1)
B1
B, C - s3 d0 B, C - s1 d2 B, C - s3 d2 D - s3 d0
normal entflammbar
B21)
leicht entflammbar
B3
D - s3 d2 E - d2
1 Äquivalenz der Baustoffklassen hinsichtlich ihres Brandverhaltens in den Regelwerken der Landesbauordnungen, der nationalen Norm DIN 4102 und der europäischen Norm DIN EN 13501-1.
1)
F
Angaben über hohe Rauchentwicklung und brennendes Abtropfen/Abfallen im Verwendungsnachweis und in der Kennzeichnung.
5 Brandschutz
719
• Beton • Ziegel • Naturstein und metallische wie: • Stahl • Aluminium. Brennbare Baustoffe
5.1.2
Das Brandverhalten der wesentlichen Werkstoffe für Primärtragwerke, die für die Standfestigkeit des Bauwerks hauptverantwortlich sind und folglich eine besonders große Bedeutung für den vorbeugenden baulichen Brandschutz haben, lässt sich wie folgt beschreiben:
Die Werkstoffe für Primärtragwerke
5.1.3
Wie mineralische Werkstoffe grundsätzlich, gilt Mauerwerk als ein Baustoff A1. Das Mauerwerk aus künstlichen Steinen weist in brandschutztechnischer Hinsicht ähnliche Charakteristika auf wie Beton. In der Regel bietet die statische Dimensionierung bereits Feuerwiderstandsdauern von mindestens F 90.
Mauerwerk
Verbundbaustoffe mit organischem Anteil, welche die Anforderungen der DIN 4102 für nichtbrennbare Baustoffe erfüllen, werden als zugehörig zur Klasse A2 (nichtbrennbar mit Nachweis) gekennzeichnet. Baustoffe, die vorwiegend aus organischen Substanzen (Kohlenwasserstoffen) bestehen, gelten als brennbar. Sie werden nach DIN 4102-1 in folgende Kategorien unterteilt: • B1 schwerentflammbare Baustoffe wie HolzwolleLeichtbauplatten, zementgebundene Spanplatten; • B2 normalentflammbare Baustoffe wie Holz und Holzwerkstoffplatten mit einer Dicke d * 2 mm; • B3 leichtentflammbare Baustoffe wie Holzwolle, Baumwolle oder Holz und Holzwerkstoffplatten mit einer Dicke d ) 2 mm. Diese Kategorie von Werkstoffen ist in der Neufassung der MBO indessen als grundsätzlich nicht zulässig vorgesehen.5
Als klassischer mineralischer Baustoff ist Beton nichtbrennbar ohne besonderen Nachweis (A1). Auch Stahlbeton wird trotz der Bewehrung aus Stahl als A1 klassifiziert. Ein allein in statischer Hinsicht ausreichend dimensioniertes Stahlbetonbauteil bietet bereits in den meisten Fällen eine Feuerwiderstandsdauer von F 90. Entscheidend für den Schutz der eigentlichen Schwachstelle des Verbundbau-
Feuerwiderstandsdauer im Abschn. 6.1, S. 722
Beton/Stahlbeton
720
VI Funktionen
Wärmeleitzahl h = 2,1 W/mK
Abschn. 6.1 Feuerwiderstandsdauer gemäß DIN 4102, S. 722
Holz
Wärmeleitzahlh = 1,5 W/mK
Stahl
Wärmeleitzahl h = 60 W/mK
stoffs (nämlich der Bewehrung) ist die Betonüberdeckung derselben. Durch seine vergleichsweise schlechte Wärmeleitfähigkeit und insbesondere aufgrund des günstigen kühlenden Effekts seiner großen Masse wird die schnelle Wärmeleitung an den Stahl verhindert. Höhere Temperaturen können infolge der hohen Wärmespeicherfähigkeit von Beton erst nach längerer Brandeinwirkung entstehen. Auch in Verbundkonstruktionen hat Beton einen schützenden und kühlenden Effekt auf Stahlprofile, sodass unter bestimmten Voraussetzungen auch trotz ungeschützter Stahloberflächen eine Feuerwiderstandsdauer von F 90 erzielt werden kann. Aus diesen Gründen lässt sich Stahlbeton als ein in brandschutztechnischer Hinsicht idealer Baustoff bezeichnen. Gewöhnliches Bauholz ist als normalentflammbar B2 eingestuft. Entgegen der verbreiteten Ansicht, dass Holz aufgrund seiner Entzündlichkeit verglichen mit nichtbrennbaren Baustoffen ein sehr ungünstiges Brandverhalten aufweist, gilt, dass bei günstigem Verhältnis von Bauteiloberfläche zu Volumen (wie bei einem Balken mit Rechteckquerschnitt) das Holz nur langsam abbrennt. Die Tragfähigkeit des Bauteils ist über einen vergleichsweise langen Zeitraum durch seinen ansonsten intakten Kern gewährleistet. Die verkohlte Bauteiloberfläche wirkt dabei wie ein dämmender Mantel, der den weiteren Abbrand hemmt. Das Wärmeleitvermögen des Holzes ist schlecht, eine rasche Weiterleitung der Brandhitze ist nicht zu befürchten, ebensowenig ein plötzlicher unerwarteter Einsturz der Konstruktion. Ein wirksamer Brandschutz des Holzbauteils ist durch Hinzugabe einer ausreichenden Abbranddicke zum eigentlich statisch erforderlichen Querschnitt zu erzielen. Man kann dabei von einer Abbrandgeschwindigkeit von rund 1 cm pro 10 Minuten ausgehen. 30 Minuten Feuerwiderstandsdauer (F 30) lassen sich folglich mit zusätzlichen 3 cm Querschnittsdicke erreichen. Trotzdem stellt die Brennbarkeit von Holz eine grundsätzliche Gefährdung von Gebäuden dar, da es die Brandlast in ihnen erhöht. Holzbauten sind deshalb baurechtlich besonders strengen brandschutzbezogenen Auflagen unterworfen. Stahl ist A1 nichtbrennbar ohne besonderen Nachweis. Ohne Bekleidung haben Bauteile aus Stahl keine Feuerwiderstandsdauer (F 0). Unter Brandeinwirkung erreicht der Werkstoff nach rund 10 Minuten eine Temperatur von 600°C, bei der Braunglut einsetzt und die Tragfähigkeit verlorengeht.6 Mithilfe von Anstrichen lässt sich die Feuerwiderstandsdauer auf bis zu F 120 erhöhen. Darüberhinaus ist eine Ummantelung des Stahlbauteils mittels Brandschutplattenmaterial unerlässlich. Die große Wärmeleitfähigkeit von Stahl fördert die Brandausbreitung und wirkt sich deshalb
5 Brandschutz
721
ungünstig aus. Verbindungsmittel aus Stahl stellen in Kombination mit brandschutztechnisch gutmütigen Baustoffen wie Holz ausgesprochene Schwachpunkte dar. Auch Glas gilt als nichtbrennbar (A1). Sein Brandverhalten ist jedoch ungünstig, da es bei Hitzeeinwirkung (insbesondere bei Temperaturunterschieden) sehr schnell bricht und weil es wegen seiner Transparenz für starke Wärmestrahlung durchlässig ist. Normalglas bietet keine Feuerwiderstandsdauer (F 0). Trotzdem können Glaserzeugnisse wie Draht- oder Drahtspiegelglas (sogenannte G-Gläser) eine Feuerwiderstandsdauer von G 30 bis maximal G 60 erreichen. Trotz der starken Verformungen der unter Brandeinwirkung schmelzenden Glasscheibe, bleibt diese dank des Drahtgittergewebes insgesamt geschlossen und bietet somit eine wirksame Sperre gegen Brandgase, wenngleich nicht gegen die Wärmestrahlung. Typischer Einsatzfall hierfür sind Oberlichtverglasungen in Fluren, wo die Wärmestrahlung oberhalb der fliehenden Personen keine Gefahr darstellt. Spezielle Glastypen wie Verbundsicherheitsglas sind in der Lage, Brandgase und Wärmestrahlung zurückzuhalten und erreichen höhere Feuerwiderstandsklassen (F 90). Unter Hitzeeinwirkung trüben sich diese laminierten Gläser und sperren weitgehend den Strahlungsdurchgang.
Glas
Die im Bauwesen häufig vorkommenden Kunststoffe sind organische Chemiewerkstoffe und werden in der Regel als Baustoffe B2 bis B3 eingeordnet. Als sehr ungünstig wirkt sich die starke Entwicklung von teils giftigen Brandgasen aus, sowie die Tendenz, brennend abzutropfen, was bei Kunststoffteilen im Deckenbereich eine schwerwiegende Gefährdung von Personen zur Folge hat.
Kunststoffe
Die Norm wird auf drei gesonderte Kategorien von Bauprodukten angewendet:
Klassifikation gemäß DIN EN 13501-1
• Bauprodukte mit Ausnahme von Bodenbelägen und Rohrisolierungen;
DIN EN 13501-1, Tabelle 1 in 2
• Bodenbeläge (Kürzel fl);
DIN EN 13501-1, Tabelle 2 in 3
• Rohrisolierungen (Kürzel L).
DIN EN 13501-1, Tabelle 3
Die Klassen A1, A2, B, C, D, E und F sind in dieser Reihenfolge von höheren zu geringeren Anforderungen gereiht, wobei A1 die niedrigste Stufe der Brennbarkeit bezeichnet und F keine Leistung des Bauprodukts diesbezüglich feststellt. Die zugehörigen Klassifizierungskriterien sind für die drei betrachteten Bauproduktgruppen (inklusive Bodenbeläge und Rohrisolierungen) im Detail in der Norm festgelegt.
vgl. 1, S. 718
VSG, siehe Kap. V-4, Abschn. 4.2.2 Verbundsicherheitsglas (VSG), S. 446
DIN EN 13501-1, Tabellen 1 bis 3
5.2
722
5.2.1
VI Funktionen
Rauchentwicklung (s) vgl. 2, S. 725
Bauprodukte, die in A2, B, C oder D klassifiziert sind, erhalten hinsichtlich der Rauchentwicklung eine zusätzliche Klassifizierung s1, s2 oder s3, wobei: • bei s1 das Bauprodukt eine Rauchenwicklungsrate von ) 30 m2 /s2 und eine gesamte freigesetzte Rauchmenge nach 600 s von ) 50 m2 erreicht (verhältnismäßig niedrige Rauchmenge); • bei s2 das Bauprodukt eine Rauchenwicklungsrate von ) 180 m2 /s2 und eine gesamte freigesetzte Rauchmenge nach 600 s von ) 200 m2 erreicht (verhältnismäßig hohe Rauchmenge); • bei s3 keine Prüfung stattfand oder das Bauprodukt die Kriterien s1 und s2 nicht erfüllt.
5.2.2
Brennendes Abtropfen/Abfallen (d) vgl. 2, S. 725
Bauprodukte der Klassen A2, B, C oder D erhalten eine zusätzliche Klassifizierung mit d0, d1 oder d2 hinsichtlich des Auftretens von brennendem Abtropfen und/oder Abfallen wie folgt: • d0, wenn bei der Prüfung nach DIN EN 13823 kein brennendes Abtropfen/Abfallen innerhalb von 600 s auftritt; • d1, wenn bei der Prüfung nach DIN EN 13823 kein fortdauerndes Abtropfen/Abfallen für länger als 10 s innerhalb von 600 s auftritt; • d2, wenn keine Leistung festgestellt wurde oder wenn das Bauprodukt; •• nicht die aufgeführten d0 und d1 Klassifizierungskriterien nach DIN EN 13823 erfüllt, oder •• das Filterpapier in der Prüfung nach DIN EN ISO 119252 entzündet.
6.
6.1
Brandverhalten von Bauteilen
Das Brandverhalten von Bauteilen, also aus bestimmten Werkstoffen geformte und zumeist aus verschiedenen Einzelteilen gefügte – das heißt konstruierte – Elementen, ist baurechtlich charakterisiert durch den Begriff der Feuerwiderstandsdauer gemäß DIN 4102 bzw. Feuerwiderstandsfähigkeit nach DIN EN 13501-1.
Feuerwiderstandsdauer gemäß DIN 4102
Feuerwiderstandsdauer ist die Mindestdauer in Minuten, während der ein Bauteil bei der Prüfung nach der Norm seine tragende oder raumabschließende Funktion (bzw. beide gleichzeitig) beibehält. Bei der Prüfung nach Norm müssen während des Zeitraums der Feuerwiderstandsdauer unter anderen folgende Anforderungen erfüllt werden: Raumabschließende Bauteile müssen den Durchgang
5 Brandschutz
723
des Feuers verhindern, d.h. ein Wattebausch auf der dem Feuer abgekehrten Seite darf sich nicht entzünden. Die Temperaturerhöhung darf auf der feuerabgekehrten Seite an keiner Stelle mehr als 180 K, im Mittel nicht mehr als 140 K betragen. Raumabschließende Wände müssen zusätzlich eine Festigkeitsprüfung bestehen. Tragende Bauteile dürfen während der Prüfdauer unter ihrer rechnerisch zulässigen Gebrauchslast, nichttragende unter ihrer Eigenlast, nicht zusammenbrechen. Tragende und nicht raumabschließende Bauteile werden einer zweiseitigen Temperaturbeanspruchung ausgesetzt und dürfen unter ihrer rechnerisch zulässigen Gebrauchslast nicht zusammenbrechen. Bauteile, die statisch bestimmt gelagert und ganz oder überwiegend auf Biegung beansprucht werden, dürfen während der Prüfung eine höchstzulässige Durchbiegungsgeschwindigkeit nicht überschreiten. Stützen, die F 90 sein sollen, müssen unmittelbar nach dem Brandversuch einer Beanspruchung mit Löschwasser standhalten. Die Temperaturen im Brandraum sind genormt, der Temperaturanstieg muss einer sog. Einheits-Temperaturzeitkurve (ETK) entsprechen. Aus dem Brandversuch ergeben sich die folgenden Feuerwiderstandsklassen:
Bauaufsichtliche
Bezeichnung nach
Bezeichnung
DIN 4102
Kürzel
keine Feuerwiderstands-
keine Feuerwiderstandsdauer
F0
feuerhemmend
Feuerwiderstandsklasse F 30
F 30
hochfeuerhemmend (*)
Feuerwiderstandsklasse F 60
F 60
feuerbeständig
Feuerwiderstandsklasse F 90
F 90
Feuerwiderstandsklasse F 120
F 120
Feuerwiderstandsklasse F 180
F 180
dauer
(*) Die Bezeichnung hochfeuerhemmend wurde in der Fassung der MBO 2002 neu eingeführt.7
Je nachdem, ob die Bauteile neben ihrem baurechtlich festgelegten Feuerwiderstand darüber hinaus auch ausschließlich aus nichtbrennbaren Materialien bestehen müssen, oder alternativ teilweise auch aus brennbaren bestehen dürfen, differenziert die DIN 4102 die Klassen A (für ausschließlich nichtbrennbare Baustoffe) und AB (in wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen). Der Zusatz B bedeutet,
Feuerwiderstandsklassen
6.1.1
724
VI Funktionen
dass das Bauteil allein aus brennbaren Materialien besteht. Ein Bauteil lässt sich hinsichtlich seiner Feuerwiderstandsdauer klassifizieren aufgrund: • eines Brandversuchs. Zertifizierung durch Prüfzeugnis einer staatlich anerkannten Prüfanstalt, das die Charakteristika und den Einbauzusammenhang des Bauteils festlegt; • der Anwendung der generellen Bestimmungen der DIN 4102-4 ohne besonderen Nachweis – z.B. für gemauerte Wände. Als einfache Faustregel gilt: einen halben Stein (11,5 cm) dicke Ziegelsteinwände erreichen auch unverputzt die Kategorie F 90, einen Stein dicke (24 cm) bereits die einer Brandwand. Neben den F-Bezeichnungen, die für allgemeine Bauteile gelten, existieren folgende Bezeichnungen:
6.2
Feuerwiderstandsfähigkeit gemäß DIN EN 13501-2
• Türen
T 0, T 30, T 60, ...
• Lüftungsleitungen
L 0, L 30, L 60, ...
• Brandschutzklappen für Lüftungsleitungen
K 0, K 30, K 60, ...
Über den Begriff der Feuerwiderstandsdauer hinaus, wie er der DIN 4102 zugrundeliegt, definiert die DIN EN 13501-2 weitere Leistungsparameter, die insgesamt – zusammen mit der eigentlichen Widerstandsdauer in Minuten – eine Feuerwiderstandsfähigkeit des Bauteils definieren. Dies sind die folgenden ( 2):
DIN EN 13501-2, 5.2.1
• R Tragfähigkeit: Fähigkeit des Bauteils, unter festgelegten mechanischen Einwirkungen einer Brandbeanspruchung auf einer oder mehreren Seite(n) ohne Verlust der Standsicherheit für eine Dauer zu widerstehen;
DIN EN 13501-2, 5.2.2.1
• E Raumabschluss: Fähigkeit eines Bauteils mit raumtrenneder Funktion, der Beanspruchung eines nur an einer Seite angreifenden Feuers so zu widerstehen, dass ein Feuerdurchtritt zur unbeflammten Seite als Ergebnis des Durchtritts von Flammen oder heißer Gase verhindert wird;
DIN EN 13501-2, 5.2.3.1
• I Wärmedämmung: Fähigkeit eines Bauteils, einer einseitigen Brandbeanspruchung ohne die Übertragung von Feuer als Ergebnis einer signifikanten Übertragung von Wärme von der dem Feuer zugekehrten Seite zu der vom Feuer abgewandten Seite zu widerstehen; • W Strahlung: Strahlungsbegrenzung ist die Fähigkeit eines Bauteils, einer nur einseitigen Brandbeanspruchung
5 Brandschutz
725
so zu widerstehen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Brandübertragung als Ergebnis signifikanter abgestrahlter Wärme entweder durch das Bauteil oder von der vom Feuer abgekehrten Oberfläche des Bauteils auf angrenzende Materialien reduziert wird;
DIN EN 13501-2, 5.2.4
• M Widerstand gegen mechanische Beschädigung: Fähigkeit eines Bauteils, einer Stoßbeanspruchung zu widerstehen, die den Fall repräsentiert, wenn ein Tragfähigkeitsverlust eines anderen Bauteils im Brandfall eine Stoßbeanspruchung auf das betroffene Bauteil verursacht;
DIN EN 13501-2, 5.2.5
• C selbstschließende Eigenschaft: Fähigkeit einer geöffneten Feuerschutztür oder eines Fensters vollständig zu schließen. Dabei muss der Abschluss den Widerstand einer etwaigen Falle ohne zusätzliche manuelle Einwirkung entweder durch gespeicherte Energie oder durch Herleitung des Kurzzeichens
Kriterium
R (Résistance)
Tragfähigkeit
E (Étanchéité)
Raumabschluss Wärmedämmung (unter Brandeinwirkung)
I (Isolation) W (Radiation) M (Mechanical) S (Smoke)
Begrenzung des Strahlendurchtritts Mechanische Einwirkung auf Wände (Stoßbeanspruchung) Begrenzung der Rauchdurchlässigkeit (Dichtheit, Leckrate)
Anwendungsbereich
zur Beschreibung der Feuerwiderstandsfähigkeit
Rauchschutztüren (als Zusatzanforderung auch bei Feuerschutzabschlüssen), Lüftungsanlagen inkl. Klappen
C … (Closing)
Selbstschließende Eigenschaft (ggf. mit Anzahl der Lastspiele)
Rauchschutztüren, Feuerschutzabschlüsse (einschl. Abschlüsse für Förderanlagen)
P
Aufrechterhaltung der Energieversorgung und/oder Signalübermittlung
Elektrische Kabelanlagen allgemein
l1, l2
unterschiedliche Wärmedämmungskriterien Beanspruchung durch „volle“ ETK (Vollbrand) Angabe der Temperaturbeanspruchung Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsdauer
Feuerschutzabschlüsse (inkl. Abschlüsse für Förderanlagen)
f (full) … 200, 300, … (°C) i→o i←o i ↔ o (in-out)
Doppelböden Rauchschutztüren nichttragende Außenwände, Installationsschächte/-kanäle, Lüftungsanlagen/-klappen
a→b Richtung der klassifizierten a←b Feuerwiderstandsdauer a ↔ b (above-below)
Unterdecken
ve, ho für vertikalen/horizontalen (vertical, horizontal) Einbau klassifiziert
Lüftungsleitungen/-klappen
zusätzliche Angaben zur Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen nach DIN EN 13501-1 s (smoke)
Rauchentwicklung
Anford. an die Rauchentwicklung
d (droplets)
brennendes Abtropfen/Abfallen
Anforderung an das brennende Abtropfen/Abfallen Brandverhaltensklasse für Bodenbeläge
… fl (floor)
2 Kurzzeichen für brandschutzbezogene Leistungsmerkmale von Baustoffen und Bauteilen gemäß DIN EN 13501-1 und -2
726
VI Funktionen
DIN EN 13501-2, 5.2.6
elektrischen Strom, der im Fall eines Stromversagens durch gespeicherte Energie abgesichert wird, vollständig überwinden;
DIN EN 13501-2, 5.2.7
• S Rauchdichtheit: Fähigkeit eines Bauteils, den Durchtritt von Gas oder Rauch von einer Seite des Bauteils zur anderen zu verringern oder auszuschließen;
DIN EN 13501-2, 5.2.8
• G Widerstandsfähigkeit gegen Rußbrand: für Abgasanlagen und Produkte von Abgasanlagen in Abhängigkeit der Rauchdichtheit und Wärmedämmung;
DIN EN 13501-2, 5.2.9
• K Brandschutzfunktion: Fähigkeit einer Wand- oder Deckenbekleidung, das dahinterliegende Material vor Entzündung, Verkohlung und anderen Schäden für eine festgelegte Zeit zu schützen. Vorgesehene Klassifzierungszeiten in Minuten sind 10, 15, 20, 30, 45, 60, 90, 120, 180, 240 und 360. Die Benennung der Feuerwiderstandsfähigkeit eines Bauteils setzt sich aus der folgenden Kombination von Leistungsparametern und Klassen zusammen, je nachdem welches Kürzel zutrifft (nichtzutreffende werden ausgelassen): R E I W wobei
t t – M S C IncSlow sn ef r
t t Zeit in Minuten; IncSlow wenn das Brandverhalten aufgrund einer Schwelbrandkurve bestimmt wurde; sn wenn Verhalten bei Beanspruchung mit Naturbrand bauaufsichtlich gefordert ist; ef wenn Leistungsverhalten nach Außenbrandkurve anstelle der Einheits-Temperaturkurve bestimmt wird; r wenn Leistungsverhalten nach der konstanten Brandbeanspruchung anstelle der Einheits-Temperaturkurve bestimmt wird.
Beispiel: REI 90 raumabschließendes Flächenbauteil (E) mit Wärmedämmung (I), das während einer Zeitspanne von 90 Minuten (90) seine Tragfähigkeit bewahrt (R). 7.
Zusammenhang zwischen Baustoffklasse und Feuerwiderstandsklasse bzw. -fähigkeit
Es ist zu beachten, dass es keinen Zusammenhang zwischen Brandverhaltensklasse (brennbar/nichtbrennbar) und Feuerwiderstandsdauer bzw. -fähigkeit gibt. Ersteres ist ein strikt materialspezifischer Kennwert, letzteres eine bauteilspezifische Größe. Aus der Nichtbrennbarkeit eines bestimmten Werkstoffs – beispielsweise Stahl – lässt sich keine Feuerwiderstandsdauer herleiten (bei unverkleidetem Stahl, trotz Nichtbrennbarkeit des Werkstoffs, gleich F 0).
5 Brandschutz
Wirksamer vorbeugender baulicher Brandschutz setzt in bautechnischer Hinsicht voraus, dass:
727
Bautechnische Brandschutzmaßnahmen
8.
Einflussfaktoren auf den Feuerwiderstand
9.
• das Primärtragwerk, zumindest über einen festgelegten Zeitraum hinweg, standfest bleibt und • dass flächige, einhüllende Bauteile an festgelegten Orten ihre zugewiesene Aufgabe als Feuerabschottungen erfüllen. Die getrennte Betrachtung dieser Forderungen bezieht sich naturgemäß auf Skelettsysteme, ansonsten werden beide Aufgaben wie bei Wandbausystemen vom gleichen Flächenbauteil erfüllt. Versagt das Tragwerk, kommt es auch zum Einsturz aller ggf. daran befestigten Hüllbauteile. Versagt andererseits beispielsweise eine raumabschließende Wand mit Brandschutzfunktion, kann es zu einer Brandausbreitung kommen und zu einer Gefährdung weiterer Teile des Primärtragwerks. Beiderlei Maßnahmen stehen folglich in engem Zusammenhang und müssen in diesem Kontext gemeinsam betrachtet werden. Es werden unterschieden:8 • tragende, nicht raumabschließende Bauteile wie Stützen, Träger, welche Stabform aufweisen; • tragende und gleichzeitig raumabschließende Bauteile (Decken, tragende Wände); • nichttragende, raumabschließende Bauteile wie leichte Außen- oder Trennwände; • nichttragende, nicht raumabschließende Bauteile wie Brüstungen, Raumteiler etc. Gemäß DIN 4102-4, Anhang A, wird der Feuerwiderstand eines Bauteils oder einer Konstruktion von folgenden Faktoren beeinflusst: • ein- oder mehrseitige Brandbeanspruchung. Grundsätzlich spielt das Verhältnis zwischen der brandexponierten Oberfläche und der Masse eines Bauteils eine fundamentale Rolle bezüglich des Widerstands, den es dem Brand entgegensetzt.9 Je größer die ungeschützte Fläche, desto größer auch die Gefahr des frühzeitigen Versagens. Diese Relation äußert sich beispielsweise im Verhältnis U/A, d.h. im Verhältnis zwischen dem Querschnittsumfang und der Querschnittsfläche eines Bauteils. Besonders gefährlich sind pulver- oder wolleartige Stoffe, die eine extrem große Gesamtoberfläche aufweisen. Sie werden zumeist deshalb als leichtentflammbar eingestuft. Auch ein dreiseitig beflammter Balken ist stärker gefährdet als
Abschn. 10.4.1 Verhältniswert U/A, S. 744
728
VI Funktionen
ein gleich dickes einseitig beflammtes Wandbauteil; • verwendeter Baustoff oder Baustoffverbund. Die grundlegenden Brandeigenschaften der wichtigsten Baustoffe sind bereits in Abschnitt 5 weiter oben behandelt worden. Brandschutztechnisch eher kritische Stoffe (wie Stahl) können durch Kombination mit günstigeren (wie Beton) in einem Verbundwerkstoff (wie Stahlbeton) oder einer Verbundkonstruktion in ihrem Brandverhalten deutlich verbessert werden; • Bauteilabmessungen (Querschnittsabmessungen, Schlankheit, Achsabstände, etc.). Schlanke Bauteile mit kleinen Querschnittsabmessungen neigen naturgemäß zum rascheren Versagen als kräftiger dimensionierte. Dies gilt sowohl für Baustoffe, die infolge Festigkeitsverlust versagen (wie Stahl), da die externe Hitze mehr Zeit benötigt, um im Bauteil eine kritische Temperatur zu induzieren, als auch für solche, die ihre Tragfähigkeit infolge Abbrands verlieren (wie Holz); • bauliche Ausbildung (Anschlüsse, Auflager, Halterungen, Befestigungen, Fugen, Verbindungsmittel, etc.). Grundsätzlich müssen Anschlüsse derart beschaffen sein, dass sie mindestens den gleichen Feuerwiderstand aufweisen wie das Gesamtbauteil, da dieses ansonsten in seinem Gefüge frühzeitig versagen würde. Verbindungsmittel dürfen nicht als Hitzebrücken wirken und die Brandglut durch feuerbeständige Schichten hindurchleiten. Ferner muss gewährleistet sein, dass Fugen brandschutztechnisch geschlossen sind. Wäre dies nicht der Fall, könnte sich das Feuer durch sie hindurch ohne nennenswerten Widerstand ausbreiten;
Hier zeigen sich Nachteile von redundanten Systemen Kap. VI-2, Abschn. 1.2 Zuweisung von Kraftleitungsfunktionen an Bauteile, zweiter Unterpunt „redundante Systeme“ auf S. 497 sowie Band 2, Kap. IX Primärtragwerke
• statisches System (statisch bestimmte oder unbestimmte Lagerung, einachsige oder zweiachsige Lastabtragung, Einspannungen, etc.). Statisch unbestimmte Systeme erfahren bei starken Temperaturdehnungen wie sie bei Brand entstehen gefährliche Zwängungen, die planerisch schwer zu erfassen sind. Sie sind folglich grundsätzlich als brandschutztechnisch kritischer einzustufen als statisch bestimmte, bei denen diese Verformungen durch entsprechende Bewegungsfreiheiten der Lagerung aufgenommen werden können; • Ausnutzungsgrad der Festigkeiten der verwendeten Baustoffe infolge äußerer Lasten. Es leuchtet ein, dass Tragwerke mit knapper dimensionierten Tragreserven unter Brandeinwirkung früher versagen; • Anordnung von Bekleidungen (Ummantelungen, Putze, Unterdecken, Vorsatzschalen, etc.). Brandschutzwirksame Umkleidungen von Bauteilen entfalten eine wärmedäm-
5 Brandschutz
729
mende Wirkung und verlangsamen den Wärmetransport und den Temperaturanstieg im betroffenen Bauteil. Diese Art Schutzbekleidungen stellen eine wichtige Maßnahme des konstruktiven Brandschutzes dar. Diese Faktoren sind bei der Konzeption einer Baustruktur sorgfältig in Betracht zu ziehen und entsprechende planerische und konstruktive Maßnahmen daraus abzuleiten. Letztere, die im Mittelpunkt unserer Betrachtung stehen, sollen im Folgenden herausgestrichen werden: Die wesentlichen bautechnischen bzw. konstruktiven Maßnahmen des Brandschutzes, die stets die Sicherung einer Mindest-Feuerwiderstandsdauer zum Ziel haben, sind:10
Konstruktive Maßnahmen zur Erhöhung des Feuerwiderstands
• günstige Querschnittsausbildung von Bauteilen. Feingliedrige Querschnitte sind stärker brandgefährdet, kompakte hingegen weniger; • geeignete Bemessung von Bauteilen. Dies betrifft insbesondere Holz- aber auch Massivbauteile. Durch Überdimensionierung wird ausreichend Material für die Brandzehrung an der Oberfläche vorgehalten, sodass der verbleibende noch intakte Kernquerschnitt für die Abtragung der Lasten ausreicht; • Wahl des geeigneten statischen Systems. Generell ist zu prüfen, inwieweit Tragfähigkeitsreserven durch eine günstige Lastabtragung geschaffen werden können. Insbesondere Lastumlagerungen wirken sich im Brandfall vorteilhaft aus, die bei zumindest teilweise redundanten Systemen möglich sind. Diese Überlegungen zum Brandschutz sind indessen sorgfältig gegenüber den generellen Aspekten der Kraftabtragung abzuwägen; • Bekleidung oder Beschichtung der Bauteile mit geeigneten wärmedämmenden Stoffen. Es kann sich dabei um Plattenmaterial, aufgespritzte Schutzschichten oder unter Brandwirkung aufschäumende Anstriche handeln. Auch chemische Reaktionen können eine Schicht (wie die Zwischenschicht bei laminierten Gläsern) zum Aufschäumen bringen, sodass sie eine wärmedämmende Wirkung entfaltet.11 Auch Putze können ein Bauteil durch ihre Dämmfähigkeit und ihre mineralische Stoffcharakteristik wirksam gegen Brand schützen. Da die Bekleidungen (anders als die meisten Anstriche) das Erscheinungsbild eines Bauteils maßgeblich bestimmen, kommt diese Art des konstruktiven Brandschutzes insbesondere bei verborgenen Bauteilen (beispielsweise hinter einer Unterdecke) in Betracht; • Kühlung gefährdeter Bauteile durch Berieselung oder Füllung mit Wasser, das im Brandfall Wärme abführt oder
Hier zeigen sich Vorteile von redundanten Systemen
9.1
730
VI Funktionen
speichert. Alternativ ist eine Kühlung auch durch eine Verbundwirkung mit massiven Teilen wie beispielsweise aus Beton möglich. Oftmals profitiert das Bauteil auch von der versteifenden Wirkung des Verbundpartners; • dichtes Füllen von exponierten Fugen und Verhindern der Brandausbreitung durch Hohlräume. Es sind entsprechend brandsichere Füllmaterialien zu wählen; • Vermeidung von Wärmebrücken. Befestigungen von Bekleidungen müssen derart ausgeführt werden, dass kein rascher Wärmetransport durch die wärmedämmende Schicht stattfindet. Metallische Befestigungsmittel sind in dieser Hinsicht kritisch und dürfen nicht bis zum Kernbauteil geführt werden. Der Verbund zwischen Bauteil und Bekleidung ist vielmehr durch kastenartige Umgreifung herzustellen. 10.
Konstruktive Brandschutzmaßnahmen am baulichen Regeldetail Abschnitt 6.1.1 Feuerwiderstandsklassen, erste Variante „Prüfzeugnis“ auf S. 724
bezüglich der kompletten Aufstellung klassifizierter Bauteile sei auf die DIN 4102-4 verwiesen
10.1
Bauteile aus Mauerwerk
DIN 4102-4, 4.4 Abschn. 10.2 Bauteile aus Stahlbeton, S. 730
10.2
Bauteile aus Stahlbeton
Auch wenn der Planer oftmals auf fertige Bauprodukte zurückgreift, deren Feuerwiderstandsdauer bereits durch ein entsprechendes amtliches Prüfzeugnis zertifiziert ist, das der Hersteller erworben hat, so kann er dennoch durch Befolgung der Maßgaben aus der DIN 4102-4 ohne Einholung eines Prüfzeugnisses Bauteile konstruieren, die im baurechtlichen Sinn eine bestimmte Feuerwiderstandsdauer aufweisen. Die baulich relevantesten konstruktiven Ausführungen werden im Folgenden aufgeführt und in ihren grundlegenden brandschutztechnischen Aspekten besprochen: Bauteile aus Mauerwerk sind in unserer aktuellen Baupraxis nahezu ausschließlich Wände und Pfeiler aus verschiedenartigen künstlichen Steinen. Die Feuerwiderstandsdauer eines gemauerten Bauteils bemisst sich anhand seiner Dicke. Festlegungen hierzu sind in der DIN 4102 enthalten. Ähnlich wie bei Stahlbetonbauteilen ist die Dimensionierung von Mauerwerksbauteilen allein nach statischen Gesichtspunkten im Normalbetrieb oftmals bereits für die Klassifizierung als feuerbeständiges Bauteil hinreichend. Nach festgelegten Bedingungen ausgeführte Putze wirken sich dämmend und folglich günstig auf die Brandschutzwirkung eines gemauerten Bauteils aus. Insbesondere die ausreichende Haftung am Putzgrund ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Lochungen dürfen nicht in Angriffsrichtung des Brands, also quer zur Außenfläche des Bauteils, verlaufen. Betonbauteilen kommt in unserem heutigen Baugeschehen eine fundamentale Rolle zu, nicht zuletzt auch wegen ihrer ausgezeichneten brandschutztechnischen Eigenschaften. Bauteildicken, die sich bereits aus statischen Notwendigkeiten ergeben, insbesondere bei Geschossdecken, die als Brandabschottung wirken sollen wie beispielsweise
5 Brandschutz
731
Branddecken, ergeben zumeist bereits feuerbeständige Qualität. Maßgeblich für den Feuerwiderstand eines Bauteils aus Stahlbeton ist die Überdeckung der Bewehrungsstäbe oder -matten mit Beton. Sie bietet den nötigen Schutz- und Kühleffekt, um die Erhitzung der Stahleinlagen so weit wie erforderlich hinauszuzögern. Die zwei kennzeichnenden Größen sind gemäß DIN 4102-4: • der Achsabstand u der Bewehrung, gemessen zwischen der Längsachse des Bewehrungsstabs und der beflammten Betonoberfläche. Es wird ferner unterschieden zwischen: •• us seitlichem Achsabstand bei Seitenflächen ( 4, 5); •• uo oberem Achsabstand bei Oberseiten ( 5); • die Betondeckung c der Bewehrung, gemessen zwischen der außenseitigen Oberfläche des randnächsten Stabes und der Bauteiloberfläche ( 3 und 7). Bauteile in Balkenform aus Normalbeton gemäß der Norm DIN EN 1992 werden unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie:
Balkenförmige Bauteile
• statisch bestimmt oder • statisch unbestimmt gelagert sind. Sie sind ferner auch dahingehend zu unterscheiden, ob sie: • maximal dreiseitig beflammt, • oder maximal vierseitig beflammt werden. Es werden einzuhaltende Mindestbreiten und Mindeststegdicken des Querschnitts definiert. Ebenfalls sind Mindestachsabstände u sowie Mindeststabzahlen der Bewehrung zu wahren. Exemplarisch sind in Tabelle 1 Mindestbreiten für statisch bestimmt gelagerte, dreiseitig beflammte Stahlbetonbalken aufgeführt. Tabelle 2 zeigt die Mindestachsabstände und -stabzahl für bestimmt gelagerte, ein- bis vierseitig beflammte Balken. Vierseitig beflammte Balken müssen über die Anforderungen an dreiseitig beflammte hinaus (vgl. Tab. 1) weitere Auflagen erfüllen, die insbesondere Mindestabmessungen des Querschnitts bzw. von Teilen desselben (wie Gurten bei I-Querschnitten) betreffen.
unbestimmt gelagerte, drei- und vierseitig beflammte Balken: DIN 4102-4, 3.3
DIN 4102-4, 3.2.3
10.2.1
732
VI Funktionen
DIN 4102-4, 3.2.2.5 DIN 4102-4, 3.2.2.6
10.2.2
Decken Tabellen in 54-57
durchlaufende, eingespannte oder punktförmig gestützte Platten: DIN 4102-4, 3.3.5
DIN 4102-4, 3.5.2.2, 3.5.2.3
DIN 4102-4, 3.5.1.3
10.2.3
Fertigteildecken
Aussparungen in Balken oder Stegen von I-förmigen Querschnitten können vernachlässigt werden, sofern der verbleibende Zuggurt eine definierte Mindesthöhe und einen Mindestquerschnitt aufweist. Ausgeklinkte Balkenauflager sind mit einer Mindestquerschnittsfläche zu bemessen, in Abhängigkeit der festgelegten Balkenbreite b. Statisch unbestimmt gelagerte Balken aus Stahlbeton sind analog zu den statisch bestimmt gelagerten zu bemessen, allerdings mit erhöhten Querschnittswerten und reduzierten Achsabständen, da ihrer Empfindlichkeit gegen Zwängungskräfte im Brandfall Rechnung zu tragen ist. Decken aus Normalbeton nach DIN EN 1992 einer festgelegten Feuerwiderstandsklasse müssen Mindestdicken aufweisen. Ferner müssen bei der Bewehrung Mindestachsabstände der Stäbe eingehalten werden, die ebenfalls in der Norm festgelegt sind. Die angegebenen Werte gelten für Stahlbetondecken, die von unten oder von oben beflammt werden ( 7). Die Festlegungen gelten auch für Dächer vergleichbarer Bauart. Oberseitig aufgebrachte Zusatzschichten wie Estriche oder unterseitig aufgebrachte Putze oder dämmende Bekleidungen können unter bestimmten Voraussetzungen brandschutztechnisch berücksichtigt werden. Eine punktuelle Lagerung der Deckenplatten wirkt sich brandschutztechnisch wegen starker Querkraftkonzentrationen ungünstig aus. Folglich sind ihre Mindestdicken verglichen mit linienförmig gelagerten Decken zu erhöhen. Estrichüberzüge bzw. unterseitig angebrachte Putze oder Bekleidungen wirken sich im Brandfall wiederum günstig aus und führen zu einer Minderung der geforderten Mindestdicken und Mindestachsabstände der Bewehrung. Durchbrüche für einzelne elektrische Leitungen sind erlaubt, sofern der verbleibende Lochquerschnitt mit Mörtel oder Beton ausgefüllt wird. Leitungsbündel hingegen müssen mit zugelassenen Abschottungen versehen werden.
Abschn. 10.2.2 Decken, S. 732
Grundsätzlich müssen Fertigteildecken hinsichtlich der Mindestdicken und der Mindestachsabstände der Bewehrung die gleichen Anforderungen wie vor Ort gegossene Massivdecken erfüllen. Zusätzlich stellt sich bei den vorgefertigten Decken die Problematik der Fugenausbildung. Um einer festgesetzten Feuerwiderstandsklasse zugeordnet zu werden, müssen die Fugen entweder:
Band 2, Kap. X-4 Fertigteilbauweise und X-5 Ortbetonbauweise
• durch geeignete Vergüsse aus Mörtel oder Beton (Baustoffklasse A nicht brennbar) analog zu 8 gefüllt werden. Abfasungen an der Unterkante der Deckenelemente, wie sie im Betonbau üblich sind wirken sich im Brandfall ungünstig aus, da sie die Fugentiefe effektiv verringern und die Abschottungswirkung des Bauteils insgesamt schwächen. Sie sind infolgedessen in ihren Abmessungen begrenzt auf 4 cm. Bei größeren Abfasungen wird die Deckendicke
DIN 4102-4, 3.7.2.2
5 Brandschutz
733
c
c
u
c
u
c
us
3 Betonüberdeckung einer Bewehrung als Schutz gegen Brandeinwirkung
c
4 Achsabstände und Betonüberdeckung der Bewehrung eines Balkens
c
uo
u
c
us
c
5 Achsabstände und Betonüberdeckung der Bewehrung eines Plattenbalkens
c
u
u
c
u
c
6 Achsabstände und Betonüberdeckung der Bewehrung einer Stütze
u
c
u
c
u
c
u
c 7 Achsabstände und Betonüberdeckung der Bewehrung einer Wand, jeweils auf Längs- und Querbewehrung bezogen
734
VI Funktionen
unter Abzug des Maßes der Fase gerechnet; • oder alternativ mittels über die Fuge hinweg durchlaufender Estriche geschlossen werden ( 9). Die Stoßfugen der Deckenplatten können dann offen bleiben, sofern die Fugenbreite von 3 cm nicht überschritten wird. Wiederum muss durch die Begrenzung der Fugenbreite verhindert werden, dass das Feuer sich im Fugenraum frei ausbreiten kann.
DIN 4102-4, 3.7.3.3
10.2.4
Stützen
DIN 4102-4, 3.14
10.2.5
Wände
DIN 4102-4, 4
Auch Fugen im Rippenbereich von vorgefertigten Plattenbalkendecken sind analog zu Stoßfugen von Platten mit einem Verguss dicht zu schließen. Ausführungsbeispiele gemäß Norm sind in 10 schematisch dargestellt. Die Elementfugenbreiten sind auf 2 cm zu begrenzen. Wird diese Fugenbreite überschritten, werden aufgrund der daraus folgenden kritischeren Brandbelastung die Rippenhalbschalen brandschutztechnisch jeweils wie eine Einzelrippe behandelt und sind entsprechend breiter zu dimensionieren. Analog zu den bereits besprochenen Bauteilen aus Stahlbeton sind für eine bestimmte Feuerwiderstandsklasse auch bei Stützen festgelegte Mindestbreiten und Mindestachsabstände der Bewehrung einzuhalten. Es werden in der Norm lediglich zwei Fälle unterschieden, nämlich einseitig beanspruchte Stützen (wie beispielsweise bei raumhohem bündigem Einbau in einer Wand der Fall) oder mehrseitig beanspruchte. Maßgeblich ist bei Rechteckquerschnitten naturgemäß stets die kürzere Seite. Eine Betonüberdeckung lässt sich in ihrer Brandschutzwirkung teilweise auch durch aufgebrachte bewehrte Putze ersetzen. Raumabschließende Wände sind als Flächenbauteile ähnlich wie Decken, im Gegensatz zu den stabförmigen Bauteilen, in der Lage, die wesentliche brandschutztechnische Zusatzfunktion der Brandabschottung zu erfüllen. In Anknüpfung an die generelle Klassifikation von bautechnischen Brandschutzmaßnahmen in Abschn. 8 lassen sich Wände gemäß Norm in brandschutztechnischer Sicht untergliedern in: • nichttragende Wände bzw. solche, die kein Bestandteil des Primärtragwerks sind. Sie erhalten keine Auflasten aus anderen Bauteilen, sondern müssen nur ihr Eigengewicht tragen. Sie sind auch nicht für die Knickaussteifung benachbarter Bauteile verantwortlich; • tragende Wände bzw. solche, die Bestandteil des Primärtragwerks sind. Auch aussteifende Wände werden zu dieser Kategorie gerechnet.
5 Brandschutz
735
≥ d/2
≥ d/2
d
d ≤4
≤2 ≥ d/2
≤4 ≤2
≥ d/2
d
d ≤4
≤2
≥ d/2
≤4 ≤2 8 Fugenausbildung bei Fertigteildecken mit Brandschutzwirkung gemäß DIN 4102-4. Fugen sind mit nichtbrennbarem Material (Mörtel, Beton) dicht zu vergießen. Offene Spalte und Abfasungen dürfen eine maximale Breite nicht überschreiten, da ansonsten keine Feuerabschottung zu erwarten ist.
d
≤2
≥ 60
≥ 60 ≤ 1,5
dE
dE
d d
≤3 ≤3
10 Fugenausbildung bei vorgefertigten Rippendecken mit Brandschutzwirkung gemäß DIN 4102-4
≥5 d
≤2
≤2
b‘
b‘ b
9 Alternative Fugenausbildung bei Fertigteildecken mit Brandschutzwirkung gemäß DIN 4102-4 mit offener Fuge und oberseitig durchlaufendem Estrich. Bei Einhaltung von festgelegten Bauteilmindestdicken kann eine spezifische Feuerwiderstandsklasse erreicht werden (Sollbruchstelle im Estrich dargestellt).
b
736
VI Funktionen
Ferner werden tragende und nichttragende Wände zusätzlich auch hinsichtlich ihrer etwaigen Abschottungsfunktion unterschieden in: • nicht raumabschließende, tragende Wände, die zweioder mehr als zweiseitig beansprucht werden. Sie weisen zwar naturgemäß keine Abschottungsfunktion auf, sind aber dennoch als Teil des Primärtragwerks hauptverantwortlich für die Standfestigkeit des Bauwerks und müssen ggf. eine festgelegte Feuerwiderstandsdauer aufweisen; • raumabschließende, tragende oder nichttragende Wände. Ihre Hauptaufgabe ist, die Ausbreitung von Brand durch ihre Schottwirkung zu verhindern. Sie werden infolgedessen nur einseitig durch Feuer beansprucht. Ist die Wand Bestandteil des Primärtragwerks, muss der Brandschutz auch die Standfestigkeit des Gesamttragwerks sicherstellen; • obgleich in der Norm nicht explizit genannt, sind der Vollständigkeit halber auch nicht raumabschließende, nichttragende Wände zu nennen, die im Regelfall indessen aus einleuchtenden Gründen aus der Perspektive des Brandschutzes irrelevant sind. Wiederum sind für eine spezifische Feuerwiderstandsklasse entsprechende Mindestdicken der Wand sowie Mindestachsabstände der Bewehrung einzuhalten. Einbauten in die Wand, die den Querschnitt lokal schwächen, müssen festgelegten Mindestanforderungen entsprechen. Einzelne elektrische Leitungen können wie bei Decken auch durch Wände hindurchgeführt werden, wenn die frei bleibenden Lochhohlräume mit Mörtel verschlossen werden. Sind Fugen, beispielsweise zwischen Fertigteilen, anzuordnen, müssen sie mit Beton oder Mörtel ausgefüllt sein ( 11). Abfasungen der Bauteilkanten dürfen ein Mindestmaß nicht überschreiten, ansonsten müssen die anrechenbaren Wanddicken um das Maß der Fase abgemindert werden. 10.3
Bauteile aus Holz
Band 3, Kap. XIV-2, Abschn. 5.1.5 Massivholzdecke
Stabförmige Bauteile aus Holz können einen Feuerwiderstand durch die abbremsende Wirkung der langsamen Brandzehrung an ihrer Oberfläche erlangen. Wichtigstes bauliches Mittel ist folglich die planmäßig vorzuhaltende Abbranddicke am Querschnittsumfang. Weitere konstruktive Brandschutzmaßnahmen sind ggf. an den Anschlüssen erforderlich. Flächige Bauteile aus Holz sind entweder aus Einzelstäben zusammengeleimte massive Bauteile (Brettsperrholz- oder Brettstapelsysteme, für welche vergleichbare Voraussetzungen gelten wie für freiliegende stabförmige Bauteile, also die Erfordernis einer ausreichenden Abbranddicke, oder alternativ aus Einzelstäben und Beplankungen zusammengesetzte Rippensysteme. Beispiele hierfür sind Holz-
5 Brandschutz
737
≤3 d ≤3
~ d/3 d
~ d/3 ~ d/3
y
11 Fugenausbildung bei vorgefertigten Wandelementen aus Stahlbeton mit Brandschutzwirkung gemäß DIN 4102-4
x
h
b
z
b
12 Dreiseitig beflammte Holzbalken aus Vollholz (links) und Brettschichtholz (rechts). Zur Erlangung einer bestimmten Feuerwiderstandsdauer sind Mindestbreiten und -höhen erforderlich.
x
d1 d1
z
x
d2
d2
13 Ein- oder zweilagig mit Gipskarton-Feuerschutzplatten (GFK) oder Holzwerkstoffplatten bekleidete Hozbalken
738
VI Funktionen
tafelwände, Holzbalkendecken, etc. Bei Rippensystemen ist der erforderliche Brandschutz von einer Kombination von Merkmalen abhängig: • ausreichende Abmessungen des tragenden Rippenelements. Dieses kann fallweise selbst ganz oder zum Teil exponiert sein, wie etwa die Träger bei Holzbalkendecken ( 12), oder auch vollständig abgeschirmt durch eine durchlaufende beidseitige Beplankung, wie etwa bei Holztafelwänden; • Brandschutzwirkung des Beplankungsmaterials ( 13); • Nichtbrennbarkeit und Hitzebeständigkeit des ausfüllenden Dämmmaterials sowie ggf. auch Sicherung gegen Herabfallen im Elementhohlraum; • Dichtheit der Fugen, sowohl der Beplankungstafeln wie auch der Dämmplatten oder -matten im Bauteilinneren. 10.3.1
Balkenförmige Bauteile
DIN 4102-4, 5.5.1.2
DIN 4102-4, 5.5.2 Kap. VI-2, Abschn. 9.4 Element aus einachsig gespannten Rippen, 198 und 199 auf S. 617, sowie 210 und 211 auf S. 620 DIN 4102-4, 5.5.2, 5.5.3
10.3.2
Stützen
Die Norm betrachtet freiliegende biegebeanspruchte Balken mit Rechteckquerschnitt aus Voll- oder Brettschichtholz, drei- oder vierseitig beflammt ( 12). Sofern eine aufliegende Deckenfläche ausreichenden Brandschutz aufweist, gilt der tragende Balken als dreiseitig beansprucht. Liegt er ringsum vollständig frei oder erfüllt die aufliegende Deckenkonstruktion die Mindestanforderungen nicht, hat er als vierseitig beansprucht zu gelten. In der DIN 4102 sind die erforderlichen Querschnittsabmessungen jeweils für Voll- und Brettschichtholz festgelegt. Desgleichen ist eine ausreichende Kippaussteifung der Balken zu gewährleisten sowie auch Mindestauflagerbreiten und -tiefen. Hohe Feuerwiderstandswerte lassen sich durch Bekleidung der Holzbalken erzielen ( 13). Die Norm betrachtet Gipskartonplatten bzw. alternativ Holzwerkstoffplatten oder gespundete Bretter als Bekleidungsmaterial. Ähnlich wie bei Balken sind auch Stützen danach zu unterscheiden, ob sie: • vierseitig beansprucht werden, d.h. ringsum freistehen; • dreiseitig beansprucht werden, d.h. mit einer Seite an einem Flächenbauteil mindestens der gleichen Feuerwiderstandsdauer anliegen, oder • zweiseitig beansprucht werden, also zweiseitig an eine Wand angrenzen, in dieser folglich integriert sind. Maßgeblich bei den unter statischer Druckbeanspruchung stehenden Stützen ist die Ausnutzung des Querschnitts. Sie wird in der Norm erfasst durch den Quotienten aus der vorhandenen Druckspannung mD und der maximal zulässigen
5 Brandschutz
Knickspannung mk. Statisch hoch beanspruchte Stützen sind naturgemäß auch bei Brand stärker gefährdet als nur mäßig beanspruchte. Zusätzlich geht die Knicklänge sk in die Bemessung des Stützenquerschnitts mit ein. In der Norm werden jeweils Angaben zu Vollholz- und Brettschichtholzquerschnitten gemacht. Wegen der günstigeren Brandeigenschaften von BSH lassen sich diese laminierten Querschnitte grundsätzlich schlanker als Vollholzquerschnitte ausführen. Holztafelwände bestehen aus einem aussteifenden Gerippe aus Holzprofilen und zumeist beidseitiger Beplankung aus Plattenmaterial ( 15). Als Platten können gemäß DIN 4102 verwendet werden ( 16-19):
739
DIN 4102-4, 5.6
Holztafelwände
DIN 4102-4, Abschn. 4.12.4
• Sperrholz • Spanplatten • Holzfaserplatten • Gipskarton-Bauplatten oder Bekleidungen aus: • Faserzementplatten • Holzwolle-Leichtbauplatten • oder Brettern mit diversen Profilierungen, vorzugsweise solche mit genutetem dichten Kantenstoß. Grundsätzlich sind diese Bretter immer dicht zu stoßen, damit keine offenen Fugen verbleiben. Die Stöße der Platten haben über einer Rippe zu liegen, entweder auf einem Ständer oder einem Riegel, der ggf. zu diesem Zweck einzubauen ist. Es ist notwendig, eine durchgehend geschlossene Oberfläche zu bilden. Holzwerkstoffplatten müssen eine Mindestrohdichte von 600 kg/m3 besitzen. Die für bestimmte Feuerwiderstandsklassen erforderlichen Rippenabmessungen und Plattendicken sind in DIN 4102 vermerkt. Soll eine Wand auch raumabschließende Funktion haben, ist für einen Feuerwiderstand auch eine Füllung aus Dämmstoff notwendig. Diese Notwendigkeit ergibt sich zumeist ohnehin aus Gründen des Wärme- oder Schallschutzes, sodass diese Forderung keinen nennenswerten zusätzlichen Aufwand darstellt. Die Dämmschicht muss aus Mineralfaser bestehen, nichtbrennbar (Klasse A) sein und einen Schmelzpunkt * 1000°C aufweisen. Es ist sicherzustellen, dass die Platten oder Matten jeweils gegen Herabrutschen gesichert sind und dass die Stoßfugen entweder dicht gestoßen sind oder in Form von Überlappungen ausgeführt
DIN 4102-4, Abschn. 4.12.4.4
10.3.3
740
VI Funktionen
DIN 4102-4, Abschn. 4.12.5
10.3.4
Holzdecken
werden. Mindestdicken der Dämmschichten sind DIN 4102 zu entnehmen. Analog sind auch die Anschlüsse der Wände an flankierende Bauteile dicht auszuführen, beispielsweise durch Zwischenlagen aus Mineralfaserdämmstoff. Es sind jeweils folgende Deckenkonstruktionen zu unterscheiden:
Band 2, Kap. VIII, Abschn. 5.3 Rippensysteme mit integrierter Hüllkonstruktion
Abschn. 10.3.3 Holztafelwände, S. 739 DIN 4102-4, Abschn. 5.2.3.8
Band 2, Kap. VIII, Abschn. 5.4 Rippensysteme mit Trennung von Hüllkonstruktion und Rippung Abschn. 10.3.1 Balkenförmige Bauteile
DIN 4102-4, 5.3.2 bis 5.3.4
DIN 4102-4, 5.2.5.2
• Decken in Holztafelbauart, also solche, die aus einem Rippensystem mit durchgehender ober- und unterseitiger Beplankung bestehen, bei dem der bauphysikalisch wirksame Aufbau also mit dem Traggerippe integriert ist ( 19). Die tragenden Hauptelemente, die Rippen, sind in diesem Fall innerhalb eines geschlossenen Pakets oder Sandwichs geschützt. Die konstruktiven und materialtechnischen Anforderungen an diese Art von Decken sind denen an Holztafelwände vergleichbar. Die erforderlichen Abmessungen von Rippen und einzelnen Schichten sind der Norm zu entnehmen; • Holzbalkendecken mit einer Trennung von Traggerippe (also in diesem Fall Balken) und flächenbildender Konstruktion nach dem Prinzip wie an anderer Stelle dargestellt ( 22-25). Die tragenden Balken sind folglich – zumindest in einem Teil ihrer Höhe – dreiseitig beflammt und müssen entsprechend den obengenannten Vorgaben dimensioniert werden. Holzbalkendecken mit durchgehender unterseitiger Bekleidung, wie beispielsweise einer Unterdecke ( 21), werden im Wesentlichen wie Holztafeldecken (s.o.) behandelt. Die auf den Balken aufliegende, flächenbildende Konstruktion besteht im Regelfall aus einer Addition aufeinandergeschichteter Lagen, die jeweils auf einer tragenden Schicht, beispielsweise einer Schalung oder sonstigen Beplankung, aufliegen. Je nach unterseitig freiliegendem Anteil des Balkenquerschnitts werden die erforderlichen Abmessungen von Holzbalken und Dicken von Plattenmaterial in DIN 4102 festgelegt. Schwimmende Estriche und schwimmende Fußböden wirken sich vorteilhaft auf den Feuerwiderstand einer Deckenkonstruktion aus. Sie sind aus schallschutztechnischen Gründen zumeist ohnehin erforderlich, sodass für Brandschutzzwecke oftmals kein erhöhter baulicher Aufwand zu treiben ist. Trittschalldämmstoffe müssen aus Mineralfasern bestehen, mindestens der Baustoffklasse B 2 angehören und eine Rohdichte * 30 kg/m 3 aufweisen. Analog zu anderen raumabschließenden Bauteilen sind die dem Feuer ausgesetzten Oberflächen durchgehend, die Fugen zwischen Bekleidungsplatten bzw. zwischen diesen und den Holzbalken dicht auszuführen. Holzbalkendecken mit freiliegenden, dreiseitig beanspruchten Balken und ohne schwimmende Estriche oder schwimmende Fußböden sind mit besonderer Fugenausbildung auszuführen ( 22), um si-
5 Brandschutz
741
d d y
14 Vierseitig beflammte Stützen unbekleidet und bekleidet mit GipskartonFeuerschutzplatten (GFK) oder Holzwerkstoffplatten
y
x x
15 Prinzipieller Aufbau einer Holztafelwand
d3 d2
d2
D
d1 D
d2
d1 d2 d3
b1
b1
z
z
x
17 Holztafelwand mit beidseitig gleicher, doppelter Beplankung aus Holzwerkstoffplatten (innen) und Gipskarton-Feuerschutzplatten (GFK) (außen)
x
außen
außen
d2
d2
D
d1
D
z
innen
18 Holztafelwand mit beidseitiger Beplankung aus jeweils Holzwerkstoffplatten oder Gipskarton-Feuerschutzplatten (GFK) (innen) und Holzwerkstoffplatten bzw. Faserzementplatten (außen)
innen b1 z
x
d1 d4 d3
d4
b1
16 Holztafelwand mit beidseitig gleicher Beplankung aus Gipskarton-Feuerschutzplatten (GFK) oder Holzwerkstoffplatten. Die bezeichneten Maße sind – wie auch bei den nachfolgenden Abbildungen – in der DIN 4102-4 festgelegt.
x
19 Holztafelwand mit innenliegender doppelter Beplankung aus Holzwerkstoffplatten (innenseitig) und Gipskarton-Feuerschutzplatten (GFK) (außenseitig) sowie außenliegender einfacher Beplankung aus Holzwerkstoff- oder Faserzementplatten
742
VI Funktionen
z
x
Querschnitt
20 Beispiele für die versetzte Anordnung von Stößen bei Decken mit schwimmendem Estrich zur Sicherung der Dichtheit im Brandfall
l1
b
21 Decke in Holztafelbauart mit Unterdecke aus Gips nach DIN 18169 (Dämmschicht brandschutztechnisch nicht notwendig)
b
b
z
Längsschnitt l2
x
d3 ≥ 60
d1 d2
d2
22 Holzbalkendecke F 30 B mit zweilagiger oberer Beplankung aus Spanplatten mit Zwischenlage aus Filz oder Pappe
23 Holzbalkendecke F 30 B oder F 60 B ohne schwimmendem Estrich oder schwimmendem Fußboden. Stoßausbildungen für Bretter oder Bohlen (A und B) bzw. für Holzwerkstoffplatten (C bis E).
d1
h - d2
b
A z
B
C
D
E
z x
x
d4 d3 d2
d3 d2
24 Holzbalkendecke F 30 B oder F 60 B mit schwimmendem Estrich oder schwimmendem Fußboden. Aus Gründen des Schallschutzes ist eine Zwischenschicht Z eingebaut. 25 Holzbalkendecke F 30 B oder F 60 B mit schwimmendem Estrich oder schwimmendem Fußboden. Balken teilweise frei liegend. Dämmschicht brandschutztechnisch nicht notwendig.
D
d1
≥ 60 d1
Z b z
z
x
x
b
5 Brandschutz
743
b
b d3
d3
D
D
d1
d1 (d2)
(d2) b
b
26 Dach F 30 B oder F 60 B mit oberer Beplankung oder Schalung sowie obenauf liegender Bedachung. Untere Beplankung einfach oder doppelt.
l z
z
27 Dach F 30 B ohne obere Beplankung oder Schalung. Untere Beplankung einfach oder doppelt.
x
x
b
b d3
d3
D
D
d2
d2
l
z
l
z
29 Dach F 30 B wie links, jedoch mit Dämmstoff in der Traglattenebene.
x
x
28 Dach F 30 B ohne obere Beplankung oder Schalung. Untere Beplankung auf quer spannender Traglattung befestigt.
d1 d2 d1
h – d2
b
30 Dach F 30 B oder F 60 B mit oberer Beplankung oder Schalung und Fugenabdeckung aus Holzwerkstoffplatten (Schicht d2). Fugenausbildung bei Bretterschalung (A) sowie bei Holzwerkstoffplatten (B und C).
h
b A
B
z
C l
x
31 Dach F 30 B mit Dämmung aus Schaumkunststoffen nach DIN 18164-1
744
VI Funktionen
cherzustellen, dass am Stoß der flächenbildenden Konstruktion keine undichten Fugen entstehen. Ein durchgehender Fußbodenaufbau mit Trittschalldämmung sorgt seinerseits bereits für entsprechende Dichtheit. 10.3.5
Dächer
Band 3, Kap. XIII-5 Rippensysteme Kap. VI-3 Thermohygrik, S. 642
10.4
10.4.1
Dachkonstruktionen sind zur Erlangung einer bestimmten Feuerwiderstandsdauer analog zu Deckenkonstruktionen zu behandeln. Auch hier muss unterschieden werden zwischen Dächern mit durchgehender unterseitiger Bekleidung ( 2629) und solchen, bei denen die Sparren unterseitig ganz oder teilweise freiliegen ( 30, 31). Alle Oberflächen sind ansonsten durchgehend und fugenlos auszubilden, Stöße müssen dicht sein. Es sind ggf. brandschutztechnisch wirksame Dämmschichten aus Mineralwolle oder Schaumkunststoffen erforderlich, deren Dicken aber zumeist bereits aus wärmeschutztechnischen Gesichtspunkten einzuhalten sind. Abweichend von Deckenkonstruktionen sind Dächer oberseitig mit einer Bedachung oder einer solchen auf tragender Beplankung belegt. Der Hohlraum zwischen Dämmung und Bedachung kann aus brandschutztechnischen Gesichtspunkten belüftet ausgeführt sein.
Bauteile aus Stahl
Stahl verliert ab seiner Streckgrenze die Fähigkeit, auf Belastung elastisch zu reagieren und beginnt, sich plastisch zu verformen. Die Streckgrenze von Stahl verringert sich bei Erhöhung der Temperatur dramatisch ( 32), sodass unter vorgegebener Beanspruchung der Werkstoff ab einer kritischen Temperatur crit T seine Festigkeit verliert. Es ist folglich dafür Sorge zu tragen, dass innerhalb der festgelegten Feuerwiderstandsdauer diese kritische Temperatur nicht erreicht wird. Ungeschützte Stahlbauteile verlieren ihre Festigkeit unter normalen Brandbedingungen bereits deutlich vor 30 Minuten, sodass zur Erlangung einer höheren Feuerwiderstandsdauer eine Bekleidung oder vergleichbare Maßnahmen erforderlich sind. Die hohe Durchwärmungsgeschwindigkeit von Stahl, die eine Folge der extrem hohen Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffs ist,12 führt zu einer raschen Ausbreitung der Brandhitze. Sie ist umso höher, je größer die Angriffsfläche, also die exponierte Bauteiloberfläche, ist. Feingliedrige Querschnitte sind folglich stärker gefährdet als gedrungene mit großer Masse. Schlankheit der Querschnitte ist indessen ein typisches Merkmal des Stahlbaus und ist bei der Brandschutzbemessung entsprechend zu berücksichtigen. Dies geschieht anhand des Verhältniswertes U/A [in m -1], durch welchen der beflammte Umfang des Profils (U) zu der erwärmten Querschnittsfläche (A) in Beziehung gesetzt wird.
Verhältniswert U/A
Die einzuhaltenden Bekleidungsdicken für Stahlbauteile sind in der Norm in Abhängigkeit des Verhältnisses U/A angegeben. Je größer der U/A-Wert, desto ungünstiger die Verhältnisse und desto größer muss auch die Bekleidungsdicke ausfallen. Die Berechnungsverfahren zur Ermittlung des
Spannung
σ
in N/mm2
5 Brandschutz
745
250 20° C 200° C
200
400° C
150
500° C 100
600° C
50
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6 Dehnung
32 m-¡-Diagramm von Baustahl in Abhängigkeit von der Temperatur 13
0,7
ε
in %
Berechnung des Verhältniswertes U/A mit Beispielen
vierseitig beflammt
profilfolgende Bekleidung
kastenförmige Bekleidung
U/A = Abwicklung A
U/A = 2h + 2b A
(U/A)mod = 200 t U/A =
oder
Abwicklung * 104 A
(U/A)mod =
t
oder
200 t
t
U/A = Abwicklung - b oder A (U/A)mod = 200 t U/A = h t2
t1
2)
3), 4)
h
dreiseitig beflammt
1)
U/A =
2b + 2h * 102 A
U/A = 2h + b A
3), 4)
Abw. - b/102 4 * 10 A
(U/A)mod =
oder h U/A = 2h + b * 102 A
200 200 oder = t1 t2
t1
t2 b
b
einseitig beflammt
U/A = 100 t U/A =
100 t
t
1) 2) 3) 4)
Abmessungen der dargestellten Profile jeweils in cm, Querschnittsfläche A in cm2 h, b: Querschnittshöhe und -breite des Profils t: Dicke eines Profilteils (z.B. Flansch) Besonders gefährdete Profilteile werden getrennt nach einem modifizierten (U/A)mod berechnet Der größere U/A-Wert der beiden möglichen Werte U/A und (U/A)mod ist jeweils anzusetzen.
33 Berechnung des Verhältniswerts U/A eines Stahlprofils gemäß DIN 4102-4
746
VI Funktionen
DIN 4102-4, 6.1.2
10.4.2
Konstruktionsgrundsätze
U/A-Werts können der Tabelle in 33 entnommen werden, die den Angaben der DIN 4102 folgt. Bei profilfolgender Bekleidung ist jeweils nachzuprüfen, ob der errechnete U/A-Wert oder der alternativ zu ermittelnde modifizierte Verhältniswert (U/A)mod , der besonders beanspruchte Profilteile in ihren Dicken t erfasst, größer ist. Anzusetzen ist jeweils der höhere Wert. Die Berechnungsverfahren der Norm erfassen Profile mit Verhältniswerten unterhalb des Grenzwerts 300 m -1. Profile mit höheren U/A-Werten müssen den Prüfverfahren nach DIN 4102-2 unterzogen werden. Die Wirksamkeit einer Feuerschutzbekleidung hängt naturgemäß von ihrer Kontinuität ab. Unterbrechungen dieser Schutzbekleidung beispielsweise durch ungeschützte Stahlbauteile, die durch diese hindurchdringen, führen zu einer zunächst lokalen Durchwärmung des zu schützenden Bauteils und infolgedessen zu einer raschen Ausbreitung der Brandhitze im Bauteilkern. Es ist aus diesem Grunde sicher zu stellen, dass: • anschließende ungeschützte Bauteile vom Anschlusspunkt gerechnet in einer Länge L ihrerseits entsprechend ihres eigenen U/A-Werts bekleidet werden. Diese Länge L ist: •• bei F 30 bis F 90 mindestens 30 cm; •• bei F 120 bis F 180 mindestens 60 cm; • Verbindungsmittel müssen, sofern sie über die Bauteiloberfläche hervorragen, mit der gleichen Bekleidungsdicke wie das Restbauteil geschützt werden; • Ränder, wie beispielsweise bei Aussparungen in Trägern oder bei offenen Fachwerkfeldern, sind mit der gleichen Bekleidungsdicke zu schützen wie das Restbauteil.
10.4.3
Balkenförmige Bauteile
Drei- oder vierseitig beanspruchte Träger aus Stahlprofilen lassen sich grundsätzlich durch Beschichtungen, Bekleidungen, Unterdecken und Kombination mit Beton in Verbundkonstruktionen vor Brandeinwirkung schützen.
Beschichtungen
Durch dämmschichtbildende Beschichtungen, die mit bloßem Auge kaum von einem herkömmlichen Anstrich unterschieden werden können, lassen sich Feuerwiderstandsdauern von F 30 bis F 120 erzielen ( 34). Unter Brand schäumt eine Anstrichschicht des Brandschutzsystems auf und entfaltet eine wärmedämmende Wirkung. Der Aufbau ist wie folgt: • Korrosionsschutz und Haftvermittler;
5 Brandschutz
747
• dämmschichtbildender Anstrich, ein- oder zweilagig; • Deckanstrich. Auch Beschichtungen müssen sich in ihrer Dicke dem U/AVerhältnis des zu schützenden Profils anpassen.14 Kastenförmige oder profilfolgende Bekleidungen lassen sich ausführen aus:
Bekleidungen
• Putzaufträgen mit Streckmetallarmierung ( 35). Der direkte Kontakt zwischen Putzarmierung und Stahlprofil ist durch geeignete Abstandshalter zu verhindern, damit der Putz das Streckmetall zwecks ausreichender Haftung mindestens 10 mm durchdringen kann. Die Hohlräume von I-Profilen lassen sich auch mit künstlichen Steinen ausmauern; • Gipskarton-Feuerschutzplatten (GFK) ( 36). Es ist sorgfältig darauf zu achten, dass Stoßfugen der Platten dicht ausgeführt sind. Fugen bei einlagigen Bekleidungen müssen durch Streifen hinterlegt werden, bei zweilagigen müssen die Stöße zueinander versetzt werden. Die Platten sind an vom Bauteil getrennten Unterkonstruktionen zu befestigen;
34 Aufschäumen des Brandschutzanstrichs einer Stahlkonstruktion unter Brandeinwirkung.
• Brandschutzbauplatten aus zementgebundenem Silikat ( 37). Diese weisen in der Regel ausreichende Festigkeiten auf, um das zu schützende Profil kastenförmig zu umgreifen, sodass nur Befestigungen zwischen Platte und Platte erforderlich sind und keinerlei Hitzebrücken zum Kernbauteil auftreten. Alle Bekleidungen müssen abhängig vom jeweiligen U/AVerhältniswert des zu schützenden Profils dimensioniert werden. Analog zu Trägern sind Stahlstützen mit Beschichtungen, Bekleidungen und vergleichbaren Maßnahmen gegen Brand zu schützen. Folgende Merkmale sind abweichend von Stahlträgerummantelungen zu berücksichtigen: • Putzbekleidungen: Diese sind mit einem Putzträger aus Rippenstreckmetall zu versehen, der mittels Bindedraht korbförmig an der Stütze festgebunden wird. Im äußeren Bereich der Putzschicht ist ein Drahtgewebe anzuordnen. Die Kanten müssen mittels Kantenschienen gegen Stöße geschützt werden ( 38); • Gipskarton-Feuerschutzplatten (GFK): Diese können wie bei Stahlträgern an einer Unterkonstruktion befestigt ( 39) oder alternativ direkt an der Stütze angesetzt werden. Zu diesem Zweck werden die jeweiligen Plat-
Stützen
10.4.4
748
VI Funktionen
Klemmbefestigung
≥ 30
≥ 30
Putzbekleidung Rippenstreckmetall
35 Putzbekleidung eines Stahlträgers nach DIN 4102-4, Abschn. 6.2.2 36 Bekleidung eines Stahlträgers mit Gipskarton-Feuerschutzplatten nach DIN 4102-4, Abschn. 6.2.3
D ≥ d + 10
Bügel Ø ≥ 5 a ≤ 500
C-Ständerprofil
GFK-Bekleidung ≥ 30
d z
Abstandhalter Ø≥5
d
d
U-Schiene
z
d
x
x
5 5 Drahtgewebe Streckmetall ggf. Betonfüllung Bindedraht
d d
37 Bekleidung eines Stahlträgers mit Brandschutzplatten ohne und mit waagrechter Stoßhinterlegung 38 Bekleidung einer Stahlstütze mit Verputz nach DIN 4102-4, Abschn. 6.3.4
Brandschutzplatte Knagge aus Plattenmaterial b ≥ 100 mm
d
Kantenschutzschiene
d
d
d Stoßhinterlegung aus Plattenmaterial b ≥ 100 mm
Verputz
Abstandhalter y
x
d
40 Bekleidung von Stahlstützen aus I- bzw. Quadratrohrprofilen mit Brandschutzplatten
d
d
39 Bekleidung einer Stahlstütze mit Gipskarton-Feuerschutzplatten nach DIN 4102- 4, Abschn. 6.3.5
Kantenschutzschiene + Verspachtelung
d GK-Feuerschutzplatte
y
x
Brandschutzplatte y
x
d
d
5 Brandschutz
749
Leichtbeton
Zwischenbauteil aus Ziegel
Stahlbeton
d d
Deckenhohlraum
Deckenhohlraum
a
41 Kombination von Unterdecke und tragender Decke oder Dach aus Stahlträgerkonstruktion und Leichtbetonabdeckung gemäß Bauart I
a z
z
Unterdecke
Unterdecke
x
x
Normalbeton
Normalbeton
d
d
Deckenhohlraum
Deckenhohlraum
a
a z
z
Unterdecke
Unterdecke
x
x
< 50
43 Kombination von Unterdecke und tragender Decke oder Dach aus Stahlträgerkonstruktion und Normalbetonabdeckung gemäß Bauart II 44 Kombination von Unterdecke und tragender Decke oder Dach aus Normalbeton gemäß Bauart III
Unterdecke
l1
Grundprofil oder -lattung Tragprofil oder -lattung
Abhänger Grundprofil oder -lattung
a
l1 Abhänger
d1 Unterdecke Tragprofil oder -lattung
42 Kombination von Unterdecke und tragender Decke oder Dach aus Stahlbetonrippen mit Zwischenbauteilen aus Ziegel oder Leichtbeton gemäß Bauart I
l2
z
Massivwand x
l2
45 Ausführung einer Unterdecke aus Gipskarton-Feuerschutzplatten für Decken oder Dächer gemäß Bauart I bis III nach DIN 4102-4, Abschn. 6.5.5 (Längskante). Die bezeichneten Maße werden von der Norm vorgegeben.
z
Massivwand x
46 Stirnkante der Unterdeckenausführung in 43
750
VI Funktionen
tenlagen mittel Stahlbändern oder -drähten zu einem geschlossenen Kasten festgebunden. Alle Fugen mehrlagiger Bekleidungen müssen versetzt ausgeführt werden. Wiederum sind die Kanten mittels Eckschutzschienen gegen Ausbrechen zu bewahren; • Brandschutzbauplatten: analog zu Trägern. Kastenförmige Umgreifung des Profils mit Plattenmaterial ohne Unterkonstruktion ( 40). Verschraubung oder Verklammerung der Platten untereinander ohne Kontakt zum Kernprofil. Plattenstöße an jeder Seite zueinander jeweils um 500 mm versetzt.15 10.5
Unterdecken
Unterdecken können eine Brandschutzwirkung entweder:
DIN 4102-4, 6.5
• in Kombination mit einer darüberliegenden tragenden Decken- oder Dachkonstruktion entfalten ( 41-46). Es wird eine Brandbeanspruchung von unten und von oben betrachtet. Das Deckenpaket inklusive Unterdecke wirkt brandschutztechnisch folglich als Ganzes. Eine Feuerbeanspruchung des Deckenzwischenraums beispielsweise durch seitliche Öffnungen muss infolgedessen ausgeschlossen sein. In diesem Fall schützt die Unterdecke die tragende Decken- oder Dachkonstruktion vor dem Feuer. Die Abdeckung der tragenden Konstruktion, also zumeist die Decken- oder Dachplatte, schützt vor Feuerangriff von der Oberseite. Auch an diese sind aufgrund dessen entsprechende Anforderungen zu stellen. Die DIN 4102 sieht eine Klassifikation in folgende drei Deckenbauarten vor: •• Bauart I: Stahlträgerkonstruktion mit Abdeckung aus Leichtbeton ( 41) oder alternativ Stahlbeton- und Spannbetondecken mit Zwischenbauteilen aus Leichtbeton oder Ziegeln ( 42); •• Bauart II: Stahlträgerkonstruktion mit Abdeckung aus Normalbeton ( 43); •• Bauart III: Stahlbeton- und Spannbetondecken bzw. -dächer aus Normalbeton mit und ohne Zwischenbauteilen aus Normalbeton ( 44). Beispielhaft für diese Art von Unterdecken ist in 45, 46 eine Ausführungsvariante aus Gipskarton-Feuerschutzplatten mit einem Hinweis auf die maßlichen Festlegungen der Norm dargestellt. • oder auch für sich alleine bei einer Brandbeanspruchung nur von unten entfalten. An die darüberliegende tragende Decken- oder Dachkonstruktion sind bei Brandbeanspruchung von unten keine weiteren Anforderungen zu stellen.
5 Brandschutz
751
< 50
l1
Abhänger Grundprofil oder -lattung d1 d2 Unterdecke Tragprofil oder -lattung
z
Trennstreifen Massivwand
x
47 Ausführung einer Unterdecke aus Gipskarton-Feuerschutzplatten mit eigener Brandschutzwirkung für Beanspruchung von unten nach DIN 4102-4, Abschn. 6.5.7 (Längskante). Die bezeichneten Maße werden von der Norm vorgegeben.
Unterdecke Grundprofil oder -lattung Tragprofil oder -lattung l1 Abhänger
l2
l2
z
Massivwand x
48 Stirnkante der Unterdeckenausführung in 47.
d
Anschlussbügel an den Steg
h
Betonfüllung Zulagebewehrung
z
u t s
x
b
us
49 Ausführung eines Verbundträgers mit ausbetonierten Profilkammern nach DIN 4102, Teil 4, Abschn. 7.2. Die bezeichneten Maße werden in der Norm vorgegeben.
752
VI Funktionen
DIN 4102-4, 6.5.7
Sie gilt als zur selben Feuerwiderstandsklasse gehörig wie die daran befestigte Unterdecke. Eine Brandbeanspruchung des Deckenhohlraums ist wiederum zuverlässig auszuschließen, da die Brandschutzwirkung der Unterdecke nur unterseitig vorhanden ist. Beispielhaft ist in 47, 48 eine Unterdecke dieser Art aus Gipskarton-Feuerschutzplatten nach den Vorgaben der Norm dargestellt; • alternativ auch derart entfalten, dass die Unterdecke selbst auch von oben gegen Feuer abschottet. Dieser Fall ist von der Norm indessen nicht vorgesehen. Der Deckenzwischenraum kann in diesem Fall beflammt sein. Die tragende Decken- oder Dachkonstruktion muss folglich der gleichen Feuerwiderstandsklasse angehören wie die Unterdecke. Einbauten wie Leuchten, Lüftungsauslässe etc. sind in Brandschutz-Unterdecken nicht zulässig, es sei denn, sie werden entsprechend mit Brandschutzmaterial gekapselt (Zulassung erforderlich). Kleinere Durchbrüche wie beispielsweise für elektrische Leitungen oder für Leuchtenabhänger sind hingegen statthaft, sofern der Lochquerschnitt ausgefüllt oder verschlossen wird. Anschlüsse an Wände müssen dicht ausgeführt werden. Anschlüsse an leichte Trennwände sind in der Norm nicht berücksichtigt und erfordern spezielle Nachweise.
10.6
Verbundkonstruktionen
Brandgeschützte Verbundkonstruktionen aus Stahlprofilen und Beton sollen hier exemplarisch an dem in der Norm betrachteten I-Stahlträger mit ausbetonierten Profilkammern dargestellt werden ( 49). Durch diese Ausführung sind Feuerwiderstände von F30-A bis F 180-A erzielbar. Es wird eine dreiseitige Beanspruchung angenommen, was eine aufliegende Deckenplatte der gleichen anzusetzenden Feuerwiderstandsklasse voraussetzt. Aus konstruktiver Sicht ist der Füllbeton normkonform mit einer Zulagebewehrung zu versehen, die im Verhältnis zur Flanschfläche zu bemessen ist. Der Kammerbeton ist mit dem Steg des Trägers kraftschlüssig zu verbinden. Zu diesem Zweck sind Bügel oder Kopfbolzendübel in Abständen kleiner als 400 mm am Steg anzuschweißen.
10.7
Verglasungen
Brandschutzverglasungen sind in der Norm DIN 4102-4 nicht enthalten und sind infolgedessen zulassungspflichtig. Ihre Brandschutzwirkung beruht auf dem Einsatz spezieller Verbundgläser, deren Zwischenschichten im Brandfall unter Hitzeeinfluss aufschäumen und eine hochwärmedämmende Wirkung entfalten (F- Gläser). Die Verglasung wird aufgrund dieses Prozesses opak und ist imstande, nicht nur gegen Feuer, sondern auch gegen Wärmestrahlung zu schützen. G-Gläser sind imstande, Feuer und Brandgase zu sperren, sind aber für Wärmestrahlung durchlässig.
5 Brandschutz
753
1 2
7
3
3
4
1
3 8
50 Brandschutz-Ganzglaswand mit punktuellen Halterungen an den Scheibenkreuzfugen (F 30)
5 6
3
z
z
20 17 20
x
x
51 Brandschutzverglasung mit zweischaliger Rahmenkonstruktion aus Stahlrohrprofilen (F 30)
1 6 9
y
52 Brandschutzverglasung aus thermisch getrennten Aluminiumprofilen. Horizontalschnitt einer Sprosse
x
1 9 6
53 Türöffnung der Verglasung oben Legende
y
x
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Verbundglasscheibe punktuelle Glashaltekonsoloe Brandschutz-Silikon Stahlrohrstütze Vorlegeband Streifen aus Brandschutzplatte Stahlrahmenprofil Verschraubung in Gewindehülse thermische Trennung
754
VI Funktionen
Es sind Ausführungen mit Sprossen, aber auch sprossenfreie Ganzglaskonstruktionen realisierbar (wie in 50). Beispielhafte Varianten zugelassener Verglasungen mit verschiedenen Feuerwiderstandsdauern zeigen 50-53. Die höheren Feuerwiderstandsdauern sind durch dickere Verbundglasscheiben mit einer höheren Zahl dämmender Zwischenschichten zu erzielen. Wie bei anderen flächigen Brandschutzabschlüssen sind thermische Brücken durch die Hüllfläche hindurch zu vermeiden. Sprossungen werden deshalb zweischalig ausgeführt. Durch die Hüllfläche durchlaufende Teile sind nur aus dämmendem Brandschutzmaterial herstellbar. Sprossenlose Glasscheibenstöße werden mit speziellem Brandschutzsilikon ausgefugt.16 In 54 bis 57 werden einige zu exemplarischen Zwecken ausgewählte Bemessungstabellen der DIN EN 1992-1-2 zu Stahl- und Spannbetondecken verschiedener Feuerwiderstandsdauern aufgeführt. Weitere Bemessungs- und Konstruktionsvorgaben zu andersartigen, in diesem Kapitel behandelten Bauteilen sind in ebendieser Norm zu finden.
Mindestabmessungen (mm) Feuerwiderstandsklasse
Achsabstand a
Plattendicke hs (mm)
einachsig
zweiachsig
1
2
3
4
5
REI 30
60
10*
10*
10*
REI 60
80
20
10*
15*
REI 90
100
30
15*
20
REI 120
120
40
20
25
REI 180
150
55
30
40
REI 240
175
65
40
50
ly/lx ≤ 1,5
1,5 < ly/lx ≤ 1,2
lx und ly sind die Spannweiten einer zweiachsig gespannten Platte (beide Richtungen rechtwinklig zueinander), wobei ly die längere Spannweite ist. Bei Spannbetonplatten ist die Vergrößerung des Achsabstands entsprechend DIN EN 1992-1-2, 5.2 (5) zu beachten.
54 Mindestmaße und -achsabstände für statisch bestimmt gelagerte, einachsig und zweiachsig gespannte Stahlbeton- und Spannbetonplatten gemäß DIN EN 1992-1-2, Tabelle 5.8
Der Achsabstand a in den Spalten 4 und 5 gilt für zweiachsig gespannte Platten, die an allen vier Rändern gestützt sind. Trifft das nicht zu, sind die Platten wie einachsig gespannte Platten zu behandeln. * Normalerweise reicht die nach DIN EN 1992-1-1 erforderliche Betondeckung aus.
5 Brandschutz
755
Mindestmaße (mm) Feuerwiderstandsklasse
Achsabstand a
Plattendicke hs
1
2
3
REI 30
150
10*
REI 60
180
15*
REI 90
200
25
REI 120
200
35
REI 180
200
45
REI 240
200
50
* Normalerweise reicht die nach DIN EN 1992-1-1 erforderliche Betondeckung aus.
55 Mindestmaße und -achsabstände für Flachdecken aus Stahlbeton und Spannbeton gemäß DIN EN 1992-1-2, Tabelle 5.9
Mindestmaße (mm) Feuerwiderstandsklasse
mögliche Kombinationen zwischen Rippenbreite bmin und Achsabstand a
3
4
Plattendicke hs und Achsabstand a in Spannrichtung
1
2
REI 30
bmin = 80
REI 60
bmin = 100
120
≥ 200
hs = 80
a = 35
25
15*
a = 10*
bmin = 120
160
≥ 250
hs = 100
a = 45
40
30
a = 15*
bmin = 160
190
≥ 300
hs = 120
a = 60
55
40
a = 20
REI 180
bmin = 220
260
≥ 410
hs = 150
a = 75
70
60
a = 30
REI 240
bmin = 280
350
≥ 500
hs = 175
a = 90
75
70
a = 40
a = 15*
REI 90
REI 120
5 hs = 80 a = 10*
asd = a + 10 Bei Spannbetonrippendecken sollte der Achsabstand a entsprechend DIN EN 1992-1-2, 5.2 (4) vergrößert werden. asd bezeichnet den Abstand zwischen der Bewehrungsstabachse und der Seitenfläche der brandbeanspruchten Rippe. * Normalerweise reicht die nach DIN EN 1992-1-1 erforderliche Betondeckung aus.
56 Mindestmaße und Achsabstände für zweiachsig gespannte, statisch bestimmt gelagerte Stahlbeton- und Spannbetonrippendecken gemäß DIN EN 1992- 1-2, Tabelle 5.10
756
VI Funktionen
Mindestmaße (mm) Feuerwiderstandsklasse
mögliche Kombinationen zwischen Rippenbreite bmin und Achsabstand a
3
4
Plattendicke hs und Achsabstand a in Spannrichtung
1
2
REI 30
bmin = 80
hs = 80
5
a = 10*
a = 10*
bmin = 100
120
≥ 200
hs = 80
a = 25
15*
10*
a = 10*
bmin = 120
160
≥ 250
hs = 100
a = 35
25
15*
a = 15*
REI 120
bmin = 160
190
≥ 300
hs = 120
a = 45
40
30
REI 180
bmin = 310
600
a = 60
50
a = 30
REI 240
bmin = 450
700
hs = 175
60
a = 40
REI 60
REI 90
a = 70
a = 20 hs = 150
asd = a + 10
57 Mindestmaße und Achsabstände für zweiachsig gespannte Stahlbeton- und Spannbetonrippendecken mit mindestens einem eingespannten Rand gemäß DIN EN 1992-1-2, Tabelle 5.11
Bei Spannbetonrippendecken sollte der Achsabstand a entsprechend DIN EN 1992-1-2, 5.2 (4) vergrößert werden. asd bezeichnet den Abstand zwischen der Bewehrungsstabachse und der Seitenfläche der brandbeanspruchten Rippe. * Normalerweise reicht die nach DIN EN 1992-1-1 erforderliche Betondeckung aus.
758
VI Funktionen
Anmerkungen
1 2 3 4
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Normen und Richtinien
Schneider U (2004) Ingenieurmethoden im Baulichen Brandschutz, S. 15 Jäde H (2003) Musterbauordnung (MBO 2002) Wurde 2006 ersetzt durch entsprechende europäische Normung Klingsohr (1997) Vorbeugender baulicher Brandschutz, S. 210; Löbbert et al (2004) Brandschutzplanung für Architekten und Ingenieure § 26 MBO, Fassung 2002 Klingsohr (1997) S. 31 Schneider (2004) S.479 Klingsohr (1997) S. 43 Schneider (2004) S. 152 Klingsohr (1997) S. 51 Ebda S. 51 Häger (1996) Bautechnik und Brandschutz, S. 94 Gemäß Häger (1996) S. 95 Produktinformation in Promat-Handbuch 07/2003 Ebda Ebda und Schüco- Broschüre Brand- und Rauchschutzsysteme 01/2005
DIN 1045: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 2: 2008-08 Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität – Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 Teil 3: 2012- 03 Bauausführung – Anwendungsregeln zu DIN EN 13670 Teil 3 Berichtigung 1: 2013-07 Berichtigung zu DIN 1045-3: 2012-03 Teil 4: 2012-02 Ergänzende Regeln für die Herstellung und die Konformität von Fertigteilen DIN 4102: Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen Teil 1: 1998-05 Baustoffe; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen Teil 2: 1977-09 Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen Teil 3: 1977-09 Brandwände und nichttragende Außenwände, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen Teil 4: 2016-05 Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile Teil 5: 1977-09 Feuerschutzabschlüsse, Abschlüsse in Fahrschachtwänden und gegen Feuer widerstandsfähige Verglasungen, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen Teil 7: 2018-03 Bedachungen; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen Teil 8: 2003-10 Kleinprüfstand Teil 9: 1990-05 Kabelabschottungen; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen Teil 11: 1985-12 Rohrummantelungen, Rohrabschottungen, Installationsschächte und -kanäle sowie Abschlüsse ihrer Revisionsöffnungen; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen Teil 12: 1998-11 Funktionserhalt von elektrischen Kabelanlagen; Anforderungen und Prüfungen
5 Brandschutz
Teil 13: 1990-05 Brandschutzverglasungen; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen Teil 14: 1990-05 Bodenbeläge und Bodenbeschichtungen; Bestimmung der Flammenausbreitung bei Beanspruchung mit einem Wärmestrahler Teil 15: 1990-05 Brandschacht Teil 16: 2015-09 Durchführung von Brandschachtprüfungen Teil 17: 2017-12 Schmelzpunkt von Mineralwolle-Dämmstoffen; Begriffe, Anforderungen, Prüfung Teil 18: 1991-03 Feuerschutzabschlüsse; Nachweis der Eigenschaft „selbstschließend“ (Dauerfunktionsprüfung) Teil 20: 2017-10 Ergänzender Nachweis für die Beurteilung des Brandverhaltens von Außenwandbekleidungen DIN V 4102: Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen Teil 21: 2002-08 Beurteilung des Brandverhaltens von feuerwiderstandsfähigen Lüftungsleitungen DIN EN 1992: Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken Teil 1-1: 2011-01 Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau Teil 1-2: 2010-12 Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall DIN EN 13501: Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten Teil 1: 2017-08 Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten Teil 2: 2016-12 Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen Teil 3: 2010-02 Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen an Bauteilen von haustechnischen Anlagen: Feuerwiderstandsfähige Leitungen und Brandschutzklappen Teil 4: 2016-12 Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen von Anlagen zur Rauchfreihaltung Teil 5: 2016-12 Klassifizierung mit den Ergebnissen aus Prüfungen von Bedachungen bei Beanspruchung durch Feuer von außen Teil 6: 2017-08 Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von elektrischen Kabeln DIN EN 13823: 2015-02 Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Thermische Beanspruchung durch einen einzelnen brennenden Gegenstand für Bauprodukte mit Ausnahme von Bodenbelägen DIN EN ISO 11925: Prüfungen zum Brandverhalten – Entzündbarkeit von Produkten bei direkter Flammeneinwirkung Teil 2: 2011-02 Einzelflammentest
759
1. Dauerhaftigkeit von Bauwerken .............................. 762 2. Korrosion von metallischen Werkstoffen................. 764 2.1 Typische Korrosionsarten ................................. 764 2.1.1 Korrosion in Mulden ............................... 764 2.1.2 Kontaktkorrosion .................................... 764 2.1.3 Korrosion im Wassertropfen .................. 766 2.1.4 Spaltkorrosion ........................................ 766 2.1.5 Lochkorrosion ..........................................767 2.2 Korrosionsschutzmaßnahmen.......................... 768 2.2.1 Planungsaspekte zum Korrosionsschutz .................................... 768 2.2.2 Konstruktive Maßnahme........................ 768 2.2.3 Bauphysikalische Maßnahmen .............. 768 2.3 Korrosionsschutzverfahren .............................. 768 2.3.1 Flüssiges Beschichten ........................... 770 2.3.2 Gelöste Beschichtungsverfahren – Metallische Überzüge ............................ 770 2.3.3 Passivierung ........................................... 772 2.3.4 Nichtrostende Stähle.............................. 772 2.3.5 Kathodischer Schutz .............................. 773 3. Korrosion im Stahlbeton............................................774 3.1 Carbonatisierung ...............................................774 3.2 Chlorideinwirkung............................................. 776 3.3 Rissbildung ....................................................... 776 3.4 Instandsetzung von Beton ............................... 776 4. Holzschutzmaßnahmen ........................................... 778 4.1 Vorbeugende Schutzmaßnahmen.................... 778 4.1.1 Materialgerechte Holz- und Verbindungsmittelverwendung.............. 778 4.1.2 Organisatorischer Holzschutz ................ 779 4.1.3 Baulich-konstruktiver Holzschutz ........... 780 4.1.4 Chemischer Holzschutz ......................... 782 4.1.5 Biologischer Holzschutz ......................... 784 Anmerkungen ............................................................... 784 Normen und Richtlinien ................................................ 784
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZ RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON GLAS KUNSTSTOFF
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRIK SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4_30
762
1.
VI Funktionen
Dauerhaftigkeit von Bauwerken
Band 3, Kap. XII-1, Abschn. 4. Verbindungen für Primärtragwerke – einige Besonderheiten
Man erwartet von Bauwerken im Allgemeinen, dass sie derart gebaut und konstruiert sind, dass sie im Gegenzug zu den verhältnismäßig großen Aufwendungen, die für ihre Errichtung erforderlich sind, über einen angemessenen Zeitraum ihre Funktionsfähigkeit bewahren. Nur in seltenen Fällen, nämlich bei Provisorien oder fliegenden Bauten, nimmt man Ausnahmen zu dieser Regel inkauf. Grundlegender Faktor in diesem Zusammenhang ist die im Vergleich mit anderen technischen Produkten extrem lange Lebensdauer, die wir unseren Gebäuden abverlangen. Sie ist manchmal selbst technisch und ökonomisch nach dem Gebot der angemessenen Verhältnisses zwischen Baukosten und Betriebsdauer nicht rational nachvollziehbar und lässt sich nur durch den kulturell-emotionalen Wert des Gebäudes rechtfertigen. Dies gilt beispielsweise für viele historische Bauwerke. Während technische Gebilde wie ein Automobil – ohne dass irgendjemand dies auch nur im Ansatz hinterfragen würde – auf eine maximale Lebensdauer von nur 5 bis 10 Jahren ausgelegt sind, erwartet man von einem durchschnittlichen Gebäude, dass es (unter Einhaltung der nötigen Erneuerungszyklen) zwischen 50 und 100 Jahre, ohne Abstriche an seiner Gebrauchsfähigkeit, nutzbar bleibt. Im Gegenteil: unsere Anforderungen an den Komfort erhöhen sich vielmehr, zumindest hat diese Entwicklung über die letzten 100 Jahre bruchlos angehalten. Nicht unerhebliche Teile der Bausubstanz vieler Städte und Gemeinden besteht hierzulande und in anderen, zumeist europäischen Ländern sogar aus bis zu 500 Jahre alten Bauwerken. Aus dieser Perspektive, die zumindest bei uns in Europa (anders als beispielsweise in den Vereinigten Staaten) tiefgreifende kulturelle Wurzeln hat, ist die Bedeutung der Forderung nach Dauerhaftigkeit zu verstehen sowie auch gewisse Besonderheiten der Bautechnik, wie beispielsweise die trotz heute verfügbarer hochentwickelter Technologien immer noch weit verbreitete vergleichsweise einfache und robuste Ausführung. Konstruktionsregeln zur Vermeidung von Korrosion und Zersetzung von Baustoffen sind sehr alt und bilden einen Teil des überlieferten entwurflichen und bautechnischen Wissensfundus. Er geriet indessen mit dem Aufkommen moderner Bauweisen zum großen Teil in Vergessenheit bzw. war auf die neuen Werkstoffe und Bautechniken einfach nicht mehr anwendbar. Dies war beispielsweise an den Betonbauwerken der 70er Jahre zu beobachten, bei denen mangelnde Betonüberdeckung, technisch unzulängliche Fugenausbildung und unzureichende Wärmedämmung zu weitreichenden Schäden führte. Die volkswirtschaftlichen Kosten für die Sanierung waren enorm. Gleichzeitig gilt, dass bereits in der Konstruktion angelegte Dauerhaftigkeit zwar viel mit richtiger Konzeption und Planung zu tun hat, meistens aber auch mit erhöhten Kosten zusammenhängt. Auch aus derartigen (teilweise vielleicht überspannten) Qualitätsansprüchen – neben den
6 Dauerhaftigkeit
763
exponentiell gestiegenen Komfortansprüchen – sind auch die in den letzten 25 Jahren explodierten Baukosten zu erklären, die inzwischen einen kritischen Denkprozess in Gang gesetzt haben. Ungeachtet dieser Gesichtspunkte, deren nähere Untersuchung den Rahmen dieses Werks sprengen würden, soll im Folgenden das Augenmerk auf einige fundamentale Regeln des konstruktiven Umgangs mit den wichtigsten Werkstoffen gerichtet werden. Im Vordergrund der Betrachtung stehen insbesondere Zersetzungsprozesse infolge Witterungseinflüssen, in erster Linie Feuchte, sowie auch biologische Zerstörungsprozesse organischer Werkstoffe wie Holz.
1 Sockel eines rund 110 Jahre alten Gründerzeithauses in der Stuttgarter Innenstadt. Der insgesamt ausgezeichnete Zustand dieser Bausubstanz ist bemerkenswert.
2 Walserhütte im kleinen Walsertal, Österreich. Die Hütten sind als Streusiedlungsbauten über das Tal verteilt. Viele dieser Holzhütten sind mehrere 100 Jahre alt, die ältesten wurden um 1500 errichtet.
3 Versagen eines Spannbetonträgers durch Korrosion der Spannstähle
764
2.
VI Funktionen
Korrosion von metallischen Werkstoffen Innenministerium des Landes Baden-Württemberg (Hg) (1990) „Eisen rostet – Informationen für Bauherren, Architekten und Ingenieure“ Nürnberger, Ulf „Korrosion“
Spannung in Volt -2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
+0,5
+1
+1,5
Magnesium -2,37
Aluminium -1,66
Zink -0,76
Das Verhalten von Metall verändert sich grundlegend, wenn das Metallatom sich unter Elektronenabgabe in ein Ion verwandelt. Das Metallion verliert die feste Bindung zum Strukturgitter des Metalls und geht im Elektrolyten in Lösung. Diese Metallauflösung wird Korrosion genannt ( 4). Die freien Elektronen gehen bei der Bildung von Hydrox-Ionen eine chemische Verbindung mit Sauerstoff und Wasser ein. Der Ort der Metallauflösung ist die Anode (anodische Teilreaktion), die Stelle des Elektronenverbrauchs die Kathode (kathodische Teilreaktion).Wenn Anode und Kathode zusammenliegen, spricht man von einer Mischelektrode. Ohne einen Elektrolyten kann sich kein galvanisches Element ausbilden und somit auch keine Korrosion stattfinden. Das Zusammentreffen unterschiedlicher Metalle führt im Bauwesen häufig zu Korrosionsproblemen. Unterschiedliche Metalle haben unterschiedliche elektrische Potenziale und werden nach der Größe ihres Potenzials in die sogenannte Normalspannungsreihe eingeordnet ( 5). Die aufgeführten Metalle werden mit zunehmendem Potenzial edler, d.h. ihre Neigung zur Korrosion nimmt ab.
Chrom -0,71
Eisen -0,44
Blei -0,13
4eElektrolyt
Wasserstoff-Elektrode Kupfer +0,34
Silber +0,80
2Fe
2Fe++
2H2O + O2 + 4e-
unedle Metalle edle Metalle
4(OH)Kathodische Teilreaktion
2Fe++ + 4(OH)Eisen-Ionen + Hydroxid-Ionen
Gold +1,42
2H2O
Anodische Teilreaktion 1. Korrosionstufe
2. Korrosionstufe
4e-
O2
2Fe(OH)2 + _12 O2
2Fe(OH)2 Eisenhydroxid z.B. Fe2O3 . H2O
4 Galvanisches Element und Vorgänge bei der Stahlkorrosion
5 Normalspannungsreihe
2.1
Typische Korrosionsformen
2.1.1
Korrosion in Mulden
2.1.2
Kontaktkorrosion
Die Ausbildung von Mulden führt zum Ansammeln von Feuchtigkeit und Wasser an der tiefsten Stelle und erhöht damit die Korrosionsanfälligkeit einer Konstruktion. Hinzu kommt hier die Anreicherung mit Schmutz- und/oder Schadstoffen aus der Atmosphäre (z.B. Schwefeldioxid) ( 6). Werden elektrisch leitende Metalle miteinander verbunden (durch Berührung und einem vorhandenen Elektrolyten) stellt sich beim unedleren Metall Korrosion ein – z.B. zwischen Zink und Kupfer. Die Korrosionsvorgänge laufen i.d.R. um so stärker ab, je weiter die in Kontakt stehenden Metalle in der Normalspannungsreihe auseinanderliegen. Deshalb
6 Dauerhaftigkeit
765
müssen metallische Verbindungsmittel (Schrauben, Niete) immer aus dem edleren Metall gefertigt sein. Bestünden sie aus dem unedleren Material und wirkten damit als Anode, könnten sie innerhalb kurzer Zeit vollständig zerstört werden ( 7, 8).
Wasserfilm
Muldenkorrosion
6 Korrosion in Mulden am Beispiel eines HEA-Profils
7 Kontaktkorrosion zwischen einem Schraubenkopf aus Stahl und einer galvanisch verzinkten Unterlegscheibe
Kontaktkorrosion
Wasserfilm
8 Kontaktkorrosion beim Kontakt zweier unterschiedlich edler Metalle
766
2.1.3
VI Funktionen
Korrosion im Wassertropfen
Korrosionsvorgänge können auch durch unterschiedlichen Sauerstoffgehalt im Elektrolyten ausgelöst bzw. gesteuert werden, man spricht hier von einem Belüftungselement. An der Korrosion im Wassertropfen lässt sich dies am einfachsten aufzeigen. Die unterschiedliche Tiefe des Tropfenwassers führt zu ungleichmäßig verteilten Sauerstoffgehalten im Wasser (im Randbereich kann Sauerstoff leichter zur Metalloberfläche durchtreten). Die Kathode bildet sich als Ring im Randbereich des Wassertropfens aus. Diese Randzone wird durch das alkalische Milieu der OH-Ionen sogar passiv, der Bereich der Anode liegt im Zentrum ( 9). Ähnliches gilt auch für die Spaltkorrosion.
Korrosion Wassertropfen 9 Korrosion im Wassertropfen
2.1.4
Spaltkorrosion
vgl. mit den Vorgängen bei der Korrosion in Mulden
Spaltkorrosion tritt auf, wenn zwischen eng anliegenden Metallteilen – Laschen, zusammengesetzten Stahlprofilen etc. – ein Elektrolyt eintritt und hier zur Korrosion führt, wobei hier ebenfalls sauerstoffarme, saure Reaktionsbereiche mit einem niedrigen ph-Wert und sauerstoffreiche, alkalische Reaktionsbereiche mit direktem atmosphärischen Kontakt entstehen ( 9). Wenn sich in diesen Spalten weiterhin Schmutz, Ablagerungen oder aggressive Schadstoffe ansammeln und anreichern, säuert sich dieser Elektrolyt an und es kann zur Auslösung schneller Korrosionsvorgänge kommen ( 10). Eine vergleichbare Reaktion läuft auch bei der sogenannten Lochkorrosion ab.
6 Dauerhaftigkeit
767
Wasser Spaltkorrosion 10 Schema zur Spaltkorrosion
Auch hier gilt, dass bei Vertiefungen oder kleinen Fehlstellen im Material der Elektrolyt durch ein Sauerstoffgefälle ansäuert und sich hier anodische Bereiche (Loch bzw. Lochgrund) ausbilden, die einem extrem großen kathodischen Bereich gegenüberstehen. Am Lochgrund kann der Korrosionsprozess unbemerkt sehr schnell ablaufen ( 11).
Lochkorrosion
11 Lochkorrosion an einem Stahlprofil
2.1.5
768
2.2
VI Funktionen
Korrosionsschutzmaßnahmen
Gundsätzlich gilt: Wirksamer Korrosionsschutz beginnt bei der Planung des Bauwerks und den gestalterischen Details! 1
2.2.1
Planungsaspekte zum Korrosionsschutz
Auch gezielte Korrosionsschutzmaßnahmen sind Planungsmaßnahmen. Insbesondere zu berücksichtigen sind: • die Witterungsverhältnisse; • die Dauerhaftigkeit der Korrosionsschutzmaßnahme; • sinnvolle und mögliche Instandhaltungsintervalle; • Zugänglichkeit von Bauteilen ( 12-15).
2.2.2
Konstruktive Maßnahmen
Abhalten von Wasser von metallischen Werkstoffen durch Überdeckung, Verkleidungen oder: • Ausbildung von ausreichendem Gefälle auf bewitterten Bauteilen (z.B. Attikableche). Das abfließende Wasser soll soviel Schleppkraft besitzen, dass Schmutzteilchen weggespült werden ( 12, 16); • Befestigungsmittel sind immer aus dem edleren Metall zu wählen; • Vermeidung von Fugen. Wahl entsprechend geeigneter Profile ( 17, 18);
Kap. V-3, Abschn. 1.2.3 Wetterfeste Baustähle und 1.2.4 Nichtrostende Stähle auf S. 413
2.2.3
Bauphysikalische Maßnahmen
• ggf. Einsatz von erweiterten Korrosionsschutzmaßnahmen oder wetterfesten bzw. nichtrostenden Stählen. Das primäre Ziel der Planung ist das Fernhalten, das Vermeiden bzw. das schnelle Ableiten von Wasser oder Wasserdampf. Als grundlegende Maßnahmen gelten dabei: • der richtige Betrieb von Innenräumen! (Lüften und Heizen); • Wärmedämmung – Anordnung möglichst auf der kälteren Seite/außen; • Vermeidung von konstruktiven Wärmebrücken; • Anordnen von Dampfsperren; • Ausreichende Hinterlüftung, Abführung von angefallenem Kondenswasser.
2.3
Korrosionsschutzverfahren
Folgende Korrosionsschutzverfahren lassen sich grundsätzlich unterscheiden:
6 Dauerhaftigkeit
769
12 Detail eines Brückenauflagers 13 Untersicht eines Stahltragwerks mit zugänglichen Schraubenverbindungen
14 Auflager einer frühen Stahlbrücke
15 Aus der Spritzwasserzone herausgeho- 16 Beispiel Stützenfuß auf Stahlbetonfundabener Stützenfuß der AEG-Turbinenhalle Berlin ment: Wasser darf sich nicht stauen, sondern von Peter Behrens muss auf den abgeschrägten Seitenflächen umgehend abfließen.
17 Stahlprofile, die sich bei Korrosionsbelastung ungünstig verhalten
18 Stahlprofile, die sich bei Korrosionsbelastung günstiger verhalten
770
2.3.1
VI Funktionen
Flüssiges Beschichten (Schutzanstriche) zu Beschichten siehe DIN 8580
Bis heute stellt das flüssige Beschichten eines der wichtigsten Korrosionsschutzverfahren dar. Neben Stahlbauwerken von geringer Dauerhaftigkeit eignet sich dieses Verfahren insbesondere für große Stahlbauwerke und -teile (z.B. Hallentragwerke, Brücken) für die aufgrund ihrer Dimension kaum eine Alternative infrage kommt. Mittels einer (meist mehrlagig aufgebrachten) Beschichtung wird der Übergang von Metall-Ionen in den Elektrolyten verhindert ( 19). Einige Merkmale sind: • einfaches und preiswertes Verfahren; • begrenzte Haltbarkeit;
19 Korrosionsschutz durch Anstrich bei einer Eisenbrücke
2.3.2
• Kontrollen und Erneuerung notwendig.
Gelöste Beschichtungsverfahren (Metallische Überzüge)
Das Chromatieren und das Verzinken gehören zu den wichtigsten gelösten Beschichtungsverfahren im Bauwesen.
Chromatieren (edle Überzüge)
Das zu schützende Metall wird mit einem edleren Metall überzogen, z.B. Chrom, das eine Passivschicht aus Chromoxid ausbildet. Einige Merkmale sind: • sehr guter zeitlich unbegrenzter Korrosionsschutz; • sorgfältige Ausführung notwendig; • verchromte Überzüge empfindlich gegen mechanische Beschädigung, Nachbehandlung schwierig.
Feuerverzinken (unedle Überzüge) zu Feuerverzinken siehe DIN EN ISO 1461
20 Dacheindeckung bei einem historischen Gebäude mit Titanzinkblech
Das zu schützende Metall wird gleichmäßig mit einem unedlen Metall überzogen, in der Regel Zink ( 20). Es bildet sich an der Oberfläche Zinkoxid aus, das mit Kohlensäure aus der Atmosphäre zu Zinkcarbonat wird. Zinkcarbonat stellt eine ausreichend dichte und stabile Passivschicht dar. Der Überzug erfolgt im Tauchbad (Feuerverzinkung). Die Feuerverzinkung ist eine vergleichsweise einfache, kostengünstige und ausreichend dauerhafte Maßnahme des Korrosionsschutzes und wird heute in vielfältiger Form angewandt. Die Größe der Stahlbauteile im Zinktauchbad ist begrenzt und ist bei der Planung zu berücksichtigen. Ggf. müssen verzinkte Einzelteile durch Verschraubung zu einem Bauteil addiert werden ( 21-23). Stahlbreitband kann dagegen im sogenannten Sendzimir- oder Bandverfahren endlos durch das Zinkbad geführt werden ( 24). Das Zink ist nach dem Erhärten auf der Oberfläche nicht stabil und verbindet sich mit CO2 aus der Atmosphäre zu Zinkcarbonat ZnCO3 und somit zu einer passiven selbstheilenden Oberfläche. Im Vergleich zum Feuerverzinken im Schmelztauchverfahren können folgende, weniger beständige Methoden der Verzinkung unterschieden werden:
6 Dauerhaftigkeit
21 Korrosionsschutz bei einem Stahltragwerk durch eine Feuerverzinkung.
771
24 Feuerverzinkte Oberfläche.
25 Verschweißen nach dem Feuervererzinken und Anstrich mit Zinkstaubfarbe. Der Anstrich ist nur begrenzt dauerhaft.
22 Für Feuerverzinkung ungünstige Profilquerschnitte.
23 Für Feuerverzinkung günstige Profilquerschnitte.
Freihalten der Eckaussteifungsbleche, damit im Zinkbad beim Eintauchen die Luft entweichen und beim Herausnehmen das flüssige Zink ablaufen kann.
772
VI Funktionen
• im galvanischen Zinkbad. Dabei sind jedoch keine dauerhaften Schichtdicken zu erreichen; • Zinkstaubfarbe (Kaltverzinken) eignet sich lediglich zum Ausbessern von Fehlstellen oder Nachstreichen von Anschlusspunkten ( 25). Merkmale der Feuerverzinkung im Zinktauchbad: • die Dauerhaftigkeit ist von der Schichtdicke der Feuerverzinkung abhängig; • kleinere Beschädigungen können leicht ausgebessert werden; • Überwachung der verzinkten Bauteile ist notwendig; zum Duplexverfahren siehe DIN EN ISO 12944-1 bis -9
2.3.3
Passivierung
Kap. V-3, Abschn. 1.2.3 Wetterfeste Stähle, S. 413
2.3.4
Nichtrostende Stähle
Kap. V-3, Abschn. 1.2.4 Nichtrostende Stähle, S. 413
• besonders im sogenannten Duplex-System wird ein besonders wirksamer, dauerhafter Korrosionsschutz erreicht. Es wird hierbei eine Beschichtung auf einen unedlen Überzug aufgebracht. Verschiedene Metalle (Aluminium, Blei, Kupfer und Zink) bilden unter atmosphärischen Bedingungen Passivschichten, die ähnliche Qualitäten wie ein Schutzanstrich erreichen können ( 26). Baustähle, die eine passive Oberfläche ausbilden, werden allgemein als wetterfeste Stähle bezeichnet und bei normaler Witterungsbeanspruchung verwendet. Die Resistenz ergibt sich aus einem relativ hohen Kupferanteil. Sie bilden an der Atmosphäre eine oxidische Deckschicht aus. In den ersten Jahren muss der Rostablauf auf andere Bauteile beachtet werden (übliche Handelsnamen bei Stahl: COR-TEN ® , Resista ® ) ( 27). Bei großer Korrosionsgefahr bzw. hohen Ansprüchen an Dauerhaftigkeit werden hochlegierte Chrom-Nickel-Stähle und Chrom-Nickel-Molybdän-Stähle verwendet. An der Oberfläche entsteht mit der Reaktion von Sauerstoff Chromoxid, das einen schützenden Film über der Stahloberfläche ausbildet (übliche Handelsnamen: V2A® , Nirosta® ) ( 28, 29). Einige Merkmale sind: • nichtrostender Stahl wird im Bauwesen bei hoher Korrosionsbelastung und unzugänglichen Bauteilen eingesetzt (gelegentlich auch wegen seines verhältnismmäßig güstigen Wärmeleitverhaltens); • hohe Material-, aber geringe Instandhaltungskosten; • sehr dauerhafte Korrosionsschutzmaßnahme.
6 Dauerhaftigkeit
28, 29 Max-Eyth-Steg in Stuttgart: Beispiel für den Einsatz von nichtrostendem Stahl im Brückenbau.
773
26 Oxidiertes Kupfer
Schutzmaßnahme für Behälter, Rohre und Brückenteile, die teilweise nicht mehr zugänglich sind. Durch die Anordnung von Opferanoden wird gewährleistet, dass sich das zu schützende Bauwerk im kathodischen Bereich befindet. Die Opferanode muss nach deren Auflösung periodisch ersetzt werden. 2 Einige Merkmale: • Schutz von unzugänglichen Fehlstellen möglich. • regelmäßige Wartung notwendig, Opferanoden oder Gleichstromquellen müssen leicht zugänglich sein.
27 COR-TEN-Stahl (voroxidierte Stahlbleche) als Fassadenverkleidung.
Kathodischer Schutz
2.3.5
774
3.
VI Funktionen
Korrosion im Stahlbeton
Kap. IV-1, Abschn. 9.1.2 Künstliches Gestein > hydraulische Bindemittel, S. 211, sowie Kap. IV-7, Abschn. 5. Dauerhaftigkeit, S. 308
Innenministerium des Landes Baden-Württemberg (Hg) (1990) „Eisen rostet – Informationen für Bauherren, Architekten und Ingenieure“; Nürnberger U (1995) „Korrosion“
3.1
Carbonatisierung
Im Normalfall sind die in Beton eingebetteten Stahleinlagen ausgezeichnet gegen Korrosion geschützt. Durch das im Porenwasser des Betons gelöste Calcium-Hydroxid Ca(OH)2 entsteht ein alkalisches Milieu (pH-Wert: 12,5 - 13,5). Dieses bewirkt auf den Stahloberflächen der Bewehrung die Bildung einer dünnen Passivschicht aus Eisenoxid, welche die weitere Korrosion verhindert. Die Bewehrung im Stahlbeton kann aber dann korrodieren, wenn die sie umgebende Passivschicht bereichsweise aufgelöst wird. Folgende Gründe können hier ausschlaggebend sein: • Carbonatisierung • Chlorideinwirkung • Rissbildung Kohlendioxid aus der Atmosphäre wird über die Poren des Betons aufgenommen und verbindet sich mit dem im Porenwasser gelösten Calciumhydroxid zu unlöslichem Calciumcarbonat (deshalb Carbonatisierung des Betons) Ca(OH)2 + CO2 ACaCO3 + H2O
31 Randabstandshalter im Stahlbetonbau
32 Stützenfußpunkt einer Stahlbetonstütze, durch die Volumenvergrößerung des Stahls infolge Korrosion wurde die äußere Betonschale abgesprengt
Calciumhydroxid und Kohlendioxid ergeben Calciumcarbonat und Wasser ( 30). Carbonatisierte Betonbereiche haben einen pH-Wert von nur noch 8 – 9. Erreicht die Carbonatisierung die Stahleinlage, wird die Passivschicht zerstört, es tritt eine gleichmäßig flächige Korrosion ein. Da die Korrosionsprodukte ein größeres Volumen als das ursprüngliche Metall aufweisen, wird die Betondeckung abgesprengt ( 31-34). Der Carbonatisierungsvorgang betrifft maximal die äußeren 2,5 cm von Betonbauteilen. Deshalb sollte die Betonüberdeckung von Bewehrungseinlagen heute 3 – 4 cm betragen (bei bewitterten Betonbauteilen).
33 Großflächige Zerstörung der Betonoberfläche an einem Verkehrsbauwerk, ursächlich durch zu geringe Bewehrungüberdeckung und Chlorideinwirkung
6 Dauerhaftigkeit
1
775
Regen/H2O
O2
34 (Oben und rechts) Carbonatisierungstiefe im Beton
2
Regen/H2O
O2
H2O + CO2
Kathode
carbonatisierter Bereich
Porenwasser (Elektrolyt)
3 Bewehrung (Betonstahl)
Kathode
Anode
Carbonatisierter Betonbereich
Atmosphäre carbonatisierter Bereich
30 Fortschreitende Carbonatisierung und Betonstahl- 30 (Detail) Schemadarstellung Betonkorrosion: Der extreme Flächengrößenunterschied von anodischen und kathodischen Teilbereichen führt zu einem korrosion in Einzelschritten schnellen Fortschreiten der Korrosion.
776
VI Funktionen
3.2
Chlorideinwirkung
In den letzten Jahren gab es vor allem durch chloridhaltige Tausalze schwere Schäden an Brücken- und Verkehrsbauten. Wenn an der Stahloberfläche ein kritischer Chloridgehalt überschritten wird, können Chloride lokal die Passivschicht von Stahl zerstören – der Stahl wird durch Korrosion angegriffen. Da die weiterhin alkalische Umgebung passiviert bleibt, aber eine große Kathode ausbildet, führt dies zur Lochkorrosion mit rascher Eisenauflösung ( 35).
3.3
Rissbildung
Insbesondere zugbeanspruchter Beton weist in der Regel kleine Risse auf. Der Bewehrungsstahl korrodiert in solchen Rissen erst, wenn die Carbonatisierung des Betons bis zum Stahl vorgedrungen ist oder eine Chloridbelastung vorliegt. Naturgemäß schreitet die Carbonatisierung im Bereich von Rissufern sehr viel schneller voran und führt mit der Korrosion zu den typischen Rostfahnen, die aus den Rissen austreten ( 36).
Kap. IV-7, Abschn. 2. Mechanische Eigenschaften, S. 305
35 Beispiel zur Chlorideinwirkung auf Stahlbetonbauteile
36 Beispiel zur Rissbildung und Korrosion im Riss
3.4
Instandsetzung von Beton
Die Betoninstandsetzung stellt eine wichtige Maßnahme zur Erhaltung der Dauerhaftigkeit von Betonbauwerken dar. Sie wird notwendig, wenn Bauwerke aus Beton aufgrund von Beschädigungen und/oder Korrosionsvorgängen Schäden aufweisen. Einer Betoninstandsetzung gehen eingehende Voruntersuchungen am Bauwerk und/oder Labor voraus ( 37-41). Die Vorgänge sind: • Untergrundvorbereitung: Lösen von abgesprengten Betonteilen, Entfernung von Oberflächenmaterial (Öle, Pflanzen etc.); • Sandstrahlen und Entrosten der freigelegten Bewehrung und des Betonuntergrundes; • Schließen, Abdichten und Verbinden von Rissflanken und Rissen;
6 Dauerhaftigkeit
777
37 Freilegen der korrodierten Bewehrung 38 Reinigen der Schadstellen
39 Sandstrahlen und Entrosten der Bewehrung 40 Aufbringen eines Korrosionsschutzanstrichs aus Epoxydharz und einer Haftbrücke für den Reparaturmörtel
• Aufbringen eines Epoxidharzanstriches als Korrosionsschutz auf die Bewehrung; • Aufziehen einer vollflächigen Haftbrücke auf die Flanken der Betonbruchstelle mittels Pinsel oder Bürste; • Ausbessern der Schadstellen mit Reparaturmörtel, entweder rein mineralisch im Spritzverfahren oder Verwendung von kunststoffmodifizierten zementgebundenen Mörteln per Hand oder im Trockenspritzverfahren; • evtl. Feinspachteln der Oberfläche als Haftbrücke für eine Imprägnierung oder Beschichtung; • evtl. Imprägnieren oder Beschichten der Oberfläche.
41 Ausbessern/Auffüllen der Schadstelle mit Reparaturmörtel
778
4.
VI Funktionen
Holzschutzmaßnahmen Herzog, Th, Natterer J, Volz M (1991) „Holzbau Atlas Zwei“, S. 58-61
Holz muss als organischer Baustoff vor atmosphärischen Einwirkungen geschützt werden, die es ansonsten in der Folge schädigen oder langfristig zerstören würden. Dies sind vor allem: Sonne, Wind, Wasser, aber auch Einwirkungen aus metallischen Bauteilen und Chemikalien. Zielsetzung sämtlicher Holzschutzmaßnahmen ist: • die Vermeidung von Feuchteanreicherung; • die Verzögerung der Feuchteaufnahme bzw. Belüften zur Feuchteabgabe; • die Verminderung der Volumenänderungen durch Quellen und Schwinden; • Schutzmaßnahmen gegen Pilz- und Insektenbefall, die zu Fäulnis und Holzzerstörung führen ( 42-44); und insgesamt: Erhöhung der Dauerhaftigkeit des Bauholzes als Summe von holzschützenden Einzelmaßnahmen.
4.1
Vorbeugende Schutzmaßnahmen
DIN 68800-1 bis -4
Der Holzschutz im Hochbau ist in der DIN 68800 geregelt. Unterschieden werden: • materialgerechte Verwendung von Holz und Verbindungsmitteln; • organisatorischer Holzschutz; • baulich-konstruktiver Holzschutz; • chemischer Holzschutz; • biologischer Holzschutz.
4.1.1
Materialgerechte Holz- und Verbindungsmittelverwendung
Bedeutet die Auswahl geeigneter Holzarten und Hilfsstoffe unter Berücksichtigung ihrer Materialeigenschaften. Einige Beispiele:
DIN 68364 und DIN EN 350
• Verwendung von Holzarten mit günstigen mechanischen Eigenschaften und erhöhter Resistenz – z.B. das Kernholz der meisten Tropenhölzer; • Berücksichtigung von Feuchtegehalt von Holz und späterem Umgebungsmilieu und der Feuchteaufnahmebereitschaft ( 45); • Vermeiden wassergefährdeter horizontaler Hirnholzflächen; • Schützen von Hirnholzflächen – z.B. durch Abschrägen oder Abdecken;
6 Dauerhaftigkeit
779
• Einführung von Entlastungsnuten zur Verminderung von Schwind- und Quellspannungen; • Planung der Formgebung von Bauteilen unter Berücksichtigung von Anisotropie oder Jahresringverlauf.
42 Holzbefall durch echten Hausschwamm
43 Typisches Wachstum von Blättlingen aus Trockenrissen
45 Nass verbaute Balken mit extremer Rissbildung
44 Bockkäfer (Hausbock od. Holzbock)
Das Koordinieren der Be- und Verarbeitungsstufen des Holzes, Vermeiden von Feuchtigkeitsanreicherungen während des Transports, der Lagerung und des Einbaus ( 45) sind in der Bauphase wichtige Beiträge zur Ausbildung dauerhafter Holzkonstruktionen. Einige Beispiele:
Organisatorischer Holzschutz
• richtige Lagerhaltungsmaßnahmen – abgelöst vom Boden und mit einer Abdeckung gegen Feuchtigkeit und UVStrahlung; • Abdecken von Holzschalung durch Folienbahnen durch die Zimmerleute nach der Ausführung der Zimmerarbeiten; • Vermeidung von Kondensatbildung innerhalb diffusionsdichter Verpackungen aus Kunststofffolien; • Schutz vor Baufeuchte aus Beton, Mauerwerk, Mörtel oder Putz durch Sperrschichten oder adäquate Terminkoordination.
4.1.2
780
4.1.3
VI Funktionen
Baulich-konstruktiver Holzschutz Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (Hg) (1994) "Holzschutz-Informationen für Architekten, Bauherren und Ingenieure"
Der baulich-konstruktive Holzschutz ist außerordentlich vielseitig ( 46-48). Geeignete Maßnahmen wurden über Jahrhunderte erfolgreich angewendet. Es handelt sich um eine Fülle teilweise altbekannter Einzelmaßnahmen, die um moderne Schutz- und Hygienemaßnahmen ergänzt wurden.3 Zu einem Holzbau in Böningen, Schweiz ( 46) heißt es: ...Um das Gebäude gegen die Bodenfeuchtigkeit zu schützen, ist es vom Boden abgehoben und nur durch einzelne Pfosten unterstützt; das Dach ist mit Schindeln bedeckt; und diese sind durch große Steine gegen das Abheben durch Stürme gesichert... 4
Einige Beispiele konstruktiven Holzschutzes: • Schutz gegen Niederschläge und Spritzwasser durch überstehende/auskragende Dächer ( 49, 50);
46 Käsespeicher in traditioneller Holzbauweise
• schnelles Ableiten von Wasser durch geneigte Oberflächen, Tropfkanten, Wasserspeier etc. ( 51); • Schutz gegen Feuchteleitung aus dem Wasser, Erdreich oder angrenzenden Baustoffen durch die Anordnung von Sperrschichten (Früher: Steinebenen, Bleibleche/Heute: Sperrbahnen); • Schutz gegen Tauwasserbildung im Bauteil durch Wahl einer nicht tauwassergefährdeten Konstruktion, geeignete Schichtenfolge ggf. raumseitige Dampfbremse, -sperre;
47 Traditionelle Fußpunktausbildung: Aufständerung in Walliser Speichergebäude (links); Holzstütze, Japan (rechts)
• Schutz der Holzoberfläche vor UV-Strahlung ( 52, 53); • Hinterlüften von Verschalungen ( 54); • Anordnen von Insektenschutzgittern; • richtiger Gebäudebetrieb: Lüften und Beheizen von Innenräumen.
48 Moderne Ausbildung eines Stützenfusses mit 15 cm Spritzwasserfreiheit
49 Traditionelle Holzbrücke im Ötztal mit einem geneigten Dach zum Schutz der eigentlichen Brückenkonstruktion vor Bewitterung
6 Dauerhaftigkeit
781
50 Grobgutlagerhalle mit einem weit auskragenden Dach als maßgebliche konstruktive Maßnahme zum Schutz der empfindlichen Holzfassade
53 Durch Bewitterung und UV-Strahlung partiell vergraute Holzfassade eines Wohnbaus
51 Abdeckung/Schutz von Hirnholzflächen
52 Vergraute Holzschindeln bei einer Scheune mit traditioneller Holzschindeldeckung. Die UV-Strahlung zersetzt das Lignin im Holz und führt langfristig zu Vergrauung, Rissebildung, Durchfeuchtung und Zerstörung.
54 Hinterlüftungsbereich mit Unterkonstruktion und Wetterhaut aus Holzschindeln. Holzschalungen sind grundsätzlich zu hinterlüften, wenn die Gefahr eines Wasserdurchtritts durch die Schalung besteht.
782
4.1.4
VI Funktionen
Chemischer Holzschutz
von griech. bios = Leben und lat. occidere = töten
Holzschutzmittel
Anwendung von chemischen Holzschutzmitteln zum vorbeugenden Schutz vor Pilz- und Insektenbefall. Diese sollen verhindern, dass Pilze und Insekten in das Holz eindringen und das Holz als Nahrung oder Wachstumsgrundlage verwenden und somit zerstören. Es handelt sich dabei durchweg um biozide Verbindungen. Chemische Holzschutzmittel sind aus einem oder mehreren bioziden Wirkstoffen und einem sog. Transportmittel aufgebaut (wasser- oder lösemittelhaltig). Weitere Zusatzstoffe können enthalten sein (Farbpigmente, Korrosionsschutz etc.). Es wird immer darauf hingewiesen, dass vor dem Einsatz chemischer Holzschutzmittel die breite Palette baulichkonstruktiver Holzschutzmaßnahmen auszuschöpfen ist. Die Problematik des chemischen Holzschutzes liegt in der Schwierigkeit, die Wirkung der Biozide auf die sogenannten Zielorganismen, also die Holzschädlinge, einzugrenzen. Unerwünschte Nebenwirkungen können auch die sogenannten Nicht-Zielorganismen, wie Tiere oder den Menschen, treffen. Erfahrungen der letzten 30 Jahre haben zu einer Sensibilisierung und erhöhten Vorsicht im Umgang mit chemischen Holzschutzmitteln geführt. Die Anwendung ist heute exakt festgeschrieben und eingegrenzt, Einbringverfahren genau auf Notwendigkeit (Art und Schwere des Befalls) und Anwenderkreis (Heimwerker, Fachfirma) abgestimmt. Man unterscheidet: • wasserlösliche bzw. wasserbasierte Holzschutzmittel: Überwiegend anorganische, aber auch organische Mittel, die mithilfe von Wasser in das Holz eingebracht werden. Sie werden bei frischem, halbtrockenem und trockenem Holz verwendet und stellen eine einfache und kostengünstige Maßnahme des chemischen Holzschutzes dar. Es werden unterschieden: •• nicht fixierende Salze (hier Bor- und Fluorverbindungen): diese bleiben wasserlöslich, das Holz darf daher weder in der Phase der Herstellung noch nach der konstruktiven Anwendung befeuchtet werden; •• fixierende Salze: sie sind für eine spätere direkte Befeuchtung geeignet, können also auch bei Außenbauteilen eingesetzt werden; Allen Salzen kann ein Farbstoff zugesetzt werden, damit die Schutzbehandlung nach außen erkennbar wird; • Holzschutzmittel auf öliger Basis: Missverständliche Bezeichnung für meist organische Holzschutzmittel, die in einem organischen Lösungsmittel gelöst sind. Sie werden bei trockenem und halbtrockenem Holz verwendet. Ölige Holzschutzmittel können auch als Anstrichmittel verwen-
6 Dauerhaftigkeit
783
det werden. Folgende Einbringverfahren von Holzschutzmitteln können unterschieden werden:
Einbringen von Holzschutzmitteln
• Druckimprägnierung; • Tauchimprägnierung; • Oberflächenbehandlung. Einbringmenge und -tiefe des Holzschutzmittels in das Bauteil unterscheiden sich nach angewandtem Verfahren und Holzsorte. Splintholz ist aufnahmefähiger als Kernholz, Fichtenholz und Douglasie sind schwer tränkbar, nasses Holz kann nicht mit öligen Holzschutzmitteln behandelt werden. Verfahren: Kesseldrucktränkung, Vakuumtränkung: Das Holzschutzmittel wird durch Druckgefälle in das Holzbauteil eingebracht. Kernholz wird im Randbereich durchtränkt, Splintholz kann je nach Verfahren auch vollständig durchtränkt werden. Aufwendiges Verfahren, das sich aber insbesondere für schwer zu behandelnde Holzarten eignet (z.B. Fichtenholz). Holzbauteile, die in dauerndem Kontakt mit Erde oder Wasser stehen, müssen mit diesem Verfahren imprägniert werden. Kesseldruckimprägnierungen können nur von speziell ausgestatteten Imprägnierbetrieben durchgeführt werden.
Kesseldruckimprägnierung
Verfahren: Tauchimprägnierung, T. i. im Langzeitverfahren: Schnittholz wird in Bündeln über mehrere Stunden oder sogar Tage in Trogtränkanlagen mit der Holzschutzmittellösung gelegt. Eine Eindringtiefe von mehreren Millimetern bis zu mehreren Zentimetern kann dabei erreicht werden.
Tauchimprägnierung
Verfahren: kurzzeitiges Tauchen, Spritzen oder Streichen: Das Holzschutzmittel dringt maximal nur wenige Millimeter in das Holzbauteil ein. Eine einfache Maßnahme, bei der lediglich die Oberfläche mit Holzschutzmittel behandelt wird.
Oberflächenbehandlung
Das Anstreichen von Holzoberflächen stellt eine weitere Form der Oberflächenbehandlung dar. Es muss nach dem Zweck der Maßnahme unterschieden werden:
Anstrich von Holzoberflächen
• ein deckender Anstrich – z.B. mit einem Kunststofflack – hat auch einen gestalterischen Zweck und schützt das Holz vor Vergrauung und direkter Bewitterung, womit freilich auch ein Schutz des Holzes vor Schädlingsbefall erreicht wird, wenngleich keine direkten Schutzmittel gegen Schädlinge aufgebracht wurden;
784
VI Funktionen
• Anstriche können auch eine kombinierte Schutzfunktion gegen Bewitterung und Schädlingsbefall ausüben. Hierfür werden Holzschutzgrundierungen und Holzschutzlasuren verwendet.
4.1.5
Biologischer Holzschutz
Anmerkungen
Er basiert auf dem Einsatz natürlicher Feinde oder Lockstoffe. Eswerden Schutzmaßnahmen getroffen oder Präparate verwendet, von denen angenommen wird, dass sie das Wohlbefinden des Menschen nicht beeinträchtigen. Diese Maßnahmen sind oftmals nur bedingt wirksam, bzw. zur wirklichen dauerhaften Abwehr von Holzschädlingen an gefährdeten Bauteilen ungeeignet. Beispiel: Wachsen von Holzoberflächen mit Bienenwachs, Bestreichen mit Holzessig.
1 2 3 4
Normen und Richtlinien
Zitat aus: Innenministerium BW (Hg) (1990) Eisen rostet, S. 35 Ebda S. 48ff Herzog et al (1991) Holzbauatlas Zwei, S. 58-61; auch Frick et al (1992) Baukonstruktionslehre Teil 1, S. 566 Zitat und 46 aus: Warth (1900) Die Konstruktion in Holz, S. 68 und Tafel 9
DIN 1045: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 3: 2012- 03 Bauausführung – Anwendungsregeln zu DIN EN 13670 DIN 68364: 2003-05 Kennwerte von Holzarten – Rohdichte, Elastizitätsmodul und Festigkeiten DIN 68800: Holzschutz Teil 1: 2011-10 Allgemeines Teil 2: 2012-02 Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau Teil 3: 2012-02 Vorbeugender Schutz von Holz mit Holzschutzmitteln Teil 4: 2012-02 Bekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen gegen Holz zerstörende Pilze und Insekten DIN EN 46: 2016-11 Holzschutzmittel – Bestimmung der vorbeugenden Wirkung gegenüber frisch geschlüpften Larven von Hylotrupes bajulus (Linnaeus) Teil 1: 2016-11 Anwendung durch Oberflächenverfahren (Laboratoriumsverfahren) Teil 2: 2016-11 Ovizide Wirkung (Laboratoriumsverfahren) DIN EN 47: 2016-11 Holzschutzmittel - Bestimmung der Grenze der Wirksamkeit gegenüber Larven von Hylotrupes bajulus (Linnaeus) – (Laboratoriumsverfahren) DIN EN 48: 2005-07 Holzschutzmittel – Bestimmung der bekämpfenden Wirkung gegenüber Larven von Anobium punctatum (De Geer) (Laboratoriumsverfahren) DIN EN 73: 2014-12 Holzschutzmittel – Beschleunigte Alterung von behandeltem Holz vor biologischen Prüfungen – Verdunstungsbeanspruchung DIN EN 84: 1997-05 Holzschutzmittel – Beschleunigte Alterung von behandeltem Holz vor biologischen Prüfungen – Auswasch-
6 Dauerhaftigkeit
beanspruchung DIN EN 113: 1996-11 Holzschutzmittel – Prüfverfahren zur Bestimmung der vorbeugenden Wirksamkeit gegen holzzerstörende Basidiomyceten - Bestimmung der Grenze der Wirksamkeit DIN EN 117: 2013-01 Holzschutzmittel – Bestimmung der Grenze der Wirksamkeit gegenüber Reticulitermes-Arten (Europäische Termiten) DIN EN 118: 2014-03 Holzschutzmittel – Bestimmung der vorbeugenden Wirkung gegenüber Reticulitermes-Arten (Europäische Termiten) (Laboratoriumsverfahren) DIN EN 152: 2012-02 Holzschutzmittel – Bestimmung der vorbeugenden Wirksamkeit einer Schutzbehandlung von verarbeitetem Holz gegen Bläuepilze (Laboratoriumsverfahren) DIN EN 212: 2003-09 Holzschutzmittel – Allgemeine Anleitung für die Probenahme und Probenvorbereitung von Holzschutzmitteln und von behandeltem Holz für die Analyse DIN EN 206: 2017-01 Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität DIN EN 252: 2015-01 Freiland-Prüfverfahren zur Bestimmung der relativen Schutzwirkung eines Holzschutzmittels im Erdkontakt DIN EN 330: 2015-01 Holzschutzmittel – Bestimmung der relativen Wirksamkeit eines Holzschutzmittels zur Anwendung unter einem Anstrich und ohne Erdkontakt – Freilandprüfung: L-Verbindungsmethode DIN EN 350: 2016-12 Dauerhaftigkeit von Holz und Holzprodukten – Prüfung und Klassifizierung der Dauerhaftigkeit von Holz und Holzprodukten gegen biologischen Angriff DIN EN 350 Berichtigung 1: 2017-05 Berichtigung zu DIN EN 350 2016-12 DIN EN 1504: Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken Teil 1: 2005-10 Definitionen Teil 2: 2005-01 Oberflächenschutzprodukte und -systeme für Beton Teil 3: 2006-03 Instandsetzungsbeton und -mörtel Teil 4: 2005-02 Kleber für Bauzwecke Teil 5: 2013-06 Injektion von Betonbauteilen Teil 6: 2006-11 Verankerung von Bewehrungsstäben Teil 7: 2006-11 Korrosionsschutz der Bewehrung Teil 8: 2016-08 Qualitätskontrolle und Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit Teil 9: 2008-11 Allgemeine Grundsätze für die Anwendung von Produkten und Systemen Teil 10: 2017-12 Anwendung von Produkten und Systemen auf der Baustelle, Qualitätsüberwachung der Ausführung DIN EN 13636: 2004-10 Kathodischer Korrosionsschutz von unterirdischen metallenen Tankanlagen und zugehörigen Rohrleitungen DIN EN 13670: 2011-03 Ausführung von Tragwerken aus Beton DIN EN ISO 1461: 2009-10 Durch Feuerverzinken auf Stahl aufgebrachte Zinküberzüge (Feuerverzinken) DIN EN ISO 12944: Beschichtungsstoffe – Korrossionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme
785
786
VI Funktionen
Teil 1: 2018-04 Allgemeine Einleitung Teil 2: 2018-04 Einteilung der Umgebungsbedingungen Teil 3: 2018-04 Grundregeln zur Gestaltung Teil 4: 2018-04 Arten von Oberflächen und Oberflächenvorbereitung Teil 5: 2018-04 Beschichtungssysteme Teil 6: 2018-04 Laborprüfungen zur Bewertung von Beschichtungssystemen Teil 7: 2018-04 Ausführung und Überwachung der Beschichtungsarbeiten Teil 8: 2018-04 Erarbeiten von Spezifikationen für Erstschutz und Instandsetzung Teil 9: 2018-04 Beschichtungssysteme und Leistungsprüfverfahren im Labor für Bauwerke im Offshorebereich
I
KONSTRUIEREN
II II-1 II-2 II-3
STRUKTUR ORDNUNG UND GLIEDERUNG INDUSTRIELLES BAUEN MASSORDNUNG
III III-1 III-2 III-3 III-4 III-5 III-6
NACHHALTIGKEIT KONTEXT ÖKOLOGIE ÖKONOMIE SOZIALES ÖKOBILANZEN RECYCLING
IV IV-1 IV-2 IV-3 IV-4 IV-5 IV-6 IV-7 IV-8 IV-9
STOFFE MATERIE WERKSTOFF STEIN BETON HOLZ STAHL BEWEHRTER BETON KUNSTSTOFF GLAS
V
BAUPRODUKTE
V-1 V-2
KÜNSTLICHE STEINE HOLZPRODUKTE
V-3 STAHLPRODUKTE V-4 GLASPRODUKTE V-5 KUNSTSTOFFPRODUKTE VI VI-1 VI-2 VI-3 VI-4 Register ......................................................................... 788 Literaturverzeichnis ....................................................... 809 Bildnachweis ................................................................. 818 Danksagung .................................................................. 822
FUNKTIONEN SPEKTRUM KRAFTLEITEN THERMOHYGRISCHE FUNKTIONEN SCHALLSCHUTZ
VI-5 BRANDSCHUTZ VI-6 DAUERHAFTIGKEIT ANHANG
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019 J. L. Moro, Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57403-4
788
Register A _ siehe Wärmedehnzahl Abbinden 212f, 254, 321 Abbindewärme 213, 266 Abbranddicke 396, 720, 736 Abdichtung 373, 447, 643f, 647, 660ff, 674f, siehe auch Sperrbahn Abfall 48, 104, 107, 109, 129, 130, 146-155, 411 siehe auch Sachbilanz Abfallbehandlung 110, 112, 130 Abfallkategorie 109 siehe auch Sachbilanz Abfallprodukt 160, 210 Abfallstoff 129, 160 siehe auch Entsorgung Abgas 166f abiotische Ressource 107, 111, 146-155 siehe auch Wirkungsabschätzung Ablagerung 253, 766 Abmessung 11, 33, 38, 58f, 68, 85, 88f, 94, 191, 195, 202f, 254, 260, 281, 316, 356, 364, 387, 394, 417, 584, 623, 728, 731, 734, 738ff, 745, 754 siehe auch Maß Abnutzung 117, 123f, 126 siehe auch Lebensdauer Abnutzungsvorrat 126f, 128, 129 siehe auch Alterung Abplatzen 232, 236, 305 Abriss 110, 112, 132 siehe auch Lebenszyklus Abschottung 698, 727, 730, 732, 735, 758 Abschrecken 288, 295 Absorption 139, 436f, 686, 688, 713 Absorptionsfläche 688, 702 Abstandshalter 306, 335, 438, 440, 656, 681, 747, 774 Abstrahleffekt 706 Abwasserbehandlung 164 abwehrender Brandschutz 716 Achsbezug 76, 77, 79 Achsraster 79, 81ff, 92f siehe auch Bandraster Achssystem 74, 77, 81, 82 Achtelmeter 68f siehe auch oktametrisches Maßsystem Acidification Potential siehe Versauerungspotenzial Acrylglas 119, 346, 459 siehe auch Polymethylmethacrylat actio 504, 508 siehe auch reactio addierte Funktionsschale 708f Additiv 171 Adhäsion 250, 255, 277 Adobe 304 ADPE 107, 146-155 siehe auch Verknappung abiotischer Ressourcen ADPF 107, 146-155 siehe auch Verknappung abiotischer Ressourcen Adsorption 207, 210, 221, 225f Aerogel 335, 450, 451, 452 siehe auch Silica-Aerogel Akustik 467, 489, 684, 713 akustische Eigenschaft 138, 713 siehe auch soziokulturelle Qualität Alkalimetall 326f, 460
I Konstruieren
Alterung 117, 123, 125, 169, 439, 662, 784 siehe auch Lebensdauer Alterungsprozess 117 siehe auch Lebenszyklus Altglas 163, 169 siehe auch Recycling Altgummi 163, 173 siehe auch Recycling Altholz 162, 175-178, 184 siehe auch Recycling von Holz Altholzkategorie 176-178 siehe auch Recycling von Holz Altreifen 163f,173 siehe auch Recycling Aluminiumfensterprofil 658 Aluminiumoxid 203, 211, 328, 435 amorphe Struktur 198f, 201, 230, 235, 326f Amplitude 684f Anatomie 64 angenommene Lebensdauer 116, 124 siehe auch erwartete Lebensdauer Anhydrit 120, 210, 214 Anisotropie 205, 215, 231, 242, 254, 277, 279, 282, 295, 307, 390f, 779 Anmachwasser 166, 209f, 212, 213, 264267, 308, 356 Anmachwasseranteil 166 Anode 764ff, 773, 775 anorganischer Werkstoff 129 anpassungsfähiges System 451 Anpassungsfähigkeit 55, 100, 138, 143 siehe auch soziokulturelle Qualität Anprall 142, 481f siehe auch außergewöhnliche Einwirkung Anstrich 118,120f, 223, 282, 291, 301, 327, 331, 450, 658, 720, 729, 746f, 770ff, 777, 783-785 antiklastisch 516, 634, 637 antiklastische Krümmung 516, 634 AP 107, 146-155 siehe Versauerungspotenzial Äquivalent 107f, 111, 156f, 604 siehe auch Wirkungsabschätzung äquivalente Luftschichtdicke 649 siehe auch Dampfdiffusionswiderstand äquivalenter bewerteter Norm-Trittschallpegel 703 Arbeitsfuge 37f arbeitsteiliges System 497 Arbeitsteilung 38, 47, 54, 322, 497 Argeton 362 siehe Ziegel-Vorhangfassade Armierung 375, 378f, 747 siehe auch Bewehrung Armierungsschicht 378f aromatisches Polyamid 342, 348, 460 siehe auch Aramid A-Schallpegel 688 siehe auch bewerteter Schallpegel Asche 164f, 173, 312, 326, 356, 366, 380, 435 Ashby-Kurve siehe S-Kurve Aspdin 264 Atmosphäre 108, 156, 175, 177, 222, 233, 356, 487, 764, 770, 772, 774f Atom 190-198, 200-204, 216, 218, 220, 222, 227f, 236, 287 Atombindung 191, 193, 194, 195f, 201ff, 287 siehe kovalente Bindung Atomhülle 190ff, 194 Atomkern 190, 194, 196 Atomrumpf 192, siehe auch Ion
Aufarbeitung 105, 130, 161, 176, 178 Aufgabenteilung 31, 341 aufgehendes Hüllbauteil 487, 489, 493 siehe auch nicht erdberührtes Hüllbauteil Auflager 249, 510, 528, 530, 532, 534, 536ff, 540, 542-545, 548, 565, 571, 582, 593, 595, 617, 623, 728, 732, 769 Auflast 249, 255f, 259f, 481-484, 526, 586, 597, 600, 602, 623, 734 Aufmaß 85 Aufschluss 170, 180, 182, 385 siehe auch Werkstoffrecycling Aufschlusszerkleinerung 170 siehe auch Recycling Ausarbeiten 7f Ausbaumaß 67, 82 Ausbauraster 77, 79, 82 Ausbeulen 404, 612 siehe auch Beulen Ausblühung 362 Ausdruckskraft 13, 24f Ausführungsplanung 4f Ausgangsstoff 165, 191, 211, 319, 356, 364, 366, 373 siehe auch Recycling Ausknicken 305, 608-611, 619, 621, 622 siehe auch Knicken Auskragung 506, 528, 530, 532, 562f, 565, 568, 571, 574 Auskreuzung 614 Außenbauteil 477, 480, 633 Außendämmung 666f Außenhülle 476 siehe auch Hülle Außenlärm 684 Außenluft 140, 489 Außenmaß 69 Außenputz 211, 373ff, 380f, 664f Außenwand 32, 73, 118f, 133, 358, 363, 367, 374f, 377, 398, 419ff, 491, 499, 627, 636, 642, 650, 652, 664-672, 676ff, 681 siehe auch Außenhülle äußere Belastung 11, 256, 498ff, 502, 508, 517f, 520, 522, 528, 532, 534, 536, 538, 540, 541, 542, 544, 548, 552, 553, 554, 556, 558, 562, 564, 565, 570, 571, 576, 582, 637, 639 äußere Hülle 631 siehe auch Außenhülle äußeres Hüllbauteil 490 außergewöhnliche Einwirkung 141, 640 Austausch 17f, 110, 112, 117, 130f, 134, 141, 143 siehe auch Lebenszyklus Auswertung 106 siehe auch Ökobilanz Automatisierung 46, 54, 57 siehe auch CAD/CAM; siehe auch CNC Avogadro-Zahl 190 axiale Belastung 278, 513f, 516, 540f siehe auch Belastung
B Backstein 354 siehe auch Ziegelstein Balkendecke 120, 593, 607, 692, 706, 708, 734, 738, 740, 742 Balkenschichtholz 391f, 393, 407 Band 79, 204, 289, 292f, 415, 417f, 429f, 436, 447, 543, 614, 681, 770
789
Bandraster 79, 81ff siehe auch Achsraster Barcelona-Pavillon 243 Barrierefreiheit 100, 138 siehe auch soziokulturelle Qualität BaSH 386, 391, 393 siehe auch Balkenschichtholz Basic Oxygen Furnace 167 siehe auch Sauerstoffblasverfahren Basisglas 436, 438 siehe auch Floatglas Bauakustik 477, 489f, 684, 687f, 713 siehe auch Schallschutz bauakustisch 490, 684, 686f, 690-695, 698, 700, 704, 706ff, 710, 713 Baufeuchte 456, 489, 676, 678, 779 Bauform 4, 48, 50, 52f, 242f, 631 Baufurniersperrholz 398 siehe auch Sperrholz Bauglas 169, 326, 447, 453 Baugruppe 41, 160, 180, 327 siehe auch technische Komplexität Bauhalbzeug 40 siehe auch Halbzeug Bauholz 156, 162, 175ff, 224, 234, 272, 277ff, 281, 386, 388-391, 407f, 720, 778 Baukastensystem 40 siehe auch Bausystem Baukomponente 54, 160f, 424, 471, 473, 491 siehe auch Komponente bauliche Einzelfunktion 32, 471, siehe auch bauliche Teilfunktion bauliche Grundfunktion 30, 469ff, 498, bauliche Teilfunktion 26, 30, 32, 100, 240, 471f, 474, 492, 494, 496, 498, 605, 642, 650, 656-681 baulich-konstruktiver Holzschutz 778, 780, 782 Baum 33, 156, 216, 272ff, 277-280, 384, 386, 390f, 486 Baumkante 387f, 393 Baumstamm 33, 216, 272ff, 277f, 386, 390f Baunormzahlen 66ff siehe auch Normzahlenreihe Bauplatz 55 siehe auch Baustelle Bauprinzip 31, 34ff, 84, 294, 297, 309, 497 Baurationalisierung 50 siehe auch Rationalisierung Baurecht 717f Baurichtmaß 67f Baurundholz 386 siehe auch Rundholz Bauschalldämmmaß 688, 701 Bauschutt 164f, 168 Baustahl 152, 157, 226, 228, 229, 289ff, 296, 298f, 301, 412-414, 420, 430, 745, Baustein 28, 161, 169, 174, 198-204, 216, 223, 225-228, 233, 248, 250, 310, 368, 372, 448, 582f, 596ff, 600604, 639 Baustelle 2f, 20, 38, 48, 55, 57, 59f, 110 Baustelleneinrichtung 131, 133 Baustellenfertigung 60 Baustellenfertigung 60, 369 Baustoffklasse 276, 718, 722, 726, 732, 740 Bausubstanz 110, 123, 128, 143, 188, 476,
762f Bauteil 11f, 17, 26-29, 32-36, 38-42, 53, 55, 57-59, 61, 64, 67f, 74-80, 83-88, 94, 99f, 110, 117-127, 178, 180-183, 190, 213, 224f, 228-236, 240, 250, 255, 265, 277f, 281f, 290ff, 297f, 300f, 305-310, 313-322, 332ff, 345, 358, 365, 372, 379, 381, 390-398, 420, 425f, 437, 448, 456, 459, 469-493, 496-504, 507f, 512520, 524-544, 552, 580-586, 596f, 600-614, 633f, 637, 642, 645-649, 654, 656, 658, 676, 680, 684-698, 700, 702, 706, 708, 710, 712f, 717, 719-731, 734-740, 744, 746f, 749f, 754, 758f, 768, 770, 772, 774, 778-785 Bauteilbezug 77, 79 Achsbezug 76f, 79 Grenzbezug 76-79 Mittellage 76, 78f Randlage 76, 78f Bauteilfuge 84, 484, 647 siehe auch Fuge Bauunterhaltskosten 134 siehe auch Lebenszykluskosten Bauweise 12ff, 17-20, 31-39, 60f, 74, 80, 84, 166, 181, 243, 260, 281, 283, 297, 299, 309, 368, 403, 405, 411, 434, 447, 592, 597, 633, 650-654, 670f, 762, 780 Bauwirtschaft 38, 40, 46, 177 Beanspruchung 15, 26, 28, 32f, 35, 126, 210, 222, 229, 231, 250, 256f, 259, 266, 277f, 298, 300, 307, 309, 342, 394, 403, 431, 445, 470, 481ff, 491, 493, 500, 504, 508, 510, 512ff, 516-524, 544, 548, 580f, 584ff, 589, 592-605, 611-623, 627, 630-634, 637, 639, 672, 708, 723-727, 738, 744, 750ff, 758f, 772, 784 bedingt lösbare Verbindung 182 Befestigung 172, 334, 516, 612, 619, 631, 637, 681, 692, 706, 708f, 728, 730, 747, 748, 768 Behaglichkeit 100, 138-143, 469, 472, 474, 646 siehe auch soziokulturelle Qualität Behälterglas 169 Behauen 250f, 385 Beimengung 167, 326, 368, 451, 664 Bekleidung 88, 118-122, 133, 401, 417, 720, 726, 728-732, 738ff, 744-750, 759 Belastung 11, 130, 140, 143, 156, 177f, 215, 222, 224, 228-231, 242, 245, 253-256, 259, 266, 277f, 280, 282, 290, 295f, 307, 320f, 332, 481-486, 495, 497-500, 504-508, 513-517, 524, 526ff, 530, 532, 534, 536, 538, 540ff, 544f, 548, 552ff, 556, 558, 562, 564f, 570f, 576, 581, 584, 592, 597, 600, 608, 610, 616, 619, 623, 627, 636f, 639, 646, 676, 734, 744, 769, 772, 776 Beleuchtung 133, 139, 475, 477, 478 Beleuchtungsstärke 139 Belichtung 26, 32, 434, 475, 477, 479
Belüftung 234, 475f, 478, 766 Benetzung 220, 221, 267 Bergersches Massengesetz 690 Beschaffung 131, 142f Beschichtung 118, 120f, 163, 169, 172, 176, 178, 180, 233, 291, 300, 314, 316, 327, 334, 372f, 378, 385, 401, 417, 439f, 443f, 448, 453, 461, 582, 656, 658f, 681, 729, 746f, 758, 770, 772, 777, 785f Beseitigung 110, 112, 117, 129f, 143, 146, 160, 162, 173, 176, 181, 183f siehe auch Lebenszyklus Bessemerkonverter 410 Beständigkeit 141, 202, 216, 237, 308, 328f, 340, 357, 373, 413, 422, 439, 460, 464, 738, 785 Bestrahlung 117, 234 Beton 11-14, 20, 33, 36ff, 43, 50, 56f, 60-63, 84, 88, 117-122, 130, 134, 146f, 157, 162-168, 172, 180, 184f, 189, 204f, 209, 212f, 223f, 226, 229f, 233, 236, 241, 243, 245f, 253f, 257, 260f, 264-270, 278, 282, 287, 289-295, 301, 304-324, 331, 341f, 349, 354, 361, 366ff, 380, 384, 398, 418f, 424ff, 448f, 484, 584-586, 630, 633, 643, 647, 660, 661, 663, 690ff, 719f, 728, 730-737, 746, 748-759, 762f, 769, 774-779, 784f Betondeckung 305, 314, 731, 754ff, 774 siehe auch Betonüberdeckung Faserbeton 310, 313-317, 323, 425f Glasfaserbeton 313f glasfasermodifizierter Beton 313 Hochleistungsbeton 310-312, 323 kunststofffasermodifizierter Beton 313, 316 Mindestüberdeckung 306 Rissbreite 231, 307, 316 Stahlfaserbeton 313, 315f, 323, 425f stahlfaserverstärkter Beton 313 textilbewehrter Beton 313ff, 323 ultrahochfester Beton 312, 426 Betonbrechsand siehe Betonrecycling Beton C 20/25 146, 157, 269, Beton C 30/37 147, 157, 166 Betonglas 449 Betoninstandsetzung 776 Betonrecycling 164f Betonrest 165 siehe auch Recycling Betonsplitt 165f siehe auch Betonrecycling Betonstabstahl 289, 324, 424f Betonstahl 409, 424, 425 Profilierung 306 Betonstahlfaser 424f Betonstahlmatte 324, 424f Betonstein 214, 254, 354, 366, 367, 692 Hohlblock aus Beton 261, 366f, 380 Vollblock aus Beton 261, 366, 380 Betonüberdeckung 306, 720, 732ff, 762 Betrachtungszeitraum 124 siehe auch Lebensdauer Betrieb 54, 112, 116, 123, 126, 130ff, 143, 492, 648, 716f, 730, 762, 768, 780 siehe auch Lebenszyklus
790
bewegliches System 514f, 634 bewegte Luftschicht 645, 666-675 siehe auch Hinter- oder Unterlüftung bewehrt 38, 236, 261, 264f, 269, 304f, 307, 309, 313ff, 317-323, 361, 365, 379ff, 449, 584, 734, Bewehrung 11, 38, 162, 165, 189, 230, 232, 236, 264ff, 268, 289, 304309, 313ff, 318, 320, 322, 324, 328, 341, 360, 365, 368, 375, 418, 424ff, 585f, 719f, 731-734, 736, 752, 755f, 774-777, 785 Schlaufenbewehrung 305 Schwindbewehrung 305, 307 Bewehrungsdraht 324, 424 bewerteter Norm-Trittschallpegel 703 bewerteter Schallpegel 688 bewertetes Bauschalldämmmaß 688, 701 bewertetes Schalldämmmaß 688, 691, 697, 711 Bewertungssystem 100 Bewitterung 74, 117, 232, 301, 470, 645, 780f, 783f Bezugsart 76, 78, 80 Biegebeanspruchung 33, 300, 512, 514ff, 524, 585f, 589, 593, 595, 600, 603, 605, 612, 616-621, 630ff Biegedruckspannung 278, 300, 511, 601, 632f Biegeknicken 619, 620 Biegelinie 528, 530, 532, 534, 536, 538, 544, 548, 556, 558, 560, 562, 564f, 570 Biegemoment 508, 513f, 518, 520, 528548, 551-573, 576, 579, 599, 621, 623, 627 siehe auch Moment biegesteifes System 495, 514 biegeweiche Schale 692-698, 700, 706 Biegezugspannung 249, 256, 258, 260, 272, 306, 445, 510f, 585, 593, 601, 632 Biegung 249, 265, 272, 278, 334, 394, 447, 474, 510, 513, 517, 519, 52ff, 564f, 570f, 576, 580, 584ff, 589, 593, 596, 600, 603, 610f, 616f, 619, 621f, 627, 630, 634, 723 Bindemittel 173, 197, 201, 205f, 209ff, 213f Binderverband 71f siehe auch Kopfverband Bindungsart 193f, 197 biologischer Holzschutz 778, 784 biologischer Umwandlungsprozess 129 Blech 37, 40ff, 415, 119-122, 152, 289, 292ff, 297f, 300, 405, 415-421, 426, 429f, 461, 632, 656f, 691, 698, 768, 770f, 773, 780 Blendschutz 477 Blendungsbewertung 139 siehe auch soziokulturelle Qualität Blockstein 70f, 362, 364, 367 Blockverband 71f Boden 26, 76, 88, 105, 108f, 111, 117f, 120f, 123, 125, 128, 133f-140, 146-155, 162f, 171ff, 221, 315, 317, 398, 457, 470, 484f, 487f, 491, 493f, 522, 634, 639, 676, 704f, 708, 721, 725, 742, 744, 758, 779, 780
I Konstruieren
Bodenbelag 704f siehe auch Fußbodenbelag Bodenmechanik 221, 522 BOF 166f siehe auch Sauerstoffblasverfahren Bogen 11, 542, 600, 602 Bogenstich 542 Borke 274 Borosilicatglas 328f Brand 164, 191, 234ff, 238, 283, 291, 301, 306, 308, 322, 429, 457, 477, 491, 494, 639, 716-759, Brandabschottung 730, 734 Brandausbreitung 716f, 720, 727, 730 Brandbeanspruchung 491, 724, 726f, 750 Brandlast 235, 236, 720 Brandmeldesystem 141 siehe auch Brandschutz Brandschutz 100, 118, 120f, 141, 162, 291, 301, 308, 322, 356, 364, 396, 403, 419, 472, 475, 477, 480, 491, 716-759 abwehrende Maßnahmen 716f Achsabstand 731ff, 754ff Bekleidung 720, 729, 730, 738, 740, 744, 745, 746, 748, 750, 759 Bemessung 729, 739, 744, 754ff Kühlung 729f vorbeugende Maßnahmen 472, 716f, 727, Brandschutzbauplatte 747, 750 Brandschutzfunktion 726 Brandschutzklappe 724, 729 Brandschutzmaterial 720, 752, 754 Brandschutzverglasung 752f, 758 Brandüberschlag 491 Brandverhalten 141, 223, 235, 715, 718723, 728, 758f Brandversuch 723f Brandzeit 236 Branntkalk 209, 214, 362 Brecher 164, 168 siehe auch Recycling Breitflanschstahl 416 Breitflanschträger 417 siehe auch IPBProfil Bremsen 642, 649, 655, 670, 736 brennbar 234ff, 272, 276, 283, 384, 717726, 732, 738f brennbarer Baustoff 718f, 723 Brennbarkeit 234, 272, 717, 720f Brennen 161, 206ff, 214, 235, 254, 269, 358, 360, 362, 457, 491, 716ff, 721f, 725 brennendes Abfallen 718, 722, 725 brennendes Abtropfen 718, 722, 725 Brennwert 164, 170, 175 siehe auch Entsorgung Bretterschalung 176, 593, 743 Brettlamelle 391-394, 396 Brettschichtholz 35, 151, 157, 391f, 393f, 395, 407, 737ff Brettsperrholz 391f, 394-396, 736 Brettstapelholz 391, 394, 395, 400 Bronze 46, 286, 384, 410 Bruch 29, 37, 50, 65f, 168, 184, 191, 196, 226ff, 229-232, 240, 242, 245f, 248ff, 258, 267, 278, 290, 296, 327-333, 348f, 413, 422, 445f,
462, 512f, 517f, 520, 522, 580 Bruchspannung 232, 258, 267, 296, 348, 445, 512, 580 Ermüdungsbruch 230 Trennbruch 228, 229, 230, 246 Verformungsbruch 229 Bruchfläche 229, 230, 232 Bruchgrenze 267, 290, 296 Bruchspannung 232, 258, 267, 296, 348, 445, 512, 580 Bruchsteinmauerwerk 248f BSH 386, 391, 393f, 739 siehe Brettschichtholz BSPH 391, 394, 396 siehe auch Brettsperrholz Bündel 216f, 275ff, 427ff, 732, 783 siehe auch Seil Butyl 349, 438f, 462f Butylkautschuk 349 siehe auch Polyisobutylen
C CAD 58, 59 CAD/CAM 57ff, 310, 425 siehe auch Automatisierung; siehe auch CNC Calciumcarbonat 209, 774 siehe auch Kalkstein Calciumoxid 206, 209, 211, 328, 435 Calciumsilicathydrat 212 siehe auch Porenbetonstein Calciumsulfathydrat 210f Calculated Service Life 124 siehe rechnerische Nutzungsdauer Carbonatisierung 209ff, 233, 308, 316, 774ff Celluloid 217 Cellulose 177, 201f, 216f, 273, 276f Celluloseherstellung 177 siehe auch Recycling von Holz CFK 174 siehe kohlefaserverstärkter Kunststoff Chemikalie 141, 188, 460, 778 chemische Bindung 178, 191, 193, 198, 203, 210f, 216, 220, 222, 224, 230, 233, 266, 287, 328, 338, 342, 345ff, 349, 764, 782 chemischer Aufbau 188, 198, 207, 216 chemischer Holzschutz 778, 782 Chinesische Mauer 259 Chlorideinwirkung 166, 774, 776 Chlorophyll 202 CNC 58, 294, 300 siehe auch Automatisierung; siehe auch CAD/CAM CO2 107f, 111, 146-155, 157, 175, 209ff, 214, 328, 451, 770, 774f siehe auch Kohlendioxid Coalbrookdale-Brücke 243 Colour Rendering Index 139 siehe auch Farbwiedergabeindex Coulombsche Kraft 195 Cradle to Gate 110 siehe auch Lebenszyklus; siehe auch von der Wiege bis zum Werkstor Cradle to Grave 110 siehe auch Lebenszyklus; siehe auch von der Wiege bis zur Bahre
791
Curtain Wall 435 siehe auch Vorhangfassade
D Dach 11, 33, 117, 121f, 133, 162f, 168, 170, 172, 176, 185, 243, 282, 314, 354, 365, 380, 385, 398ff, 403, 417, 420f, 428, 442, 456-459, 469f, 482, 484, 487, 491, 607, 639, 644, 652, 654, 660-663, 672-676, 743f, 749f, 752, 758f, 770, 780f dämmschichtbildende Beschichtung 746f Dämmstoff 74, 122, 155, 157, 163, 174, 328, 334f, 449, 451, 459, 461, 662, 666, 668, 693f, 700, 706, 739f, 743, 758 Dampf 46, 50, 122, 171, 190, 193, 210, 222, 254, 280, 328, 330, 356, 362, 364, 367, 373, 377ff, 381, 384f, 401, 438-441, 456f, 460, 475, 476, 480, 487ff, 642-682, 768, 780 siehe auch Wasserdampf Dampfbehandlung 254 Dampfbremse 456, 643, 649-655, 666, 670, 672, 674, 780 Dampfdiffusion 122, 210, 328, 373, 378, 476, 480, 487, 642, 644ff, 648f,651f, 654, 658, 662, 664, 666, 668, 672, 674, 678 Dampfdiffusionsfähigkeit 210, 378, 480, 645, 648, 664 dampfdiffusionsoffen 122, 644 Dampfdiffusionswiderstand 649, 651, 654, 662, 664, 672, 674 Dampfdruckausgleichsfolie 661 siehe auch Dampfdruckausgleichsschicht Dampfdruckausgleichsschicht 660 Dampfdruckgefälle 480, 487, 489, 645 Dampffalle 643, 645, 652, 656, 658, 660, 682 Dampffalleneffekt siehe Dampffalle Dampfsperre 373, 647-653, 660-663, 670678, 768 Dampftransport 488, 648ff, 664, 676 Dauerhaftigkeit 15, 24, 27, 117, 125, 165, 202, 204, 207, 211, 222, 242, 244f, 268, 272, 282, 308, 310, 316, 322, 341, 381, 426, 471ff, 492, 494, 497, 642, 644, 668, 762-785 Decke 11, 14, 18, 26, 28f, 33, 43, 60, 64, 67, 77, 88f, 120f, 132f, 163, 168, 176, 243, 272, 315, 361, 365, 372, 390, 394, 396, 398, 400-403, 417ff, 442, 448f, 474, 477, 482f, 490f, 496, 499, 512, 585, 592f, 596, 600, 602, 604, 607, 620, 661, 663, 692, 698, 700, 702-709, 721, 725-756, Deckenscheibe 11, 585, 600 Dehnung 85, 199, 222f, 232, 236, 256, 258, 267, 278, 280, 295, 296f, 307f, 328, 331f, 348, 354, 413, 422, 449, 457, 461, 507, 514f, 540544, 552f, 633ff, 728, 745 demontagegerechte Konstruktion 180f siehe auch recyclinggerechtes
Konstruieren demontagegerechte Verbindungstechnik 181 siehe auch recyclinggerechtes Konstruieren Demontagezugriff 183 siehe auch recyclinggerechtes Konstruieren Deponie 107ff, 128, 146-155, 160ff, 172f, 177, 184, 329 siehe auch Entsorgung Deponiekosten 160 Detail 3f, 6, 7, 15, 17f, 25f, 37, 100, 183, 243, 319, 492, 494, 597, 602, 623, 627, 630, 721, 730, 768f, 775 siehe auch Konstruktionsdetail Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen 99f siehe auch DGNB Dezimalsystem 74 DGNB 99f, 494 siehe auch Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB-Zertifizierungssystem 99 Diagenese 205, 254 Diagonalstab 297, 612f Diagonalverband 610f, 614, 622 siehe auch Auskreuzung Diagonalversteifung 613f, 621f, 627 siehe auch Auskreuzung Dicalciumsilicat 211 Dichtheit 61, 125, 210, 240, 252, 269, 312, 439, 642ff, 649, 652, 656, 660, 664, 672, 674, 676, 708, 725f, 738, 742, 744 Dichtigkeit siehe Dichtheit Dichtprinzip 462, 643f, 647, 678, 680 Dienstleistung 126, 138, 142 Differenzialbauweise siehe Differenzialprinzip Differenzialprinzip 35ff, 297f Differenzierung 31ff, 38, 47, 55, 80, 477, 718 digital 28, 46, 49, 53, 54, 57ff, 291, 497 Dimensionierung 11, 29, 498, 500, 514, 517, 692, 719, 729 Dipol 194, 195, 197, 220f Direktreduktionsverfahren 411 dominierende Belastung 499f Doppelmembrane 515, 516, 635 Doppelstegplatte 349, 462 Doppelzuweisung 649 Downcycling 128, 130, 166, 168f siehe auch Recycling Drahtfaser 425f Drahtglas 435f, 445f, 453 Dränplatte 676f Dreifach-Isolierglas 153, 437 Dreifeldträger 539f Dreigelenkrahmen 495, 548, 550 Dreischeiben-Isolierglas 438 siehe auch Dreifach-Isolierglas Dreischichtplatte 398f dreiseitig beflammt 727, 731, 737f, 740, 745, 752 Dreistoffdiagramm 164 siehe auch Sekundärrohstoff Drillmoment 508, 586, 592, 601, 639 siehe auch Torsionsmoment Drillverformung 586-589, 592 Druck 33, 37, 174, 190, 193, 203, 205, 210,
222, 225, 227, 228-231, 240, 245f, 249, 252-261, 264-269, 272, 277f, 282f, 290, 294ff, 300f, 304-312, 316, 322, 328, 330, 332, 335, 340-349, 356-362, 368, 370ff, 389, 393, 400ff, 411, 414, 422, 426, 431, 445f, 457, 459, 461, 476, 480, 482-489, 508, 510-524, 540545, 549, 552ff, 580, 582, 584ff, 592ff, 596-603, 607-613, 618-621, 631-634, 643, 645, 647, 653, 658, 660ff, 670, 672, 674, 676, 678, 685, 687, 738, 783 Druckbeanspruchung 33, 266, 278, 510, 515, 580, 594, 598, 611, 612, 618, 738 Druckdifferenz 515, 634 Druckfestigkeit 227, 230, 254, 258-261, 269, 278, 283, 295, 301, 305f, 311f, 322, 330, 332, 341, 345, 356, 357-360, 371f, 459, 584 Druckgurt 306, 618 Druckspannung 33, 249, 252, 256, 278, 300, 445, 510f, 601, 632f, 738 Druckstab 510f, 540f Druckdifferenz 515, 634 drückendes Wasser 118, 481, 484f, 676 Druckfestigkeit 227, 230, 254, 258-261, 269, 278, 283, 295, 301, 305f, 311f, 322, 330, 332, 341, 345, 356, 357-360, 371f, 459, 584 Druckfestigkeitsklasse 260, 357ff Druckimprägnierung 118, 783 druckkraftwirksame Übergreifung 596, 602 Druckspannung 33, 249, 252, 256, 278, 300, 445, 510f, 601, 632f, 738 Druckstab 510f, 540f duktiles Verhalten 245, 301 siehe auch Zähigkeit Duktilität 242, 288, 299, 307 siehe auch Zähfestigkeit; siehe auch Zähigkeit Düngemittel 167 Dünnbettmörtel 69, 358, 360, 363, 365, 370, 371 Dünnformat 69, 357 siehe auch DF Duoträger 393 Duplex-System 772 Durchfeuchtung 494, 649, 660, 781 durchgehende Stoßfuge 259 siehe auch Verband Durchschlagen 510 Durchwärmungsgeschwindigkeit 744 Duromer 218, 219, 339f Duroplast 174, 180, 218, 461 siehe auch Duromer dynamische Steifigkeit 704, 706
E EAF 166f siehe Elektrostahlverfahren Ebene 14, 18, 27-36, 40, 43, 74, 76-79, 85, 87, 104, 140, 160f, 180, 183, 198, 200, 225-231, 250, 255ff, 260, 273f, 287f, 296f, 309, 333, 335, 401, 468, 471f, 474, 482ff, 498f, 503-508, 516, 518, 520, 522, 526,
792
528, 532, 534, 536, 538, 542ff, 548, 552ff, 556, 558, 560, 562, 564f, 570f, 576, 581, 586, 593ff, 597-604, 608ff, 612ff, 616f, 621624, 627, 630-638, 651, 658, 666, 680, 690, 743, 780 ebenes Bauteil 398, 508, 520 Ebenheitsabweichung 88f siehe auch Ebenheitstoleranz Ebenheitstoleranz 85 siehe auch Ebenheitsabweichung Edelgaskonfiguration 193-196 Eigenfrequenz 693 siehe Resonanzfrequenz Eigengewicht 278, 282, 290, 341, 384, 417, 454, 494, 584, 605, 618 siehe auch Eigenlast Eigenlast 249, 256, 260, 301, 322, 333, 448, 481ff, 496, 526f, 553, 602, 605, 631, 723 Einbau 28, 51, 55, 60, 64, 85f, 88, 110, 117, 122, 130, 133, 146ff, 219, 235, 319, 333, 438, 457, 461, 607, 674, 724f, 734, 736, 752, 779 siehe auch Lebenszyklus Einbeziehung 17, 142f siehe auch soziokulturelle Qualität Einbeziehung der Beteiligten 142f siehe auch soziokulturelle Qualität Einbruchsicherung 142 siehe auch Sicherheit Einfachmembrane 515f, 634 Einfeldträger 495, 508, 528-534, 536, 538, 545, 548 Einhüllen 30, 31, 80, 291, 100, 341, 418, 420, 469, 471, 474ff, 479, 727 Einkomponenten-Kaltsilikon 464 Einlagerungsmischkristall 200, 287 Einleitgebühr 160 siehe auch Entsorgung Einmessen 84f einschalige Außenwand 18, 32, 377, 650, 654, 664-667 einschaliges Bauteil 689 Einscheibensicherheitsglas 445, 454 Einschnittart 387, 390 einseitige Brandbeanspruchung 491, 716f, 719f, 722f, 726-731, 736, 739, 744, 747 Einspannung 229, 534, 552ff, 556, 558, 576, 580, 589, 597, 599, 601, 608, 622f, 626, 694, 696, 728 Einstein-Turm 243 einstufige Dichtung 642ff, 647 einstufiger Feuchteschutz 643, 652f siehe auch einstufige Dichtung einstufiges Dichtprinzip 647 siehe auch einstufige Dichtung Einzahlwert 688, 703 Einzelanfertigung 55 Einzelfunktion 29, 32, 61, 468, 474, 480 Einzellast 502, 508, 512, 527, 540f, 595, 597, 607-610, 619ff, 636, 637 Einzelmaß 67 Eis 197f, 225ff Eisen 46, 50, 52, 164, 167, 180, 211, 228, 242f, 264, 286, 288, 290, 294, 304, 328, 356, 384, 410ff, 420,
I Konstruieren
422f, 434, 448f, 497, 764, 770, 774, 776, 784 Eisengewinnung 410f Eisenoxid 169, 211, 290, 356, 774 elastisch 210, 218f, 223ff, 237, 246, 258, 265, 267, 280, 295f, 307, 332, 334, 341, 344, 349f, 427, 446, 448, 461f, 464, 514, 635, 639, 684f, 709f, 744 Elastizität 125, 202, 212, 216, 223f, 226, 288, 296, 378, 407, 580, 664, 784 Elastizitätsgrenze 226, 296 Elastizitätsmodul 223, 296, 407, 580, 784 siehe auch E-Modul Elastomer 46, 121, 134, 172f, 180, 219, 339f, 349, 461, 464 Electric-Arc Furnace 167 siehe auch Elektrostahlverfahren elektrische Leitfähigkeit 196, 287 Elektrizität 54, 475 Elektrolyt 233, 287, 430, 764, 766f, 770, 775 elektromagnetische Eigenschaft 140 Elektronegativität 194, 195, 201 Elektronengas 196, 226, 230, 287 Elektronenpaarbindung 194 siehe auch kovalente Bindung elektrooptisches Glas 451 Elektrostahlverfahren 167, 411 elektrostatische Entladung 340 siehe auch Behaglichkeit Element 25-29, 31, 35, 40, 51, 56, 60, 61, 64, 68, 73, 77, 79, 82ff, 86, 88, 90, 100, 120ff, 128, 143, 163, 177, 179, 181f, 190-194, 198, 216, 222, 228, 231, 248, 281, 313f, 317, 349f, 361f, 364, 377, 390-399, 413f, 418, 420, 422, 429, 438, 441ff, 447f, 450f, 458, 461f, 471, 474, 476, 479, 484, 496, 498, 507, 510, 515f, 522, 525, 528, 532, 534, 536, 538, 540-544, 548, 552-578, 582-586, 592-634, 644, 695f, 698, 700, 708, 710, 712f, 722, 732, 734, 737f, 740, 764, 766 Elementarzelle 200, 203, 227 Element aus Bausteinen 582f, 596, 598 Elementfuge 734 siehe auch Fuge Emission 100, 104f, 108f, 111, 130, 139f, 156, 235, 492 E-Modul 202, 223, 258, 261, 269, 283, 295, 301, 307, 332, 343-349, 398 siehe auch Elasitzitätsmodul Empfangsraum 684, 688, 696, 702, 712 endotherm 206, 209, 213 energetische Verwertung 161f, 167, 170, 178 siehe auch Verbrennung Energiekosten 132 siehe auch Lebenszykluskosten Energierückgewinnung 109, 132, 146-155 Energieträger 54, 109, 111, 146-155, 161, 164, 173f, 411, 468, 473, 477 Energieverbrauch 104, 106f, 130, 156, 206, 245, 473 Entflechtung 80 Entlastungsnut 779 Entsorgung 27, 31, 41, 43, 80, 104, 108,
112, 116, 123, 116, 130, 132ff, 160, 162, 245, 471, 473, 477f, 492 siehe auch Lebenszyklus Entsorgungsphase 112, 132 siehe auch Lebenszyklus Entspannungskammer 647, 658, 681 Entwerfen 4, 6ff, 10ff, 14, 20, 24, 43, 302, 510, 716 siehe auch Entwurf Entwicklungsstand 46 siehe auch Entwicklungsstufe Entwicklungsstufe 46f, 248f, 264, 272, 286, 304, 326, 338, 418 Entwurf 4ff, 8, 10f, 14f, 16 siehe auch Entwerfen Entwurfsidee 15, 243f Environmental Product Declaration 109 siehe auch Umweltkennzeichnung EP 108, 111, 146-155, siehe auch Eutrophierungspotenzial EPD 147, 146-155, 157 siehe auch Umweltkennzeichnung Erdbeben 141, 484 siehe auch außergewöhnliche Einwirkung erdberührte Hüllbauteile 483, 487, 489, 493 erdberührtes Bauteil 676 Erddruck 481-484 Erdöl 54, 107, 411 Erdreich 234, 477, 485, 487f, 676f, 679, 780 Erfindungsgabe 19 Erlös 160 siehe auch Recycling Ermüdung 228, 230, 429, 637 Erneuerung 117, 123, 126, 128, 131, 138, 143, 470, 473, 492f, 762, 770 siehe auch Lebensphase Errichtung 110, 126, 130f, 248, 434, 762 siehe auch Lebensphase Errichtungsphase 110 siehe auch Lebenszyklus Ersatz 34, 47, 110, 112, 118-123, 127, 141, 146ff, 172, 258, 299, 317, 459 siehe auch Lebenszyklus Ersatztechnologie 47 Ersatzwert 258 Erscheinungsbild 240, 244, 492, 729 Erstarren 193, 199, 203, 205, 215, 327, 445 Erstarrungsgestein 253 siehe auch magmatisches Gestein Erstarrungspunkt 199 Erstausstattung 131 Erwärmen 224, 236, 288 erwartete Lebensdauer 123f siehe auch Lebensdauer ESG 229, 332, 443, 445, 446 siehe Einscheibensicherheitsglas Ester 338 Estimated Service Life 124 siehe auch erwartete Lebensdauer Ethen 108, 111, 146-155, 201, 342, 345 siehe auch Ethylen Ethylen 201, 338, 342, 344 Euler 580f, 597 Eutrophication Potential 108 siehe auch Eutrophierungspotenzial Eutrophierungspotenzial 108 siehe auch Wirkungsabschätzung expandierter Polystyrolhartschaum 345, 459
793
Experimentierfreude 14, 19 Explosion 13, 141, 385 siehe auch außergewöhnliche Einwirkung externe Belastung siehe äußere Belastung extrudierter Polystyrolhartschaum 345, 459 Exzentrizität 612, 614
F Fachwerkkonstruktion 300 Fadenmolekül 216, 219, 278 siehe auch Kettenmolekül Fällung 280 Farbmittel 340 Farbstoff 171, 782 Färbung 169, 273, 340, 356, 362, 387, 389 Farbwiedergabeindex 139 siehe auch soziokulturelle Qualität Faser 46, 118-122, 162f, 169, 172, 174, 177, 204, 216, 231, 241, 246, 273ff, 277-283, 288, 304, 310, 312-317, 322f, 328f, 340ff, 348, 372, 378f, 385f, 388, 390-394, 397f, 400-403, 419, 424ff, 460ff, 464, 512f, 592, 670, 691, 694, 739ff Faserrichtung 231, 277ff, 282, 394, 397f faserverstärkter Kunststoff 174 Fäule 26, 34, 36, 156, 234f, 273, 276, 389, 473 federweich 633, 694f, 698, 700, 704f Federwirkung 441, 687, 704 Fehlstelle 200, 227, 772f siehe auch Gitterbaufehler Feinblech 293f, 415 Feinmahlung 171 siehe auch Recycling Feinstblech 415 Feld 4, 17, 25, 222, 231, 528-548, 560-565, 608, 614, 619f, 622f, 631, 639, 746 Feldmitte 528, 544f, 548, 560, 562-565, 608, 619 Feldmoment 528, 530, 532, 534, 536, 538, 540, 545, 548, 623 Feldspat 206, 209, 214 Fernordnung 195, 196, 198, 199, 201, 226 Fertigung 2, 8, 14, 20, 27f, 30, 37f, 41, 46-50, 54-61, 64, 73, 80, 84f, 228, 252, 272, 281, 291f, 294f, 300, 361, 400, 473, 480 Fertigungsgerechtigkeit 473 Fertigungsstätte 38, 84 siehe auch Werk Fertigungsverfahren 20, 292, 294 Festbetonrecycling 165 siehe auch Betonrecycling Festigkeitsklasse 260, 312, 357ff, 363f, 366f, 422 Feststoff 193, 199, 207, 214, 221ff, 226, 312, 327f, 451, 684 Fettfreiheit 167 siehe auch Recycling Feuchte 26, 100, 120, 139f, 149, 207, 210, 221, 224ff, 234, 253, 257, 264, 266, 273f, 276, 278f, 282, 295, 308, 312, 316, 319, 330, 362, 372, 374, 377f, 387, 389f, 397, 401, 427, 438, 456, 460, 464, 472f, 475f, 480, 484f, 488f, 493f, 633, 642681, 712, 763, 778ff, 782 Feuchtehaushalt 472, 473, 652
Feuchtemilieu 234 Feuchteschutz 100, 476, 484, 494, 633, 642-646, 652-679, 681 Feuer 31, 133, 141, 178, 202, 286, 291, 301, 308, 384, 410f, 446, 448, 491, 716-772, 785 siehe auch außergewöhnliche Einwirkung; siehe auch Brand feuerbeständig 308, 723, 728, 730f feuerhemmend 723 Feuerverzinken 770, 785 siehe auch Feuerverzinkung Feuerverzinkung 770, 771, 772 Feuerwiderstandsdauer 301, 718-726, 729f, 736f, 744, 754 Feuerwiderstandsfähigkeit 724, 726 Feuerwiderstandsklasse 141, 721, 723, 726, 732, 734, 736, 752, 754f Fibrillenbündel 275f Filtervlies 676f flächenbezogene Masse 441, 687, 689-694, 697, 700f, 704f, 707 Flächenlast 482f, 500, 502f, 526f, 553, 556-568, 570ff, 574, 576, 578, 592, 603, 617, 620, 623, 631f, 637 Flächenmoment 512, 580, 608, 610, 618 siehe auch Flächenmoment 2. Ordnung Flächenmoment 2. Ordnung 580 siehe auch Flächenmoment Flächenraster 77 Flacherzeugnis 292, 415, 430f Flachpressplatte 391, 400ff Fladerung 274 flammhemmend 340 flankierendes Bauteil 687, 694ff, 490, 694-698, 700, 708, 740 siehe auch Schallnebenweg Flexibilität 28, 64, 100 Fließen 53, 227, 293, 296f, 299, 307, 319f, 485, 645, 668, 676, 768, 769 Fließgrenze 296, 320 Floatglas 169, 435ff, 442, 444, 446, 453 Floatglasverfahren 435 Fluchtabweichung 89 Flugfeuer 491 Flugschnee 484f flüssiges Beschichten 770 Form 2ff, 8f, 11, 14, 17, 19, 24f, 27, 29, 34, 42, 47f, 50, 52-62, 67-77, 85, 87, 188, 203, 205, 213, 215, 222-231, 242-246, 248-260, 269, 272, 290-301, 310, 314, 340, 354-372, 386, 389-398, 414-431, 435f, 447f, 453, 457, 460ff, 478, 481, 498, 507f, 510, 514-517, 524, 530, 532, 534, 536, 538, 543, 580, 612, 616, 630f, 633, 635-638, 779, Formänderung 85, 222, 224, 279, 281, 282, 514, 635-638 Formstabilität 290, 295, 515 Formstahl 289, 292, 416 Formziegel 354, 359, 361 fossile Energieträger 107 FPY 391, 401 siehe auch Flachpressplatte Fraktion 165, 168, 171, 176 siehe auch Recycling freies Wasser 221, 225, 311
Frequenz 223, 411, 441, 684f, 687f, 690695, 702ff, 707, 709, 711f Frischbetonrecycling 165 siehe auch Betonrecycling Frischherd 286 Frostwiderstand 169, 369, 380 Frühholz 216, 273, 275, 279 FU 391, 397ff, siehe auch Furniersperrholz Fuge 35, 37f, 48, 60f, 67-73,77, 79, 82, 84, 86, 119, 248f, 251f, 255-260, 269, 277, 290, 309, 358, 360, 367, 371f, 395, 420, 447ff, 461-464, 484, 497, 592-604, 643-647, 664, 670, 672, 678, 680, 687, 700, 706, 728, 730, 732, 734-740, 743f, 747, 750, 753, 762, 768 Fügen 3, 20, 41, 61, 84, 248, 310 Fügung 2f, 7, 17, 25, 297f, 360, 456f, 459f siehe auch Fügen; siehe auch Verbindung Füllstoff 171, 173, 462 Fünfschichtplatte 398 Funktion 4, 6, 8, 11, 15, 17f, 24, 25, 26-40, 61, 64, 80, 100, 105, 117, 123, 125-128, 179, 188, 202, 216, 232, 240f, 244, 252, 308, 313, 356, 364, 378, 398, 401, 418, 420, 434, 436, 438, 449f, 464, 468-494, 496, 498f, 517, 524, 582, 616, 632ff, 642, 646-652, 654, 656-682, 684-687, 690, 692, 694, 698, 700, 708ff, 722, 724, 726f, 734, 739, 758f, 762 funktionale Einheit 105, 109, 111 funktionale Kontinuität 680f, 687, 746 siehe auch Kontinuität der Funktionen funktionales Äquivalent 111, 156 siehe auch Ökobilanz Funktionsfähigkeit 117, 140, 479, 680, 762 Funktionsglas 436, 438 Funktionsschale 708f Funktionszuweisung 31, 650 Furnier 384f, 390ff, 397-401, 408 Furniersperrholz 391, 397ff Furnierstreifenholz 400 Fußboden 26, 76, 117, 120, 123, 134f, 140, 457, 493, 742, 744 Fußbodenbelag siehe Bodenbelag Fußbodenheizung 140, 457
G Gas 107f, 111, 131, 133, 160, 167, 174f, 177f, 184, 188, 190, 193-197, 206, 210, 222, 226, 230, 234f, 287, 334, 345, 364, 367, 411, 422f, 436ff, 440f, 451, 453, 456f, 461, 491, 515, 582, 634, 656, 710, 721, 724, 726, 752 Gasbetonstein siehe Porenbetonstein Gasdruckgefälle 190 Gasphase 167 siehe auch Stahlrecycling Gebäudeaussteifung 11 siehe auch Aussteifung Gebäudebetrieb 123, 132, 716, 718 siehe auch Betrieb Gebäudekonzept 24, 48
794
Gebäudenutzung 30 siehe auch Nutzung Gebäudetechnik 31, 123, 477f, 716 siehe auch Ver- und Entsorgungssystem gebäudetechnische Ausstattung siehe Gebäudetechnik gebrannter Ziegel 206, 356 Gebrauchstauglichkeit 2, 188, 190, 191, 313, 474, 492, 496, 515, 637 Gefüge 2f, 27, 29f, 37, 68, 70, 169, 191, 195, 197-201, 203, 205f, 209, 211-220, 223ff, 228, 232, 234, 237, 242, 248-257, 264-267, 281, 287-291, 295f, 301, 311, 313, 320, 326, 330, 340, 345f, 350, 354, 363, 366, 401, 413, 422f, 451, 459ff, 496, 498, 512, 522, 582, 584, 596f, 602ff, 633, 645f, 648, 651, 668, 670, 692, 728 siehe auch Stoffgefüge gekrümmtes Hüllbauteil 498, 514, 516 geleimter Profilträger 404 Gelenk 497, 528, 532, 536, 538, 544, 546, 548, 550, 560, 562, 622 gelenkiger Anschluss 696f gelöstes Beschichtungsverfahren 770 siehe auch metallischer Überzug geneigte Hüllfläche 482, 485, 644, 672 geneigtes Dach 654, 672-675 siehe auch Steildach Generalist 16 Geometrie 3, 7, 11, 28, 36, 166, 204, 225, 228, 250, 272, 294, 300, 319, 425f, 462, 486, 499f, 510, 524, 593, 596, 614, 634 geometrische Lage 25f, 77, 644 gerichtetes System 593, 616f, 619ff, 627, 630 siehe auch System gerichtet gerichtetes Tragwerk siehe gerichtetes System Gerippe 614, 693, 740 Gesamtenergiedurchlassgrad 436 siehe auch g-Wert Gestaltkonzept 15 Gestaltungskodex 12 Gestein 164ff, 168, 185, 203-206, 209ff, 213f, 232f, 237, 253f, 320, 369, 380 Gesteinskörnung 164ff, 185, 237, 320, 380 Gesundheit 99f, 104, 109, 138, 140f, 143, 244f, 282, 291, 333, 492, 494, 716 siehe auch soziokulturelle Qualität Gewässer 108 siehe auch Wirkungsabschätzung Gewölbe 248, 264, 516, 593, 595ff, 602, 604, 639 GFK (Feuerschutzplatte) 737, 741, 747f GFK (Kunststoff) 174, 341, 462 siehe auch glasfaserverstärkter Kunststoff Gießharz 349, 446, 710f Gips 119ff, 163, 206, 210f, 214, 400ff, 691, 742, Baugips 210f Chemiegips 210 Naturgips 210 gipsgebundene Flachpressplatte 401f Gipskarton-Feuerschutzplatte 737, 741, 747-
I Konstruieren
750, 752 siehe auch GFK Gipskarton 699, 701, 739, Gipskartonplatte 120, 162f, 211, 698, 706, 707, 738 Gipskartonständerwand 699 Gitterbaufehler 200, 214, 228 Gittergewebeeinlage 374 Gitterrost 424, 620 siehe auch Trägerrost GJL 422 siehe auch Gusseisen mit Lamellengraphit GJS 422 siehe auch Gusseisen mit Kugelgraphit GJV 422f siehe auch Temperguss Glas 14, 46, 50f, 60, 118-122, 153, 162f, 169, 171, 174, 180, 198, 219, 223, 229f, 235, 241, 313f, 316, 324, 326-336, 341, 346, 372, 378f, 424, 434-454, 459, 462, 479, 485, 631, 652, 656f, 681, 691, 698, 708, 710-713, 721, 752ff, 758 Aufschließen 326 Basisglas 436, 438, 445 Betonglas 448f Bruchwahrscheinlichkeit 330 Designglas 436 Drahtglas 435f, 442, 445f, 453 elektrooptisches Glas 451 Floatglas 169, 435ff, 444, 446, 453 Floatverfahren 326 Füllung mit Edelgas 437, 440f, 656 Gussglas 169, 326, 435f, 442, 446f Isolierglas 118, 120, 153, 169, 437, 439f, 441f, 447, 453, 631, 656f, 710, 712 Isolierverglasung mit Lichtumlenkung 442 lineare Lagerung 333, 589, 600, 603, 617, 622f, 627, 635 Normalglas 328, 331f, 445, 721 Profilglas 436 punktuelle Lagerung 249, 333, 570f, 576, 627, 732 Resttragfähigkeit 333, 446 Rohglas 436 Schallschutzglas 441 Schaumglas 188f, 122, 163, 169, 328f Sicherheitsglas 334, 445f, 451, 454, 721 Sichtschutzglas 443 Sonnenschutzglas 440 Spontanbruch 330 teilvorgespanntes Glas (TVG) 446, 453 thermochromes Glas 451 U-Glas 447f, 450 Vakuumverglasung 334f Verbundsicherheitsglas (VSG) 334, 446, 451, 721 Wärmeschutzglas 439f glasfaserverstärkter Kunststoff 174 siehe auch faserverstärkter Kunststoff Glasherstellung 316, 436 Glasstein, Glasbaustein 448f, 453 Glaswolle 169, 328, 329 Gleichgewicht 223, 225, 279, 436, 488, 504f, 508, 510, 518, 520, 522, 597, 634, 636, 637, 676, 678 Gleichgewichtsfeuchte 279 Gleichschlag 427 siehe auch Rundlitzenseil Gleiten 193, 207f, 215, 223-227, 237, 259, 278, 287, 295f, 564f, 570f, 593,
596, 598-601, 603, 639 Gleitlager 460, 528, 532, 536, 538, 560, 562 Gleitlinie 227 siehe auch Translationsstreifung Gleitmittel 340 Gleitmodul 223 Gleitprozess 200, 227ff siehe auch Gleiten Gliederung 6, 24, 27-31, 33f, 38, 40, 64, 386, 471, 474, 496 Glimmer 206f, 214, 370 global 98, 100, 104, 106, 108, 111, 146-157, 276, 473 globales Erwärmungspotenzial 108, 46-155, 157, 276 siehe auch Treibhauspotenzial; siehe auch GWP; siehe auch Wirkungsabschätzung Global Warming Potential 108 siehe globales Erwärmungspotenzial Glucose 216 Glühen 203, 288, 295, 423 Gore-Tex 644f, 654 Granulat 118f, 163, 169, 171ff, 221, 225, 451, 457, 516, 634 Greifmaß 68f Greimbinder 405 Grenadierschicht 255 Grenzabmaß 85f, 94, 430f Grenzabweichung 87ff, 453 Grenzbezug 76-79 Grenzfläche 193, 214, 220ff, 229, 232, 250, 254f, 287f, 436, 445, 486, 587, 618, 671, 672 Grenzfrequenz 441, 690f, 693ff, 712 Grobblech 152, 415 Grobgefüge 205, 214, 232 Grobgut 168, 781 siehe auch Recycling großformatige Steine 73f, 248, 360, 363, 365, 367f, 371 Großgefüge 205 siehe auch Grobgefüge Großraumbüro 139 Größtmaß 85f Grundfunktion 30, 469ff, 473, 476, 478, 498, 686 Grundmodul 29, 64, 66-69, 74f, 77, 94, 260 Grundstahl 289, 413 Grundüberholung 127 siehe auch Lebenszyklus Gründung 118, 133, 386, 592 Grundwerkstoff 35f, 112, 161, 240, 322, 412 Guss 33, 46, 57, 120f, 166, 169, 172, 180, 215, 226, 286, 291f, 294, 297, 310, 326, 410f, 414, 420-423, 428f, 435f, 442, 446f, 459, 678, 734 Gusseisen 46, 180, 286, 294, 410, 420, 422f siehe auch Gusswerkstoffe Gusseisen mit Kugelgraphit 422f siehe auch GJS Gusseisen mit Lamellengraphit 420, 422 siehe auch GJL Gussglas 169, 326, 435f, 442, 446f Gussglasverfahren 435, 447 Gussstahl 33, 291f, 294, 297, 411, 420 siehe auch Stahlguss Gusswerkstoffe 420, 429 Grauguss 422
795
Gusseisen mit Kugelgraphit 422f Gusseisen mit Lamellengraphit 420, 422 Stahlguss 409, 421, 422, 423 Temperguss 422f Güteklasse 283, 386f Gutmütigkeit 229, 307 GWP 108, 111, 146-157 siehe auch globales Erwärmungspotenzial
H Haarriss 306 siehe Mikroriss Haftscherfestigkeit 256, 372, 602, 603, 604 Haftung (physikalisch) 183, 197, 374, 462, 464, 597, 602ff, 730, 747 Haftung (rechtlich) 39 haftungswirksame Übergreifung 602, 604 Halbleiterschicht 439 siehe auch low-eBeschichtung Halbzeug 37, 41f, 289, 291, 300, 411, 414, 421, 423f, 430 siehe auch Bauhalbzeug Haltepunkt 199, 327 Handarbeit 48, 58, 355 Handwerk 38, 46-49, 55f, 60ff, 73f, 84, 250, 272, 276, 282, 291, 301, 374, 384 Handwerkssparte 38 siehe auch Gewerk hart 74, 118f, 123, 140, 171, 180, 194, 216, 219, 228, 288, 333, 344ff, 349, 367, 374, 385, 391, 401ff, 420, 424, 456-460, 649, 691, 704 Härte 196, 212, 218, 253, 288, 290, 301, 329, 360, 457 harte Holzfaserplatte 391, 401ff Hartfaserplatte 385, 691 Hartschaum 74, 118, 345, 367, 420, 458f Haufwerk 170, 214f, 230, 287 Hauptfunktion 26, 30f, 80, 464, 471f, 475, 479, 686, 708 Hauptspannungstrajektorie 305 Druckspannungstrajektorie 304 Zugspannungstrajektorie 304 Haupttragrichtung 570f, 592 Hauptwerkstoff 241, 384 Haustrennwand 700f HEA-Profil 416f, 765 siehe auch Breitflanschträger Hebelarm 63f HEB-Profil 416f siehe auch Breitflanschträger Heizwert 109, 111, 161, 172f, 177 siehe auch Entsorgung HEM-Profil 417 siehe auch Breitflanschträger Hersteller 38ff, 61, 64, 110, 354, 358f, 364, 368f, 378, 393, 400, 420, 447, 664, 730 Herstellung 2ff, 8, 11f, 14, 18, 20, 27f, 33f, 36ff, 40, 49, 52, 54f, 57f, 60f, 64, 84, 98, 104f, 108, 110, 126, 128ff, 133, 142f, 146-155, 157, 161, 164ff, 168f, 172, 174-178, 185, 205f, 209, 212, 214, 254, 267, 269, 286, 289, 292, 301, 304, 306, 310, 312ff, 317, 319, 321-324, 326ff, 335, 338ff, 354ff, 360ff, 366, 371, 374,
385, 393, 401, 407, 410f, 413-419, 423, 425ff, 434ff, 443, 445f, 459, 473, 782 Herstellungsphase 57, 110, 143 siehe auch Lebenszyklus Herstellungsprozess 2, 33, 57, 165, 213, 254, 414f, 435, 446 siehe Herstellungsverfahren Herstellungsverfahren 3, 12, 20, 34, 289, 292, 326, 338ff siehe auch Fertigungsverfahren HFD 401 siehe auch Holzfaserdämmplatte Hierarchie 17, 25, 27, 29ff, 36, 40f, 61, 128, 468f, 471, 474, 476, 479, 481, 492, 605 hierarchisch geordnetes System 619 Hightech-Architektur 26, 53 Hinterlüftung 450, 643, 645, 651, 654, 666, 668ff, 768, 781 siehe auch bewegte Luftschicht Hintermauerung 32, 378, 665-669, 676f Hirnholz 273f, 282, 778, 781 Hirnholzfläche 778, 781 HLW 402f siehe auch Holzwolle-Leichtbauplatte HOAI 4ff Hobeln 41, 386 hochfester Beton 312, 426 siehe Hohleistungsbeton hochfeuerhemmend 723 Hochlochklinker 359f Hochlochziegel 358ff, hochmolekular 224 siehe polymer Hochofen 175, 264, 286, 367, 410f Hohlprofilerzeugnis 292, 415f Hohlraumdämpfung 694, 698, 706 Holz 11, 14, 33, 35ff, 46, 48, 56, 61, 64, 94, 118-122, 149ff, 156f, 162f, 171, 175-178, 180, 184, 189, 201ff, 216f, 222, 224f, 229, 231f, 234237, 241-246, 254, 257, 272-283, 286f, 290, 292, 295, 298, 300f, 311, 331, 340f, 368, 384-408, 410, 434, 592f, 647, 650, 652, 658f, 670f, 690ff, 698, 706-709, 713, 719ff, 728f, 736-743, 763, 778-785 Balken 120, 163, 235, 281, 384, 387, 389, 391ff, 397f, 400, 407, 692, 707f, 720, 737f, 740, 742, 779 Bauholz 156, 162, 175, 177, 224, 234, 272, 277ff, 281, 386, 388-392, 407f, 720, 778 Brett 35, 151, 157, 176, 279, 281, 384, 387-400, 407, 593, 736-739, 742f Brettschichtholz 35, 151, 157, 391f, 393ff, 407, 737ff Fällung 280 Holzbau 36, 48, 242f, 272, 282f, 384, 387, 390ff, 394-397, 406ff, 593, 652, 720, 780, 783 Holzwerkstoff 94, 118-122, 176, 281, 384, 386, 390ff, 394f, 397f, 405, 407, 670, 690f, 719, 737-743 Rundholz 384-387, 389, 393, 407f Schnittholz 150, 283, 384, 386-392, 397, 404, 407, 783 Sortierung 283, 387f, 391, 407f Stehvermögen 279, 280
Vollholz 121, 149, 157, 176, 277, 281, 386, 389f, 394, 396f, 400, 404, 737, 739, 785 Holzbalkendecke 120, 593, 706, 708, 738, 740, 742 Holzbau 36, 48, 242f, 272, 282f, 384, 387, 390ff, 394-397, 406ff, 593, 652, 720, 780, 783 Holzbauelement 391f, 396 Holzdecke 120, 740 Holzfaserdämmplatte 401 Holzfaserplatte 122, 391, 401ff, 739 Holzfaserwerkstoff 391, 397 Holzfensterprofil 658f Holzfeuchte 387, 389f Holzleimbauträger 404 Holzprodukt 384-407 Holzrippenbauweise 14, 670f Holzschutz 118, 121, 178, 234, 272, 274, 276, 281f, 778-785 baulich-konstruktiver Holzschutz 778 biologischer Holzschutz 778, 784 chemischer Holzschutz 778, 782 Holzschutzmittel 178, 782-785 materialgerechte Verwendung von Holz und Verbindungsmitteln 778 organisatorischer Holzschutz 778f Holzschutzmaßnahme 778, 782 Holzspanwerkstoff 391, 397 Holztafelwand 741 Holzwerkstoff siehe Holz Flachpressplatte 391, 400-402 Furnierschichtholz 398ff Furniersperrholz 391, 397ff Holzfaserplatte 122, 391, 401ff, 739 Mehrlagen-Massivholz 391 siehe auch zusammengesetzte Schichtholzprodukte Oriented Strand Board 400, 402 Schichtholz 35, 151, 157, 391-400, 407f, 737ff Spanplatte 163, 176, 385, 391, 400ff, 698, 719, 739, 742 Verbundwerkstoff 391 zementgebundene Flachpressplatte 401f Holzwolle-Leichtbauplatte 403, 698, 739 homöopolare Bindung 194 siehe auch kovalente Bindung Hookesches Gesetz 223, 296 Hülle 15, 27, 31ff, 41ff, 61, 64, 80, 100, 117, 178, 203, 329, 330, 333, 341, 349, 355, 377, 418, 420f, 460, 462, 469, 471f, 474-489, 494, 498, 516, 631, 642-646, 648, 651f, 676, 687 siehe auch Gebäudehülle Hüllsystem 32, 80, 478 siehe auch Hülle Hüttenstein 367 Hydratation 197, 210-213, 225, 229, 264267, 311 hydraulischer Mörtel 119, 214, 373, 375 Hydrierung 174 siehe auch Recycling von Kunststoffen hydrostatischer Druck 483, 484, 676
I ideelle Knicklänge 580f Individualisierung 49, 53, 291, 300
796
industrielle Aufarbeitung 176 siehe auch Recycling industrielle Fertigungsmethode 38, 57f, 281 siehe auch industrielle Fertigungsverfahren industrielle Herstellung 28, 49, 52, 54f, 57f, 60f, 84, 98, 164, 326, 385, 410f, 423, 434ff industrielle Produktion 46, 49, 50, 53-58, 67, 164, 326, 354, 410 siehe industrielle Fertigung Industrielle Revolution 46, 50, 354, 411, 434 Informationsmodul 110, 112, 130 siehe auch Lebenszyklus Informationstechnologie 46 Infraschall 687 Infrastruktur 131, 143, 477 Innenklima 469, 476, 479 Innenputz 120, 373, 375, 377, 380f, 664669, 677 Innenraumluft 100, 109, 139 innere Beanspruchung siehe Beanspruchung innere Hülle 477, 481 inneres Hüllbauteil 477, 481, 490 Input 104ff, 108, 110, 146-155, 492 Insektenbefall 387, 778, 782 Inspektion 110, 124, 127, 128, 132, 141 siehe auch Lebenszyklus; siehe auch Wartung Installationsraster 77 Instandhaltung 55, 70, 100, 123,125-130, 135, 140f, 143, 768, 772 siehe auch Lebenszyklus Instandhaltungsarbeit 140 Instandhaltungsfreundlichkeit 100, 127 siehe auch Lebenszyklus Instandhaltungsintervall 768 Instandsetzung 27, 127, 128-133, 141, 473, 776, 785 siehe auch Lebenszyklus Instandsetzung von Beton 776, 785 Integralbauweise siehe Integralprinzip Integralprinzip 34-38, 309 integrierende Bauweise siehe integrierendes Prinzip integrierendes Prinzip 34-37, 84, 297f Intrallam LSL 400 siehe auch Spanstreifenholz Ionenbindung 193, 194f, 196, 198, 226 IPB-Profil 417 IPE-Profil 416 I-Profil 416 siehe auch Doppel-T-Profil Ironie 242, 244 irreversibel 224, 225, 228, 356 Isolierglasscheibe 441, 656f, 710 Isolierverglasung 153, 439, 442, 447, 652, 711 Isolierverglasung mit Lichtumlenkung 442 isotrop 200, 215, 236, 253f, 265, 295, 391, 394, 397, 522, 582, 588 Istabmaß 85 Istmaß 85f Iteration 5, 8f Iterationsschritt 4, 9 siehe auch Iteration
I Konstruieren
J Jahresring 272-275, 279, 779 Jenaer Glas 328 siehe auch Borosilicatglas
K Kabel 162, 176, 427ff, 457, 479, 725, 758f siehe auch Seil Kalk 73, 118ff, 161, 163-168, 205-214, 253f, 261, 312, 326, 328f, 354, 362ff, 367-375, 379f, 435, 453f siehe auch Calciumcarbonat Kalkhydrat 209, 212, 214, 362, 370, 375 Kalkmörtel 119, 370, 373, 375 Kalknatronglas 328, 453f Kalksandstein 73, 119, 163, 168, 214, 261, 362f, 379f Kalkstein 164f, 205, 208f, 213f, 254, 312, 362 siehe auch Calciumcarbonat Kalkzementmörtel 119, 370 kaltgeformtes Stahlprofil 418 kaltgewalztes Blech 415, 417, 419, 429 kaltgewalztes Trapezblech 417 siehe auch Kaltprofil Kaltprofil 293, 417, 430 Kaltprofilieren 293 kaltumgeformtes Hohlprofil 417 siehe auch Kaltprofil Kaltverformung 288, 293ff, 418, 424 Kaltwalzen 293, 414, 417 Kambium 272, 274f Kaolinit 226 Kapillarität 220 Karbonat siehe Carbonat Karbonatisierung siehe Carbonatisierung Kassette 419, 421 Kassettenaußenwand 419, 421 Katalysator 338 Katastrophe 125 Kathode 764, 766, 775f kathodischer Schutz 773, 785 keilgezinktes Bauholz 391f Keilzinken 392f, 404 Keilzinkenverbindung 392f Keilzinkung 390, 393 siehe auch Keilzinkenverbindung Kelleraußenwand 373, 676ff Kellersohle 315, 425, 483, 678f Kennzeichnung 109, 112f, 170, 180ff, 324, 357, 407, 718 siehe auch recyclinggerechtes Konstruieren Kerbwirkung 299, 422 Kern 11, 14, 171, 190, 194ff, 210, 257, 273f, 279, 299, 318, 402f, 420, 427f, 445, 461, 513, 582, 601, 632f, 649, 656, 668f, 720f, 746f, 750, 778, 783 Kerndämmung 119, 649, 668f Kernholz 273f, 279, 778, 783 Kesseldruckimprägnierung 783 siehe auch Kesseldrucktränkung Kesseldrucktränkung 783 Kettenmolekül 216ff, 276, 342 Kettenstruktur 204, 216 Kevlar 351, 460 siehe auch Aramid Kippen 108, 603, 613, 616f, 619, 620
Klaffen 592f, 597, 600, 603 Kleinstmaß 85f klimatische Veränderung 141 Kneten 207, 287, 410, 414 Knicken 305, 512, 580, 597, 599, 608-611, 619-622, 633 Knickgefahr 290, 295, 305, 580f, 610, 612 Knicklast 580, 581, 597, 608ff, 620 siehe auch kritische Knicklast Knoten 38, 41, 57, 79, 83, 200, 294, 297, 300, 405, 420f, 428, 588, 612, 620-630, 696 Knotenausbildung 79 Kohäsion 214, 218, 225f, 255, 319, 338, 513 Kohle 54, 107, 164, 177f, 235, 286, 312, 366, 410f, 423, Kohlefaser 174 kohlefaserverstärkter Kunststoff 174 siehe auch faserverstärkter Kunststoff Kohlendioxid 107, 156, 209, 211f, 222, 276, 774 siehe auch Wirkungsabschätzung Kohlendioxidemission 156 siehe auch Ökobilanz Kohlensäure 209, 367, 770 Kohlenstoff 156, 175, 200f, 216, 228, 286ff, 328, 410-413, 420, 422f, 427 Kohlenstoffgehalt 175, 228, 286, 410, 427 siehe auch Ökobilanz Kohlenstoffsenke 156 siehe auch Ökobilanz Koinzidenz-Grenzfrequenz 690, 693 kompatible Werkstoffe 183 siehe auch Werkstoffrecycling Komplexität 13, 17, 26, 40, 57, 61, 160f, 180, 472, 476 Komponente 4, 24, 54, 109, 127ff, 131, 143, 146-155, 160f, 167, 179-182, 200, 220, 259, 305, 311, 349, 378, 424, 450, 461, 464, 471ff, 482ff, 492, 498ff, 503f, 508, 510, 514, 588, 600, 636, 637 siehe auch technische Komplexität Komposition 25 Kompostierung 129, 178 siehe auch Recycling von Holz Kondensation 193, 338f, 349, 462, 464, 650, 653f, 668, 670, 678 Kondenswasser 448, 768 Konditionierung 177, 469, 473, 475ff, 481 Konstruieren 2ff, 6-10, 17, 19, 36, 61, 188, 282, 300, 429, 498, 644, 651, 730 Konstruktion 2-20,24-30, 32, 34, 36-41, 49f, 52f, 58-61, 64, 70, 77, 82, 84, 99f, 104, 117-122, 130-133, 138, 142, 146f, 149, 162f, 176ff, 180-183, 188, 190, 206, 222, 232, 242ff, 249f, 255, 259, 264, 272, 278, 281, 290f, 294f, 298-301, 308, 322, 332, 334, 341, 361, 364, 370, 379, 386, 389f, 398, 405, 417ff, 434, 447ff, 454, 468-480, 488f, 492, 494, 496-499, 514, 580, 596, 600, 602, 605, 607, 614, 616, 620, 630f, 633, 637, 639, 642-656, 660, 662, 664, 666-672, 682, 687, 690, 692, 698, 701, 706ff, 713,
797
717, 720, 727f, 738, 740, 744, 746f, 749-754, 762, 764, 779ff, 784 Konstruktionsholz 386, 389 siehe auch Konstruktionsvollholz Konstruktionsprinzip 11ff, 334, 596, 605 Konstruktionsraster 77, 82 Konstruktionsvollholz 149, 157, 389f, Konstruktionsweise 34 siehe auch Bauprinzip Kontakt 38, 99, 117, 166, 213f, 218, 221, 233, 248ff, 253, 276, 278, 311, 332f, 368, 413, 419, 440, 445, 448, 456, 469, 592, 596, 598, 602, 603, 639, 747, 750, 764ff, 783, 785 Kontaktkorrosion 233, 764f Kontinuität 623, 658, 680f, 687, 698, 746 Kontinuität der Funktionen 658, 680f, 687, 746 Kontinuum 29, 34ff, 522, 586f Konvektion 334, 438ff, 646, 648, 656, 710 Konzipieren 6ff Koordinatensystem 198, 498f, 501, 517 Koordination 27, 64, 69, 74, 76-79, 82, 84, 86, 91, 94, 367, 478 Koordinationsebene 76f, 79 Koordinationsmuster 27 siehe auch Koordination Koordinationsraum 76, 79, 84 Kopfverband 71 Kornfestigkeit 169 Kornfraktion 165, 168 Korngeometrie 166 Körnung 164ff, 185, 205, 237, 320, 362, 380 Körperschall 490, 684, 686f, 700, 702, 704 Korrosion 26, 34, 36, 119, 189, 211f, 214, 232f, 236, 287, 290f, 299, 300, 306, 308f, 316, 322, 340, 365, 413, 417, 420, 422, 426, 430, 438, 747, 762, 764-777, 782, 785 Korrosion im Stahlbeton 774ff Carbonatisierung 774ff Chlorideinwirkung 774, 776 Rissbildung 774, 776, 779 Korrosion von metallischen Werkstoffen 764 Kontaktkorrosion 233, 764f Korrosion in Mulden 764f Lochkorrosion 766f, 776 Spaltkorrosion 766f Korrosionsform 764 Korrosionsschutz 290, 308f, 417, 426, 747, 768, 770ff, 777, 785 kathodischer Schutz 773, 785 Opferanode 773 nichtrostender Stahl 412, 414, 772 Passivierung 772 Korrosionsschutzmaßnahme 417, 768, 772 Korrosionsschutzverfahren 768, 770 Kosten 10, 27, 34, 53, 55-59, 73f, 84, 87, 100, 116-123, 131-135, 160, 170, 205, 240, 243f, 252, 291, 294, 314, 354, 363, 400, 404f, 423, 435, 448, 451, 457, 473, 492, 510, 648, 762f, 770, 772, 782 Kosteneinsparung 116 Kostengrupppe 132
kovalente Bindung 191, 194, 201, 217 Kovalenzbindung 194 siehe auch kovalente Bindung Kraft 11, 17, 32-35, 38, 46, 50, 60f, 73, 107, 182, 190f, 194f, 215, 218, 220, 222-235, 240ff, 249f, 255-260, 269, 277f, 280, 297f, 300, 305309, 318, 320, 322, 332, 394, 397, 438, 470, 472, 475f, 479, 481-484, 496-639, 690, 692f, 729, 732, 752, 768 Kräftepaar 498 Kraftleiten 32f, 35, 61, 298, 472, 475, 481, 494, 496-639 Kraftmaschine 46, 50 Kraftumleitung 470, 510, 617 Kragarm 528, 530ff, 554 Kragträger 534f Krätzephase 167 siehe auch Stahlrecycling Kreuzbalken 391, 393 Kreuzfuge 257, 596, 600, 753 Kreuzfugengeometrie 596 Kreuzschlag 427 siehe auch Rundlitzenseil Kreuzverband 71f Kriechen 224, 266, 280, 307 Kristallgefüge 209, 213, 288, 291 Kristallgitter 195, 198f, 210, 227f, 230, 287 Kristallit 199, 205, 214f, 228ff, 287, 295f, 340 Kristallpalast 50f, 434 Kristallwachstum 199, 202, 205, 213, 287, 327 kritische Temperatur 223, 648, 728, 744 Krümmung 223, 258, 280, 387f, 515f, 544, 564f, 597, 604, 634 Krümmung antiklastisch 516, 634 siehe Krümmung gegensinnig Krümmung synklastisch 634 siehe Krümmung gleichsinnig Kufverband 600 Kugelgraphit 422f Kugelpackung 287 Kühle 161, 224, 287f, 291, 327, 362, 364, 445, 475, 478, 487, 720, 731 Kühlung 171, 199, 223, 327, 436, 442, 445, 448, 648, 729f Kunstharzputz 119f, 372f, 377 künstliche Beleuchtung 475, 477f siehe auch Beleuchtung künstliches Gestein 197, 205f, 209-213, 265 künstliche Steine 203-206, 213f, 252ff, 260, 264, 354-381, 691f, 719, 730, 747, Kunstlicht 139 siehe auch Beleuchtung Kunststoff 118-122, 161-164, 169-175, 182, 197f, 201ff, 216, 217ff, 223, 234ff, 241, 280, 313, 316f, 328f, 333, 338-351, 372, 379, 391, 415, 417, 419, 440, 447, 449, 450, 456-465, 649, 658f, 666, 721, 743, 777, 783 Antistatika 340 Farbmittel 340 flammhemmender Zusatz 340 Füllstoff 171, 173, 340, 462 Gleitmittel 340 Nukleierungsmittel 340 Quervernetzung 338
Starter-Substanz 338 Treibmittel 340, 345, 457 Vernetzungsgrad 339, 350 Kunststoffe im Bauwesen 456-464,721 Polyamid 172, 218, 317, 342, 348f, 460f Polycarbonat 119, 329, 349, 450, 462f Polyethylen 118, 201, 218, 342, 456 Polyisobutylen 349, 462 Polymethylmethacrylat 329, 339, 346, 450, 459 Polypropylen 118, 172, 317, 338, 343, 456, 458, 462 Polystyrol 118f, 122, 155, 162f, 172, 338f, 345, 370, 377, 456f, 459, 649 Polytetrafluorethylen 347, 460, 464 Polyurethan 119, 122, 134, 174, 339, 348f, 420, 461f, 464 Polyvinylchlorid 338, 344, 456f Silikon 118ff, 172, 349f, 373, 438, 449, 462, 464, 753f ungesättigtes Polyesterharz 462 Kunststoffmatrix 174 Kunststoffverbinder 658f KVH 386, 389f siehe auch Konstruktionsvollholz k-Wert siehe U-Wert; siehe Wärmedurchgangskoeffizient Kybernetik 46
L LAC 366 Ladungsschwerpunkt 194f Ladungswolke 194, 196 Lagenholzwerkstoff 391, 397 Lager 260, 307, 332f, 423, 460, 495, 504508, 514, 516, 524, 528, 530, 532639, 728, 732, 738, 769, 779 Lagerfläche 249, 358, 367, 371 Lagerfuge 69, 73, 250, 255ff, 259f, 358, 360, 371, 449, 596-603, 664 Lagerung 42, 64, 260, 307, 332f, 423, 460, 495, 497, 504-508, 514, 516, 524, 528, 532-639, 728, 732, 779 Lamellenfenster 446f Lamellengraphit 420, 422 Laminated Strand Lumber 400 siehe Spanstreifenholz Laminierung 710 Landesbauordnung 718 Landwirtschaft 46, 108, 176, 404 landwirtschaftliche Düngung 108 siehe auch Wirkungsabschätzung Längsleitung 695ff, 700, 706ff, Langspanplatte 391, 400 Längswellen 222 siehe auch Longitudinalwellen Lärm 140f, 143, 314, 472, 684 siehe auch Behaglichkeit Last 11, 14, 31f, 70, 112, 190, 225, 229, 232, 242, 245, 249f, 254-260, 265, 266f, 276, 278, 280ff, 290, 295f, 301, 305, 307, 309, 316, 319f, 322, 332f, 417, 427, 429, 448, 468, 481484, 486, 494, 496-640, 723, 729, 734, 744, Lastfall 60, 508 lastabhängige Verformung 87, 223f, 242,
798
258, 266, 280, 296, 307, 637 Lastabtrag 316 siehe auch Lastabtragung Lastabtragung 14, 28, 515, 565, 570f, 596, 614, 619, 621, 623, 630f, 729 siehe auch Lastabtrag Lastabtragung zweiachsig 565, 570f, 586, 596, 619, 621, 630 siehe auch Biegung zweiachsig Lastkonzentration 245, 281, 608 Lastquerverteilung 616, 621 siehe auch Querverteilung lastunabhängige Verformung 224, 230, 242, 257, 266f, 278, 295, 307 Läuferverband 70ff Lautstärke 684f, 688 LCA 104, 111, 117, 152, 179 siehe auch Ökobilanz LCA-Indikator 111 siehe auch Wirkungsabschätzung LCC 116, 117, 131 siehe Lebenszykluskostenrechnung LCCA 116, 131 siehe auch Lebenszykluskostenrechnung LCIA 106 siehe Wirkungsabschätzung Lebensdauer 104, 116, 117-122, 123f, 131, 134, 156, 172, 179, 188, 229, 427, 456, 473, 762 Lebensdauer von Bauwerken 762 Lebensphase 116, 156 siehe auch Lebenszyklus Lebensqualität 138 siehe auch soziokulturelle Auswirkung Lebenszyklus 100, 108, 110, 116f, 123, 126130, 131, 135, 143, 156, 172, 179, 245, 473, 492 Lebenszykluskosten 100, 116, 131, 135 Lebenszykluskostenrechnung 116, 131 Legierung 46, 167, 233, 286, 288, 295, 411414, 420, 422 Legierungskomponente 167 Lehm 31, 118-122, 163, 206ff, 214, 226, 254, 304, 355f, 380, 584 Leichtbau 14, 43, 53, 119, 121, 172, 244, 290, 293, 402f, 418, 510, 633, 646, 649f, 692, 698, 719, 739 Leichtbeton 163, 168, 172, 261, 366ff, 380, 459, 749, 750 Leichtbetonsteine 366 Hohlblöcke aus Leichtbeton 261, 366f, 380 Hohlwandplatten aus Leichtbeton 366 Vollblöcke aus Leichtbeton 366, 380 leichte Außenwand 647, 652, 654, 670f leichtentflammbarer Baustoff 719 leichte Trennwand 79, 82, 698, 706, 708, 752 Leichthochlochziegel 73, 358ff, 371, 480, 650, 664f Leichtmörtel 359f, 370f, 664f Leimpresse 393 Leistungsphase 4f Licht 26, 32, 125, 139, 141, 166, 169, 202, 234, 330, 335, 411, 434, 436f, 439-443, 447-450, 453, 456f, 459, 462f, 469f, 475, 477, 478f, 721 Lichtbeständigkeit 141 siehe auch Dauerhaftigkeit Lichtniveau 139
I Konstruieren
Lichtumlenkung 442 Lichtverhältnisse 470 Life-Cycle Assessment 104 siehe auch LCA; siehe auch Ökobilanz Life-Cycle Cost Analysis 116, 131 siehe auch LCCA; siehe auch Lebenszykluskostenrechnung Life-Cycle Costing 116, 131 siehe auch LCC; siehe auch Lebenszykluskostenrechnung Life-Cycle Impact Assessment 106 siehe auch LCIA; siehe auch Wirkungsabschätzung Lignin 202, 216f, 234, 273, 276, 282, 781 Lignin-Matrix 276 Linienlager 333, 504, 506f, 552ff, 617 Lochkorrosion 766f, 776 Lochziegel 254, 361 Lohnkosten 56f, 73f, 84, 252 Longitudinalwellen 222 siehe auch Längswellen lösbare Verbindung 181ff Löschen 209, 214 Lösemittel 129, 171, 782 Lösung (chemisch) 199, 201, 327, 443, 764, 783 Lösung (physikalisch) 171, 182 Lösung (planerisch) 6ff, 10, 12, 14f,17-20, 61, 117, 243, 249, 319, 420, 479, 592f, 596, 645, 647, 651f, 668, 680, 708 Lösungskonzept 6, 18 Lösungsmittel 457, 459, 782 Lösungsprinzip 6f, 14, 17, 20, 680 lotrecht 255f, 258, 499, 501, 583, 597, 602 siehe auch senkrecht low-e-Beschichtung 169, 334, 437, 440 Luft 26, 100, 107ff, 133, 139ff, 156, 188, 190, 207, 209, 210-214, 226, 253, 257, 267, 276, 279, 286, 316, 319f, 334, 340, 355, 367, 369, 370, 373, 375, 410, 437f, 440, 445, 448, 450, 452, 454, 460, 464, 469, 475f, 478, 487, 489ff, 515, 634, 638f, 644-658, 666-681, 684-713, 771 Luftaustausch 646 Luftdichtheit 649, 672, 674 Luftfeuchte 26, 139, 140, 257, 279, 464, 475f, 489, 648 relative Luftfeuchte 139, 279, 475f, 648 Luftmörtel 206, 253 Luftschadstoff 107f siehe auch Wirkungsabschätzung Luftschall 139, 490, 684, 686, 688f, 692f, 702, 704, 706ff, 710, 713 Luftschalldämmung 688, 704, 706, 708, 713 Luftschallschutz 688, 692, 706, 708, 710 Luftschicht 437, 438, 450, 644-651, 654658, 666-675, 681, 695, 711 Lüftungsleitung 724f, 759 Lumen 273, 277, Lumitop 442f siehe Isolierverglasung mit Lichtumlenkung Lunker 268, 318, 321
Luppe 286, 410 h-Wert siehe Wärmeleitzahl
M magmatisches Gestein 203, 205f, 233, 253f siehe auch Erstarrungsgestein; siehe auch Naturstein Maison de Verre 448 Makromolekül 169f, 201f, 217ff, 344, 348 siehe auch Riesenmolekül Makropore 265f Makroriss 228f siehe auch Riss Makrostruktur 253 manieristische Haltung 244 Mantelbaustein 368 manuelle Vorsortierung 170 siehe auch Recycling Markröhre 388 Marmor 134, 254 Martensit 288 Maserung 274 Maß 28, 37ff, 48, 59, 64-95, 200, 256, 259f, 279, 281, 311, 320, 357, 362, 367, 371, 394, 401, 407, 430f, 453, 552f, 562, 564f, 571, 576, 588, 612, 688, 691, 697, 701-713, 736, 741, 749ff, 754ff, Grenzabmaß 85f, 94, 430f Größtmaß 85f Istabmaß 85f Istmaß 85f Kleinstmaß 85f Nennmaß 67, 85f Stichmaß 85f Maßabweichung 39, 68, 84f, 362 siehe Toleranz Masse 54, 59, 118f, 121, 141, 162f, 168, 173, 175, 206f, 226, 236, 250, 254, 290, 308, 322, 354ff, 360, 378, 410f, 435, 438, 441, 449, 470, 687, 689-701, 704-710, 720, 727, 744 Masse-Feder-Masse-System siehe MasseFeder-System Masse-Feder-System 441, 693, 700, 706 Massenherstellung 410, 411, 435 siehe auch Massenproduktion Massenproduktion 54, 175, 354, 410 siehe auch Massenherstellung Massivdecke 11, 704, 707, 732 Massivholzwerkstoff 391 maßliche Koordination 69, 84, 367 Maßordnung 37, 64, 68f, 260 siehe auch Maßsystem Maßstab 11, 25, 28, 65, 198, 322 Maßsystem 68ff, 73, 357, 367 siehe auch Maßordnung Maßtoleranz 68, 84-87, 453 siehe auch Toleranz Material 2, 10-14, 25, 28f, 33f, 36, 46, 50, 56, 62, 73f, 100, 108, 117, 119, 130, 133f, 141ff, 161, 165, 167-177, 181ff, 195, 203, 205, 207, 210f, 213ff, 215, 218f, 222-236, 240-260, 264-267, 272, 277-282, 286-322, 326-333, 338-350, 354, 358, 361, 363f, 374, 384, 390f, 399f, 404f, 410f, 414, 418, 422f, 434, 436,
799
446, 449f, 452, 456f, 460ff, 470, 478, 507, 510, 512ff, 580, 582, 584, 586f, 592, 605, 608, 614, 617, 623, 630, 632-637, 643-650, 666, 668, 676, 678, 680, 690-695, 700, 710, 717, 720, 723-740, 748, 750, 752, 754, 765, 767, 772, 776, 778 siehe auch Werkstoff Materialgefüge 195, 203, 213, 224f, 228, 234, 242, 252f, 257, 265, 512, 582, 584, 633 Materialausnutzung 28f, 512, 617 Materialdämpfung 692, 694f Materialgerechtigkeit 242ff Materialkontinuum 34, 36, 587 Materialkreislauf 167, 182 siehe auch Recycling Materie 188-237 siehe auch Stoff Matrix 46, 174, 196, 208f, 212, 216f, 229, 265, 273, 276, 304ff, 311-317, 341, 426, 462 Mauer 32, 64, 70, 73f, 210, 248-261, 264, 268, 304, 356, 358, 365, 378, 434, 496, 597, 600ff, 649, 654, 664-669, 676f, 730 Mauermörtel 368f, 372, 380f Baustellenmörtel 369, 374 Mehrkammer-Silomörtel 369 Dünnbettmörtel 69, 358, 360, 363, 365, 370, 371 Kalkmörtel 119, 370, 373, 375 Kalkzementmörtel 119, 370 Leichtmörtel 353, 359, 360, 370 Mittelbettmörtel 360, 371f Normalmörtel 370 Vormauermörtel 372 Werkmörtel 369, 370, 374 Werk-Frischmörtel 369 Werk-Trockenmörtel 369, 371 Werk-Vormörtel 369 Zementmörtel 119, 370, 373, 375 Mauertafelleichtziegel 360 Mauertafelziegel 73, 358, 359f Mauerverband 70, 73f, 257, 259 siehe auch Verband Mauerwerk 14, 18, 33, 37, 67-74, 84, 86, 118f, 168, 208, 221, 243, 248-261, 299, 314, 354, 358, 360f, 363, 367-374, 377-381, 411, 593, 596f, 600, 602, 639, 647, 650, 654, 664669, 708, 719, 730, 779 Mauerwerkbruch 168, 184 siehe auch Recycling von Mauersteinen Mauerziegel 68, 148, 157, 163, 261, 356, 359, 379, 380 siehe auch Ziegelstein Maximum 528, 530, 532, 534, 536f, 553, 556, 558, 560, 562-565, 570f, 576 MBO 716f, 719, 723, 758 siehe auch Musterbauordnung MDF 391, 402f siehe mitteldichte Holzfaserplatte mechanische Abnutzung 117 mechanische Beschädigung 439, 644, 676, 725, 770, 776 mechanische Vorsortierung 170 siehe auch Recycling mechanische Vorspannung 330, 516
mechanische Wirkung 6, 125, 255, 632, 724 Mechanisierung 46, 54 Medium Density Fiberboard 403 siehe auch MDF; siehe auch mitteldichte Holzfaserplatte Megalith 248 Mehrkammer-Silomörtel 369 Mehrscheiben-Isolierglas 330, 453 siehe auch Isolierglas Mehrscheibenisolierverglasung siehe Mehrscheiben-Isolierglas Mehrscheibenverglasung siehe Mehrscheiben-Isolierglas Mehrschichtverbundelement 632f siehe auch Sandwich mehrseitige Brandbeanspruchung 727 mehrstufiger Aufbau 647, 652, 654 siehe auch mehrstufige Dichtung mehrstufiger Feuchteschutz 645, 652-655 siehe auch mehrstufige Dichtung Membrane 514ff, 582f, 633-639 Membranspannung 508, 513, 515, 632, 634 Mergel 211, 214, 356 Metall 46, 47, 118-122, 129, 156f, 161f, 166-175, 180, 191-200, 214f, 223, 225-235, 286-295, 314, 326f, 330, 333, 361, 379, 411, 413, 420-426, 436, 438-441, 460, 644, 649, 668, 699, 701, 707, 719, 730, 747f, 764774, 778, 785 Metallbindung 193, 196, 198f, 226 metallischer Gusswerkstoff siehe Gusswerkstoff metallischer Überzug 770 Metalllegierung 161 Metallphase 166f Metallverbindung 129 metamorphes Gestein 203, 205, 254 siehe auch Naturstein Metamorphose 254 siehe auch metamorphes Gestein Methan 108, 210 siehe auch Wirkungsabschätzung Micelle 216f, 275 Micellenstrang 275 siehe auch Micelle Mies van der Rohe 243, 435 Mikropore 265f, 461 Mikroriss 214, 228f, 330 siehe auch Riss Mikrostruktur 253, 265 Mimesis 242f siehe auch Nachahmung Mindestachsabstand 732 Mindestbreite 731, 734, 737 Mindestdicke 11, 732, 736, 740 mineralogische Analyse 169 Mineralputz 372 Mineralwolle 119, 154, 157, 328, 451, 744, 758 Minimum 48, 227, 290, 497, 690, 692f, 707 Mischelektrode 764 Mistelbefall 389 Mittelbettmörtel 360, 371f Mittelblech 415 mittelbreiter I-Träger 416 siehe auch IPEProfil mitteldichte Holzfaserplatte 391, 402f siehe auch MDF
Mittelfeld 538, 540 Mittellage (Position) 76, 78f Mittellage (Zwischenschicht) 391, 398, 401 Mitwirken 361, 605, 611, 618, 623 siehe auch Mitwirkung; siehe auch redundantes System Mitwirkung 5, 143, 209ff, 250, 593, 595, 607, 609, 611, 618f, 631, 700 siehe auch Mitwirken; siehe auch redundantes System Modernisierung 112, 130, 141 siehe auch Lebenszyklus modulare Ordnung 27ff, 37, 48, 64, 83, 94 siehe auch Modulordnung modularer Aufbau 48, 180, 182f siehe auch Komponentenrecycling Modularsystem 254 Modulor 65 Modulordnung 18, 64, 74f, 94 siehe auch modulare Ordnung Molekül 169f, 191, 193-198, 201-210, 216226, 237, 276, 278, 338-350, 451, 461, 685, 689 Molekularbindung 193 Moment 498, 500, 508, 512ff, 518, 520, 528-639 siehe auch Biegemoment Momentennullpunkt 528, 530, 532, 536, 538, 540, 545, 562, 565, 576 Monier 304 Monomer 161, 169f, 174, 202, 217, 338, 346ff Montage 2, 7, 8, 14, 20, 42, 50f, 54f, 60f, 84ff, 90, 100, 298, 315, 330, 333f, 361, 365, 371, 411, 462, 473, 646f Montagegerechtigkeit 473 Montagezustand 60 Montmorillonit 207, 226 Mörtel 68f, 73, 88, 119, 162, 168, 206, 209f, 213f, 249-259, 316, 319, 349, 358ff, 363, 365, 368-381, 449, 604, 643, 664f, 732, 735ff, 777, 779, 785 Mörtelfuge 68, 250ff, 255, 371, 449 Müllverbrennungsanlage 173, 177 siehe auch Entsorgung Multimodul 74f, 77, 94 Musik 25, 43, 490, 684 Musterbauordnung 717, 758 siehe auch MBO
N Nachahmung 18, 242f siehe auch Mimesis Nacharbeit 57, 84, 86, 424 Nacharbeiten siehe Nacharbeit Nachhallzeit 139, 477, 490 nachhaltige Entwicklung 98 Nachhaltigkeit 13, 26f, 30, 98-101, 113, 135, 138, 143, 157, 178, 244f, 471ff, 492, 494, Nadelholz 118-122, 150, 156, 275, 278, 283, 386, 388, 398f, 407 Nagelplattenbinder 398, 405 Natron 328, 453f siehe auch Soda Natron-Kalk-Glas siehe Kalknatronglas Naturkautschuk 339 natürliche Belichtung 477 siehe auch Be-
800
lichtung natürliche Belüftung 475f Naturraum 107 siehe auch Sachbilanz Naturstein 117, 119-122, 204f, 243f, 251, 253f, 260, 264, 269, 377, 644, 719 siehe auch Gestein Nennmaß 67, 69, 85f, 88f, 357 Netz 202, 219, 227, 291, 304f, 435, 446, 474, 479, 514ff, 604, 633 Neubau 100, 116, 126, 162, 494 siehe auch Lebensphase nicht belüftetes Flachdach 652, 660f nichtbrennbare Baustoffe 718ff, 723 nicht erdberührtes Hülbauteil 489 siehe auch aufgehendes Hüllbauteil nichtkristallin 235 siehe auch amorph nichtrostender Stahl 291, 378, 412-414, 423, 426f, 430f, 440, 772 Niederschlag 32, 234, 243, 447, 475, 479, 485, 489, 493, 644, 668, 672 Niederschlagswasser 234, 485, 644, 668 Niet 37, 41, 183, 297, 765 N-Matte 425 siehe auch Betonstahlmatte normalentflammbare Baustoffe 719 Normalfestigkeit 227 Normalformat 69, 357 Normalkraft 508, 512, 524 Normalmörtel 370 Normalspannungsreihe 764 Norm-Trittschallpegel 702f, 708f Normung 47, 64, 67, 425, 500, 717f, 758 Normzahlenreihe 66f siehe auch Baunormzahlen; siehe auch Renard-Reihe Nukleierungsmittel 340 Nutzeranforderung 138 siehe auch soziokulturelle Qualität Nutzerverhalten 140 Nutzung 4, 12-15, 26, 28ff, 54, 77, 104f, 107-110, 112, 116f, 123ff, 126f, 127133, 135, 138, 141, 143, 146-155, 160, 164, 170, 175, 177-180, 193, 282, 304, 410, 468f, 473f, 476, 478, 481, 483, 490, 499, 515, 716, siehe auch Lebensphase Nutzungsdauer 105, 117, 123, 124f, 175 siehe auch Lebensdauer Nutzungskomfort 13 Nutzungsphase 110, 112, 116, 126, 130ff, 143, 160, 179f siehe auch Lebenszyklus Nutzungsraster 77 Nylon 46, 348, 460 siehe auch Polyamid NZ-Format 68
O Oberflächenbehandlung 118, 121, 365, 783 Oberflächenbeschaffenheit 7, 390, 416 Oberflächenspannung 220 Oberflächentemperatur 139 Oberputz 372, 374f, 377f Obsoleszenz 123, 125 siehe auch Lebensdauer ODP 108, 111, 146-155 siehe Ozonabbaupotenzial offenes Spiralseil 427f Öffnungsmaß 69, 710 Okasolar 442 siehe Isolierverglasung mit
I Konstruieren
Lichtumlenkung Ökobilanz 100, 104-108, 113, 117, 146-157, 165, 179, 384, siehe auch LCA Ökobilanzdaten 156 siehe auch Ökobilanz Ökologie 98, 105-113 ökologische Qualität 99f, 110 Ökonomie 15, 28, 98, 117-135, 179, 418, 473, 644, 692 ökonomische Qualität 99f, 130, 135, 143 Ökosystem 107, 492 Oktameterordnung siehe oktametrisches Maßsystem oktametrisch 68ff, 73 oktametrische Maßordnung 69 siehe auch oktametrisches Maßsystem oktametrisches Maßsystem 68ff, 73, 357 siehe auch oktametrische Maßordnung Opferanode 773 opus caementitium 48, 264, 354 opus reticulatum 257 Ordnung 17, 24-43, 48, 64-95, 195f, 198202, 226, 230, 260, 582, 639, 716ff, Ordnungsprinzip 24f, 29 Ordnungssystem 27f, 64, 77 organisatorischer Holzschutz 778f organischer Stoff 129, 202, 338, 763, 778 organisches Gießharz 710 Organismus 216 Oriented Strand Board 400, 402 siehe auch Langspanplatte; siehe auch OSB OSB 385, 391, 400, 402, 405 siehe auch Holzwerkstoff OSB-Flachpressplatte 400, 402 siehe auch OSB Output 104-109, 146-155, 492 Oxid 161, 167, 195, 222, 233, 326 Ozonabbaupotenzial 108, 146-155 siehe auch ODP; siehe auch Wirkungsabschätzung Ozone Depletion Potential 108 siehe Ozonabbaupotenzial; siehe auch ODP
P PA siehe Polyamid Papierindustrie 385 siehe auch Recycling von Holz Parabel 528, 530, 532, 534, 536, 538, 540, 542, 544f, 548, 556, 558, 560, 562, 564f, 570f, 576 Parallam PSL 400 siehe auch Furnierstreifenholz Parallelogramm 510, 612f Parallel Strand Lumber 400 siehe auch Furnierstreifenholz Passgenauigkeit 85 Passivierung 772 Passivschicht 308, 413, 770, 774, 776 PC 46, 349, 450, 462f siehe Polycarbonat PCB-Altholz 162, 178 siehe auch Recycling von Holz PCR 110 siehe Produktkategorieregel PE 120, 180, 342, 343, 456 siehe auch Polyethylen
Perlon 218, 348, 460 siehe auch Polyamid Perrot 326 Pfeiler 26, 69, 88, 730 Pflichtmodule 110 siehe auch Umweltkennzeichnung Pfropfpolymerisation 217 Phase (elektrisch) 105 Phase (physikalischer Zustand) 166f, 193, 228, 312, Phase (prozessbezogen) 2-10, 15, 18, 54, 57, 104-112, 116, 126, 128, 130ff, 178ff, 210, 212, 292, 310, 410, 422, 440, 492, 779, 782 Phenolharz 339, 405 pH-neutral 211 Photochemical Ozone Creation Potential 108 siehe auch POCP; siehe auch photochemisches Ozonbildungspotenzial photochemisches Ozonbildungspotenzial 108 siehe auch POCP; siehe auch Wirkungsabschätzung Photosynthese 156, 202 Phthalat 173 siehe auch Weichmacher pH-Wert 107, 766, 774 physikalisches Verhalten 188 PIB 349, 462 siehe auch Polyisobutylen Pilkington 326, 435 Pilzbefall 276, 778 Pilz- und Insektenbefall bei Holz 778, 782 Planen 4, 6f, 36, 76, 99, 268, 478 siehe auch Planung Planstein 69, 362ff, 371 Planung 3-12, 15f, 20, 24, 26-30, 34, 36-39, 49, 53-61, 64, 67f, 74, 77, 80, 84, 91, 99, 105f, 116f, 126, 130, 135, 143, 168, 179, 181-185, 242, 244, 307, 380f, 471, 473, 478, 484, 486, 492, 580, 646, 651, 713, 758, 762, 768, 770, 779 Planungsphase 4, 6, 116, 126, 179 Planungsraster 27, 77, 91 plastisch 205, 207f, 210, 212, 218f, 223230, 235, 246, 250, 253f, 258, 264ff, 277, 280, 282, 288, 291f, 296, 298, 320, 327, 330, 341, 344, 349, 350, 368, 414, 426, 445, 461f, 464, 514, 639, 744 Plastomer 218f, 338-346, 456, 459, 461 Platte 29, 41, 52, 56f, 74, 88, 117-122, 133, 162f, 176, 178, 211, 242, 256, 261, 281, 292, 314f, 317, 334, 345, 349, 359ff, 364-367, 378ff, 385, 391, 394-405, 451, 457ff, 462f, 463, 483, 516, 525ff, 552, 556-639, 666, 670f, 676-679, 690ff, 695, 698f, 706f, 719, 729, 732ff, 737743, 747-756 Plattenstreifen 586-590, 618, 623, 699 Plattenwirkung 603f Plexiglas 459 siehe auch Polymethylmethacrylat PMMA 46, 346, 450, 459 siehe auch Polymethylmethacrylat Pneu 515, 582 pneumatische Vorspannung 515 POCP 108, 111, 146-155 siehe photochemisches Ozonbildungspotenzial
801
Poisson-Zahl 222 Polarität 192, 194ff, 218, 220, 230, 344, 346f Polyaddition 218, 339, 348 Polyamid 172, 218, 317, 342, 348f, 351, 460f Polycarbonat 119, 329, 349, 450, 462f Polyethylen 118, 201, 218, 338, 342, 456 Polyisobutylen 337, 349,462 Polykondensation 338, 339, 348ff, 462 Polymer 46, 118, 120, 134, 161, 169, 174, 201f, 217ff, 224, 234, 237, 273, 339f, 348ff Polymerisation 202, 217f, 338f, 342, 344f, 347 Abbruchreaktion 338 Polymerzerlegung 174 siehe auch Recycling von Kunststoffen Polymethylmethacrylat 329, 339, 346, 450, 459 siehe auch PMMA Polypropylen 118, 172, 317, 338, 343, 456, 458, 462 Polysaccharid 216 Polysiloxan 349 siehe auch Silikon; siehe auch Siloxan Polystyrol 118f, 122, 155, 162f, 172, 338f, 345, 370, 377, 456-459, 649 PS-E-Polystyrol 345 PS-X-Polystyrol 155, 345 Polystyrolhartschaum 345, 459 Polysulfidmasse 438 Polytetrafluorethylen 347, 460, 464 siehe auch PTFE Polyurethan 119, 122, 134, 174, 339, 348f, 351, 420, 461f, 464 siehe auch PU Polyvinylchlorid 338, 344, 456f siehe auch PVC Pore 205, 232f, 265f, 311, 318, 320f, 358, 364, 369, 451, 461, 648, 676, 774f Makropore 265f Mikropore 265f, 461 Porenbeton 120, 163, 168, 214, 364f, 371, 379ff, 690f Porenbetonstein 364f, 380 Porenbeton-Bauplatte 364 poröse Holzfaserplatte 391, 401f porosiertes Ziegelmauerwerk 358, 371, 379 Porosierungsmittel 177 siehe auch Recycling von Holz Porosität 169, 205, 212, 649, 662 Portlandzement 401, 372 siehe auch Zement Portlandzementklinker 161, 164ff Pozzuoli 264 PP 46, 343f, 456f, 458, 462 siehe auch Polypropylen Präzision 49, 252, 290, 293, 411 Preis 59, 125, 134, 770 siehe auch Kosten Presse 50, 293f, 393, 405 Pressen 41, 205, 292, 390, 397, 403, 423, 446, 460, 600 Primärenergieverbrauch 107, 146-156 siehe auch Sachbilanz Primärrohstoff 160, 164ff Primärsystem 31, 80, 471, 474 Primärtragwerk 18, 80, 202, 234, 241,
245f, 260, 281f, 290, 292, 295, 340, 342, 474f, 482, 484, 496ff, 515f, 716, 719, 727, 734, 736 siehe auch Tragwerk Prinzip 6ff, 11-14, 17-20, 24f, 28f, 32-38, 55, 79, 84, 92f, 175, 203, 206, 213, 294, 297f, 309, 334, 354, 435f, 445-449, 462, 497, 510, 515, 524, 582, 584, 592, 596, 605, 610, 614, 616, 631, 633, 643-647, 652ff, 662, 662, 678, 680, 687, 689, 698, 700, 704, 709f, 740f Produktion 2, 12, 46f, 49f, 53, 54-58, 67, 85, 107f, 129, 161, 164, 169ff, 174f, 177, 209, 254, 291, 326, 330, 354, 380, 408, 410, 436, 447 siehe auch Fertigung Produktionsmethode 12, 55 siehe auch Fertigungsverfahren Produktionsverfahren 54, 164 siehe auch Fertigungsverfahren Produktivität 50, 55, 57f Produktkategorieregel 110 siehe auch Umweltkennzeichnung; siehe auch PCR Produktrecycling 160, 179f siehe auch Recycling Profilerzeugnis 292, 415f Profilglas 436 projektspezifisch 40 projektunspezifisch 40, 64 Proportionalitätsgrenze 296 Prozessqualität 99 Prüfzeugnis 724, 730 PS 46, 172, 345, 456-459 siehe Polystyrol PS-E 345, 457ff siehe expandierter Polystyrolschaum pseudofester Körper 266 PS-X 345, 457ff siehe extrudierter Polystyrolhartschaum PTFE 347, 460 siehe Polytetrafluorethylen PU 348, 461f siehe Polyurethan Puddelofen 410 Punktlager 504f, 571, 627, 631 PUR-Sandwichelement 420 Putz 119f, 163, 168, 172, 210f, 368ff, 372381, 642, 645, 650, 664-669, 677, 698, 728, 729f, 732, 734, 747, 748, 779 siehe auch Verputz Putzaufbau 374, 377 Putzeckprofil 379 Putzgrund 210, 374, 730 Putzmörtel 73, 372f, 375, 377f, 381 Außenputz 211, 373, 374ff, 380f, 664 Innenputz 373, 374, 375 Kalkmörtel 119, 370, 373, 375 Kalkzementmörtel 119, 370 Kunstharzputz 119f, 372f, 377 Mineralputz 372 Zementmörtel 119, 370, 373, 375 Putzmörtelgruppe 373 Putzsystem 119, 377 Putz- und Mauerbinder 119, 369, 370, 375, 380 Putzweise 377 PVC 120, 134, 162f, 170-173, 180, 344, 456-459 siehe auch Polyvinylchlorid
PVC-Dachbahn 170, 172 PVC-Fenster 170ff
Q Q-Matte 425 siehe auch Betonstahlmatte Qualität 32, 47, 49, 57, 61, 99f, 110, 113, 123ff, 130, 134f, 138-143, 146, 157, 167, 169, 171, 174f, 242, 244, 289, 318f, 321, 354, 397, 407, 410, 413, 451, 459, 494, 731, 762, 772, 785 Qualitätsstahl 413 Quantenmechanik 194 Quarz 46, 161, 164, 194, 198, 203f, 206, 214, 254, 312, 326f, 329, 354, 362, 364, 451 Quarzsand 161, 164, 329, 362 Quellen 211, 266, 278f, 281, 295, 397, 658 Querbiegung 564f, 570f, 576 Querdehnung 222, 540, 542, 544, 552, 553 Querdehnungszahl 222 siehe Poisson-Zahl Querdruck 277, 594, 597, 599f, 602f Querkontraktion 541 Querkraft 231, 256f, 259, 278, 309, 508, 512ff, 517-524, 528-579, 584, 585, 592ff, 597, 599f, 602f 607, 612-615, 616, 621f, 631, 732 Querpressung 282, 592 Querriegel 608ff Querschnitt 33, 35, 58, 99, 118, 175, 217, 229, 232, 272-275, 278, 281, 292f, 297f, 300, 307ff, 330, 358, 377, 386, 389, 390f, 393f, 396, 400, 404, 408, 410, 414f, 417, 425-428, 447, 482, 508, 510, 512f, 530, 534, 552, 580, 584ff, 601, 608ff, 612, 618f, 623, 632, 635-639, 693, 720, 727, 728f, 731f, 7344, 736, 738f, 742, 744f, 752, 771 Querverteilung 397, 584, 616f, 620ff siehe auch Lastquerverteilung Querwellen siehe Transversalwellen Querzug 277, 282
R Radialschnitt 274f, 279 Radonstrahlung 139 siehe auch soziokulturelle Qualität Raffination 167 siehe auch Stahlrecycling Rahmen (Fenster, Tür) 86, 118, 120f, 162, 171, 332ff, 389, 434, 447, 450, 681, 708, 753 Rahmen (Hüllelement) 582f, 607f, 614f, 620ff, 627, 631, 634-638, Rahmen (Tragelement) 11, 41, 495, 299f, 395, 544-550 Rahmendichtung 708 Rahmenwirkung 614, 615, 621, 627 Randeinspannung 694, 696 Randglied 607, 609f, 613-617, 621 siehe auch Randstab Randlage 76, 78f, 505ff Randstab 608, 614ff, 619, 623, 626f siehe auch Randglied Randverbund 438f, 441, 447, 453, 656, 681 Raster 27, 64f, 74, 76-83, 88, 90-94, 194,
802
200, 257, 309, 341, 362, 440, 442, 596, 598, 692 Achsraster 79, 81ff, 92, 93 Ausbauraster 77, 79, 82 Bandraster 79, 81, 82, 83 Flächenraster 77 Installationsraster 77 Konstruktionsraster 77, 82 Nutzungsraster 77 Planungsraster 27, 77, 91 Raumraster 77 Rationalisierung 27, 47f, 50, 54f, 57, 309 Rauchdichtheit 726 Rauchentwicklung 718, 722, 725 Rauchgasentschwefelung 210 Raumabschluss 434, 724f Raumakustik 139, 396, 490, 684 siehe auch raumakustische Konditionierung raumakustische Konditionierung 475, 477 siehe auch Raumakustik Raumgitter 195f, 198ff, 200, 203f, 214, 222, 223f, 226ff, 287 Raumluftfeuchte 26, 475f Raumorganisation 26 Raumraster 77 Raumtemperatur 648 Raumwirkung 140 siehe auch soziokulturelle Qualität RC-Baustoff 162f siehe auch Sekundärrohstoff RC-Beton 166, 184 siehe auch Betonrecycling Reaktion 53, 266, 504, 616, 617, 636 Reaktion (chemisch) 174, 191f, 195, 202, 205ff, 209, 211ff, 217, 222, 265, 287, 312, 338, 340, 344, 362, 364, 461, 464, 729, 764, 766, 772 Reaktion (mechanisch) 256f, 306, 504, 508, 534, 537, 544, 548, 582, 616f, 636, Realkristall 200 rechnerische Nutzungsdauer 124 siehe auch Lebensdauer Recyclat 171, 180 siehe auch Recycling Recycling 27, 104, 109f, 112, 128ff, 132, 143, 146-157, 160-185, 283 siehe auch Rezyklieren; siehe auch Lebenszyklus recyclinggerechte Gestaltung 178-185 siehe auch recyclinggerechtes Konstruieren recyclinggerechte Konstruktionsplanung 178-185 siehe auch recyclinggerechtes Konstruieren recyclinggerechtes Konstruieren 178-185 siehe auch Recycling Recyclingpotenzial 112 Recyclingverfahren 171, 173, 175, 182f siehe auch Recycling Recycling von Beton 130, 146f, 161-166, siehe auch Betonrecycling; siehe auch RC-Beton Recycling von Duroplasten 174 siehe auch Recycling Recycling von Elastomeren 172f siehe auch Recycling Recycling von Glas 153, 163, 169 siehe
I Konstruieren
auch Glasrecycling Recycling von Holz 149ff, 163, 175-178 siehe auch Recycling Recycling von Kunststoffen 163, 169-175, siehe auch Recycling Recycling von Mauersteinen 168f Recycling von Stahl 152, 157, 167 siehe auch Stahlrecycling Recycling von Thermoplasten 170ff siehe auch Recycling Reduktion der Materialvielfalt 183 siehe auch recyclinggerechtes Konstruieren redundantes System 497, 728f Reference Service Life 123f siehe auch Referenz-Nutzungsdauer; siehe auch technische Lebensdauer Reference Study Period 124 siehe Betrachtungszeitraum Referenzmoment 530, 532, 536, 538, 540, 545, 548, 562 Referenz-Nutzungsdauer 124 siehe auch Lebensdauer Referenzsystem 77, 531-579 Reflexion (mental) 6 Reflexion (optisch) 139, 436f, 441f Reflexion (akustisch) 490, 686 regellos 200, 214f, 222, 230, 287 regenerierbar 276, 283 regenerierbarer Werkstoff 276 Regenschutz 356, 373, 378 siehe auch Witterungsschutz Regranulat 171 siehe auch Recycling von Thermoplasten Rehydratation 266 Reibschluss 256-259, 597 Reibung 225, 248, 250, 320, 593f, 597602, 692 Reinigung 100, 110, 123f, 131-134, 141, 178, 181, 184, 485 siehe auch Lebenszyklus Reinigungskosten 134 siehe auch Bauunterhaltskosten Rekristallisation 229, 307 Renard-Reihe 66f siehe auch Normzahlenreihe Rennfeuer 410 Rennofen 286 Reparatur 55, 112, 124, 127, 131, 143, 146ff, 160, 777 siehe auch Lebenszyklus Resonanz 441, 689, 693, 695, 704, 710 Resonanzfrequenz 441, 693, 695, 704 Ressourceneinsatz 146-155 siehe auch Sachbilanz Ressourcenschonung 160f, 164 Ressourcenverbrauch 9, 27, 104ff, 126 Restholz 175 siehe auch Recycling von Holz Resttragfähigkeit 333, 446 Restwert 160 siehe auch Recycling Revision 127, 758 siehe auch Lebenszyklus Rezyklieren 35, 473 siehe auch Recycling Rhythmik 25 siehe auch Rhythmus Rhythmus 24 Riegel 419, 496, 544f, 548f, 608ff, 739
Riesenmolekül 195, 201, 203, 218f siehe auch Makromolekül Ringbalken 449, 600 Rippe 14, 29, 120, 281, 334, 361, 396, 426, 449, 476, 582, 583f, 605-631, 670f, 693-698, 734-740, 747ff, 755f Rippenelement 29, 281, 396, 606-630 Rippenquerschnitt 608f Rippenschar 606-630 Rippensystem 334, 584, 605, 607, 609, 611f, 616-622, 627, 629ff, 693, 696, 698, 736, 738, 740 Rippenelement 29, 281, 396, 606-630 siehe auch Holzbauelement Rippensystem siehe unter Rippe Riss 200, 210f, 214, 228, 229-232,249, 252, 255, 265ff, 269, 279, 282, 305ff, 313, 316, 330, 375, 378, 386ff, 394, 585, 597, 599, 643f, 664, 666, 774, 776, 779, 781 Makroriss 228f Mikroriss 214, 228ff, 330 Rissbildung 266f, 307, 375, 378, 386, 394, 643f, 774, 776, 779 R-Matte 425 siehe auch Betonstahlmatte Rohbaumaß 67, 69 Rohdichte 146-155, 169, 190, 242, 254, 261, 269, 278, 283, 290, 301, 332, 341, 343-349, 357-360, 363f, 366f, 370, 372, 407, 451, 456, 739f, 784 Rohr 122, 162, 273, 288, 292, 294, 298, 416, 422, 431, 456ff, 721, 748, 753, 758, 773, 785 siehe auch Hohlprofilerzeugnis Rohrisolierung 721 Rohstoff 40, 98, 104f, 109f, 126, 130, 143, 150, 151 160ff, 164ff, 169f, 173ff, 177, 179, 182, 188, 245, 329, 356, 435, 473 Rohstoffgewinnung 104, 110, 130 siehe auch Lebenszyklus Rollschicht 71, 255 Rost (Korrosion) 119-122, 233, 289, 378, 412ff, 423, 427, 430f, 764, 768, 772, 774, 776f, 784 Rost (Tragelement) 121, 422, 424, 449, 607, 619f, 627, 630 siehe auch Trägerrost Rostgehalt 167 siehe auch Recycling RSL 124 siehe Referenz-Nutzungsdauer Rückbau 100, 112, 116, 126, 128ff, 132, 162, 172, 175f, 179, 318 siehe auch Lebenszyklus; siehe auch Lebensphase Rückführung 55, 116, 229, 473, 492 siehe auch Recycling; siehe auch Lebenszyklus Rückgewinnung 109, 112, 129f, 132, 146155, 174 siehe auch Lebenszyklus; siehe auch Recycling Rundlitzenseil 427f Rußbrand 726
S Sachbilanz 104-111, 130, 157 siehe auch Ökobilanz
803
Safttransport 216, 273 Salz 161, 166, 195, 202, 326, 443, 457, 776, 782 Salzwasser 166 siehe auch Chlorideinwirkung Sandstrahlen 443, 776f Sandwich 317, 418, 420, 461, 462, 496, 582ff, 633, 644, 652f, 656f, 662, 740 siehe auch Mehrschichtverbundelement Sandwichelement 420, 461, 582ff, 632, 644 siehe auch Sandwichpaneel Sandwichpaneel 418, 461f, 496, 652, 656f siehe auch Sandwichelement; siehe auch Sandwich Sanierung 70, 134, 161, 184, 316f, 762, 784 Sättigungsdruck 488 Sauerstoff 166f, 174, 202ff, 222, 233, 286f, 349, 356, 410f, 413, 460, 764, 766f, 772 Sauerstoffaufblasverfahren 411 Sauerstoffblasverfahren 167 Saugfähigkeit 268, 273 SB 391, 401 siehe auch poröse Holzfaserplatte m-Bindung 194, 196 SCH 391, 398 siehe auch Schichtholz Schachtelbauweise 12, 14 Schadstoffeintrag 160 siehe auch Wirkungsabschätzung Schale 31f, 70, 119, 191, 193, 264, 310, 313f, 335, 354, 367, 372, 377, 420, 447f, 462f, 478, 484, 516, 584f, 604, 632f, 643, 647, 649, 650f, 655, 658ff, 662, 664, 666, 668ff, 687, 690, 692-701, 704, 706, 708f, 710, 712, 728, 734, 774 Schalenabstand 670, 693f, 697, 700f Schall 11, 32, 100, 118, 120f, 139f, 163, 176, 178, 190, 222, 322, 356, 364, 373, 396, 401, 403, 420, 441, 448, 454, 472, 474, 477, 480, 489, 490, 633, 646, 684-713, 739f, 742, 744 Schallabsorption 139, 686, 688, 712f Schalldämmmaß 688-691, 693, 697f, 701ff, 707, 711f Schalldämmung 120, 139, 441, 454, 687-696, 700f, 704ff, 708, 710, 713, 744 Schalldruck 685, 687 Schalldurchgang 490, 686 siehe Schalltransmission Schallenergie 686ff, 692f, 704 schallhart 140 siehe auch Nachhallzeit Schalllängsleitung 695ff, 706ff siehe auch Schallnebenweg Schallnebenweg 490, 687f, 695, 702 siehe auch Schalllängsleitung Schallpegel 687f, 702-705, 708f, 712 Schallreflexion 490, 686 Schallschutz 11, 100, 118, 120, 176, 178, 322, 356, 373, 396, 403, 420, 441, 448, 472, 475, 477, 480, 489, 490, 684-713, 740, 742 siehe auch Bauakustik Schallschutzglas 441 Schalltransmission 686f Schallübertragung 490, 694, 696, 698, 702,
706, 711 Schaumbeton siehe Porenbetonstein Scheibe (Glas, Kunststoff) 60, 118, 326, 330, 333ff, 434, 436-454, 459, 656f, 681, 708, 710ff, 721, 753f, Scheibe (Tragelement) 11, 14, 93, 281, 299, 398, 484, 496, 508, 516, 520, 525ff, 552-556, 584f, 597, 599-604, 610, 612, 620f, 627, 631f, 632, 765 Scheibenwirkung 525, 584f, 599f, 603f, 612, 621, 627 Scheibentragwerk 93 Scheibenzwischenraum 437f, 441f, 444, 441, 656, 681, 710f Scheitelpunkt 530, 532, 534, 536, 542ff, 548, 556, 558, 560, 562, 564, 570 Scherbenqualität 169 siehe auch Glasrecycling Schichtgestein 254 siehe Sedimentgestein Schichtholz 35, 151, 157, 391-400, 407f, 737ff Schichtholzprodukt 392, 394 Schiefer 119, 121, 163, 205, 254, 366, 370, 644 Schimmelbildung 139 Schlankheit 290, 295, 298, 300, 512, 728, 744 schmaler I-Träger 416 siehe I-Profil Schmelze 167, 172, 174, 193, 199, 201, 215, 287, 291, 327f, 340, 411, 435f, 446 Schmelzpunkt 197, 199, 201, 219, 223, 236, 327, 410, 739, 758 Schmelzverfahren 167 siehe auch Stahlrecycling Schmiedeeisen 286, 410 Schmieden 37, 286, 292 Schneelast 481ff, 494, 499, 639 Schnittholz 150, 283, 384, 386-392, 397, 404, 407, 783 Schnittkraft 508, 517f, 520, 522, 530, 582, 639 Schraube (geometrisch) 200, 216, 427, Schraube (Verbindung) 41, 67, 175, 183, 297f, 412, 765, 769 Schub 225, 227f, 230f, 252, 255ff, 259f, 265, 309, 341, 368, 394, 461, 508, 512, 517, 544, 548, 554, 584, 586f, 592-598, 600f, 610-622, 627, 630-633, 708 Schubaussteifung 593 Schubbeanspruchung 256f, 259, 394, 593f, 611f, 615, 617, 708 Schubfestigkeit 227, 230, 252, 256f, 592f, 600, 618, 633 Schubspannung 227f, 260, 309, 512, 632 Schutz 32, 98, 104, 141ff, 212, 232, 255, 273, 281f, 306, 308, 316, 434, 468f, 472-494, 632, 642-681, 684-713, 716-759, 768-786 siehe auch soziokulturelle Qualität Schutzanstrich 118, 121, 291, 301, 747, 770, 772 siehe auch flüssiges Beschichten Schutzfunktion 32, 308, 378, 468, 474, 480, 642, 646, 650, 687, 726f Schutzgut 98 Schutz vor Feuchte 274, 282, 476, 484f, 642-646, 649-654, 779f siehe
auch Feuchteschutz Schwachstelle 8, 73, 129, 214, 229, 250, 358, 633, 646, 694, 719 Schweißen (physikalisch) 205, 307 Schweißen (technisch) 41, 60, 294, 298, 300, 422, 424, 457, 752, 771 schweißgeeigneter Feinkornstahl 412f schwerentflammbare Baustoffe 719 Schwerkraft 225, 255, 259, 318, 320, 470, 499, 501, 602 schwimmender Estrich 692, 704f, 707 schwimmender Fußboden 740, 742 Schwinden 211, 252, 266f, 278f, 281, 295, 307, 397, 778 Schwindprozess 224, 230, 257, 266, 279, 358 Schwingung 125, 190, 199, 222f, 684, 686f, 689f, 693, 396, 704, 708, 710 m-¡-Diagramm 745 siehe auch SpannungsDehnungs-Diagramm Sedimentgestein 203, 205, 232, 253f siehe auch Naturstein; siehe auch Schichtgestein Segmentierung 28, 38 Seil 122, 290, 294, 300, 420, 427-431, 514f, 543f, 621f, 633, 635, 637 offenes Spiralseil 427f Rundlitzenseil 427f Seillinie 543 Seilstich 543 Spiralseil 427f, 431 vollverschlossenes Spiralseil 427f Sekantenmodul 258 Sekundärbrennstoff 109, 146-155, 161, 164 siehe auch Recycling Sekundärrohstoff 160, 162, 164ff, 169f, 174 siehe auch Sekundärstoff; siehe auch Recycling Sekundärstoff 109, 130, 146-155, 160f, 168 siehe auch Sekundärrohstoff; siehe auch Recycling Sekundärsystem 31, 80, 471, 474 Sekundärtragwerk 420, 474f, 496 selbstschließende Eigenschaft 725 selbstverdichtender Beton 318-324 siehe auch SVB Blockierneigung 320 Fließfähigkeit 320, 321 Frühfestigkeitsentwicklung 321 Gefügestabilität 320 Selbstentlüftungsfähigkeit 319 Selbstnivellierungsfähigkeit 321 Sichtbetoneignung 321 selektives Löseverfahren 171 siehe auch Recycling Senderaum 684, 688, 696 senkrecht 11, 33, 69, 71, 250, 255, 333, 358, 360, 367, 484f, 499, 501, 508, 644, 692 siehe lotrecht senkrechte Hüllfläche 485, 644 Separieren siehe Sortieren Serienfertigung 28, 49, 55, 58 Serienproduktion siehe Serienfertigung SFB 315f siehe auch Stahlfaserbeton Shape-Memory-Effekt 224, 277 Shredder siehe auch Recycling SI 349, 462 siehe auch Silikon
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Sicherheit 99ff, 118, 120, 127, 138, 141ff, 315, 329, 331, 379, 387, 426, 431, 445-454, 489, 491f, 497, 500, 652, 654, 658, 716f, 721, 724 siehe auch soziokulturelle Qualität Sicherheitsglas 334, 445f, 451, 454, 721 Sicherheitskonzept 379, 491, 717 Sichtbeton 119, 268, 318f, 321, 323 Sichtkontrolle 177 siehe auch Sortieren Sichtmauerwerk 70, 74 Sichtschutz 443, 475, 477 Sichtschutzglas 443 Sichtverbindung 142 siehe auch soziokulturelle Qualität Silica-Aerogel 450ff siehe Aerogel Silicium 201, 203f, 211, 216, 236, 328, 349, 362, 435, 451 Siliciumdioxid 203, 204, 236, 435 siehe auch Siliciumoxid Siliciumoxid 211, 328, 362, 451 siehe auch Siliciumdioxid Silikon 118ff, 172, 349f, 373, 438, 449, 462, 464, 753f Einkomponenten-Kaltsilikon 464 Zweikomponenten-Kaltsilikon 464 Silikonharz 118ff, 350, 373 Silikonkautschuk 172, 350, 464 Silikonöl 350 Silizium siehe Silicium Siloxan 349f Siloxankette 349 Sinusfunktion 684f Skeletttragwerk 92, 474 Sklerenchym 216f S-Kurve 46f Soda 326, 328, 329 Sog 481ff, 486 siehe auch Windsog solarer Wärmegewinn 475f Solvatwasser 221 Sommersmogpotenzial 108 siehe auch POCP; siehe auch Wirkungsabschätzung Sonderziegel 361 Sonnenenergie 440, 473f Sonnenschutz 118f, 133, 440, 442, 475, 477 Sonnenschutzglas 440 Sonnenstrahlung 141, 436, 442, 457 Sorptionsfähigkeit 140 Sortenhomogenität 167 siehe auch Recycling sortenreiner Ziegelbruch 168 siehe auch Recycling von Mauersteinen sortenspezifische Sammellogistik 170 siehe auch Recycling Sortieren 168, 171, 387 siehe auch Recycling Sortierklasse 387f, 407 Sortiermerkmal 387f Sortierung 168, 170, 177, 182, 208, 283, 387ff, 391, 407f siehe auch Sortieren soziokulturell 98ff, 138-143 soziokulturelle Auswirkung 98ff, 138, 473 siehe auch Nachhaltigkeit soziokulturelle Qualität 99f, 138, 494 Spaltkorrosion 766f Spannbetonbau 426f
I Konstruieren
Spannrichtung 593ff, 570f, 576, 593, 595, 610, 614-617, 637, 755f Spannstahl 409, 426 Spannung (elektrisch) 133, 764, Spannung (mechanisch) 33ff, 223f, 227232,242, 246, 248f, 252, 256, 258ff, 266f, 272, 278, 280f, 296300, 304-311, 314, 330ff, 348, 375, 412, 422, 436, 445f, 451, 497, 508, 510f, 512f, 514ff,580, 582, 585, 593, 601ff, 632-635, 638f, 694, 738f, 745, Spannung (physikalisch) 220f, 288, 647, 658, 681, 779 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 223, 258, 267, 280, 296, Spannungs-Dehnungs-Kurve siehe Spannungs-Dehnungs-Diagramm Spannungs-Dehnungs-Linie siehe Spannungs-Dehnungs-Diagramm Spannweite 10f, 26, 28f, 281, 394, 396, 404, 411, 470, 512, 556, 558, 560, 562, 571, 584, 600, 604f, 630f, 704, 754 Spanplatte 163, 176, 385, 391, 400ff, 698, 719, 739, 742 Spanstreifenholz 400 siehe auch Intrallam LSL; siehe auch Laminated Strand Lumber Spätholz 216, 273, 275, 279 Sperrbahn 660, 662f, 676-679, 780 Sperrholz 384, 391f, 394-399, 404, 691, 736, 739 Sperrschicht 487f, 644, 646, 660, 678, 779f siehe auch Sperrbahn Spezialisierung 31f, 47, 54f, 61 spezifische Wärmespeicherfähigkeit 190 Spiralseil 427f, 431 siehe auch Seil Splintholz 273f, 279, 783 Spritzbewurf 374f Sprödbruch 278, 413 siehe auch Trennbruch spröde 170f, 219, 226, 228ff, 234, 245f, 260, 264f, 269, 286ff, 294f, 306, 311, 322, 330, 341, 349, 426, 456, 459 spröder Werkstoff 226, 228ff, 245f, 260, 264f, 269, 286ff, 295, 306, 311, 322, 330, 341, 349 sprödes Material siehe spröder Werkstoff Sprödigkeit 174, 196, 242, 306, 329, 332, 410 Spuranpassungseffekt 690 Stabachse 518, 528, 532, 534, 536, 538, 540, 541, 548, 592-595, 623, 755f stabförmiges Bauteil 517f, 528, 532, 534, 536, 538, 540ff Stabilisator 171, 340 siehe auch Kunststoff Stabilität 191, 290, 295, 320, 404, 515 siehe auch Knicken Stablage 605f siehe auch Stabschar Stabschar 606f, 610-613, 616-620, 630 Stabsperrholz 391, 398 Stabstahl 289, 292, 324, 368, 416, 424f Stabwerk 281, 299 Stahl 14, 33, 36-43, 46, 50, 53, 56f, 94, 118-122, 152, 156f, 162, 164, 167, 173, 177, 180, 184, 189, 200, 211,
215, 223-302, 304-324, 327, 331, 333f, 340f, 365, 367f, 378, 384, 405, 410-431, 440, 592, 691, 698, 719ff, 726, 728, 731, 744-759,764767, 769- 776, 785 Anlassen 288 Bandstahl 289, 292, 430 Baustahl 152, 157, 226, 228f, 289ff, 296, 298f, 301, 412ff, 420, 430, 745 Betonstahl 289, 316, 324, 424f, 775 Betonstabstahl 289, 324, 424f Breitflachstahl 289, 293 Breitflanschstahl 416 Draht 120, 289, 294, 304, 324, 414, 424431, 435f, 445-448, 453, 459, 479, 721, 747, 748 Edelstahl 289 Federstahl 289 Formstahl 289, 292, 416 Grundstahl 289 Gussstahl 33, 291f, 294, 297, 411, 420 HE-Reihe 417 Hohlprofilerzeugnis 292, 415, 416 IPE-Profil 416 Kaltprofil 293, 417, 430 legierter Edelstahl 413 Litze 427-430 niedriglegierter Qualitätsstahl 413 Profilstahl 289, 291 Qualitätsstahl 289, 413 schweißgeeigneter Feinkornstahl 412f Stabstahl 289, 292, 324, 368, 416, 424f Stahlblech 121f, 289, 405, 420, 429, 691, 698, 773 Stahldraht 120, 292-295 unlegierter Grundstahl 413 unlegierter Qualitätsstahl 413 Walzdraht 289, 430 warmgewalzter unlegierter Baustahl 412f Werkzeugstahl 289 wetterfester Baustahl 412f Stahlbeton 36, 38, 50, 62, 119f, 122, 157, 185, 232, 241, 243, 246, 264, 270, 289, 304-324, 341f, 354, 361, 418, 424ff, 429, 449, 633, 719, 728, 730ff, 737, 749f, 755-759, 769, 774, 776, 784 siehe auch bewehrter Beton Bewehrungsdichte 309, 318 Kraft-Dehnungsdiagramm 307f Stahldraht siehe unter Stahl Ziehen 292-295 Stahleinlage 33, 211, 305f, 308f, 731, 774 siehe auch Bewehrung Stahlfaser 312-316, 323, 424ff Blechfaser 426 Drahtfaser 425f gefräste/gespänte Faser 426 Stahlfaserbeton 313, 315f, 323, 425f Stahlguss siehe Gussstahl Stahlkarkasse 164, 173 siehe auch Recycling Stahlkassette 419 Stahlprodukt 410-429 Stahlschrott 166f siehe auch Stahlrecycling Stakeholder Involvement 142 siehe
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auch Einbeziehung der Beteiligten Stamm 33, 216, 272ff, 277-280, 386f, 390f Stammachse 273f, 277, 387 Stammkörper 272, 274 Stampflehm 207ff, 214 standardisierter Träger 424 Standardisierung 50, 64 Stand der Technik 12, 14, 46f, 73 Standfestigkeit 15, 191, 229f, 317, 474, 479, 481, 491, 496, 634, 716, 718f, 736 starrer Anschluss 696 stationäre Werksvorfertigung 55, 84 statisches System 528-579, 728 Stauchung 258, 540, 542, 552f, 607 Staudinger 338 Staudruck 481, 485f, 647 stehende Luftschicht 656ff, 681 Steifigkeit 202, 223, 240, 261, 269, 278, 283, 295f, 301, 322, 332, 340, 343-349, 400, 418, 429, 508, 512, 514f, 543, 580, 584, 586, 589, 592f, 596ff, 601, 603f, 608-620, 630, 689f, 692, 694, 704, 706, 710 Stein 37, 48, 50, 61, 67-74, 171, 203-214, 221, 226, 229, 235, 241-246, 248261, 264-270, 272, 354-381, 384, 434, 644, 668, 670, 691f, 719, 724, 730, 747, 780 Steinbau 235, 242, 434, 596 Steinfuge 255 Stich 292, 414, 510, 528, 532, 536, 538, 542f, 562, 564f, 570f, 576, 593 Stichmaß 85f, 88f Stickstoff 171 Stiel 387, 544f, 548f Stirnholz siehe Hirnholz Stoff 2f, 6, 34f, 37, 46, 98f, 104-112, 129f, 139, 146-157, 160-185, 188-351, 363-379, 435, 460, 480, 492, 522, 727f siehe auch Materie Stoffgefüge 37, 169, 191, 203-219, 228, 287, 295f, 301, 340, 345f, 363, 460, 522 siehe auch Gefüge Stoffkreislauf 164, 168, 185, 492 siehe auch Recycling stoffliche Verwertung 150f, 161f, 164, 168, 170, 175, 178f, 181 Stoffressource 107 Stoffstruktur 169, 198, 341 siehe auch Stoffgefüge Stoßfuge 35, 447, 593f, 596, 643, 647, 670, 678, 706, 734, 739, 747 Stoßfuge (im Mauerverband) 69ff, 255ff, 259f, 358, 360, 596-600, Stoßstellendämpfung 696 Strahlung 108, 111, 117, 139ff, 190, 202, 210, 234, 267, 282, 291, 330, 340f, 349, 436-442, 448, 450f, 453, 453, 457, 459-464, 477, 644, 721, 724, 752, 754, 779, 781 Strahlungsreflexion bei Glas siehe g-Wert Strahlungstemperatur siehe auch Behaglichkeit stranggepresstes Stahlprofil 423 Straßenbau 166 stratosphärische Ozonschicht 108, 146-155 siehe auch ODP; siehe auch Wirkungsabschätzung
Strecken 215, 288, 293f Streckenlast 502, 503, 508, 527-539, 542, 544ff, 548, 550, 552, 554f, 596, 608, 636 Streckgrenze 296, 413, 418, 426, 430, 744 Streusalz 166 siehe auch Chlorideinwirkung Strom 105, 131, 133, 143, 286, 474f, 479, 726, 773 Strömungswiderstand 694 Strukturprinzip 592 Stütze 26, 41, 57, 77, 80, 88f, 118f, 121, 133, 305, 318, 398, 400, 404, 417, 419, 483, 491, 499, 638, 733f, 738f, 741, 747, 748, 753, 769, 774, 780 Stützlinie 514, 542f, 593 Stützmedium 634 Stützmoment 530, 532, 536, 538, 540, 562 Stützweite 530, 532, 534, 536, 538, 542-545, 548, 570, 576 siehe auch Spannweite Styrol 338, 344f siehe auch Polystyrol subjektives Hörempfinden 687f Substitution 161, 164f, 177, 179, 200, 459, 710 Subsystem 31f, 39f, 42f, 77, 182, 471, 474 siehe auch Teilsystem SVB 318-324 siehe auch selbstverdichtender Beton Syloxan siehe Silikon synklastisch 634 synklastische Krümmung 634 Synthesegas 175, 177f siehe auch Recycling von Holz Systemachse 77f, 530, 532, 536, 538, 543, 545, 589 System gerichtet siehe gerichtetes System Systemgrenze 105f, 110, 112, 130 System hierarchisch geordnet 619 siehe auch hierarchisch geordnetes System System ungerichtet siehe ungerichtetes System SZR 437-441, 656f siehe auch Scheibenzwischenraum
T Tageslicht 139, 442, 469 Tageslichtfaktor 139 tangentialer Kraftschluss siehe Reibschluss Tangentialschnitt 274f, 279 Tangentialspannung siehe Schubspannung Tauchbad 770, 772 Tauchimprägnierung 783 Taupunkttemperatur 648, 650 Tauwasser 378, 448, 484f, 494, 648, 780 technische Änderung 138 siehe auch soziokulturelle Qualität technische Gebäudeausrüstung 31, 112, 182, 477 siehe auch Ver- und Entsorgungssystem; siehe auch Gebäudetechnik technische Komplexität 13, 26, 160f technische Lebensdauer 123, 134, 762 technische Qualität 99f, 125, 140, 242, 494 technisches Gebilde 3, 472, 762
Technologie 10, 17, 19, 34, 46f, 53, 335, 354, 423, 429, 762 Teflon siehe Polytetrafluorethylen Teildemontage siehe auch Werkstoffrecycling Teilegruppe 40f Teilfunktion 15, 26, 30, 32f, 100, 240f, 471f, 474-481, 492, 494, 496, 498, 632, 642, 650, 656-681, 690, 710 teilkohärent siehe semikohärent Teilsystem 24, 31, 36, 40, 43, 80, 123, 471, 477f, 508 siehe auch Subsystem teilvorgespanntes Glas 446, 453 siehe auch TVG Tempel 48, 242f Temperaturbeständigkeit 141 siehe auch Dauerhaftigkeit Temperaturdehnung 85, 223, 256, 295, 331, 457, 507, 728 Temperaturgefälle 190, 219 Temperguss 422f Tertiärsystem 31, 41, 80, 471, 496 Tertiärtragwerk 474f, 479, 496, 498 Tetracalciumaluminatferrit 211 thermische Konditionierung 469, 475ff thermischer Ausgleich 475f thermische Speichermasse 141, 290 thermische Trennung 419, 447, 658, 753 thermische Zersetzung 174, 219 siehe auch Recycling von Kunststoffen thermisch vorgespanntes Glas 331, 445f, 454 thermochromes Glas 451 thermohygrische Schutzfunktion 642 siehe auch thermohygrische Teilfunktion thermohygrische Teilfunktion 472, 475f, 479, 642-682 Thermoplast 170f, 174, 180, 197, 218, 223, 280, 338, 348f, 462 siehe auch Plastomer Thiokol 438f siehe Polysulfidmasse Toleranz 39, 61, 68, 84-87, 94, 281, 290, 332, 411, 430, 453, 481 Ebenheitstoleranz 85 Winkeltoleranz 85, 87 Ton (akustisch) 684f, 690 Ton (Rohstoff) 33, 161, 164, 206ff, 211, 214, 225f, 254, 326, 356, 360f, 363, 368 Tonhöhe 684f Torsion 508, 596, 616, 620, 623, 626f, 630 Torsionssteifigkeit 596, 630 Torsionsmoment 508 Torsionswiderstand 623 Tragelement 510, 525, 528, 532, 534, 536, 538, 540f, 542ff, 548, 552ff, 556, 558, 560, 562, 564ff, 570f, 576 Tragen 30, 31, 80, 471f, 474ff, 479, 618, 630 Träger 77, 300, 361, 373, 393, 398-401, 404f, 416f, 424, 499, 508, 528540, 548, 604f, 727, 738, 746-752, 763 Trägerhierarchie 605 Trägerrost 607, 619, 630 siehe auch Rost (Tragelement) Trägertyp 416 Tragfähigkeit 36, 125, 231, 233, 243, 249f,
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259, 278, 283, 314f, 333, 356, 388, 396, 404, 407, 411, 417f, 446, 500, 513ff, 584, 602, 604, 618, 717, 720, 724ff, 728f Tragsystem 11, 14f, 80, 497, 504, 507f, 510, 516, 528, 544, 639 Tragwerk 11, 17, 27, 31f, 36, 43, 51, 62, 64, 80, 82, 9ff, 117, 157, 185, 202, 229, 234, 236, 241, 245f, 260, 270, 281f, 290, 292, 295, 297, 299, 300, 322, 324, 340, 342, 364, 420, 422, 429, 434f, 468, 471, 474-484, 491, 494, 496ff, 504, 507, f, 516, 522, 525, 564, 602, 633f, 639, 716, 719, 727f, 734, 736, 758f, 762, 769ff, 784f siehe auch Primärtragwerk Tragwerksprinzip 14 Translationsebene 227 siehe Gleitebene Translationsstreifung 227 Transmission 436f, 440, 442, 451, 648, 664, 686f transparente Wärmedämmung (TWD) 449 Transparenz 125, 334, 340, 721 Transport 2, 8, 12, 27, 54f, 59, 61, 110, 110, 112, 126, 130, 132f, 143, 146-151, 172, 176, 205, 216, 273, 319, 333, 394, 420, 436, 438ff, 448, 450, 486ff, 646, 648ff, 664, 676, 729f, 779, 782 Transportmaß 38 Transversalwelle 222 Trapezblech 37, 42, 292f, 417f, 421 Treibhauseffekt 108 siehe auch Wirkungsabschätzung Treibhausgas 108, 111, 175 siehe Wirkungsabschätzung Treibhauspotenzial 108, 157, 165, 276 siehe auch globales Erwärmungspotenzial; siehe auch GWP Treibmittel 340, 345, 364, 457 Trennung 31, 38f, 55, 80, 162, 167, 169f, 171f, 182, 419, 447, 474, 658, 684, 695, 697f, 740, 753 Trennung der Gewerke 39 Trennung der Subsysteme 31, 39, 182, 474 siehe auch Trennung der Teilsysteme Trennung der Teilsysteme 80 siehe auch Trennung der Subsysteme Trennwand 80, 82, 401, 491, 700, 705, 707, Tricalciumaluminat 211 Tricalciumsilicat 212 Trigonit 404 siehe Holzleimbauträger Trioträger 393 Trittschall 120, 139,163, 401, 490, 692, 698, 702-713, 740, 744 Trittschalldämmmaß 702 Trittschalldämmschicht 704 Trittschallschutz 692, 698, 702, 704f, 708, 712 Trittschall-Verbesserungsmaß 703, 705 Trocknung 207, 210, 224, 254, 277, 279, 356, 374, 393 Trogelement 396 siehe auch Holzbauelement TVG 445f siehe auch teilvorgespanntes
I Konstruieren
Glas Typologie 14
U U/A-Wert 744ff Überbindemaß 70, 256, 259 Überdeckung 306, 308, 318, 438, 470, 720, 731-734, 762, 768, 774 Überdimensionierung 29, 692, 729 Überdruck 515f, Überdrucksystem 516 Überdrücken 256ff, 260, 261, 597, 600, 602 Überdüngungspotenzial siehe Eutrophierungspotenzial Übergreifung 70, 495, 596, 602, 604, 639 Übermaß 84 U-Glas 447f, 450 UGR 139 siehe auch Blendungsbewertung Ultraschall 687 Umformprozess 40, 61, 294 Umgebungstemperatur 140, 341 Umkehrdach 662f, 676 Umkippen 108 siehe auch Wirkungsabschätzung Umkristallisation 174, 288 Umlagerung 266, 298f, 475, 478, 729 Umleiten von Kräften 470 Ummantelung 720, 728, 747, 758 Umwandlungsprozess 188, 240 Umweltbelastung 156, 276 Umweltentlastung 156 Umweltinformation 109, 146-151 Umweltkennzeichnung 109, 112f siehe auch EPD; siehe auch Ökobilanz Umweltproduktdeklaration siehe Umweltkennzeichnung unbewehrt 261, 264f, 317, 380f, 449 Unebenheit 86, 368 ungerichtetes System 622, 630 ungerichtetes Tragwerk siehe ungerichtetes System ungesättigtes Polyesterharz 328, 349, 462 Unified Glare Rating 139 siehe Blendungsbewertung Universal-Keilzinkenverbindung 392 Unterdach 122, 674 Unterdecke 121, 700, 706-709, 725, 728f, 740, 742, 746, 749-752 Unterdruck 515, 634 Unterputz 374, 377, 379 Unterspannbahn 672ff UP 328, 349, 462f siehe auch ungesättigtes Polyesterharz Urformen 3, 20, 41f Urzeit 46 UV-Beständigkeit 141 siehe auch Dauerhaftigkeit UV-Strahlung 108, 202, 234, 282, 340f, 349, 457, 461f, 464, 781 U-Wert 437, 439f, 448, 452, 670 siehe auch Wärmedurchgangskoeffizient
V Vakuumtränkung 783 Vandalismus 142 siehe auch außergewöhnliche Einwirkung
Van-der-Waals-Bindung 197 Varianz 10, 18, 55, 524 Vegetationsdecke 168 siehe auch Recycling Verband (konstruktiv) 299, 429, 610f, 614, 621f, Verband (Mauer) 37, 70-74, 254-260, 354, 368, 596, 600, 602, 639, 668 Verband (stofflich) 197, 222, 233, 327 Verbesserung 165, 222, 249, 311, 313, 316, 384, 396, 398, 429, 439, 441, 689, 692, 700, 701, 703, 704-710 Verbesserung (Modernisierung) 106, 112, 117, 127ff, 133, 141 siehe auch Lebenszyklus Verbesserungsmaß (Trittschall) 703, 705, 707 siehe auch Trittschall-Verbesserungsmaß Verblendschale 70, 367, 372, 668ff, 708 siehe auch Vorsatzschale Verbrennung 107, 160, 162, 164, 173f, 177f Verbundbauweise 36 siehe auch Verbundprinzip Verbunddeckenprofil 418f Verbundkonstruktion 301, 720, 728, 746, 752 Verbundprinzip 36 siehe auch Verbundbauweise Verbundsicherheitsglas 334, 446, 451, 721 siehe auch VSG Verdrehung 504, 544, 548, 564f, 570f, 588f, 592, 601, 623ff, 627 Verdrillung 518-523, 585f, 589, 592, 596, 601, 620, 623, 625, 628 Verfärbung 362, 387, 389 Verfestigung 199, 206, 228, 229, 253, 293, 296, 298, 372 Verformung 61, 84f, 87, 165, 169f, 196, 216, 222-229, 231, 242, 245f, 252, 257f, 265, 266f, 277-282, 288, 290, 292-298, 301, 306f, 319, 331f, 342, 370, 386, 391, 394, 397, 418, 420, 424ff, 474, 507, 512, 514f, 517f, 520, 522-637, 721, 728 Fließverformung 290, 298 Verformungsverhalten 223, 242, 252, 257f, 266, 277ff, 295f, 306f, 319, 331, 342, 397, 425 Vergasung 175 siehe auch Recycling von Kunststoffen Verglasung 51, 118, 120, 153, 331, 333ff, 439f, 442, 445-454, 479, 652, 708, 710f, 721, 752ff, 758 Vergütungsschicht 169 Verkehrslast 481ff, 499, 640 Verknappung abiotischer Ressourcen 107 siehe auch Wirkungsabschätzung Verkrallen 228, 287 Vermüllung 160 siehe auch Abfall Vernetzung 46, 339 Vernetzung (molekular) 169, 216, 218, 338f, 343, 345, 350, 461, 464 Vernetzungsgrad 339, 350 Versagen 228, 229, 232, 234ff, 255, 278, 290, 298, 301, 308, 318, 333, 496f, 507, 513, 580, 597, 599f, 603, 608, 620, 652, 660, 726ff, 763 Versagensmechanismus 620
807
Versatz 256, 612, 616f Versauerungspotenzial 107, 146-155, 165 siehe auch AP; siehe auch Wirkungsabschätzung Verschiebung 196, 224, 226, 504, 544, 548 Versetzung 200, 224, 227, 228, 230, 296 Versetzungsblockierung 228, 296 Versorgung 91, 131ff, 142, 469, 477ff, 725 Versorgungsleitung 131 siehe auch Infrastruktur Versteifung 300, 600, 611-614, 621f, 627 Ver- und Entsorgen 30, 31, 471, 474f, 477, 479 Ver- und Entsorgungssystem 27, 31, 80, 477, 478 siehe auch Gebäudetechnik Verwerfen 10, 216 Verwertung von Festbeton 165 siehe Festbetonrecycling Verzahnung 225, 248f, 256-259, 306, 360, 596-600 Verzerrung 224, 227, 554 Verziehen 224, 279 Verzweigungsdämmung 696 vierseitig beflammt 731, 738, 741, 745 Vinylchlorid 338, 344, 456f siehe auch Polyvinylchlorid viskoelastisch 266f, 307 viskoelastischer Charakter 265 visuelle Behaglichkeit 100, 138f siehe auch soziokulturelle Qualität VOB 39 Vollholz 121, 149, 157, 176, 277, 281, 386, 389f, 394, 396f, 400, 404, 737, 739, 785 Vollklinker 359f vollverschlossenes Spiralseil 427f vollwandiges Element 582ff Vollziegel 358f, 691 von der Wiege bis zum Werkstor 110 siehe auch Lebenszyklus von der Wiege bis zur Bahre 110 siehe auch Lebenszyklus vorbeugender anlagentechnischer Brandschutz 716 vorbeugender baulicher Brandschutz 716, 717 vorbeugender betrieblicher Brandschutz 716 Vorfertigung 47f, 50, 55, 59f, 64, 73, 80, 84, 361 siehe auch Werksvorfertigung Vorhangfassade 361, 434, 713 siehe auch Curtain Wall Vormauermörtel 372 Vormauerstein 362, 366f Vorrecken 288, 295, 297 Vorsatzschale 119, 700f, 728 siehe auch Verblendschale Vorsiebmaterial 168 siehe auch Recycling Vorsortierung 168, 170 siehe auch Recycling Vorspannung 311, 330, 446, 515f, 634f Vorsprungsmaß 69
Vorzugsmaß 74, 76 VSG 334, 445f siehe auch Verbundsicherheitsglas
W waagrechte Hüllfläche 485f Wand 11, 14, 25, 32f, 61, 69, 71, 73, 79-90, 94, 118ff, 133, 260, 281, 304, 323, 358, 361, 364-380, 390f, 396, 400f, 417, 419ff, 434, 450, 482, 484, 491, 597, 646, 654, 664-678, 681, 697, 699ff, 705ff, 724, 726ff, 733-741, 749, 751, 753 Wandbauweise 80, 260, 281 Wärme 32, 169, 190, 193, 199, 202f, 206, 209, 213, 265f, 291, 308, 330, 437-440, 446, 450, 464, 475f, 478, 486f, 642, 648, 686f, 692, 704, 724 Wärmebrücke 341, 359, 370, 377, 651, 666, 668, 670, 672, 674, 678, 730, 768 Wärmedämmputz 163, 377, 379 Wärmedämmschicht 32, 377, 648, 660, 662, 664, 666, 668, 672, 674, 676, 678 Wärmedämmung 15, 118f, 192, 178, 368, 378, 447, 449, 456, 458, 480, 494, 656, 658, 660f, 663-679, 724ff, 762, 768 Wärmedämmverbundsystem 119, 372, 375, 377ff, 664f Wärmedämmvermögen 203, 205 Wärmedurchgangskoeffizient 437, 710 siehe auch U-Wert Wärmefalle 330 Wärmeleitfähigkeit 196, 287, 308, 367, 370, 377, 419, 451, 648, 720, 744 Wärmeleitzahl 261, 269, 283, 287, 301, 330, 332, 341, 343-349, 461, 720 siehe auch h-Wert Wärmeschutz 118, 120, 356, 358, 377, 403, 419, 448f, 472, 475f, 480, 486f, 642, 648f, 656-681, 692ff, 710, 744 Wärmeschutzglas 439f Wärmespeicherkapazität 236, 308 Wärmestrahlung 190, 330, 438f, 448, 451, 721, 752, 754 Wärmeverlust 487, 646, 648 warmgewalzter unlegierter Baustahl 412f warmgewalztes Baustahlerzeugnis 414 Flacherzeugnis 292, 415, 430f Hohlprofilerzeugnis 292, 415f Profilerzeugnis 292, 415f Warmverformung 287f, 292, 293 Warmwalzen 215, 292f, 414ff, 422ff Wartung 27, 105, 110, 123ff,127, 128, 132, 141, 473, 492, 773 siehe auch Lebenszyklus Waschen 170 siehe auch Recycling Wasser 31f, 107, 109, 111f, 118f, 130-133, 146-155, 162, 164ff, 173, 188, 194f, 197, 205, 206-214, 220ff, 225f, 232ff, 240, 253, 255, 264269, 276, 288, 290, 308, 311f, 314-317, 320, 327-330, 338f, 349, 356, 360, 364, 366, 368f, 374f,
378, 384, 422, 447f, 450, 456-460, 475, 478-f, 658, 489, 493f, 636, 642-645, 648, 660, 662, 664, 668, 672, 674, 676, 678, 682, 723, 729, 764-769, 774f, 778, 780ff wasserabweisend 645 siehe auch hydrophob wasseranziehend 240 siehe auch hydrophil Wasserbindung 207, 210, 221, 225 Wassereinsatz 112 wasserfest 207 Wasserglas 327 wasserlöslich 211, 327, 426, 782 Wassernutzung 107, 132 siehe auch Sachbilanz Wassersperre 674, 676 siehe auch Abdichtung Wasserstoffbrückenbindung 193, 197 Wasserzementwert 213, 264 siehe auch w/z-Wert WDVS 377f siehe auch Wärmedämmverbundsystem Weichmacher 173, 219, 344, 457 siehe auch Kunststoff Wellenlänge 330, 684f, 689f Wellstegträger 404 Weltausstellung 50, 434 Wendepunkt 528, 530, 532, 536, 538, 545, 562, 565, 571 Werk 2, 20, 57, 59f, 85, 110, 131, 165, 293, 298, 369, 371f, 374, 384, 390, 393, 410f, 414, 420, 424, 434 Werk-Frischmörtel 369 Werkmörtel 369f, 374 Werksfertigung 2 Werksteinmauerwerk 250ff Werkstoff 2ff, 7f, 10f, 17, 27, 33-38, 41, 46, 49f, 99, 104f, 112, 117-122, 129f, 138-142, 146, 156f, 160f, 167-184, 188, 190, 195, 205, 209, 213, 215236, 240-349, 361, 384f, 390-398, 412, 417, 420-423, 429, 434, 457, 461, 472f, 492, 512f, 580, 584f, 592, 643f, 650, 690f, 706, 710, 717-722, 726, 728, 744, 762f, 768 siehe auch Material Faserwerkstoff 304, 322, 391, 397 Primärwerkstoff 172, 304 Verbundwerkstoff 38, 46, 179, 180, 182, 241, 304-309, 313f, 322f, 391, 728 Werkstoffgruppe 157, 171, 174, 181, 183, 230, 240f Werkstoffkombination 180, 182 siehe auch Werkstoffrecycling Werkstoffoberfläche 138, 140ff, 222, 245 Werkstoffrecycling 160f, 170, 174, 179f, 181f siehe auch Recycling Werkstofftrennung 171 siehe auch Sortieren Werkstor 110 Werksvorfertigung 55, 59f Werk-Trockenmörtel 369, 371, 374 Werk-Vormörtel 369 Wertverlustkurve 125 siehe auch Alterung wetterfester Baustahl 412f Wetterhaut 377, 419, 421, 644-647, 651, 654, 666ff, 670, 671, 781
808
Wiederverwendung 35, 55, 110, 112,129, 130, 146-155, 160f, 175, 179f, 492 siehe auch Lebenszyklus; siehe auch Recycling Wiederverwerten 473 siehe auch Recycling Wiederverwertung 157, 167, 169f, 175, 183 siehe auch Recycling Wiege 110 siehe auch von der Wiege bis zur Bahre; siehe auch von der Wiege bis zum Werkstor Wind 31f, 107, 168, 240, 447, 476, 479, 481487, 494, 499, 631, 636, 639, 642f, 646-649, 656-675, 658, 680f, 778 Winddruck 476, 484ff, 643, 647, 670, 672, 674 Windschutz 372, 475f, 479, 486, 646f, 648f, 656-675, 680f Windsog 486 Windsperre 647, 670 Windverband siehe Auskreuzung Winkelabweichung 89, 588 siehe auch Winkeltoleranz Winkeltoleranz 85, 87 siehe auch Winkelabweichung Wirkprinzip 6ff, 449, 515, 654 Wirkungsabschätzung 104, 106f, 109, 111, 157 siehe auch Ökobilanz wirtschaftliche Nutzungsdauer 123f siehe auch Lebensdauer Wirtschaftlichkeitsberechnung 116 siehe auch Lebenszykluskostenrechnung Witterung 12, 33, 57, 60, 74, 117, 202, 206f, 231f, 237, 255, 269, 281, 290f, 301, 322, 349, 372f, 398, 401, 434, 443, 449, 459, 462, 468, 469f, 493, 632f, 644f, 645, 649, 708, 763, 768, 772, 780, 781, 783f Witterungseinfluss 12, 117, 202, 301, 398, 462, 763 siehe auch Witterung Witterungsschutz 372, 449, 632, 649, 708 Wohlbefinden 98f, 141, 245, 469, 473, 492, 784 siehe auch Behaglichkeit w/z-Wert 264, 311 siehe auch Wasserzementwert
X XPS-Polystyrol-Dämmstoff 155, 157, 345, 451
Z zäh 196, 216, 219, 225f, 228ff, 245f, 272, 278, 282, 288ff, 294f, 298, 301, 306, 310, 316, 322, 329, 341, 344, 348f, 411, 413f, 460, 462 siehe auch duktil; siehe auch zähfester Werkstoff zähfest 245f, 272, 278, 282, 290, 295, 298, 301, 306, 310, 322, 341, 411 zähfester Werkstoff 245f, 272, 278, 282, 290, 295, 298, 301, 306, 310, 322, 341, 411 siehe auch duktiler Werkstoff zähfestes Material siehe zähfester Werkstoff Zähigkeit 196, 288, 289, 294f, 298, 329,
I Konstruieren
348f, zähplastisch 226, 230, 349, 414 siehe auch zähfest; siehe auch duktil Zeitperiode 684 Zellkleid 272 siehe auch Zellmantel Zelllumen 277 siehe auch Lumen Zellmantel 273 siehe auch Zellkleid Zellwand 274f Zement 46, 118-122, 161, 164ff, 172ff, 197, 206, 211-214, 225, 228, 253, 264269, 304, 311-314, 324, 364-375, 379-381, 400-403, 678, 698, 707, 718f, 739, 741, 747, 777 siehe auch Portlandzement zementgebundene Flachpressplatte 401f Zementherstellung 161, 164 Zementindustrie 164f, 172f Zementklinker 161, 164ff,172ff siehe auch Portlandzementklinker Zementleim 166, 265, 311 Zementmörtel 119, 370, 373, 375 Zementstein 165, 212f, 225, 265-268 Zerfall 191, 198 Zerkleinerung 164, 168, 170, 174f, 213 siehe auch Recycling Zerreißgrenze 267, 296f Zerreißlänge 301 Zersetzung 117, 174, 191, 202, 218f, 232ff, 287, 301, 385, 472, 762f siehe auch Lebensdauer Zersetzungsprozess 191, 202, 232ff, 236, 287, 472, 763 Zerstörung 53, 181ff, 213, 234, 580, 763, 774, 778, 781 zerstörungsfreie Demontage 181 siehe auch recyclinggerechtes Konstruieren zerstörungsfrei lösbare Verbindung 181, 183 siehe auch lösbare Verbindung Ziegel 18, 33, 46ff, 68, 73f, 118-121, 148, 157, 162f, 168, 177, 205ff, 214, 226, 230, 251, 254f, 260f, 264, 304-380, 459, 480, 604, 639, 643f, 650, 664f, 672-675, 690f, 719, 724, 749f siehe auch Ziegelstein Formziegel 354, 359, 361 Hochlochziegel 358ff Keramikklinker 360, 379 Langlochziegel 358 Leichthochlochziegel 73, 358ff, 371, 480, 650, 664f Planziegel 261, 358f porosiertes Ziegelmauerwerk 358, 371, 379 Vollklinker 359f Vollziegel 358f, 691 Vormauerziegel 359f Ziegelelementdecken 361 Ziegelmontagedecken 361 Ziegelelementdecke 361 Ziegelform 358 Ziegelformat 353, 357, 359 Ziegelmontagedecke 361 siehe auch Ziegelelementdecke ziegelreicher Mauerwerkbruch 168 siehe auch Recycling von Mauersteinen Ziegelstein 33, 68, 74, 205, 251, 254, 260,
357ff, 361, 643f, 724 Ziegel-Vorhangfassade 361 Ziehen 41, 292-295 Zielkonflikt 16, 179, 476, 645, 690 Zink 119-122, 180, 233, 293, 316, 405, 415, 417, 427, 430, 644, 764f, 770f, 772, 785 Zinkstaubfarbe 427, 771f Zug 33, 50, 53, 227, 228-231, 245f, 248252, 255-260, 264f, 269, 272, 277f, 282f, 286, 290-309, 312-322, 328-332, 340-349, 368, 375, 410-427, 445, 456f, 482, 484, 508639,732, 776 Zugbeanspruchung 229, 250, 309, 342, 513, 515f, 584f, 594, 597, 604, 611, 614, 621, 631, 634 siehe auch Zugspannung Zugfestigkeit 230f, 252, 258, 283, 294, 300f, 306f, 313, 328, 331f, 340349, 368, 410, 413, 422, 426, 456f, 584, 618 Zuggurt 306, 618f, 732 Zugspannung 33, 246, 249, 252, 256, 258, 259f, 272, 300, 304, 306, 314, 330, 375, 445, 510ff, 515, 582, 585, 593, 601ff, 632, 635 siehe auch Zugbeanspruchung Zugstab 511, 541 Zugänglichkeit 138, 143, 180, 181, 183, 768 siehe auch Barrierefreiheit; siehe auch soziokulturelle Qualität Zugband 614f Zugerscheinung 646 Zugstab 511, 541 Zusammenbau 2, 27f, 40, 61, 64, 68 Zusammenwirken der Funktionsschichten 650 Zusatzmittel 213, 264, 311f, 369 Zusatzstoff 169, 211, 253, 264, 286, 311, 312f, 340, 364, 368f Zuschlag 163, 165f, 172f, 205, 208f, 212, 253, 264f, 311ff, 319f, 354, 377, 379 Zuschnitt 516 Zwängung 233, 307, 332, 449, 484, 497, 507, 728, 732 Zweifeldträger 535ff Zweigelenkrahmen 544, 546 Zweikomponenten-Kaltsilikon 464 zweischalige Außenwand 367, 654, 668f zweischaliges Bauteil 693f, 698, 700, 710 zweischaliges Mauerwerk 367, 649, 654, 668 Zyklopenmauerwerk 249ff
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Verlag Dr. Dieter Winkler, Bochum • Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Hg) (2016) Arbeitshilfen Recycling. Arbeitshilfen zum Umgang mit Bau- und Abbruchabfällen sowie zum Einsatz von Recycling-Baustoffen auf Liegenschaften des Bundes. • B. u. S. H. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hg) (2008) Arbeitshilfen Recycling • B. u. S. H. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hg) (2008) Arbeitshilfen Recycling – Anhang • Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V. (Hg) (2017) Mineralische Bauabfälle – Monitoring 2014. Bericht zum Aufkommen und zum Verbleib mineralischer Bauabfälle im Jahr 2014
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IV-9 Glas • Benedix R (1999) Chemie für Bauingenieure. Teubner, Stuttgart, Leipzig
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Architektur-Dokumentation, München • Schittich C, Staib G, Balkow D, Schuler M, Sobel W (2012) Glass Construction Manual. Birkhäuser, Basel, Berlin • Schittich C (2014) Glass: Best of Detail. Institut für Internationale
V-3 Stahlprodukte • Betschart AP (1993) Konstruieren mit Gusswerkstoffen. In: Bauen und Gestalten mit Stahl, S. 58 ff. Expert-Verlag, Ehningen • Bollinger K (2011) Atlas Moderner Stahlbau: Material, Tragwerksentwurf, Nachhaltigkeit. Institut für Internationale Architektur-
Architektur-Dokumentation, München • Sobek W (2002) Bauen mit Glas. Informationen für Bauherren, Architekten und Ingenieure. Bearb.: Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren (ILEK),1. Aufl., Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, Stuttgart
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• Benedix R (1999) Chemie für Bauingenieure. Teubner, Stuttgart,
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• Knippers J, Cremers J, Gabler M, Lienhard J (2010) Atlas Kunst-
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Konstruktion. Institut für Internationale Architektur-Dokumentation,
• Hart F, Henn W, Sonntag H (1982) Stahlbau Atlas. Institut für Internationale Architektur-Dokumentation, München
München • Volland K (1999) Einblicke in die Baustoffkunde für Architekten;
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stoffe. Handbuch für Studium und Praxis. 15., neu bearb. u. erw.
liche Wandbausteine, Holz, Wärmedämmstoffe, Metalle, Glas,
Aufl. VDE-Verlag, Berlin, Offenbach
Kunststoffe, Dachbeläge, Estriche, Bodenbeläge, 1. Aufl., Werner,
• Klöckner & Co AG (Hg) (1996) Klöckner-Konstruktionshandbuch.
Düsseldorf
Eigenverlag, Duisburg • Möller R (1993) Bauelemente aus Stahlblech. In: Bauen und
VI FUNKTIONEN
Gestalten mit Stahl , S. 98 ff. Expert-Verlag, Ehningen • Montanstahl, special profiles in steel: https://www.montanstahl. com/de/produkte/fertigungsverfahren/warmwalzen/ (abgerufen am 15.02.2017) • Petersen C (2013) Stahlbau. Grundlagen der Berechnung und baulichen Ausbildung von Stahlbauten. 4. vollst. überarb. u. aktual. Aufl. Springer Vieweg, Wiesbaden • Pfeifer Seil- und Hebetechnik GmbH (2013) Drahtseile. Technische Informationen. Eigenverlag, Memmingen • Schneider K (Hg) (2004) Bautabellen für Ingenieure – mit Berechnungshinweisen und Beispielen. 16. Aufl. Werner, München • Spal L (1975) Das Stahlseil als konstruktives Element. Verlag für Bauwesen, Berlin • Wendehorst R (1998) Baustoffkunde / begr. von R. Wendehorst
VI-1 Spektrum • von Weizsäcker E U, Lovins A B, Lovins L H (1995) Faktor vier: doppelter Wohlstand – halbierter Naturverbrauch; der neue Bericht an den Club of Rome. Droemer Knaur, München • Korten DC (2015) Change the story, change the future: a living economy for a living earth: a report to the Club of Rome. BerrettKoehler Publishers, Inc., Oakland • Randers J (2014) 2052: der neue Bericht an den Club of Rome : eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre. oekom verlag, München • Vester F (2002) Die Kunst vernetzt zu denken: Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit Komplexität; ein Bericht an den Club of Rome. dtv, München
(Hg): D. Vollenschaar. 25., überarb. Aufl., Vincentz, Hannover VI-2 Kraftleiten V-4 Glasprodukte • Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks (Hg) (2018): Technische Richtlinien des Glaserhandwerks, Nr. 1 Glaserarbeiten, Dichtstoffe für Verglasungen und Anschlussfugen. Arten, Eigen-
• Berger H (1996) Light structures – Structures of Light – The Art and Engineering of Tensile Architecture. Birkhäuser, Basel, Boston, Berlin • Brinkmann G (1990) (Hg) Leicht und Weit – Zur Konstruktion
816
I Konstruieren
weitgespannter Flächentragwerke. Weinheim • Collins G R (1968) The Transfer of Thin Masonry Vaulting from Spain to America. In: Journal of the Society of Architectural Historians, Bd. 27, Nr. 3, 1968, S. 176-201 • Drüsedau, H (1983) Lufthallenhandbuch – Air hall handbook. IL 15.
• Gösele K, Schüle W (1985) Schall, Wärme, Feuchte. Bauverlag, Wiesbaden, Berlin • Häupl P, Willems W (Hg) (2013) Lehrbuch der Bauphysik: Schall – Wärme – Feuchte – Licht – Brand – Klima. 7., vollst. überarb. und aktualisierte Aufl., Springer Vieweg, Wiesbaden
Institut für leichte Flächentragwerke, Universität Stuttgart (Hg).
• Flachglas MarkenKreis GmbH (Hg) (2018) GlasHandbuch
Kraemer, Stuttgart
• Moro J L (2015) Fußböden 1 Anforderungen, Lösungsprin-
• Engel H (2013) Tragsysteme – Structure Systems. 5. Aufl., Hatje Cantz, Ostfildern • Herzog T (1976) Pneumatische Konstruktionen – Bauten aus
zipien, Materialien. Edition DETAIL, München • Moro J L (2016) Fußböden 2 Entwurf, Nachhaltigkeit, Sanierung. Edition DETAIL, München
Membranen und Luft. Hatje, Stuttgart • Moya Blanco L (2000) Bóvedas tabicadas. Madrid
VI-5 Brandschutz
• Moro J L et al (Hg) (2002) Antoni Gaudí 1852-1926 – das Werk des
• Bednar T, Pech A, Pöhn C (2018) Wärme – Feuchte – Schall –
spanischen Architekten. Katalog zur Ausstellung an der Universität
Brand. Birkhäuser, Basel
Stuttgart, 10. Juni-15. Juli 2002. Universität Stuttgart, Stuttgart
• Bitter F, Fischer H, Quenzel KH, Tale-Yazdi G (2018) Einrichtungen
• Moro J L et al (Hg) (2013) Frei Otto – zum 85sten. Festschrift zum
zur Rauch- und Wärmefreihaltung : Praxis für Architekten – Planer
Symposium anlässlich seines 85. Geburtstags am 26. Oktober
– Fachfirmen / Dipl.-Ing. Karl-Heinz Quenzel, Dr.-Ing. Frank Bitter,
2010. Universität Stuttgart, Stuttgart
Dipl.-Ing. (FH) Heinrich Fischer, Dipl.-Ing. Georg Tale-Yazdi. 5.,
• Otto F (1990) Das hängende Dach. Gestalt und Struktur. Mit Nachworten von Frei Otto, Rainer Graefe u. Christian Schädlich, Nachdr. d. 1954 im Bauwelt-Verl. ersch. Ausg. DVA, Stuttgart
überarb. und erw. Aufl., Feuer Trutz, Köln • Hosser D, Zehfuß J (Hg) (2017) Brandschutz in Europa – Bemessung nach Eurocodes : Erläuterungen und Anwendungen zu den
• Schwartz J (2016) Kleine Tragwerksobjekte. Park Books, Zürich
Brandschutzteilen der Eurocodes 1 bis 6 / Dietmar Hosser, Jochen
• Weischede D, Stumpf M (2017) Krümmung trägt: ein Handbuch
Zehfuß (Hg), Herausgeber: DIN Deutsches Institut für Normung
zur Tragwerksentwicklung. wh-p GmbH Beratende Ingenieure, Stuttgart
e.V. Beuth, Berlin, Wien, Zürich • Jäde H, Hornfleck J (2013) Musterbauordnung (MBO 2012): Textsynopse der Fassungen Dezember 2002 und 2012 mit Be-
VI-3 Thermohygrik • Bläsi W (2008) Bauphysik. 7. Aufl., Haan-Gruiten: Verl. EuropaLehrmittel Nourney, Vollmer • Cziesielski E (Hg) (2005) Bauphysik-Kalender 2005. Ernst & Sohn, Berlin • Daniels K (1991) RWE Technologie des ökologischen Bauens. Birkhäuser, Basel, Boston, Berlin • Gösele K, Schüle W (1989) Schall, Wärme, Feuchte. 9. überarb. Aufl., Bauverlag, Wiesbaden, Berlin • Häupl P, Willems W (Hg) (2013) Lehrbuch der Bauphysik: Schall – Wärme – Feuchte – Licht – Brand – Klima. 7., vollst. überarb. und aktualisierte Aufl., Springer Vieweg, Wiesbaden
gründung. Beck, München • Klingsohr K, Messerer J, Bachmeiner P (2012) Vorbeugender baulicher Brandschutz / Kurt Klingsohr; Joseph Messerer; Peter Bachmeier. 8. überarb und erw. Aufl., Kohlhammer, Stuttgart • Löbbert A, Pohl KD, Thomas KW (2007) Brandschutzplanung für Architekten und Ingenieure. Mit beispielhaften Konzepten für alle Bundesländer. 5. überarb. und erw. Aufl. Feuer Trutz, Köln • Promat-Handbuch A6. Die ganze Sicherheit. 01/2017 • Pilkington Deutschland AG (Hg) (2016) Brandschutz Glashandbuch Pilkington Pyrostop Pilkington Pyrodur Pilkington Pyroclear. Eigenverlag • Schneider U (2004) Ingenieurmethoden im Baulichen Brand-
• RWE-Energie-Aktiengesellschaft (2004) RWE Energie Bau-
schutz. 3. neu bearb. und erw. Aufl. expert verlag, Renningen
Handbuch. 13. Ausgabe, EW Medien und Kongresse, Frankfurt
• Schüco-Broschüre Brand- und Rauchschutzsysteme. 01/2018
am Main • Zürcher C, Frank T (2014) Bauphysik: Bau & Energie. vdf Hochschulverlag, Zürich
VI-6 Dauerhaftigkeit • Arnold U, Rongen L (2016) Baulicher Holzschutz: Grundlagen, Planung, Ausführung. Rudolf Müller, Köln
VI-4 Schallschutz
• Innenministerium des Landes Baden-Württemberg (Hg) (1990)
• Becker K, Pfau J, Tichelmann K (2004) Trockenbau Atlas 1. Grund-
Eisen rostet – Informationen für Bauherren, Architekten und
lagen, Einsatzbereiche, Konstruktionen, Details. 3., überarb. und
Ingenieure. Innenministerium des Landes Baden-Württemberg,
erw. Aufl. Müller, Köln • Becker K, Pfau J, Tichelmann K (2005) Trockenbau Atlas 2. Einsatzbereiche, Sonderkonstruktionen, Gestaltung, Gebäude. Grundlagen, Einsatzbereiche, Konstruktionen, Details. Müller, Köln • Bläsi W (2008) Bauphysik. 7. Aufl., Haan-Gruiten: Verl. EuropaLehrmittel Nourney, Vollmer
Stuttgart • Hestermann U, Rongen L (2015) Frick/Knöll Baukonstruktionslehre 1. 36. Aufl. Springer Vieweg, Wiesbaden • Hestermann U, Rongen L (2018) Frick/Knöll Baukonstruktionslehre 2. 35. Aufl. Springer Vieweg, Wiesbaden • Kopff B (2018) Holzschutz in der Praxis: Schnelleinstieg für Archi-
817
tekten und Bauingenieure. Springer Vieweg, Wiesbaden • Natterer J, Herzog T, Schweitzer R, Volz M, Winter W (2003) Holzbau Atlas. 4. Aufl., neu bearb. Birkhäuser, Basel • Nürnberger U (1995) Korrosion und Korrosionsschutz im Bauwesen. Band 1 Grundlagen und Betonbau. Bauverlag, Wiesbaden, Berlin • Nürnberger U (1995) Korrosion und Korrosionsschutz im Bauwesen. Band 2 Metallbau und Korrosionsprüfung. Bauverlag, Wiesbaden, Berlin • Scheiding W, Grabes P, Haustein T, Haustein VH, Nieke N, Urban H, Björn W (2016) Holzschutz: Holzkunde – Pilze und Insekten – konstruktive und chemische Maßnahmen – technische Regeln – Praxiswissen. Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag, München • Warth O (1900) Die Konstruktionen in Holz. Leipzig
818
I Konstruieren
Alle hier nicht aufgelisteten Zeichnungen und schematischen
12
Scheidegger F (1990) Aus der Geschichte der Bautech-
Darstellungen wurden am Institut für Entwerfen und Konstruieren
nik 1, S. 45: Günther Bindung (1990) Der mittelalterliche
gezeichnet, welchem die Urheberrechte zustehen. Eine Repro-
Baubetrieb nördlich der Alpen in zeitgenössischen Dar-
duktion oder Veröffentlichung derselben ist nur mit ausrücklicher Genehmigung erlaubt.
stellungen. 13
Picon A (1997) L‘art de l‘ingénieur, S. 143
14
Scheidegger F (1990) Aus der Geschichte der Bautechnik
15-17
Picon A (1997) L‘art de l‘ingénieur, S. 143
Trotz unserer großen Bemühungen bei der Bildrecherche blieben einige Bilder ohne Bildquellenangabe, weil es uns nicht gelang,
1, S. 241, Archiv Fritz Scheidegger
die Autoren zu ermitteln. Im Interesse der Anschaulichkeit haben
18
Weller K (1985) Industrielles Bauen 1, S. 39
wir uns dennoch entschieden, auch diese Bilder im Buch einzu-
19, 20
Wachsmann K (1959) Wendepunkt im Bauen, S. 13, S.
25
IEK - Die Autoren
26
Betschart AP (1985) Neue Gusskonstruktionen in der IEK - Die Autoren
setzen. Wir bedanken uns bei den unbekannten Eigentümern und bitten um ihr Verständnis.
19
Architektur, S. 69 II
STRUKTUR
27
II-1
Ordnung und Gliederung
II-3
Maßordnung
1
Wittkower R (1983) Grundlagen der Architektur im Zeital-
1
Murray P (1989) Weltgeschichte der Architektur - Renais-
2
Torroja E (2000) Logik der Form, S. 107
2
Le Corbusier (1985) Der Modulor, S. 51
3
IEK - Die Autoren
3
7
Koloniales Bildarchiv d. Universitätsbibliothek
ter des Humanismus
sance, S. 27 Mislin M (1988) Geschichte der Baukonstruktion und Bautechnik, S. 17; dort Hinweis auf: Mackay, Proportion
Frankfurt/M
Squares in the Theban Necropolis, JEA
9
Stahl - Zentrum
10
Weller K (1989) Industrielles Bauen 2, S. 60
11
Stahl - Zentrum
5
Quelle nicht ermittelbar
12, 13
Möller R (1993) Bauelemente aus Stahlblech, S. 116, S.
49-57
Fritz Haller Bauen und Forschen GmbH
117
59, 60
Konstruktionsbüro Gartner, Gundelfingen
14
IEK - Die Autoren
62, 63
Kunstmuseum Basel, Renzo Piano
15
Möller R (1993) Bauelemente aus Stahlblech, S. 115 III
STOFFE
S. 53
III-1
Materie
IEK - Die Autoren
1,2
Badische Stahlwerke, Kehl
16
Institut zur Förderung des Bauens mit Bauelementen
4
Wittkower R (1983) Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus, S. 179
aus Stahlblech e.V. (1980) Stahltrapezprofil im Hochbau, 17 II-2 3
3
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger
Industrielles Bauen
4
Christian Büchsenschütz
Scheidegger F (1990) Aus der Geschichte der Bautech-
21
Bräunlichs Geologieseite (http://www.kristallin.de/ge-
Magni Moralia in Job Citeaux III, Bibiliothèque Municipal,
33-34
Alexandra Schieker Christian Büchsenschütz
nik 1, S. 145: Federzeichnung, Initiale aus Sd. Gregorii
4 5, 6
steine/minerale.htm) abgerufen am 31.10.2007
Dijon
35
Scheidegger F (1990) Aus der Geschichte der Bautechnik
41
Ivan Sgualdini
1, S. 116, Archiv Erhard Reusch, Verfasser
42
Alexandra Schieker
Kimpel D, Suckale R, Ernstmeier-Hirmer I, Hirmer A
43
Pfarr (1983) Geschichte der Bauwirtschaft, S. 23
(1995) Die gotische Architektur in Frankreich, S. 369, S.
44
Quelle nicht ermittelbar
36
48
Quelle nicht ermittelbar
7
Behling S, Behling S (1996) Sol Power - Die Evolution der
49
Julian Lienhard
solaren Architektur, S. 93
50
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger
8
Scheidegger F (1990) Aus der Geschichte der Bautechnik
51
Norvlit Werbeagentur, Düsseldorf
1, S. 114, Archiv Erhard Reusch, Verfasser
52
Rheinkalk GmbH, Wülfrath
9
Quelle nicht ermittelbar
78
BASF, 2002
10, 11
Scheidegger F (1990) Aus der Geschichte der Bautechnik
81
Alexandra Schieker
1, S. 131: Wolfgang Gaitzsch Eiserne römische Werk-
86
Gian Antonio d‘Addetta (2004) Discrete models for cohe-
zeuge, kleine Schriften
sive frictional materials
819
87
Eisner (2003) Elemente Chemie 1, S. 171
88
Alexandra Schieker
95
23
Manuela Fernandez - Langenegger
Gian Antonio d‘Addetta (2004) Discrete models for cohe-
III-6
Stahl
sive frictional materials
1, 2
Neuburger A Die Technik des Altertums, S. 27, S. 29
96
Interpane Glasindustrie AG
4
Hüttenwerke Krupp, Mannesmann
103
Universität Stuttgart, Institut für Baukonstruktion 1,
5
Stahl - Zentrum
Prof. Peter Cheret, Fotografen: Ing.-grad. Hans-Joachim
6
Petersen Ch (1994) Stahlbau, S. 55 Hüttenwerke Krupp Mannesmann
Heyer, Boris Miklautsch, Dipl.-Ing. Florian Heim
7
104
IEK - Die Autoren
8
Badische Stahlwerke GmbH, Kehl
105
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger
9
IEK - Die Autoren
106
IEK - Die Autoren
10
Klingsohr (1997) Vorbeugender baulicher Brandschutz S.
107
Christian Büchsenschütz
108-109 Berufsfeuerwehr 1 der Stadt Stuttgart
11
Schlaich J, Bergermann R (2003) leicht weit - light struc-
III-2
Werkstoff
12
Hüttenwerke Krupp, Mannesmann
1
Helmut Schulze-Trautmann
13
Picon A (1997) L‘art de l‘ingénieur, S. 183
2
Museum of Modern Art, New York, Katalog zur Ausstel-
14
Stahlhammer Bommern, Gebr. Schneider KG, Hamm
lung in Berlin 2004
15
Stahlwerke Bremen GmbH
3
Choisy A Histoire de l‘architecture
16
Schmiedel K (1993) Bauen und Gestalten mit Stahl, S.
5
Christian Büchsenschütz
6
Quelle nicht ermittelbar
17
7
Quelle nicht ermittelbar
18
Institut für Metallurgie, TU Clausthal
20
Oederlin Giesserei AG, CH
31 tures, S. 230
116 BLETEC Blechverarbeitung GmbH, Eschenburg
III-3
Stein
23
IEK - Die Autoren
1
Helmut Schulze-Trautmann
24
Schmiedel K (1993) Bauen und Gestalten mit Stahl, S.
4-6
IEK - Die Autoren
8
Martin Synold
25-27
IEK - Die Autoren
10, 11
IEK - Die Autoren
28, 29
IEK - Die Autoren
12-14
Alexandra Schieker
34
Tilman Raff
15
Klaas H, Schulz E (2002) Schädenfreies Bauen Bd.13, S.136
III-7
Bewehrter Beton
22, 23
Alexandra Schieker
1
IEK - Die Autoren
26
Lamprecht HO (1996) Opus Caementitium, Bautechnik
4-6
IEK - Die Autoren
der Römer, S. 28
10
Wacker Construction Equipment AG
30-33
IEK - Die Autoren
11
Badische Stahlwerke GmbH, Kehl
12
Faber C (1965) Candela und seine Schalen
III-4
Beton
13, 14
IEK - Die Autoren
1
Helmut Schulze-Trautmann
15
Saint Gobain
2
Sinn (1994) Und machten Staub zu Stein, S. 172
16
Schlaich, Bergermann & Partner
3
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger
17
IEK - Die Autoren
4
Quelle nicht ermittelbar
18
Brockmann G, Dahl J, Hansel D, Jonas W, Riech H Stahl-
6-11
IEK - Die Autoren
III-5
Holz
19
1
Miller, Merrell (2000) Häuser aus Holz, S. 21
20, 21
2-4
Christian Büchsenschütz
14
IEK - Die Autoren
15
Manuela Fernandez - Langenegger
Wolfsburg vertreten durchNeuland Wohnungsgesell-
16
IEK - Die Autoren
schaft mbh, Wolfsburg, Architekten: Architektenge-
17
Manuela Fernandez - Langenegger
meinschaft Science Center Wolfsburg, Zaha Hadid ltd &
18
Quelle nicht ermittelbar
Mayer Bährle freie Architekten bda
20
Gebr. Thonet GmbH, Frankenberg, Eder
21
Informationsdienst Holz
70
faserbeton, ein neuer Baustoff und seine Perspektiven, S. 40 IEK - Die Autoren König G, Holschermacher K, Dehn F Selbstverdichtender Beton 22, 23
Phaeno Science Center Wolfsburg, Bauherr: Stadt
820
I Konstruieren
III-8
Kunststoff
6
Institut für Werkstofftechnik und Werkstoffprüfung, Uni-
7
31, 34, 35 Informationsdienst Holz
versität Magdeburg
IV-3
CPA Ingenieurbüro für Kunststofftechnik und Faserver-
1
Werner E (1980) Technisierung des Bauens, S. 12
bundwerkstoffe (http://www.cp-analytik.de.jpg) abgeru-
2
Reuleaux F (1886) Chemische Behandlung der Baustoffe
fen am 16.07.2005
3
Dickmann (1967) Eisen bewegt die Welt
4
wie Abb. 2, S. 86
Stahlprodukte
III-9
Glas
7
Stahl-Zentrum
1
Glasfabrik Lamberts GmbH & Co. KG
8
Badische Stahlwerke Kehl
6
http://www.frankenfilter.de/ produkte/prozesst.html ab-
13
Möller R (1993) Bauelemente aus Stahlblech, S. 116
gerufen am 16.07.2005
19, 20
Schlaich, Bergermann & Partner
7
Deutsches Museum, Bonn
21-23
8
Fachbereich Architektur, Technische Universität Darmstadt
24-25
Badische Stahlwerke Kehl
9
Quelle nicht ermittelbar
26-28
IEK - Die Autoren
12
Interpane Glasindustrie AG
36
Schlaich, Bergermann & Partner
13, 14
Okalux GmbH
Betschart AP (1985) Neue Gusskonstruktionen in der Architektur, S. 24-26
15
Brüder Eckelt & Co. Glastechnik GmbH
IV-4
Glasprodukte
16
Verroplan, Ingenieurbüro für Glasanwendungen
1
Quelle nicht ermittelbar
2
Tilman Raff
IV
BAUPRODUKTE
3
Hedrich Blessing Photographers
6
Glasfabrik Lamberts GmbH & Co. KG
IV-1
Künstliche Steine
7
Quelle nicht ermittelbar
1
Maria Renner
15-19
Okalux GmbH
2, 3
IEK - Die Autoren
21, 22
Fink + Jocher Architekten, München
8-13
Wienerberger Ziegelindustrie GmbH
23, 24
Okalux GmbH
14, 15
IEK - Die Autoren
25
Steindl Glas GmbH
16
Wienerberger Ziegelindustrie GmbH
26
Quelle nicht ermittelbar
17-20
Kalksandstein Informations-GmbH
29
Interpane Glas Industrie AG
21-24
Bundesverband Porenbeton
31
Glasfabrik Lamberts GmbH & Co. KG
25-28
IEK - Die Autoren
32
Glasbau Hahn
30-34
Wienerberger Ziegelindustrie GmbH
33, 34, 37, 38 wie Abb. 31
35-39
Sto AG
39
Maison de Verre, Tilman Raff
40
IEK - Die Autoren
40, 41
Saint Gobain Oberland AG / Division Bauglas
42
Wienerberger Ziegelindustrie GmbH
43
wie Abb. 31
43
Kalksandstein Informations-GmbH, Knauf Gips KG
49, 50
Saint Gobain Deutsche Glas
44-45
Sto AG
46
Informationsdienst Holz
IV-5
Kunststoffprodukte
47, 51
Sto AG
1
OBS Begrünungssysteme (http://www.obs.de)
IV-2
Holzprodukte
2
Waldservice Wittgenstein (http://www.rentkammer-
1
Neuburger (1919) S. 71
2
Quelle nicht ermittelbar
3
http://www.shop.woge-aktiv.de abgerufen am
3, 4
IEK - Die Autoren
5
Quelle nicht ermittelbar
4
F. Jannone AG, Leister Vertrieb (http://www.jannone.ch)
5
Aidt Miljø A/S, Kongenbrovej (http://www.aidt.dk) abge-
abgerufen am 30.10.2005
11
Informationsdienst Holz
15, 16
Quelle nicht ermittelbar
wittgenstein.de/waldservice) abgerufen am 30.10.2005 20.08.2005 abgerufen am 20.08.2005
13, 14, 17 Universität Stuttgart, Institut für Baukonstruktion 1,
rufen am 20.08.2005
Prof. Peter Cheret, Fotografen: Ing.-grad. Hans-Joachim
12
BASF AG
Heyer, Dipl.-Ing. Boris Miklautsch, Dipl.-Ing. Florian
13
Hans Fischer Kunststoffverarbeitungs-GmbH, Köln
Heim
14
Gutta Werke GmbH
18
Informationsdienst Holz
16
Rae Systems Inc.
19-29
wie Abb. 13
19
HEWI Deutschland, Bad Arolsen
821
20
IEK - Die Autoren
22
www.exporevue.com/magazine/fr/panton_verner.html
23
Designerlampe.com
24
Gutta Werke GmbH
abgerufen am 20.08.2005
25
Plustape Co. Ltd., Korea
26
QBM Distributors Ltd.
27
http://www.d-no.de abgerufen am 20.08.2005
28
Fiberdur-Vanck (http://www.fbv.fh-frankfurt.de) abgeru-
29
Essmann GmbH, Bad Salzuflen
30
goebel fliesen gmbh (http://www.goebel-fliesen.de) ab-
fen am 20.08.2005
gerufen am 20.08.2005 V
FUNKTIONEN
V-5
Brandschutz
32
DuPont Performance Coatings GmbH & Co. KG
V-6
Dauerhaftigkeit
1
Alexandra Schieker
2
IEK - Die Autoren
3, 7, 11 Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger 12, 13
IEK - Die Autoren
14
Quelle nicht ermittelbar
15
IEK - Die Autoren
19-21
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger
24
IEK - Die Autoren
25
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger
26, 27
Quelle nicht ermittelbar
28, 29
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger
31, 32
IEK - Die Autoren
33-41
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger
42-44
Wirtschaftsministerium Baden Württemberg Holzschutz, S. 16 / Archiv Grosser, München
45
Wirtschaftsministerium Baden Württemberg Holzschutz, S. 34 / Archiv BFH, Hamburg
46 47
Warth O (1900) Die Konstruktionen in Holz Wirtschaftsministerium Baden Württemberg Holzschutz, S. 35 / Archiv Schwaner, Düsseldorf
49-53
IEK - Die Autoren
54
Wirtschaftsministerium BW Holzschutz, S. 24
822
I Konstruieren
Für die freundliche Unterstützung durch die Freigabe von Architecural Desktop Software bedanken wir uns recht herzlich bei Autodesk® Niederlassung München. Für die freundliche Freigabe von Fotos, Planunterlagen und Detailzeichnungen gilt unser bester Dank an: Architekten und Ingenieure: Atelier 5, Bern, CH, Prof. Fritz Haller, Bauen und Forschen GmbH,
Freisinger Fensterbau GmbH, Ebbs, Österreich
Solothurn, CH, Prof. Dr.-Ing. Jörg Schlaich, SBP Stuttgart, Prof.
Glasfabrik Lamberts GmbH & Co. KG, Wunsiedel - Holenbrunn
Peter C. von Seidlein, Prof. Dr.-Ing. habil. Ulf Nürnberger, Prof.
Gutta Werke GmbH, Schutterwald
Peter Cheret, Institut für Baukonstruktion 1, Uni Stuttgart, Dr.-Ing.
Halfen - Deha Vertriebsgesellschaft mbH, Langenfeld
Annette Bögle, Hermann + Bosch, Freie Architekten BDA, Stuttgart,
Hüttenwerke Krupp Mannesmann, Duisburg
Christian Büchsenschütz, Magdalene Jung, Manuela Fernandez
Ing. Erwin Thoma Holz GmbH, Goldegg, A
- Langenegger, Julian Lienhard, Tilman Raff, Alexandra Schieker,
Interpane Glasindustrie AG, Lauenförde
Elisabeth Schmitthenner, Helmut Schulze-Trautmann
Joh. Sprinz GmbH & Co., Ravensburg Josef Gartner GmbH, Gundedlfingen
Stiftungen und Organisationen:
Knauf Gips KG, Iphofen
Brandenburgisches Landesamt für Denekmalpflege und
Lignatur AG, Waldstatt, CH
Archäologisches Landesmuseum, Zossen
maxit Deutschland GmbH, Breisach
Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e.V.. Köln
Okalux GmbH, Marktheidenfeld
Deutsches Architekturmuseum Frankfurt, Dr. Voigt
PERI GmbH Schalung und Gerüste, Weißenhorn
Feuerwache 1 Stuttgart
Pfeifer Holding GmbH & Co. KG, Memmingen
Informationsdienst Holz
Promat GmbH, Ratingen
Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Abteilung Baukunst, Berlin
Rehau AG + Co. Rehau
Stahl - Zentrum, Düsseldorf
Rheinzink, GmbH & Co.KG, Datteln
Studiengemeinschaft Holzleimbau e.V., CTT Council of Timber
Saint Gobain Glasindustrie Division Bauglas, Wirges
Technologie, Wuppertal
Saint Gobain Deutsche Glas GmbH, Kiel
Verein Süddeutsche. Kalksandsteinwerke e.V., Bensheim
Schaefer Kalk GmbH & Co. KG, Diez
Ziegel Zentrum Süd e.V., München
Schneider Fensterbau GmbH &Co.KG, Stimpfach Schöck Bautele GmbH, Baden-Baden
Firmen:
Schüco International KG, Bielefeld
Adolf Würth GmbH & Co.KG, Künzelsau-Gaisbach
SFS intec AG, Heerbrug, CH
Badische Stahlwerke GmbH, Kehl
Stahlton AG, Zürich, CH
Bauglasindustrie GmbH, Schmelz/Saar
Stahlwerke Bremen GmbH, Bremen
Bohrenkömper GmbH, Bünde
Sto AG, Stühlingen
Cobiax Technologies AG, Darmstadt
Verlag Bau + Technik, Düsseldorf
Corus Bausysteme GmbH, Koblenz
Vdd Industrieverband Bitumen- Dach- und Dichtungsbahnen e.V.,
Dow Deutschland GmbH & Co. KG, Stade
Frankfurt am Main
DuPont Performance Coatings GmbH & Co. KG, Vaihingen / Enz
WERU AG, Rudersberg
Erlus AG, Neufahrn/NB
Wienerberger Ziegelindustrie GmbH, Hannover
Eternit AG, Heidelberg
Xela International GmbH, Duisburg
Finnforest Deutschland GmbH, Bremen Finnforest Merk GmbH, Aichach Fischer Holding GmbH & Co. KG, Waldachtal